Arbeitsgericht Hamburg Teilurteil, 23. März 2016 - 13 Ca 205/15

bei uns veröffentlicht am23.03.2016

Tenor

Die Klage wird hinsichtlich der Klaganträge zu 1) und 2) abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 12.075,12 festgesetzt.

Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

1

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zur L1 Hamburg GmbH (nachfolgend: L1 / Beklagte zu 1)) zu den Bedingungen des Arbeitsverhältnisses, das bis zum 26.5.2015 zwischen der Klägerin und der L2 GmbH mit Sitz in N. (nachfolgend: L2) bestanden hat.

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Die Klägerin, die seit dem 9.10.1994 bei der L. AG beschäftigt gewesen ist - Arbeitsvertrag vom 11.10.1084 (Bl. 15 d.A.) -, ist zuletzt als Sachbearbeiterin für das Fachgebiet Eingangsrechnungsprüfung bei der L2 mit einer zuletzt erzielten Vergütung in Höhe von € 3.018,78 brutto monatlich tätig gewesen.

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Die L2 war ein Dienstleistungsunternehmen auf die Aufbereitung und Berichterstattung aller Erlös- und Leistungsdaten der L. AG und auch Verfahren und Prozesse zur systematischen Analyse von Daten in elektronischer Form im Bereich der Abrechnungen im Luftverkehr spezialisiert. Hierzu bot sie Produkte und Lösungen im Bereich Revenue Accounting an und vermarktete diese. Hauptauftraggeberin der L2 war deren Muttergesellschaft, die L. AG.

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Die L1 / Beklagte zu 1) ist eine Tochtergesellschaft der L1 GmbH und Teil des L.-Konzerns.

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Die L. AG beschloss zur Restrukturierung und Kostensenkung das konzernweite Programm „S.“. Teil dieses Restrukturierungsprogramms ist auch das Projekt G. Die L2, die im Rahmen der ihr erteilten Aufträge administrative Dienstleistungen in erster Linie für konzernangehörige Gesellschaften, zum Teil aber auch für konzernfremde Gesellschaften erbrachte, wurde im Rahmen dieses Projekts begutachtet. Das Ergebnis war der Beschluss der Muttergesellschaft, Hauptauftraggeberin der L2, die bislang durch die L2 durchgeführten Aufträge künftig an Dritte, zum Teil konzernangehörige Gesellschaften im Ausland, zum Teil an konzernfremde Gesellschaften im Ausland und zum Teil an eine konzernangehörige Gesellschaft im Innenland zu vergeben. Vor diesem Hintergrund beschloss die Gesellschafterversammlung der L2 die Gesellschaft aufzuspalten und die L2 in die „L2 neu“ und die „L1 Hamburg“ aufzuteilen. Die Spaltung des Betriebes erfolgte zum 1.1.2015 mit der Maßgabe, dass eine Zuweisung der Aufgaben danach vorgenommen wurde, welche Aufgaben in Deutschland verbleiben oder ins Ausland migriert werden. Auf die neue Einheit in Hamburg, die L1 / Beklagte zu 1), sollten die Arbeiten/Prozesse und die diesen dienenden Betriebsmittel übertragen werden, die weiterhin in Deutschland verbleiben (so genannte Onshore-Tätigkeiten), während auf die Einheit L3 in N. die Prozesse und die diesen dienenden Betriebsmittel übertragen werden sollten, welche ins Ausland vergeben werden sollten und damit wegfallen würden. Die Zuordnung der Mitarbeiter/innen (im Folgenden: Mitarbeiter) der L2 sollte analog zu den von diesen zuletzt ausgeführten Prozessen und Tätigkeiten erfolgen. Im Hinblick auf die von der Geschäftsführung der L2 beschlossenen Spaltung ihres Betriebes in N. schlossen die dortigen Betriebsparteien zunächst am 8.10.2013 einen Interessenausgleich mit fest angefügter Namensliste. Danach wurde eine Aufgabenzuordnung zunächst dergestalt vorgenommen, welche Aufgaben nur noch vorübergehend in Deutschland verbleiben und sodann entweder nach K. (sogenannte Nearshore-Tätigkeiten) oder an Dritte (sogenannte Offshore-Tätigkeiten) vergeben werden und damit mittelfristig wegfallen. Solche Tätigkeiten, die in Deutschland verbleiben sollten (sogenannte Offshore-Tätigkeiten) sollten von einer neu gegründeten Einheit, der L1 / Beklagten, ausgeführt werden. Die Tätigkeiten sind auf der dem Interessenausgleich beigefügten Anlage B1 (Bl. 93 - 96 d.A.) aufgeführt.

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Nach Abschluss des Interessenausgleichs ergab sich die Möglichkeit, einen Teil der betroffenen Mitarbeiter, nämlich konkret die Mitarbeiter der eigenen IT mitsamt den ihnen zugeordneten Aufgaben, gleichgültig, ob es sich um Mitarbeiter handelte, die ursprünglich für die L3 Neu oder die L1 / Beklagte zu 1) vorgesehen waren, eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der L4 AG in Hamburg zu offerieren. Daraufhin wurde unter dem Datum des 6.3.2014 ein neuer, weitgehend inhaltsgleicher Interessenausgleich mit fest angefügter Namensliste abgeschlossen, der nunmehr auch vorsah, dass die ehemaligen IT-Mitarbeiter auf die L4 AG übergehen konnten. Der Interessenausgleich vom 6.3.2014 (Anlage K3 / Bl. 18 - 23 d.A.) hat - soweit hier von Interesse - folgende Regelungen:

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B. Gegenstand der Betriebsänderung

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(1) Im Zuge der Aufspaltung des Unternehmens L2 wird auch der Betrieb N. gespalten und die dort beschäftigten Mitarbeiter auf die „L2 neu“ und „L1 Hamburg“ aufgeteilt. Die Spaltung des Betriebes wird mit Wirkung zum 01.01.2015 durchgeführt.

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(2) Die „L1 Hamburg“ wird ihren Betrieb in Hamburg, voraussichtlich auf der L. Basis Hamburg, aufnehmen und dort die sich aus der Anlage 1 ergebenden Bereiche bis zum 31.12.2018 fortführen.

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(3) Die „L2 neu“ wird am Standort N. ihren Betrieb aufnehmen. Dieser Betrieb wird bis zum 31.12.2019 aufrechterhalten. Zum 31.12.2019 wird der Betrieb vollständig geschlossen, es sei denn, es befinden sich zu einem früheren Zeitpunkt keine Mitarbeiter mehr in einem Beschäftigungsverhältnis mit der „L2 neu“.

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C. Durchführung

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(1) Beginnend spätestens mit dem 01.01.2014 werden bis längstens 31.12.2014 die bisher von der L2 durchgeführten Arbeiten entsprechend dem Shoring-Konzept verlagert. Ein zwischen den Betriebsparteien abgestimmter Zeitplan ist als Anlage 2 beigefügt. …

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(2) …

15

(3) Mit rechtlicher Wirkung zum 01.01.2015 wird in Folge eines Spaltungsvertrages und eines Spaltungsplanes die L2 GmbH aufgespalten. Die Spaltung der L2 GmbH wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2014 beschlossen und 2015 eingetragen, und damit ggfs. rückwirkend zum 01.01.2015 wirksam. In Zusammenhang mit dieser Unternehmensaufspaltung wird auch der bisherige einheitliche Betrieb der L2 GmbH in N. gespalten. Die Spaltung des Betriebes wird mit Wirkung zum 01.01.2015 ggf. im Vorgriff auf die gesellschaftsrechtliche Spaltung, die erst mit Eintragung ins Handelsregister formell wirksam ist, durchgeführt. Die Mitarbeiter werden analog der von ihnen bisher ausgeführten Aufgaben auf die beiden Gesellschaften, die „L2 neu“ einerseits und die „L1 Hamburg“ andererseits aufgeteilt und zugeordnet. Soweit die Gesellschaften zum Zeitpunkt der Betriebsspaltung noch nicht Rechtsnachfolger geworden sind, werden zwei selbstständige betriebliche Einheiten gebildet, die sodann mit Wirksamwerden der Aufspaltung auf die beiden Gesellschaften übertragen werden.

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(4) Diesem Interessenausgleich ist als Anlage 3 eine Mitarbeiterliste gemäß § 323 Abs. 2 UmwG beigefügt, die die Namen der Mitarbeiter enthält, die auf die „L1 Hamburg“ übergehen. Die Aufgaben dieser Mitarbeiter werden entsprechend dem Shoring-Konzept auf die „L1 Hamburg“ übertragen. Die betroffenen Mitarbeiter sind im Rahmen dieses Interessenausgleichs wie auch im Spaltungsvertrag daher der „L1 Hamburg“ zugeordnet worden und gehen auf diese über.

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(5) Diesem Interessenausgleich ist als Anlage 4 eine Mitarbeiterliste gemäß § 323 Abs. 2 UmwG beigefügt, die die Namen der Mitarbeiter enthält, die auf die „L2 neu“ übergehen. Die Aufgaben dieser Mitarbeiter werden entsprechend dem Shoring-Konzept fremd vergeben und entfallen damit oder werden im weiteren Zeitverlauf nicht mehr benötigt und entfallen deshalb. Die betroffenen Mitarbeiter sind im Rahmen dieses Interessenausgleichs, wie auch im Spaltungsvertrag daher der „L2 neu“ zugeordnet worden und gehen auf diese über.

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(6) …

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(7) …

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(8) Der Betrieb der „L2 neu“ wird am Standort N. bis 31.12.2019 verbleiben und die Arbeitsverhältnisse der auf der Anlage 4 verzeichneten Mitarbeiter gemäß §§ 126 ff., 324 UmwG fortsetzen, es sei denn, es befinden sich zu einem früheren Zeitpunkt keine Mitarbeiter mehr in einem Beschäftigungsverhältnis mit der „L2 neu“, Betrieb N..

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Neben der punktuellen Abarbeitung einzelner Aufgaben werden die betreffenden Mitarbeiter im Rahmen eines Weiterbildungs- und Schulungskonzeptes für den internen, wie externen Arbeitsmarkt weitergebildet. …

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(9) Der Arbeitgeber plant, allen Mitarbeitern der „L2 neu“ die bis 31.12.2018 keinen Altersteilzeitvertrag abgeschlossen haben, kein neues Arbeitsverhältnis im Rahmen des Clearingverfahrens eingegangen sind und auch keinen Aufhebungsvertrag abgeschlossen haben, unter Beachtung der tariflichen Bestimmungen die ordentliche oder außerordentliche Kündigung ihres Anstellungsverhältnisses aus betrieblichen Gründen mit Wirkung zum 31.12.2019 auszusprechen. …“

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Hinsichtlich der Namenslisten wird auf die Anlagen B2 (Bl. 97 - 99 d.A.) und B3 (Bl. 100 - 105 d.A.) Bezug genommen. Insoweit blieb es bei der Zuordnung der Klägerin. Unter dem Datum des 18.7.2014 wurde eine „Ergänzende Vereinbarung zum Interessenausgleich vom 6.3.2014“ abgeschlossen (Bl. 106/107 d.A.), die eine aktualisierte Namensliste enthielt (Bl. 108 - 117 d.A.).

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Im Hinblick auf die beabsichtigte Aufspaltung des Vermögens der L2 wurden die L1 / Beklagte zu 1), die L3 gegründet und am 19.11.2014 sowie 17.11.2014 in das zuständige Handelsregister eingetragen. Ferner wurde die L5 G. B. mbH (nachfolgend: L5 GB) gegründet.

25

Die Klägerin wurde mit Schreiben vom 21.10.2013 (Bl. 24 d.A.) dahingehend unterrichtet, dass sie der „L2 Neu“ zugeordnet worden sei. Das Schreiben hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

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„Wie bereits informiert, haben Geschäftsleitung und Betriebsrat der L2 GmbH im Hinblick auf die durch das G.-Projekt anstehende Betriebsänderung eine Einigung erzielt. Wesentlicher Kern der Betriebsänderung ist die zum 01.01.2015 geplante Aufspaltung der heutigen L2 GmbH in zwei neue Gesellschaften. Unter dem Arbeitstitel „L2 Neu“ und „L1 HAM“ hat die Geschäftsleitung eine Aufteilung aller aktuell in der L2 GmbH befindlichen Beschäftigten in die beiden neuen Gesellschaften vorgenommen. Dieses erfolgte auf Basis des von G. vorgegebenen Prozesssplitz.

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In die „L2 Neu“ werden diejenigen Beschäftigten gehen, deren Tätigkeiten auf Basis der Ergebnisse des G.-Projektes in 2014 ins Ausland verlagert werden. Die Beschäftigten, deren Prozesse im Rahmen von G. für einen deutschen Standort vorgesehen sind, gehen in die „L1 HAM“. Die Aufteilung der Beschäftigten ist auch Gegenstand des Interessenausgleichs.“

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Mit Schreiben vom 16.04.2015 (Bl. 25 - 42 d. A.) wurde die Klägerin „über den gesetzlichen Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der L2 auf die L3 unterrichtet.

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Die Spaltung der L2 wurde mit Wirkung zum 27.5.2015 in die Handelsregister der zuständigen Amtsgerichte eingetragen und am 28.05.2015 bekannt gegeben.

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Die L2 wurde aufgespalten und ist untergegangen. Bei der entsprechenden Aufspaltung wurde das Vermögen auf die

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a) L3 N. GmbH (L3),
b) L1 Hamburg GmbH (L1 / Beklagte),
c) Die L5 G. B. mbH (L5 GB)

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aufgeteilt.

33

Während die L1 / Beklagte zu 1) die Aufgaben der ehemaligen L2 ausführt, die nicht ins Ausland verlagert wurden bzw. werden, hat die L3 den Geschäftszweck, Arbeitskräfte innerhalb und außerhalb des L.-Konzerns zu qualifizieren und zu vermitteln.

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Von den etwa 300 Mitarbeitern der L2 gingen ca. 120 Mitarbeiter in die betriebliche Einheit L1 / Beklagte und wurden folglich mit Wirksamwerden der Eintragung der Umwandlung Arbeitnehmer der L1 / Beklagten. Die anderen Mitarbeiter der L2 gingen infolge der Spaltung des Betriebes zunächst in die betriebliche Einheit L2 Neu und wurden später mit Eintragung der Umwandlung von der L3 als deren Mitarbeiter geführt.

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Die Klägerin war der Gruppe D. zugeordnet. Innerhalb der Gruppe arbeitete sie an dem Prozess I. und war schwerpunktmäßig mit der Bewertung von Flugdokumenten im Rahmen der Verrechnung mit anderen Fluggesellschaften befasst. Die Klägerin hat keine Steuerungs- und Qualitätssicherungstätigkeiten ausgeübt. Aus dem früheren Gruppe D. (insgesamt 46 Mitarbeiter) wurden 7 Mitarbeiter der L1 / Beklagten zu 1) zugeordnet, 40 Mitarbeiter wurden der L3 zugeordnet. Die ganz überwiegenden Tätigkeiten aus dem früheren Bereich D. wurden ins Ausland migriert und in Deutschland eingestellt. Die Tätigkeiten, die die L1 / Beklagte zu 1) weiterführt, umfassen lediglich Qualitätssicherungstätigkeiten. Aus dem Prozess I. sind von insgesamt 83 Mitarbeitern 65 zur L3 und 18 zur L1 / Beklagten zugeordnet worden. Die Tätigkeiten, die die Klägerin bei der L2 ausgeübt hat, sind komplett ins Ausland verlagert worden. Sie wurden nicht von Mitarbeitern der L1 / Beklagten zu 1) übernommen.

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Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Betrieb der L2 gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte zu 1) / L1 übergegangen sei. Das Geschäft der L2 wäre dem Dienstleistungsbereich zuzuordnen, die L2 wäre mithin als so genannter Betriebsmittelarmer Betrieb einzustufen. Die L2 würde rechtsfehlerhaft von Betriebsübergängen zum einen auf die Beklagte zu 2) / L3 und zum anderen auf die Beklagte zu 1 / L1 ausgehen, da hier - bezogen auf die Beklagten zu 1) und 2) - keine Teilbetriebe vorliegen würden, die jeweils nach § 613 a BGB hätten übertragen werden können. Soweit die L2 angenommen habe, dass die jeweils übergehenden Einheiten für sich genommen abgrenzungsfähige Teileinheiten im Sinne des § 613 a BGB wären, würde dies nicht den Tatsachen entsprechen. Augenscheinlich würde die L2 davon ausgehen, dass die Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich Teilbetrieben im Sinne des § 613 a BGB entsprechen würde. Diese Zuordnung wäre ausschließlich an den im Betrieb angesiedelten Prozessen orientiert. Diese Vorgehensweise würde sich fortsetzen, da die L2 auch die Betriebsübergänge an den einzelnen Prozessen orientiert hätte und werde weiterhin durch die Namensliste zum Interessenausgleich bestätigt, wo erkennbar sei, dass Arbeitnehmer der Ebene 2.9.1 I. sowohl der Beklagten zu 1) / L1, als auch der Beklagten zu 2) / L3 zugeordnet worden seien. Durch diese Art der Zuordnung wäre deutlich, dass es sich bei dem Bereich „I.“ um keinen Teilbetrieb im Sinne der Definition des Bundesarbeitsgerichts handeln könne, da dieser allenfalls ausschließlich in der Gesamtheit auf einen Betriebserwerber im Sinne des § 613 a BGB hätte übergehen können. Auch folge keine Abgrenzung von Teilbetrieben aus den Strukturen aus dem Organigramm der L2, da die L2 ihre Arbeitnehmer unabhängig von dieser Einteilung zugeordnet hätte. Es sei mithin unter keinem Gesichtspunkt erkennbar, inwieweit die jeweils zugeordneten einzelnen Prozesse zuvor hätten zusammengefasst sein können, um die Merkmale eines übergangsfähigen Teilbetriebes gemäß § 613 a BGB erfüllen zu können. Die L2 versuche in dem Informationsschreiben vom 16.04.2015 darauf abzustellen, dass verschiedene Teilbetriebe in Hamburg und N. vorhanden gewesen seien, dies sei unzutreffend. Die L2 hätte ihren Betrieb dergestalt (um)organisiert, dass das gesamte Geschäft, mithin die gesamte Wertschöpfung in dem Betriebsteil in Hamburg (jetzt die Beklagte zu 1) angesiedelt wäre und in dem Betrieb in N. keinerlei Arbeitsaufgaben im Bereich des Revenue Accountings verblieben seien. Vor diesem Hintergrund würde die gesellschaftsrechtliche Aufspaltung mit dem Betriebsübergang zeitlich vollständig zusammenfallen und sei auch inhaltlich ein und dieselbe Maßnahme.

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Die Klägerin ist der Ansicht, ihr Arbeitsverhältnis mit der L2 sei im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen. Die Zuordnung der Arbeitnehmer im Interessenausgleich allein nach Prozessen und deren Verlagerung in Ausland bzw. auf die Beklagte zu 1) sei grob fehlerhaft im Sinne des § 323 Abs. 2 Umwandlungsgesetz und verstoße gegen § 613 a BGB. Bei der L2 seien keine Teilbetriebe vorhanden gewesen, die getrennt auf die L3 bzw. die Beklagte hätten übergehen können. Eine prozessbezogene Aufspaltung der L2 sei daher nicht möglich gewesen. Die Beklagte könne auch nicht darauf verweisen, dass die Betriebsstätten in Hamburg und N. übergangsfähige Teilbetriebe gewesen seien. Diese Einheiten seien allein zur Vorbereitung der Aufspaltung geschaffen worden und hätten sich daher auch an den Grundsätzen des § 613 a BGB orientieren müssen. Da es sich bei den Prozessen und Aufgaben der L2 jedoch nicht um übergangsfähige Betriebsteile handele, sei der gesamte Betrieb der L2 - mithin auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin - auf die Beklagte übertragen worden. Der gegenüber könne das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht auf die L3 übergegangen sein, weil diese keine Tätigkeiten aus dem Bereich des Revenue Accountings mehr ausführe. Eine solche Trennung von Arbeitnehmer und seiner Tätigkeit solle durch § 613 a BGB jedoch gerade verhindert werden. Die Beklagte habe demgegenüber sämtliche Dienstleistungs- und Lieferantenverträge im Zusammenhang mit dem Revenue Accounting vorgenommen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass ein Teil der L2 stillgelegt und der restliche Betrieb auf die Beklagte übergegangen sei. Sofern die Beklagten in diesem Fall nicht über genügend Arbeitsplätze verfügt hätten, hätte im Rahmen betriebsbedingter Kündigungen eine Sozialauswahl getroffen werden müssen. Durch die gewählte Aufteilung der Prozesse auf die L3 und die Beklagte zu 1) und die damit verbundene Spaltung der L2 würde demgegenüber in unzulässiger Weise der tarifliche und gesetzliche Kündigungsschutz der Klägerin umgangen werden. Diese müssten - auch wenn unstreitig noch keine Kündigung ausgesprochen worden sei - dennoch beachtet werden.

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Die Klägerin beantragt,

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1) es wird festgestellt, dass seit dem 27.5.2015 zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) ein Arbeitsverhältnis besteht, zu den Bedingungen des Arbeitsverhältnisses, das bis zum 26.5.2015 zwischen der Klägerin und L2 GmbH bestanden hat;
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2) die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die Klägerin zu den zuletzt zwischen der Klägerin und er L2 GmbH geltenden Arbeitsvertragsbedingungen als Sachbearbeiterin Eingangsprüfungsrechnung weiterzubeschäftigen.
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Hilfsweise hat die Klägerin folgenden Antrag angekündigt, diesen aber nicht im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 23.3.2016 gestellt:

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3) die Beklagte zu 2) wird verurteilt, die Klägerin zu den zuletzt zwischen der Klägerin und er L2 GmbH geltenden Arbeitsvertragsbedingungen als Sachbearbeiterin Eingangsprüfungsrechnung weiterzubeschäftigen.
43

Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte trägt vor, dass sie nicht den gesamten Betrieb der L2 übernommen habe, sondern lediglich diejenigen Aufgaben und Prozesse, die in dem Interessenausgleich namentlich aufgeführt worden seien, sowie die dazugehörigen Mitarbeiter und Betriebsmittel. Die Klägerin sei nicht Teil einer Einheit gewesen, welcher auf die Beklagte übergegangen sei. Die Beklagte habe ferner nicht die gesamten Aufträge der L2 übernommen. Der Hauptauftrag der L. AG sei vielmehr entsprechend der ihr zugeordneten Prozesse angepasst worden. Aufgrund dieses Vertrages sei die Beklagte auch gar nicht berechtigt, Tätigkeiten auszuführen, die ins Ausland verlagert worden seien. Die Zuordnung der Klägerin zur L3 sei entsprechend der bearbeiteten Prozesse im Rahmen eines Interessenausgleiches mit Namensliste erfolgt und dementsprechend nicht grob fehlerhaft im Sinne des § 323 Abs. 2 Umwandlungsgesetz. Eine Umgehung oder ein Verstoß gegen § 613 a BGB sei nicht gegeben, vielmehr seien die Grundsätze des § 613 a BGB beachtet worden. Die Zuordnung sei nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgt, im Falle der Klägerin danach, dass die gesamten Tätigkeiten ihrer Gruppe D. bis auf umfangmäßig untergeordnete Restfunktionen, Steuerung und Qualitätssicherung betreffend, ins Ausland migriert worden seien und damit die Tätigkeiten, die die Klägerin bislang ausgeführt habe, nicht mehr zur Verfügung stehen würden und von der Beklagten nicht mehr ausgeführt werden könnten. Durch die Zuordnungsentscheidung im Interessenausgleich sei die Klägerin dem Betriebsteil der L2 neu zugeordnet und als solche auch Gegenstand eines Betriebsübergangs auf die L3, sodass die Rechtsfolgen des § 613 a BGB direkt und analog auf sie Anwendung finden würden. Zudem sei die Klägerin auch in den Spaltungsvertrag aufgenommen und namentlich bezeichnet worden, sodass selbst dann, wenn man zu dem Ergebnis gelangen würde, § 613 a BGB würde auf die Klägerin keine Anwendung finden, sie jedenfalls im Rahmen einer Universalsukzession auf die L3 übergegangen sei.

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Gemäß § 313 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 46 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) wird wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1) Mit diesem Teilurteil wird nur über die von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 23.3.2016 gestellten Klaganträge zu 1) und 2) entschieden. Die Klage hat insoweit keinen Erfolg.

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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist nicht im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613 a BGB auf die Beklagte zu 1) / L1 übergegangen. Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) / L1 besteht somit kein Arbeitsverhältnis. Dementsprechend kann die Klägerin von der Beklagten zu 1) / L1 auch keine Weiterbeschäftigung verlangen.

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Gemäß § 313 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG beruht das Urteil, kurz zusammengefasst, auf folgenden Erwägungen.

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2) Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) / L1 Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis, da das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der L2 nicht im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen ist.

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2.1) Die Kammer schließt sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage den Auffassungen der Kammer 5 und 10 des Arbeitsgerichts Hamburg an, die mit Urteilen vom 19.11.2015 - 5 Ca 231/15 - und 18.12.2015 - 10 Ca 147/15 - in Parallelrechtsstreitigkeiten Klagen von Mitarbeitern der L3 abgewiesen haben.

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Das Arbeitsgericht Hamburg hat mit Urteil vom 10.12.2015 - 10 Ca 147/15 - Folgendes ausgeführt:

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„Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis, da das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der L2 nicht im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte (vorliegend: Beklagte zu 1) / L1) übergegangen ist. Die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs liegen im Streitfall nicht vor.

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a) Ein Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB setzt die Wahrung der Identität einer auf gewisse Dauer angelegten, hinreichend strukturierten und selbständigen wirtschaftlichen Einheit voraus. Die Wahrung der Identität kann sich aus dem Übergang sachlicher und immaterieller Betriebsmittel, aber auch aus dem Übergang von Personal, Führungskräften, der Übernahme von Arbeitsorganisation und Betriebsmethoden ergeben. Dabei kommt es auf eine Gesamtwürdigung aller Umstände an (BAG, Urteil v. 2. Dezember 1999, 8 AZR 796/98, juris). Es muss eine im Wesentlichen unveränderte Fortführung der bisher in dieser abgrenzbaren Einheit geleisteten Tätigkeit möglich sein (BAG, Urteil v. 27. April 1995, 8 AZR 197/94, juris).

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Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, bei der je nach Einzelfall folgende relevante Umstände in Betracht zu ziehen sind: die Art des Betriebs oder Unternehmens; der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude, Maschinen und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung; der Wert der übernommenen immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation; die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, also des nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals; der etwaige Übergang der Kundschaft und der Lieferantenbeziehungen; der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten; die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit (EuGH, Entscheidung v. 24. Januar 2002, C-51/00, juris; BAG, Urteil v. 25. Mai 2000, 8 AZR 416/99, juris).

56

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat ein Betriebsübergang von der L2 auf die Beklagte weder in Gänze noch in Teilen stattgefunden.

57

aa) Bei betriebsmittelarmen und dienstleistungsorientierten Branchen und Arbeitszwecken, bei denen es wesentlich auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch ihre gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit in diesem Sinne darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hat. Die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer (Funktionsnachfolge) stellt hingegen keinen Betriebsübergang dar. In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (BAG, Urteil v. 21. Mai 2008, 8 AZR 481/07, juris; BAG, Urteil v. 6. April 2006, 8 AZR 249/04, juris).

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Ein vollständiger Betriebsübergang von der L2 auf die Beklagte scheidet vorliegend schon deswegen aus, weil diese nicht den gesamten Betrieb der L2 übernommen hat. Dies folgt bereits aus dem Vortrag der Klägerin. Zwar führt die Klägerin einerseits aus, dass die Beklagte sämtliche Kundenverträge übernommen habe. Auf der anderen Seite trägt sie vor, dass die Beklagte nur diejenigen Tätigkeiten aus dem Bereich Revenue Accounting durchführe, die nicht ins Ausland vergeben worden seien und dass die Beklagte die in Deutschland verbleibenden Prozesse übernommen habe. Die Klägerin behauptet schließlich auch selbst nicht, dass die Beklagte auch die von ihr ausgeführten Tätigkeiten in den Prozessen A. and R. übernommen werden. Die Weiterführung eines erheblich eingeschränkten Betriebs schließt trotz der Nutzung sächlicher Betriebsmittel des früheren Betriebsinhabers einen vollständigen Betriebsübergang allerdings aus (BAG, Urteil v. 16. Februar 2006, 8 AZR 204/05, juris). Unstreitig hat die Beklagte zudem nicht alle Betriebsmittel der L2 übernommen, sondern nur diejenigen, die für die weitere Ausführung der übernommenen Prozesse notwendig sind. Die vorstehenden Ausführungen finden sich auch in dem Informationsschreiben der L2 vom 16. April 2015 an die Klägerin wieder, in dem explizit ausgeführt wird, welche Prozesse der Beklagten und welche der L3 zugeordnet sind und welche Betriebsmittel deswegen von der L3 und welche von der Beklagten übernommen werden. Ebenso ist nicht strittig, dass die Beklagte weder mit den Prozessen befasst ist, die auf die L3 übertragen wurde noch führt die L3 diejenigen Prozesse weiter, die der Beklagten zugeordnet wurden. Die vorstehenden Ausführungen stimmen ebenfalls mit den Vereinbarungen der Betriebsparteien aus dem Interessenausgleich vom 6. März 2014 überein, nach dem die Beklagte ebenfalls nur einen Teil der Aufgaben der L2 übernehmen sollte. Angesichts dieser Gesamtumstände ist für die Kammer nicht ersichtlich, dass der gesamte Betrieb der L2 auf die Beklagte übergegangen ist. Hiergegen spricht auch, dass die Beklagte nur ca. 120 Arbeitnehmer der ehemals ca. 400 Mitarbeiter der L3 beschäftigt. In Branchen wie der vorliegenden, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann zwar auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall aber nur anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte (BAG, Urteil v. 21. Juni 2012, 8 AZR 181/11, juris). Auch Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist im Streitfall nicht erkennbar.

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bb) Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass sie einer selbständig abtrennbaren organisatorischen Einheit bei der L2 angehörte, die auf die Beklagte übergegangen ist. (…) Ein vollständiger Übergang des Betriebes der L2 scheidet nach den vorstehenden Ausführungen unter 2) b) aa) hingegen aus.

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Auch für die Abgrenzung von Betrieb und Betriebsteil ist eine Gesamtbetrachtung maßgeblich, bei der die wirtschaftliche Einheit und ihre Identität im Mittelpunkt steht (vgl. BAG, Urteil v. 16. Mai 2002, 8 AZR 319/01, juris; ErfK/Preis, 15. Aufl. § 613a BGB Rn. 7). Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität wahrt. Die Teileinheit des Betriebs muss bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben (BAG, Urteil v. 16. Februar 2006, 8 AZR 204/05, juris; BAG, Urteil v. 16. Februar 2006, 8 AZR 211/05, juris). Schon beim bisherigen Betriebsinhaber muss also eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit gegeben sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wurde (BAG, Urteil v. 26. August 1999, 8 AZR 718/98, juris). Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit; im Teilbetrieb müssen aber nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, so muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen (BAG, Urteil v. 24. August 2006, 8 AZR 556/05, juris). Der Arbeitnehmer muss diesem Betriebsteil zuzuordnen sein. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung können wesentliche Änderungen in der Organisation, in der Struktur und im Konzept einer Identitätswahrung entgegenstehen (vgl. BAG, Urteil v. 4. Mai 2006, 8 AZR 299/05, juris; BAG, Urteil v. 6. April 2006, 8 AZR 249/04, juris). Allerdings muss der übertragene Unternehmens- oder Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit beim Betriebserwerber nicht vollständig bewahren, es genügt, dass dieser die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (EuGH, Entscheidung v. 12. Februar 2009, C-466/07 - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803, juris).

61

Gemessen an diesen Grundsätzen gehörte die Klägerin keinem Betriebsteil an, der von der Beklagten übernommen wurde. Die L2 hat zur Umsetzung des Restrukturierungskonzeptes „G.“ zunächst einen Betriebsteil in N. und einen Betriebsteil in Hamburg gebildet. In Buchstabe C Abs. 3 des Interessenausgleichs vom 6. März 2014 wird ausgeführt, dass zur Vorbereitung der Aufspaltung der L2 die bisher von der L2 durchgeführten Arbeiten bis zum 31. Dezember 2014 auf die Betriebsteile N. und Hamburg verteilt werden sollten. Diese Vorgehensweise ist zwischen den Parteien unstreitig. Erst mit rechtlicher Wirkung zum 1. Januar 2015 sollte die L2 sodann aufgespaltet werden. Entsprechend dieser Vereinbarungen wurde sodann der Betriebsteil N. auf die L3 und der Betriebsteil Hamburg auf die heutige Beklagte im Wege eines Betriebsübergangs übertragen. Ob es sich bei der Bildung der Betriebsteile Hamburg und N. um eine Aufspaltung auf der Rechtsträgerebene iSd. §§ 123 ff. UmwG handelte oder lediglich um eine Aufspaltung des bisher von der L2 unterhaltenen einheitlichen Betriebes in zwei neue selbständige Betriebe bzw. Betriebsteile, also um eine unternehmensinterne Betriebsaufspaltung durch Änderung der Organisationsstrukturen, musste die Kammer nicht entscheiden (vgl. hierzu BAG, Urteil v. 21. Februar 2013, 8 AZR 877/11, juris). Voraussetzung eines Übergangs des Arbeitsverhältnisses der Klägerin wäre in jedem Fall, dass die Klägerin dem Betriebsteil Hamburg zugehörig gewesen wäre. Dies war jedoch unstreitig nicht der Fall. Die Klägerin war vielmehr dem Betriebsteil N. zugeordnet, der sodann auf die L3 übertragen wurde.

62

Ob die Zuordnung der Klägerin zu dem Betriebsteil N. an den Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 UmwG zu messen ist oder lediglich dem Direktionsrecht der L2 unterlag, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. In beiden Fällen bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Zuordnung.

63

Für die Frage, welchem Betrieb oder Betriebsteil ein Arbeitnehmer zugeordnet ist, kommt es zunächst auf den Willen der Arbeitsvertragsparteien an (BAG, Urteil v. 21. Juni 2012, 8 AZR 181/11, juris). Liegt ein solcher weder in ausdrücklicher noch in konkludenter Form vor, so erfolgt die Zuordnung grundsätzlich - ebenfalls ausdrücklich oder konkludent - durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts (BAG, Urteil v. 21. Februar 2013, 8 AZR 877/11, juris; BAG, Urteil v. 24. Mai 2005, 8 AZR 398/04, juris). Die Zuordnung hat nach objektiven Kriterien, also auch insbesondere danach zu erfolgen, wo der Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag und in welchen Betriebsteil er tatsächlich eingegliedert war (vgl. BAG, Urteil v. 21. Juni 2012, 8 AZR 181/11, juris; BAG, Urteil v. 22. Juli 2004, 8 AZR 350/03, juris). Entscheidend ist daher, wo der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin lag. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin bereits vor der Bildung der Betriebsteile Hamburg und N. in N. eingesetzt wurde. Hier lag damit der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin. Für sie hat sich damit durch die erfolgte Zuordnung zunächst nichts geändert. Mit dem Betriebsteil Hamburg und den dort nunmehr ausgeführten Prozessen und Aufgaben hatte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt zu tun. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zuweisung einer bestimmten Tätigkeit oder Zuweisung zu einem bestimmten Betriebsteil.

64

Angesichts dessen ist auch eine grobe Fehlerhaftigkeit iSd. § 323 Abs. 2 UmwG nicht ersichtlich. Eine solche liegt vor, wenn die objektive Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einem Rechtsträger eindeutig ist und die abweichende Zuordnung ohne sachlichen Grund erfolgt. Sind sachliche Gründe für die Zuordnung erkennbar, scheidet jedenfalls eine „grobe“ Fehlerhaftigkeit aus (ErfK/Oetker, 15. Aufl., § 323 UmwG Rn. 10). Anhaltspunkte für eine grobe Fehlerhaftigkeit sind im Streitfall nicht erkennbar. Insbesondere liegt keine Umgehung des § 613a BGB vor. § 613a BGB dient dem Schutz der Arbeitnehmer, wenn ein Betrieb bzw. Betriebsteil mittels Rechtsgeschäfts den Inhaber wechselt, und enthält zugunsten der Arbeitnehmer zwingendes Recht. Zulasten der Arbeitnehmer dürfen daher die Rechtsfolgen des § 613a BGB nicht durch eine Vereinbarung zwischen Betriebsveräußerer und Erwerber ausgeschlossen werden (BAG, Urteil v. 19. März 2009, 8 AZR 722/07, juris). Eine solche Vereinbarung zu Lasten der Klägerin ist mit ihrer Zuordnung zu dem Betriebsteil in N. und der folgenden Zuordnung im Interessenausgleich aufgrund der vorstehenden Ausführungen jedoch nicht getroffen worden. (…) Es erscheint auch nachvollziehbar, sämtliche Prozesse, die ins Ausland verlagert werden sollen, einem Betriebsteil und solche, die in Deutschland weitergeführt werden, einem anderen Betriebsteil zuzuweisen. Angesichts dessen ist die Zuordnung der Klägerin zu dem Betriebsteil N., der sodann auf die L3 übertragen wurde, eindeutig und nicht grob fehlerhaft.

65

cc) Aus dem Umstand, dass lediglich bei der Beklagten Prozesse und damit ein Beschäftigungsbedarf verbleibt, folgt ebenfalls noch nicht die Schlussfolgerung, dass auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf die Beklagte im Wege eines Betriebsüberganges übergegangen ist. Wie bereits ausgeführt wurde, können zwar auch Betriebsteile selbstständig übertragen werden. In diesem Fall gehen aber nur diejenigen Arbeitsverhältnisse des betroffenen Betriebsteils über, nicht etwa diejenigen Arbeitnehmer anderer Betriebsteile. Dies gilt auch dann, wenn ein nicht lebensfähiger Restbetrieb bleibt (ErfK-Preis, 15. Aufl., § 613a BGB Rn. 9). Nichts anderes kann dann aber gelten, wenn wie vorliegend, bei der L3 kein Beschäftigungsbedarf mehr vorhanden ist, weil die der L3 zugeordneten Prozesse ins Ausland verlagert wurden.

66

dd) Die Klägerin weist schließlich darauf hin, dass ein Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die L3 deswegen ausscheide, weil diese einen anderen Betriebszweck als die L2 verfolge. Hierdurch komme es zu einer Trennung von Arbeitnehmer und Arbeitsplatz, was durch § 613a BGB verhindert werden soll. Diesem Aspekt kommt für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits letztlich keine Bedeutung zu. Denn selbst wenn man im Ergebnis einen Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die L3 ablehnte, hätte dies nicht automatisch den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zur Folge, zumal dieser aufgrund vorstehender Ausführungen ausscheidet.

67

ee) Unerheblich ist ebenfalls, ob der Umstand, dass die Klägerin seit November 2014 bei der L3 beschäftigungslos ist, eine Versetzung darstellt. Eine Versetzung stellt die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs dar (Fitting, 26. Aufl., § 99 Rn. 119). Der Klägerin sind jedoch gerade keine anderen Aufgaben zugewiesen worden. Selbst wenn allerdings die Voraussetzungen einer Versetzung bejaht werden würden, hätte dies nicht den Übergang des Arbeitsverhältnisses der Klägerin im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte zur Folge. Vielmehr wäre lediglich die Versetzung unwirksam, ohne dass dies Bedeutung für Frage entfaltete, ob es zu einem Betriebsübergang auf die Beklagte gekommen ist.“

68

2.2) Ergänzend wird wie folgt auf das Urteil des lag Schleswig-Holstein vom 5.11.2015 - 4 Sa 28/15 -, (juris, Rz. 98 – 100) in einer Parallelrechtsstreitigkeit Bezug genommen

69

„e. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es daher keineswegs erforderlich, dass eine Umwandlung immer nur mit Betrieben oder Betriebsteilen erfolgen darf, nicht jedoch wie hier mit Prozessen. Diese Sichtweise verkennt, dass der Inhaber eines Betriebs vorbehaltlich der Beteiligung des Betriebsrats berechtigt ist, seinen Betrieb unbeschränkt nach seinen Vorstellungen zu organisieren, gegebenenfalls umzustrukturieren oder auch aufzuspalten. Dem Inhaber eines Betriebs bleibt es unbenommen, die bisherige arbeitsorganisatorische Einheit (Betrieb) in ihren Strukturen völlig zu zerschlagen und daraus zwei neue getrennt geführte Betriebe zu bilden, auf die wegen der völligen Zerstörung der betrieblichen Strukturen auch keine Betriebsteile übergingen. Deshalb ist § 324 UmwG auch nur eine Rechtsgrundvorschrift. Sie greift nur dann ein, wenn die Spaltung des Betriebs, die mit einem Rechtsträgerwechsel verbunden ist (infolge der Umwandlung), die Tatbestandsvoraussetzungen des § 613 a BGB erfüllt. Wird die Einheit aber zerschlagen, so entstehen durch die neu gebildeten Betriebe völlig neue betriebliche Einheiten, deren Bildung nicht an § 613 a BGB gemessen wird, sondern bei denen § 613 a BGB erst dann zum Tragen kommt, wenn diese neu gebildeten Einheiten infolge der Eintragung der Umwandlung auf neue Rechtsträger übergehen.

70

f. Nach alledem hätten die Betriebsparteien im Interessenausgleich mit der Namensliste bezogen auf die Klägerin § 613 a BGB bei der Zuordnungsentscheidung nur dann zu berücksichtigen gehabt, sofern die Klägerin einem Betrieb zuzuordnen war, der infolge der Umwandlung auf einen neuen Rechtsträger (hier Beklagte) überging beziehungsweise sofern die Klägerin in einem Betriebsteil tätig war, der infolge der Umwandlung des Unternehmens und der Spaltung des Betriebs auf die Beklagte als neue Rechtsträgerin überging. Ging aber weder der bisherige Betrieb der L2 noch ein bisheriger Betriebsteil der L2, in dem die Klägerin tätig war, auf die Beklagte über, so mussten die Betriebsparteien bei ihrer Zuordnungsentscheidung auch nicht § 613 a BGB berücksichtigen, sondern konnten frei von dieser Regelung die Zuordnung nach sachlichen Gründen treffen.

71

g. Es ging weder der bisherige Betrieb der L2 insgesamt noch ein Betriebsteil des bisherigen Betriebs der L2 auf die Beklagte infolge der Betriebsaufspaltung und der Unternehmensaufspaltung über. Vielmehr wurde der Betrieb der L2 in seiner Gesamtheit zerschlagen und die Klägerin war auch nicht in einem Betriebsteil des bisherigen Betriebs der L2 am Standort N... tätig, der infolge der Betriebsaufspaltung und der Unternehmensaufspaltung auf die Beklagte im Wege des Betriebsteilübergangs hätte übergehen können. Die Zuordnungsentscheidung der Betriebsparteien im Interessenausgleich mit der Namensliste ist daher nicht vor dem Hintergrund grob fehlerhaft, weil er bezogen auf die Klägerin möglicherweise § 613 a BGB hätte verletzten können.“

72

2.3) Da die Beklagte zu 1) nicht Arbeitgeberin der Klägerin geworden ist, steht der Klägerin gegenüber der Beklagten auch kein Anspruch der Klägerin auf Weiterbeschäftigung zu.

73

3) Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin als unterlegene Partei gemäß § 91 Abs.1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG zu tragen. Die Entscheidung über den gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzenden Streitwert beruht auf den § 48 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Eine gesonderte Entscheidung über die Zulassung der Berufung war nicht angezeigt - § 64 Abs. 3 ArbGG.

Urteilsbesprechung zu Arbeitsgericht Hamburg Teilurteil, 23. März 2016 - 13 Ca 205/15

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Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um
Arbeitsgericht Hamburg Teilurteil, 23. März 2016 - 13 Ca 205/15 zitiert 12 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang


(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rec

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 46 Grundsatz


(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung. (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 61 Inhalt des Urteils


(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest. (2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 313 Form und Inhalt des Urteils


(1) Das Urteil enthält:1.die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;2.die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;3.den Tag, an dem die mündliche Ve

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. März 2016 - 4 Sa 28/15

bei uns veröffentlicht am 30.03.2016

Tenor I. Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten sowie unter teilweiser Verwerfung der Anschlussberufung als unzulässig wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 18.12.2014

Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Feb. 2013 - 8 AZR 877/11

bei uns veröffentlicht am 21.02.2013

Tenor Auf die Revisionen der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 14. November 2011 - 6 Sa 50/11 - aufgehoben.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Arbeitsgericht Hamburg Teilurteil, 23. März 2016 - 13 Ca 205/15.

Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 15. März 2017 - 8 Sa 43/16

bei uns veröffentlicht am 15.03.2017

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23.03.2016 (13 Ca 205/15) wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 3. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand 1 Die

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(1) Das Urteil enthält:

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die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
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4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 14. November 2011 - 6 Sa 50/11 - aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 26. November 2010 - 8 Ca 352/10 - wird insoweit zurückgewiesen, als sie sich gegen die Abweisung der Hauptanträge zu 1. und zu 2. durch das Arbeitsgericht wendet.

Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers von der Beklagten zu 2. im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 1. übergegangen ist und ob diese den Kläger weiterbeschäftigen muss - hilfsweise darüber, ob eine von der Beklagten zu 2. ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis des Klägers mit ihr beendet hat.

2

Der am 6. Juli 1960 geborene Kläger war seit 1982 bei der D der DDR und daran anschließend bei der D AG beschäftigt. Diese betrieb 16 Callcenter. Das E Callcenter wurde ausgegliedert und ging auf die V GmbH über. Der Kläger war dort als Callcenter-Agent tätig. Einen ihm von der V GmbH angebotenen Arbeitsvertrag, der ua. eine Bezugnahme auf die für die V GmbH geltenden Tarifverträge beinhaltete, unterzeichnete der Kläger nicht. Dennoch wandte die V GmbH diese Tarifbestimmungen auf das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger an. Nach § 10 Abs. 1 Buchst. a des von der V GmbH vereinbarten Umsetzungs-Tarifvertrages (UTV) galt der Manteltarifvertrag der D AG (MTV) weiter. Dieser enthält ua. folgende Regelung:

        

„§ 26 

Besonderer Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer

        

(1)     

Ein Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr und eine Zeit der Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren vollendet hat, unterliegt einem besonderen Kündigungsschutz.

        

(2)     

Den von Absatz 1 erfassten Arbeitnehmern kann nur noch gekündigt werden

                 

a)    

aus wichtigem Grund,

                 

b)    

mit Zustimmung des Betriebsrates aus einem besonderen verhaltensbedingten Grund …

                 

c)    

bei andauernder Arbeitsunfähigkeit …“

3

Das von der V GmbH betriebene E Callcenter wurde am 1. Mai 2007 im Wege eines Betriebsübergangs von der Beklagten zu 2. übernommen. In diesem Callcenter wurden neben den Telefontätigkeiten sog. Backofficearbeiten erledigt. Diese umfassten kaufmännische und administrative Endkundenprozesse. Dabei wurden schriftliche oder mittels Fax bzw. E-Mail übermittelte Anfragen und Aufträge bearbeitet. Der Telefon- und der Backofficebereich waren nicht getrennt. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 2. konnten beide Tätigkeiten von ihren Arbeitsplätzen aus erledigen. Der Kläger wurde wie bisher als Callcenter-Agent zu den für die V GmbH geltenden Tarifbedingungen von der Beklagten zu 2. für ein Bruttomonatsgehalt von 2.237,77 Euro im Schichtdienst projektbezogen eingesetzt. Zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2. waren im Callcenter ca. 200 Arbeitnehmer beschäftigt, die im Wesentlichen Tätigkeiten für die D AG erbrachten. Nach der Übernahme erweiterte die Beklagte zu 2. das Geschäftsfeld durch die Gewinnung weiterer Aufträge. Es wurden Neueinstellungen vorgenommen. Während die von der V GmbH übernommenen Arbeitnehmer ein Jahreseinkommen zwischen 35.000,00 Euro und 40.000,00 Euro brutto erzielten, wurde mit den neu eingestellten Arbeitnehmern ein Jahresgehalt von 15.000,00 Euro bis 17.000,00 Euro brutto vereinbart. Die Beklagte zu 2. bot sämtlichen Mitarbeitern, die von der V GmbH übernommen worden waren, darunter auch dem Kläger am 16. Juli 2008, neue Arbeitsverträge zum 1. Januar 2009 an. Diese neuen Arbeitsverträge sahen schlechtere Konditionen für die Arbeitnehmer vor.

4

44 ehemalige Arbeitnehmer der V GmbH, einschließlich des Klägers, unterzeichneten die Änderungsverträge nicht. Diese Mitarbeiter wurden im Sommer 2009, streitig ist, ob am 1. Juli oder im September 2009, in zwei Teams, die Teams Nr. 5 und 6, aufgeteilt. Ihnen wurden Arbeitsplätze in einem Raum im ersten Obergeschoss des Gebäudes in der C in E, dem sog. Studio 5b, zugewiesen. In diesem Bereich wurden ausschließlich Backofficetätigkeiten in Gleitzeit von 7:00 Uhr bis 20:00 Uhr im Zwei-Schicht-Modell verrichtet. In dem übrigen Bereich, dem Großraumbüro des Callcenters, wurden die neu eingestellten Mitarbeiter und die früheren Mitarbeiter der V GmbH, die einer Änderung ihrer Arbeitsverträge zugestimmt hatten, mit Telefontätigkeiten im 24-Stunden-Takt beschäftigt.

5

Am 26. Oktober 2009 beschloss die Beklagte zu 2. eine Betriebsaufspaltung. Diesen als „unternehmerische Entscheidung“ bezeichneten Beschluss hielt die Beklagte zu 2. schriftlich fest. In diesem Schriftstück heißt es ua.:

        

„Die a GmbH hat eine Entscheidung zur Betriebsspaltung und anschließender Verpachtung (Betriebsübergang) getroffen.

        

I. Ausgangssituation

        

Die a GmbH unterhält einen Betrieb in E. Beschäftigt werden dort 589 Arbeitnehmer (Stand 22.10.2009). Für die Spaltung dieses Betriebes in zwei eigenständige Betriebe und nachfolgende Verpachtung des einen Betriebes an die b GmbH und des anderen an die t GmbH sprechen sowohl unterschiedliche Tätigkeiten als auch grundsätzliche strukturelle Unterschiede in der Belegschaft:

        

Der heutige Bereich Backoffice betreibt sogenannte Backoffice-Tätigkeiten; dies sind hochwertige kaufmännische oder administrative Endkundenprozesse. Dieser Bereich soll zunächst durch eine Betriebsspaltung verselbstständigt werden und anschließend an die b GmbH verpachtet werden (Betriebsübergang).

        

…       

        

Die im heutigen Betrieb überwiegenden Callcenter-Tätigkeiten werden zunächst durch eine Betriebsspaltung verselbstständigt und der dadurch entstandene Betrieb Callcenter anschließend an die t GmbH verpachtet (Betriebsübergang), so dass auch insoweit ein ausschließlich auf diese Tätigkeiten spezialisierter Betrieb entsteht. Es entstehen somit zwei, auf ihre jeweilige Tätigkeit spezialisierte Betriebe.

        

…       

        

II. Betriebsspaltung und Betriebsübergang

        

Dies vorausgeschickt, wird der Betrieb der a GmbH zum 01. Dezember 2009 gespalten. Es entstehen 2 organisatorisch selbständige und durch räumlichen Umzug getrennte Betriebe: In einem Betrieb werden ausschließlich Backoffice-Tätigkeiten ausgeführt, im anderen Betrieb allgemeine Callcenterdienstleistungen. Mit Wirkung vom 01. Januar 2010 wird der größere Betrieb, der die Callcenterdienstleistungen durchführt dann an die neu gegründete t GmbH verpachtet (Betriebsübergang) und der kleinere Betrieb, der Backoffice-Tätigkeiten ausführt, an die neu gegründete b GmbH verpachtet (Betriebsübergang).“

6

In einem Interessenausgleich vom 27. November 2009 zwischen der Beklagten zu 2. und ihrem Betriebsrat über die Spaltung und Verpachtung des Betriebes E der Beklagten zu 2. ist ua. Folgendes vereinbart:

        

„I. Betriebsänderung

        

1. Spaltung

        

Der Betrieb der a GmbH wird zum 07.12.2009 gespalten. Es entstehen 2 eigenständige Betriebe, zum einen der Betrieb Backoffice und zum anderen der Betrieb Service-Center Telekommunikation. Der Betrieb Backoffice umfasst das operative Geschäft des heutigen Betriebsteils Studio 5b/Raum 2.10a, 1. Etage in der C einschließlich der zugehörigen Arbeitnehmer, materiellen und immateriellen Betriebsmittel und Kundenbeziehungen; er wird zum 07.12.2009 unter Gründung eines eigenständigen Betriebs i. S. v. § 1 BetrVG in neue Betriebsräume im Gebäude des Busunternehmens A, C verlegt. Die Geschäftsführung teilt dem Betriebsrat die zu diesem Betrieb Backoffice zugehörigen Mitarbeiter schriftlich mit. Der Betrieb Service-Center Telekommunikation umfasst alle organisatorischen Einheiten mit Ausnahme des operativen Geschäftes des Betriebsteils Studio 5b/Raum 2.10a (detaillierte Auflistung als Anlage 1); einschließlich der zugehörigen Arbeitnehmer, materiellen und immateriellen Betriebsmittel und Kundenbeziehungen. Dieser Betriebsteil verbleibt als eigenständiger Betrieb i. S. v. § 1 BetrVG an der Betriebsstätte E, C. Die Geschäftsführung teilt dem Betriebsrat die zu diesem Betrieb Service-Center Telekommunikation zugehörigen Mitarbeiter ebenfalls schriftlich mit.

        

Der durch die Spaltung entstehende Betrieb Backoffice wird zum 07.12.2009 zu einem selbstständigen Betrieb mit eigenständiger Organisations- und Leitungsmacht. …

        

2. Übergang Arbeitsverhältnisse

        

Mit der Übertragung wird die b GmbH i. Gr. durch Betriebsübergang neuer Arbeitgeber der zu diesem Zeitpunkt bei dem übertragenden Rechtsträger a GmbH Beschäftigten des Betriebes Backoffice. Ebenfalls mit der Übertragung wird die t GmbH i. Gr. durch einen weiteren Betriebsübergang neuer Arbeitgeber der zu diesem Zeitpunkt bei dem übertragenden Rechtsträger a GmbH Beschäftigten des Betriebes Service-Center Telekommunikation.

        

Die übernehmenden Rechtsträger treten in alle Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen ein, so dass die Arbeitnehmer ‚1 zu 1‘ übernommen werden. Dies bedeutet insbesondere, dass die bisherigen Betriebszugehörigkeiten weiterhin angerechnet und fortgeführt werden, dies gilt auch für Wartezeiten z. B. im Rahmen der Konzerngewinnbeteiligung. Die Betriebsparteien sind sich einig, dass diese Betriebsspaltung/diese Betriebsübergänge eine konzerninterne Umstrukturierung gem. § 112a Abs. 2 S. 2 BetrVG sind.

        

…       

        

III. Nachhaftung

        

…       

        

2. Verpachtung/Betriebsübergang

        

Zum 01.01.2010 wird dann der Betrieb Service-Center Telekommunikation an die t GmbH i. Gr. und der Betrieb Backoffice an die b GmbH i. Gr. durch jeweils gesonderte Pachtverträge übertragen. Die dabei im Einzelnen übertragenen Räumlichkeiten (b in Anlage 2, t in Anlage 3) und Betriebsmittel (b in Anlage 4, t in Anlage 5) ergeben sich aus den entsprechenden Anlagen, die Grundlagen der noch abzuschließenden Pachtverträge werden (Betriebsübergang). Bei den Übergängen der jeweiligen Betriebe gehen auch die in den eigenständigen Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer wie folgt mit über:

        

a) b GmbH i. Gr.

        

Die Übertragung des Betriebs an die b GmbH i. Gr. führt zum Betriebsübergang nach § 613a BGB für die dem Betrieb Backoffice zugehörigen Arbeitnehmer.

        

b) t GmbH i. Gr.

        

Die Übertragung des Betriebs an die t GmbH i. Gr. führt zum Betriebsübergang nach § 613a BGB für die dem Betrieb Service-Center Telekommunikation zugehörigen Arbeitnehmer.

        

c) a GmbH

        

Bei der a GmbH werden aufgrund der genannten Betriebsübergänge keine Arbeitnehmer verbleiben.

        

…       

        

IV. Umsetzung der Maßnahme

        

Die Umsetzung der Betriebsspaltung soll zum 07.12.2009 und des Betriebsüberganges zum 01.01.2010 erfolgen.“

7

In der Anlage 1 zum Interessenausgleich war der Kläger als „Mitarbeiter Betrieb Backoffice“ namentlich erwähnt. In der ebenfalls am 27. November 2009 geschlossenen freiwilligen Betriebsvereinbarung wurde ein Bestandsschutz in Form des Ausschlusses von betriebsbedingten Kündigungen für die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer bis zum 31. Dezember 2010 garantiert. Für die ehemaligen V-Mitarbeiter, welche die neuen Arbeitsverträge mit Wirkung zum 1. Januar 2009 unterzeichnet hatten, war diese Frist bis zum 30. April 2012 verlängert.

8

Mit Schreiben vom 30. November 2009 informierte die Beklagte zu 2. den Kläger über die Betriebsaufspaltung zum 7. Dezember 2009 und darüber, dass er ab diesem Zeitpunkt in den neuen Betriebsräumen arbeiten werde. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2009 unterrichtete die Beklagte zu 2. den Kläger über den bevorstehenden Betriebsübergang. Am 29. Dezember 2009 schrieb der Kläger an die Beklagte zu 2.:

        

„Betriebsübergang zur b GmbH

        

Widerspruch

                 
        

Sehr geehrte Damen und Herren,

        

hiermit widerspreche ich dem geplanten Betriebsübergang zur b GmbH zum 01.01.2010.

        

Ich stehe Ihnen gern für eine Tätigkeit in der neu gegründeten Firma t GmbH zur Verfügung.

        

…“    

9

Die Beklagte zu 2. antwortete dem Kläger mit Schreiben vom 30. Dezember 2009 ua.:

        

„wir bestätigen den Eingang Ihres Widerspruches zum Betriebsübergang zur b GmbH vom 30.12.2009.

        

Wir stellen Sie hiermit ab dem 01.01.2010 bis auf Weiteres unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeit frei.

        

Wir werden uns in den nächsten Tagen zur Abstimmung des weiteren Prozederes mit Ihnen in Verbindung setzen.

        

…“    

10

Die beiden Betriebe der Beklagten zu 2., „Backoffice“ und „Service-Center Telekommunikation“, wurden zum 1. Januar 2010 an die b GmbH und die Beklagte zu 1. verpachtet.

11

Mit Schreiben vom 28. Januar 2010 kündigte die Beklagte zu 2. das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich mit Auslauffrist und hilfsweise ordentlich aus betriebsbedingten Gründen zum 31. August 2010 und stellte ihn von der Arbeitsleistung frei.

12

Der Kläger meint, sein Arbeitsverhältnis sei am 1. Januar 2010 von der Beklagten zu 2. auf die Beklagte zu 1. übergegangen. Einem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die b GmbH habe er mit Schreiben vom 29. Dezember 2009 wirksam widersprochen. Vor der Versetzung in das Studio 5b habe er sämtliche Tätigkeiten bei der Beklagten zu 2. ausgeübt und entsprechend den ihm zugewiesenen Projekten in Schichten gearbeitet. Zudem erbringe die Beklagte zu 1. nicht ausschließlich Telefon-, sondern auch noch Backoffice-Tätigkeiten. Im Übrigen habe er seine Beschäftigung bei der Beklagten zu 1. angeboten. Schließlich bestehe auch Beschäftigungsbedarf. Die Beklagte zu 1. habe mindestens 15 Arbeitnehmer neu eingestellt. Die Beklagte zu 2. habe bereits vor dem Betriebsübergang von den beabsichtigten Einstellungen gewusst.

13

Darüber hinaus meint der Kläger, die Beklagte zu 2. habe die Betriebsaufspaltung zielgerichtet über einen längeren Zeitraum vorbereitet, um denjenigen Arbeitnehmern, welche die geänderten schlechteren Arbeitsbedingungen nicht akzeptiert hätten, trotz ihres besonderen tariflichen Kündigungsschutzes kündigen zu können. Die Zusammenfassung der „Nein-Sager“ im Studio 5b sei nicht gerechtfertigt gewesen.

14

Schließlich hält der Kläger die von der Beklagten zu 2. ausgesprochene Kündigung wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats und mangels eines wichtigen Grundes nach § 26 MTV für unwirksam. Er hätte wegen der konzernrechtlichen Strukturen, zumindest jedoch wegen des Vorliegens eines gemeinsamen Betriebes, auf freien Arbeitsplätzen bei der Beklagten zu 1. weiterbeschäftigt werden müssen.

15

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 1. seit dem 1. Januar 2010 ein Arbeitsverhältnis besteht;

        

2.    

die Beklagte zu 1. zu verurteilen, ihn zu den mit der Beklagten zu 2. bestehenden arbeitsvertraglichen Bedingungen als Callcenter-Agent bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterzubeschäftigen;

        

hilfsweise

        

3.    

festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten zu 2. vom 28. Januar 2010 das zwischen ihm und der Beklagten zu 2. bestehende Arbeitsverhältnis nicht zum 31. August 2010 beendet hat.

16

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

17

Sie behaupten, kurz nach dem Betriebsübergang am 1. Mai 2007 habe ein Backoffice-Projekt der T gewonnen werden können. Der Aufbau des Bereiches Backoffice sei dem entsprechend seit Mai 2007 mit steigenden Mitarbeiterzahlen erfolgt. Wegen der besonderen Erfahrungen der von der V GmbH übernommenen Mitarbeiter im Bereich Backoffice seien vor allem diese Mitarbeiter in diesem Bereich eingesetzt worden. Dies sei stets, wie auch beim Kläger, auf eigenen Wunsch erfolgt. Die Vergütung und die materiellen Arbeitsbedingungen der von der V GmbH übernommenen Mitarbeiter hätten sich nicht als marktgerecht erwiesen. Deshalb habe die Beklagte zu 2. versucht, mit diesen Mitarbeitern abändernde arbeitsvertragliche Vereinbarungen zu treffen. Ein Großteil dieser Arbeitnehmer habe die Vereinbarungen akzeptiert.

18

Weiter sind die Beklagten der Auffassung, die unternehmerische Entscheidung, den Betrieb in die beiden selbständigen Bereiche Backoffice und Callcenter (Telefonie) umzustrukturieren und anschließend zu übertragen, sei weder willkürlich noch offenbar unsachlich. Grund für die Spaltung der beiden Bereiche Backoffice und Callcenter seien zum einen die Unterschiede in den fachlichen Bereichen und zum anderen die beschränkte Einsetzbarkeit der Mitarbeiter, welche die geänderten Arbeitsbedingungen mit mehr Flexibilität nicht akzeptiert hätten, im Backoffice-Bereich. Die unterschiedlichen Tätigkeiten im Backoffice-Bereich und im Callcenter-Bereich erforderten unterschiedliche betriebsorganisatorische Regelungen, wie zB Schichtplanung und Pausenregelung. Es sei sachlich gerechtfertigt, Arbeitnehmer mit unterschiedlichen Arbeitsbedingungen auch dementsprechend unterschiedlich einzusetzen. Insbesondere könnten hierdurch Beeinträchtigungen des Betriebsfriedens vermieden werden. Den Arbeitnehmern werde dadurch auch kein Kündigungsschutz genommen.

19

Darüber hinaus gehen die Beklagten davon aus, der Kläger sei aufgrund seines Widerspruches gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die b GmbH bei der Beklagten zu 2. verblieben. Sein Arbeitsverhältnis sei nicht im Wege eines weiteren Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 1. übergegangen. Eine Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu 1. komme nicht in Betracht. Diese führe keine Backoffice-Tätigkeiten mehr aus. Soweit sie neue Arbeitnehmer eingestellt habe, handele es sich um „reine“ Callcentermitarbeiter.

20

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte zu 2. halten die Beklagten für wirksam. Sie machen geltend, bei dieser bestehe kein Beschäftigungsbedarf mehr. Eine Sozialauswahl sei entbehrlich. Ein gemeinsamer Betrieb bestehe nicht. Auch sei die durchgeführte Betriebsratsanhörung ordnungsgemäß.

21

Das Arbeitsgericht hat die Klage einschließlich des Hilfsantrags abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht den Hauptanträgen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihre Klageabweisungsanträge weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

22

Die Revisionen der Beklagten sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Hauptanträge des Klägers sowie zur Zurückverweisung der Sache, soweit das Landesarbeitsgericht über den Hilfsantrag des Klägers nicht entschieden hat.

23

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine der Klage stattgebende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beklagte zu 2. habe Ende 2009 aufgrund der durchgeführten Betriebsaufspaltung aus zwei Betrieben bestanden, nämlich dem Betrieb „Service-Center Telekommunikation“ und dem Betrieb „Backoffice“. Diese beiden Betriebe habe die Beklagte zu 2. zum 1. Januar 2010 an die Beklagte zu 1. bzw. die b GmbH verpachtet. Dies habe zu zwei Betriebsübergängen geführt. Der Kläger sei dem Betrieb „Backoffice“ zuzuordnen gewesen. Aufgrund seines Widerspruches vom 29. Dezember 2009 sei sein Arbeitsverhältnis jedoch nicht auf die Betriebserwerberin, die b GmbH übergegangen. Da die Beklagte zu 2. nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB)den Kläger jedoch nach seinem Widerspruch dem Betrieb „Service-Center Telekommunikation“ hätte zuordnen müssen, sei sein Arbeitsverhältnis ab 1. Januar 2010 auf die Beklagte zu 1., die Erwerberin dieses Betriebes übergegangen.

24

Nachdem der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die b GmbH mit Schreiben vom 29. Dezember 2009 widersprochen und die Weiterbeschäftigung bei der Beklagten zu 1. verlangt habe, habe die Beklagte zu 2. den Kläger mit Schreiben vom 30. Dezember 2009 ab 1. Januar 2010 von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Damit habe sie zum Ausdruck gebracht, der Kläger werde nicht im Betrieb „Service-Center Telekommunikation“ weiterbeschäftigt, sondern verbleibe beschäftigungslos im „Restbetrieb“. Diese Zuordnung habe nicht billigem Ermessen entsprochen. Die Beklagte zu 2. habe den gesetzlichen Bestandsschutz des klägerischen Arbeitsverhältnisses nach § 1 KSchG iVm. § 26 MTV nicht ausreichend berücksichtigt. Sie habe ihre Betriebstätigkeit zum 1. Januar 2010 eingestellt. Mit dem Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die b GmbH habe somit festgestanden, dass eine Beschäftigung bei der Beklagten zu 2. ab 1. Januar 2010 nicht mehr möglich sein werde. Der Verbleib des Klägers beim „Restbetrieb“ hätte zwangsläufig die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch Kündigung zur Folge gehabt. Der besondere Kündigungsschutz des Klägers als älterer Arbeitnehmer wäre leergelaufen. Dabei spiele es keine Rolle, dass dieser zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs die erforderliche Altersgrenze von 50 Jahren noch nicht erreicht gehabt habe. Die Beklagte habe nämlich den Kläger ersichtlich diesem Kündigungsschutz unterwerfen wollen. Dies folge ua. aus der Betriebsratsanhörung. Es wäre der Beklagten zu 2. ohne Weiteres möglich gewesen, den Kläger dem zum 1. Januar 2010 auf die Beklagte zu 1. übergegangenen Betrieb „Service-Center Telekommunikation“ zuzuordnen. In diesem Betrieb habe Beschäftigungsbedarf, zumindest an „reinen“ Callcentermitarbeitern bestanden.

25

Die Leistungsbestimmung (Zuordnung des Klägers zum Betrieb „Service-Center Telekommunikation“) sei durch Urteil rückwirkend zum 1. Januar 2010 vorzunehmen. Nur diese Leistungsbestimmung entspreche billigem Ermessen. Der Anspruch des Klägers auf Zuordnung zum Betrieb „Service-Center Telekommunikation“ folge auch aus der sich aus § 611 BGB ergebenden vertraglichen Beschäftigungspflicht iVm. § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB. Die Beklagte zu 2. hätte den Kläger angesichts der bestehenden vertraglichen Beschäftigungsmöglichkeit nicht freistellen dürfen. Dieser habe einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Zuordnung zum Betrieb „Service-Center Telekommunikation“, damit er beschäftigt werden könnte.

26

Die Beklagte zu 1. sei auch verpflichtet, den Kläger zu den mit der Beklagten zu 2. bestehenden arbeitsvertraglichen Bedingungen und somit nach den tariflichen Bestimmungen der V GmbH als Callcenter-Agent weiterzubeschäftigen.

27

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

28

I. Die zulässige Feststellungsklage ist nicht begründet.

29

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist nicht im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB von der Beklagten zu 2. auf die Beklagte zu 1. übergegangen.

30

1. Die Beklagte zu 2. hat in Vollzug ihres Beschlusses vom 26. Oktober 2009 ihren Betrieb in E mit Wirkung ab 7. Dezember 2009 in zwei eigenständige Betriebe aufgespalten, und zwar in einen „Backoffice“- und einen „Callcenter“-Betrieb. Dabei handelte es sich nicht um eine Aufspaltung auf der Rechtsträgerebene iSd. §§ 123 ff. UmwG, sondern um eine Aufspaltung des bisher von der Beklagten zu 2. unterhaltenen einheitlichen Betriebes in zwei neue selbständige Betriebe, also um eine unternehmensinterne Betriebsaufspaltung durch Änderung der Organisationsstrukturen.

31

2. Der seit dem 7. Dezember 2009 selbständige Betrieb „Backoffice“ wurde mit Wirkung ab 1. Januar 2010 auf die b GmbH im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB übertragen. Eine entsprechende Übertragung des Betriebes „Service-Center Telekommunikation“ erfolgte zum selben Zeitpunkt auf die Beklagte zu 1.

32

Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte zu 2. ihre beiden durch Spaltung neu entstandenen Betriebe zum 1. Januar 2010 mit sämtlichen materiellen und immateriellen Betriebsmitteln an die Beklagte zu 1. bzw. die b GmbH verpachtet hat und dass beide Pächter nicht nur in die Kundenbeziehungen eingetreten sind, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals des jeweiligen Betriebes übernommen haben. Diese für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) rechtfertigten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 18. August 2011 - 8 AZR 230/10 - AP BGB § 613a Nr. 412 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 127) die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass im Streitfalle zwei Betriebsübergänge vorgelegen haben. Im Übrigen ist das Vorliegen von Betriebsübergängen zwischen allen Beteiligten auch unstreitig.

33

3. Ein Übergang des mit der Betriebsveräußerin, der Beklagten zu 2., bestehenden Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Beklagte zu 1. gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB hätte allerdings nur dann stattgefunden, wenn der Kläger dem übergegangenen Betrieb zugeordnet gewesen wäre(allgemeine Meinung, vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 43, DB 2013, 586).

34

a) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass der Kläger dem Bereich „Backoffice“ zugeordnet war, welcher ab 7. Dezember 2009 im Wege der Betriebsaufspaltung als neuer Betrieb „Backoffice“ verselbständigt wurde.

35

b) Für die Frage, welchem Betrieb oder Betriebsteil ein Arbeitnehmer zugeordnet ist, kommt es zunächst auf den Willen der Arbeitsvertragsparteien an (st. Rspr., vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 78, BB 2012, 3144). Liegt ein solcher weder in ausdrücklicher noch in konkludenter Form vor, so erfolgt die Zuordnung grundsätzlich - ebenfalls ausdrücklich oder konkludent - durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts (st. Rspr., vgl. BAG 24. Mai 2005 - 8 AZR 398/04 - Rn. 41, BAGE 114, 374 = AP BGB § 613a Nr. 284 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 35).

36

Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend festgestellt, dass der Kläger aufgrund einer Anweisung der Beklagten zu 2. ab Sommer 2009 - entweder ab 1. Juli oder ab September 2009 - einen Arbeitsplatz in einem Raum, dem sogenannten Studio 5b, im ersten Obergeschoss des Gebäudes in der C in E zugewiesen bekommen hatte. Dort verrichtete er ausschließlich sogenannte „Backofficetätigkeiten“ im Zwei-Schicht-Modell. Im übrigen Bereich, dem Großraumbüro des Callcenters, wurden andere Mitarbeiter mit Telefontätigkeiten im 24-Stunden-Takt eingesetzt.

37

Es kann dahinstehen, ob dies eine einvernehmliche Zuordnung des Klägers zum Arbeitsbereich „Backoffice“ dargestellt hat. Auf jeden Fall lag eine entsprechende Zuordnung des Klägers aufgrund einer im Rahmen des Direktionsrechts getroffenen Weisung der Beklagten zu 2. vor. Davon ist auch das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgegangen. Dass und warum die Beklagte zu 2. in diesem Zusammenhang ihr Direktionsrecht dem Kläger gegenüber unter Verstoß gegen § 106 GewO, dh. insbesondere nicht nach billigem Ermessen, ausgeübt haben soll, ist in den Vorinstanzen vom Kläger nicht konkret dargetan worden. Auch in seiner Revisionserwiderung macht er lediglich geltend, die „Zuordnungsentscheidung der Beklagten zu 2. im Sommer 2009“ habe „die Grenzen des billigen Ermessens verletzt“, da „es einen sachlichen Grund für eine Versetzung des Klägers in den Betriebsteil Backoffice nicht gab“. Nachdem es grundsätzlich dem Arbeitgeber freisteht, mit welchen vertraglich geschuldeten Tätigkeiten er den Arbeitnehmer betraut, hätte es dem Kläger oblegen, konkret darzutun, warum es billigem Ermessen widersprochen haben soll, dass ihm die Beklagte zu 2. Aufgaben im „Backoffice“-Bereich zugewiesen hat, obwohl er solche Tätigkeiten - zumindest teilweise - bereits zuvor ausgeübt hatte. Nur wenn ein solches substantiiertes Bestreiten erfolgt wäre, hätte die Beklagte zu 2. darlegen und beweisen müssen, dass und aus welchen Gründen ihre Zuordnungsentscheidung durch § 106 GewO gedeckt war.

38

c) Dem Umstand, dass der Kläger in der Anlage 1 zum Interessenausgleich vom 27. November 2009 als „Mitarbeiter Betrieb Backoffice“ genannt ist, kommt für seine Zuordnung zu diesem Betrieb keine rechtlich bindende Wirkung zu. Wäre nämlich keine wirksame (frühere) Zuordnung des Klägers zum Betrieb „Backoffice“ erfolgt gewesen, so wäre die (nachträgliche) Zuordnung zu diesem Betrieb mittels eines Interessenausgleichs wegen Verstoßes gegen § 613a BGB unwirksam(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 81, BB 2012, 3144).

39

4. Damit wäre das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 BGB grundsätzlich auf die Übernehmerin des Betriebes „Backoffice“, dh. auf die b GmbH übergegangen. Diesem Übergang hat der Kläger jedoch form- und fristgerecht gemäß § 613a Abs. 6 BGB mit Schreiben vom 29. Dezember 2009 gegenüber der Beklagten zu 2. widersprochen.

40

5. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts war der Kläger nach seinem Widerspruch nicht dem Betrieb „Service-Center Telekommunikation“ zuzuordnen, welcher am 1. Januar 2010 im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 1. übergegangen ist.

41

a) Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebserwerber wirksam gemäß § 613a Abs. 6 BGB widersprochen haben, fallen nicht „automatisch“ in den vom Arbeitgeber eventuell weitergeführten und einem späteren Betriebsübergang zugänglichen Bereich(BAG 13. Februar 2003 - 8 AZR 102/02 - Rn. 45, AP BGB § 613a Nr. 245 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 6).

42

b) Der Kläger hatte keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 2. auf Zuordnung zum Betrieb „Service-Center Telekommunikation“ ab Zugang seines Widerspruches vom 29. Dezember 2009.

43

Zwar hat der Kläger in seinem Widerspruchsschreiben erklärt: „Ich stehe Ihnen gern für eine Tätigkeit in der neu gegründeten Firma t GmbH zur Verfügung“. Dies kann als Angebot zu einer Änderung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen über den Beschäftigungsbereich, dh. nunmehrige Beschäftigung im Betrieb „Service-Center Telekommunikation“ verstanden werden. Allerdings bestand keine Verpflichtung der Beklagten zu 2., dieses Änderungsangebot des Klägers anzunehmen. Das Vertragsrecht, wozu auch das Arbeitsvertragsrecht zählt, kennt grundsätzlich keinen Kontrahierungszwang und damit auch keinen Anspruch, das Vertragsänderungsangebot eines Vertragspartners anzunehmen. Gesetzliche Ausnahmen von diesem Grundsatz, wie zB die Vertragsänderungsansprüche in § 8 TzBfG oder § 15 BEEG, greifen vorliegend nicht ein. Ebenso wenig folgt ein solcher Anspruch des Klägers auf Vertragsänderung aus § 242 BGB. Die Beklagte zu 2. war nicht nach Treu und Glauben verpflichtet, mit dem Kläger eine Vereinbarung über eine Weiterbeschäftigung in dem Betrieb „Service-Center Telekommunikation“ für die Zeit zwischen Zugang des Widerspruches und dem Betriebsübergang zu treffen und ihm somit die Übernahme durch die t GmbH gemäß § 613a Abs. 1 BGB zu ermöglichen und die Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung wegen Wegfalls seines Arbeitsplatzes bei der Beklagten zu 2. auszuschließen. Der Schutz des Arbeitnehmers, insbesondere der vor einem Arbeitsplatzverlust bei Betriebsübergängen, wird durch die Regelungen des § 613a BGB und des Kündigungsschutzgesetzes gewährleistet. Darüber hinausgehende besondere Fürsorgepflichten treffen den Arbeitgeber als Betriebsveräußerer gegenüber dem vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer im Regelfalle nicht. Hinzukommt, dass die Beklagte zu 2. im Falle einer vereinbarten Beschäftigung im Betrieb „Service-Center Telekommunikation“ den Kläger gleichzeitig gemäß § 613a Abs. 5 BGB über den zum 1. Januar 2010 geplanten Betriebsübergang auf die Beklagte zu 1. hätte unterrichten müssen. Abgesehen von der Frage, ob eine solche Unterrichtung vor dem 1. Januar 2010 im Streitfalle überhaupt noch in der gesetzlichen Form und dem vorgeschriebenen Umfang möglich gewesen wäre, ist bei der nach § 242 BGB vorzunehmenden Abwägung zugunsten der Beklagten zu 2. auch zu berücksichtigen, dass sie damit rechnen musste, dass der Kläger auch einem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 1. nach einer dem § 613a Abs. 5 BGB entsprechenden Unterrichtung widersprechen werde. Ob die Erklärung des Klägers in seinem Widerspruchsschreiben vom 29. Dezember 2009, er stehe auch für eine Tätigkeit bei der Beklagten zu 1. zur Verfügung, einen wirksamen Verzicht auf das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB - auch für die Zeit nach der Unterrichtung gemäß § 613a Abs. 5 BGB - darstellt, musste für die Beklagte zu 2. zumindest zweifelhaft erscheinen.

44

c) Da die Beklagte zu 2. nach dem Widerspruch des Klägers keine neue Zuordnung vorgenommen hat, ist § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht einschlägig, da es an einer „getroffenen Bestimmung“ im Sinne dieser Vorschrift fehlt. Allein die Freistellung des Klägers ab 1. Januar 2010 stellt keine Zuordnung zu einem Betrieb oder Betriebsteil dar, weil es an der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches fehlt (vgl. BAG 28. März 2000 - 1 ABR 17/99 - BAGE 94, 163 = AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 39 = EzA BetrVG 1972 § 95 Nr. 33).

45

d) § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB, der für den Fall gilt, dass eine Bestimmung iSd. § 315 BGB „verzögert wird“, ist im Streitfalle ebenfalls nicht anwendbar, weil die Beklagte nicht verpflichtet war, den Kläger dem Betrieb „Service-Center Telekommunikation“ zuzuordnen. Eine solche Zuordnung hätte sich als Versetzung iSd. § 95 Abs. 3 BetrVG dargestellt, da die Tätigkeit in einem anderen Betrieb stets als Tätigkeit in einem anderen Arbeitsbereich iSd. § 95 Abs. 3 BetrVG anzusehen ist(BAG 19. Februar 1991 - 1 ABR 36/90 - BAGE 67, 236 = AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 26 = EzA BetrVG 1972 § 95 Nr. 24). Eine solche Versetzung hätte daher auch nicht durch die Beklagte zu 2. unmittelbar nach Zugang des Widerspruchsschreibens des Klägers (dh. frühestens am 29. Dezember 2009) erfolgen dürfen, da eine solche Versetzung der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bedurft hätte. Eine „vorläufige“ Versetzung nach § 100 Abs. 1 BetrVG wäre allein deshalb unzulässig gewesen, weil es an einem sachlichen Grund gefehlt hätte, der die Versetzung als dringend erforderlich iSd. § 100 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hätte erscheinen lassen. Als solche sachlichen Gründe gelten nämlich nur betriebliche Gründe (hM: vgl. Fitting 26. Aufl. § 100 Rn. 4a). Daran ändert auch ein Einverständnis des Klägers mit seiner Versetzung nichts, weil dieses das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG nicht ausschließt(BAG 14. November 1989 - 1 ABR 87/88 - Rn. 27, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 76 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 85).

46

aa) Grundsätzlich entscheidet der Arbeitgeber aufgrund seines Organisations- und Direktionsrechts über den Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers. Dieser hat nur Anspruch auf vertragsgemäße Arbeit zu vertragsgemäßen Bedingungen (vgl. BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 422/06 - Rn. 18, BAGE 121, 133 = AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 19), nicht auf eine Beschäftigung auf einem bestimmten Arbeitsplatz oder in einem bestimmten Arbeitsbereich, außer wenn die Tätigkeit sich entsprechend konkretisiert hatte. Dies war jedoch nicht der Fall, weil der Kläger bisher sowohl Tätigkeiten im „Backoffice“ als auch im „Callcenter-Bereich“ ausgeübt hatte.

47

bb) Im Übrigen ist die ermessensfehlerfreie Ausübung des Weisungsrechts bezogen auf den Beginn der Personalmaßnahme zu prüfen. Dies ist hier die Zuordnung des Klägers zum Tätigkeitsbereich „Backoffice“ im Juli oder September 2009. Eine neuerliche Prüfung bei Eintritt der Beendigung der Personalmaßnahme, die sich im Streitfalle als der Zeitpunkt des Widerspruches des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die b GmbH darstellt, erfolgt nicht (vgl. BAG 17. Januar 2006 - 9 AZR 226/05 - Rn. 48, AP BAT-O § 24 Nr. 6).

48

e) Der Kläger hatte nach seinem Widerspruch keinen Anspruch aus § 241 Abs. 2 BGB auf Versetzung durch die Beklagte zu 2. in den Betrieb „Service-Center Telekommunikation“. Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB). Die Interessen des Klägers im Hinblick auf den Bestand seines Arbeitsverhältnisses waren jedoch durch § 613a BGB gewahrt. Danach geht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten auf den Betriebserwerber über. Insbesondere bleibt dem Arbeitnehmer auch ein einzelvertraglich vereinbarter besonderer Kündigungsschutz erhalten. Widerspricht der Arbeitnehmer, trägt er das Risiko, dass für ihn kein Beschäftigungsbedarf beim Betriebsveräußerer mehr besteht, weil aufgrund des Betriebsübergangs sein alter Betrieb nicht mehr existiert. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer dieses Risiko dadurch zu nehmen, dass er ihn in einen anderen Betrieb seines Unternehmens versetzt. Dies gilt auf jeden Fall dann, wenn er - wie im Streitfalle - den anderen Betrieb ebenfalls bereits an einen Betriebserwerber veräußert hat und er diesem - nach Abschluss der Übernahmevereinbarungen - einen zusätzlich zu übernehmenden Arbeitnehmer „verschaffen“ würde.

49

Der in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke ist auf die vorliegende Fallgestaltung nicht entsprechend anzuwenden. Diese Norm erklärt eine Kündigung ua. dann für sozial ungerechtfertigt und damit für rechtsunwirksam, wenn der gekündigte Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann und der Betriebsrat aus diesem Grund der Kündigung nach § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG schriftlich widersprochen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt diese anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit auch ohne einen diesbezüglichen Widerspruch des Betriebsrats zur Unwirksamkeit der Kündigung (BAG 17. Mai 1984 - 2 AZR 109/83 - BAGE 46, 191 = AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 21 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 32). Aus diesem gesetzlichen Schutz des Arbeitnehmers vor betriebsbedingten Arbeitgeberkündigungen ist nicht die Verpflichtung des Arbeitgebers abzuleiten, einen Arbeitnehmer, der einem gemäß § 613a Abs. 1 BGB auf einen Erwerber übergegangen Betrieb zugeordnet war, einem anderen Betrieb zuzuordnen, wenn er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber widersprochen hat. Dies gilt insbesondere bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden. Hier würde eine analoge Anwendung des Rechtsgedankens des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG dazu führen, dass der Kläger ein Wahlrecht hätte, von welchem der beiden Betriebserwerber er gemäß § 613a BGB „übernommen“ werden möchte. Er könnte sich seinen neuen Arbeitgeber gleichsam durch Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts auswählen. Für eine Anwendbarkeit des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG ist allenfalls Raum im Rahmen der Prüfung, ob eine vom Betriebsveräußerer wegen des Wegfalls eines Beschäftigungsbedarfs ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt ist.

50

II. Der Senat hatte die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses hat aufgrund der von ihm getroffenen Entscheidung folgerichtig nicht über die Wirksamkeit der von der Beklagten zu 2. am 28. Januar 2010 zum 31. August 2010 ausgesprochenen Kündigung entschieden. Dies wird es nunmehr nachzuholen haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Eimer    

        

    Wankel    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten sowie unter teilweiser Verwerfung der Anschlussberufung als unzulässig wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 18.12.2014, Az. 6 Ca 787/14, wie folgt abgeändert:

1) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.935,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.8.2014 zu zahlen.

2) Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen.

3) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger hat 23 % und die Beklagte 77 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Überstundenvergütung und Urlaubsabgeltung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 19.08.1982, zunächst als technischer Mitarbeiter und zuletzt auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 26.01.2005 als Betriebsleiter zu einem Monatsgehalt von 4.285,00 € brutto beschäftigt. Im Jahr 2005 wurde ihm Gesamtprokura erteilt; insoweit war er vertretungsberechtigt mit einem der beiden Geschäftsführer.

3

Der Arbeitsvertrag vom 26.01.2005 enthält u.a. folgende Bestimmungen:

4

"§ 2 Arbeitszeit

5

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche, von Montag bis Freitag. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, betriebsnotwendige Mehrarbeit gemäß Betriebsvereinbarung zu leisten.

6

§ 3 Zeitkonto

7

Für den Mitarbeiter wird kein Zeitkonto geführt. Betriebsnotwendige Mehrarbeit (s. § 2) erfolgt ohne zusätzliche Vergütung oder Verrechnung."

8

Bei der in § 2 des Arbeitsvertrages genannten Betriebsvereinbarung handelt es sich nach übereinstimmender Auffassung beider Parteien um die Betriebsvereinbarung "flexible Arbeitszeit". Zur Darstellung der Regelungen dieser Betriebsvereinbarung in der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages geltenden Fassung wird auf Blatt 275 - 279 d.A. und bezüglich der zuletzt geltenden Fassung auf Blatt 254 - 257 d.A. Bezug genommen.

9

Bei der Beklagten wird die Arbeitszeit aller Mitarbeiter elektronisch erfasst, in sog. Monatsjournalen zusammengefasst und den Mitarbeitern mitgeteilt. Ausweislich dieser Journale hat der Kläger in der Zeit vom Januar 2011 bis zum 30.04.2014, dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, auf der Basis einer 40-Stunden-Woche ein Arbeitszeitguthaben von insgesamt 968,25 Stunden angesammelt.

10

Der vertraglich vereinbarte Urlaubsanspruch des Klägers belief sich auf 24 Arbeitstage pro Jahr. Die von der Beklagten erstellte Gehaltsabrechnung für Dezember 2013 weist zugunsten des Klägers einen (Rest-)urlaubsanspruch von 63 Tagen aus. Im Jahr 2014 wurden dem Kläger bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.04.2014 insgesamt 29 Urlaubstage gewährt.

11

In einer per Aushang am "schwarzen Brett" veröffentlichten Erklärung der Beklagten heißt es:

12

"Urlaubsregelung 2013/2014
Liebe König-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
Urlaub, der im Jahr 2013 nicht genommen werden konnte, verfällt nicht zum Jahresende, sondern wird ins Jahr 2014 übernommen."

13

Mit seiner am 12.09.2014 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung von Arbeitsvergütung für 968,25 Überstunden, auf Abgeltung restlicher 42 Urlaubstage sowie auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses in Anspruch genommen.

14

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 18.12.2014 (Bl. 101 - 104 d.A.).

15

Der Kläger hat beantragt:

16

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 32.241,06 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. August 2014 zu zahlen.

17

2. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger ein qualifiziertes und wohlwollendes Arbeitszeugnis zu erteilen.

18

Die Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 18.12.2014 verurteilt, an den Kläger 8.305,92 € brutto Urlaubsabgeltung zu zahlen und ihm ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 - 10 dieses Urteils (= Bl. 104 - 109 d.A.) verwiesen.

21

Der Kläger hat gegen das ihm am 05.01.2015 zugestellte Urteil am 29.01.2015 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 05.03.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 07.04.2015 begründet. Die Beklagte hat am 06.05.2015 Anschlussberufung eingelegt und diese zugleich begründet.

22

Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung u.a. geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts stehe seinem Anspruch auf Bezahlung der abgeleisteten Überstunden nicht das Fehlen der nach § 612 Abs. 1 BGB erforderlichen Vergütungserwartung entgegen. Insbesondere könne das Fehlen einer Vergütungserwartung nicht daraus abgeleitet werden, dass ihm Gesamtprokura erteilt worden sei. Hintergrund der ihm im Mai 2005 erteilten Gesamtprokura sei keinesfalls eine damit verbundene Erweiterung seiner Kompetenzen gewesen. Im Übrigen sei die Prokura im Innenverhältnis unbedeutend ausgestaltet gewesen. Seine Position im Unternehmen der Beklagten habe nicht derjenigen eines leitenden Angestellten i.S.v. § 5 Abs. 3 BetrVG entsprochen.

23

Der Kläger beantragt,

24

das erstinstanzliche Urteil teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 23.935,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.08.2014 zu zahlen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

27

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil insoweit, als die Klage auf Zahlung von Überstundenvergütung abgewiesen wurde und macht zur Begründung ihrer Anschlussberufung im Wesentlichen geltend, dem Kläger stehe - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zu. Der Kläger könne sich nicht mit Erfolg auf den am "schwarzen Brett" veröffentlichten Aushang berufen, wonach Urlaub, der im Jahr 2013 nicht habe genommen werden können, nicht verfalle und ins Jahr 2014 übernommen werde. Aus der betreffenden Erklärung ergebe sich eindeutig, dass lediglich derjenige Urlaub habe übertragen werden sollen, der trotz Beantragung aus betriebsbedingten Gründen nicht habe gewährt werden können. Es sei keineswegs gewollt gewesen, auch denjenigen Urlaub zu übertragen, der beispielsweise gar nicht beantragt worden sei. Zweck des Aushangs sei gewesen, die Mitarbeiter zu beruhigen und ihnen die Angst zu nehmen, dass in den betriebsbedingten Fällen der Nichtgewährung von Urlaub dieser am Jahresende 2013 verfalle.

28

Die Beklagte beantragt,

29

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

30

Der Kläger beantragt,

31

die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

32

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil insoweit, als der Klage stattgegeben wurde.

33

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die in zweiter Instanz zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

34

1. Die Berufung des Klägers ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

35

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die von ihm unstreitig geleisteten 968,25 Überstunden in rechnerisch unstreitiger Höhe von 23.935,14 € brutto.

36

a) Der Zahlungsanspruch ergibt sich - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht bereits aus der Vereinbarung und Führung eines Arbeitszeitkontos mit der Folge, dass die Beklagte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Abgeltung des Zeitguthabens des Klägers verpflichtet wäre.

37

Im Gegensatz zu einem Anspruch auf Vergütung einzelner Überstunden im eigentlichen Sinne erfordert ein Anspruch auf Ausgleich eines Arbeitszeitguthabens die vorherige Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Führung eines Arbeitszeitkontos (BAG v. 13.03.2002 - 5 AZR 43/01 - EzA § 253 ZPO Nr. 22; BAG v. 23.09.2015 - 5 AZR 767/13 - EzA § 611 BGB 2002 Arbeitszeitkonto Nr. 11). Eine solche Vereinbarung haben die Parteien jedoch nicht getroffen. Vielmehr haben sie in § 3 des Arbeitsvertrages ausdrücklich vereinbart, dass für den Kläger kein Zeitkonto geführt wird. Aus dem Umstand, dass dem Kläger - wie auch den anderen Mitarbeitern der Beklagten - die elektronisch erfassten Arbeitszeiten und die sich daraus unter Zugrundelegung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ergebenden Zeitsalden jeweils mittels sog. Monatsjournale mitgeteilt wurden, lässt sich die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos nicht ableiten, da dies der vertraglichen Abrede widersprechen würde.

38

b) Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Überstundenvergütung ergibt sich jedoch aus § 612 Abs. 1 BGB, wonach eine Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

39

Die danach erforderliche - objektive - Vergütungserwartung des Klägers war gegeben. Dabei kann offenbleiben, ob der Kläger, was einer Vergütungserwartung entgegenstehen könnte (vgl. BAG v. 17.11.1966 - 5 AZR 255/66 - ), im Hinblick auf seine Eigenschaft als Betriebsleiter und Prokurist als leitender Angestellter der Beklagten anzusehen war. Die Vergütungserwartung ergibt sich nämlich jedenfalls bereits aus § 3 Satz 2 des Arbeitsvertrages. Dort haben die Parteien geregelt, dass betriebsnotwendige Mehrarbeit im Sinne der in § 2 des Arbeitsvertrages genannten Betriebsvereinbarung ohne zusätzliche Vergütung zu erbringen ist. Zwar enthält der Arbeitsvertrag insoweit keine ausdrückliche Regelung über die Vergütung sonstiger Überstunden. Aus dem ausdrücklichen vertraglichen Ausschluss von Vergütungsansprüchen für bestimmte Überstunden (hier: "betriebsnotwendige Mehrarbeit gemäß Vereinbarung") ergibt sich jedoch aus Sicht des Arbeitnehmers im Wege eines Umkehrschlusses zumindest die Erwartung, dass er sonstige Überstunden, d.h. solche, deren Ableistung nicht in der Betriebsvereinbarung geregelt ist und/oder danach nicht als betriebsnotwendig zu qualifizieren sind, nicht ohne gesonderte Vergütung zu erbringen hat. Somit bestand für den Kläger durchaus eine Vergütungserwartung hinsichtlich derjenigen Überstunden, deren Vergütung in § 3 des Arbeitsvertrages nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.

40

Der Kläger hat trotz des teilweisen vertraglichen Ausschlusses von Ansprüchen aus Mehrarbeit einen Anspruch auf Begleichung sämtlicher erbrachter Überstunden. Die in § 3 des Arbeitsvertrages getroffene Regelung ist nämlich mangels hinreichender Transparenz (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) unwirksam. Die Klausel ist nicht klar und verständlich. Der Arbeitsvertrag selbst enthält keinerlei Regelungen hinsichtlich Art und Umfang der Überstunden, für deren Ableistung der Kläger keine gesonderte Vergütung erhalten soll. Auch aus der vertraglich in Bezug genommenen Betriebsvereinbarung "flexible Arbeitszeit" ergibt sich diesbezüglich nichts. Diese Betriebsvereinbarung enthält in der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages der Parteien und auch in der zuletzt geltenden Fassung weder Regelungen über die Voraussetzungen, unter denen Arbeitnehmer zur Ableistung von Überstunden herangezogen werden können, noch Bestimmungen die den Umfang notwendiger Mehrarbeit begrenzen. Auch eine Begrenzung auf die nach § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit lässt sich weder dem Arbeitsvertrag der Parteien noch der in Bezug genommenen Betriebsvereinbarung entnehmen. Aus dem Wortlaut der §§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages ergibt sich eine derartige Beschränkung jedenfalls nicht. Die Verwendung des Begriffs "Mehrarbeit" deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll (vgl. BAG v. 17.08.2011 - 5 AZR 406/10 - AP Nr. 55 zu § 307 BGB). Aus der die Überstundenvergütung des Klägers betreffenden vertraglichen Klausel ergibt sich somit nicht, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Es war daher für den Kläger bei Vertragsschluss nicht erkennbar, was ggf. "auf ihn zukommt" und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss. Die Klausel ist daher unwirksam (vgl. BAG v. 17.08.2011 - 5 AZR 406/10 - AP Nr. 55 zu § 307 BGB).

41

Die Beklagte hat die Überstunden des Klägers auch geduldet. Die Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden zukünftig zu unterbinden, er also nicht gegen die Leistung von Überstunden einschreitet, sie vielmehr weiterhin entgegennimmt (BAG v. 10.04.2013 - 5 AZR 122/12 - AP Nr. 54 zu § 611 BGB Mehrarbeitsvergütung). Vorliegend hatte die Beklagte aus den von ihr selbst erstellten und dem Kläger ausgehändigten Monatsjournalen Kenntnis davon, dass der Kläger regelmäßig über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich hinaus in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsleistungen erbrachte. Diese Überstundenleistung hat sie hingenommen und keinerlei Vorkehrungen getroffen, diese zu unterbinden; sie hat die Überstunden vielmehr weiterhin entgegengenommen und damit geduldet.

42

3. Die Höhe des geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung von Überstundenvergütung ist zwischen den Parteien in rechnerischer Hinsicht unstreitig.

43

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

II.

44

1. Die Anschlussberufung der Beklagten ist nur zum Teil zulässig.

45

Soweit die Beklagte mit ihrem Anschlussberufungsantrag eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils auch insoweit begehrt, als das Arbeitsgericht der Klage auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses stattgegeben hat, fehlt es an einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung. Eine solche genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 - 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und aus welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung der Beklagten bezüglich des erstinstanzlich ausgeurteilten Anspruchs auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses nicht, da sie diesbezüglich keinerlei Ausführungen enthält.

46

2. Im Übrigen ist die Anschlussberufung der Beklagten insgesamt zulässig. Sie hat insoweit auch in der Sache Erfolg.

47

Die Klage auf Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 8.305,92 € brutto ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus dem zum 30.04.2014 beendeten Arbeitsverhältnis keinen Anspruch auf Abgeltung nicht gewährten Urlaubs.

48

Der Kläger, dessen Jahresurlaubsanspruch sich gemäß § 8 des Arbeitsvertrages auf 24 Arbeitstage belief, hat im Jahr 2014 nach § 5 Abs. 1 c BUrlG einen Teilurlaubsanspruch von 8 Arbeitstagen erworben. Da er - unter Zugrundelegung seines eigenen Vorbringens - im Jahr 2014 insgesamt 29 Urlaubstage genommen hat, ist dieser Teilurlaubsanspruch erfüllt.

49

Tatsachen, aus denen sich ergeben könnte, dass Urlaubsansprüche des Klägers aus dem Jahr 2013 auf das Jahr 2014 übertragen wurden, liegen nicht vor. Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG ist eine Übertragung von Urlaub auf das nächste Kalenderjahr nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Vom Vorliegen dringender betrieblicher Gründe im Sinne dieser Vorschrift ist auszugehen, wenn der Arbeitgeber eine entsprechende Erklärung abgegeben hat, insbesondere einen Urlaubswunsch des Arbeitnehmers zum Jahresende abgelehnt hat (ErfK/Gallner, 15. Aufl., § 7 BUrlG Rz. 61). Für das Vorliegen der Übertragungsvoraussetzungen trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast (ErfK/Gallner, a.a.O.).

50

Das Vorbringen des Klägers bietet keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, ob und in welchem Umfang sein Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2013 auf das Jahr 2014 übertragen wurde. Der Kläger hat insoweit lediglich vorgetragen, vor dem Hintergrund, dass die Geschäftsführung noch im Juli 2013 die Belegschaft zu einem erhöhten Arbeitseinsatz im Hinblick auf die Erledigung aufgelaufener Aufträge ermuntert habe, seien denknotwendig auf Mitarbeiterseite auch Einbußen bei der Gewährung von Erholungsurlaub eingetreten. Dieser, sehr allgemein gehaltene Sachvortrag des Klägers erweist sich für die Annahme einer Urlaubsübertragung als völlig unzureichend.

51

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die per Aushang am "schwarzen Brett" veröffentliche Erklärung der Beklagten berufen, wonach Urlaub, der im Jahr 2013 nicht genommen werden konnte, nicht zum Jahresende verfallen, sondern ins Jahr 2014 übernommen werde. Diese Erklärung bezieht sich nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut nur auf solche Urlaubstage, die der Arbeitnehmer nicht nehmen konnte, d.h. die er jedoch nehmen wollte und daher beantragt hatte. Anhaltspunkte dafür, dass auch Urlaub, dessen Gewährung der Arbeitnehmer im Jahr 2013 nicht gewünscht hat, ins Folgejahr übertragen werden sollte, bietet die betreffende Erklärung nicht. Der Kläger hat auch nicht ansatzweise vorgetragen, dass von ihm geäußerte Urlaubswünsche im Jahr 2013 seitens der Beklagten abgelehnt worden seien.

52

Im Übrigen könnte der Kläger im Hinblick darauf, dass er im Jahr 2014 einen Teilurlaubsanspruch von 8 Tagen erworben hat und ihm in diesem Jahr insgesamt 29 Urlaubstage gewährt wurden, nur dann noch einen Abgeltungsanspruch haben, wenn Urlaubsansprüche von mehr als 21 Tagen aus dem Jahr 2013 wegen Vorliegens der Übertragungsvoraussetzungen auf das Jahr 2014 zu übernehmen waren. Diesbezüglich fehlt es an jeglichem Sachvortrag des Klägers. Der Kläger hat nicht vorgetragen, ob und in welchem Umfang er seinen Urlaubsanspruch im Jahr 2013 nicht realisieren konnte.

53

Aus der von der Beklagen erstellten Entgeltabrechnung für Dezember 2013, die einen Urlaubsanspruch von 63 Tagen ausweist, ergibt sich ebenfalls nichts zugunsten des Klägers. Es ist offensichtlich, dass diese Anzahl von Urlaubstagen nicht nur den Urlaubsanspruch des Klägers aus dem Jahr 2013, sondern darüber hinaus auch - an sich gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallene - Urlaubsansprüche des Klägers aus den Vorjahren umfasst. Einer solchen Entgeltabrechnung kann jedoch regelmäßig nicht entnommen werden, dass der Arbeitgeber die Zahl der angegebenen Urlaubstage auch dann gewähren will, wenn er diesen Urlaub nach Gesetz, Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag nicht (mehr) schuldet. Erst recht ergibt sich aus ihr nicht, dass der Arbeitgeber auf die künftige Einwendung des Erlöschens des Urlaubsanspruchs durch Zeitablauf verzichten will. Will der Arbeitgeber mit der Abrechnung eine derartige Erklärung abgeben, so müssen dafür besondere Anhaltspunkte vorliegen (BAG v. 10.03.1987 - 8 AZR 610/84 - AP Nr. 34 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Solche besonderen Anhaltspunkte sind vorliegend nicht ersichtlich.

III.

54

Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

56

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.