Amtsgericht Weilheim i.OB Urteil, 18. Nov. 2021 - 3 C 378/21

ECLI:ag-weilheim-iob
erstmalig veröffentlicht: 30.11.2021, letzte Fassung: 30.11.2021

Eingereicht durch

Rechtsanwalt

Dr. Andreas Neumann

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Gericht

Amtsgericht Weilheim i.OB

Zusammenfassung des Autors

Der Unternehmer stellt nach einem wegen Fehlers des Bestellers ausgefallenen Leistungstermin eine Rechnung. Der Besteller zahlt ohne Vorbehalt auf diese Rechnung über Arbeiten nach Termin, ohne dass von einem Vorschuss die Rede ist. Weil nicht nachweisbar ist, dass diese Zahlung ein Vorschuss auf zu erbringende Leistungen sein sollte, verliert der Besteller den Rechtsstreit auf zumindest teilweise Rückzahlung. Vorliegend - in einer Gesamtschau - sogar zu Recht.

Leitsätze der/s Einreichenden

Zahlt der Besteller ohne Vorbehalt auf eine Handwerkerrechnung, die nicht als Vorschussrechnung gekennzeichnet ist, muss er damit rechnen, das Geld nicht zurückverlangen zu können, wenn die Leistungen letztlich nicht erbracht werden.

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit (…) Kläger

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Neumann Andreas, Wienburgstraße 207, 48159 Münster,

gegen

(…)

-        Beklagter -

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Weilheim i.OB durch die Richterin am Amtsgericht Dr. Steigelmann am 18.11.2021 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes

 

Endurteil

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 535,50 € festgesetzt.

Gründe

 

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. 

Dem Kläger steht der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch nicht zu.

Unstreitig beauftragte der Kläger den Beklagten im März 2021 mit der Durchführung von Malerar­beiten; als Leistungszeitraum war zunächst die Zeit zwischen dem 15. und 21.04.2021 vorgesehen. Konkret einigten sich die Parteien sodann auf den 19.04.2021 als Ausführungsdatum. Der Beklagte sollte durch eine Nachbarin des Klägers in die Wohnung des Klägers gelassen werde, da der Kläger bereits umgezogen war.

Ebenfalls unstreitig wurde vor Ort durch den Beklagten und die Nachbarin des Klägers festge­stellt, dass der bei der Nachbarin hinterlegte Schlüssel die Wohnungstür nicht öffnete. Der Kläger und der Beklagte führten daraufhin ein Telefonat. Im Rahmen dieses Telefonats teilte der Beklag­te dem Kläger unstrittig mit, dass er eine Rechnung stellen würde, die umgehend zu bezahlen sei. Dem stimmte der Kläger zu. Noch am 19.04.2021 überwies er die durch den Beklagten ange­forderten 535,50 €.

Ebenfalls unstreitig übersandte der Kläger den richtigen Schlüssel an die Nachbarin, wo der Schlüssel am 20.04.2021 eintraf. Trotz mehrfacher Aufforderung durch den Kläger führte der Be­klagte die vereinbarten Malerarbeiten in der Folgezeit nicht mehr aus, weshalb der Kläger auf­grund der bervorstehenden Rückgabe der Wohnung an den Vermieter die Malerarbeiten selbst vornahm.

Der Kläger meint, dass ihm ein Rückforderungsanspruch bezüglich der bezahlten 535,50 € zu­stehe, da diese lediglich ein Vorschuss für die durch die Beklagten eigentlich noch durchzufüh­renden Malerarbeiten gewesen seien.

Der Beklagte hat vorgebracht, dass er dem Kläger bei dem Telefonat erklärt habe, dass der Klä­ger den Ausfall des Beklagten vom 19.04.2021 bezahlen müsse. Der Kläger habe daraufhin ge­sagt, dass das selbstverständlich sei und dass der Beklagte dem Kläger die Rechnung zukom­men lassen solle, welche er dann umgehend begleichen werde. Dies ist - insoweit unstreitig - so­fort erfolgt. Da der Beklagte nur einen kleinen Betrieb habe, seien spontane Termine und Ände­rungen kaum möglich. Aufgrund einer terminlichen Auslastung sei es dem Beklagten nicht mög­lich gewesen, für weitere Arbeiten beim Kläger eine Zusage zu machen. Die durch den Kläger be­zahlten 535,50 € seien als Entschädigung für den Ausfall des Beklagten am 19.04.2021 verein­bart gewesen.

Vor diesem Hintergrund scheidet ein Rückforderungsanspruch des Klägers bezüglich der bezahl­ten 535,50 € aus. Der Kläger ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die Parteien die Zah­lung als Vorschuss vereinbart haben. Objektive Beweismittel hierfür stehen nicht zur Verfügung.

Aus der Rechnung des Beklagten (Anlage K 1) ergibt sich die Vereinbarung eines Vorschusses nicht. Vielmehr ergibt sich aus der Rechnung des Beklagten vom 19.04.2021, dem Tag der fehl­geschlagenen Arbeitsleistung der Beklagten, als Grund der Rechnungsstellung „Malerarbeiten nach Termin“. Von einem Vorschuss ist nicht die Rede. Auf diese Rechnung hat der Kläger ohne weitere Nachfrage beim Beklagten und ohne Vorbehalt den geforderten Betrag bezahlt. Dass die Parteien in dem Telefonat vereinbart hätten, dass es sich um eine Vorschusszahlung handeln soll, hat auch der Kläger nicht behauptet.

Allein die Tatsache, dass der Kläger nach eigenem Vortrag auch aufgrund der Höhe der Rechnung davon ausgegangen sei, dass es sich um eine solche handele, genügt für eine Beweisführung nicht.

Auf die Frage, ob der Kläger wegen der Nichtausführung der Arbeiten durch den Beklagten in der Folgezeit von dem Vertrag zurücktreten konnte bzw. diesen frei kündigen konnte, kommt es für die Frage der Rückzahlung der 535,50 € nicht an.

Die Klage war abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung: (…)

gez.

Dr. Steigelmann

Richterin am Amtsgericht

Kommentar des Autors

Eine in der Gesamtschau gerechte Entscheidung, die der Geiz-ist-Geil-Mentalität ein wenig den Stinkefinger zeigt.

Der Vertrag war über MyHammer zustandegekommen. Allerdings hat sich dort eine vierseitige Diskussion über den wahren Leistungsumfang entfaltet. Es kam daher zu einem ersten Nachtrag. Nach weiteren Informationen über den eigentlich zu erbringenen - größeren - Leistungsumfang blieb eine Antwort sogar ganz aus, so dass letztlich aus schuldrechtlicher Perspektive an einem Vertragsschluss mangels Einigung über die essentialia negotii überhaupt sogar hätte gezweifel werden können. Ein zweiter Nachtrag blieb jedenfalls mangels Annahme aus.

Die Zahlung erfolgte ohne Vorbehalt, und eine Vorschussabrede ist nicht nachweisbar, daher ist eine Rückforderung gem. § 814 BGB ausgeschlossen. 

Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Weilheim i.OB Urteil, 18. Nov. 2021 - 3 C 378/21

Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht Weilheim i.OB Urteil, 18. Nov. 2021 - 3 C 378/21

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 495a Verfahren nach billigem Ermessen


Das Gericht kann sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt. Auf Antrag muss mündlich verhandelt werden.
Amtsgericht Weilheim i.OB Urteil, 18. Nov. 2021 - 3 C 378/21 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 495a Verfahren nach billigem Ermessen


Das Gericht kann sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt. Auf Antrag muss mündlich verhandelt werden.

Referenzen

Das Gericht kann sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt. Auf Antrag muss mündlich verhandelt werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.