Amtsgericht Köln Urteil, 23. Mai 2016 - 142 C 566/15
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites tragen der Kläger zu ¾ und die Beklagte zu ¼.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages geleistet hat.
1
Tatbestand
2Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärung in Anspruch.
3Der Kläger tritt als ein in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins tätiger Interessenverband von Online-Unternehmen auf. Die Beklagte betreibt einen Grosshandel für Verpackungsmaterial.
4Die Beklagte bietet seit dem 01.07.2010 Waren auf der Handelsplattform ebay unter dem ebay-Namen „g-q“ an. Dort veröffentlicht sie insbesondere Angebote, die den Bereich Bürobedarf betreffen. Hierzu gehören u.a. Klebebänder. Bei ebay ist die Ausgabe von Gesamt- und Grundpreis in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander jedenfalls dergestalt möglich und auch zulässig, dass der Grundpreis in die Artikelüberschrift aufgenommen oder aber in das Angebotsbild eingepflegt wird.
5Mit Schreiben unter dem 28.07.2015 mahnte der Kläger die Beklagte unter Darlegung einer von ihm behaupteten Abmahnbefugnis und unter Hinweis auf von ihm angenommener und im einzelnen bezeichneter Wettbewerbsverstöße ab, forderte die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, und übersandte eine Kostenrechnung in Höhe von 232,05 Euro.
6Unter dem 04.08.2015 verpflichtete sich die Beklagte gegenüber dem Kläger,
7„ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich, […] es bei der Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen und vom Unterlassungsgläubiger zu bestimmenden angemessenen Vertragsstrafe, deren Höhe im Streitfalle vom zuständigen Gericht zu überprüfen ist, künftig zu unterlassen,
81. im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz auf der Handelsplattform ebay betreffend Bürobedarf Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten,
9[…]
102. in denen in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung Waren in Fertigpackungen und/oder in offenen Packungen und/oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Länge angeboten werden, ohne neben dem Gesamtpreis auch gleichzeitig den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben.“
11Die Erklärung schließt mit folgendem Passus:
12„Die Unterlassungserklärung wird, ohne damit ein Präjudiz über die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit des zu unterlassenden Verhaltens abzugeben, unter der auflösenden Bedingung einer allgemein verbindlichen, d.h. auf Gesetz oder einer Entscheidung der höchstrichterlichen Rechtsprechung beruhenden, ausdrücklichen Klarstellung abgegeben, dass das zu unterlassende Verhalten keine Rechtsverletzung beinhaltet“.
13Wegen des genauen Inhaltes der Unterlassungserklärung wird auf Bl. 13 ff d.A. Bezug genommen. Mit Schreiben unter dem 06.08.2015 nahm der Kläger diese Unterlassungserklärung an.
14Die Beklagte wies am 14.08.2015 unter den ebay-Angebotsnummern 000 sowie 111 Angebote für Klebebänder bei ebay aus, bei denen weder in der Galerie-Ansicht noch auf der Artikelseite neben dem Gesamtpreis auch der Grundpreis nach Länge angegeben war. Angegeben war die Maße Länge und Breite. Wegen der konkreten Angebote wird auf Bl. 22 ff d.A. Bezug genommen.
15Mit Schreiben unter dem 14.08.2015 forderte der Kläger von der Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 3.000 Euro und setzte Frist hierfür bis zum 21.08.2015. Mit Schreiben unter dem 24.08.2015 verringerte der Kläger seine Forderung auf 2.000 Euro. Am 25.09.2015 zahlte die Beklagte an den Kläger 200,00 Euro.
16Seit dem 14.08.2015 und bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung verkaufte die Beklagte mindestens 153 Artikel, im Zeitraum der letzten 12 Monate bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung mindestens 1029 Artikel. Im Zeitpunkt der Klageerhebung listete die Beklagte 459 Angebote auf ebay, und bot weiterhin Waren ohne Angabe auch des Grundpreises an. Die Beklagte erhielt auf ebay in den letzten 12 Monaten insgesamt 1543 Bewertungen. Die Preise der von der Beklagten auf ebay angebotenen Artikel lagen zwischen 3,75 Euro und 925 Euro, wobei eine Vielzahl der Artikel im dreistelligen Eurobereich lag. Auf das eine der hier streitgegenständlichen Angebote entfielen 53 Klicks, auf das andere Angebot 29 Klicks.
17Der Kläger ist der Ansicht, dass sich seine Aktivlegitimation aus der ihm gegenüber erfolgten Abgabe der Unterlassungserklärung ergebe. Abgesehen davon sei er abmahnbefugt, da ihm 19 Bürobedarfshändler angehörten, die ebenfalls auf ebay tätig seien. Der Kläger ist weiter der Ansicht, dass das abgemahnte Verhalten wettbewerbswidrig und die Vertragsstrafe verwirkt sei. Der Kläger ist schließlich der Ansicht, dass die nunmehr geltend gemachte Vertragsstrafe in Höhe von 2.000,00 Euro in Anbetracht der Wirtschaftskraft und der Präsenz der Beklagten auf ebay am unteren Rand des Angemessenen liege. Unter Abzug von gezahlten 200,00 Euro seien noch 1.800,00 Euro zu zahlen.
18Der Kläger beantragt,
19die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.800,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2015 zu zahlen.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie nicht gegen die Unterlassungserklärung verstossen habe, da sich diese nur auf Längenangaben beziehe, die von ihr vertriebenen Klebebänder aber nach Länge x Breite angegeben worden seien, da die Massangaben bei ebay grundsätzlich nach Länge und Breite zu erfolgen habe. Eine Vergleichbarkeit sei nur bei einer Flächenangabe gegeben. Zudem müsse der Verstoss zu einer spürbaren Beeinträchtigung führen, vorliegend sei die Beeinträchtigung nur geringfügig, da die Berechnung des Grundpreises einfach möglich sei. Die Beklagte ist weiter der Ansicht, dass kein Verschulden vorliege; Es gebe keine Möglichkeit bei ebay bei Angeboten von verschiedenen Varianten den jeweils geltenden Grundpreis anzugeben. Zudem habe sich der Geschäftsführer im Zeitpunkt des behaupteten Verstosses gegen die Unterlassungserklärung im Urlaub befunden habe und keine Möglichkeit gehabt, die Angebote zu löschen. Die Beklagte behauptet weiter, dass sie mit ihren sämtlichen ebay-Verkäufen einen Gewinn vor Steuern im Juni 2015 von 884,13 Euro, im Juli 2015 von 772,52 Euro und im August 2015 von 850,57 Euro erzielt habe, von denen 6,00 Euro auf die hier streitgegenständlichen Angebote entfielen. Eine Strafzahlung in Höhe von 500,00 Euro bedeute bereits ein etwa dreiwöchiges Arbeiten der Beklagten ohne Gewinn.
23Es wird weiter auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe
25Der Kläger hat gegen die Beklagte einen weiteren Anspruch in Höhe von 500,00 Euro Vertragsstrafe wegen der Verletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Unterlassungsvertrages.
26I.
27Der Kläger ist hinsichtlich des Anspruches auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Unterlassungsvertrag 04.08./06.08.2015 (Bl. 8 ff d.A.), der rechtlich als ein abstraktes Schuldversprechen gem. § 780 BGB darstellt, aktivlegitimiert. Insbesondere kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, dass dem Kläger die Abmahnbefugnis fehle oder das von dem Kläger nunmehr beanstandete Verhalten nicht wettbewerbswidrig sei.
28Schliessen der Unterlassungsgläubiger und der Unterlassungsschuldner im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung einen Unterlassungsvertrag führt dies zu einer abstrakten Unterlassungsverpflichtung. Diese besteht unabhängig davon, ob das von ihr erfasste Verhalten tatsächlich wettbewerbswidrig ist; denn es ist gerade Ziel eines solchen Vertrages bei nicht geklärter Rechtslage einen weiteren Streit zu vermeiden. Diese auch kostgünstige Streitbeilegung würde entwertet, wenn der Unterlassungsschuldner sich ihr mit dem Argument entziehen könnte, sein Verhalten sei trotz seiner Unterlassungsverpflichtung nicht wettbewerbswidrig gewesen (BGH, NJW 2012, 3577). Durch einen Unterlassungsvertrag soll aber nicht nur die Frage nach der Wettbewerbswidrigkeit des beanstandeten Verhaltens dem weiteren Streit entzogen werden, sondern auch die Frage nach der Abmahnbefugnis des Unterlassungsgläubigers gemäss § 8 Abs. 3 UWG. Indem der Unterlassungsschuldner sich abstrakt gegenüber dem Gläubiger zur Leistung einer Vertragsstrafe verpflichtet, erkennt er auch die Rechteinhaberschaft des Gläubigers an und will sie dem weiteren Streit entziehen. Zudem macht der Kläger vorliegend einen vertraglichen Anspruch und keinen gesetzlichen auf das UWG gestützten Anspruch geltend, so dass es auf die Frage der Klagebefugnis im Rahmen des UWG nicht ankommt (OLG Köln, NJW-RR 1987, 360)
29Nach diesen Grundsätzen ist der Unterlassungsvertrag vorliegend unabhängig davon wirksam, ob das streitgegenständliche Verhalten einen Wettbewerbsverstoß darstellt oder der Kläger zum Kreis der nach § 8 Abs. 3 UWG zur Abmahnung Befugten gehört. Dass diese Wirkung von den Parteien, insbesondere auch der Beklagten, gebilligt wurde, zeigt sich daran, dass die Beklagte im Zuge der Abgabe der Unterlassungserklärung gemäss Schreiben vom 04.08.2015 (Bl. 8 ff d.A.) zwar ausführlich die Aktivlegitimation des Klägers aus § 8 Abs. 3 UWG in Zweifel zieht und auch in diesem Zusammenhang auch die Ersatzfähigkeit der Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 Satz UWG beanstandet, aber gleichwohl die Unterlassungserklärung abgibt,„um unnötige Weiterungen in der Angelegenheit zu vermeiden und eine für beide Seiten erstrebenswerte schnelle Beilegung der Auseinandersetzung zu erzielen“ (Bl. 9 f, 12 dA). Der Beklagten war also gerade daran gelegen, trotz bestehender Bedenken gegen die Berechtigung des Klägers und Zweifel an der Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens eine zur Beilegung des Streits geeignete und mithin endgültige Lösung zu finden. Hieran muss sie sich festhalten lassen. Daran ändern auch die in der Unterlassungserklärung getroffenen Wendungen „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich“ und „ohne damit ein Präjudiz über die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit des zu unterlassenden Verhaltens abzugeben“ nichts, denn diese rühren nicht an der Ernsthaftigkeit der Unterlassungserklärung, sondern sollen lediglich verhindern, dass die Erklärung der Beklagten als Anerkenntnis des von dem Kläger geltend gemachten (gesetzlichen) wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs nach dem UWG gewertet wird (vgl. JurisPK-UWG/Hess, § 12 Rn. 31 mwN). An der Wirksamkeit des vertraglichen Anspruches ändert dies nichts. Zuletzt fehlen vorliegend auch konkrete Anhaltspunkte für eine seitens des Klägers rechtsmissbräuchliche Herbeiführung des Unterlassungsvertrages.
30Die Beklagte hat die in dem Unterlassungsvertrag vereinbarte Vertragsstrafe verwirkt. Die Beklagte hat nach Abschluss des Vertrages mit ihren am 14.08.2015 bei Ebay eingestellten Angeboten gegen Ziffer 2 des Vertrages verstossen.
31Bei der Auslegung, ob ein Verstoss vorliegt, ist auf die Auslegung von § 2 Abs. 1 PAngV zurückzugreifen, da die Parteien diesen in Bezug genommen haben.
32Die Frage, ob ein Verstoss gegen einen Unterlassungsvertrag vorliegt, ist auf die allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB abzustellen. Massgeblich ist damit der Wortlaut und der der dem Vertrag zu entnehmende objektive Parteiwille (BGH, NJW 2014, 2180-2183).
33Der Unterlassungsvertrag nimmt vorliegend in seiner Ziffer 2 annähernd wortgleich und inhaltlich übereinstimmend auf § 2 Abs. 1 PAngV in Bezug. Hieraus folgt, dass die Parteien die Unterlassungspflicht überhaupt nur dann als verletzt erachteten, wenn gegen § 2 Abs. 1 PAngV, so wie er allgemein ausgelegt und verstanden wird, verstoßen würde. Ansatzpunkte für ein anderweitiges Verständnis der Parteien sind nicht ersichtlich. Vielmehr behauptet der Kläger der Beklagten gegenüber in seiner Abmahnung und Aufforderung zur Abgabe der Unterlassungserklärung vom 28.07.2015 (Bl. 28 f d.A.). Der grundsätzlichen Einschlägigkeit von § 2 Abs. 1 PAngV tritt auch die Beklagte in ihrem Schreiben vom 21.08.2015 nicht entgegen (Bl. 32 ff d.A.)
34Ein Verstoss gegen Ziffer 2 des Vertrages in der unter Berücksichtigung von § 2 Abs. 1 PAngV vorzunehmenden Auslegung liegt vor. Die Beklagte hat bei ihren Angeboten entgegen der von ihr abgegebenen Erklärung keine Angaben zu dem Grundpreis der Klebebänder nach Länge angegeben.
35§ 2 Abs. 1 PAngV sieht vor, dass derjenige, der Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises gemäß Absatz 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben hat. Dies gilt auch für denjenigen, der als Anbieter dieser Waren gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt. Nach § 2 Abs. 3 PAngV ist die Mengeneinheit für den Grundpreis jeweils 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter der Ware. Sinn und Zweck der Angabe des Grundpreises ist es, dem Verbraucher im Interesse der Preisklarheit bei Waren, die in unterschiedlichen Quantitäten angeboten werden, einen leichteren Überblick über die Preisgestaltung und damit eine einfachere Möglichkeit des Preisvergleiches zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2013 – I ZR 139/12 –, juris). Die Voraussetzung der unmittelbaren Nähe zu dem Gesamtpreis ist richtlinienkonfom (RL 98/6; PreisangabenRL-EU) dahingehend zu verstehen, dass Gesamtpreis und Grundpreis unmissverständlich, klar und gut lesbar sein müssen, zudem beide Preise auf einen Blick für den Verbraucher erkennbar sein müssen (Köhler/Bornkamm, UWG, § 3 PAngV Rn. 3; LG Erfurt, Urteil vom 10. Juli 2015 – 3 O 1333 /14 –). In jedem Fall müssen die Angaben der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechen (§ 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV). Die Pflicht zur Grundpreisangabe wird dann nicht ausgelöst, wenn Angaben über Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche ausschließlich zur Erläuterung des Produkts bzw. zur Verbraucherinformation erfolgen wie z.B. Angabe von Länge und Breite bei Handtüchern und Bettwäsche, Angabe der Länge bei Gürteln oder Schnürsenkeln, Angabe des Volumens bei Töpfen und anderen Behältnissen. Bei den genannten Beispielen dient die Größenangabe jeweils der Auswahl des Produktes als für den Verbraucher passend (LG Düsseldorf - Urteil vom 09.09.2015 - 12 O 465/14 zitiert nach juris).
36Auf dieser Grundlage ist vorliegend ein Verstoss gegen Ziffer 1 und 2 des Unterlassungvertrages festzustellen. Die streitgegenständlichen Angebote der Beklagten betreffend der Klebebänder vom 14.08.2015 wurden im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz auf der Handelsplattform ebay unter Bürobedarf veröffentlicht und unterfallen Ziffer 1 des Unterlassungsvertrages. Die Angebote unterfallen weiter dem Begriff der Werbung unter Ziffer 2, da Werbung nur ein "Minus" zu Angebot ist (BGH, MDR 2009, 1294 f.) Bei den Klebebändern handelt es sich sodann um Verkaufseinheiten ohne Umhüllung (§ 2 Abs. 1 PAngV iVm. § 33 FertigpackungsV, vgl. zur Maßgeblichkeit der FPV Köhler/Bornkamm, UWG, 3 § PAngV Rn. 2), da § 33 FPV ausdrücklich „Bänder“ sowie „Geflechte und Gewebe jeder Art“ erfasst. Schliesslich wurden sie entgegen der Ansicht der Beklagten der Länge nach angeboten. Zwar ist der Beklagte zuzugestehen, dass sie in der Artikelbeschreibung auch Angaben zu der Breite machte ( 66 Meter x 48 mm breit bzw. 50 mm x 50 m vgl. Bl.22, 24, 27 d.A. dort die 2 mittleren Angebote). Indes ändert das nichts daran, dass die Angaben zur Länge massgeblich sind; denn letztlich besteht die Beschreibung aus Angaben zu den Seitenlängen des Bandes. Die Beklagte macht gerade keine Angaben zur Fläche, die nach § 2 Abs. 3 PAngV in qm zu machen gewesen wären. Die Verwendung des Wortes Breite ändert daran nichts; denn auch sie wird in Längenmassen angegeben. Zudem ist nach der Verkehrsauffassung für den Verbraucher bei Klebeband hinsichtlich der Ergiebigkeit des Produktes die Länge für einen Preisvergleich massgebend. Sie zeigt ihm an, wieviel Band ihm zur Verwendung zur Verfügung steht, während die Breite nur von Bbedeutung ist für die Frage der Stabilität der Verklebung. Die Längenangabe ist daher der für den Verbraucher zum Preisvergleich entscheidende Parameter. Er dient anders als die Breite nicht nur der Information des Verbrauchers über die Klebewirkung. Zuletzt ist sowohl auf den Artikelseiten (Bl. 22, 24 dA.) als auch auf der Galerieseite (Bl. 27 d.A.,) bei den streitgegenständlichen Angebote an keiner Stelle ein Grundpreis ausgewiesen.
37Die Feststellung des Verstosses gegen den Unterlassungsvertrages wird auch nicht durch eine fehlende Spürbarkeit der Verletzung von Ziffer 2 des Vertrages gehindert.
38Es kommt nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 UWG in der bis zum 09.12.2015 geltenden Fassung vorliegen, bei dessen Anwendung es auf eine spürbare Beeinträchtigung ankam; denn nach dem oben zu dem Verhältnis von Unterlassungserklärung und Wettbewerbsverstoß bereits Gesagten ist dem Unterlassungsschuldner ein solcher Einwand abgeschnitten, wenn nach dem Willen der Parteien e der Vertragsstrafenfall bereits dann eintreten soll, wenn § 2 Abs. 1 PAngV zuwider gehandelt wird. Der Verstoß gegen den Inhalt dieser Vorschrift soll dann nach dem Willen der Parteien unabhängig davon eintreten, ob zugleich auch ein Wettbewerbsverstoß vorliegt.
39Danach kommt es vorliegend auf die Spürbarkeit nicht an. Aber selbst wenn man dies anders sehen würde wäre hier eine spürbare Beeinträchtigung zu bejahen (OLG Köln, Urteil vom 19. Juni 2015 - 6 U 183/14 -, zitiert nach juris für den Fall einer fehlenden Grundpreisangabe bei zwei Angeboten)
40Die Beklagte hat durch die Einstellung der zwei hier streitgegenständlichen Angebote die Strafe gemäss § 339 Satz 2 BGB verwirkt. Der Verstoss der Beklagten erfolgte schuldhaft. Sie kann sich weder mit einer fehlenden Möglichkeit der Angabe eines Grundpreises bei ebay exkulpieren noch damit, dass dem Geschäftsführer ein Löschen wegen Urlaubs zunächst nicht möglich war.
41Die Verwirkung der Vertragsstrafe setzt Verschulden voraus, es sei denn, dass sie ähnlich einer Garantie unabhängig vom Verschulden versprochen wurde. Eine Unterwerfungserklärung, die das Verschulden nicht erwähnt, sondern nur „für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe“ bestimmt, ist so zu verstehen, dass nur eine schuldhafte Zuwiderhandlung die Verwirkung der Vertragsstrafe auslöst (so ausdrücklich OLG Köln, Urteil vom 30. März 2007 – 6 U 207/06 – zitiert nach juris). Liegt eine Zuwiderhandlung vor, wird das Verschulden des Schuldners vermutet, er muss sich also entlasten. Der Verschuldensmaßstab richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 276, 278 BGB.
42Die Unterlassungserklärung enthält kein ausdrückliches Verschuldenserfordernis. Nach dem Gesagten ist Verschulden gleichwohl erforderlich, um die Vertragsstrafe zu verwirken. Weil die festgestellte Zuwiderhandlung das Verschulden vermuten lässt, muss sich die Beklagte entlasten. Der Hinweis auf eine technische Unmöglichkeit - die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt - genügt nicht, die Verschuldensvermutung zu entkräften. Wenn ebay es einem Anbieter nicht ermöglichen kann, sich rechtmäßig, insbesondere wettbewerbskonform zu verhalten, dann ist es an der Beklagten, entweder ebay zu Systemveränderungen zu bewegen oder aber sich ebay als Verkaufsplattform nicht mehr zu bedienen (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 24. November 2011 – 327 O 196/11 – zitiert nach juris). Es ist aber auch kein Grund ersichtlich, warum es der Beklagten nicht möglich gewesen sein sollte, schon in der Artikelüberschrift, die sowohl in der Galerie- wie auch der Angebotsseite stets sichtbar ist, den Grundpreis anzugeben. Etwaige damit verbundene Mehrkosten für das Angebot hätte der Verkäufer hinzunehmen. Die Angabe des Grundpreises in der Artikelüberschrift, die sich nach der konkreten Ausgestaltung bei ebay stets in unmittelbarer Nähe des Angebotspreises (also des Gesamtpreises) befindet, würde den Verstoß gegen § 2 I PAngV vermeiden (vgl. LG Hamburg a.a.O.). Die Beklagte kann sich auch nicht auf die Abwesenheit ihres Geschäftsführers berufen; es obliegt der Beklagten organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass auch bei Abwesenheit des Geschäftsführers unverzüglich auf Verstösse gegen wettbewerbsrechtliche Unterlassungsverträge reagiert werden kann.
43Die von dem Kläger begehrte Vertragsstrafe erweist sich als unbillig. Sie wird gemäss § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch das Gericht auf 700,00 Euro festgesetzt.
44Vereinbaren die Parteien eines Unterlassungvertrages, dass der Unterlassungsgläubiger die Höhe der Strafe nach billigem Ermessen festsetzen darf, beschränkt sich die gerichtliche Prüfung darauf, ob die eingeforderte Strafe der Billigkeit entspricht; tut sie dies nicht, erfolgt die Bestimmung durch Urteil, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Im Rahmen der Billigkeitskontrolle ist zu beachten, dass Unterwerfungserklärungen, die nach Wettbewerbsverstößen abgegeben werden, neben der Schadenspauschalierung in Bezug auf zukünftige Rechtsverletzungen vor allem dazu dienen, den Unterlassungsschuldner dadurch zur Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht zu bewegen, dass er aufgrund der versprochenen Strafe vor weiteren Verstößen zurückschreckt. Deshalb muss die Vertragsstrafe so hoch sein, dass sich ein Verstoß für den Verletzer voraussichtlich nicht mehr lohnt. Die Frage, wie hoch eine Vertragsstrafe bemessen sein muss, um dieser Funktion gerecht zu werden, lässt sich nicht allgemein, sondern immer nur unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten. Dabei ist auf die Schwere und das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung, auf deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers sowie auf Art und Größe des Unternehmens des Schuldners abzustellen (BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12- zitiert nach juris). Weil das Bestimmungsrecht des Unterlassungsgläubigers von diesen Umständen abhängt trifft ihn insoweit nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungslast. Da es sich bei diesen Umstände aber zum Teil um betriebliche Interna des Unterlassungsschuldners handelt, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast.
45Hinsichtlich der Schwere des Verstoßes ist festzustellen, dass den Anforderungen, die die Unterlassungserklärung an das zukünftig zu erbringende Verhalten der Beklagten stellt, nicht nur teilweise, sondern vollumfänglich nicht entsprochen wurde. Beide hier streitgegenständlichen Angebote enthalten nämlich überhaupt nicht, auch nicht räumlich entfernt zur Angabe des Gesamtpreises, die Angabe des Grundpreises. Erschwerend fällt ins Gewicht, dass die Angabe des Grundpreises nach der konkreten Ausgestaltung der Angebote bei ebay ohne weiteres in die Artikelüberschrift oder in das Angebotsbild hätte aufgenommen werden können. Schwer nachvollziehbar ist daher, wie sich die Beklagte auf das Argument der technischen Nichtumsetzbarkeit einer unmittelbar nebeneinander erfolgenden Ausgabe von Grund- und Gesamtpreis bei ebay hat zurückziehen können, wenn sie bei nur flüchtiger Beobachtung ihrer Mitbewerber hätte erkennen können, dass durchaus Möglichkeiten zur Angabe des Grundpreises in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis bestehen. Zulasten der Beklagten fällt auch ins Gewicht, dass sie wiederholt gegen ihre Unterlassungspflicht verstoßen hat, und die Parteien ausweislich der Unterlassungserklärung jeden Fall der Zuwiderhandlung einer eigenständigen Sanktionierung unterwerfen wollten. Die beiden streitgegenständlichen Angebote beziehen sich auf Paketband, einmal 12 Rollen je 50 m zu 27,20 Euro, einmal 36 Rollen je 66 m zu 21,80 Euro. Ohne Angabe des Grundpreises ist es dem durchschnittlichen Verbraucher nicht möglich, die beiden hier streitgegenständlichen Angebote in einem dem Anlass entsprechenden Zeitraum sinnvoll miteinander zu vergleichen, weil sich Stückzahl, Länge der Klebebänder und Preis je Angebot unterscheiden. Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich eine Vergleichbarkeit dabei nicht durch einfache Rechenschritte herstellen. Auf der anderen Seite steht die Grösse des Unternehmens der Beklagten und der erwirtschafteten Gewinn. Dabei sind die Angaben der Beklagten als zugestanden zu behandeln (§ 138 Abs. 4 ZPO). Die Beklagte hat substantiiert zu ihrem auf ebay erzielten Gesamtgewinn vorgetragen. Sie hat den auf die streitgegenständlichen Angebote entfallenden Gewinn bezogen auf die Monaten im Zeitraum der Abgabe der Unterlassungserklärung und der Veröffentlichung der dagegen verstoßenden Angebote mit 6,00 Euro aufgeschlüsselt (Bl. 78 d.A.). Weiter sind die von der Beklagten weiter angeführten Kennzahlen - Durchschnittsgewinn von Juni bis August 2015 ca. 800,00 Euro bei Verkäufen über ebay - zu berücksichtigen. Diesen Angaben ist der darlegungsbelastete Kläger nicht mehr substantiiert entgegengetreten. Auf die Anzahl der Bewertungen auf Ebay kommt es entgegen seiner Ansicht nicht an (so aber die von dem Kläger zitierte Entscheidung des AG Landshut - 4 C 304/15 (Bl. 85 d.A.)), denn die Bewertungen sagen nichts über die wirtschaftliche Stärke eines Unternehmens auf. Auch lässt sich entgegen der Ansicht des Klägers aus der Anzahl der Angebote der Beklagten gemäss der Artikelaufstellung der Beklagten für das Jahr 2015 Bl. 113 ff nicht auf den tatsächlich in diesem Jahr erzielten Umsatz und dementsprechend auch nicht auf den erwirtschafteten Gewinn schliessen. Nach den von der Beklagten genannten Zahlen handelt es sich bei ihr aber um ein nach Art und Umfang sehr kleines Unternehmen, das mit geringen Gewinnmargen kalkuliert, die zur Lebenshaltung einer Person knapp auskömmlich sind. Zwar meint das OLG Oldenburg in einer jüngeren Entscheidung, dass „im Geschäftsbereich normaler wirtschaftlicher Bedeutung die Spanne einer ausreichenden Vertragsstrafe zwischen 2.500 Euro bis 10.000 Euro zu bemessen ist; Beträge bis 2.000 € reichen insoweit nicht aus“ (OLG Oldenburg, Beschluss vom 12. August 2009 - 1 W 37/09 zitiert nach juris); eine solche Pauschalierung steht aber nicht nur in Widerspruch zu der vom BGH vorgegeben Einzelfallbetrachtung (BGH Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 77/12- zitiert nach juris), sondern würde vorliegend auch zur wirtschaftlichen Vernichtung der Beklagten führen, denn der von dem Kläger eingeforderte und unter Ansehung der zitierten Rechtsprechung des OLG Oldenburg niedrige Betrag von 2.000 Euro entspricht in etwa demjenigen, was die Beklagte in 3 Monaten an Gewinn erwirtschaftet. Im Übrigen kann die zitierte Rechtsprechung keinesfalls allgemeine Anerkennung für sich beanspruchen. Das OLG Karlsruhe (Urteil vom 18. Dezember 2015 – 4 U 191/14- zitiert nach juris) erachtete in einem Fall von 7 Verstößen der hier in Rede stehenden Art bei einem Unternehmen, das 160 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaftete, eine Vertragsstrafe von insgesamt 28.000 Euro für noch billig, nachdem die Vorinstanz für 5 Verstöße 2.100 Euro gewährt hatte (LG Freiburg, Urteil vom 03. November 2014 – 12 O 16/14 – zitiert nach juris). Stellt man aber bei der Bemessung der Vertragsstrafe darauf ab, dass die Höhe einerseits eine abschreckende spürbare Wirkung entfalten muss andererseits aber nicht zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz führen soll, erachtet das Gericht im vorliegenden Fall eine am Monatsgewinn orientierte Strafe in Höhe von 700,00 Euro als noch billig.
46II.
47Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288, 291 BGB. Der Zinssatz ist jedoch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beschränkt, da es sich bei dem Anspruch auf Vertragsstrafe um keine Entgeltforderung nach § 288 Abs. 2 BGB handelt.
48III.
49Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 708 Nr.11, 711 ZPO.
50Streitwert: 1.800,00 Euro
51Rechtsbehelfsbelehrung:
52Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
531. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
542. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
55Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
56Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
57Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
58Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
59Köln, 11.07.2016AmtsgerichtRichter am Amtsgericht
Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Köln Urteil, 23. Mai 2016 - 142 C 566/15
Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht Köln Urteil, 23. Mai 2016 - 142 C 566/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Amtsgericht Köln Urteil, 23. Mai 2016 - 142 C 566/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung in der Weise versprochen wird, dass das Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen soll (Schuldversprechen), ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Erteilung des Versprechens erforderlich. Die Erteilung des Versprechens in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.
(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.
(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:
- 1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt, - 2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt, - 3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind, - 4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.
(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.
(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.
(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.
(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.
(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass
- 1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat, - 2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und - 3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.
(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.
Im Sinne dieser Verordnung bedeutet
- 1.
„Arbeits- oder Mengenpreis“ den verbrauchsabhängigen Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und aller besonderen Verbrauchssteuern für die leitungsgebundene Abgabe von Elektrizität, Gas, Fernwärme oder Wasser; - 2.
„Fertigpackung“ eine Verpackung im Sinne des § 42 Absatz 1 des Mess- und Eichgesetzes; - 3.
„Gesamtpreis“ den Preis, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile für eine Ware oder eine Leistung zu zahlen ist; - 4.
„Grundpreis“ den Preis je Mengeneinheit einer Ware einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile; - 5.
„lose Ware“ unverpackte Ware, die durch den Unternehmer in Anwesenheit der Verbraucher, durch die Verbraucher selbst oder auf deren Veranlassung abgemessen wird; - 6.
„offene Packung“ eine Verkaufseinheit im Sinne des § 42 Absatz 2 Nummer 1 des Mess- und Eichgesetzes; - 7.
„Selbstabfüllung“ die Abgabe von flüssiger loser Ware, die durch die Verbraucher selbst in die jeweilige Umverpackung abgefüllt wird; - 8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3504) geändert worden ist, in der am 28. Mai 2022 geltenden Fassung; - 9.
„Verbraucher“ jede natürliche Person im Sinne des § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Im Sinne dieser Verordnung bedeutet
- 1.
„Arbeits- oder Mengenpreis“ den verbrauchsabhängigen Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und aller besonderen Verbrauchssteuern für die leitungsgebundene Abgabe von Elektrizität, Gas, Fernwärme oder Wasser; - 2.
„Fertigpackung“ eine Verpackung im Sinne des § 42 Absatz 1 des Mess- und Eichgesetzes; - 3.
„Gesamtpreis“ den Preis, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile für eine Ware oder eine Leistung zu zahlen ist; - 4.
„Grundpreis“ den Preis je Mengeneinheit einer Ware einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile; - 5.
„lose Ware“ unverpackte Ware, die durch den Unternehmer in Anwesenheit der Verbraucher, durch die Verbraucher selbst oder auf deren Veranlassung abgemessen wird; - 6.
„offene Packung“ eine Verkaufseinheit im Sinne des § 42 Absatz 2 Nummer 1 des Mess- und Eichgesetzes; - 7.
„Selbstabfüllung“ die Abgabe von flüssiger loser Ware, die durch die Verbraucher selbst in die jeweilige Umverpackung abgefüllt wird; - 8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3504) geändert worden ist, in der am 28. Mai 2022 geltenden Fassung; - 9.
„Verbraucher“ jede natürliche Person im Sinne des § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte betreibt eine Kette von Lebensmittelgeschäften. Sie bewarb im Frühjahr 2011 in zwei Zeitungsbeilagen Erfrischungsgetränke, die vom Kunden in Kästen mit zwölf 1-Liter-Flaschen aus verschiedenen Marken (CocaCola , Fanta, Sprite usw.) nach seiner Wahl zusammengestellt werden konnten. Die Werbung enthielt folgende Zusätze: Beim Kauf eines Kastens erhalten Sie zusätzlich 2 Flaschen GRATISbzw. 2 Flaschen GRATIS beim Kauf eines Kastens.
- 2
- Der Liter-Preis war in beiden Werbebeilagen mit "0,57" angegeben. Der konkrete Inhalt der Anzeigen, die der Klageschrift als Anlagen K 2 und K 3 im Original beigefügt waren, ergibt sich aus den nachfolgend wiedergegebenen Ablichtungen.
Anlage K 3
- 3
- Der Berechnung des Grundpreises von 0,57 €/l lagen nicht zwölf in einem vollen Kasten enthaltenen Flaschen, sondern 14 Flaschen (Gesamtmenge einschließlich der zwei "Gratis-Flaschen") mit jeweils einem Liter Inhalt zugrunde.
- 4
- Die Klägerin, die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, beanstandet, dass die Beklagte den Grundpreis auf der Basis der Gesamtmenge berechnet hat. Sie hat darin einen Verstoß gegen die Vorschriften der Preisangabenverordnung , gegen das Irreführungsverbot sowie gegen Nummer 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG gesehen.
- 5
- Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern für den Verkauf einer Kiste Limonade unter Angabe eines Preises und einer Grundpreisangabe mit dem Zusatz "2 Flaschen GRATIS beim Kauf eines Kastens" und/oder "Beim Kauf eines Kastens erhalten Sie zusätzlich 2 Flaschen GRATIS" zu werben und hierbei einen Grundpreis anzugeben, der sich aus der Gesamtmenge einschließlich der beigefügten Gratis-Flaschen errechnet.
- 6
- In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihr Klagebegehren auf die konkrete Verletzungsform beschränkt.
- 7
- Das Berufungsgericht hat die in erster Instanz erfolgreiche Klage abgewiesen (OLG Köln, WRP 2012, 1452).
- 8
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, soweit der Unterlassungsantrag auf ein Verbot der konkreten Verletzungsform gemäß den Anlagen K 2 und K 3 gerichtet ist.
Entscheidungsgründe:
- 9
- I. Das Berufungsgericht hat das von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsbegehren für nicht begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
- 10
- Die beanstandete Werbung verstoße nicht gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV, der bestimme, dass neben dem Endpreis auch der Preis je Mengeneinheit (Grundpreis) angegeben werden müsse. Gemäß § 2 Abs. 3 PAngV stelle bei Getränken jeweils ein Liter die Mengeneinheit für den Grundpreis dar. Den danach an die Angabe des Grundpreises zu stellenden Anforderungen werde die beanstandete Werbung gerecht. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte den Grundpreis für eine Gesamtmenge von 14 Flaschen, mithin unter Einbeziehung der beiden "Gratis-Flaschen", angegeben habe. Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des Grundpreises stehe auch in Einklang mit Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (Preisangabenrichtlinie ), auf dem die Vorschrift des § 2 Abs. 1 PAngV beruhe.
- 11
- Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch könne auch nicht mit Erfolg auf § 5 Abs. 1 UWG gestützt werden. Der im Zusammenhang mit dem Erwerb von Erfrischungsgetränken an Preisvergleichen interessierte Verbraucher erkenne, dass das Angebot der Beklagten 14 Flaschen mit jeweils einem Liter Inhalt umfasse und der Grundpreis dementsprechend auf dieser Basis errechnet worden sei.
- 12
- Ebenso wenig sei ein Verstoß gegen Nummer 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG gegeben, weil die Kunden für die beiden als "GRATIS" angebotenen Flaschen keine Kosten tragen müssten.
- 13
- II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die beanstandete Werbung weder gegen § 5a Abs. 4 UWG, § 2 Abs. 1 und 3 PAngV (dazu unter II 1) noch gegen § 5 Abs. 1 UWG (dazu unter II 2) und auch nicht gegen Nummer 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG (dazu unter II 3) verstößt.
- 14
- 1. Die streitgegenständliche Werbung der Beklagten ist entgegen der Ansicht der Revision nicht wegen eines Verstoßes gegen § 5a Abs. 4, § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 und 3 PAngV zu untersagen.
- 15
- a) Die Vorschrift des § 5a Abs. 4 UWG ist gleichrangig neben dem Tatbestand des § 4 Nr. 11 UWG anwendbar. Die erstgenannte Bestimmung verweist auf unionsrechtliche Informationspflichten, die entweder in EU-Verordnungen oder in nationalen Rechtsvorschriften enthalten sind, mit denen unionsrechtliche Richtlinien zur Regelung der kommerziellen Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing umgesetzt worden sind. Welche Informationspflichten damit gemeint sind, kann vor allem der Auflistung im Anhang II zur Richtlinie 2005/29/EG (UGP-Richtlinie) entnommen werden, die allerdings nicht erschöpfend ist. Auch für die Informationspflichten gemäß § 5a Abs. 4 UWG gilt, dass es sich um Marktverhaltensregelungen handelt (Bornkamm in Köhler/ Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 5a Rn. 38). Ein Verstoß gegen diese Informationspflichten kann daher grundsätzlich sowohl nach § 5a Abs. 4 UWG als auch gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG verfolgt werden, ohne dass ein Konkurrenzverhältnis zwischen den beiden Normen besteht (Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 5a Rn. 40).
- 16
- Im Anhang II zur UGP-Richtlinie ist auch die Richtlinie 98/6/EG (Preisangabenrichtlinie ) genannt, die den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse bezweckt. Nach deren Art. 3 Abs. 4 ist bei jeglicher Werbung, bei der der Verkaufspreis der Erzeugnisse gemäß Art. 1 genannt wird, vorbehaltlich des Art. 5 auch der Preis je Maßeinheit anzugeben. Die Verpflichtung gemäß Art. 3 Abs. 4 Preisangabenrichtlinie ist durch § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV umgesetzt worden. Eine Verletzung der Informationspflicht gemäß Art. 3 Abs. 4 Preisangabenrichtlinie stellt daher einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV dar.
- 17
- b) Die Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV ist nicht durch Art. 3 Abs. 5 Satz 1 UGP-Richtlinie ausgeschlossen. Nach der letztgenannten Vorschrift konnten nationale Bestimmungen, die im Vergleich zum Unionsrecht ein geringeres oder strengeres Verbraucherschutzniveau gewährleisteten, nur bis zum 12. Juni 2013 beibehalten werden. Dementsprechend dürfen sie danach nicht mehr angewendet werden (Köhler, WRP 2013, 723 Rn. 1).
- 18
- Die Regelungen in § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV sind von Art. 3 Abs. 5 Satz 1 UGP-Richtlinie nicht betroffen. Sie dienen der Umsetzung des Art. 3 Abs. 4 Preisangabenrichtlinie, dessen Vorgaben auch eingehalten werden. Nach Art. 3 Abs. 4 UGP-Richtlinie ist die unionsrechtliche Bestimmung des Art. 3 Abs. 4 Preisangabenrichtlinie für die dort geregelten Aspekte im Verhältnis zur UGPRichtlinie maßgebend.
- 19
- c) Die Preisangabenverordnung dient dem Zweck, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und -klarheit zu gewährleisten, durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 2007 - I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Rn. 25 = WRP 2008, 98 - Versandkosten; Urteil vom 7. März 2013 - I ZR 30/12, GRUR 2013, 850 Rn. 13 = WRP 2013, 1022 - Grundpreisangabe im Supermarkt
).
- 20
- Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat ein Verkäufer, der Letztverbrauchern gewerbsmäßig Waren in Fertigpackungen nach Volumen anbietet, neben dem Endpreis in unmittelbarer Nähe auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) anzugeben. Die Vorschrift begründet in ihrem Anwendungsbereich eine Pflicht zur doppelten Preisangabe, nämlich zur Angabe des Endpreises gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV und zur Angabe des Grundpreises. Durch die Angabe des Grundpreises soll dem Verbraucher im Interesse der Preisklarheit eine leichtere Übersicht über die Preisgestaltung für vergleichbare Warenangebote und damit eine vereinfachte Möglichkeit zum Preisvergleich verschafft werden (Jacobi, WRP 2010, 1217, 1219 f.).
- 21
- Die Mengeneinheit für den Grundpreis ist gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 PAngV grundsätzlich 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter der Ware. Bei den von der Beklagten beworbenen Getränken stellt jeweils ein Liter die Mengeneinheit für den Grundpreis dar. Auf welche Weise der Grundpreis zu errechnen ist, ist in den geltenden Bestimmungen der Preisangabenverordnung nicht geregelt. Die Preisangabenrichtlinie enthält dazu ebenfalls keine Vorgaben.
- 22
- d) Die Beklagte hat den in der Werbung genannten Grundpreis von 0,57 € pro Liter auf der Basis von 14 Flaschen mit jeweils einem Liter Inhalt errechnet. Sie hat mithin zusätzlich zu den zwölf in einer vollen Getränkekiste enthaltenen Flaschen auch die beiden als "GRATIS" angebotenen Flaschen in die Berechnung des Grundpreises einbezogen.
- 23
- Das Berufungsgericht hat darin keinen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV erblickt. Es hat angenommen, die mit § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV beabsichtigte Vereinfachung von Preisvergleichen mit anderen Angeboten von Erfrischungsgetränken könne nur dann erreicht werden, wenn auch die beiden "GRATIS" angebotenen Flaschen bei der Berechnung des Grundpreises mitgezählt würden. Mit dem Verlangen der Klägerin, bei der Berechnung des Grundpreises lediglich die zwölf in einem vollen Kasten enthaltenen Flaschen zugrunde zu legen, ließe sich das vom Gesetzgeber mit der Grundpreisangabe verfolgte Ziel kaum erreichen. Der sich dann ergebende höhere Betrag von 0,67 € pro Liter wäre für einen realistischen und praktikablen Preisvergleich nahezu untauglich.
- 24
- e) Die Revision hält der Beurteilung des Berufungsgerichts ohne Erfolg entgegen, eine Gratiszugabe, die nicht gekauft werde, dürfe bei der Berechnung des Grundpreises nicht berücksichtigt werden, weil eine Einbeziehung den Grundpreis niedriger erscheinen lasse als er tatsächlich sei. Eine derartige Verzerrung verstoße gegen den Grundsatz der Preisklarheit und -wahrheit gemäß § 1 Abs. 6 PAngV. Die beanstandete Werbung bringe unmissverständlich zum Ausdruck, dass sich der dort genannte Endpreis (7,99 €) für einen Kasten der beworbenen Erfrischungsgetränke auf die Menge von 12 und nicht von 14 Flaschen beziehe. Dies ergebe sich schon daraus, dass unmittelbar unterhalb der streitgegenständlichen Grundpreisangabe jeweils fettgedruckt die (weitere ) Angabe "12 x 1-Liter-PET-Flaschen-Kasten" folge. Die beiden zusätzlich abgegebenen Flaschen würden zudem als "GRATIS" beworben. Dies bedeute, dass die zwei zusätzlichen Flaschen kostenlos abgegeben würden und damit von vornherein keinen Preis haben könnten. Sie dürften daher bei der Berechnung des Grundpreises auch keine Berücksichtigung finden.
- 25
- f) Mit diesem Vorbringen dringt die Revision nicht durch. Ein Kunde der Beklagten, der das beworbene Angebot annimmt, erhält für den angegebenen Preis von 7,99 € nicht nur 12, sondern tatsächlich 14 1-Liter-Flaschen mit Erfrischungsgetränken. Das Berufungsgericht hat deshalb mit Recht angenommen, dass er bei einem Preisvergleich mit anderen Angeboten die Gesamtmenge von 14 Flaschen zugrunde legen wird, weil die beiden "GRATIS"-Flaschen - trotz ihrer unentgeltlichen Abgabe - für ihn denselben Gegenwert haben wie die zu bezahlenden Flaschen.
- 26
- Der Revision ist auch nicht in ihrer Ansicht beizutreten, ein am Erwerb der beworbenen Getränke interessierter Kunde werde nicht davon ausgehen, dass sich der genannte Grundpreis auf die Gesamtmenge der abgegebenen, also auf 14, Flaschen beziehe. Ein durchschnittlich informierter, verständiger und adäquat aufmerksamer Durchschnittsverbraucher erkennt ohne weiteres, dass er für den von der Beklagten angegebenen Preis 14 Flaschen Erfrischungsgetränke mit jeweils einem Liter Inhalt erhält. Die Revisionserwiderung weist zutreffend darauf hin, dass ein verständiger und aufmerksamer Durchschnittsverbraucher eine Bewerbung mit "gratis" nicht als ein vom ausgewiesenen Grundpreis zu trennendes Geschenk, sondern vielmehr im Sinne von "für kurze Zeit zwei Flaschen mehr" oder "diese Woche 14 Flaschen zum Preis von 12" versteht. Ein solches Verständnis liegt jedenfalls dann nahe, wenn es sich - wie im Streitfall - bei der "GRATIS"-Zugabe um eine Ware handelt, die mit dem beworbenen Produkt identisch ist. Dem Kunden kommt es dann darauf an, welche Gesamtmenge er für einen bestimmten Preis erhält. Dementsprechend erwartet ein verständiger Durchschnittskunde, dass "gratis" hinzugegebene Warenmengen in die Berechnung des vom Verkäufer angegebenen Grundpreises einbezogen worden sind (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 2 PAngV Rn. 2).
- 27
- 2. Aus denselben Gründen, aus denen der von der Klägerin geltend gemachte Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV zu verneinen ist, fehlt es auch an einem Verstoß gegen das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot nach §§ 3, 5 Abs. 1 UWG.
- 28
- Die Annahme des Berufungsgerichts, ein verständiger und adäquat aufmerksamer Durchschnittsverbraucher könne ohne weiteres erkennen, dass er für den in der Werbung genannten Preis tatsächlich 14 Flaschen erhalte und werde daher davon ausgehen, dass der angegebene Grundpreis auf der Basis der Gesamtmenge berechnet worden sei, ist - wie vorstehend dargelegt - aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die dagegen gerichteten Rügen der Revision greifen schon deshalb nicht durch, weil sie damit lediglich versucht, die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts in revisionsrechtlich unzulässiger Weise durch ihre eigene Sichtweise zu ersetzen, ohne dabei einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen.
- 29
- Die Revision macht im Übrigen zu Unrecht geltend, das Berufungsgericht habe die Bedeutung des Wortes "GRATIS" in den beiden von der Klägerin beanstandeten Anzeigen unberücksichtigt gelassen. Der verständige Durchschnittsverbraucher versteht - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - den Begriff "GRATIS" in dem Zusammenhang, in dem er von der Beklagten verwendet worden ist, dahingehend, dass er beim Kauf eines Kastens mit zwölf Flaschen zwei weitere Flaschen in dem Sinne "gratis" erhält, dass er insgesamt vierzehn Flaschen zu dem Preis erhält, den er normalerweise schon für zwölf Flaschen hätte zahlen müssen.
- 30
- 3. Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Verneinung eines Verstoßes gegen Nummer 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG durch das Berufungsgericht.
- 31
- a) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe einerseits angenommen , die Beklagte habe den angegebenen Grundpreis auf der Basis von 14 Flaschen pro Kasten berechnen dürfen und der Verbraucher erkenne, dass sich der Grundpreis von 0,57 € auf die Gesamtmenge der Flaschen beziehe. Damit stehe die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte biete mit beiden Angeboten (lediglich) zwölf Flaschen Erfrischungsgetränke zum Endpreis von 7,99 € an und gebe zusätzlich zwei Flaschen je Kasten kostenlos ab, in einem unüberbrückbaren Widerspruch. Mit seiner Feststellung, der Umstand, dass die Beklagte diese beiden Flaschen in die Berechnung des Grundpreises einbeziehe, ändere nichts an deren kostenloser Abgabe, verstoße das Berufungsgericht gegen die Denklogik.
- 32
- b) Dieses Vorbringen verhilft der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg. Gemäß Nummer 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG stellt das Angebot einer Ware oder Dienstleistung als "gratis" eine unzulässige geschäftliche Handlung dar, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Nummer 21 des Anhangs sind im Streitfall nicht erfüllt.
- 33
- Die Beklagte hat in der beanstandeten Werbung einen Kasten Erfrischungsgetränke mit 12 1-Liter-Flaschen und 2 zusätzliche 1-Liter-Flaschen zum Preis von 7,99 € angeboten. Dieser Preis ist normalerweise für einen Kasten mit 12 1-Liter-Flaschen zu zahlen. Bei dem streitgegenständlichen Angebot der Beklagten handelt es sich mithin um eine (kurzzeitige) Vergrößerung der Verpackungseinheit bei gleichbleibendem Preis. In einem solchen Fall ist der Tatbestand der Nummer 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG nicht erfüllt (vgl.
- 34
- III. Danach ist die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 20.07.2011 - 84 O 91/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 29.06.2012 - 6 U 174/11 -
(1) Wer als Unternehmer Verbrauchern Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Gesamtpreise anzugeben.
(2) Soweit es der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht, sind auch die Verkaufs- oder Leistungseinheit und die Gütebezeichnung anzugeben, auf die sich die Preise beziehen. Auf die Bereitschaft, über den angegebenen Preis zu verhandeln, kann hingewiesen werden, soweit es der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht und Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen.
(3) Wird ein Preis aufgegliedert, ist der Gesamtpreis hervorzuheben.
(1) Diese Verordnung regelt die Angabe von Preisen für Waren oder Leistungen von Unternehmern gegenüber Verbrauchern.
(2) Diese Verordnung gilt nicht für
- 1.
Leistungen von Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts, soweit es sich nicht um Leistungen handelt, für die Benutzungsgebühren oder privatrechtliche Entgelte zu entrichten sind; - 2.
Waren und Leistungen, soweit für sie auf Grund von Rechtsvorschriften eine Werbung untersagt ist; - 3.
mündliche Angebote, die ohne Angabe von Preisen abgegeben werden; - 4.
Warenangebote bei Versteigerungen.
(3) Wer zu Angaben nach dieser Verordnung verpflichtet ist, hat diese
Angaben über Preise müssen der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen.Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Kaffee- und/ oder Teekapseln und/ oder Kaffee- und/ oder Teepads zu werben, ohne Angabe des Grundpreises (Preis je Mengeneinheit einschließlich Umsatzsteuer oder sonstiger Preisbestandteile, welcher umgerechnet für 100 g zu zahlen ist),
wenn dies geschieht, wie nachstehend wiedergegeben und aus den Anlage K 3 und K 13 ersichtlich:
X
2.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das unter Ziff. 1. genannte gerichtliche Verbot ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an ihrem gesetzlichen Vertreter, angedroht.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2015 zu zahlen.
4.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
5.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 36.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung auf die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs, zählen, wobei zu seinen Mitgliedern insbesondere die in der Klageschrift (Bl. 7, 8 GA) unter Bezugnahme auf die Mitgliederliste (Anlage K 1) genannten Mitglieder gehören.
3Die Beklagte, ein bekanntes Einzelhandelsunternehmen, schaltete im Jahre 2014 in einem mit „B informiert“ bezeichneten Werbeflyer, gültig ab Montag dem 06.10., die als Anlage K 3 vorgelegte Anzeige, die das Produkt „Kaffeekapseln“ der Marke „F“ betrifft. Hierbei gab die Beklagte den Gesamtpreis des Produkts mit „je 16 Kapseln 2,79“ an. Die Angabe eines auf eine konkrete Menge bezogenen Preises erfolgte im Zusammenhang mit der Werbung nicht. Wegen der genauen Aufmachung der Anzeige wird auf diese Bezug genommen.
4Der Kläger, der in der fehlenden Angabe des Grundpreises einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung erblickt, mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 13.10.2014 ab und forderte diese erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
5Mit dem Werbeprospekt „B informiert…“, gültig ab dem 16.02., warb die Beklagte im Jahre 2015 für von ihr angebotene Teekapseln, ebenfalls von der Marke „F“. Auch in dem Zusammenhang mit dieser Werbung lautete die Preisangabe: „je 16 Kapseln für 2,79“, ohne dass zusätzlich ein Grundpreis erkennbar wurde. Wegen des weiteren Inhalts der Werbung wird auf die Anlage K 13 Bezug genommen.
6Die Beklagte bietet in ihren Verkaufsräumen Kaffee- und Teekapseln der genannten Marke an, indem sie das Gewicht pro Kapsel nennt und neben dem Verkaufs- auch den Grundpreis angibt. Wegen der näheren Gestaltung des Angebots wird auf die vorgelegten Ablichtungen der Angebote Bezug genommen (Anlage K 8 und Anlagenkonvolut K 14).
7Der Kläger hat sein Unterlassungsbegehren zunächst allein gegen die Bewerbung der Kaffeekapseln gerichtet. Nach Zustellung der Klage an die Beklagte am 20.01.2015 hat er sein Unterlassungsbegehren auf die Bewerbung der Teekapseln erweitert. Zudem begehrt der Kläger Abmahnkosten in Form einer Kostenpauschale, welche er anhand der Gesamtkosten für die Abmahnungen im Jahre 2013 ermittelt hat. Insoweit wird auf die konkrete Berechnung Bl. 14 GA Bezug genommen.
8Der Kläger beantragt,
9wie erkannt.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei bereits unschlüssig, soweit sie sich auf „Kaffee- oder Teepads“ bezieht, weil die angegriffenen Angebote auf „Kaffee- bzw. Teekapseln“ beschränkt sind.
13Weiter ist sie der Ansicht, für die streitgegenständliche Werbung bestehe keine Pflicht zur Angabe des Grundpreises, weil die Angabe „nach Gewicht“ lediglich erläuternd sei, während bei einer richtlinienkonformen Auslegung lediglich eine Angabepflicht für solche Waren bestehe, die typischerweise unter Angabe des Gewichts angeboten werden würden. Dies sei bei den streitgegenständlichen Produkten nicht der Fall.
14Schließlich helfe dem Verbraucher auch die Angabe eines auf 100 g bezogenen Preises nicht, da es sich dabei um keine Angabe für eine vergleichbare Konsumeinheit handele. Denn die maßgebliche Konsumeinheit sei eine Kapsel.
15Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll zur Sitzung vom 26.08.2015 verwiesen.
16Entscheidungsgründe:
17Die Klage des nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugten Klägers hat Erfolg.
18I.
19Die zulässige Klage ist begründet.
201.
21Dem Kläger steht im Hinblick auf die angegriffene Bewerbung der Kaffee- und Teekapseln jeweils ein Unterlassungsanspruch nach Maßgabe von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 PAngV zu.
22a)
23Bei den Vorschriften der Preisangabenverordnung handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (Köhler, in: Köhler/ Bornkamm, UWG, Kommentar, 33. Auflage, 2015, § 4, Rn. 11.142).
24b)
25Diese Marktverhaltensregelung, insbesondere die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 PangV, hat die Beklagte verletzt, indem sie ohne Angabe des Grundpreis für die Tee- und Kaffeekapseln warb.
26Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV löst eine Pflicht zur Grundpreisangabe aus, wenn (a.) an Letztverbraucher, (b.) gewerbsmäßig, (c.) Waren u. a. in Fertigpackungen, (d.) u. a. nach Gewicht, (e.) angeboten werden. Satz 2 der Vorschrift erstreckt die Pflicht auch auf Werbung für solche Waren, wenn in der Werbung Preise angegeben werden.
27Diese Voraussetzungen liegen hier vor, was die Parteien auch nicht in Abrede stellen.
28c)
29Nach Ansicht der Beklagten ist die Kennzeichnungspflicht jedoch auf solche Waren zu beschränken, bei denen die Angabe von Gewicht- oder Größeneinheiten üblich ist, wobei die Beklagte sodann behauptet, dass eine dahingehende Üblichkeit im Hinblick auf die streitgegenständliche Ware nicht bestehe.
30Die Kammer tritt dieser von der Beklagten vertretenen einschränkenden Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV nicht bei.
31Gegen ein einschränkendes Verständnis der Vorschrift sprechen sowohl ihr Wortlaut als auch der Inhalt und der Schutzzweck der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 16.02.1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (im Folgenden: PreisangabenRL), auf der die Vorschrift basiert (vgl. dazu auch Köhler, ebd., § 2 PAngV, Rn. 1).
32Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV knüpft die Pflicht zur Grundpreisangabe daran, dass die Ware „nach Gewicht, Länge oder Fläche angeboten wird“. Dies ist vorliegend unstreitig der Fall. Denn in den Räumlichkeiten der Beklagten werden die streitgegenständlichen Produkte unter der Angabe des Gewichts angeboten. Der Umstand, dass die angegriffene Werbung ohne die Angabe des Gewichts auskommt, lässt die Pflicht zur Grundpreisangabe nicht entfallen. § 2 Abs. 1 Satz 2 PAngV erstreckt die Pflicht zur Grundpreisangabe auch auf die Bewerbung „dieser“ – mithin der in § 2 Abs. 1 Satz 2 PAngV genannten – Produkte, wenn – dies ist die einzige dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 2 PAngV zu entnehmende Bedingung – die Werbung auch Preisangaben enthält – was vorliegend der Fall ist.
33Auch der Schutzzweck der Preisangabenrichtlinie führt zu keiner einschränkenden Auslegung.
34Erwägungsgrund 7 der Preisangabenrichtlinie sieht vor, „allgemein vorzuschreiben, für sämtliche Erzeugnisse sowohl den Verkaufspreis als auch den Preis je Maßeinheit anzugeben“, um – ausweislich des Erwägungsgrundes 6 der Richtlinie – eine schnelle und einfache Möglichkeit zum Preisvergleich herbeizuführen. Der Erwägungsgrund 7 sieht weiter lediglich eine konkrete Ausnahme für bestimmte Waren vor, nämlich für solche, die in losem Zustand veräußert werden. Diese Beschreibung von Regelungsgegenstand und -ziel findet sich in Artt. 1, 3 und 5 PreisangabenRL wieder. Daraus wird erkennbar, dass der Richtliniengeber vom Grundsatz her alle Erzeugnisse erfasst wissen wollte und Ausnahmen von dem Grundsatz ausdrücklich festgelegt bzw. in die Hände des nationalen Gesetzgebers gelegt hat. Ausweislich des Art. 5 Abs. 1 PreisangabenRL können von der Pflicht zur Angabe Ausnahmen bei solchen Waren zugelassen werden, bei denen eine solche Angabe aufgrund der Beschaffenheit oder Zweckbestimmung nicht sinnvoll oder geeignet wäre. Dieser Fall ist aber mit dem Erfordernis der Üblichkeit der Angabe von Menge und Größe nicht gleichzusetzen. Vielmehr kann auch dort, wo eine Angabe nicht üblich ist, eine solche sinnvoll und geeignet sein.
35So ist es auch im Fall der hier streitgegenständlichen Ware (Kaffee- und Teekapseln, weshalb sie auch von keiner der in der Preisangabenverordnung, insbesondere in § 9 PAngV, genannten Ausnahmen von der Pflicht zur Grundpreisangabe erfasst wird.
36Die Grundpreisangabe eignet sich bei dem Angebot von Kaffee- und Teekapseln zum Preisvergleich. Dafür spricht schon das Angebot der Beklagten selbst, welches eine Gewichtsangabe auch für die Angebotsform in Kapseln für Kaffee und Tee erkennen lässt (vgl. Anlagenkonvolut K 14). Ein Vergleichsbedürfnis entsteht zum einen im Vergleich der Kapselprodukte untereinander. Ein Vergleichsbedürfnis besteht für den Verbraucher zum anderen aber auch zwischen Kaffee und Tee in Kapselform und Kaffee und Tee in lose verpackter Form, wobei letztere Verpackungsform – gerichtsbekannt – üblicherweise unter der Angabe des Gewichts erfolgt. Die genannten Produkte sind austauschbar, und zwar auch dann, wenn man berücksichtigt, dass unterschiedliche Vorrichtungen für die Zubereitung von Kaffee und Tee in Kapselform bzw. lose verpackt erforderlich sind. Denn es liegt nahe, dass ein nicht nur unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrskreises beide Zubereitungsmöglichkeiten kennt und hat. Die Angabe der Kapselmenge wird dem beschriebenen Vergleichsbedürfnis des Verbrauchers nicht gerecht. Denn bei einer Kapsel handelt es sich um keine festgelegte Gewichts- oder Größenangabe.
37Dies berücksichtigend ist die Gewichtsangabe in dem Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Produkten auch nicht lediglich erläuternd. Die Beklagte stützt sich in diesem Zusammenhang auf eine Literaturansicht, die das Angebot von Waren unter einer Gewichtsangabe von der Preisangabenverordnung dann ausnehmen will, wenn diese erkennbar der Erläuterung – und nicht der Herstellung der Vergleichbarkeit mit konkurrierenden Produkten – dienen (Völker, NJW 2000, 2787 (2788)). Als Beispiel werden in diesem Zusammenhang die Angabe von Länge und Breite bei Handtüchern und Bettwäsche, die Angabe der Länge bei Gürteln oder Schnürsenkeln sowie die Angabe des Volumens bei Töpfen und anderen Behältnissen angeführt (a. a. O.). Es besteht offensichtlich ein Unterschied zwischen den von der Literaturansicht beispielhaft genannten Produkten und den hier streitgegenständlichen. Bei den genannten Beispielen dient die Größenangabe jeweils der Auswahl des Produktes als für den Verbraucher passend. Der Verbraucher bringt deshalb auch die Größenangabe dort – jedenfalls nicht vorrangig – in eine Verbindung mit dem Preis.
38Auch unter Heranziehung der – von der Beklagten angeführten – Definition des Preises je Maßeinheit nach Art. 2 lit. b) PreisangabenRL kann ein anderes Auslegungsergebnis der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 PangV nicht erzielt werden. In der Vorschrift heißt es zwar, dass die Mengeneinheit anzugeben sei, die „beim Verkauf spezifischer Erzeugnisse in dem betreffenden Mitgliedstaat verwendet wird und üblich ist“. Die Vorschrift dient jedoch schon nach der Regelungssystematik der Richtlinie nicht der Einschränkung der Pflicht zur Preisangabe, sondern der Definition verwendeter Begrifflichkeiten.
39d)
40Soweit der Antrag sich nicht nur auf die konkrete Verletzungsform (Kaffee-/ Teekapseln) beschränkt, sondern darüber hinaus geht und auch Kaffee- und Teepads erfasst, stellt er sich nicht als zu weitgehend dar.
41Bei der Bewerbung von Kaffee- und/ oder Teepads handelt es sich um im Kern gleichartige Verletzungshandlung. Dies ergibt sich daraus, dass die Produkte nahezu identisch sind, und mit der Bezeichnung „Kapsel“ aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers lediglich eine im Vergleich zu „Pads“ festere bzw. stabilere Verpackungsform für das Kaffee- bzw. Teepulver beschrieben wird, die sich allein aus den unterschiedlichen Vorrichtung für die Zubereitung von Kaffee- und Tee mittels „Kapsel- bzw. Padmaschinen“ ergibt.
42e)
43Die Grundpreisangabe erfasst gem. § 2 Abs. 1 PAngV die Angabe des Preises je Mengeneinheit, einschließlich der Umsatzsteuer sowie weiterer Preisbestandteile. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 u. 3, Abs. 3 Satz 1 PAngV ist die Mengeneinheit für den Grundpreis (Gewicht) grundsätzlich 1 Kilogramm. Gem. § 2 Abs. 3 Satz 2 PAnGV kann sich jedoch der Grundpreis bei Waren, deren Nenngewicht – wie vorliegend – üblicherweise unter 250 Gramm liegt, auch – wie in dem Antrag Ziff. 1. vorgesehen – auf die Mengeneinheit für 100 Gramm beziehen.
442.
45Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten besteht gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 UWG.
46Aufgrund der feststehenden Rechtsverletzung war die Abmahnung erforderlich. Die Höhe der Abmahnkosten, die die Beklagte nicht angreift, bewegt sich innerhalb der üblichen Kostenpauschale.
473.
48Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
49II.
50Die Ordnungsmittelandrohung hat ihre gesetzliche Grundlage in § 890 Abs. 2 ZPO.
51Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1, 2 ZPO.
52Streitwert:
53bis zum 22.05.2015: 20.000,00 €
54ab dem 23.05.2015: 30.000,00 €
Im Sinne dieser Verordnung bedeutet
- 1.
„Arbeits- oder Mengenpreis“ den verbrauchsabhängigen Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und aller besonderen Verbrauchssteuern für die leitungsgebundene Abgabe von Elektrizität, Gas, Fernwärme oder Wasser; - 2.
„Fertigpackung“ eine Verpackung im Sinne des § 42 Absatz 1 des Mess- und Eichgesetzes; - 3.
„Gesamtpreis“ den Preis, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile für eine Ware oder eine Leistung zu zahlen ist; - 4.
„Grundpreis“ den Preis je Mengeneinheit einer Ware einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile; - 5.
„lose Ware“ unverpackte Ware, die durch den Unternehmer in Anwesenheit der Verbraucher, durch die Verbraucher selbst oder auf deren Veranlassung abgemessen wird; - 6.
„offene Packung“ eine Verkaufseinheit im Sinne des § 42 Absatz 2 Nummer 1 des Mess- und Eichgesetzes; - 7.
„Selbstabfüllung“ die Abgabe von flüssiger loser Ware, die durch die Verbraucher selbst in die jeweilige Umverpackung abgefüllt wird; - 8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3504) geändert worden ist, in der am 28. Mai 2022 geltenden Fassung; - 9.
„Verbraucher“ jede natürliche Person im Sinne des § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.
(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.
(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.
(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.
Im Sinne dieser Verordnung bedeutet
- 1.
„Arbeits- oder Mengenpreis“ den verbrauchsabhängigen Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und aller besonderen Verbrauchssteuern für die leitungsgebundene Abgabe von Elektrizität, Gas, Fernwärme oder Wasser; - 2.
„Fertigpackung“ eine Verpackung im Sinne des § 42 Absatz 1 des Mess- und Eichgesetzes; - 3.
„Gesamtpreis“ den Preis, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile für eine Ware oder eine Leistung zu zahlen ist; - 4.
„Grundpreis“ den Preis je Mengeneinheit einer Ware einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile; - 5.
„lose Ware“ unverpackte Ware, die durch den Unternehmer in Anwesenheit der Verbraucher, durch die Verbraucher selbst oder auf deren Veranlassung abgemessen wird; - 6.
„offene Packung“ eine Verkaufseinheit im Sinne des § 42 Absatz 2 Nummer 1 des Mess- und Eichgesetzes; - 7.
„Selbstabfüllung“ die Abgabe von flüssiger loser Ware, die durch die Verbraucher selbst in die jeweilige Umverpackung abgefüllt wird; - 8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3504) geändert worden ist, in der am 28. Mai 2022 geltenden Fassung; - 9.
„Verbraucher“ jede natürliche Person im Sinne des § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 06.11.2014 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 512/13 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil und das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Beklagte betreibt die Webseite www.amazon.de und tritt dort mit von ihr selbst eingestellten Angeboten als Verkäuferin auf.
4Die Klägerin ist ein Wettbewerbsverband. Sie nimmt die Beklagte nach erfolglosen Abmahnungen wegen des Angebotes einer Damenbluse ohne Angaben über die Bezeichnung und Gewichtsanteile der im Erzeugnis enthaltenen Fasern sowie wegen der Angebotes eines Teppichreinigers und eines Multiöls, in denen aufgrund einer fehlerhaften Datenübermittlung jeweils die Angabe des Grundpreises fehlten, auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch.
5Die Beklagte, die die fehlenden Angaben bereits vorgerichtlich korrigiert hat (die Grundpreisangaben bezüglich des Teppichreinigers sofort nach Erhalt der Abmahnung und bezüglich des Multiöls vor Zustellung der Klageschrift, die Textilkennzeichnung nach ihrem Vorbringen vor Eingang der Abmahnung) hat eingewandt, dass es sich bei den gerügten Verstößen um ungewollte Ausreißer gehandelt habe, die nach ständiger Rechtsprechung und Literaturauffassung nicht zu einem Unterlassungsanspruch führen würden. Bei der Bluse sei zu berücksichtigen, dass die erforderliche Angabe nur für einen äußerst kurzen Zeitraum und nur für einen Teil der User nicht zu sehen gewesen sei. Hinsichtlich des vom Hersteller stets in derselben Größe angebotenen Teppichreinigers sei eine Grundpreisangabe nicht erforderlich. Daneben hat die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede gestellt und die Antragsfassung beanstandet.
6Mit Urteil vom 06.11.2014, auf dessen berichtigte Fassung wegen der weiteren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO inhaltlich Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage nach klarstellender Antrags-Korrektur stattgegeben.
7Mit ihrer Berufung hält die Beklagte ihr Begehren auf Abweisung der Klage aufrecht. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Klägerin habe in erster Instanz weder zu der für die Aktivlegitimation erforderlichen Ausstattung schlüssig vorgetragen noch dazu, dass ihr eine ausreichende Zahl von Unternehmen angehörten, die Damenblusen, Teppichreiniger und Multiöle vertrieben. Die entsprechenden Angaben in zweiter Instanz rügt die Beklagte als verspätet und bestreitet sie mit Nichtwissen. Der Unterlassungstenor sei trotz der eingeblendeten konkreten Verletzungsformen zu unbestimmt und zu weit gefasst. In der Sache selbst sei das Landgericht fälschlich davon ausgegangen, dass es sich nicht um Einzelfälle gehandelt habe, die im Massengeschäft nie ganz zu verhindern seien. Die Ausreißer-Rechtsprechung des BGH und deren Erheblichkeit für den vorliegenden Fall sei außer Acht gelassen worden. Hinsichtlich der positiv festzustellenden Spürbarkeit/Relevanz fehlten jegliche Ausführungen. Außerdem habe das Landgericht das Erfordernis einer Verletzung der beruflichen Sorgfalt unberücksichtigt gelassen und keine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen. Soweit das Landgericht ihren Vortrag zum technischen Versehen als Ursache der unterbliebenen Textilkennzeichnung sowie bezüglich der Grundpreisangabe zu den Sicherheitsvorkehrungen und der fehlerhaften Datenübermittlung als unsubstantiiert gewertet habe, liege ein Verstoß gegen die Hinweispflicht nach § 139 ZPO vor. Der Unterlassungsanspruch bezüglich der Grundpreisangabe könne schließlich nicht aus einem Verstoß gegen § 2 Abs. 1 PAngV hergeleitet werden, weil diese Norm europarechtswidrig sei. Unterlassungsansprüche ergäben sich auch nicht durch die „Hintertür“ aus dem UKlaG. Zum einen sei das UWG sei gegenüber dem UKlaG vorrangig, zum anderen handele es sich weder bei den Preisangabenvorschriften noch bei den Textilkennzeichnungsvorschriften um Verbraucherschutzgesetze.
8Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung mit vertiefenden tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen, insbesondere zu ihrer Aktivlegitimation.
9Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin T.; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.05.2015 Bezug genommen.
10II.
11Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht begründet.
121. Klageantrag und Unterlassungstenor sind nicht zu beanstanden. Aufgrund der Bezugnahme auf die konkreten Verletzungsformen sie sind hinreichend bestimmt; der Einwand der Beklagten, das Verbot zu Ziff. I.2. erschöpfe sich in einer Wiederholung des gesetzlichen Verbotstatbestandes, ist sachlich unrichtig. Die erforderlichen Beschränkungen ergeben sich ohne weiteres aus den eingeblendeten konkreten Verletzungsformen in Verbindung mit Rubrum und Entscheidungsgründen. Einer weiteren verbalen Beschränkung auf die eigenen Angebote der Beklagten bzw. die Beklagte als Anbieterin der Waren, auf geschäftliche Handlungen i.S.d. § 2 UWG und/oder bezüglich der Begriffe „Fasern“ und „Ware“ auf „textile Fasern“ und die - in Antrag und Tenor zudem benannten - konkreten Produkte bedarf es nicht. Die Klägerin ist nicht gehalten, im Unterlassungsantrag die Kriterien für die Wettbewerbswidrigkeit der beanstandeten Werbung zu umschreiben oder die Ausnahmetatbestände zu verdeutlichen. Sie kann sich damit begnügen, Unterlassung der Verletzungshandlung in der konkret begangenen Form zu beantragen, ohne dabei einschränkende Zusätze anführen zu müssen; es ist dann Sache der Beklagten, Wege zu finden, die aus dem Verbot hinausführen (s. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 12 Rn. 2.45, m.w.N.).
132. Die Klägerin ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG prozessführungsbefugt. Sie ist ein rechtsfähiger Verband. Ausweislich ihrer Satzung hat sie den Zweck, die gewerblichen Interesse zu fördern und unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen. Dafür, dass sie nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, diese satzungsmäßigen Aufgaben wahrzunehmen, spricht eine von der Beklagten nicht widerlegte tatsächliche Vermutung. Die Klägerin hat vor dem Senat bereits zahlreiche Verfahren geführt. Sie hat zudem eine Vielzahl von höchstrichterlichen Entscheidungen im Wettbewerbsrecht erstritten, in denen sie ausdrücklich benannt ist (u.a. in den BGH-Verfahren I ZR 36/11 – Monsterbacke II, I ZR 26/13 – kostenlose Zeitbrille, I ZR 68/13 – Hörgeräteversorgung III und I ZR 230/11 – Biomineralwasser). Der Inhalt der von der Klägerin im Einzelnen aufgelisteten und veröffentlichten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs kann von der Beklagten nicht pauschal mit Nichtwissen bestritten werden.
14Nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass der Klägerin eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren gleicher oder verwandter Art – Damenbekleidung, Haushaltsreinigungsmittel, Fahrzeugzubehör – auf demselben Markt vertreiben wie die Beklagte. Aus der Aussage der Zeugin T. ergibt sich, dass zu den Mitgliedern der Klägerin nicht nur weit über 1000 Unternehmen zählen, darunter große Warenhäuser mit breiten Angebotspaletten wie z.B. die Galeria Kaufhof GmbH, die Karstadt Warenhaus GmbH oder die Kaufland Warenhandel GmbH & Co KG, sondern auch über 800 Kammern, Verbände und Organisationen, u.a. rund 140 Industrie- und Handelskammern. Dies wird durch die von der Zeugin überreichte aktuelle Mitgliederliste der Klägerin, Stand Januar 2015, belegt, deren inhaltliche Richtigkeit und Aktualität die Zeugin glaubhaft bestätigt hat. Nach den Angaben der Zeugin kann ein Austritt nur durch Kündigung zum Jahresende oder Insolvenz erfolgen, so dass der Mitgliederbestand zwischen Januar 2015 und dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 29.05.2015 keine wesentliche Änderung erfahren haben kann. Über die Industrie- und Handelskammern, die ihrerseits nach § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen der vorliegenden Art berechtigt wären, gehören der Klägerin als - ausreichende (s. BGH GRUR 1995, 122 - Laienwerbung für Augenoptiker, juris-Tz. 33 f.; Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 3.43 m.w.N.) - mittelbare Mitglieder eine Mehrzahl aller Gewerbetreibenden überhaupt in Deutschland an. Vor diesem Hintergrund war der Beklagten auch keine weitere Stellungnahmefrist zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu bewilligen, wie sie in der mündlichen Verhandlung mit der Begründung beantragt hatte, noch weiter dazu vortragen zu wollen, ob die in der Mitgliederliste der Klägerin aufgeführten Unternehmen wie z. B. Aldi Einkauf GmbH & Co OHG, Kaufland Warenhandel GmbH & Co KG oder Lidl Dienstleistung GmbH und Co KG auch diejenigen Gesellschaften seien, die die Waren vertreiben. Auf diese Frage kam es jedenfalls im Hinblick auf die Mitgliedschaft einer Vielzahl von Verbänden, insbesondere von Industrie- und Handelskammern nicht mehr an.
153. Die von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind nach § 8 Abs. 1 UWG begründet. Danach kann derjenige, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Eine geschäftliche Handlung ist nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässig, wenn sie unlauter und geeignet ist, die Interessen von Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen; geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern sind nach § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG jedenfalls dann unzulässig, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Unlauter handelt nach § 4 Nr. 11 UWG insbesondere, wer gegen eine gesetzliche Vorschrift verstößt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse von Marktteilnehmern das Marktverhalten zu regeln. Dabei sind zudem die europarechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie) hat in ihrem Anwendungsbereich zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt, so dass die im Verhältnis zwischen Unternehmen und Verbrauchern bestehenden Informationspflichten abschließend geregelt sind. Ein Verstoß gegen derartige nationale Bestimmungen kann eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG nur noch insoweit begründen, als die betreffenden Informationspflichten eine Grundlage im Unionsrecht haben (BGH GRUR 2012, 842 – Neue Personenkraftwagen, juris-Tz. 15, m.w.N.).
16Diese Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch sind vorliegend erfüllt.
17a) Die Beklagte hat mit den streitgegenständlichen Anzeigen gegen Marktverhaltensregelungen verstoßen, deren Sanktionierung mit der UGP-Richtlinie vereinbar ist.
18Beim Angebot bezüglich der Damenbluse hätte es gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27.09.2011 über die Bezeichnung von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnisses (Textilkennzeichenverordnung), d.h. bereits unmittelbar nach dem europäischen Recht, einer Beschreibung der Textilfaserzusammensetzung bedurft. Art. 16 Textilkennzeichenverordnung stellt eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG dar (s. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rn. 11.117 ff., 11.130). Dass sie objektiv gegen die Kennzeichnungspflicht verstoßen hat, wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt.
19Mit den Angeboten bezüglich des Teppichreinigers und des Multiöls hat die Beklagte gegen § 2 Abs. 1 und 3 PAngV verstoßen, wonach neben dem Gesamtpreis der Grundpreis anzugeben ist. § 2 PAngV setzt Art. 3 Abs. 1 und Abs. 4 der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (Preisangabenrichtlinie) um, so dass eine Verletzung der Informationspflicht gem. Art. 3 IV Preisangabenrichtlinie zu einem Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m § 2 I 1 PAngV führt (s. BGH GRUR 2014, 576 – 2 Flaschen GRATIS; Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 2 PAngV Rn. 1). Dem Einwand der Beklagten, § 2 PAngV sei europarechtswidrig und dürfe daher nicht mehr angewendet werden, kann nicht beigetreten werden. Soweit § 2 PAngV über die Richtlinie 98/6/EG hinausgehen sollte, weil er anders als jene eine Angabe des Grundpreises „unmittelbar in der Nähe“ des Endpreises fordert, ist dies für das vorliegende Verfahren und die streitgegenständlichen Angeboten, in denen die Grundpreisangabe vollständig fehlt, ohne Belang. § 2 PAngV mag ggf. richtlinienkonform dahingehend auszulegen sein, dass das Näheerfordernis generell entfällt (s. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 2 PAngV Rn. 3), die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises bleibt indes in jedem Fall bestehen. Die Ansicht der Beklagten, die gesamte Norm sei unanwendbar, geht fehl, da damit die praktische Wirksamkeit der UGP-Richtlinie, die europaweit einheitliche verbindliche Regelungen bezüglich der unlauteren Geschäftspraktiken setzt, unterlaufen würde (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., VorbPAngV Rn. 16b; § 2 PAngV Rn. 2).
20§ 2 PAngV ist eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG (s. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 4 Rn. 11.142, § 2 PAngV Rn. 1). Einen objektiven Verstoß gegen § 2 PAngV stellt die Beklagte bezüglich des Multiöls nicht in Frage. Auch bezüglich des Teppichreinigers hätte die Beklagte der Informationspflicht nachkommen müssen. Sie kann sich nicht darauf berufen, dass der Reiniger vom Hersteller stets in derselben Größe angeboten werde. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, soll den Verbrauchern durch die Grundpreisangabe eine leichtere Übersicht über die Preisgestaltung für vergleichbare Warenangebote insbesondere der verschiedenen Hersteller verschafft werden.
21b) Der Verstoß gegen die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises, § 2 Abs. 1, 3 PAngV, überschreitet die Spürbarkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 UWG, weil die Möglichkeit des Verbrauchers, Preisvergleiche vorzunhmen, nicht unerheblich erschwert wird (s. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 2 PAngV Rn. 1, § 3 UWG Rn. 147b). Entsprechendes gilt für den Verstoß gegen Art. 16 der Textilkennzeichenverordnung (s. OLG Hamm, Beschluss vom 20.02.2014, 4 W 19/14 – juris, Tz. 14). Auch insoweit fehlen Informationen, die der Verbraucher nach der Wertung des Gesetzgebers für seine geschäftliche Entscheidung benötigt. Beide Verstöße führen zugleich zu einer unzulässigen geschäftlichen Handlung i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG.
22aa) Werden dem Verbraucher – wie hier – wesentliche Informationen vorenthalten, deren Mitteilung das Unionsrecht verbindlich vorschreibt, liegt stets sowohl eine spürbare Beeinträchtigung der Interessen von Marktteilnehmern vor, als auch eine relevante Verletzung der fachlichen Sorgfalt; die höchstrichterliche Rechtsprechung wendet in diesen Fällen sowohl § 3 Abs. 1 UWG als auch § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG an (vgl. BGH GRUR 2010, 852 – Gallardo Spyder, juris-Tz. 21; BGH GRUR 2010, 1117 – Gewährleistungsausschluss im Internet, juris-Tz. 33 f; BGH GRUR 2012, 842 - Neue Personenkraftwagen, juris-Tz. 25; BGH GRUR 2014, 576 – 2 Flaschen GRATIS, juris-Tz. 16; vgl. auch Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 3 Rn. 7 ff, 8f).
23Bei den in § 2 Abs. 1, 3 PAngV und Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Textilkennzeichenverordnung vorgeschriebenen Angaben geht es um Informationen, die die Werbung und damit die kommerzielle Kommunikation betreffen. Solche Angaben dürfen gemäß § 5a Abs. 4 UWG, der Art. 7 Abs. 5 UGP-Richtlinie umsetzt, dem Verbraucher aufgrund einer unionsrechtlichen Verordnung nicht vorenthalten werden und gelten daher als wesentlich i.S.d. § 5a Abs. 2 UWG und Art. 7 Abs. 1 UGP-Richtlinie. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Anwendungsbereich des § 5a Abs. 4 UWG nicht auf die Liste gemäß Anlage II zur UGP-Richtlinie zu beschränken, da diese Liste, wie Art. 7 Abs. 5 UGP-Richtlinie ausdrücklich bestimmt, nicht erschöpfend ist. § 5a Abs. 4 UWG umfasst auch alle anderen unionsrechtlichen Informationspflichten aus dem Bereich der kommerziellen Kommunikation (s. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 5a Rn. 39, 54a, m.w.N.), unabhängig davon, wann diese erstmals normiert und ggf. später geändert worden sind.
24Aus der Verletzung der unionsrechtlich begründeten Informationspflichten ergibt sich hier ohne Weiteres auch eine Überschreitung der Relevanzschwelle des § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG. Wie der Senat bereits in den – der Beklagten bekannten – Entscheidungen vom 10.10.2012 (6 U 46/12, GRUR-RR 2013, 116 – Grundpreisangabe bei amazon) und 10.12.2013 (6 U 56/13, WRP 2014, 737 – Energieeffizenzklasse) ausgeführt hat, bedarf es zur Feststellung des Verstoßes gegen die fachliche Sorgfalt weder einer gesonderten Prüfung im Einzelfall, noch besteht die Möglichkeit, die mit dem Fehlen der unionsrechtlichen Pflichtangaben verbundene Indizwirkung zu widerlegen. Eine geschäftliche Handlung widerspricht der fachlichen Sorgfalt nämlich nicht nur dann, wenn Verantwortungsträger des Unternehmens die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lassen. Anzulegen ist vielmehr ein objektiv-normativer Maßstab ohne Rücksicht auf subjektive Gesichtspunkte. Diesen Maßstab, der gemäß § 2 Nr. 7 UWG, Art. 2 lit. h UPG-Richtlinie definiert ist als Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Marktgepflogenheiten einhält, konkretisieren u.a. gerade die Informationspflichten, deren Einhaltung das Unionsrecht als wesentlich einstuft (BGH, GRUR 2012, 842 – Neue Personenkraftwagen, juris-Tz. 25, m.w.N.). Vor diesem Hintergrund widerspricht die objektive Zuwiderhandlung gegen unionsrechtlich begründete verbraucherschützende Marktverhaltensregeln gemäß § 4 Nr. 11 UWG regelmäßig auch der fachlichen Sorgfalt i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG (vgl. BGH, GRUR 2010, 1117 – Gewährleistungsausschluss im Internet, juris-Tz. 17; Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 3 Rn. 8e; § 4 Rn. 11.6b; s. auch EuGH GRUR 2013, 1157 Rn. 41 ff., zu irreführenden Geschäftspraktiken).
25Mit der Verletzung wesentlicher Informationspflichten sind zugleich – unwiderleglich – die weiteren Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG erfüllt. Die Frage, ob eine wesentliche Informationspflicht verletzt ist, lässt sich von der Frage nach der geschäftlichen Relevanz nicht trennen; eine wesentliche Information, die der Verbraucher nicht benötigt, um eine informationsgeleitete Entscheidung zu treffen, wäre ein Widerspruch in sich (s. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 5a Rn. 56).
26bb) Die Beklagte kann nach alledem gerade nicht einwenden, der Verkehr habe anhand der in das Angebot eingestellten Fotos ohne weiteres erkennen können, dass es sich bei dem Material der Damenbluse um Polyester oder eine sonstige Kunstfaser handele, so dass es an der Relevanz bzw. Spürbarkeit eines etwaigen Wettbewerbsverstoßes fehle. Unabhängig davon kann diesem Einwand aber auch im Tatsächlichen nicht beigetreten werden. Aus den Fotos und/oder dem Kaufpreis ergeben sich keine eindeutige Information zum Material der Bluse.
27cc) Darauf, dass es sich bei den objektiven Rechtsverletzungen nur um Ausreißer im Einzelfall gehandelt habe, kann sich die Beklagte ebenfalls nicht berufen. Dies hat der Senat in den der Beklagten bekannten Entscheidungen vom 10.10.2012 (6 U 46/12, GRUR-RR 2013, 116 – Grundpreisangabe bei amazon) und 10.12.2013 (6 U 56/13, WRP 2014, 737 – Energieeffizenzklasse) ebenfalls bereits ausgeführt. Das Ausreißer-Argument mag unter dem Gesichtspunkt des fehlendes Verschulden im Einzelfall im Bestrafungsverfahren zu berücksichtigen sein, dem an die objektive Rechtsverletzung anknüpfenden Unterlassungsanspruch steht es jedoch nicht entgegen. Von jedem Unternehmer kann unabhängig von der Größe seines Warenangebotes erwartet werden, dass er die unionsrechtlichen Informationspflichten erfüllt. Die von der Beklagten angeführte „Ausreißer-Rechtsprechung“ gibt es in diesem Zusammenhang nicht:
28Soweit die Beklagte sich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 04.06.1986 (GRUR 1987, 52 – Tomatenmark) beruft, betraf diese keine Verletzung von Informationspflichten, sondern die nach § 3 UWG 1909 zu beurteilende Frage der Irreführung über die Verfügbarkeit einzelner in der Zeitungswerbung eines Lebensmittelmarktes aufgeführter und dort nicht besonders herausgestellter Artikel. Mit dem versehentlichen Vorenthalten von Pflichtinformationen, die der Unionsgesetzgeber als wesentlich ansieht, hat dies nichts zu tun. Im vorliegenden Streitfall belegt das Fehlen der Pflichtangaben in drei Angeboten, dass die beanstandeten geschäftlichen Handlungen der Beklagten eben nicht der für sie geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen. Wer wie die Beklagte als Anbieter von Waren gegenüber Verbrauchern wirbt, muss die ordnungsgemäße Erfüllung der insoweit bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen durchgängig und in jeder Hinsicht sicherstellen. Begründen einzelne Pflichtverstöße die Gefahr, dass notwendige Informationen den Verbrauchern auch in weiteren Einzelfällen vorenthalten werden, haftet der Unternehmensinhaber gemäß § 8 Abs. 2 UWG ohne eine dem § 831 Abs. 1 S. 2 BGB vergleichbare Entlastungsmöglichkeit auf Unterlassung. In Bezug auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben sind an einen Internetversandhändler keine geringeren Anforderungen zu stellen, als an einen stationären Einzelhändler. Keiner von beiden kann sich damit rechtfertigen und den verschuldensunabhängigen Verletzungsunterlassungsansprüchen anspruchsberechtigter Mitbewerber, Verbände oder Einrichtungen die Grundlage entziehen, indem er auf im Massengeschäft immer wieder vorkommende Versehen und Nachlässigkeiten verweist.
29Das von der Beklagten ferner zur Stützung ihrer Rechtsansicht angeführte Urteil des Landgerichts Köln vom 27.02.2013 (84 O 147/12) hat der Senat im Verfahren 6 U 56/12 mit Urteil vom 20.12.2012 im hier maßgeblichen Punkt abgeändert.
30Die von der Beklagten weiterhin angeführte Entscheidung des Landgerichts Stuttgart (Urteil vom 27.02.2011, 38 O 34/11) überzeugt nicht, wie der Senat bereits im Verfahren 6 U 56/12 dargelegt hat. Die Grundentscheidung des Unionsgesetzgebers, dass der Verbraucher gewisse Basisinformationen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, würde unterlaufen, wenn in jedem Fall jeweils noch die Relevanz ihres Fehlens zu prüfen wäre (s. Seichter in: Ullmann jurisPK-UWG, 3. Aufl. § 5a Rn. 9; Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 5a, Rn. 57). Hinzu kommt, dass die Beklagte (auch) in vorliegender Sache lediglich behauptet, anders als die Beklagte des Stuttgarter Verfahrens aber weder substantiiert dargetan noch urkundlich belegt hat, dass sie vor und nach den drei streitbefangenen Angeboten „alles richtig gemacht“ und durch geeignete organisatorische Vorkehrungen dafür gesorgt habe, dass die Produktbeschreibungen alle erforderlichen Pflichtinformationen beinhalten. Immerhin waren Verstöße gegen die PAngV bereits Gegenstand des Verfahrens 6 U 46/12. Wie die hier streitgegenständichen weiteren Verstöße belegen, ist es der Beklagten bislang nicht durchgängig gelungen, ein hinreichend sicheres Datenübertragungs- und Kontrollsystem aufzubauen – zumal sie nach eigenem Vorbringen die beiden streitgegenständlichen Fehler erst nach der Abmahnung entdeckt hat. Auch hinsichtlich der Damenbluse bleibt unklar, wie es trotz der behaupteten generellen Sicherungsmaßnahmen überhaupt zu der konkreten Verletzung hat kommen können, wobei davon, dass die erforderlichen Angaben nur für einen äußerst kurzen Zeitraum sowie nur für einen Teil der Internetbenutzer nicht zu sehen gewesen waren, nicht ausgegangen werden kann. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Beklagten nicht vorgetragen, aufgrund welcher technischen Strukturen konkret wie viele Personen wie lange und warum betroffen gewesen sein sollen. Soweit die Beklagte einen Verstoß des Landgerichts gegen die Hinweispflicht nach § 139 ZPO rügt, hat sie auch im Berufungsverfahren ihren Vortrag zu dem pauschal behaupteten technischen Versehen als Ursache der unterbliebenen Information nicht ergänzt.
31Dass die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit „nur“ drei Angebote beanstandet hat, stützt schließlich keineswegs die Annahme, alle anderen von der Beklagten im Internet publizierten Angebote seien in Bezug auf die Pflichtangabe fehlerfrei und die gerügten Verstöße fielen im Rahmen des Massengeschäfts nicht ins Gewicht. Vielmehr müssen Art und Umfang des Geschäftsbetriebs der Beklagten diese erst recht veranlassen, die Erfüllung unionsrechtlicher Informationspflichten durch geeignete organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen.
32dd) Der Senat sieht keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung bezüglich der Relevanz/Spürbarkeit und fachlichen Sorgfalt abzuweichen, auch nicht vor dem Hintergrund der geplante Änderung des § 3 UWG. Dieser soll wie folgt neu gefasst werden:
33(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.
34(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter im Sinne des Abs. 1, wenn sie nicht der für den Unternehmer jeweils geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Schädigen die geschäftlichen Handlungen jedoch ausschließlich die wirtschaftlichen Interessen von Mitbewerbern, so gilt Abs. 3 S. 2. …
35Die Definitionen in § 2 UWG sollen um folgende Ziff. 8 ergänzt werden:
36“wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
37§ 5a UWG Abs. 2 UWG soll u.a. wie folgt geändert werden:
38Unlauter im Sinne des § 3 I handelt, wer dem Verbraucher eine Information vorenthält,
391. die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände wesentlich ist,
402. die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und
413. deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
42Als Vorenthalten gilt auch …
43Nach der Begründung zum geplanten Gesetzesentwurf soll die Änderung lediglich zur Klarstellung erfolgen; der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass die Rechtsanwendung im Bereich des Lauterkeitsrechts in Deutschland den Vorgaben der UPG-Richtlinie entspricht und das UWG durch die Gerichte richtlinienkonform ausgelegt wird (s. GRUR 2015, 341, ff.):
44„Obgleich die Rechtsanwendung im Bereich des Lauterkeitsrechts in Deutschland den Vorgaben der Richtlinie entspricht und insbesondere nicht über diese hinausgeht, besteht bei einzelnen Punkten noch Klarstellungsbedarf gesetzessystematischer Art, um eine vollständige Rechtsangleichung im Gesetzeswortlaut zu erzielen. …
45Die Generalklausel in § 3 UWG (Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen) wird klarer gefasst. Dadurch werden die Maßstäbe für unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmern gegenüber Verbrauchern (B2C) einerseits sowie im Verhältnis von Unternehmern zu anderen Unternehmern, dh Mitbewerbern bzw. zu sonstigen Marktteilnehmern (B2B), andererseits auch gesetzessystematisch klarer unterschieden. Dies hat zur Folge, dass nun auch der Begriff der Unlauterkeit für den Nichtverbraucherbereich in Abs. 3 definiert wird. …
46Änderungen in der Rechtsanwendung sind durch die vorgeschlagenen Änderungen nicht zu erwarten, da das UWG auch bereits bisher durch die Gerichte richtlinienkonform ausgelegt wurde.“
47Allein schon vor diesem Hintergrund überzeugt es nicht, wenn die Beklagte ihre – gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – stehende Ansicht, dass auch bei einem Verstoß gegen nach europäischem Recht wesentliche Informationspflichten im Bereicht der Werbung / kommerziellen Kommunikation es stets noch auf eine Prüfung des Relevanz-/Spürbarkeitskriteriums ankomme (anders z.B. BGH GRUR 2012, 842 – Neue Personenkraftwagen, juris-Tz. 25) und der Verstoß gegen die fachliche Sorgfalt nur widerleglich vermutet werde (anders z.B. BGH GRUR 2010 – Gewährleistungsausschluss im Internet, juris-Tz. 17), auf die geplante Gesetzesänderung stützt. Die redaktionellen Klarstellungen zur Angleichung an die UPG-Richtline Recht einschließlich der Beispiele für Verstöße gegen die fachliche Sorgfalt in der geplanten Neufassung des § 4 UWG lassen weder erkennen, dass dem Begriff der fachlichen Sorgfalt nunmehr – abweichend von der europäischen Rechtsgrundlage – eine subjektive Komponente beikommen soll, noch ergeben sich aus ihnen Hinweise darauf, dass Informationen, die der Verbraucher nach den europarechtlichen Vorstellungen benötigt, um eine informierte Entscheidung treffend zu können, nicht auch – denknotwendig – wesentlich sind.
48c) Die für die Unterlassungsansprüche erforderliche Wiederholungsgefahr folgt aus den bereits vorgenommenen Verletzungshandlungen. Dass/warum es unverhältnismäßig sein sollte, ihr künftige gleichartige Verstöße zu verbieten, ist weder von der Beklagten schlüssig dargelegt noch sonst ersichtlich.
494. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten folgt dem Unterlassungsanspruch, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die geltend gemachte Kostenpauschale steht nicht in Streit. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
50III.
51Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
52Das Urteil betrifft die tatrichterliche Übertragung allgemein anerkannter Auslegungs- und Rechtsanwendungsgrundsätze auf einen Einzelfall, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.
53Der Gegenstandswert der Berufung beträgt 30.000,00 €, gemäß dem Senatsbeschluss vom 13.03.2015. Es besteht keine Veranlassung, den Wert höher als mit 2 x 15.000 € € zu veranschlagen. Dies entspricht dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin an eine Unterlassung der beanstandeten Werbung durch die Beklagte und den üblichen Festsetzungen des Senats in vergleichbaren Fällen.
Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt. Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt vom 21. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist der Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V. Die Bezeichnung "Haus & Grund" ist Bestandteil seines Firmennamens. Die Beklagte betreibt ein Immobilienmaklerunternehmen in Thüringen. Sie firmierte ursprünglich unter der Bezeichnung "Eigentum Haus & Grund GmbH".
- 2
- Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 24. Februar 2006 wegen der Verwendung seines Firmenbestandteils "Haus & Grund" ab. Die Beklagte verpflichtete sich daraufhin gemäß der der Abmahnung beigefügten Unterlassungsverpflichtungserklärung , es im geschäftlichen Verkehr, namentlich mit Immobilien- und Hausverwaltungen , zu unterlassen, die Bezeichnung "Haus & Grund" im Firmennamen sowie das Wort-Bild-Markenzeichen von "Haus & Grund", Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V., in irgendeiner Form zu verwenden oder sonst in Verkehr zu bringen.
- 3
- Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung versprach die Beklagte die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 25.000 €.
- 4
- Der Kläger stellte nachfolgend fest, dass die Beklagte auch noch nach der Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung in Online-Fernsprechund Branchenverzeichnissen wie "ortsverzeichnis.org", "stadtbranchenbuch.com" , "11880.com", "gelbeseiten.de" sowie im Kartendienst "Google Maps" weiterhin mit der Firmenbezeichnung "Eigentum Haus & Grund GmbH" aufgeführt war. Er hat deshalb die Vertragsstrafe als verwirkt angesehen und die Beklagte mit der vorliegenden Klage auf Zahlung von 25.000 € in Anspruch genommen.
- 5
- Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, die Klausel über die vereinbarte Vertragsstrafe sei nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil diese sie unangemessen benachteilige. Die Brancheneinträge habe sie im Übrigen nicht veranlasst, so dass die Vertragsstrafe auch nicht verwirkt sei.
- 6
- Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt (OLG Jena, WRP 2012, 1012). Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe stehe dem Kläger nicht zu, weil die entsprechende Klausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sei. Die Unterlassungserklärung mit dem darin enthaltenen Vertragsstrafeversprechen sei eine allgemeine Geschäftsbedingung. Sie sei für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert und der Beklagten auch gestellt worden. Die Klausel benachteilige die Beklagte unangemessen, weil sie keinerlei Differenzierung nach Art, Umfang und Grad des Verschuldens sowie nach Art und Schwere der jeweiligen Verstöße vorsehe und die Vertragsstrafe zudem mit 25.000 € zu hoch bemessen sei. Die Beklagte betreibe ein kleines Immobilienbüro in Thüringen mit geringem Umsatz. Ein Schadenseintritt aufgrund einer Verwechslungsgefahr der kollidierenden Zeichen sei unwahrscheinlich. Jedenfalls rechtfertigten weder ein möglicher Verlust von Kunden noch ein etwaiger Marktverwirrungsschaden eine Vertragsstrafe in der vereinbarten Höhe. Eine differenzierende Regelung wäre dem Kläger durch die Verwendung eines Vertragsstrafeversprechens nach "neuem" Hamburger Brauch ohne weiteres möglich gewesen. Auch zur Abschreckung vor weiteren Verstößen sei die hohe Vertragsstrafe nicht erforderlich gewesen.
- 8
- II. Die dagegen gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Wiederherstellung des Urteils ersterInstanz. Die Klage ist begründet, weil das von der Beklagten abgegebene Vertragsstrafeversprechen nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist (dazu unter II 1) und die Beklagte die vom Kläger geforderte Vertragsstrafe auch verwirkt hat (dazu unter II 2).
- 9
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Vertragsstrafenvereinbarung die Beklagte im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt.
- 10
- a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der in Rede stehenden Unterwerfungserklärung um eine allgemeine Geschäftsbedingung des Klägers handelt, die dieser der Beklagten gemäß § 305 Abs. 1 BGB gestellt hat. Soweit die Revision demgegenüber geltend macht, der Kläger sei bereit gewesen, auch eine von der Beklagten entworfene, anderslautende Unterwerfungserklärung zu akzeptieren , legt sie keine Rechtsfehler dar. Sie beschränkt sich dabei vielmehr darauf , die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts durch ihre eigene Würdigung zu ersetzen.
- 11
- b) Das Berufungsgericht hat weiterhin angenommen, dass ein Vertragsstrafeversprechen bereits dann eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB darstellt, wenn die Klausel eine erhebliche und in dieser Höhe nicht übliche Vertragsstrafe vorsieht und nicht nach Art und Schwere des Verstoßes und des Verschuldens differenziert. Dem kann nicht zugestimmt werden.
- 12
- aa) Gemäß § 310 Abs. 1 BGB unterfallen Vertragsstrafenvereinbarungen im kaufmännischen Verkehr zwar nicht dem § 309 Nr. 6 BGB, unterliegen aber der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Dezember 1992 - I ZR 186/90, BGHZ 121, 15, 19 - Fortsetzungszusammenhang). Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift kann sich dabei unter anderem aus der unangemessenen Höhe der Vertragsstrafe ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 - VIII ZR 349/96, NJW 1997, 3233, 3234; MünchKomm.BGB/Wurmnest, 6. Aufl., § 309 Nr. 6 Rn. 20, jeweils mwN). Entgegen der Auffassung der Revision steht auch die Vorschrift des § 348 HGB, wonach eine im kaufmännischen Verkehr vereinbarte Vertragsstrafe nicht herabgesetzt werden kann, der Anwendung des § 307 BGB nicht entgegen (BGH, NJW 1997, 3233, 3234 mwN).
- 13
- bb) Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt dann vor, wenn der Verwender der Klausel missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 8. März 1984 - IX ZR 144/83, BGHZ 90, 280, 284; Urteil vom 10. Februar 1993 - XII ZR 74/91, NJW 1993, 1133, 1134; Urteil vom 4. Juli 1997 - V ZR 405/96, NJW 1997, 3022, 3023; Urteil vom 1. Februar 2005 - X ZR 10/04, NJW 2005, 1774, 1775; Urteil vom 17. September 2009 - III ZR 207/08, NJW 2010, 57 Rn. 18). Dabei ist ein generalisierender, überindividueller Prüfungsmaßstab und eine von den Besonderheiten des Einzelfalls losgelöste typisierende Betrachtungsweise zugrunde zu legen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. April 2012 - X ZR 76/11, NJW 2012, 2107 Rn. 10; Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 73/10, BGHZ 193, 268 Rn. 19 - Honorarbedingungen freie Journalisten, jeweils mwN). Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 Rn. 30).
- 14
- cc) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur formularvertraglichen Zulässigkeit von Vertragsstrafenvereinbarungen im Rahmen von Austauschverträgen ist die Höhe einer Vertragsstrafe insbesondere dann unangemessen , wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Verstoßes und zu seinen Folgen für den Vertragspartner steht (vgl. BGH, NJW 1997, 3233, 3234). Dies soll immer dann der Fall sein, wenn der vereinbarte Betrag nicht auch angesichts des typischerweise geringsten Verstoßes noch angemessen ist (BGH, NJW 1997, 3233, 3235). Eine unangemessen hohe Vertragsstrafe führt danach zur Nichtigkeit der Vertragsklausel nach § 307 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 324; Urteil vom 6. Dezember 2012 - VII ZR 133/11, NJW 2013, 1362 Rn. 15 mwN).
- 15
- dd) Diese im Zusammenhang mit Vertragsstrafen zur Sanktionierung von vertraglichen Verhaltenspflichten im Rahmen von Austauschverträgen entwickelten Grundsätze, von denen auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, können auf Unterwerfungserklärungen nicht ohne weiteres übertragen werden.
- 16
- (1) Unterwerfungserklärungen, die nach Schutzrechtsverletzungen oder Wettbewerbsverstößen abgegeben werden, dienen zwar auch der Schadenspauschalierung in Bezug auf zukünftige Rechtsverletzungen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2008 - I ZR 88/06, GRUR 2008, 929 Rn. 9 = WRP 2008, 1225 - Vertragsstrafeneinforderung ; Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 168/05, GRUR 2009, 181 Rn. 42 = WRP 2009, 182 - Kinderwärmekissen). In erster Linie besteht ihre Funktion jedoch darin, den Unterlassungsschuldner dadurch zur Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht zu bewegen, dass er aufgrund der versprochenen Strafe vor weiteren Verstößen zurückschreckt (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 12 Rn. 1.138; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 8 Rn. 21). Eine solche Unterwerfungserklärung hat zur Folge, dass die durch den in Rede stehenden Verstoß begründete Wiederholungsgefahr entfällt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1982 - I ZR 120/80, GRUR 1983, 127, 128 = WRP 1983, 91 - Vertragsstrafeversprechen ; Urteil vom 30. September 1993 - I ZR 54/91, GRUR 1994, 146, 147 = WRP 1994, 37 - Vertragsstrafebemessung; BGH, GRUR 2009, 181 Rn. 42 - Kinderwärmekissen; vgl. auch Teplitzky aaO Kap. 20 Rn. 2) und den Parteien damit eine gerichtliche Klärung der Frage, ob ein Unterlassungsanspruch besteht, erspart wird.
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- Für diesen Zweck muss die Vertragsstrafe so hoch sein, dass sich ein Verstoß für den Verletzer voraussichtlich nicht mehr lohnt (OLG Hamm, WRP 1978, 395, 397; KG, WRP 1987, 322; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn. 1.139). Die Frage, wie hoch eine Vertragsstrafe bemessen sein muss, um dieser Funktion gerecht zu werden, lässt sich nicht allgemein, sondern immer nur unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten (BGH, GRUR 1983, 127, 128 - Vertragsstrafeversprechen). Dabei ist auf die Schwere und das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung, auf deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers sowie auf Art und Größe des Unternehmens des Schuldners abzustellen (vgl. BGH, GRUR 1994, 146, 147 f. - Vertragsstrafebemessung; GRUR 2009, 181 Rn. 42 - Kinderwärmekissen). Bei der Vereinbarung einer absoluten Vertragsstrafe ist bereits bei Vertragsschluss auf Grundlage des Verhaltens des Schuldners , das Anlass für die Vereinbarung der Vertragsstrafe gegeben hat, und der konkreten Umstände des Einzelfalls eine entsprechende Prognose über die für die notwendige Abschreckungswirkung erforderliche Höhe der Vertragsstrafe vorzunehmen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Unterlassungsschuldner - anders als bei Austauschverträgen - mangels synallagmatischer Pflichten kein originäres Eigeninteresse an der Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht hat (vgl. OLG München, NJW-RR 1993, 1334). Darüber hinaus ist in Rechnung zu stellen, dass der Unterlas- sungsgläubiger weitere Schutzrechtsverstöße oftmals nur sehr schwer und mit erheblichem Aufwand aufzudecken vermag.
- 18
- Demgegenüber ist der im kaufmännischen Verkehr handelnde Unterlassungsschuldner in Fallgestaltungen der vorliegenden Art typischerweise nicht in besonderem Maße schutzwürdig. Abgesehen davon, dass es ihm grundsätzlich freisteht, den gesetzlichen Ausschluss einer nachträglichen Herabsetzung der Vertragsstrafe gemäß § 348 HGB abzubedingen, stellt sich für ihn regelmäßig schon keine besondere Zwangslage, die ihn dazu nötigte, die vom Unterlassungsgläubiger gewünschte Vertragsstrafenvereinbarung abzuschließen. Der Unterlassungsschuldner hat regelmäßig allein das Interesse, die Wiederholungsgefahr im Hinblick auf den aufgrund der bereits begangenen Schutzrechtsverletzung begründeten Unterlassungsanspruch auszuräumen und damit einer gerichtlichen Inanspruchnahme durch den Unterlassungsgläubiger zu entgehen. Diesem Interesse kann er jedoch auch anders als durch Abschluss der angebotenen und aus seiner Sicht unangemessenen Vertragsstrafenvereinbarung Rechnung tragen. Zum einen kann er statt des geforderten Vertragsstrafeversprechens eine Unterwerfungserklärung mit einer geringeren, aber noch angemessenen Vertragsstrafe abgeben. Für die Ausräumung der Wiederholungsgefahr genügt bereits die Abgabe der Unterwerfungserklärung; deren Annahme ist nicht erforderlich (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. September 2009 - I ZR 217/07, GRUR 2010, 355 Rn. 21 = WRP 2010, 649 - Testfundstelle, mwN). Um der dann noch bestehenden Gefahr zu entgehen, dass die von ihm als angemessen angesehene Vertragsstrafe zu niedrig bemessen ist und die Wiederholungsgefahr nicht ausräumt, kann er jederzeit eine Unterwerfungserklärung nach "neuem Hamburger Brauch" abgeben. Danach wird vereinbart, dass die Vertragsstrafe durch den Gläubiger oder einen Dritten nach billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 1 BGB der Höhe nach bestimmt wird und diese Bestimmung im Einzelfall nach § 315 Abs. 3 BGB durch ein Gericht überprüft werden kann (vgl. Teplitzky aaO Kap. 8 Rn. 22 bis 22b).
- 19
- (2) Diese Interessenlage erfordert es, im Hinblick auf wettbewerbs- oder schutzrechtlich veranlasste Vertragsstrafenvereinbarungen den Vertragsparteien einen großzügigen Beurteilungsspielraum einzuräumen und die Rechtsfolge der Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 BGB auf Fälle zu beschränken, in denen eine Vertragsstrafe vereinbart wurde, die bereits auf den ersten Blick außer Verhältnis zu dem mit der Vertragsstrafe sanktionierten Verstoß und den Gefahren steht, die mit möglichen zukünftigen Verstößen für den Unterlassungsgläubiger verbunden sind. Insoweit ist jedoch ein strengerer Maßstab anzulegen als bei der Herabsetzung individualvertraglich ausgehandelter Vertragsstrafeversprechen , die ungeachtet der Vorschrift des § 348 HGB auch im kaufmännischen Verkehr nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) möglich ist (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, GRUR 2009, 181 Rn. 41 - Kinderwärmekissen, mwN).
- 20
- Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann angesichts der Hauptfunktion des Vertragsstrafeversprechens, den Schuldner von weiteren Verstößen abzuhalten, eine unangemessene Benachteiligung jedenfalls nicht bereits dann angenommen werden, wenn die vereinbarte Höhe der Vertragsstrafe oberhalb des typischerweise zu erwartenden Schadens liegt. Der Schadensersatzfunktion der Vertragsstrafe kann darüber hinaus bei der auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezogenen Inhaltskontrolle angesichts des kaum oder nur schwer prognostizierbaren Schadensverlaufs im Hinblick auf zukünftige Schutzrechtsverletzungen kein entscheidendes Gewicht zu kommen. Ein typischer Schaden existiert ebensowenig wie ein typischer Betrag, der geeignet wäre, die Abschreckungsfunktion der Vertragsstrafe zu garantieren (vgl. zu letzterem Teplitzky aaO Kap. 8 Rn. 18 bei und in Fn. 139). Eine an den Umständen des Einzelfalls orientierte Prognose ist mit der im Rahmen der AGB- Kontrolle gebotenen, von den Umständen des konkreten Einzelfalls absehenden abstrakt-generellen und typisierenden Betrachtung nicht zu vereinbaren.
- 21
- Aus § 307 Abs. 1 BGB ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht die Pflicht, im kaufmännischen Verkehr Vertragsstrafenvereinbarungen ausschließlich nach "neuem Hamburger Brauch" abzuschließen. Angesichts des Beurteilungsspielraums, der dem Unterlassungsgläubiger im Rahmen der Prüfung des § 307 Abs. 1 BGB zu gewähren ist, steht es diesem frei, eine eindeutige und daher mit besonderer Abschreckungswirkung verbundene Vertragsgestaltung zu wählen, die darüber hinaus den Vorteil hat, dass im Falle einer Verwirkung der Vertragsstrafe das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung über deren Höhe begrenzt ist.
- 22
- ee) Diesen Grundsätzen trägt das angegriffene Urteil nicht hinreichend Rechnung. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, die vereinbarte Vertragsstrafe stehe außer Verhältnis zu möglichen Schäden, insbesondere im Hinblick auf die mit der Klage geltend gemachten leicht fahrlässigen Verstöße, hat es bei seiner auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezogenen Beurteilung der Pauschalierungsfunktion der Vertragsstrafe ein zu großes Gewicht beigemessen und den Beurteilungsspielraum der Vertragsparteien zu eng bemessen. Bei Abschluss des Vertragsstrafeversprechens war nicht vorherzusehen , dass die Vertragsstrafe aufgrund von vermeintlich geringfügigen Verstößen verwirkt würde. Dass im Hinblick auf die Abschreckungsfunktion auch eine niedrigere Vertragsstrafe ausgereicht hätte, ist nach den vorstehenden Ausführungen aus Rechtsgründen unerheblich, solange die Vertragsstrafe nicht bereits auf den ersten Blick außer Verhältnis zu der Rechtsverletzung steht, die der Anlass für das Vertragsstrafeversprechen war. Davon kann im Streitfall aber nicht ausgegangen werden. Die zwischen den Parteien vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe von 25.000 € erscheint zwar angesichts der Größe des Unter- nehmens der Beklagten und ihres regional beschränkten Tätigkeitskreises vergleichsweise hoch. Dass sie im Hinblick auf die Schwere der Schutzrechtsverletzung evident übersetzt war, lässt sich den getroffenen Feststellungen nicht entnehmen. Immerhin hat die in unmittelbarer Branchennähe tätige Beklagte das Firmenschlagwort des Klägers als Bestandteil ihrer Firma im geschäftlichen Verkehr benutzt.
- 23
- 2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe in Höhe von 25.000 € zu, weil die Beklagte die Vertragsstrafe verwirkt hat. Der Senat kann insoweit in der Sache selbst entscheiden , weil sie zur Entscheidung reif ist und keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO).
- 24
- a) Das Berufungsgericht hat Zweifel daran geäußert, ob die Beklagte die Vertragsstrafe verwirkt hat. Es hat gemeint, eine schuldhafte Verletzung könne allenfalls dann vorliegen, wenn die Beklagte sich in den in Rede stehenden Branchen- und Telefonverzeichnissen selbst zuvor angemeldet hätte. Nur in diesem Fall wäre sie auch gehalten gewesen, einen Eintrag zu entfernen oder für dessen Entfernung Sorge zu tragen. Soweit die Beklagte sich in den Verzeichnissen und Diensten nicht selbst angemeldet hätte, bedürfe es für eine Handlungspflicht der Beklagten als Vertragsstrafenschuldnerin eines Hinweises des Vertragsstrafengläubigers. Unabhängig davon sei auch zweifelhaft, ob der Wortlaut der Unterwerfungserklärung die Beklagte überhaupt zur Beseitigung bestehender Einträge in Branchenverzeichnisse verpflichte. Die Formulierung sei insoweit zu wenig bestimmt.
- 25
- b) Dieser Sichtweise kann nicht zugestimmt werden.
- 26
- aa) Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs muss nicht nur alles unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann, sondern auch alles tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige oder andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen (vgl. OLG Frankfurt, WRP 2009, 78; OLG Karlsruhe, WRP 2012, 1295, 1296; Bornkamm in Köhler /Bornkamm aaO § 12 Rn. 6.7; Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 12 Rn. 378, jeweils zu § 890 ZPO und mwN; ähnlich Teplitzky aaO Kap. 20 Rn. 15). Zwar hat er für das selbständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche und tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat. Insoweit kann sich der Schuldner nicht darauf berufen, dass der Verstoß ohne sein Zutun erfolgt ist. Außerdem wird, wenn eine Zuwiderhandlung vorliegt, das Verschulden des Schuldners vermutet (vgl. BGH, GRUR 2009, 181 Rn. 35 - Kinderwärmekissen).
- 27
- bb) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte die Vertragsstrafe verwirkt.
- 28
- (1) Die Bejahung eines Verstoßes gegen die Unterlassungspflicht widerspricht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht dem Wortlaut des Vertragsstrafeversprechens. Die Auslegung eines Unterlassungsvertrages richtet sich nach den allgemeinen, für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen. Maßgeblich ist somit in erster Linie der gewählte Wortlaut und der diesem zu entnehmende objektive Parteiwille (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - I ZR 281/01, GRUR 2003, 545, 546 = WRP 2003, 756 - Hotelfoto, mwN). Zwar ist umso eher eine eng am Wortlaut ausgerichtete Auslegung des Unterlassungsvertrags geboten, je höher eine vereinbarte Vertragsstrafe im Verhältnis zur Bedeutung des gesicherten Unterlassungsanspruchs ist (BGH, GRUR 2003, 545, 546 - Hotelfoto). Die Verwendung des alten, im Widerspruch zum Unterlassungsvertrag stehenden Firmennamens der Beklagten in einem Branchenverzeichnis stellt jedoch auch nach diesem Maßstab eine Verwendung im Firmennamen dar. Dass nach dem Sinn und Zweck des Unterlassungsvertrags auch Handlungspflichten zur Beseitigung der Verstöße geschuldet sind, liegt auf der Hand. Insofern bestehen entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch keine Zweifel bei der Auslegung der Klausel, die zu Lasten des Klägers gingen.
- 29
- (2) Die Beklagte hat auch nicht den ihr obliegenden Entlastungsbeweis geführt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Einträge in den Branchenverzeichnissen nicht veranlasst zu haben. Zwar sind die Herausgeber der in Rede stehenden Branchenverzeichnisse keine Erfüllungsgehilfen der Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2011 - I ZR 204/10, juris Rn. 14). Im Streitfall ergibt sich die Haftung der Beklagten jedoch aus deren eigenem schuldhaften Verhalten. Die vom Kläger beanstandeten Eintragungen beruhten auf der rechtsverletzenden Firmierung der Beklagten. Diese musste damit rechnen, dass Branchendienste ihr Unternehmen unter dieser Firma in im Internet verfügbare Verzeichnisse aufnahmen (vgl. OLG Karlsruhe, WRP 2012, 1295, 1296; Allmendinger, GRUR 2000, 966, 967 ff.). Dementsprechend war sie aufgrund der von ihr übernommenen Unterlassungsverpflichtung gehalten, unverzüglich eigene Recherchen über die weitere Verwendung der ihr untersagten Firmierung durchzuführen und jedenfalls die Betreiber der gängigsten Dienste wie gelbeseiten.de, Google Maps und 11880.com zu veranlassen, diese Firmierung aus ihren Verzeichnissen zu entfernen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedurfte es daher zur Begründung dieser Handlungspflicht keines Hinweises durch den Kläger.
- 30
- c) Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe nach § 343 BGB kommt nicht in Betracht. Die Anwendung dieser Vorschrift ist im kaufmännischen Verkehr durch die Geltung des § 348 HGB ausgeschlossen, den die Parteien vorliegend nicht abbedungen haben. Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. November 1982 (VII ZR 305/81, BGHZ 85, 305) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Soweit dort ausgeführt war, die Vorschrift des § 348 HGB betreffe nur individuell ausgehandelte Strafversprechen, war damit ersichtlich nicht gemeint, dass § 348 HGB auf zwischen Kaufleuten formularvertraglich vereinbarte Strafversprechen nicht anzuwenden ist. Die dortigen Ausführungen beziehen sich allein auf die Frage, ob die Bestimmung des § 348 HGB der Anwendung des AGB-Rechts auf Vertragsstrafeversprechen unter Kaufleuten entgegensteht (siehe dazu oben Rn. 12).
- 31
- III. Nach allem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und das der Klage stattgebende Urteil erster Instanz wiederherzustellen.
- 32
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Büscher Schaffert
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 21.07.2011 - 3 O 1738/10 -
OLG Jena, Entscheidung vom 21.03.2012 - 2 U 602/11 -
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt vom 21. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist der Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V. Die Bezeichnung "Haus & Grund" ist Bestandteil seines Firmennamens. Die Beklagte betreibt ein Immobilienmaklerunternehmen in Thüringen. Sie firmierte ursprünglich unter der Bezeichnung "Eigentum Haus & Grund GmbH".
- 2
- Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 24. Februar 2006 wegen der Verwendung seines Firmenbestandteils "Haus & Grund" ab. Die Beklagte verpflichtete sich daraufhin gemäß der der Abmahnung beigefügten Unterlassungsverpflichtungserklärung , es im geschäftlichen Verkehr, namentlich mit Immobilien- und Hausverwaltungen , zu unterlassen, die Bezeichnung "Haus & Grund" im Firmennamen sowie das Wort-Bild-Markenzeichen von "Haus & Grund", Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V., in irgendeiner Form zu verwenden oder sonst in Verkehr zu bringen.
- 3
- Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung versprach die Beklagte die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 25.000 €.
- 4
- Der Kläger stellte nachfolgend fest, dass die Beklagte auch noch nach der Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung in Online-Fernsprechund Branchenverzeichnissen wie "ortsverzeichnis.org", "stadtbranchenbuch.com" , "11880.com", "gelbeseiten.de" sowie im Kartendienst "Google Maps" weiterhin mit der Firmenbezeichnung "Eigentum Haus & Grund GmbH" aufgeführt war. Er hat deshalb die Vertragsstrafe als verwirkt angesehen und die Beklagte mit der vorliegenden Klage auf Zahlung von 25.000 € in Anspruch genommen.
- 5
- Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, die Klausel über die vereinbarte Vertragsstrafe sei nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil diese sie unangemessen benachteilige. Die Brancheneinträge habe sie im Übrigen nicht veranlasst, so dass die Vertragsstrafe auch nicht verwirkt sei.
- 6
- Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt (OLG Jena, WRP 2012, 1012). Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe stehe dem Kläger nicht zu, weil die entsprechende Klausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sei. Die Unterlassungserklärung mit dem darin enthaltenen Vertragsstrafeversprechen sei eine allgemeine Geschäftsbedingung. Sie sei für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert und der Beklagten auch gestellt worden. Die Klausel benachteilige die Beklagte unangemessen, weil sie keinerlei Differenzierung nach Art, Umfang und Grad des Verschuldens sowie nach Art und Schwere der jeweiligen Verstöße vorsehe und die Vertragsstrafe zudem mit 25.000 € zu hoch bemessen sei. Die Beklagte betreibe ein kleines Immobilienbüro in Thüringen mit geringem Umsatz. Ein Schadenseintritt aufgrund einer Verwechslungsgefahr der kollidierenden Zeichen sei unwahrscheinlich. Jedenfalls rechtfertigten weder ein möglicher Verlust von Kunden noch ein etwaiger Marktverwirrungsschaden eine Vertragsstrafe in der vereinbarten Höhe. Eine differenzierende Regelung wäre dem Kläger durch die Verwendung eines Vertragsstrafeversprechens nach "neuem" Hamburger Brauch ohne weiteres möglich gewesen. Auch zur Abschreckung vor weiteren Verstößen sei die hohe Vertragsstrafe nicht erforderlich gewesen.
- 8
- II. Die dagegen gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Wiederherstellung des Urteils ersterInstanz. Die Klage ist begründet, weil das von der Beklagten abgegebene Vertragsstrafeversprechen nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist (dazu unter II 1) und die Beklagte die vom Kläger geforderte Vertragsstrafe auch verwirkt hat (dazu unter II 2).
- 9
- 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Vertragsstrafenvereinbarung die Beklagte im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt.
- 10
- a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der in Rede stehenden Unterwerfungserklärung um eine allgemeine Geschäftsbedingung des Klägers handelt, die dieser der Beklagten gemäß § 305 Abs. 1 BGB gestellt hat. Soweit die Revision demgegenüber geltend macht, der Kläger sei bereit gewesen, auch eine von der Beklagten entworfene, anderslautende Unterwerfungserklärung zu akzeptieren , legt sie keine Rechtsfehler dar. Sie beschränkt sich dabei vielmehr darauf , die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts durch ihre eigene Würdigung zu ersetzen.
- 11
- b) Das Berufungsgericht hat weiterhin angenommen, dass ein Vertragsstrafeversprechen bereits dann eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB darstellt, wenn die Klausel eine erhebliche und in dieser Höhe nicht übliche Vertragsstrafe vorsieht und nicht nach Art und Schwere des Verstoßes und des Verschuldens differenziert. Dem kann nicht zugestimmt werden.
- 12
- aa) Gemäß § 310 Abs. 1 BGB unterfallen Vertragsstrafenvereinbarungen im kaufmännischen Verkehr zwar nicht dem § 309 Nr. 6 BGB, unterliegen aber der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Dezember 1992 - I ZR 186/90, BGHZ 121, 15, 19 - Fortsetzungszusammenhang). Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift kann sich dabei unter anderem aus der unangemessenen Höhe der Vertragsstrafe ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 - VIII ZR 349/96, NJW 1997, 3233, 3234; MünchKomm.BGB/Wurmnest, 6. Aufl., § 309 Nr. 6 Rn. 20, jeweils mwN). Entgegen der Auffassung der Revision steht auch die Vorschrift des § 348 HGB, wonach eine im kaufmännischen Verkehr vereinbarte Vertragsstrafe nicht herabgesetzt werden kann, der Anwendung des § 307 BGB nicht entgegen (BGH, NJW 1997, 3233, 3234 mwN).
- 13
- bb) Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt dann vor, wenn der Verwender der Klausel missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 8. März 1984 - IX ZR 144/83, BGHZ 90, 280, 284; Urteil vom 10. Februar 1993 - XII ZR 74/91, NJW 1993, 1133, 1134; Urteil vom 4. Juli 1997 - V ZR 405/96, NJW 1997, 3022, 3023; Urteil vom 1. Februar 2005 - X ZR 10/04, NJW 2005, 1774, 1775; Urteil vom 17. September 2009 - III ZR 207/08, NJW 2010, 57 Rn. 18). Dabei ist ein generalisierender, überindividueller Prüfungsmaßstab und eine von den Besonderheiten des Einzelfalls losgelöste typisierende Betrachtungsweise zugrunde zu legen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. April 2012 - X ZR 76/11, NJW 2012, 2107 Rn. 10; Urteil vom 31. Mai 2012 - I ZR 73/10, BGHZ 193, 268 Rn. 19 - Honorarbedingungen freie Journalisten, jeweils mwN). Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 Rn. 30).
- 14
- cc) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur formularvertraglichen Zulässigkeit von Vertragsstrafenvereinbarungen im Rahmen von Austauschverträgen ist die Höhe einer Vertragsstrafe insbesondere dann unangemessen , wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Verstoßes und zu seinen Folgen für den Vertragspartner steht (vgl. BGH, NJW 1997, 3233, 3234). Dies soll immer dann der Fall sein, wenn der vereinbarte Betrag nicht auch angesichts des typischerweise geringsten Verstoßes noch angemessen ist (BGH, NJW 1997, 3233, 3235). Eine unangemessen hohe Vertragsstrafe führt danach zur Nichtigkeit der Vertragsklausel nach § 307 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 324; Urteil vom 6. Dezember 2012 - VII ZR 133/11, NJW 2013, 1362 Rn. 15 mwN).
- 15
- dd) Diese im Zusammenhang mit Vertragsstrafen zur Sanktionierung von vertraglichen Verhaltenspflichten im Rahmen von Austauschverträgen entwickelten Grundsätze, von denen auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, können auf Unterwerfungserklärungen nicht ohne weiteres übertragen werden.
- 16
- (1) Unterwerfungserklärungen, die nach Schutzrechtsverletzungen oder Wettbewerbsverstößen abgegeben werden, dienen zwar auch der Schadenspauschalierung in Bezug auf zukünftige Rechtsverletzungen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2008 - I ZR 88/06, GRUR 2008, 929 Rn. 9 = WRP 2008, 1225 - Vertragsstrafeneinforderung ; Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 168/05, GRUR 2009, 181 Rn. 42 = WRP 2009, 182 - Kinderwärmekissen). In erster Linie besteht ihre Funktion jedoch darin, den Unterlassungsschuldner dadurch zur Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht zu bewegen, dass er aufgrund der versprochenen Strafe vor weiteren Verstößen zurückschreckt (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 12 Rn. 1.138; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 8 Rn. 21). Eine solche Unterwerfungserklärung hat zur Folge, dass die durch den in Rede stehenden Verstoß begründete Wiederholungsgefahr entfällt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1982 - I ZR 120/80, GRUR 1983, 127, 128 = WRP 1983, 91 - Vertragsstrafeversprechen ; Urteil vom 30. September 1993 - I ZR 54/91, GRUR 1994, 146, 147 = WRP 1994, 37 - Vertragsstrafebemessung; BGH, GRUR 2009, 181 Rn. 42 - Kinderwärmekissen; vgl. auch Teplitzky aaO Kap. 20 Rn. 2) und den Parteien damit eine gerichtliche Klärung der Frage, ob ein Unterlassungsanspruch besteht, erspart wird.
- 17
- Für diesen Zweck muss die Vertragsstrafe so hoch sein, dass sich ein Verstoß für den Verletzer voraussichtlich nicht mehr lohnt (OLG Hamm, WRP 1978, 395, 397; KG, WRP 1987, 322; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn. 1.139). Die Frage, wie hoch eine Vertragsstrafe bemessen sein muss, um dieser Funktion gerecht zu werden, lässt sich nicht allgemein, sondern immer nur unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten (BGH, GRUR 1983, 127, 128 - Vertragsstrafeversprechen). Dabei ist auf die Schwere und das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung, auf deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers sowie auf Art und Größe des Unternehmens des Schuldners abzustellen (vgl. BGH, GRUR 1994, 146, 147 f. - Vertragsstrafebemessung; GRUR 2009, 181 Rn. 42 - Kinderwärmekissen). Bei der Vereinbarung einer absoluten Vertragsstrafe ist bereits bei Vertragsschluss auf Grundlage des Verhaltens des Schuldners , das Anlass für die Vereinbarung der Vertragsstrafe gegeben hat, und der konkreten Umstände des Einzelfalls eine entsprechende Prognose über die für die notwendige Abschreckungswirkung erforderliche Höhe der Vertragsstrafe vorzunehmen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Unterlassungsschuldner - anders als bei Austauschverträgen - mangels synallagmatischer Pflichten kein originäres Eigeninteresse an der Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht hat (vgl. OLG München, NJW-RR 1993, 1334). Darüber hinaus ist in Rechnung zu stellen, dass der Unterlas- sungsgläubiger weitere Schutzrechtsverstöße oftmals nur sehr schwer und mit erheblichem Aufwand aufzudecken vermag.
- 18
- Demgegenüber ist der im kaufmännischen Verkehr handelnde Unterlassungsschuldner in Fallgestaltungen der vorliegenden Art typischerweise nicht in besonderem Maße schutzwürdig. Abgesehen davon, dass es ihm grundsätzlich freisteht, den gesetzlichen Ausschluss einer nachträglichen Herabsetzung der Vertragsstrafe gemäß § 348 HGB abzubedingen, stellt sich für ihn regelmäßig schon keine besondere Zwangslage, die ihn dazu nötigte, die vom Unterlassungsgläubiger gewünschte Vertragsstrafenvereinbarung abzuschließen. Der Unterlassungsschuldner hat regelmäßig allein das Interesse, die Wiederholungsgefahr im Hinblick auf den aufgrund der bereits begangenen Schutzrechtsverletzung begründeten Unterlassungsanspruch auszuräumen und damit einer gerichtlichen Inanspruchnahme durch den Unterlassungsgläubiger zu entgehen. Diesem Interesse kann er jedoch auch anders als durch Abschluss der angebotenen und aus seiner Sicht unangemessenen Vertragsstrafenvereinbarung Rechnung tragen. Zum einen kann er statt des geforderten Vertragsstrafeversprechens eine Unterwerfungserklärung mit einer geringeren, aber noch angemessenen Vertragsstrafe abgeben. Für die Ausräumung der Wiederholungsgefahr genügt bereits die Abgabe der Unterwerfungserklärung; deren Annahme ist nicht erforderlich (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. September 2009 - I ZR 217/07, GRUR 2010, 355 Rn. 21 = WRP 2010, 649 - Testfundstelle, mwN). Um der dann noch bestehenden Gefahr zu entgehen, dass die von ihm als angemessen angesehene Vertragsstrafe zu niedrig bemessen ist und die Wiederholungsgefahr nicht ausräumt, kann er jederzeit eine Unterwerfungserklärung nach "neuem Hamburger Brauch" abgeben. Danach wird vereinbart, dass die Vertragsstrafe durch den Gläubiger oder einen Dritten nach billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 1 BGB der Höhe nach bestimmt wird und diese Bestimmung im Einzelfall nach § 315 Abs. 3 BGB durch ein Gericht überprüft werden kann (vgl. Teplitzky aaO Kap. 8 Rn. 22 bis 22b).
- 19
- (2) Diese Interessenlage erfordert es, im Hinblick auf wettbewerbs- oder schutzrechtlich veranlasste Vertragsstrafenvereinbarungen den Vertragsparteien einen großzügigen Beurteilungsspielraum einzuräumen und die Rechtsfolge der Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 BGB auf Fälle zu beschränken, in denen eine Vertragsstrafe vereinbart wurde, die bereits auf den ersten Blick außer Verhältnis zu dem mit der Vertragsstrafe sanktionierten Verstoß und den Gefahren steht, die mit möglichen zukünftigen Verstößen für den Unterlassungsgläubiger verbunden sind. Insoweit ist jedoch ein strengerer Maßstab anzulegen als bei der Herabsetzung individualvertraglich ausgehandelter Vertragsstrafeversprechen , die ungeachtet der Vorschrift des § 348 HGB auch im kaufmännischen Verkehr nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) möglich ist (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, GRUR 2009, 181 Rn. 41 - Kinderwärmekissen, mwN).
- 20
- Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann angesichts der Hauptfunktion des Vertragsstrafeversprechens, den Schuldner von weiteren Verstößen abzuhalten, eine unangemessene Benachteiligung jedenfalls nicht bereits dann angenommen werden, wenn die vereinbarte Höhe der Vertragsstrafe oberhalb des typischerweise zu erwartenden Schadens liegt. Der Schadensersatzfunktion der Vertragsstrafe kann darüber hinaus bei der auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezogenen Inhaltskontrolle angesichts des kaum oder nur schwer prognostizierbaren Schadensverlaufs im Hinblick auf zukünftige Schutzrechtsverletzungen kein entscheidendes Gewicht zu kommen. Ein typischer Schaden existiert ebensowenig wie ein typischer Betrag, der geeignet wäre, die Abschreckungsfunktion der Vertragsstrafe zu garantieren (vgl. zu letzterem Teplitzky aaO Kap. 8 Rn. 18 bei und in Fn. 139). Eine an den Umständen des Einzelfalls orientierte Prognose ist mit der im Rahmen der AGB- Kontrolle gebotenen, von den Umständen des konkreten Einzelfalls absehenden abstrakt-generellen und typisierenden Betrachtung nicht zu vereinbaren.
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- Aus § 307 Abs. 1 BGB ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht die Pflicht, im kaufmännischen Verkehr Vertragsstrafenvereinbarungen ausschließlich nach "neuem Hamburger Brauch" abzuschließen. Angesichts des Beurteilungsspielraums, der dem Unterlassungsgläubiger im Rahmen der Prüfung des § 307 Abs. 1 BGB zu gewähren ist, steht es diesem frei, eine eindeutige und daher mit besonderer Abschreckungswirkung verbundene Vertragsgestaltung zu wählen, die darüber hinaus den Vorteil hat, dass im Falle einer Verwirkung der Vertragsstrafe das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung über deren Höhe begrenzt ist.
- 22
- ee) Diesen Grundsätzen trägt das angegriffene Urteil nicht hinreichend Rechnung. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, die vereinbarte Vertragsstrafe stehe außer Verhältnis zu möglichen Schäden, insbesondere im Hinblick auf die mit der Klage geltend gemachten leicht fahrlässigen Verstöße, hat es bei seiner auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezogenen Beurteilung der Pauschalierungsfunktion der Vertragsstrafe ein zu großes Gewicht beigemessen und den Beurteilungsspielraum der Vertragsparteien zu eng bemessen. Bei Abschluss des Vertragsstrafeversprechens war nicht vorherzusehen , dass die Vertragsstrafe aufgrund von vermeintlich geringfügigen Verstößen verwirkt würde. Dass im Hinblick auf die Abschreckungsfunktion auch eine niedrigere Vertragsstrafe ausgereicht hätte, ist nach den vorstehenden Ausführungen aus Rechtsgründen unerheblich, solange die Vertragsstrafe nicht bereits auf den ersten Blick außer Verhältnis zu der Rechtsverletzung steht, die der Anlass für das Vertragsstrafeversprechen war. Davon kann im Streitfall aber nicht ausgegangen werden. Die zwischen den Parteien vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe von 25.000 € erscheint zwar angesichts der Größe des Unter- nehmens der Beklagten und ihres regional beschränkten Tätigkeitskreises vergleichsweise hoch. Dass sie im Hinblick auf die Schwere der Schutzrechtsverletzung evident übersetzt war, lässt sich den getroffenen Feststellungen nicht entnehmen. Immerhin hat die in unmittelbarer Branchennähe tätige Beklagte das Firmenschlagwort des Klägers als Bestandteil ihrer Firma im geschäftlichen Verkehr benutzt.
- 23
- 2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe in Höhe von 25.000 € zu, weil die Beklagte die Vertragsstrafe verwirkt hat. Der Senat kann insoweit in der Sache selbst entscheiden , weil sie zur Entscheidung reif ist und keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO).
- 24
- a) Das Berufungsgericht hat Zweifel daran geäußert, ob die Beklagte die Vertragsstrafe verwirkt hat. Es hat gemeint, eine schuldhafte Verletzung könne allenfalls dann vorliegen, wenn die Beklagte sich in den in Rede stehenden Branchen- und Telefonverzeichnissen selbst zuvor angemeldet hätte. Nur in diesem Fall wäre sie auch gehalten gewesen, einen Eintrag zu entfernen oder für dessen Entfernung Sorge zu tragen. Soweit die Beklagte sich in den Verzeichnissen und Diensten nicht selbst angemeldet hätte, bedürfe es für eine Handlungspflicht der Beklagten als Vertragsstrafenschuldnerin eines Hinweises des Vertragsstrafengläubigers. Unabhängig davon sei auch zweifelhaft, ob der Wortlaut der Unterwerfungserklärung die Beklagte überhaupt zur Beseitigung bestehender Einträge in Branchenverzeichnisse verpflichte. Die Formulierung sei insoweit zu wenig bestimmt.
- 25
- b) Dieser Sichtweise kann nicht zugestimmt werden.
- 26
- aa) Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs muss nicht nur alles unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann, sondern auch alles tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige oder andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen (vgl. OLG Frankfurt, WRP 2009, 78; OLG Karlsruhe, WRP 2012, 1295, 1296; Bornkamm in Köhler /Bornkamm aaO § 12 Rn. 6.7; Fezer/Büscher, UWG, 2. Aufl., § 12 Rn. 378, jeweils zu § 890 ZPO und mwN; ähnlich Teplitzky aaO Kap. 20 Rn. 15). Zwar hat er für das selbständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche und tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat. Insoweit kann sich der Schuldner nicht darauf berufen, dass der Verstoß ohne sein Zutun erfolgt ist. Außerdem wird, wenn eine Zuwiderhandlung vorliegt, das Verschulden des Schuldners vermutet (vgl. BGH, GRUR 2009, 181 Rn. 35 - Kinderwärmekissen).
- 27
- bb) Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte die Vertragsstrafe verwirkt.
- 28
- (1) Die Bejahung eines Verstoßes gegen die Unterlassungspflicht widerspricht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht dem Wortlaut des Vertragsstrafeversprechens. Die Auslegung eines Unterlassungsvertrages richtet sich nach den allgemeinen, für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen. Maßgeblich ist somit in erster Linie der gewählte Wortlaut und der diesem zu entnehmende objektive Parteiwille (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - I ZR 281/01, GRUR 2003, 545, 546 = WRP 2003, 756 - Hotelfoto, mwN). Zwar ist umso eher eine eng am Wortlaut ausgerichtete Auslegung des Unterlassungsvertrags geboten, je höher eine vereinbarte Vertragsstrafe im Verhältnis zur Bedeutung des gesicherten Unterlassungsanspruchs ist (BGH, GRUR 2003, 545, 546 - Hotelfoto). Die Verwendung des alten, im Widerspruch zum Unterlassungsvertrag stehenden Firmennamens der Beklagten in einem Branchenverzeichnis stellt jedoch auch nach diesem Maßstab eine Verwendung im Firmennamen dar. Dass nach dem Sinn und Zweck des Unterlassungsvertrags auch Handlungspflichten zur Beseitigung der Verstöße geschuldet sind, liegt auf der Hand. Insofern bestehen entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch keine Zweifel bei der Auslegung der Klausel, die zu Lasten des Klägers gingen.
- 29
- (2) Die Beklagte hat auch nicht den ihr obliegenden Entlastungsbeweis geführt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Einträge in den Branchenverzeichnissen nicht veranlasst zu haben. Zwar sind die Herausgeber der in Rede stehenden Branchenverzeichnisse keine Erfüllungsgehilfen der Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2011 - I ZR 204/10, juris Rn. 14). Im Streitfall ergibt sich die Haftung der Beklagten jedoch aus deren eigenem schuldhaften Verhalten. Die vom Kläger beanstandeten Eintragungen beruhten auf der rechtsverletzenden Firmierung der Beklagten. Diese musste damit rechnen, dass Branchendienste ihr Unternehmen unter dieser Firma in im Internet verfügbare Verzeichnisse aufnahmen (vgl. OLG Karlsruhe, WRP 2012, 1295, 1296; Allmendinger, GRUR 2000, 966, 967 ff.). Dementsprechend war sie aufgrund der von ihr übernommenen Unterlassungsverpflichtung gehalten, unverzüglich eigene Recherchen über die weitere Verwendung der ihr untersagten Firmierung durchzuführen und jedenfalls die Betreiber der gängigsten Dienste wie gelbeseiten.de, Google Maps und 11880.com zu veranlassen, diese Firmierung aus ihren Verzeichnissen zu entfernen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedurfte es daher zur Begründung dieser Handlungspflicht keines Hinweises durch den Kläger.
- 30
- c) Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe nach § 343 BGB kommt nicht in Betracht. Die Anwendung dieser Vorschrift ist im kaufmännischen Verkehr durch die Geltung des § 348 HGB ausgeschlossen, den die Parteien vorliegend nicht abbedungen haben. Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. November 1982 (VII ZR 305/81, BGHZ 85, 305) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Soweit dort ausgeführt war, die Vorschrift des § 348 HGB betreffe nur individuell ausgehandelte Strafversprechen, war damit ersichtlich nicht gemeint, dass § 348 HGB auf zwischen Kaufleuten formularvertraglich vereinbarte Strafversprechen nicht anzuwenden ist. Die dortigen Ausführungen beziehen sich allein auf die Frage, ob die Bestimmung des § 348 HGB der Anwendung des AGB-Rechts auf Vertragsstrafeversprechen unter Kaufleuten entgegensteht (siehe dazu oben Rn. 12).
- 31
- III. Nach allem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und das der Klage stattgebende Urteil erster Instanz wiederherzustellen.
- 32
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Büscher Schaffert
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 21.07.2011 - 3 O 1738/10 -
OLG Jena, Entscheidung vom 21.03.2012 - 2 U 602/11 -
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2 100 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 5.11.2013 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 30/32, die Beklagte 2/32 zu tragen.
3. Das Urteil ist für beide Seiten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1 fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.