Arbeitsrecht: Zur Kleinbetriebsklausel bei ausländischem Betriebsteil

bei uns veröffentlicht am09.07.2009
Zusammenfassung des Autors

BSP Rechtsanwälte - Anwältin für Arbeitsrecht Berlin 

Das BAG hat mit dem Urteil vom 26.3.2009 (Az.: 2 AZR 883/07) folgendes entschieden:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. September 2007 - 16 Sa 1901/06 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.


Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung und in diesem Zusammenhang um die Frage, ob die Anwendbarkeit des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes nach § 23 Abs. 1 KSchG ausgeschlossen ist, weil die Beklagte die Mindestbeschäftigtenzahl nicht erreicht.

Der Kläger war bei der Beklagten seit 1999 in H tätig und hat als System Consultant Software bei Kunden eingeführt, betreut und dort auch Schulungen durchgeführt.

Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen der dänischen T A/S, deren Unternehmenszweck die Entwicklung und der Verkauf von Software zur Abrechnung von Telekommunikationsleistungen ist. Das Mutterunternehmen hat seinen Sitz in S in Dänemark. In E besteht ein Verkaufsbüro mit einer Mitarbeiterin. Zwischen der Beklagten und dem dänischen Mutterunternehmen T A/S in S besteht eine enge Zusammenarbeit auf der Grundlage eines Kooperationsvertrags. Ob ein Gemeinschaftsbetrieb besteht, ist streitig.

Bei der Beklagten allein wurde der Schwellenwert nach § 23 Abs. 1 KSchG nicht erreicht, wohl aber bei einer Hinzurechnung der in S beschäftigten Mitarbeiter der Muttergesellschaft. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich am 7. November 2005.

Der Kläger hält die Kündigung für sozial ungerechtfertigt. Das KSchG sei anwendbar, da die Beklagte und die dänische Muttergesellschaft einen Gemeinschaftsbetrieb führten.

Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 7. November 2005 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, sie habe mit der dänischen Muttergesellschaft keinen Gemeinschaftsbetrieb unterhalten. Abgesehen davon komme es für den Schwellenwert nur auf die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer an.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.


Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Beklagte mit der dänischen Muttergesellschaft einen Gemeinschaftsbetrieb unterhalten habe. Selbst wenn das der Fall gewesen sein sollte, finde der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung, da nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 KSchG im Inland erfüllt sein müssten. Der deutsche Gesetzgeber könne einem ausländischen Unternehmen keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen im Ausland auferlegen.

Dem stimmt der Senat im Ergebnis zu. Die Kündigung ist nicht sozialwidrig iSd. § 1 KSchG, weil der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes keine Anwendung findet. Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb weder mindestens mehr als fünf noch mehr als zehn Arbeitnehmer iSd. § 23 Abs. 1 KSchG. § 23 Abs. 1 KSchG erfasst nur Betriebe, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen. Die in Dänemark beschäftigten Arbeitnehmer sind den in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern auch dann nicht hinzuzurechnen, wenn, was das Landesarbeitsgericht offengelassen hat, die in Deutschland gelegenen Beschäftigungsstätten mit der in S (Dänemark) gelegenen Beschäftigungsstätte einen Gemeinschaftsbetrieb bilden sollten.

Der Senat hat mit Urteil vom 17. Januar 2008 (- 2 AZR 902/06) an seiner ständigen Rechtsprechung festgehalten, nach der der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes nur auf in Deutschland gelegene Betriebe anzuwenden ist. Er hat dies - insoweit abweichend von früheren Entscheidungen - nicht mehr mit der Geltung des Territorialitätsprinzips sondern damit begründet, dass der in § 23 Abs. 1 KSchG verwendete Begriff des „Betriebs“ nur in Deutschland gelegene Betriebe bezeichne. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Mit den in der Literatur vertretenen Bedenken gegen die Rechtsprechung hat sich der Senat im Urteil vom 17. Januar 2008 eingehend befasst und sie in seine Erwägungen einbezogen. Darauf wird Bezug genommen.

Auch im Schrifttum ist anerkannt worden, dass die nunmehr vom Senat gegebene Begründung im Hinblick auf die Entwicklung des deutschen Kündigungsschutzrechts nachvollziehbar ist und das vom Senat gefundene Ergebnis die Rechtsanwendung erleichtert. Soweit die Entscheidung auf Kritik gestoßen ist, sind im Wesentlichen keine Gesichtspunkte vorgebracht worden, die nicht schon im Urteil vom 17. Januar 2008 behandelt worden wären.

Im Übrigen übersieht die Kritik, dass die Auslegung des Betriebsbegriffs in § 23 Abs. 1 KSchG nicht abstrakt zu erfolgen hat, sondern im Hinblick darauf, dass sie darüber entscheidet, für welche Arbeitnehmer und Arbeitgeber der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes gilt und folglich die Frage gestellt werden kann, ob eine Kündigung sozialwidrig ist.

Die Beantwortung der Frage nach der Sozialwidrigkeit erfordert nahezu immer eine Einbeziehung der betrieblichen Gegebenheiten. Aus Sicht des Arbeitgebers ist der einzelne Arbeitnehmer kein isolierter Vertragspartner wie möglicherweise ein Lieferant oder Vermieter, sondern immer auch in seinem Zusammenwirken mit anderen Mitarbeitern zu sehen. Der Rahmen dieses Zusammenwirkens ist der Betrieb, gelegentlich auch das Unternehmen. Besonders deutlich wird das, wenn bei betriebsbedingten Kündigungen die Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in anderen Betrieben desselben Unternehmens oder die Frage der Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten in Rede steht. Aber auch bei personen- und verhaltensbedingten Kündigungen kann etwa die Möglichkeit anderweitiger Beschäftigung zu berücksichtigen sein. Auch bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses (§§ 9, 10 KSchG), beim Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG, beim Massenentlassungsschutz (§§ 17 ff. KSchG) sind betriebliche Gegebenheiten und damit die Rechtsverhältnisse anderer im Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer maßgeblich.

Stets ist also bei Prüfung der Sozialwidrigkeit vorausgesetzt, dass gegenüber allen etwa angesprochenen Arbeitnehmern und gegenüber dem Arbeitgeber dasselbe, nämlich deutsches Arbeitsrecht und insbesondere das Recht des Kündigungsschutzgesetzes angewendet und auch durchgesetzt werden kann. Diese Voraussetzung sicherzustellen, ist ein elementares Anliegen bei der Auslegung des Begriffs „Betrieb“ iSd. § 23 Abs. 1 KSchG, weil anderenfalls die Kohärenzen und Korrespondenzen des Kündigungsschutzrechts zerrissen würden.

Die Auffassung des Senats steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben (BVerfG 12. März 2009 - 1 BvR 1250/08 -). Die im Urteil vom 17. Januar 2008 angesprochenen Ausnahmekonstellationen liegen ersichtlich nicht vor.

Gemessen an diesen Voraussetzungen ist der Schwellenwert hier nicht erreicht. Die Beklagte unterhält zwar eine Beschäftigungsstätte in Deutschland. Selbst wenn diese als Betrieb anzusehen sein sollte, findet jedoch der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes deshalb keine Anwendung, weil - wie unstreitig - die Schwellenwerte des § 23 Abs. 1 KSchG im Inland nicht erreicht sind. Bei der Ermittlung des Schwellenwerts nach § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG hat keine Zusammenrechnung der in der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern mit den Mitarbeitern der T A/S in Dänemark zu erfolgen.

Es kann dahinstehen, ob eine solche Zusammenrechnung erwägenswert wäre bezogen auf die regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland und andere Arbeitnehmer der Beklagten, deren Arbeitsverhältnisse ebenfalls deutschem Arbeitsrecht unterfallen.

Eine Zusammenrechnung der in Dänemark beschäftigten Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse mangels anderweitiger Anhaltspunkte bzw. fehlender abweichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts dänischem Recht unterfallen, mit den in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnisse deutschem Recht unterfallen, ist jedenfalls nicht möglich. Die Arbeitsverhältnisse dieser beiden Personengruppen unterstehen unterschiedlichen Rechtsordnungen und können nicht zum Zwecke der Eröffnung des Anwendungsbereichs einzelner Gesetze des jeweils anderen Rechts zusammengerechnet werden. Die deutschem Recht unterstehenden Arbeitsverhältnisse richten sich insgesamt und damit auch hinsichtlich ihrer Beendigung nach deutschem Recht, während die anderen Arbeitsverhältnisse dänischem Recht und damit einer anderen Rechtsordnung unterstehen.

Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die deutsche Beschäftigungsstätte der Beklagten mit der Zentrale des Mutterunternehmens in S (Dänemark) einen Gemeinschaftsbetrieb bilden sollte. Die Folge der kündigungsrechtlichen Zusammenrechnung der von zwei Unternehmen gemeinsam unterhaltenen Beschäftigungsstätte zu einem gemeinschaftlichen Betrieb ist die Anwendung des Kündigungsschutzrechts im gesamten Betrieb. Die mehreren Beschäftigungsstätten werden kündigungsrechtlich als ein Betrieb iSd. § 23 Abs. 1 KSchG angesehen. Ist aber, wie vom Senat mit Urteil vom 17. Januar 2008 (- 2 AZR 902/06 -) angenommen, eine Zusammenrechnung selbst dann ausgeschlossen, wenn es nur eine Betriebsstätte eines Unternehmens gibt, kann sich daran nichts ändern, wenn ein Gemeinschaftsbetrieb zweier Unternehmen besteht. Jedenfalls solche im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nicht dem deutschen Recht unterliegen, zählen auch dann bei der Berechnung des Schwellenwerts nicht mit, wenn die ausländische Arbeitsstätte mit einer deutschen einen Gemeinschaftsbetrieb bildet. Der Gemeinschaftsbetrieb zweier Unternehmen kann nicht anders behandelt werden als ein gleich organisierter Betrieb eines Unternehmens.

Gesetze

Gesetze

6 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers


(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältni

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 23 Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vo

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 15 Unzulässigkeit der Kündigung


(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Gr

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Referenzen

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit ist die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder eines Seebetriebsrats innerhalb eines Jahres, die Kündigung eines Mitglieds einer Bordvertretung innerhalb von sechs Monaten, jeweils vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(2) Die Kündigung eines Mitglieds einer Personalvertretung, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder einer Jugendvertretung ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit der in Satz 1 genannten Personen ist ihre Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(3) Die Kündigung eines Mitglieds eines Wahlvorstands ist vom Zeitpunkt seiner Bestellung an, die Kündigung eines Wahlbewerbers vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an, jeweils bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes oder nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist die Kündigung unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht für Mitglieder des Wahlvorstands, wenn dieser durch gerichtliche Entscheidung durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt worden ist.

(3a) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4, § 17a Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 oder § 116 Abs. 2 Nr. 7 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, eine Bordvertretung oder ein Seebetriebsrat nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.

(3b) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung nach Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Absatz 3, § 17a Nummer 3 Satz 2, § 115 Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, längstens jedoch für drei Monate.

(4) Wird der Betrieb stillgelegt, so ist die Kündigung der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig, es sei denn, daß ihre Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

(5) Wird eine der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist sie in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so findet auf ihre Kündigung die Vorschrift des Absatzes 4 über die Kündigung bei Stillegung des Betriebs sinngemäß Anwendung.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.