Amtsgericht Wernigerode Urteil, 22. Apr. 2014 - 10 Lw 13/13

ECLI:ECLI:DE:AGWERNI:2014:0422.10LW13.13.0A
bei uns veröffentlicht am22.04.2014

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Landpachtverhältnis über die Flurstücke

Gemarkung

Flur

Flurstück

Größe (ha)

B.

1

228

0,1306

B.

1

231/1

48,6870

B.

2

2/1

95,3341

B.

2

2/3

0,2400

B.

4

244/5

43,3127

B.

4

244/5

0,1226

B.

5

45/7

11,4400

B.

5

45/7

0,1090

B.

5

45/7

0,9350

B.

5

45/7

0,7060

B.

6

151/1

12,5564

B.

6

156/4

4,5348

B.

6

20/1

11,5953

B.

6

20/1

4,5492

B.

6

20/1

0,0581

B.

6

230/1

5,1893

B.

6

230/1

0,0404

unbefristet im Sinne der landpachtrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ist bzw. für unbestimmte Zeit gilt.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die rechtliche Wirkung eines schriftlichen und befristeten Pachtvertrages über landwirtschaftliche Flächen in der Gemarkung B..

2

Zunächst bestand ein Landpachtvertrag zwischen der BVVG und GbR B., Gut A. (nachfolgend GbR) als Pächter über eine Gesamtfläche von 239,5405 ha gem. Einzelaufstellung nach der Anlage 1 für die Zeit vom 01.10.1993 bis 30.09.2005 (Bd. I, Bl. 14-34 d. A.). Nachdem er im Wege eines Restitutionsverfahrens Flächen gemäß Auflistung der Anlage 6 der Klageerwiderung im Gesamtumfang von 274,9354 ha zu Eigentum erhielt (Bd. I, Bl. 157 d. A.) vereinbarte seine Hoheit E. P. v. A. mit der GbR, an der er zuvor beteiligt war, am 17.10.2002 einen Pachtvertrag über landwirtschaftliche Flächen in der Gemarkung B. im Gesamtumfang von 274,9354 ha gem. Saldierung nach der Anlage 1 für 18 Jahre, nämlich die Zeit vom 01.10.2002 bis 30.09.2020 (Bd. I, Bl. 5-11 und 13 d. A.) nebst Zusatzvereinbarung vom gleichen Tage (Bd. I, Bl. 12 d. A.). Unmittelbar danach erfolgte die Umwandlung der GbR in die Beklagten-KG.

3

Mit notariellem Vertrag vom 14.06.2005 kaufte der Kläger die streitgegenständlichen Flächen, vergleiche Beklagtenschriftsatz vom 11.02.2014 nebst Anlage 2 (Bd. I, Bl. 200 ff.) und wurde in der Folgezeit Eigentümer der Flächen.

4

Im Zuge der beabsichtigten behördlichen Registrierung des Pachtvertrages vom 17.10.2002 monierte der Landkreis Q. eine fehlende Schriftform, nämlich unzureichende Auflistung der Flächen. Daraufhin wurde eine schriftliche Flächenaufstellung gefertigt, jedoch nur von der damaligen GbR unterzeichnet, zur Registrierung eingereicht und vom Landkreis Q. im Juli 2003 entsprechend vermerkt (Anlage 3 des vorbezeichneten Beklagtenschriftsatzes, Bd. I, Bl. 206 d. A.).

5

Mit vorliegendem Verfahren begehrt der Kläger Klärung der Wirksamkeit der Befristung des Vertrages vom 17.10.2002 bis 2020 sowie zusätzliche Verlängerungsoption für 6 Jahre.

6

Er ist der Auffassung, die Befristung sei nicht wirksam gem. § 585 a BGB, da die Pachtflächen weder im Vertrag selbst noch der maßgeblichen Anlage 1 aufgeführt seien, insoweit fehle es an jeglicher Grundstücksbezeichnung. Auch die in der Präambel aufgeführte Bezugnahme sei insgesamt unzureichend. Eine Heilung des Schriftformmangels sei auch nicht durch die Aufstellung gem. Anlage 3 eingetreten, da diese erst nachträglich und ohne konkrete Bezugnahme auf den hier maßgeblichen Pachtvertrag erstellt wurde und nur die Unterschrift einer der Vertragsparteien enthalte. Demzufolge gelte der Vertrag als unbefristetes Pachtverhältnis fort.

7

Der Kläger beantragt,

8

wie erkannt.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie erachtet den streitgegenständlichen Pachtvertrag mit seiner Befristung als formwirksam. So sei in der Präambel bereits hinreichend auf einen vorherigen Pachtvertrag mit der BVVG als damaliger Verpächter verwiesen. Dieses vorherige Pachtverhältnis über insgesamt 239,4505 ha entspreche exakt den Flächen gem. Klageantrag. Zu der Differenz zwischen den Pachtflächen des Vertrages von 1994 über knapp 240 ha zu der Pachtfläche gem. Präambel enthalte der hier streitige Vertrag unter § 8 drittletzter Absatz eine Erklärung, nämlich eine weitere Beschreibung von annähernd 30 ha Ackerflächen gem. gesonderter Verpachtung an die Agrargenossen-schaft B., welche der Pächterin des hier maßgeblichen Vertrages im Wege der Unterverpachtung zur Verfügung gestellt werden sollten. Darüber hinaus sei der mit dem Schriftformerfordernis gewollte Schutzzweck zugunsten etwaiger Erwerber verpachteter Flächen vorliegend gewahrt. Sie behauptet hierzu, bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages im Jahre 2005 habe der Kläger hinreichende Kenntnis über die entsprechenden Flächen sowohl aufgrund des bekannten Restitutionsverfahrens als auch durch Überlassung der nachträglichen Flächenaufstellung gemäß K 3 gehabt. Daher habe der Kläger vollumfänglich gewusst, dass die von ihm erworbenen Flächen Gegenstand des Pachtvertrages vom 17.10.2002 waren. Die Geltendmachung des Schriftformerfordernisses sei daher rechtsmissbräuchlich und der Kläger insoweit in keiner Weise schutzwürdig.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 23.01.2014 (Bd. I, Bl. 188, 189 d. A.) sowie vom 27.03.2014 (Bd. II, Bl. 31 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

13

Die Klage ist zulässig. Das gem. § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da der Kläger unter Berufung auf § 585 a BGB die Klärung der Rechtswirksamkeit eines auf mehr als zwei Jahre befristeten Landpachtverhältnisses begehrt.

II.

14

Die Klage ist auch begründet.

15

Das zwischen den Parteien bestehende Landpachtverhältnis ist hinsichtlich seiner Befristung rechtsunwirksam und gilt folglich für unbestimmte Zeit (§§ 126, 585 a BGB).

1.

16

Über die streitgegenständlichen Flächen bestand ursprünglich ein wirksamer Landpachtvertrag zwischen der BVVG und der GbR als Rechtsvorgängerin der Beklagten für die Zeit vom 01.10.1993 bis 30.09.2005 unter Berücksichtigung der maßgeblichen spezifizierten Flächenaufstellung hierzu, Anlage 1.

2.

17

Nach Eigentumserwerb von annähernd 275 ha landwirtschaftlicher Flächen kraft durchgeführten Restitutionsverfahrens verpachtete seine Hoheit E. P. v. A. nunmehr an die GbR gem. schriftlichen Vertrag vom 17.10.2002 Ackerflächen in der Gemarkung B. im selben Umfange des Eigentumserwerbs, nämlich 274,9354 ha. Da zwischen den Vertragsparteien Einigkeit über Inhalt und Umfang des Pachtgegenstandes bestand, ist der Vertrag als solcher auch wirksam gem. §§ 581, 585 BGB zustande gekommen. In diesen Vertrag trat der Kläger auch kraft Eigentumserwerbs als neuer Verpächter gem. §§ 593 b, 566 BGB ein und die Beklagte ist nach Rechtsformumwandlung und Rechtsnachfolge nunmehr die Pächterin.

18

Aufgrund der Befristung über eine Dauer von mehr als zwei Jahren galt für den gesamten Vertrag jedoch das Schriftformerfordernis nach § 585 a BGB, welches im Ergebnis vorliegend nicht gewahrt ist:

a.

19

Zunächst gilt ohne weiteres, dass das Schriftformerfordernis sich auf den gesamten Vertrag erstreckt, also insbesondere den konstitutiven Inhalt, wie Pachtgegenstand, Pacht und Pachtdauer gem. § 581 BGB (vgl. Fassbender/Hötzel/Lukanow, Landpachtrecht, 3. Auflage, § 585 a Rz. 8). Eine schriftliche Fixierung des Pachtgegenstandes setzt damit eine schriftliche Aufstellung sämtlicher Grundstücke unter Angabe der Flurstücksbezeichnungen voraus (vgl. Fassbender u.a., a.a.O. § 585 a Rz 8, 9, 27). Hieran fehlt es in dem vorliegenden Vertrag, weil dort, worauf der Kläger zutreffend abstellt, keine einzige Grundstücksbezeichnung aufgeführt ist. Dies gilt auch für die dem Vertrag beigefügte Anlage 1, welche nur eine Saldierung nach der Unterteilung Ackerflächen insgesamt, Grünland und Unland vorsieht. Demgemäß ist die vertragliche Umschreibung des Pachtgegenstandes gem. § 1 des Vertrages nebst Anlage 1 zu unbestimmt und damit unzureichend.

b.

20

Die erforderliche konkrete Beschreibung der Pachtflächen ist auch nicht durch die vertragliche Bezugnahme gem. der Präambel des streitigen Pachtvertrages gewahrt.

21

Für die Schriftform ist es zwar zulässig und ausreichend, wenn in einer Urkunde, welche selbst nicht die wesentlichen Bestandteile des Pachtvertrages enthält auf eine andere, etwa ursprüngliche formgerechte Urkunde jedoch Bezug nimmt. Dies gilt etwa bei einem urkundlichen Nachtrag, z.B. einer Verlängerung der Vertragszeit, wenn hinreichend deutlich auf einen formwirksamen Erstvertrag Bezug genommen wird (Fassbender u.a., a.a.O. Rz 14; BGH, Urteil vom 09.04.2008 - XII ZR 89/06 - Rz 27; OLG Naumburg, Urteil vom 31.08.2006 -2 U 48/06- Rz. 5, zitiert nach juris). Die Bezugnahme selbst muss allerdings wieder hinreichend bestimmt sein. Demzufolge ist es unzureichend, wenn lediglich auf einen „zur Zeit bestehenden Pachtvertrag“ verwiesen wird. Denn das Bestehen eines Pachtvertrages ist eine rechtliche Schlussfolgerung aus Tatsachen, die unterschiedlicher Natur seien können; diese Tatsachen sind folglich im Verlängerungsvertrag anzugeben (OLG Naumburg, a.a.O. Rz. 6). Demnach war vorliegend zunächst die pauschale Bezugnahme auf das anderweitige „bestehende Pachtverhältnis über 269,0405 ha“ ungenügend und damit unerheblich in Bezug auf das Schriftformerfordernis.

22

Darüber hinaus war auch aus anderen Gründen der Verweis und die Bezugnahme auf anderweitige Pachtverhältnisse unklar und damit zu unbestimmt: Das anderweitige Pachtverhältnis wird als ein solches über 269,045 ha umschrieben. Einen derartigen einheitlichen Pachtvertrag hat die Beklagte aber weder vorgelegt noch ansonsten nachvollziehbar vorgetragen: So wurde lediglich der weitere Landpachtvertrag zwischen der BVVG und der GbR aus dem Jahre 1994 vorgelegt, welcher sich jedoch auf eine Gesamtfläche von 239,5405 ha erstreckt. Soweit die Beklagte sich demgegenüber darauf beruft, dass die Diskrepanz zu dem angegebenen Flächenumfang der Präambel des vorliegenden Vertrages sich aus § 8 drittletzter Absatz erklärt, nämlich dort zusätzlich genannten 29,5555 ha, ist dies nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Darüber hinaus kann eine Bezugnahmeklausel nur dann als rechtswirksam angesehen werden, wenn sie bereits aus sich heraus verständlich und nachvollziehbar ist. Etwaige Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, welche sich auf die Wirksamkeit der Regelung beruft, dies betrifft vorliegend die Beklagte. Im weiteren nimmt die Präambel gem. Absatz 2 Bezug auf eine Eigentumsrückgabe, ebenfalls ohne diese im einzelnen und hinreichend bestimmt weiter aufzuführen. Zu vermuten ist, dass es sich hierbei um die Flächen gemäß Restitutionsverfahren handeln soll.

23

In Abweichung zu den Flächenangaben der Präambel umfasst der eigentliche Pachtvertrag einen anderen Flächenumfang, nämlich einen solchen von annähernd 275 ha.

24

Im Ergebnis gilt: Das in Bezug genommene bestehende Pachtverhältnis ist unzureichend bestimmt, es erstreckt sich darüber hinaus auf eine Fläche von 269,0405 ha, obwohl der entsprechende Pachtvertrag nur eine Fläche von 239,5405 ha ausweist. Darüber hinaus wird in der Präambel auf ein anderweitiges Eigentum mit abweichenden Flächen (Im übrigen losgelöst von einem etwaigen Pachtrechtsverhältnis der Parteien) verwiesen und schließlich als Pachtgegenstand ein Volumen von 274,9354 ha aufgeführt. Damit ergeben sich allein auf Seite 1 des maßgeblichen Pachtvertrages mindestens 3 unterschiedliche Flächenangaben. Dies reicht für eine wirksame Bezugnahme und damit Einhaltung des Schriftformerfordernisses deutlich nicht aus.

c.

25

Eine Heilung des Schriftformmangels ist weiter auch nicht durch die nachträglich gefertigte schriftliche Flächenaufstellung gem. Anlage 3 und Einreichung bei der Registrierungsbehörde eingetreten.

26

Zwar enthält diese Aufstellung erstmalig die notwendigen Grundstücksangaben. Allerdings bedürfen derartige Änderungen und Ergänzungen ihrerseits der Schriftform und unterliegen in vollem Umfange den oben genannten Anforderungen (Fassbender u.a., a.a.0. Rz. 11, 14, 22; OLG Naumburg a.a.O., Rz. 5).

27

Diese Voraussetzungen sind mit der nachträglichen Aufstellung Anlage 3 nicht erfüllt: Diese wurde nicht in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Pachtvertrages aus dem Jahre 2002, sondern erst später gefertigt und im Juli 2003 registriert. Daher musste der Nachtrag selbst wiederum alle Bedingungen eines formwirksamen Vertrages erfüllen oder aber in hinreichend deutlicher Weise auf den vorherigen Vertrag Bezug nehmen. Bereits hieran fehlt es, da das Schriftstück lediglich überschrieben ist mit den Worten: „Flächenaufstellung zum Pachtvertrag“ und damit ohne dessen nähere Konkretisierung. Der Beklagten ist allenfalls zuzugeben, dass aufgrund der gem. § 1 mit dem Pachtvertrag aus dem Jahre 2002 übereinstimmenden Gesamtfläche und der Hinzufügung des Nachtrags zu dem bereits registrierten Vertrag sich die Aufstellung auf diesen beziehen mag. Für die Wahrung der Schriftform war dies jedoch unzureichend. Darüber hinaus bedurfte es aufgrund vorgenannter Umstände zur Formwirksamkeit auch der beiderseitigen Unterzeichnung der Flächenaufstellung. Danach ist die Schriftform erst gewahrt, wenn alle materiell Beteiligten die Urkunde unterschrieben haben (Fassbender u.a., a.a.O. Rz. 24). Auch dies ist nicht gegeben, da die Aufstellung lediglich pächterseits, nicht aber vom Verpächter unterzeichnet worden ist, was die Beklagte auch einräumt.

d.

28

Für die Wahrung der Schriftform ist schließlich unerheblich, ob dem Kläger aufgrund des Restitutionsverfahrens und der Einzelheiten der Verhandlungen über den notariellen Kaufvertrag die Aufstellung der maßgeblichen Pachtflächen bekannt war. Zur Einhaltung der Schriftform nach § 585 a BGB ist es grundsätzlich erforderlich, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen aus der Vertragsurkunde ergeben. Die eindeutige und zweifelsfreie Bestimmbarkeit dieser wesentlichen Vertragsbestandteile muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegeben sein. Insoweit darf auch auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände zurückgegriffen werden, die aber bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegen müssen (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 07.07.2011 -5 U (Lw) 21/08 - Rz. 24, zitiert nach juris). Demzufolge ist für die Wirksamkeit eines schriftlichen Landpachtvertrages unmaßgeblich, ob und in welcher Weise nicht schriftliche fixierte Vertragsmodalitäten einer der Vertragsparteien bekannt geworden sind. Hierbei verkennt die Beklagte, dass der Schriftform auch eine Klarstellungs-, Beweis- und Warnfunktion zukommt (Brandenburgisches OLG, a.a.O., Rz 23 m.w. Nachw.; BGH, Urteil vom 22.01.2014 - XII ZR 68/10 - NJW 2014, 1027, Rz 26). Demgemäß ist auch die zitierte Entscheidung des BGH vom 14.07.2004 auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

3.

29

Nach alledem ist die auf 18 Jahre festgeschriebene vertragliche Befristung - mit Verlängerungsoption - mangels eingehaltener Schriftform unwirksam mit der Folge, dass der Pachtvertrag für unbestimmte Zeit gilt (vgl. Fassbender u.a., a.a.O. Rz. 11, 43; Brandenburgisches OLG, a.a.O. Rz. 22).

4.

30

Schließlich ist es dem Kläger aus Gründen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht verwehrt, sich auf den Mangel der Schriftform zu berufen.

31

Jede Partei darf sich grundsätzlich - auch nach jahrelanger Durchführung eines Miet- oder Pachtvertrages - darauf berufen, dass die für einen langfristigen Vertrag vorgesehene Form nicht eingehalten ist (Fassbender, u.a., a.a.O. Rz 46). Aus dem Umstand, dass beide Parteien ihre Pflichten aus dem Vertrag über längere Zeit erfüllten, lässt sich nicht herleiten, sie hätten darauf vertrauen können, der Vertragspartner werde nicht von gesetzlich geregelten Kündigungsmöglichkeiten Gebrauch machen, wenn die Schriftform nicht eingehalten ist. Nur ausnahmsweise, wenn die Unwirksamkeit der vereinbarten langfristigen Vertragsdauer zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde, kann es gem. § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sein, sich auf den Formmangel zu berufen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat (vgl. zum Schriftformmangel eines Mietvertrages: BGH, Urteil vom 09.04.2008, a.a.O., Rz 28; Urteil vom 22.01.2014, a.a.O., Rz 16; Fassbender u.a., a.a.O. Rz 46). Ein anderer Ausnahmefall kommt dann in Betracht, wenn sich eine Vertragspartei auf die Formnichtigkeit eines Vertrages beruft, nachdem sie zuvor über einen längeren Zeitraum besondere Vorteile aus dem nichtigen Vertrag gezogen hat (OLG Naumburg, Urteil vom 29.01.2009 -2 U 108/08 (Lw) -Rz. 46, zitiert nach juris). Derartige Ausnahmefälle sind hier nicht gegeben. Beide Vertragsparteien haben von dem jahrelangen Vollzug des streitgegenständlichen Pachtverhältnisses gleichermaßen profitiert. Eine einseitige Benachteiligung ist daher keineswegs erkennbar. Dies gilt vorliegend umso mehr, als der Kläger auch nach seinem Eigentumserwerb und damit Eintritt in das Pachtverhältnis und Kenntniserlangung von den Umständen, die zur Formunwirksamkeit des Vertrages führen, gleichwohl an dem Vertrag festgehalten hat und dies auch weiterhin beabsichtigt. So ist bislang eine Kündigung des Vertrages weder erfolgt noch von ihm gemäß seiner Erklärungen in den mündlichen Verhandlungen beabsichtigt. Er erstrebt daher lediglich eine Klärung des rechtlichen Status zwischen den Parteien und wendet sich allenfalls gegen eine nochmalige Vertragsverlängerung durch Optionsausübung über 6 Jahre. Im Zuge von Vergleichsgesprächen hat demnach der Kläger den unveränderten Fortbestand des Vertrages bis zum Fristablauf 2020 uneingeschränkt zugestanden (vgl. hierzu auch OLG Naumburg, Urteil vom 29.01.2009, a.a.O; sowie BGH, Urteil vom 05.11.2003 - XII ZR 134/02- Rz. 16, ebenfalls zitiert nach juris).

32

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger an dem formunwirksamen Abschluss des streitgegenständlichen Pachtvertrages -im Gegensatz zur Rechtsvorgängerin der Beklagten!- nicht beteiligt war und ihm daher insgesamt ein treuwidriges Verhalten in keiner Weise vorgeworfen werden kann.

33

Nach alledem war der Klage vollumfänglich stattzugeben und bei der Tenorierung der Gesetzeswortlaut nach § 585 a BGB zu berücksichtigen.

III.

34

Die verfahrensrechtlichen Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in §§ 91, 709 ZPO unter Berücksichtigung der erfolgten Streitwertfestsetzung.


Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Wernigerode Urteil, 22. Apr. 2014 - 10 Lw 13/13

Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht Wernigerode Urteil, 22. Apr. 2014 - 10 Lw 13/13

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh
Amtsgericht Wernigerode Urteil, 22. Apr. 2014 - 10 Lw 13/13 zitiert 7 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 581 Vertragstypische Pflichten beim Pachtvertrag


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 585 Begriff des Landpachtvertrags


(1) Durch den Landpachtvertrag wird ein Grundstück mit den seiner Bewirtschaftung dienenden Wohn- oder Wirtschaftsgebäuden (Betrieb) oder ein Grundstück ohne solche Gebäude überwiegend zur Landwirtschaft verpachtet. Landwirtschaft sind die Bodenbewir

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Referenzen

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstands und den Genuss der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzeit zu gewähren. Der Pächter ist verpflichtet, dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten.

(2) Auf den Pachtvertrag mit Ausnahme des Landpachtvertrags sind, soweit sich nicht aus den §§ 582 bis 584b etwas anderes ergibt, die Vorschriften über den Mietvertrag entsprechend anzuwenden.

(1) Durch den Landpachtvertrag wird ein Grundstück mit den seiner Bewirtschaftung dienenden Wohn- oder Wirtschaftsgebäuden (Betrieb) oder ein Grundstück ohne solche Gebäude überwiegend zur Landwirtschaft verpachtet. Landwirtschaft sind die Bodenbewirtschaftung und die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen, sowie die gartenbauliche Erzeugung.

(2) Für Landpachtverträge gelten § 581 Abs. 1 und die §§ 582 bis 583a sowie die nachfolgenden besonderen Vorschriften.

(3) Die Vorschriften über Landpachtverträge gelten auch für Pachtverhältnisse über forstwirtschaftliche Grundstücke, wenn die Grundstücke zur Nutzung in einem überwiegend landwirtschaftlichen Betrieb verpachtet werden.

(1) Durch den Pachtvertrag wird der Verpächter verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des verpachteten Gegenstands und den Genuss der Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag anzusehen sind, während der Pachtzeit zu gewähren. Der Pächter ist verpflichtet, dem Verpächter die vereinbarte Pacht zu entrichten.

(2) Auf den Pachtvertrag mit Ausnahme des Landpachtvertrags sind, soweit sich nicht aus den §§ 582 bis 584b etwas anderes ergibt, die Vorschriften über den Mietvertrag entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 89/06
Verkündet am:
9. April 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Nachtragsvertrag wahrt die Schriftform eines Mietvertrages nur dann, wenn er
eine Bezugnahme auf die Schriftstücke enthält, aus denen sich sämtliche wesentlichen
vertraglichen Vereinbarungen ergeben.
BGH, Urteil vom 9. April 2008 - XII ZR 89/06 - Brandenburgisches OLG
LG Frankfurt (Oder)
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. April 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. April 2006 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt als Vermieter Feststellung, dass das Mietverhältnis der Parteien bis zum 31. August 2011, hilfsweise über den 31. Dezember 2004 hinaus, besteht. Insoweit streiten die Parteien darüber, ob der zwischen ihnen abgeschlossene Mietvertrag über Gewerbemietflächen der Schriftform genügt und damit - wie vereinbart - bis zum 31. August 2011 besteht, oder ob er mangels Einhaltung der Schriftform durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11. Mai 2004 zum 31. Dezember 2004 beendet worden ist.
2
Der Kläger, der das Mietgrundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 14. Dezember 1994 von den damaligen Eigentümern, der H. GmbH (im Folgenden: H. GmbH) und der R.
AG (im Folgenden: R. AG) in Gesellschaft bürgerlichen Rechts, erwarb, wurde am 13. September 1996 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
3
Zwischen der H. GmbH und der "Kinocenter S. GmbH i.Gr., vertreten durch deren Geschäftsführer M. und H. -H. K. " (im Folgenden : Kinocenter S. GmbH i.Gr.), kam es 1995 zu Verhandlungen über den Abschluss eines Mietvertrages über noch zu errichtende Gewerberäume auf dem Mietgrundstück zum Betrieb eines Kinos und aller branchenüblichen Nebengeschäfte. Eine erste Mietvertragsurkunde, die eine Laufzeit des Vertrages von 15 Jahren ab dem Monat nach Eröffnung des Kinos vorsah, wurde am 30. November 1995 von M. K. für die Kinocenter S. GmbH i.Gr. als Mieterin unterzeichnet. Die Vertreter der H. GmbH unterzeichneten die Urkunde am 19. Dezember 1995 mit dem Zusatz: "Unterschrift gilt in Verbindung mit unserem Schreiben v. 19.12.1995". In diesem Schreiben behielt sich die H. GmbH eine Überprüfung der noch zu vereinbarenden Baubeschreibung und des Übergabetermins vor. Mit an die "K. & K. " gerichteten Schreiben vom 16. Januar 1996 erklärte die H. GmbH den Wegfall des Vorbehalts bezüglich der Geltung der Baubeschreibung und führte weiter aus: "Mit unserer am 19.12.1995 geleisteten Unterschrift unter dem Mietvertrag wurden daher die verbindlichen vertraglichen Grundlagen unserer Zusammenarbeit beim o.g. Objekt geschaffen. Nicht verbindlich ist allerdings mit Ihrem Einverständnis der in § 9 (1) Abs. 2 genannte Übergabetermin der sich verzögern nicht aber verkürzen kann. …"
4
Neben den Unterschriften für die H. GmbH befindet sich unter den Worten "einverstanden: K. & K. " die Unterschrift von M. K.
5
In der Folgezeit schlossen die H. GmbH und die Kinocenter S. GmbH i.Gr. unter Beteiligung der damals als "Ki. 2000 GmbH" firmierenden Beklag- ten - die beiden Letzteren jeweils vertreten durch ihre Geschäftsführerin M. K. - eine undatierte Zusatzvereinbarung (Ende Mai 1996) zum Mietvertrag vom "30. November 1996", in der sie sich u.a. darauf einigten, dass mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung durch die Geschäftsführerin M. K. die Kinocenter S. GmbH i.Gr. aus dem Mietvertrag ausscheidet und die Beklagte in alle Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag eintritt. Gleichzeitig wurde als Übergabetermin der 31. Mai 1996 vereinbart. Das Kino wurde am 1. August 1996 eröffnet. Seitdem führten die Parteien den Vertrag vereinbarungsgemäß durch.
6
Mit Schreiben vom 11. Mai 2004 kündigte die Beklagte den Mietvertrag ordentlich zum 31. Dezember 2004. Sie ist der Ansicht, der Mietvertrag genüge nicht der Schriftform, weshalb sie zur vorzeitigen Kündigung berechtigt sei.
7
Das Landgericht hat die auf Feststellung gerichtete Klage, dass zwischen den Parteien ein Mietvertrag mit einer Laufzeit bis einschließlich 31. August 2011, hilfsweise über den 31. Dezember 2004 hinaus bestehe, abgewiesen.
8
Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil es der höchstrichterlichen Klärung bedürfe, welche Anforderungen an die Heilung von anfänglichen Formmängeln durch Nachtrags-, Zusatz- oder sonstige Ergänzungsvereinbarungen zu stellen seien, die - für sich genommen - die notwendigen Bestandteile eines Mietvertrages nicht enthielten.

Entscheidungsgründe:

9
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

10
Das Berufungsgericht führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag sei mit Ablauf des 31. Dezember 2004 durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11. Mai 2004 beendet worden. Ein formwirksam befristetes Mietverhältnis habe zwischen den Parteien nicht bestanden. Zwar habe das Landgericht die Anforderungen, die beim Mieterwechsel an die Wahrung der Schriftform zu stellen seien, überspannt , wenn es die Schriftform als nicht gewahrt sehe, weil es an einer körperlichen Verbindung von Mietvertrag und undatierter Zusatzvereinbarung fehle. Denn auch bei Vereinbarungen über den Parteiwechsel auf Mieterseite greife die so genannte Auflockerungsrechtsprechung, nach der die Einheitlichkeit einer Urkunde im Sinne des § 126 Abs. 2 BGB eine rein gedankliche sein könne.
11
Der Mietvertrag sei jedoch aus anderen Gründen formunwirksam. Es fehle bereits in der ersten Urkunde vom 30. November/19. Dezember 1995 an übereinstimmenden Willenserklärungen. Die H. GmbH habe das ihr im Namen der Kinocenter S. GmbH i.Gr. unterbreitete Angebot zum Abschluss eines Mietvertrages nur unter dem Vorbehalt einer späteren Einigung über die Baubeschreibung und den Übergabetermin angenommen. Zumindest bei der Baubeschreibung handele es sich um einen wesentlichen und damit formbedürftigen Vertragsbestandteil, da das Mietobjekt erst noch habe errichtet werden sollen.
12
Unabhängig davon ergebe sich aus der Urkunde als solcher ein offener Dissens i.S. von § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Erklärungen der H. GmbH könnten allenfalls gemäß § 150 Abs. 2 BGB als neues Angebot verstanden werden, dessen Annahme nicht schriftlich dokumentiert sei. Vielmehr habe der Kläger selbst ein Schreiben der Rechtsabteilung der K. & K. Filmtheater vom 12. Januar 1996 in Kopie eingereicht, in dem das neue Angebot explizit abgelehnt worden sei.
13
Im Übrigen lasse sich der Vertragsurkunde vom 30. November/19. Dezember 1995 auch nicht entnehmen, ob sie für die Kinocenter S. GmbH i.Gr. ordnungsgemäß unterzeichnet worden sei. Nach dem Rubrum habe die Gesellschaft durch ihre Geschäftsführer M. K. und H. -H. K. vertreten werden müssen, wobei § 35 Abs. 2 Satz 2 GmbHG vom Grundsatz der Gesamtvertretung ausgehe. Indes habe die Geschäftsführerin M. K. ohne einen Zusatz unterzeichnet, der auf besondere Vertretungsverhältnisse - insbesondere auf eine Unterschriftsleistung zugleich für den Mitgeschäftsführer H. -H. K. - hinweise.
14
Auch die Einigung über den Wegfall des Vorbehalts betreffend die Baubeschreibung und über die Unwesentlichkeit des in der ersten Urkunde genannten Übergabetermins in dem – von M. K. für die K. & K. gegengezeichneten - Schreiben der H. GmbH vom 16. Januar 1996 habe nicht zum Abschluss eines formwirksam befristeten Mietvertrages geführt. Denn das Schreiben enthalte die zur Begründung eines Mietverhältnisses wesentlichen Vertragsbestandteile offensichtlich nicht. Es handele sich ebenso wenig um einen formwirksamen Nachtrag. Denn mangels Willensübereinkunft habe zu diesem Zeitpunkt kein Ursprungsvertrag existiert. Er sei auch nicht durch konkludentes Handeln, zum Beispiel durch tatsächliche Nutzung, begründet gewesen. Es sei daher allenfalls der Neuabschluss eines Mietvertrages möglich gewesen. Ein solcher könne durch das Schreiben vom 16. Januar 1996 selbst bei hinreichender Bezugnahme auf die erste Vertragsurkunde vom 30. November/19. Dezember 1995 nicht angenommen werden, da das an die "K. & K. " gerichtete Schreiben der Rechtsvorgängerin des Klägers auch nur für die "K. & K. " von M. K., nicht aber für die in der Mietvertragsurkunde vorgesehene Mieterin , die Kinocenter S. GmbH i.Gr., unterzeichnet worden sei.
15
Auch durch die undatierte Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag sei der Formmangel nicht behoben worden. Diese Vereinbarung enthalte ebenso wenig wie das Schreiben vom 16. Januar 1996 die zur Begründung eines Mietverhältnisses wesentlichen Vertragsbestandteile. Sie lasse lediglich im Einleitungssatz erkennen, dass sie in Ergänzung zu einem Mietvertrag vom 30. November 1996 getroffen worden sei. Damit möge zwar in Wirklichkeit die Urkunde vom 30. November /19. Dezember 1995 gemeint gewesen sein. Diese enthalte allerdings keine übereinstimmenden Willenserklärungen, sondern fixiere einen offenen Dissens.
16
Die Zusatzvereinbarung habe den anfänglichen Formmangel auch nicht geheilt. Dies setze nämlich voraus, dass nachträglich eine formgerechte, den Anforderungen des § 126 BGB entsprechende Urkunde geschaffen werde. Daran fehle es hier. Nachtrags-, Zusatz- oder sonstige Ergänzungsvereinbarungen , in denen - für sich genommen - die notwendigen Bestandteile eines Mietvertrages nicht zu finden seien, könnten nur mit Urkunden zu einer gedanklichen Einheit verschmelzen, die ihrerseits die Willensübereinkunft hinsichtlich der fehlenden Teile bezeugen, nicht aber mit solchen, aus denen sich der Einigungsmangel zweifelsfrei ergebe.
17
Die Beklagte sei auch nicht nach Treu und Glauben gehindert, sich auf den Formmangel zu berufen.

II.

18
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Prüfung stand.
19
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht zunächst davon aus, dass zwischen den Parteien ein Mietvertrag über Gewerberäume zum Betrieb eines Kinos bestanden hat.
20
a) Der Mietvertrag ist - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - allerdings nicht bereits mit Unterzeichnung des Mietvertragsangebots der Kinocenter S. GmbH i.Gr. vom 30. November 1995 durch die H. GmbH am 19. Dezember 1995 zustande gekommen. Denn die H. GmbH hat dieses Vertragsangebot nicht angenommen. Sie hat vielmehr nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung ihrer Erklärung durch das Berufungsgericht die im Vertragsangebot in Bezug genommene Baubeschreibung und den dort genannten Übergabetermin nicht akzeptiert, sondern den Abschluss des Mietvertrages von einer noch zu treffenden Einigung über diese Punkte abhängig gemacht.
21
Eine solche Einigung ist jedoch später zustande gekommen. Die Vertragsparteien haben in einer undatierten schriftlichen Zusatzvereinbarung, in der sie einen Mieterwechsel und als Übergabetermin den 31. Mai 1996 vereinbart haben, auf den Mietvertrag vom "30. November 1996" - gemeint ist offensichtlich 1995 - Bezug genommen und haben schließlich den Vertrag im August 1996 in Vollzug gesetzt und während der folgenden Jahre durchgeführt.
22
b) Der Kläger ist auch als Grundstückserwerber gemäß §§ 566 Abs. 1, 578 Abs. 1 BGB mit seiner Eintragung als Eigentümer im Grundbuch am 13. September 1996 in die Rechte und Pflichten aus dem zwischen der H. GmbH und der Beklagten bestehenden Mietvertrag eingetreten. Zwar war die H. GmbH lediglich gemeinsam mit der R. AG in Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesamthandseigentümerin des Mietgrundstücks, weshalb es an der für den Eintritt in den Mietvertrag nach § 566 BGB grundsätzlich erforderlichen Identität zwischen Vermieter und Veräußerer fehlt (Senatsurteil vom 22. Oktober 2003 - XII ZR 119/02 - NJW-RR 2004, 657 m.w.N.). Hier ist es jedoch aufgrund der Besonderheiten des Falles gerechtfertigt, den Mietvertrag in entsprechender Anwendung von § 566 BGB so zu behandeln, als hätte die R. AG als Gesamthandseigentümerin die Mieträume mitvermietet. Denn die das Erfordernis der Identität von Vermieter und veräußerndem Eigentümer tragende Erwägung, der Veräußerer solle nicht gemäß § 566 Abs. 2 BGB wie ein Bürge für Verpflichtungen haften müssen, die nicht in seiner Person, sondern in der Person eines Dritten bestehen (BGH Urteil vom 3. Juli 1974 - VIII ZR 6/73 - NJW 1974, 1551), greift im vorliegenden Fall nicht. Aus der am 7. November 1995 notariell beurkundeten Änderung des zwischen der H. GmbH und R. AG in Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Verkäuferin und dem Kläger als Käufer abgeschlossenen Grundstückskaufvertrages vom 14. Dezember 1994 ergibt sich, dass Grundlage für die Bemessung des endgültigen Kaufpreises für das Mietgrundstück die endgültigen, teilweise schon abgeschlossenen, Mietverträge sein sollten. Die Vertragsparteien, somit auch der Kläger und die R. AG, sind folglich davon ausgegangen, dass der Kläger als Erwerber in die von den Veräußerern abgeschlossenen und noch abzuschließenden Mietverträge eintritt. Daraus folgt, dass die R. AG den Abschluss der Mietverträge auch in ihrem Namen wollte und deshalb die H. GmbH bevollmächtigt hat, die Mietverträge auch für sie abzuschließen. Auch der Kläger wollte als Erwerber in die bestehenden Mietverträge eintreten.
23
2. Der Mietvertrag wahrt jedoch - wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt - nicht die für die Wirksamkeit der vereinbarten Laufzeit von mehr als einem Jahr erforderliche schriftliche Form. Er gilt deshalb gemäß §§ 550 Satz 1, 578 Abs. 1 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte von der Beklagten ordentlich gekündigt werden.
24
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Schriftform des § 550 BGB nur gewahrt, wenn sich die Einigung über alle wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen - insbesondere den Mietgegenstand, den Mietzins sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses - aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser "verstreuten" Bedingungen ergibt, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen (Senatsurteile BGHZ 142, 158, 161; vom 7. Juli 1999 - XII ZR 15/97 - NJW 1999, 3257, 3258; vom 10. Oktober 2001 - XII ZR 93/99 - NJW-RR 2002, 8; vom 18. Dezember 2002 - XII ZR 253/01 - NJW 2003, 1248; vom 25. Juli 2007 - XII ZR 153/05 - NJW 2007, 3202). Dazu bedarf es keiner körperlichen Verbindung dieser Schriftstücke. Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung, die in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss (Senatsurteil vom 18. Dezember 2002 - XII ZR 253/01 - NJW 2003, 1248).
25
b) Diesen Anforderungen genügen die hier vorhandenen, über den Mietvertrag erstellten Urkunden, nämlich der "Mietvertrag" vom 30. November/19. Dezember 1996 (richtig: 1995), das Schreiben der H. GmbH vom 16. Januar 1996 über den Wegfall ihres ursprünglich erklärten Vorbehalts und die undatierte Zusatzvereinbarung über den Mieterwechsel und den Über- gabetermin, die nur in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen eines formwirksamen Mietvertrags erfüllen können, nicht.
26
aa) Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die am 30. November bzw. 19. Dezember 1995 unterzeichnete, als "Mietvertrag" bezeichnete Urkunde keine Einigung der Parteien über die dort niedergelegten vertraglichen Bedingungen enthält. Vielmehr bringt der von der H. GmbH neben ihrer Unterschrift angebrachte Zusatz, die Unterschrift gelte nur im Zusammenhang mit ihrem Schreiben vom 19. Dezember 1995, zum Ausdruck, dass eine solche Einigung über die schriftlich niedergelegten Vertragsbedingungen gerade nicht erfolgt ist. Diese Urkunde enthält folglich nicht die für die Einhaltung der gesetzlichen Schriftform des Vertrages erforderlichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Vertragspartner. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob - wie das Berufungsgericht meint - auch die Unterzeichnung der Urkunde allein durch M. K. für die "Kinocenter S. GmbH i.Gr. vertreten durch ihre Geschäftsführer M. und H. -H. K.“ auf Mieterseite der Schriftform nicht genügt.
27
bb) Es kann weiter dahingestellt bleiben, ob das an die "K. & K. " gerichtete Schreiben der H. GmbH vom 16. Januar 1996 eine der Schriftform genügende Einigung zwischen ihr und der Kinocenter S. GmbH i.Gr. über die Baubeschreibung und auch über die in der Vertragsurkunde vom 30. November /19. Dezember 1995 niedergelegten vertraglichen Vereinbarungen enthält. Denn die Wahrung der Schriftform des Mietvertrages scheitert jedenfalls daran, dass die undatierte Zusatzvereinbarung, in der die Vertragsparteien den Mieterwechsel und Übergabetermin geregelt haben, nur auf die Vertragsurkunde vom 30. November/19. Dezember 1996 (gemeint ist offensichtlich: 1995) verweist , aus der sich - wie oben ausgeführt - keine Einigung der Parteien über die dort niedergelegten Vertragsbedingungen ergibt, nicht aber auf das Schreiben vom 16. Januar 1996. Damit fehlt es an der für die Wahrung der Schriftform erforderlichen lückenlosen Bezugnahme auf alle Schriftstücke, aus denen sich die wesentlichen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergeben.
28
3. Entgegen der Ansicht der Revision ist es der Beklagten auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Mangel der Schriftform zu berufen. Jede Partei darf sich grundsätzlich - auch nach jahrelanger Durchführung des Mietvertrages - darauf berufen, dass die für den langfristigen Mietvertrag vorgesehene Form nicht eingehalten ist. Aus dem Umstand , dass die Parteien ihren Pflichten aus dem Mietvertrag über einen längeren Zeitraum bis zu der ordentlichen Kündigung durch eine Partei nachgekommen sind, lässt sich nicht herleiten, sie hätten darauf vertrauen können, der Vertragspartner werde nicht von der besonderen Kündigungsmöglichkeit Gebrauch machen, die das Gesetz vorsieht, wenn die Schriftform nicht eingehalten ist (Senatsurteile vom 5. November 2003 - XII ZR 134/02 - NJW 2004, 1103, 1104 und vom 12. Juli 2006 - XII ZR 178/03 - NJW-RR 2006, 1385,1386). Nur ausnahmsweise, wenn die Unwirksamkeit der vereinbarten langfristigen Vertragsdauer zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde, kann es gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sein, sich auf den Formmangel zu berufen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat (Senatsurteile vom 6. April 2005 - XII ZR 132/03 - NJW 2005, 2225, 2227 und vom 5. November 2003 - XII ZR 134/02 - NJW 2004, 1103, 1104).
29
Für einen solchen Ausnahmefall liegen hier keine Anhaltspunkte vor. Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 26.05.2005 - 17 O 401/04 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 12.04.2006 - 3 U 124/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 68/10 Verkündet am:
22. Januar 2014
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine sogenannte mietvertragliche Schriftformheilungsklausel hindert den
Grundstückserwerber für sich genommen nicht, einen Mietvertrag, in den er
nach § 566 Abs. 1 BGB eingetreten ist, unter Berufung auf einen Schriftformmangel
zu kündigen, ohne zuvor von dem Mieter eine Heilung des Mangels
verlangt zu haben.
BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - XII ZR 68/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Januar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin
Weber-Monecke und die Richter Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 30. April 2010 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Räumung und Herausgabe von Mieträumen in Anspruch.
2
Die Beklagte schloss am 20. September 2005 mit dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: Insolvenzverwalter ) einen schriftlichen Mietvertrag über eine Ladenfläche, um dort eine Apotheke zu betreiben. Vereinbart war eine feste Mietzeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2015.
3
In § 24 Nr. 6 des Mietvertrages heißt es: "Alle Vereinbarungen, die zwischen den Parteien getroffen worden sind, sind in diesem Vertrag enthalten. Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Den Mietvertragsparteien sind die besonderen gesetzlichen Schriftformerfordernisse der §§ 550, 126 BGB bekannt. Sie verpflichten sich hiermit gegenseitig, auf jederzeitiges Verlangen einer Partei alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun, und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen. Dies gilt nicht nur für den Abschluss des Ursprungsvertrages /Hauptvertrages, sondern auch für Nachtrags-, Änderungsund Ergänzungsverträge."
4
In der Folgezeit führten der Insolvenzverwalter und der Beklagte Verhandlungen über etwaige Vertragsergänzungen und Zusatzvereinbarungen. Unter anderem begehrte der Beklagte mit Schreiben vom 10. November 2005 eine Vertragsmodifizierung, durch die ihm ein zusätzliches Kündigungsrecht zum 31. Dezember 2008 eingeräumt werden sollte. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 bestätigte der Insolvenzverwalter dem Beklagten schließlich die getroffenen Absprachen. Unter anderem wurde eine Vereinbarung bestätigt, dass die in § 2 Abs. 1 des schriftlichen Mietvertrages genannte Mietzeit neu für die Zeit vom 1. März 2006 bis zum 28. Februar 2012 fest vereinbart werde, wobei der Beklagte berechtigt sei, das Mietverhältnis dreimal um jeweils fünf Jahre zu verlängern, und dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin sich bereit erklärt habe, bauliche Veränderungen auf ihre Kosten durchzuführen.
5
Die Klägerin wurde am 31. Januar 2008 als neue Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 8. April 2008 erklärte sie gegenüber dem Beklagten unter Hinweis auf die nicht eingehaltene Schriftform des Mietvertrages die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum 31. Dezember 2008.
6
Das Landgericht hat die auf Räumung und Herausgabe gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision ist nicht begründet.

I.

8
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt : Die Klägerin sei zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrages unter Wahrung der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 580 a Abs. 2 BGB berechtigt, weil der Mietvertrag wegen Nichteinhaltung der nach §§ 550 Satz 1, 578 Abs. 2 BGB vorgeschriebenen Schriftform als für unbestimmte Zeit abgeschlossen gelte. Da die Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beklagte unstreitig gegenüber dem Inhalt des schriftlichen Mietvertrages vom 20. September 2005 nachträglich Änderungen über die Dauer des Mietverhältnisses mündlich vereinbart hätten, sei die gesetzliche Schriftform des Vertrages nicht gewahrt.
9
Die Klägerin könne sich ohne Verstoß gegen Treu und Glauben auf die fehlende Einhaltung der Schriftform berufen. Zwar habe die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit dem Beklagten in § 24 Nr. 6 des Mietvertrags vereinbart, bei fehlender Schriftform alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzuge- ben, um der gesetzlichen Schriftform zu genügen und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen. Nach überwiegender Auffassung seien derartige Klauseln wirksam und die Berufung des Kündigenden auf die fehlende Schriftform des Vertrags als treuwidrig anzusehen. Im vorliegenden Fall sei die Kündigung unter Berufung auf die fehlende Schriftform allerdings nicht von der ursprünglichen Vertragspartei , sondern von der Erwerberin des Grundstücks ausgesprochen worden. Der Einwand der Treuwidrigkeit wirke grundsätzlich nur zwischen den Vertragsparteien , im Regelfall dagegen nicht gegenüber einem Grundstückserwerber , der gemäß § 566 BGB in den Mietvertrag eintrete. Der Erwerber könne sich deshalb grundsätzlich auch dann auf den Formmangel berufen, wenn dies dem ursprünglichen Vermieter nach § 242 BGB verwehrt wäre.
10
Dieser Grundsatz greife auch in dem Fall ein, dass die ursprünglichen Vertragsparteien eine Schriftformheilungsklausel vereinbart hätten. Die Klausel sei auf den Grundstückserwerber nur insoweit übergegangen, als sie formwidrige Vertragsänderungen betreffe, die mit diesem vereinbart worden seien. Zur Heilung von Formverstößen aus der Zeit vor dem Eigentumsübergang könne der Erwerber, jedenfalls soweit ihm diese nicht bekannt gewesen seien, nicht verpflichtet werden. Andernfalls würde der Schutzzweck des § 550 BGB, der zwingendes Recht darstelle, verfehlt. Bei einem anderen Verständnis könnte der durch § 550 BGB geschützte Grundstückserwerber nämlich nicht absehen, zu welchen Bedingungen sein Rechtsvorgänger einen Mietvertrag abgeschlossen habe. Wäre der Erwerber gleichwohl verpflichtet, nach Maßgabe der Schriftformheilungsklausel an der Herbeiführung der gesetzlichen Form ihm nicht bekannter Veränderungen des Mietvertrages mitzuwirken, könnte er sich bei Abschluss des Grundstückskaufvertrages keine Klarheit über den wesentlichen Inhalt des Mietvertrages und die ihn daraus treffenden Verpflichtungen verschaffen. Der Grundstückserwerber könne in einem solchen Fall auch nicht auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch gegen den Grundstücksverkäufer verwiesen werden, weil dieser häufig, wie auch hier infolge der Insolvenz der Verkäuferin, nicht durchsetzbar wäre. Daher sei der Grundstückserwerber, jedenfalls wenn er keine Kenntnis von nicht schriftlich fixierten Änderungsvereinbarungen des Mietvertrages habe, nicht verpflichtet, aufgrund einer Schriftformheilungsklausel an der Herbeiführung der Schriftform solcher Änderungsvereinbarungen mitzuwirken.
11
Die Berufung auf den Formmangel seitens der Klägerin sei auch nicht aus einem anderen Grund als treuwidrig anzusehen. Der Vortrag des Beklagten , bei Wirksamkeit der Kündigung sei seine Existenz bedroht, sei weder hinreichend dargetan noch in erheblicher Weise unter Beweis gestellt.

II.

12
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Das Mietverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung der Klägerin vom 8. April 2008 gemäß §§ 542 Abs. 1, 550, 578 Abs. 1, 2, 580 a Abs. 2 BGB zum 31. Dezember 2008 beendet worden.
13
1. Nach § 542 Abs. 1 BGB können durch ordentliche Kündigung zwar nur Mietverhältnisse beendet werden, für die der Zeitpunkt ihrer Beendigung nicht im Vertrag bestimmt ist. Mietverträge, die für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen worden sind, gelten nach § 550 Satz 1 BGB aber für unbestimmte Zeit. Ein solcher Vertrag kann gemäß § 550 Satz 2 BGB nach Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Mietobjekts mit der hierfür in § 580 a Abs. 2 BGB vorgesehenen Frist, nämlich spätestens am dritten Werk- tag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres, gekündigt werden.
14
Die Voraussetzungen des § 550 Abs. 1 BGB sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Mietvertrag ist, wie das Berufungsgericht zu Recht und von der Revision nicht angegriffen angenommen hat, nicht (mehr) in schriftlicher Form geschlossen , nachdem der Insolvenzverwalter und der Beklagte in Abweichung von dem Inhalt des schriftlichen Mietvertrages vom 20. September 2005 unter anderem Änderungen hinsichtlich der Dauer des Mietverhältnisses vereinbart haben, ohne hierüber eine von beiden Vertragsparteien unterzeichnete Urkunde zu errichten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Schriftform nur gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere den Mietgegenstand , die Miete sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses, aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt (Senatsurteile vom 13. November 2013 - XII ZR 142/12 - NJW 2014, 52 Rn. 22; vom 24. Februar 2010 - XII ZR 120/06 - NJW 2010, 1518 Rn. 13; vom 29. April 2009 - XII ZR 142/07 - NJW 2009, 2195 Rn. 22 und BGHZ 176, 301 = NJW 2008, 2178 Rn. 18). Im vorliegenden Fall sind die mündlich vereinbarten Änderungen nur von dem Insolvenzverwalter schriftlich bestätigt worden, ohne dass dieses Bestätigungsschreiben von dem Beklagten unterzeichnet worden ist.
15
2. Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, wenn sie sich darauf beruft, der Mietvertrag sei mangels Wahrung der Schriftform ordentlich kündbar gewesen.
16
a) Grundsätzlich darf sich jede Partei darauf berufen, die für einen Vertrag vorgeschriebene Schriftform sei nicht eingehalten. Nur ausnahmsweise, wenn die vorzeitige Beendigung des Vertrages zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde, kann es gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sein, wenn sie sich darauf beruft, der Mietvertrag sei mangels Wahrung der Schriftform ordentlich kündbar. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat oder wenn bei Formnichtigkeit die Existenz der anderen Vertragspartei bedroht wäre (Senatsurteile vom 25. Juli 2007 - XII ZR 143/05 - NJW 2007, 3202 Rn. 23 und vom 2. November 2005 - XII ZR 233/03 - NJW 2006, 140 Rn. 23 jew. mwN).
17
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist die vorzeitige ordentliche Kündigung nicht deshalb treuwidrig, weil die Klägerin zur Nachholung der Schriftform verpflichtet wäre. Eine solche Pflicht besteht für die Klägerin nicht.
18
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann allerdings eine Mitwirkungspflicht der Vertragsparteien am Zustandekommen eines der Schriftform entsprechenden Mietvertrages bestehen. Das kann etwa der Fall sein, wenn in einem Vorvertrag vereinbart worden ist, ein langfristiges Mietverhältnis zu begründen (Senatsurteil vom 7. März 2007 - XII ZR 40/05 - NJW 2007, 1817 Rn. 15). Möglich ist es etwa auch, dass sich Vertragsparteien im Hinblick auf nachträglich zustande gekommene Vereinbarungen verpflichten, insofern dafür zu sorgen, dass die Schriftform gewahrt und damit die langfristige Bindung an den Mietvertrag sichergestellt wird (Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 132/03 - NJW 2005, 2225, 2227). In derartigen Fällen geht es entweder darum, den Vorgaben des Vorvertrags zu entsprechen und in Anknüpfung an die darin getroffenen Abreden einen formwirksamen Mietvertrag zu vereinbaren oder einem konkret befürchteten Formmangel entgegenzuwirken.
19
bb) Im Unterschied hierzu haben die Vertragsparteien sich in § 24Nr. 6 des Mietvertrages von vornherein verpflichtet, "alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun, und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen". Ob eine derartige Schriftformheilungsklausel durch Individualvertrag rechtswirksam getroffen werden kann oder - falls es sich um einen Formularvertrag handelt - der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB standhält, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Ebenso besteht Streit über die Frage, ob eine solche Klausel - ihre Wirksamkeit unterstellt - nur eine der ursprünglichen Vertragsparteien hindern kann, den Mietvertrag unter Berufung auf einen Schriftformmangel zu kündigen, oder ob ihr auch gegenüber einem Erwerber des Grundstücks Rechtswirkung zukommt.
20
(1) Teilweise wird ohne Weiteres davon ausgegangen, Schriftformheilungsklauseln seien wirksam mit der Folge, dass die auf den Formmangel gestützte Kündigung treuwidrig sei, solange nicht erfolglos versucht worden sei, die andere Partei zu einer Heilung des Mangels zu veranlassen (OLG Naumburg NJW 2012, 3587, 3588; OLG Düsseldorf NZM 2005, 147 f.; OLG Köln OLGR 2005, 697, 698; OLG Hamm NZM 2013, 760, 763 ff.; KG NJW-RR 2007, 805, 806 bezüglich eines Formularvertrages; Lindner-Figura in LindnerFigura /Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 3. Aufl. Kap. 6 Rn. 103; ders. in NZM 2007, 705, 713; Lindner-Figura/Schnieders in 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz S. 436, 438 ff.; Kreikenbohm/Niederstetter NJW 2009, 406 ff.; ScheerHennigs /Quast ZMR 2009, 180, 181 f.; Lammel in Schmidt-Futterer Mietrecht 10. Aufl. § 550 Rn. 66; Disput/Wortberg ZfIR 2009, 57, 59; Sternel Mietrecht Aktuell 4. Aufl. Rn. I 145; Gratz juris AnwZert MietR 26/2008 Anm. 1).
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(2) Teilweise wird eine entsprechende Klausel vor allem im Hinblick auf einen möglichen Erwerbsfall für grundsätzlich unwirksam gehalten (Gerber ZfIR 2008, 632, 633 f.; Leo NZM 2006, 815, 816; Ghassemi-Tabar/Leo AGB im Gewerberaummietrecht II. Teil Rn. 383; Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. A III Rn. 136; Staudinger/ Emmerich BGB [2011] § 550 Rn. 45 ff.; Blank in Blank/Börstinghaus Miete 3. Aufl. § 550 Rn. 89; BeckOK BGB/Hermann [Stand: 1. Februar 2013] § 550 Rn. 17; Robles y Zepf/Piepers ZfIR 2010, 569, 575).
22
(3) Darüber hinaus wird die Auffassung vertreten, eine Heilungsklausel sei jedenfalls gegenüber einem Grundstückserwerber unwirksam (Klinke WuM 2010, 8, 12; Timme/Hülk NJW 2007, 3313, 3316; MünchKommBGB/Bieber 6. Aufl. § 550 Rn. 20).
23
(4) Das Oberlandesgericht Rostock (NJW 2009, 445, 447 f.) hat es im Ergebnis offen gelassen, ob eine Heilungsklausel wirksam ist. Es hält die ordentliche Kündigung eines formunwirksamen Mietvertrages nicht für treuwidrig, weil dem Kündigenden gegebenenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen die andere Vertragspartei aus der Verletzung einer Vertragspflicht zustehe.
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cc) Im vorliegenden Fall ist - nachdem die Klägerin durch den Erwerb des Grundstücks gemäß § 566 Abs. 1 BGB in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten eingetreten ist - allein von Bedeutung, ob einem Erwerber angelastet werden kann, sich treuwidrig zu verhalten, wenn er trotz einer im Mietvertrag enthaltenen Heilungsklausel das Mietverhältnis wegen eines Schriftformmangels kündigt. Das ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall.
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(1) Da die in Rede stehende Heilungsklausel keine Einschränkung dahingehend enthält, dass sie nur im Verhältnis der ursprünglichen Vertragspar- teien Geltung beanspruchen soll, würde sie - im Falle ihrer Wirksamkeit - auch den Grundstückserwerber betreffen. Auch er hätte deshalb der Verpflichtung nachzukommen, zunächst auf die Heilung des Formmangels hinzuwirken und könnte den formunwirksamen Mietvertrag erst kündigen, nachdem entsprechende Bemühungen erfolglos geblieben sind. Damit ergäbe sich indessen die Situation, vor der § 550 BGB den Grundstückserwerber gerade schützen will.
26
(2) § 550 BGB will nach ständiger Rechtsprechung des Senats in erster Linie sicherstellen, dass ein späterer Grundstückerwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, dessen Bedingungen aus dem schriftlichen Mietvertrag ersehen kann. Darüber hinaus dient § 550 BGB dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien sicherzustellen und diese vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen. Hinsichtlich des Schutzes des Erwerbers gibt es zwar zahlreiche Fallgestaltungen , in denen § 550 BGB den Zweck, diesem letzte Klarheit über die Geltung eines langfristigen Mietvertrags zu verschaffen, nicht umfassend gewährleisten kann. Sinn und Zweck der Schriftform ist es nämlich nicht, ihm Gewissheit zu verschaffen, ob der Mietvertrag wirksam zustande gekommen ist und im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs noch besteht oder etwa von den Mietvertragsparteien mündlich aufgehoben wurde. Denn soweit ein Eintritt des Grundstückserwerbers in den Mietvertrag nicht stattfindet, weil dieser nicht oder nicht mehr besteht, bedarf es auch nicht des Schutzes der Schriftform vor einer langjährigen Bindung an unbekannte Bedingungen. Auch im Fall einer im Mietvertrag vorgesehenen Verlängerungsoption kann der Grundstückserwerber der Mietvertragsurkunde nicht entnehmen, ob die Option vor dem Eigentumserwerb ausgeübt wurde, so dass Ungewissheit darüber bestehen kann, ob das Mietverhältnis bald endet oder gegebenenfalls noch jahrelang fortbestehen wird. Dann ist der Erwerber aber durch die aus der Urkunde ersichtliche Option hin- reichend gewarnt, so dass es ihm zuzumuten ist, sich bei dem Verkäufer oder dem Vermieter hierüber zu erkundigen (Senatsurteil BGHZ 176, 301 = NJW 2008, 2178 Rn. 13 ff.).
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(3) Auch wenn der Schutz des § 550 BGB danach nicht umfassend sein kann, soll erreicht werden, dass der Erwerber die Bedingungen, zu denen er in ein Mietverhältnis eintritt, im Grundsatz aus der Mietvertragsurkunde ersehen kann. Er soll davor geschützt werden, sich auf einen Mietvertrag einzulassen, dessen wirtschaftliche Bedingungen sich, etwa infolge einer Mietreduzierung, anders als erwartet und deshalb finanziell einkalkuliert darstellen. Ist das infolge formunwirksamer, z.B. nur mündlicher Abreden gleichwohl der Fall, so hat er die Möglichkeit, sich vorzeitig durch ordentliche Kündigung von dem Mietvertrag zu lösen. Diese Möglichkeit würde ihm genommen, wenn er infolge der Heilungsklausel verpflichtet wäre, den langfristigen Bestand des Mietverhältnisses sicherzustellen. Dass ihm im Fall unterlassener Information über ihm nachteilige formunwirksame Vereinbarungen gegenüber dem Veräußerer Schadensersatzansprüche zustehen mögen, rechtfertigt nicht die Annahme, der Schutzzweck des § 550 BGB trete deshalb zurück. Nach der gesetzlichen Konzeption soll der Erwerber bei einer derartigen Fallgestaltung nämlich nicht allein auf Schadensersatzansprüche verwiesen werden, sondern ihm soll ein ordentliches Kündigungsrecht zustehen, um die aus der Mietvertragsurkunde nicht in allen maßgeblichen Einzelheiten erkennbaren Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis beenden zu können. Da bei einer Geltung der Heilungsklausel auch ihm gegenüber diese Möglichkeit im Falle einer vollzogenen Heilung genommen würde, würde der Schutzzweck des § 550 BGB verfehlt. Die Bestimmung stellt indessen nach allgemeiner Meinung zwingendes Recht dar (vgl. nur BT-Drucks. 14/4553 S. 47; Staudinger/Emmerich BGB [2011] Rn. 45). Mit Rücksicht darauf ist es ungeachtet der Frage, ob es sich bei dem Mietvertrag um eine Individualvereinbarung oder einen Formularvertrag handelt, mit § 550 BGB nicht verein- bar, den Erwerber aufgrund einer Heilungsklausel als verpflichtet anzusehen, von einer ordentlichen Kündigung Abstand zu nehmen. Er verhält sich deshalb nicht nach § 242 BGB treuwidrig, wenn er von der in diesem Fall vorgesehenen gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch macht. Das gilt unabhängig davon, ob dem Erwerber im Einzelfall die Umstände, die vor seinem Eintreten in den Mietvertrag zu der Formunwirksamkeit geführt haben, bekannt waren (a.A. Bub/Treier/ Heile Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. II Rn. 789; Lammel in Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 550 Rn. 65). Denn wenn der Erwerber aufgrund des Schutzzwecks des § 550 BGB durch eine Heilungsklausel nicht gebunden ist, kann auch eine Kenntnis des Formmangels nicht dazu führen, dass er an dessen Heilung mitwirken müsste. Im Hinblick auf diesen Gesichtspunkt kommt eine Treuwidrigkeit der Kündigung deshalb nicht in Betracht.
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dd) Im Einzelfall mag aufgrund der Kenntnis des Erwerbers indessen zu erwägen sein, ob es sich als rechtsmissbräuchlich darstellt, wenn er sich auf den Formmangel beruft. Im vorliegenden Fall scheidet eine hierauf gründende Treuwidrigkeit allerdings aus. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass der Klägerin das Schreiben des Insolvenzverwalters, mit dem die Vertragsänderungen bestätigt worden seien, bekannt gewesen sei, betrifft deshalb keinen entscheidungserheblichen Umstand.
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Die Revisionserwiderung hat darauf hingewiesen, dass der Beklagte in einem dem Landgericht vorgelegten Schreiben vom 26. September 2007 zwar angegeben habe, den Schriftformmangel beheben zu wollen. Allerdings habe er es für notwendig gehalten, insofern erneut in Verhandlungen einzutreten und dabei auch eine Vereinbarung über eine Mietreduzierung zu treffen; er habe eine Herabsetzung der Miete um 3 € pro Quadratmeter vorgeschlagen. Im wei- teren Verlauf hat der Beklagte nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts den Rechtsstandpunkt eingenommen , im Hinblick auf die Vertragsänderungen bestehe ein unbefristetes Mietverhältnis , das allerdings nur von ihm ordentlich gekündigt werden könne. Er hat die Klägerin aufgefordert, dies zu bestätigen, andernfalls werde er eine entsprechende Feststellungsklage erheben.
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Bei dieser Sachlage brauchte die Klägerin nicht davon auszugehen, sie werde im Einvernehmen mit dem Beklagten ohne weitere Zugeständnisse ihrerseits eine Bereinigung der Situation erreichen können. Schon deshalb war sie nach Treu und Glauben nicht gehindert, das Mietverhältnis zu kündigen.
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ee) Soweit die Revision geltend macht, die Klägerin habe des Schutzes des § 550 BGB nicht bedurft, weil die vereinbarten Vertragsänderungen für diese nicht nachteilig gewesen seien, vermag sie damit nicht durchzudringen. Die Revision führt insofern an, die Klägerin habe nach dem Inhalt des Mietvertrags von einer zehnjährigen Vertragsdauer zuzüglich zweimal fünf Jahre Verlängerungsoption für den Mieter ausgehen müssen, eine Verkürzung der festen Vertragsdauer auf sechs Jahre zuzüglich dreimal fünf Jahre Verlängerungsoption, wie sie nachträglich mündlich vereinbart worden sei, stelle demgegenüber keine nachteilige Bedingung dar, weil die maximale Gesamtlaufzeit des Vertrags im Verhältnis zu dem Ursprungsvertrag nur um ein Jahr variiere. Dies rechtfertigt die Annahme nicht, es habe sich nicht um eine der Klägerin nachteilige Veränderung gehandelt. Denn die feste Vertragslaufzeit wurde dadurch um vier Jahre abgekürzt, während eine weitere Verlängerung im Belieben des Beklagten stand.
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3. Die Revision führt weiter an, die Treuwidrigkeit und damit einhergehend die Unwirksamkeit der Kündigung sei auch deshalb zu bejahen, weil bei Formnichtigkeit des Vertrages die Existenz des Beklagten bedroht wäre. Die gegenteilige Feststellung des Berufungsgerichts sei rechtsfehlerhaft. Es habe seiner Beurteilung einen falschen Maßstab zugrunde gelegt. Während es zunächst zutreffend von dem Erfordernis einer Existenzbedrohung ausgegangen sei, habe es die Rechtsmissbräuchlichkeit der Kündigung mit der Begründung verneint, es sei nicht konkret dargelegt, dass die wirtschaftliche Existenz des Beklagten vernichtet wäre, wenn er die Apotheke noch im Jahr 2010 aufgeben müsse.
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Auch diese Rüge hat keinen Erfolg. Wie die Revision nicht verkennt, hat das Berufungsgericht seinen Ausführungen einen zutreffenden Maßstab vorangestellt. Soweit es im Rahmen der weiteren Begründung das Wort "Existenzvernichtung" gebraucht hat, hat es sich den Vortrag des Beklagen zu eigen gemacht und ausgeführt, dass Entsprechendes nicht konkret dargelegt worden sei.
34
Entgegen der Auffassung der Revision brauchte das Berufungsgericht auch kein Sachverständigengutachten zu der Behauptung des Beklagten einzuholen , er habe rund 400.000 € für Ein- und Umbauten investiert, im Fall der Wirksamkeit der Kündigung verblieben ihm hohe Schulden, da er die aus Maßanfertigungen bestehende Einrichtung nicht anderweitig verwerten könne. Es lag im revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Ermessen, im Hinblick auf die seit dem Mietbeginn verstrichene Nutzung jedenfalls von einer teilweisen Amortisation auszugehen, zumal die steuerlichen Abschreibungsfristen schon in einem nicht unerheblichen Umfang verstrichen waren. Auf eine genaue Höhe dieser Amortisation kam es schon deshalb nicht an, weil der Beklagte , der unstreitig eine weitere Apotheke betreibt, nach den von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts keine Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gemacht hat.
Dose Weber-Monecke Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.10.2008 - 307 O 116/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 30.04.2010 - 4 U 178/08 -

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 134/02 Verkündet am:
5. November 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist ein Mietvertrag nicht in der für langfristige Mietverträge vorgeschriebenen Schriftform
(§ 550 BGB = § 566 a.F. BGB) abgeschlossen worden, so ist eine darauf gestützte
vorzeitige Kündigung nicht deshalb treuwidrig, weil der Mietvertrag zuvor jahrelang
anstandslos durchgeführt worden ist.
BGH, Urteil vom 5. November 2003 - XII ZR 134/02 - OLG Rostock
LG Rostock
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
Gerber, Fuchs, Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 27. Mai 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger machen rückständige und künftige Mietzinsansprüche geltend. Sie sind Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie erwarben von der beklagten Stadt ein Wohn- und Geschäftshaus, das sich in einem abrißreifen Zustand befand. Mit einem Aufwand von ca. 900.000 DM bauten sie dieses Haus unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten um. Mit schriftlichem Mietvertrag vom 19. November 1996 vermieteten sie einen in dem Erdgeschoß des Gebäudes gelegenen Empfangsraum und einen im Obergeschoß gelegenen, von dem Empfangsraum aus durch eine interne Treppe zu erreichenden Büroraum auf zehn Jahre fest an die "Kurverwaltung B. ". Dabei handelt es sich um eine Einrichtung der beklagten Stadt ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Im Kopf des Mietvertrages sind die beiden Kläger aufgeführt, verbunden mit einem "&", ohne einen ausdrücklichen Zusatz,
daß sie in einer GbR verbunden sind. Die monatliche Miete sollte 967,50 DM (zuzüglich Nebenkosten) betragen. Unterschrieben ist der Mietvertrag auf Vermieterseite allein von dem Kläger zu 1 ohne Vertreterzusatz, auf Mieterseite von der damaligen Kurdirektorin H.. Die monatliche Miete wurde ab November 1996 regelmäßig bezahlt, zunächst von der Stadtverwaltung B. , ab Januar 1999 von dem Amt B. . Am 3. Dezember 1998 beschloß die Stadtvertretung B. die Auflösung des Eigenbetriebes "Kurverwaltung" zum 31. Dezember 1998. Seit dem 1. Januar 1999 werden die gemieteten Räume nicht mehr genutzt. Mit Schreiben vom 9. November 1999 kündigte das Amt B. , vertreten durch den Amtsvorsteher, für die Stadt B. den Mietvertrag. In dem Kündigungsschreiben heißt es, der Mietvertrag sei nicht wirksam zustande gekommen, weil die Kurdirektorin H. keine Vertretungsmacht für die Stadt B. ehabt habe und weil er auf Vermieterseite nur von dem Kläger zu 1 unterschrieben worden sei. Ab November 1999 zahlte die Beklagte keine Miete mehr. Die Kläger halten den Vertrag für wirksam und die ausgesprochene Kündigung für unwirksam. Sie haben - zum Teil auf zukünftige Leistung - Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an sie die vereinbarte Miete (zuzüglich Zinsen für die Mietrückstände) für die Zeit von November 1999 bis zum Jahre 2007 zu zahlen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten hin die erstinstanzliche Entscheidung teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im übrigen die Klage abge-
wiesen, soweit die Kläger für die Zeit ab 1. Juli 2000 Miete geltend machen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Kläger, mit der sie ihren ursprünglichen Klageantrag, soweit ihm nicht stattgegeben worden ist, weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Kläger ist aufgrund der Zulassung durch das Berufungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. 1. Das Berufungsgericht führt aus, der Mietvertrag sei wirksam zustande gekommen. Mieterin sei von vornherein die Stadt B. geworden, nicht die Kurverwaltung dieser Stadt, weil die Kurverwaltung lediglich eine Einrichtung der Stadt ohne eigene Rechtspersönlichkeit sei. Zwar sei die Kurdirektorin H. nicht berechtigt gewesen, die Stadt zu vertreten, ihr Handeln als Vertreterin ohne Vertretungsmacht sei aber von den Organen der Stadt später stillschweigend genehmigt worden. Daß die Beklagte den Kurbetrieb zum 31. Dezember 1998 aufgegeben habe, berechtige sie nicht, den Mietvertrag vorzeitig zu beenden , weil sie das Verwendungsrisiko für die angemieteten Räume trage. Die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung habe das Mietverhältnis aber zum 30. Juni 2000 beendet. Obwohl der Mietvertrag auf zehn Jahre fest abgeschlossen gewesen sei, sei die Beklagte berechtigt gewesen, ihn vorzeitig ordentlich zu kündigen, weil die Vertragsurkunde nicht dem Schriftformerfordernis des hier anwendbaren § 566 BGB a.F. genüge.
Gegen diese Ausführungen des Berufungsgerichts wendet sich die Revision jedenfalls im Ergebnis ohne Erfolg. 2. In der Revisionsinstanz geht der Streit der Parteien nur noch darum, ob die Kläger für die Zeit ab 1. Juli 2000 Miete verlangen können. Um diese Frage zu beantworten, kann offen bleiben, ob ein Mietvertrag wirksam zustande gekommen ist oder ob sein Zustandekommen daran gescheitert ist, daß eine Seite beim Abschluß des Mietvertrages nicht wirksam vertreten war. Ist kein Mietvertrag zustande gekommen, so steht den Klägern kein Anspruch auf die Zahlung von Miete zu und für die Zeit ab 1. Juli 2000 auch kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung, weil die Beklagte die Räume zu diesem Zeitpunkt unstreitig nicht mehr genutzt hat. Ist ein Mietvertrag wirksam zustande gekommen, so ändert sich im Ergebnis nichts, weil die Beklagte diesen Mietvertrag dann, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, zum 30. Juni 2000 wirksam gekündigt hat. 3. Zwar enthält der schriftliche Mietvertrag die Vereinbarung, das Mietverhältnis werde auf die Dauer von zehn Jahren fest abgeschlossen. Wäre diese Vereinbarung wirksam, so wäre eine ordentliche Kündigung vor Ablauf von zehn Jahren ausgeschlossen. Die Vereinbarung einer langfristigen Laufzeit des Mietvertrages ist aber unwirksam, weil bei Abschluß des Mietvertrages die Schriftform nicht eingehalten worden ist (§ 566 BGB a.F. = § 550 BGB n.F.). Es kann offen bleiben, ob die Einhaltung der Schriftform schon daran scheitert, daß in der Vertragsurkunde als Mieterin statt der Stadt B. eine nicht rechtsfähige Einrichtung dieser Stadt aufgeführt ist und daß für die Stadt die Kurdirektorin dieser Einrichtung unterschrieben hat, ohne einen Zusatz, daß sie als Vertreterin für die Stadt auftritt. Die Schriftform ist jedenfalls deshalb nicht eingehalten , weil auf Vermieterseite nur der Kläger zu 1 ohne einen Vertreterzusatz unterschrieben hat.
Für die Einhaltung der Schriftform ist es erforderlich, daß alle Vertragsparteien die Vertragsurkunde unterzeichnen. Unterzeichnet für eine Vertragspartei ein Vertreter den Mietvertrag, muß dies in der Urkunde durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen (BGHZ 125, 175, 178 f.; Senatsurteile vom 11. September 2002 - XII ZR 187/00 - NJW 2002, 3389, 3990 f. m.w.N. und Anm. Eckert, EWiR 2002, 951; vom 16. Juli 2003 - XII ZR 65/02 - NJW 2003, 3053, 3054). Da in der Vertragsurkunde als Vermieter beide Kläger aufgeführt sind, genügt die Unterschrift des Klägers zu 1 nicht. Das gilt unabhängig davon, ob die Kläger den Mietvertrag als GbR abgeschlossen haben oder als zwei Vermieter ohne gesellschaftsrechtliche Verbindung. Die Kläger hätten entweder beide unterschreiben müssen oder der Kläger zu 1 hätte seiner Unterschrift einen Zusatz beifügen müssen, der ihn zugleich als Vertreter für den Kläger zu 2 gekennzeichnet hätte (vgl. im einzelnen Senatsurteil vom 16. Juli 2003 aaO). Die Revision vertritt die Ansicht, auch ohne einen solchen Vertreterzusatz sei der Urkunde mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, daß der Kläger zu 1 als allein Vertretungsberechtigter für die GbR unterschrieben habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Unterschreibt für eine GbR oder sonst für eine Personenmehrheit nur ein Mitglied ohne einen Vertreterzusatz, so ist jedenfalls nicht auszuschließen, daß vorgesehen war, auch das andere Mitglied oder die anderen Mitglieder sollten die Urkunde unterschreiben und daß deren Unterschrift noch fehlt (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. Senatsurteil vom 16. Juli 2003 aaO m.w.N.). Da die Schriftform nicht eingehalten worden ist, konnte die Beklagte das Mietverhältnis, sollte es wirksam zustande gekommen sein, nach Ablauf eines Jahres unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (hier: § 565 Abs. 1 a
BGB a.F.) ordentlich kündigen. Die von der Beklagten im November 1999 erklärte Kündigung hat es dann zum 30. Juni 2000 beendet. 4. Entgegen der Annahme der Revision verstößt die Beklagte nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, wenn sie sich darauf beruft, der Mietvertrag sei (jedenfalls) mangels Einhaltung der Schriftform ordentlich kündbar gewesen. Jede Partei darf sich grundsätzlich darauf berufen, die für einen Vertrag vorgeschriebene Schriftform sei nicht eingehalten. Es ist der Revision zwar einzuräumen, daß der Bundesgerichtshof eine Ausnahme von diesem Grundsatz zuläßt und es für treuwidrig hält, wenn eine Vertragspartei sich auf die Formnichtigkeit eines Vertrages beruft, nachdem sie zuvor über einen längeren Zeitraum besondere Vorteile aus dem nichtigen Vertrag gezogen hat (BGHZ 121, 224, 233 f.; BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - KZR 19/02 - BB 2003, 2254, 2255 m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier aber schon deshalb nicht vor, weil der Mangel der Form im vorliegenden Fall nicht zur Nichtigkeit des Vertrages geführt, sondern nur die Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung eröffnet hat. Bis zu einer Kündigung waren beide Parteien verpflichtet, den Vertrag zu erfüllen. Aus dem Umstand, daß sie dieser Verpflichtung über einen längeren Zeitraum nachgekommen sind, läßt sich nicht herleiten, sie hätten darauf vertrauen können, der Vertragspartner werde nicht von der besonderen Kündigungsmöglichkeit Gebrauch machen, die das Gesetz vorsieht, wenn die Schriftform nicht
eingehalten ist. Daß im vorliegenden Fall die Kläger das vermietete Grundstück zuvor von der Beklagten - der Mieterin - erworben und aufwendig saniert hatten, ist kein hinreichender Grund, von diesem Grundsatz abzuweichen.
Hahne Gerber Fuchs Ahlt Vézina

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.