Amtsgericht Aachen Urteil, 21. Aug. 2015 - 101 C 195/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand
3Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen.
4Entscheidungsgründe
5I.
6Die Klage ist unbegründet.
71. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Erstattung der übrigen Sachverständigenkosten in Höhe von 37,49 EUR. Die Frage der Aktivlegitimation kann offenbleiben, da der Schadensersatzanspruch bereits durch die Zahlung der Beklagten in Höhe von 511,70 EUR gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen ist. Denn der Anspruch auf die Erstattung der Honorarforderung besteht nur in Höhe von 449,82 EUR.
8a) Die Sachverständigenkosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung – wie im Streitfall – zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (BGH NJW 2014, 3151 f. m.w.N.).
9Seiner ihn im Rahmen des § 249 BGB treffenden Darlegungslast genügt der Geschädigte regelmäßig durch Vorlage der – von ihm beglichenen – Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrags zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen (BGH NJW 2014 3151, 2152 f.).
10Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist jedoch Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden. Bei der Bemessung der Schadenshöhe hat der Tatrichter allerdings zu beachten, dass der Schätzung nach § 278 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zu Grunde liegen müssen. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO ergibt, darf sie nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen (BGH NJW 2014, 3151, 3153 m.w.N.).
11b) Das erkennende Gericht ist nicht der Auffassung, dass bei Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit von Sachverständigenkosten sich die Überprüfung einzelner Nebenkostenpositionen im Rahmen von § 287 ZPO verbietet und stattdessen auf das Gesamtergebnis, also den letztlich zu zahlenden Betrag, abzustellen ist. Dem Gericht ist es möglich alle Positionen einer subjektsbezogenen Schadensbetrachtung zu unterziehen, also vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten dahingehend zu überprüfen, ob sie erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen. Denn in der dem Geschädigten ausgehändigten Rechnung des Sachverständigen sind grundsätzlich alle Positionen aufgeschlüsselt und für diesen überprüfbar. Auch der Bundesgerichtshof spricht in seiner zu dieser Thematik regelmäßig zitierten Entscheidung nicht von dem auf die Rechnung zu zahlenden Gesamtbetrag, sondern von den „mit dem Sachverständigen vereinbarten oder (…) berechneten Preisen“ (BGH NJW 2014, 3151, 3153).
12Im vorliegenden Fall kommt es aber auf die Erkennbarkeit für den Geschädigten auch gar nicht an. Denn hier hat sich der Sachverständige noch vor Erstellung der Rechnung die Forderung von dem Geschädigten abtreten lassen. Anders als der Geschädigte ist der Sachverständige selbst zur Beurteilung der Berechtigung und Angemessenheit seiner Honorarforderung ohne Weiteres in der Lage. In dieser Konstellation ist es gerechtfertigt, bei der Einschätzung hinsichtlich der Erforderlichkeit des aufzuwenden Geldbetrages auf die Kenntnislage des Sachverständigen abzustellen. Der Sachverständige konnte als Inhaber der Forderung dessen Entstehung der Höhe nach bei dem noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt maßgeblich beeinflussen.
13c) Der Privatsachverständige macht in seiner Rechnung vom 23.03.2015 (Bl. 23 d.A.) folgende Positionen geltend:
141. Grundhonorar : 360,00 EUR
152. Schreibkosten: 28,00 EUR
163. Schreibkosten Zweitausfertigung: 14,00 EUR
174. Porto/Telefon pauschal: 18,00 EUR
185. 1. Fotosatz: 25,00 EUR
196. 2. Fotosatz: 16,50 EUR
207. 19% Mehrwertsteuer
21Summe: 549,19 EUR
22Ausgehend von den oben genannten Grundsätzen ist das Honorar in Höhe von 83,50 EUR zu kürzen, so dass ein Betrag von 378,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer verbleibt. Die in den Positionen 2., 3., 5. und 6. aufgeführten und von der Beklagten beanstandeten Nebenkosten sind sowohl vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten als auch aus der Sicht des Sachverständigen nicht erforderlich.
23aa) Die Schreibkosten sind im Grundhonorar mit abgegolten. Denn mit dem Abschluss des Werkvertrages verpflichtet sich der Sachverständige, ein Gutachten zu erstellen, welches in schriftlicher Form dem Auftraggeber zu überlassen ist. Ansonsten könnte der Sachverständige seinen Auftrag überhaupt nicht erfüllen.
24Auch die Position 3. Ist nicht erstattungsfähig. Hierbei handelt es sich um die Kosten der Zweitausfertigung des Gutachtens. Diese Kosten können nicht dem Schädiger auferlegt werden. Denn zur Schadensabwicklung gegenüber dem Versicherer wird lediglich das Original benötigt. Wenn und soweit der Geschädigte meint, eine Abschrift für seine Unterlagen zu benötigen, mag er diese auf eigene Kosten und nicht zu Lasten des Schädigers anfertigen.
25bb) Als Post- und Telekommunikationspauschale (Position 4.) ist ein Pauschalbetrag von 15,00 EUR ausreichend (vgl. z.B. LG Saarbrücken, NJW 2012, 3658, 3662). Der hier geltend gemachte Betrag ist nur geringfügig höher und damit erstattungsfähig.
26cc) Die Positionen 5. und 6. sind nicht erforderlich. Im Zeitalter der digitalen Fotografie, der sich auch die Sachverständigen bedienen, sind Kosten für die Erstellung von Fotos nicht nachvollziehbar. Fotos werden heute üblicherweise digital gefertigt und verarbeitet. Gesonderte Kosten wie in früheren Zeiten durch Entwicklung und Druck der Fotos entstehen nicht mehr (LG Dresden, Urteil v. 28.08.2014 – 9 O 203/14, juris Rn. 24).
272. Mangels Hauptforderung stehen der Klägerin auch die begehrten Nebenforderungen nicht zu.
28III.
29Die prozessualen Nebenentscheidungen basieren auf § 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
30IV.
31Die Berufung ist auf Antrag der Klägerin gemäß § 511 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die in dem vorliegenden Rechtsstreit aufgeworfenen Rechtsragen in einer Vielzahl von Fällen auftreten und vor dem Hintergrund der vorgelegten Urteile des Landgerichts Köln vom 23.04.2015 – Az. 6 S 199/14 – und des Beschlusses des OLG München vom 12.03.2015 – Az. 10 U 579/15 – klärungsbedürftig erscheinen.
32V.
33Der Streitwert wird auf 37,49 EUR festgesetzt.
34Rechtsbehelfsbelehrung:
35A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
361. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
372. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
38Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Aachen, Adalbertsteinweg 90, 52070 Aachen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
39Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Aachen zu begründen.
40Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Aachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
41Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
42B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Aachen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Aachen, Adalbertsteinweg 92, 52070 Aachen, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
43Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
44Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Aachen Urteil, 21. Aug. 2015 - 101 C 195/15
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(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.
(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.
(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG Leverkusen vom 16.7.2014, Az. 22 C 638/13, dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 9.1.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben, die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2Die Klägerin ist eine Einzugsstelle, unter anderen für Kfz-Sachverständigenhonorar.
3Nach einem Verkehrsunfall, für dessen Folgen die Versicherungsnehmerin der Beklagten allein verantwortlich war, unterzeichnete der Geschädigte, Herr P, am 23.1.2013 einen Gutachtenauftrag, durch den er das Sachverständigenbüro B GmbH mit der Begutachtung des Fahrzeugschadens beauftragte. Auf dem Antragsformular trat der Geschädigte seine Ansprüche gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer in Höhe des Honoraranspruchs einschließlich der Mehrwertsteuer des Sachverständigen gemäß Rechnung für die Erstellung des Beweissicherungsgutachtens an die Klägerin ab. Zugleich wurde der Anspruchsgegner unwiderruflich angewiesen, den Forderungsbetrag aus der Rechnung des Sachverständigen unmittelbar durch Zahlung an die Klägerin (bezeichnet als KfzVS) zu begleichen. Ferner heißt es in dem Formular wie folgt:
4„Die Abtretung erfolgt in der Reihenfolge: Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfallentschädigung, Nebenkosten, Reparaturkosten. Dabei wird eine nachfolgende Position nur abgetreten, wenn die zuvor genannte Position nicht ausreicht, um den gesamten Honoraranspruch des Sachverständigen zu decken. Sollte die Abtretung der Ansprüche den tatsächlichen Honoraranspruch übersteigen, erfolgt die Abtretung dergestalt, dass hinsichtlich der zuletzt abgetretenen Anspruchsposition ein erstrangiger Teilbetrag in Höhe des restlichen Sachverständigenhonorars abgetreten wird.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anl. K3 (Bl. 26 der Akte) Bezug genommen. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 6.2.2013 zu Reparaturkosten von 1083,86 € brutto. In der Rechnung vom selben Tag stellte er für das Gutachten 431,38 € in Rechnung. Auf die Rechnung wird ebenfalls verwiesen (Anl. K2 , Bl. 25 der Akte).
5Die Beklagte zahlte vorprozessual 400,63 € und lehnte eine weitere Zahlung ab, da das Honorar überhöht sei. Mit Schreiben vom 26.11.2013 bestellten sich die jetzigen Prozessbevollmächtigten für die Klägerin und forderten restliche 32,04 € und berechneten zugleich 39 € vorgerichtliche Anwaltskosten, die sie aus Verzug forderten.
6Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Abtretung wirksam sei, insbesondere dem Bestimmtheitserfordernis genüge. Das Honorar sei angemessen und jedenfalls aus Sicht des Geschädigten nicht erkennbar überhöht, so dass diesen jedenfalls kein Auswahlverschulden treffe. Die Rechnung des Sachverständigen liege im Korridor der Honorare der BVSK-Befragung.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
9sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 39 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte hält die Abtretung mangels Bestimmtheit für unwirksam. Sie macht geltend, bereits mehr bezahlt zu haben als geschuldet. Es habe sich erkennbar um einen Bagatellschaden gehandelt, bei dem die Einholung eines Gutachtens nicht erforderlich gewesen sei. Jedenfalls sei das Honorar übersetzt und liege über dem ortsüblichen Niveau. Hierzu hat die Beklagte in der Klageerwiderung näher ausgeführt, hierauf wird insoweit verwiesen.
13Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Abtretung mangels Bestimmtheit nicht wirksam sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
14Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag.
15Die Klägerin beantragt,
16unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Ansicht, dass der Umfang der Abtretung, insbesondere die Höhe der erfassten Ansprüche nicht bestimmt sei. Für den Zedenten sei der Umfang der abgetretenen Ansprüche nicht überschaubar. Er werde gehindert, seine Forderungen gegen den Schädiger einzuziehen, bis die Honorarrechnung vollständig befriedigt sei. Allein das bedeute eine unangemessene Benachteiligung. Auch versteckte sich die Klägerin hinter dem Zedenten bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Honorarforderung, die überhöht sei. Dies könne der Klägerin entgegengehalten werden.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
21Nach Auffassung der Kammer ist die Abtretung nicht wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitserfordernis unwirksam, so dass die Klägerin aktivlegitimiert ist. Eine wirksame Abtretung setzt voraus, dass die abgetretene Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Bei der Abtretung einer Forderungsmehrheit ist erforderlich, dass der Umfang der von der Abtretung erfassten Forderungen der Höhe und der Reihenfolge nach aufgeschlüsselt wird (BGH, Urteil vom 7.6.2011, VI ZR 260/10). Hier handelt es sich bei der Abtretung der Ersatzansprüche um eine Mehrzahl von selbstständigen Forderungen, nicht nur um unselbstständige Rechnungsposten. Die Forderungen sind im 3. Abschnitt der Abtretungserklärung bezeichnet, nämlich Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfallentschädigung, Nebenkosten, Reparaturkosten, so dass insoweit dem Bestimmtheitserfordernis genüge getan ist. Auch die Reihenfolge ist festgelegt, wobei die jeweils nachfolgende Position nur abgetreten wird, wenn die vorhergehenden Positionen nicht ausreichen, um den gesamten Honoraranspruch zu decken. Insgesamt ist die Abtretung der Höhe nach begrenzt auf die Höhe des Honoraranspruchs gemäß Sachverständigenrechnung. Nach Auffassung der Kammer ist danach die Höhe der abgetretenen Forderungen zwar nicht betragsmäßig bestimmt, jedoch bestimmbar. Ob und in welcher Höhe die Abtretung eingreift, hängt einerseits von der Höhe der Sachverständigenrechnung ab, andererseits von der Höhe der abgetretenen Forderungen, die teilweise bereits entstanden sind, der Höhe nach aber noch nicht bezifferbar sind, teilweise in ihrer Entstehung noch von der weiteren Entwicklung, etwa von der Dauer der Ausfallzeit abhängen können. Das steht jedoch dem Bestimmtheitserfordernis nicht entgegen, denn auch zukünftige Forderungen können bereits abgetreten werden, auch wenn deren Entstehung noch nicht gewiss ist. Die Abtretung wird gegenstandslos, wenn die Forderung nicht entsteht. In diesem Fall rückt die nächste Position nach. Unerheblich ist es daher, dass unter Umständen ungewiss ist, ob etwa Nutzungsausfallentschädigung anfallen wird, denn insoweit reicht, dass die Forderung im Zeitpunkt ihrer Entstehung bestimmbar ist.
22Die Abtretung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Benachteiligung des Geschädigten nach § 307 BGB unwirksam. Die Abtretung der Ansprüche erfolgt erfüllungshalber und ist mit einer Stundung der Honorarforderung verbunden. Nach den Bestimmungen in der Abtretungserklärung darf der Sachverständige oder die KfzVS den Auftraggeber des Sachverständigen erst nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung wieder in Anspruch nehmen. Der Höhe nach ist die Abtretung auf den Rechnungsbetrag begrenzt. Auch wenn dem Geschädigten durch die Abtretung unter Umständen die Verfolgung seiner Ansprüche erschwert wird, bis die Honorarrechnung beglichen ist, so ist andererseits das Sicherungsbedürfnis des Sachverständigen zu berücksichtigen, dem das Risiko, dass der Zedent etwa nur zu einem Bruchteil Ersatz verlangen kann, nicht aufgebürdet werden kann. Der Zedent kann die Ungewissheit beenden, indem er die Rechnung begleicht oder seiner Ansprüche in Höhe der Rechnung des Sachverständigen reduziert.
23Die Beklagte kann dem Anspruch auf Ersatz des Sachverständigenhonorars aus abgetretenem Recht des Geschädigten auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Einholung eines Gutachtens nicht erforderlich gewesen seien, weil es sich erkennbar um einen Bagatellschaden gehandelt habe. Der Sachverständige hat die Kosten auf 910,980 € netto = 1083,96 € brutto ermittelt, die Beklagte hat bei Zugrundelegen von Preisen einer nichtmarkengebundenen Fachwerkstatt 756,83 € ermittelt, wobei es sich unwidersprochen um den Nettobetrag handelt. Nach der Kommentierung bei Palandt-Grüneberg (Kommentar zum BGB, 74. Auflage, § 249 Rn. 58) wird die Bagatellgrenze bei 700 € angenommen, so dass der Geschädigte die Einholung eines Gutachtens selbst bei den von der Beklagten ermittelten Reparaturkosten für erforderlich halten durfte, unabhängig davon, dass auch nicht ersichtlich ist, dass der Geschädigte die Höhe des Schadens hätte selbst erkennen müssen.
24Auch mit den weiteren Einwänden gegen die Höhe der Kosten kann die Beklagte nicht durchdringen. Dabei ist von der so genannten subjektbezogenen Schadensbetrachtung auszugehen, d.h. es ist Rücksicht zu nehmen auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten. Dabei darf sich ein Geschädigter regelmäßig damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen, ohne dass er vorher eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben muss (vergleiche BGH, Urteil vom 11.2.2014, VI ZR 225/13). Daher genügt er regelmäßig seiner Darlegungslast, wenn er die Rechnung des Sachverständigen vorlegt. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet dabei ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des gemäß § 287 ZPO zu schätzenden erforderlichen Betrages. Hieran ändert sich nach Auffassung der Kammer nichts dadurch, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht des Geschädigten vorgeht. Die Abtretung ändert nämlich nichts daran, dass es sich um einen in der Person des Geschädigten entstandenen Anspruch handelt. Bei der Frage der Erforderlichkeit der Kosten ist daher auch auf die Person des Zedenten abzustellen. Dem kann nach Auffassung der Kammer nicht gleichgestellt werden, dass der Sachverständige selbst oder nach Abtretung der Zessionar des Sachverständigen dessen Honorarforderung geltend macht.
25Bei der Prüfung, in welcher Höhe der abgetretene Anspruch in der Person des Zedenten entstanden ist, greift aber der Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung ein. Dass der Geschädigte erkennen konnte, dass die Rechnung des Sachverständigen unangemessen ist, hat die Beklagte durch den Hinweis auf die Berechnung nach ihrer Honorarliste, die auf einer BVSK-Honorarbefragung beruhen soll, nicht schlüssig dargetan. Demgegenüber weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass die Beklagte die Rechnung um nur 8 % gekürzt hat, was schon dagegen spricht, dass es sich um eine erkennbar überhöhte Rechnung handelt. Dabei ist nach Auffassung der Kammer auch nicht nur auf die einzelnen Positionen der Rechnung abzustellen, sondern auf das Gesamtergebnis, das den letztlich zu zahlenden Betrag wiedergibt.
26Im übrigen hat die Beklagte die Angemessenheit der vorgelegten Rechnung auch nicht ausreichend bestritten. Sie wendet sich lediglich gegen einzelne Positionen, insbesondere bei den Nebenkosten, gibt aber keine nachvollziehbare Darstellung, welches nach ihrer Auffassung das angemessene und ortsübliche Honorar ist. Demgegenüber hat die Klägerin schon in der Klageschrift unbestritten aufgezeigt, dass die Honorarforderung des Sachverständigen sich im Rahmen der Werte des HB V-Korridors hält, und zwar noch leicht unterhalb des Durchschnitts. Dabei ist es nach Ansicht der Kammer durchaus zulässig, bei Bestehen einer bestimmten Bandbreite für die übliche Vergütung von dem Mittelwert als angemessener Vergütung auszugehen (vergleiche Palandt-Sprau, BGB, 74. Auflage, § 632, Rn. 16 mit weiteren Nachweisen).
27Die Klage hat daher hinsichtlich der restlichen Sachverständigenkosten Erfolg.
28Der Zinsanspruch ist aus Verzug nach §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten hat die Klägerin mit ihrer Berufung nicht mehr verfolgt.
29Die Kostenentscheidung für die 1. Instanz beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Obwohl die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sich im Gebührenstreitwert nicht ausgewirkt haben, ist für die 1. Instanz von einem Teilunterliegen auszugehen. Die erstinstanzlich verlangten vorgerichtlichen Anwaltskosten waren betragsmäßig höher als die Hauptforderung, so dass es in einem solchen Fall angemessen erscheint, eine Kostenquote zu bilden, bzw. hier die Kosten gegeneinander aufzuheben. Die Kostenentscheidung für die 2. Instanz folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
30Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Z. 10, 711 ZPO.
31Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Frage, ob die Abtretungsklausel in der jetzt vorliegenden Fassung den Anforderungen an die Bestimmtheit der Abtretung bei einer Mehrzahl von Forderungen genügt, in einer Vielzahl von Fällen auftritt und klärungsbedürftig scheint.