Versicherungsrecht: Fällen dreier großer Bäume innerhalb eines Tages stellt keine ungewöhnliche oder gefährliche Beschäftigung dar

bei uns veröffentlicht am09.01.2012

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für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Risikoausschluss setzt einen von den normalen Gefahren des täglichen Lebens abgrenzbaren Bereich besonderer Gefahrenlagen bildet-BGH vom 09.11.11-Az:IV ZR 115/10
Der BGH hat mit dem Urteil vom 09.11.2011 (Az: IV ZR 115/10) folgendes entschieden:

Der Ausschluss des Versicherungsschutzes für Gefahren einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR) für die Privathaftpflichtversicherung setzt ein Verhalten voraus, das auf längere Dauer angelegt ist und so einen von den normalen Gefahren des täglichen Lebens abgrenzbaren Bereich besonderer Gefahrenlagen bildet, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholt eintreten.

Allein das Fällen dreier großer Bäume innerhalb eines Tages ist keine solche Beschäftigung.

Auf die Rechtsmittel des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 31. März 2010 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 20. November 2009 geändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag Nr. … Deckung wegen des Vorfalles vom 9. Februar 2009 (behaupteter Schaden auf dem Grundstück der K. -GmbH, B. 61, B. , infolge Baumfällens) zu gewähren.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 661,16 € zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits


Tatbestand:

Der Kläger fordert von seinem Privathaftpflichtversicherer Deckungsschutz wegen eines Vorfalles vom 9. Februar 2009. Dem Versicherungsvertrag aus dem Jahre 2005 liegen neben Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) "Besondere Bedingungen, Risikobeschreibungen und Zusatzbedingungen ... Stand 08/01" (im Folgenden: BBR) zugrunde. Darin heißt es unter A. I.:

"Versichert ist ... die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers (VN) als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens - mit Ausnahme der Gefahren eines Betriebes, Berufes, Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art oder einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung, ..."

Am 9. Februar 2009 fällte der Kläger auf dem von ihm bewohnten Grundstück seiner Eltern mit Hilfe einer Motorkettensäge drei circa 20 m hohe Pappeln mit einem Brusthöhendurchmesser von jeweils etwa 60 cm. Während die ersten beiden Bäume wie vom Kläger beabsichtigt auf das elterliche Grundstück fielen, stürzte der dritte Baum wider Erwarten auf ein Nachbargrundstück und verursachte dort Sachschäden an einem Gebäudedach, einem Schornstein, einer Satellitenantenne und einer Wäschespinne. Die Eigentümerin nimmt den Kläger deswegen auf Schadensersatz in Höhe von 7.181,75 € in Anspruch.

Die Beklagte hält sich für leistungsfrei, weil der Schaden bei einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung des Klägers eingetreten sei.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.


Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

Das Berufungsgericht geht davon aus, der Ausschlussgrund einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung werde nicht schon dadurch erfüllt, dass die schadenstiftende Handlung ungewöhnlich und gefährlich sei. Vielmehr müsse der Schaden im Rahmen einer allgemeinen Betätigung verursacht sein, die ihrerseits ungewöhnlich und gefährlich sei. Dafür sei eine Tätigkeit von gewisser - nicht notwendig längerer - Dauer erforderlich; eine impulsive oder spontane Handlung reiche nicht aus. Soweit das Landgericht hierzu auf frühere Garten- und Baumfällarbeiten des Klägers abgestellt habe, stehe nicht fest, ob diese bereits ungewöhnlich und gefährlich gewesen seien. Entscheidend und für die Anwendung der Ausschlussklausel ausreichend sei aber, dass der Kläger am fraglichen Tage insgesamt drei Bäume gefällt habe. Das genüge für die Annahme einer Beschäftigung von einer gewissen Dauer, zumal der Kläger planvoll vorgegangen sei. Die Beschäftigung sei auch gefährlich gewesen, weil sie in Anbetracht der besonderen Größe und des Standortes der Bäume das Risiko eines Fremdschadens erhöht habe. Des Weiteren seien von Privatleuten durchgeführte Baumfällarbeiteneiner solchen Größenordnung jedenfalls in der Nähe von Wohnbebauung selbst in ländlichen Gebieten ungewöhnlich.

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die Beklagte hat dem Kläger den begehrten Deckungsschutz zu gewähren.

In der Privathaftpflichtversicherung verspricht der Versicherer dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz unter anderem für den Fall, dass Letzterer wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses, das die Beschädigung von Sachen zur Folge hat, für diese Folgen auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird (vgl. § 1 Nr. 1 AHB; § 100 VVG).

Diese Voraussetzungen sind hier unstreitig erfüllt.

Entgegen der Annahme der Vorinstanzen kann die Beklagte den Versicherungsschutz nicht deshalb verweigern, weil sich die Gefahren einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung im Sinne des Risikoausschlusses aus A. I. BBR verwirklicht hätten.

Wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkennt, sind die Voraussetzungen dieser Ausschlussklausel nicht bereits dann erfüllt, wenn sich die die Haftpflicht auslösende Handlung selbst als ungewöhnlich und gefährlich darstellt. Der Leistungsausschluss ist vielmehr auf die seltenen Ausnahmefälle beschränkt, in denen die schadenstiftende Handlung im Rahmen einer allgemeinen Betätigung des Versicherten vorgenommen worden ist, die ihrerseits "ungewöhnlich und gefährlich" ist und deshalb in erhöhtem Maße die Gefahr der Vornahme schadenstiftender Handlungen in sich birgt.

Das ergibt sich aus der Risikobeschreibung in A. I. BBR. Darin werden die von der Versicherung umfassten Gefahren durch Aufzählung negativer Komponenten des Haftpflichtversicherungsrisikos beschrieben. Der Schutzbereich der Haftpflichtversicherung wird durch die Wendung "als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens", die für sich genommen keine Einschränkung enthält, zunächst erkennbar weit abgesteckt, sodann aber durch die Ausnahmetatbestände nicht nur erläutert, sondern zugleich begrenzt. Mit den Gefahren eines Betriebes, Berufes, Dienstes, Amtes und einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen werden bestimmte Gefahrenbereiche vom Versicherungsschutz ausgenommen und so ein Rahmen für nicht versicherte Handlungen definiert. Das dient insbesondere der Abgrenzung des Schutzbereichs der Privathaftpflichtversicherung zu anderen Haftpflichtversicherungen und soll erläutern, für welche Lebensbereiche es nicht mehr gerechtfertigt ist, den Versicherungsnehmer als von der Privathaftpflichtversicherung geschützte "Privatperson" anzusehen. Gleiches gilt für den Ausschlussgrund der ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung. Griffe die Ausschlussklausel hingegen schon dann ein, wenn die den Haftpflichtanspruch auslösende Handlung selbst ungewöhnlich und gefährlich ist, wäre der grundsätzlich auch grob fahrlässige Schadenverursachung abdeckende Versicherungsschutz zumindest teilweise wertlos.

Anders als das Berufungsgericht meint, stellen die Baumfällarbeiten des Klägers vom 9. Februar 2009 keine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar.

Aus dem Vergleich des Begriffs der "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung" mit den übrigen im selben Satzeinschub in A. I. BBR enthaltenen Ausnahmen folgt, dass mit der "Beschäftigung" nicht lediglich eine einzelne Handlung, sondern ein Gefahrenbereich gemeint ist, also eine allgemeine, in gewissen Zeitabständen wiederholte oder wiederkehrende Betätigung als Rahmen für die konkrete schadenstiftende Handlung vorausgesetzt wird. Die in A. I. BBR aufgezählten Ausnahmetatbestände führen dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnis es bei der Klauselauslegung ankommt, vor Augen, dass nur solche Bereiche vom Schutz der Privathaftpflichtversicherung ausgenommen werden, denen er sich über eine gewisse Dauer widmet. Nicht nur der Beruf - als meist über viele Jahre hinweg dem Erwerb des Lebensunterhalts dienende Tätigkeit -, sondern auch ein Betrieb, ein Dienst oder Amt, schließlich auch ein Ehrenamt oder die verantwortliche Betätigung in Vereinigungen aller Art werden nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mit der Vorstellung verbunden, dass solche Tätigkeiten in der Regel über einen längeren Zeitraum hinweg die Lebensumstände des Betroffenen prägen.

Das führt den Versicherungsnehmer zu der Annahme, auch mit einer ungewöhnlichen und gefährlichen "Beschäftigung" sei ein Verhalten angesprochen, das - ähnlich wie die Ausübung eines Berufes oder Amtes - über eine nicht nur kurze Zeit fortdauert, sondern auf eine längere Dauer angelegt ist und so einen von den normalen Gefahren des täglichen Lebens abgrenzbaren Bereich besonderer Gefahrenlagen bildet, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholt eintreten. Für diesen Bereich will der Versicherer im Rahmen der Privathaftpflichtversicherung nicht einstehen. Die Beschäftigung muss ein Ausmaß annehmen, das es rechtfertigt, den Versicherungsnehmer mit Blick auf dieses eigenständige Betätigungsfeld nicht mehr als von der Versicherung geschützte Privatperson anzusehen. In diesem Verständnis wird der Versicherungsnehmer dadurch bestärkt, dass die Klausel nicht von einer ungewöhnlichen und gefährlichen "Handlung", sondern von einer "Beschäftigung" spricht, was dem Wortsinne nach auf etwas zielt, wofür der Versicherungsnehmer nicht nur punktuell, sondern wiederholt Arbeits- oder Freizeit aufwendet.

Umgekehrt erkennt der Versicherungsnehmer, dass es auf die Ungewöhnlichkeit oder Gefährlichkeit der schadenstiftenden Handlung selbst nicht ankommt. Entspringt sie einem vom Versicherungsschutz generell ausgenommenen Gefahrenbereich, etwa der beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers oder einer ungewöhnlich und gefährlichen Beschäftigung, so greift der Leistungsausschluss unabhängig davon, ob auch das unmittelbar schadenverursachende Verhalten als ungewöhnlich und gefährlich anzusehen ist.

Die Baumfällarbeiten des Klägers vom 9. Februar 2009 erfolgten nicht im Rahmen einer solchen ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung.

Soweit der Kläger in der Vergangenheit auf dem elterlichen Grundstück bereits des Öfteren Gartenarbeiten verrichtet und mitunter auch Bäume beschnitten oder gefällt hat, nimmt das Berufungsgericht zu Recht an, dass dadurch eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung nicht belegt ist. Gartenarbeiten - auch an Bäumen - zählen in der Regel zu den normalen Handlungen von Privatleuten. Dafür, dass bereits von früheren Baumfällarbeiten des Klägers besondere Gefahren ausgegangen wären, ist nichts ersichtlich.

Dem Berufungsgericht kann aber nicht darin gefolgt werden, der Kläger habe dadurch, dass er am 9. Februar 2009 nacheinander drei Bäume gefällt hat, bereits eine Tätigkeit von ausreichend langer Dauer entfaltet, um eine Beschäftigung im Sinne der Ausschlussklausel anzunehmen. Das Berufungsgericht hat lediglich die Einzelakte eines einmaligen, insgesamt auf wenige Stunden beschränkten, punktuellen Geschehens verknüpft, ohne damit einen vom Kläger geschaffenen besonderen Gefahrenbereich darzulegen, der darauf angelegt war, über einen längeren, d.h. zumindest mehrere Wochen dauernden Zeitraum die mit dem Fällen großer Bäume verbundenen Gefahrenlagen mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholt eintreten zu lassen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger am 9. Februar 2009 planvoll vorgegangen ist. Zwar hat die Rechtsprechung mehrfach eine "Beschäftigung" im Sinne der Ausschlussklausel bei spontanen oder impulsiven Handlungen, etwa der Begehung von Straftaten oder einer Flucht vor der Polizei, zu Recht verneint. Daraus folgt aber nicht im Umkehrschluss, dass eine "Beschäftigung" schon dann vorliegt, wenn sich der Versicherungsnehmer nicht spontan oder impulsiv, sondern planvoll verhält. Vielmehr vermag auch ein planvolles Vorgehen des Versicherungsnehmers die aufgezeigten Anforderungen an die Dauerhaftigkeit der Beschäftigung nicht zu erfüllen oder zu ersetzen, solange es sich -wie hier- auf ein punktuelles Geschehen von wenigen Stunden beschränkt.

Gemäß § 280 Abs. 2 i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB hat die Beklagte, welche die Versicherungsleistung mit Schreiben vom 20. Februar 2009 endgültig abgelehnt hat, die dem Kläger daraufhin entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 535,60 € (1,3 Gebühren aus §§ 13, 14 RVG Nr. 2300 VV-RVG) zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 20 € und Mehrwertsteuer in Höhe von 105,56 € zu ersetzen.



Gesetze

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 13 Wertgebühren


(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem Gegen- standswert bis ... Eurofür jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euroum ... E

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 100 Leistung des Versicherers


Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2011 - IV ZR 115/10

bei uns veröffentlicht am 09.11.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 115/10 Verkündet am: 9. November 2011 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG §

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 115/10 Verkündet am:
9. November 2011
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VVG § 100; AHB § 1 Nr. 1 BBR Privathaftpflichtversicherung (hier: A. I.)
Der Ausschluss des Versicherungsschutzes für Gefahren einer ungewöhnlichen und
gefährlichen Beschäftigung in den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen
(BBR) für die Privathaftpflichtversicherung setzt ein Verhalten voraus, das
auf längere Dauer angelegt ist und so einen von den normalen Gefahren des täglichen
Lebens abgrenzbaren Bereich besonderer Gefahrenlagen bildet, die mit einer
gewissen Regelmäßigkeit wiederholt eintreten (Fortführung der Senatsurteile vom
17. Januar 1996 - IV ZR 86/95, VersR 1996, 495 unter II 2 a; vom 25. Juni 1997 - IV
ZR 269/96, BGHZ 136, 142, 146 f.; vom 10. März 2004 - IV ZR 169/03, VersR 2004,
591 unter 3 a).
Allein das Fällen dreier großer Bäume innerhalb eines Tages ist keine solche Beschäftigung.
BGH, Urteil vom 9. November 2011 - IV ZR 115/10 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und
die Richterin Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 9. November
2011

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 31. März 2010 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 20. November 2009 geändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag Nr. … Deckung wegen des Vorfalles vom 9. Februar 2009 (behaupteter Schaden auf dem Grundstück der K. -GmbH, B. 61, B. , infolge Baumfällens) zu gewähren.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 661,16 € zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger fordert von seinem Privathaftpflichtversicherer Deckungsschutz wegen eines Vorfalles vom 9. Februar 2009. Dem Versicherungsvertrag aus dem Jahre 2005 liegen neben Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) "Besondere Bedingungen, Risikobeschreibungen und Zusatzbedingungen … Stand 08/01" (im Folgenden: BBR) zugrunde. Darin heißt es unter A. I.: "Versichert ist … die gesetzliche Haftpflicht des Versiche- rungsnehmers (VN) als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens - mit Ausnahme der Gefahren eines Betriebes, Berufes, Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art oder einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäf- tigung, …"
2
Am 9. Februar 2009 fällte der Kläger auf dem von ihm bewohnten Grundstück seiner Eltern mit Hilfe einer Motorkettensäge drei circa 20 m hohe Pappeln mit einem Brusthöhendurchmesser von jeweils etwa 60 cm. Während die ersten beiden Bäume wie vom Kläger beabsichtigt auf das elterliche Grundstück fielen, stürzte der dritte Baum wider Erwarten auf ein Nachbargrundstück und verursachte dort Sachschäden an einem Gebäudedach, einem Schornstein, einer Satellitenantenne und einer Wäschespinne. Die Eigentümerin nimmt den Kläger deswegen auf Schadensersatz in Höhe von 7.181,75 € in Anspruch.
3
Die Beklagte hält sich für leistungsfrei, weil der Schaden bei einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung des Klägers eingetreten sei.

4
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
6
I. Das Berufungsgericht geht davon aus, der Ausschlussgrund einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung werde nicht schon dadurch erfüllt, dass die schadenstiftende Handlung ungewöhnlich und gefährlich sei. Vielmehr müsse der Schaden im Rahmen einer allgemeinen Betätigung verursacht sein, die ihrerseits ungewöhnlich und gefährlich sei. Dafür sei eine Tätigkeit von gewisser - nicht notwendig längerer - Dauer erforderlich; eine impulsive oder spontane Handlung reiche nicht aus. Soweit das Landgericht hierzu auf frühere Garten- und Baumfällarbeiten des Klägers abgestellt habe, stehe nicht fest, ob diese bereits ungewöhnlich und gefährlich gewesen seien. Entscheidend und für die Anwendung der Ausschlussklausel ausreichend sei aber, dass der Kläger am fraglichen Tage insgesamt drei Bäume gefällt habe. Das genüge für die Annahme einer Beschäftigung von einer gewissen Dauer, zumal der Kläger planvoll vorgegangen sei. Die Beschäftigung sei auch gefährlich gewesen, weil sie in Anbetracht der besonderen Größe und des Standortes der Bäume das Risiko eines Fremdschadens erhöht habe. Des Weiteren seien von Privatleuten durchgeführteBaumfällarbeiten einer solchen Größenordnung jedenfalls in der Nähe von Wohnbebauung selbst in ländlichen Gebieten ungewöhnlich.
7
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Die Beklagte hat dem Kläger den begehrten Deckungsschutz zu gewähren.
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1. In der Privathaftpflichtversicherung verspricht der Versicherer dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz unter anderem für den Fall, dass Letzterer wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses, das die Beschädigung von Sachen zur Folge hat, für diese Folgen auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird (vgl. § 1 Nr. 1 AHB; § 100 VVG).
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Diese Voraussetzungen sind hier unstreitig erfüllt.
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2. Entgegen der Annahme der Vorinstanzen kann die Beklagte den Versicherungsschutz nicht deshalb verweigern, weil sich die Gefahren einer ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung im Sinne des Risikoausschlusses aus A. I. BBR verwirklicht hätten.
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a) Wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkennt, sind die Voraussetzungen dieser Ausschlussklausel nicht bereits dann erfüllt, wenn sich die die Haftpflicht auslösende Handlung selbst als ungewöhnlich und gefährlich darstellt. Der Leistungsausschluss ist vielmehr auf die seltenen Ausnahmefälle beschränkt, in denen die schadenstiftende Handlung im Rahmen einer allgemeinen Betätigung des Versicherten vorgenommen worden ist, die ihrerseits "ungewöhnlich und gefährlich" ist und deshalb in erhöhtem Maße die Gefahr der Vornahme schadenstiftender Handlungen in sich birgt (Senatsurteile vom 17. Januar 1996 - IV ZR 86/95, VersR 1996, 495 unter II 2 a; vom 25. Juni 1997 - IV ZR 269/96, BGHZ 136, 142, 146 unter II; vom 10. März 2004 - IV ZR 169/03, VersR 2004, 591 unter 3 a, jeweils m.w.N.).
13
Das ergibt sich aus der Risikobeschreibung in A. I. BBR. Darin werden die von der Versicherung umfassten Gefahren durch Aufzählung negativer Komponenten des Haftpflichtversicherungsrisikos beschrieben (Senatsurteil vom 11. Dezember 1980 - IVa ZR 29/80, BGHZ 79, 145, 148 unter I). Der Schutzbereich der Haftpflichtversicherung wird durch die Wendung "als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens", die für sich genommen keine Einschränkung enthält (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juni 1997 aaO unter I 2), zunächst erkennbar weit abgesteckt , sodann aber durch die Ausnahmetatbestände nicht nur erläutert, sondern zugleich begrenzt (Senatsurteil vom 10. März 2004 aaO unter 1). Mit den Gefahren eines Betriebes, Berufes, Dienstes, Amtes und einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen werden bestimmte Gefahrenbereiche vom Versicherungsschutz ausgenommen und so ein Rahmen für nicht versicherte Handlungen definiert. Das dient insbesondere der Abgrenzung des Schutzbereichs der Privathaftpflichtversicherung zu anderen Haftpflichtversicherungen und soll erläutern, für welche Lebensbereiche es nicht mehr gerechtfertigt ist, den Versicherungsnehmer als von der Privathaftpflichtversicherung geschützte "Privatperson" anzusehen. Gleiches gilt für den Ausschlussgrund der ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung. Griffe die Ausschlussklausel hingegen schon dann ein, wenn die den Haftpflichtanspruch auslösende Handlung selbst ungewöhnlich und gefährlich ist, wäre der grundsätzlich auch grob fahrlässige Schadenverursachung abdeckende Versicherungsschutz zumindest teilweise wertlos (Senatsurteil vom 17. Januar 1996 aaO).
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b) Anders als das Berufungsgericht meint, stellen die Baumfällarbeiten des Klägers vom 9. Februar 2009 keine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung dar.
15
aa) Aus dem Vergleich des Begriffs der "ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung" mit den übrigen im selben Satzeinschub in A. I. BBR enthaltenen Ausnahmen folgt, dass mit der "Beschäftigung" nicht lediglich eine einzelne Handlung, sondern ein Gefahrenbereich gemeint ist, also eine allgemeine, in gewissen Zeitabständen wiederholte oder wiederkehrende Betätigung als Rahmen für die konkrete schadenstiftende Handlung vorausgesetzt wird. Die in A. I. BBR aufgezählten Ausnahmetatbestände führen dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer , auf dessen Verständnis es bei der Klauselauslegung ankommt, vor Augen, dass nur solche Bereiche vom Schutz der Privathaftpflichtversicherung ausgenommen werden, denen er sich über eine gewisse Dauer widmet. Nicht nur der Beruf - als meist über viele Jahre hinweg dem Erwerb des Lebensunterhalts dienende Tätigkeit -, sondern auch ein Betrieb, ein Dienst oder Amt, schließlich auch ein Ehrenamt oder die verantwortliche Betätigung in Vereinigungen aller Art werden nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mit der Vorstellung verbunden, dass solche Tätigkeiten in der Regel über einen längeren Zeitraum hinweg die Lebensumstände des Betroffenen prägen (vgl. beispielweise für den Begriff des Berufs Senatsurteil vom 11. Dezember 1980 - IVa ZR 29/80, BGHZ 79, 145, 151 f. unter II 2 d).
16
Das führt den Versicherungsnehmer zu der Annahme, auch mit einer ungewöhnlichen und gefährlichen "Beschäftigung" sei ein Verhalten angesprochen, das - ähnlich wie die Ausübung eines Berufes oder Amtes - über eine nicht nur kurze Zeit fortdauert, sondern auf eine längere Dauer angelegt ist und so einen von den normalen Gefahren des täglichen Lebens abgrenzbaren Bereich besonderer Gefahrenlagen bildet, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholt eintreten (vgl. dazu OLG Hamburg VersR 1991, 92 f.; OLG Düsseldorf VersR 1994, 850 f.; ÖOGH VersR 1979, 69). Für diesen Bereich will der Versicherer im Rahmen der Privathaftpflichtversicherung nicht einstehen. Die Beschäftigung muss ein Ausmaß annehmen, das es rechtfertigt, den Versicherungsnehmer mit Blick auf dieses eigenständige Betätigungsfeld nicht mehr als von der Versicherung geschützte Privatperson anzusehen. In diesem Verständnis wird der Versicherungsnehmer dadurch bestärkt, dass die Klausel nicht von einer ungewöhnlichen und gefährlichen "Handlung", sondern von einer "Beschäftigung" spricht, was dem Wortsinne nach auf etwas zielt, wofür der Versicherungsnehmer nicht nur punktuell, sondern wiederholt Arbeits- oder Freizeit aufwendet (vgl. OLG Hamm r+s 2005, 334 f.).
17
Umgekehrt erkennt der Versicherungsnehmer, dass es auf die Ungewöhnlichkeit oder Gefährlichkeit der schadenstiftenden Handlung selbst nicht ankommt. Entspringt sie einem vom Versicherungsschutz generell ausgenommenen Gefahrenbereich, etwa der beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers oder einer ungewöhnlich und gefährli- chen Beschäftigung, so greift der Leistungsausschluss unabhängig davon , ob auch das unmittelbar schadenverursachende Verhalten als ungewöhnlich und gefährlich anzusehen ist.
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bb) Die Baumfällarbeiten des Klägers vom 9. Februar 2009 erfolgten nicht im Rahmen einer solchen ungewöhnlichen und gefährlichen Beschäftigung.
19
(1) Soweit der Kläger in der Vergangenheit auf dem elterlichen Grundstück bereits des Öfteren Gartenarbeiten verrichtet und mitunter auch Bäume beschnitten oder gefällt hat, nimmt das Berufungsgericht zu Recht an, dass dadurch eine ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung nicht belegt ist. Gartenarbeiten - auch an Bäumen - zählen in der Regel zu den normalen Handlungen von Privatleuten. Dafür, dass bereits von früheren Baumfällarbeiten des Klägers besondere Gefahren ausgegangen wären, ist nichts ersichtlich.
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(2) Dem Berufungsgericht kann aber nicht darin gefolgt werden, der Kläger habe dadurch, dass er am 9. Februar 2009 nacheinander drei Bäume gefällt hat, bereits eine Tätigkeit von ausreichend langer Dauer entfaltet, um eine Beschäftigung im Sinne der Ausschlussklausel anzunehmen. Das Berufungsgericht hat lediglich die Einzelakte eines einmaligen , insgesamt auf wenige Stunden beschränkten, punktuellen Geschehens verknüpft (vgl. dazu OLG Hamm r+s 2000, 12 f.; OLG Koblenz VersR 1996, 444), ohne damit einen vom Kläger geschaffenen besonderen Gefahrenbereich darzulegen, der darauf angelegt war, über einen längeren, d.h. zumindest mehrere Wochen dauernden Zeitraum die mit dem Fällen großer Bäume verbundenen Gefahrenlagen mit einer gewis- sen Regelmäßigkeit wiederholt eintreten zu lassen (vgl. zu einem ähnlichen Fall: OLG Karlsruhe VersR 1988, 1175). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger am 9. Februar 2009 planvoll vorgegangen ist. Zwar hat die Rechtsprechung mehrfach eine "Beschäftigung" im Sinne der Ausschlussklausel bei spontanen oder impulsiven Handlungen, etwa der Begehung von Straftaten oder einer Flucht vor der Polizei, zu Recht verneint (OLG Düsseldorf VersR 1994, 850 f.; r+s 1997, 11; OLG Koblenz VersR 1996, 444; OLG Hamburg VersR 1991, 92 f.; OLG Saarbrücken VersR 2002, 351 f.; OLG Frankfurt am Main VersR 1996, 964, 965; a.A. OLG Jena VersR 2006, 1064 f.). Daraus folgt aber nicht im Umkehrschluss, dass eine "Beschäftigung" schon dann vorliegt, wenn sich der Versicherungsnehmer nicht spontan oder impulsiv, sondern planvoll verhält. Vielmehr vermag auch ein planvolles Vorgehen des Versicherungsnehmers die aufgezeigten Anforderungen an die Dauerhaftigkeit der Beschäftigung nicht zu erfüllen oder zu ersetzen, solange es sich - wie hier - auf ein punktuelles Geschehen von wenigen Stunden beschränkt.

21
III. Gemäß § 280 Abs. 2 i.V.m. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB hat die Beklagte , welche die Versicherungsleistung mit Schreiben vom 20. Februar 2009 endgültig abgelehnt hat, die dem Kläger daraufhin entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 535,60 € (1,3 Gebühren aus §§ 13, 14 RVG Nr. 2300 VV-RVG) zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 20 € und Mehrwertsteuer in Höhe von 105,56 € zu ersetzen.
Dr. Kessal-Wulf Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 20.11.2009- 4 O 1064/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 31.03.2010- 7 U 1916/09 -

Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten auf Grund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

165


Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.