Amtsgericht Köln Urteil, 06. Jan. 2016 - 125 C 228/15


Gericht
Tenor
1.) Die Klage wird abgewiesen.
2.) Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
3.) Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist bei der Beklagten rechtsschutzversichert. Mit der Klage begehrt er die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Deckung in einem beabsichtigten Rechtsstreit; die Beklagte beruft sich auf Vorvertraglichkeit.
3Der Kläger schloss am 9. Juli 2003 mit der U. Bank AG einen Darlehensvertrag. Der Vertrag über eine Nettodarlehenssumme von 15.000,00 € wurde vertragsgemäß abgewickelt und bis zum Jahr 2006 vollständig zurückgezahlt. Zum 1. Januar 2013 schlossen die Parteien unter Zugrundelegung der Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen 2014 der Beklagten einen Rechtsschutzversicherungsvertrag. Dieser umfasst Angelegenheiten aus dem Vertragsrecht. Mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 20. März 2015 erklärte der Kläger den Widerruf des 2003 abgeschlossenen Darlehensvertrages gegenüber der U. Bank AG. Dabei berief er sich auf die – seiner Auffassung nach – fehlerhafte Widerrufsbelehrung im Vertragstext. Mit Schreiben vom 13. April 2015 nahm die U. Bank AG die Auffassung ein, der Widerruf sei verfristet, da die seinerzeit erteilte Belehrung gesetzmäßig sei und die gesetzliche Frist daher in Gang gesetzt habe.
4Der Kläger beantragt,
5festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Rechtsschutz für das beabsichtigte erstinstanzliche Klageverfahren beim Amtsgericht Dortmund gegen die U. Bank auf Zahlung eines Nutzungsersatzes i. H. v. 3.975,30 € und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i. H. v. 413,76 € wegen des am 20. März 2015 erklärten Widerrufs des Darlehensvertrages vom 9. Juli 2003 mit der Kreditnummer XXXXXXXXXX, aufgrund des zwischen den Parteien unter der Versicherungsnummer: xxxxxxxxx abgeschlossenen Versicherungsvertrages zu gewähren.
6Die Beklagte beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
9E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
10Die Klage ist nicht begründet.
11Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen, da der Kläger von der Beklagten keine Deckung der Kosten des beabsichtigten Rechtsstreits gegen die U. Bank AG verlangen kann. Der beabsichtigte Rechtsstreit ist nicht versichert; er unterfällt dem zeitlichen Ausschluss nach Ziffer 3.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Vorvertraglichkeit). Vorvertraglichkeit besteht nach Ziffer 3.1.1 der Rechtsschutzversicherungsbedingungen, wenn der Versicherungsfall innerhalb von drei Monaten nach Versicherungsbeginn eingetreten ist; dies gilt – erst recht – wenn der Versicherungsfall bereits vor Abschluss des Versicherungsvertrages eingetreten ist. In Ziffer 3.1.2 wird dies dahingehend konkretisiert, dass für eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes oder innerhalb von drei Monaten nach Versicherungsbeginn vorgenommen wurde und den Versicherungsfall auslöst, kein Versicherungsschutz besteht.
12Dies war hier der Fall.
13Die Rechtshandlung, die den beabsichtigten Rechtsstreit auslöste, lag in dem Abschluss des Darlehensvertrages ohne Erteilung einer gesetzmäßigen Widerrufsbelehrung. Diese lag viele Jahre vor dem Abschluss des streitbefangenen Rechtsschutzversicherungsvertrages der Parteien. Der in der unwirksamen Widerrufsbelehrung liegende Rechtsverstoß ist die eigentliche Ursache des beabsichtigten Rechtsstreits; die im Frühjahr 2015 abgegebenen Erklärungen – Widerruf bzw. Zurückweisung der Forderung des Klägers – begründen hingegen einen neuen Versicherungsfall i. S. d. Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen der Beklagten. Diese Erklärungen können von dem Streit um die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung nicht getrennt werden, ohne eine künstliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs vorzunehmen (vgl. Landgericht Köln, Urteil vom 24. September 2015 – Geschäfts-Nr.: 24 O 153/15).
14Damit ist der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 24. April 2013 – IV ZR 23/12) nicht zu folgen. Zwar stellt der Bundesgerichtshof zu Recht auf „das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch herleitet“ ab. Dieses liegt aber zunächst in der gesetzwidrigen Widerrufsbelehrung, die das Widerrufsrecht zeitlich unbegrenzt aufrecht erhält. Sie liegt nicht, jedenfalls nicht erstmalig, in der rechtswidrigen Zurückweisung der sich aus dem vorgeworfenen pflichtwidrigen Verhalten ergebenden Ansprüche, wie der Bundesgerichtshof meint. Die Zurückweisung von Ansprüchen aus vorgeworfenem pflichtwidrigem Verhalten kann zwar Leistungsverzug begründen, setzt aber das vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten, aus dem die in dem betreffenden Rechtsstreit zu klärenden Ansprüche entstanden sind, denknotwendig voraus. Mangels Hauptforderung entfällt auch die von dem Kläger begehrte Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten i. H. v. 334,75 €.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
16Streitwert: 2.146,72 €.
17Rechtsbehelfsbelehrung:
18A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
191. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
202. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
21Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
22Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
23Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
24Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
25B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
26Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.