Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 26. Aug. 2015 - L 12 KA 69/15 B ER

bei uns veröffentlicht am26.08.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Beschwerde des Beigeladenen zu 1) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.4.2015, S 1 KA 3/15 ER, wird als unzulässig verworfen.

II.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 11) und 12) trägt der Beigeladene zu 1).

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 31.825,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Beteiligten streiten über die dem Antragsteller erteilte Genehmigung zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 9) mit einem Tätigkeitsumfang von 20 Stunden am Vertragsarztsitz A-Straße in A-Stadt.

Mit Beschluss des Landesausschusses für Ärzte und Krankenkassen in Bayern vom 10.06.2013 wurden die bestehenden Zulassungsbeschränkungen für die Arztgruppe der Radiologen im Planungsbereich der Raumordnungsregion M. aufgehoben, mit der Auflage, dass die bedarfsplanerische Neuzulassung insgesamt den Anrechnungsfaktor 2 im Sinne der Bedarfsplanung nicht überschreiten darf (§ 103 Abs. 3 SGB V, § 16 b Abs. Satz 2 Ärzte-ZV, § 11 Abs. 1, § 63 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BPlRL-Ä)). Gemäß § 63 Abs. 6 BPlRL-Ä gelte dies auch für Anträge auf Genehmigung von Anstellungen in medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten.

Mit Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte - Unterfranken - (ZA) vom 20.12.2013 aufgrund der Sitzung vom 25.10.2013 wurde dem MVZ in Trägerschaft der MVZ E.-C-Stadt GmbH am Vertragsarztsitz in C-Stadt die Genehmigung zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 10) im Umfang von 40 Stunden erteilt. Zudem ließ der Zulassungsausschuss den Facharzt für Diagnostische Radiologie Dr. K. mit einem vollen Versorgungsauftrag zu. Hiergegen haben der Antragsteller sowie die Beigeladenen zu 11) und 12) Widerspruch eingelegt. Mit Bescheid des Berufungsausschusses für Ärzte - Bayern - (Antragsgegner) vom 04.08.2014 (Beschluss vom 22.05.2014) wurde der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.10.2013 (ausgefertigt am 20.12.2013) teilweise aufgehoben und dem Antragsteller unter anderem die Beschäftigung des Beigeladenen zu 9) mit einem Tätigkeitsumfang von 20 Stunden pro Woche (Bedarfsplanungs-Anrechnungsfaktor 0,5) am Vertragsarztsitz in A-Stadt, A-Straße, erteilt. Dagegen hat der Beigeladene zu 1) als MVZ C-Stadt, Ärztlicher Leiter Dr. P. R., am 13.08.2014 Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben, die das SG mit Gerichtsbescheid vom 13.04.2015 (S 1 KA 17/14) abwies. Die Klage sei unzulässig, weil der Klägerin die Prozessführungsbefugnis fehle, da sie für den geltend gemachten Klageanspruch nicht aktiv legitimiert sei. Streitig sei die Genehmigung der Klägerin, des MVZ C-Stadt, zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 10) unter gleichzeitiger Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides des BA vom 04.08.2014 (Beschluss: 22.05.2014; Az.: 006/14). Die Prozessführungsbefugnis sei eine Prozessvoraussetzung. Sei eine Klägerin materiell zur Geltendmachung eigener Rechte aktivlegitimiert, sei sie auch prozessführungsbefugt. Nach der neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. BSG vom 21.03.2012 - B 6 KA 22/11 R) und des Bundesverfassungsgerichtes (vgl. Beschluss vom 22.03.2013 - 1 BvR 791/12) betreffe jedoch der Status der Zulassung eine höchstpersönliche Rechtsposition des MVZ, die auch das Recht zur Drittanfechtung gegen einen Bescheid, mit dem einem Konkurrenten die Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes erteilt werde, beinhalte. Die an die Trägerschaft eines Medizinischen Versorgungszentrums gebundene ärztliche Zulassung sei dabei nicht übertragbar, weil die Genehmigung zur Anstellung eines Arztes mit dem persönlichen Status der Zulassung so eng verbunden sei, dass es sich auch dabei um eine nicht übertragbare höchstpersönliche Rechtsposition handle. Da diese Rechtsposition an die Trägergesellschaft des MVZ gebunden sei, könne ein einzelnes zu der Trägergesellschaft gehörendes MVZ sie nicht in eigenem Namen geltend machen. Tue sie es dennoch, fehle es insoweit an einer Prozessführungsbefugnis, die Prozessvoraussetzung sei.

Die hiergegen vom Beigeladenen zu 1 eingelegte Berufung ist unter dem Az. L 12 KA 65/15 anhängig.

Mit Beschluss vom 20.4.2015 erklärte das SG auf Antrag des Antragstellers vom 26.3.2015 den Bescheid des Berufungsausschusses für Ärzte - Bayern - (BA) vom 04.06.2014 (Beschluss: 22.05.2014; Az.: 006/14) betreffend die Genehmigung für die Beschäftigung von Herrn Dr. med. E. (Beigeladener zu 9) für sofort vollziehbar. Zur Begründung führte das SG unter Verweis die Gründe des Gerichtsbescheides vom 13.4.2015 (S 1 KA 17/14) aus, dass die Konkurrentenklage des Beigeladenen zu 1) wegen fehlender Aktivlegitimation keine Aussicht auf Erfolg biete.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer, der Beigeladene zu 1) am 22.5.2015 Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die Beschwerde sei zulässig und begründet, insbesondere fehle es dem Beschwerdeführer nicht an der Aktivlegitimation. Die Frage der Aktivlegitimation eines Medizinischen Versorgungszentrums im Sinne des § 95 SGB V sei eng verknüpft mit dessen Rechtsnatur, die bislang wenig diskutiert worden sei. In diesem Zusammenhang sei insbesondere die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 22.3.2013, Az.: 1 BvR 791/12 zu sehen, der nicht zu entnehmen sei, dass dem Medizinischen Versorgungszentrum „als solchem“ die Möglichkeit fehle, auch statusbegründende Rechtspositionen (gegebenenfalls neben der Trägergesellschaft) im eigenen Namen zu behaupten. Dies sei schon Konsequenz des Gebots eines umfassenden Rechtsschutzes. Auch habe die Rechtsprechung bislang stets sowohl Klagen des Medizinischen Versorgungszentrums, vertreten durch den ärztlichen Leiter, als auch Klagen von dessen Trägergesellschaft akzeptiert. Zudem sei auch im gesamten Verwaltungsverfahren vom „MVZ C-Stadt in Trägerschaft des Medizinischen Versorgungszentrums C-Stadt GmbH“ die Rede gewesen. Eben diesem sei auch vom Zulassungsausschuss die Rechtsposition der Anstellungsgenehmigung eingeräumt worden, was es nunmehr als MVZ verteidige. § 70 SGG sei vor diesem Hintergrund verfassungskonform auszulegen. Denn soweit es um die Verteidigung von Statusrechten gehe, die im Vertragsarztrecht wurzelten, sei auch das MVZ betroffen, das hier vom ärztlichen Leiter vertreten werde. Zudem machte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers umfangreiche Ausführungen zur Begründetheit der Beschwerde.

Der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers beantragt,

den Beschluss des SG Nürnberg vom 20.4.2015, Aktenzeichen S 1 KA 3/15 ER, der die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 4.6.2014 betreffend die Genehmigung für die Beschäftigung des Dr. E. erklärt, aufzuheben.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde des Beschwerdeführers zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Der verfahrensanlässliche Bescheid des Antragsgegners habe in den Gründen zu I.1 betreffend MVZ C-Stadt ausdrücklich auf die Trägerschaft der Medizinischen Versorgungszentren E.-C-Stadt GmbH hingewiesen, ebenso unter I.2. Im verfahrensanlässlichen Bescheid sei also ausdrücklich die rechtliche Identität angesprochen worden. Ein „MVZ“ sei nicht selbstständiges Zuordnungsobjekt von Rechten oder Pflichten. Im SGB V hätte auch angesichts der Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen im Grundgesetz keine Rechtsgrundlage für ein neues Rechtssubjekt geschaffen werden können. Ein MVZ dürfe sich aller zulässigen Organisationsformen (aus der Privatrechtsordnung) bedienen, wobei jedoch ein Medizinisches Versorgungszentrum, ärztlicher Leiter Dr. R., dem gerichtlichen Verfahrensrecht im § 70 SGG offenkundig nicht Rechnung trage. Der Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 GG verwundere, da die Rechtsschutzgarantie den als solchen rechtsfähigen Betroffenen im Auge habe und damit nicht einen Nicht-Rechtsträger (Einrichtung MVZ) oder einen schon nicht denkbar rechtlich betroffenen Rechtsträger (Dr. R.). Dann könnten auch die Ausführungen des Beschwerdeführers zu den Konsequenzen hieraus nichts ändern (wird ausgeführt). In den immer wieder zitierten Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 21.3.2012, B 6 KA 22/11 R („Atriomed“) und des Bundesverfassungsgerichts vom 22.3.2013, 1 BvR 791/12 („Atriomed“) sei es jeweils um eine GmbH als Inhaber einer Zulassung betreffend ein MVZ als Einrichtung bei der vertragsärztlichen Versorgung und dann als Klagepartei gegangen. Bezeichnenderweise nenne der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers in seiner Bezugnahme auf verschiedene Urteile zu Medizinischen Versorgungszentren nicht, welche Organisationsform der dortige jeweilige Rechtsträger aufweise. Da das MVZ als Einrichtung nicht beteiligungsfähig sei und der allein beteiligungsfähige Arzt Dr. P. R. nicht darlegen könne, weshalb er überhaupt in eigenen Rechten denkbar verletzt sein solle, komme es auf die in der Beschwerdebegründung thematisierte Begründetheit des Rechtsmittels Beschwerde offenkundig nicht an.

Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beantragt,

die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Der Beschwerdeführer sei weder prozessführungsbefugt noch durch den Sofortvollzug beschwert. Als Beschwerdeführer trete das MVZ C-Stadt, auf. Gegründet worden sei dieses MVZ von der juristischen Person „Medizinisches Versorgungszentrum C-Stadt GmbH „, vertreten durch die Geschäftsführer S. K. und W. N., eingetragen am 20.1.2007 im Handelsregister des AG B. und zum 18.10.2013 umfirmiert in „Medizinische Versorgungszentren E.-C-Stadt GmbH“. Gemäß § 70 Nr. 1 SGG seien natürliche und juristische Person fähig, am Verfahren beteiligt seien. Das MVZ C-Stadt sei vor allem keine „nichtrechtsfähige Personenvereinigung“, „Behörde“ oder „gemeinsames Entscheidungsgremien“ im Sinne der §§ 70 Nrn. 2 - 4 SGG. Es sei auch weder eine natürliche oder juristische Person, sondern lediglich eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung. Eine Einrichtung sei, vergleichbar mit Krankenhäusern im Krankenhausrecht, kein Rechtssubjekt, keine Rechtspersönlichkeit, die Träger von Rechten und Pflichten sein könne. Demnach sei die Einrichtung „MVZ C-Stadt“ schon nicht beteiligungsfähig im Sinne des § 70 SGG. Ebenso fehle die Prozessfähigkeit gemäß § 71 Abs. 1 SGG, denn prozessfähig könne nur ein Beteiligter im Sinne des § 70 SGG sein. Als prozessunfähige Einrichtung habe das „MVZ C-Stadt“ auch beispielsweise weder einen Anstellungsvertrag noch Behandlungsverträge schließen können, wodurch es ausgeschlossen sei, dass die nichtrechtsfähige Einrichtung „MVZ C-Stadt“ in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten auch nur möglicherweise verletzt sein könnte. Auch die natürliche, unbestritten beteiligungs- und prozessfähige Person Dr. R. könne nicht möglicherweise in eigenen Rechten verletzt sein, da er weder Träger/Inhaber des MVZ sei noch ihm als angestellter Arzt die Anstellungsgenehmigung hinsichtlich der Auswahlentscheidung F. hätte erteilt werden können. Allein die „Medizinische Versorgungszentren E.-C-Stadt GmbH“ als juristische Person des Privatrechts könnte die Verletzung ihrer subjektiv öffentlich-rechtlichen Rechte geltend machen, diese habe aber weder geklagt noch Berufung oder Beschwerde eingelegt. Ihr gegenüber sei der Bescheid mithin bestandskräftig. Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG müsse die Klageschrift den Kläger identifizierbar bezeichnen, was hier durch die Benennung einer natürlichen Person in Gestalt des Dr. R. geschehen sei. Im Übrigen wäre -fiktiv unterstellt, die Prozessführungsbefugnis der Einrichtung MVZ läge vor - diese durch den Sofortvollzug nicht beschwert, insbesondere gehe es nicht um einen Konkurrentenstreit im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens, durch dessen Vollzug sich negative Gefahren zulasten des übergangenen Mitbewerbers ergeben könnten. Zudem seien die vier Klagen - bei unterstellter Zulässigkeit - bei summarischer Prüfung auch im Übrigen ohne Aussicht auf Erfolg (wird umfangreich ausgeführt).

Die übrigen Beteiligten haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Antragsgegners, die Akten des Sozialgerichts Nürnberg S 1 KA 3/15 ER und die Beschwerdeakte L 12 KA 69/15 B ER sowie die beigezogenen Akten des SG Nürnberg S 1 KA 4/15 ER, S 1 KA 17/14, S 1 KA 18/14, S 1 KA 19/14 S 1 KA 20/14 und die Berufungs- bzw. Beschwerdeakten L 12 KA 70/15 B ER, L 12 KA 65/15, L 12 KA 66/15, L 12 KA 67/15 und L 12 KA 68/15 zur Entscheidung vor.

II. Die Beschwerde des Beigeladenen zu 1) ist unzulässig und war daher zu verwerfen.

Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zugunsten des Antragstellers richtet sich hier nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die Klagen des Beigeladenen zu 1) vom 13.8.2014 gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 22.5.2014, ausgefertigt am 4.8.2014, nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung haben. Das Ende der aufschiebenden Wirkung tritt erst mit Unanfechtbarkeit des VA bzw. des Widerspruchsbescheides ein (Keller in Meyer-Ladewig, Komm. Zum SGG, § 86a, Rdnr. 11). Wegen der vom Beschwerdeführer eingelegten Berufungen gegen die Gerichtsbescheide des SG Nürnberg vom 13.4.2015 (L 12 KA 65/15 bis L 12 KA 68/15) wirkt die aufschiebende Wirkung der Klagen fort, so dass noch keine Unanfechtbarkeit des Bescheides vom 4.8.2014 eingetreten ist. Um den durch die Erhebung der Klagen bzw. Berufungen eingetreten Suspensiveffekt zu beseitigen, war daher die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 22.5.2015 durch das Gericht erforderlich. Das Gericht kann gem. § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in den Fällen, in denen der Widerspruch oder die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen.

Mit ihrer Beschwerde begehrt der Beigeladene zu 1) die Aufhebung des sozialgerichtlichen Beschlusses vom 20.4.2015, wodurch die aufschiebende Wirkung seiner Klagen/Berufungen wieder eintreten würde.

Auf die Beschwerde hin hat das Beschwerdegericht zu prüfen, ob die Beschwerde zulässig ist. Nur wenn alle Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig. Das Gericht darf die Entscheidung über die Statthaftigkeit und Zulässigkeit der Beschwerde nicht offen lassen. Denn das Beschwerdegericht ist zur Sachentscheidung nur befugt, wenn die Statthaftigkeit und die Zulässigkeit der Beschwerde feststeht (Böttiger in Breitkreuz/Fichte, Kommentar zum SGG, vor §§ 172 ff. Rdnr. 24).

Die Beschwerde ist statthaft, da sie sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 20.4.2015 wendet, § 172 Abs. 1 SGG. Der Beschwerdeführer muss zudem nach den allgemeinen Regelungen des SGG fähig sein, sich am Beschwerdeverfahren zu beteiligen (§ 70 SGG). Daran scheitert es hier, soweit der Beschwerdeführer das MVZ C-Stadt als unselbstständige Einrichtung ist. Nach § 70 SGG sind beteiligtenfähig natürliche und juristische Personen, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt, sowie gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen. Hierunter fällt das MVZ C-Stadt eindeutig nicht. Denn die Beteiligtenfähigkeit des MVZ richtet sich nach der für dessen Betreibung gewählten Organisationsform (Arndt in Breitkreuz/Fichte, Kommentar zum SGG, § 70 Rdnr. 8). Nur wenn sich das MVZ einer Organisationsform bedient, die § 70 SGG zugeordnet werden kann, ist es beteiligtenfähig. Das MVZ C-Stadt als fachübergreifende ärztliche geleitete Einrichtung wurde von der juristischen Person „Medizinisches Versorgungszentrum C-Stadt GmbH“, zum 18.10.2013 in „Medizinische Versorgungszentren E.-C-Stadt GmbH“ umfirmiert, gegründet. Beteiligtenfähig im Sinne des § 70 SGG wäre daher allein die „Medizinische Versorgungszentren E.-C-Stadt GmbH“, nicht jedoch das einzelne MVZ C-Stadt. Das MVZ als solches ist kein Rechtsträger, dem subjektive Rechte zugeordnet sein können. Daran ändern auch die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers zu einer verfassungskonformen Auslegung von § 70 SGG wegen des Gebots des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 SGG nichts. Der Wortlaut des § 70 SGG ist in Bezug auf die Beteiligtenfähigkeit eindeutig und insofern nicht dahingehend auslegungsfähig, dass eine (weitere) Organisationsform ohne eigene Rechtspersönlichkeit beteiligtenfähig im Sinne des § 70 SGG sein könne.

Prozessfähig im Sinne von § 71 Abs. 1 SGG kann wiederum nur ein „Beteiligter“ im Sinne des § 70 SGG sein. Die Prozessfähigkeit setzt Geschäftsfähigkeit im Sinne des Zivilrechts voraus. Eine „Einrichtung“ wie ein MVZ ist nicht geschäftsfähig, sondern lediglich dessen jeweiliger Inhaber bzw. Träger, sei es eine natürliche oder juristische Person, eine Personengesellschaft oder Genossenschaft, also derjenige, den die Rechte oder Pflichten aus dieser Einrichtung betreffen.

Der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers hat auch klargestellt, dass Beschwerdeführer in diesem Verfahren das MVZ C-Stadt und eben nicht die „Medizinische Versorgungszentren E.-C-Stadt GmbH“ ist.

Unterstellt, Beschwerdeführer wäre nicht das MVZ C-Stadt als Einrichtung, ärztlicher Leiter Dr. R., sondern die Person des ärztlichen Leiters des MVZ C-Stadt Dr. R., wäre dieser zwar als natürliche Person beteiligten- und prozessfähig im Sinne von §§ 70, 71 SGG, er wäre jedoch nicht Träger bzw. Inhaber des MVZ, sondern lediglich angestellter Arzt der „Medizinischen Versorgungszentren E.-C-Stadt GmbH“. Der Beschwerdeführer muss allerdings auch prozessführungsbefugt sein. Die Prozessführungsbefugnis folgt in der Regel dem materiellen Anspruch. Als ärztlichem Leiter des MVZ C-Stadt kann Dr. R. allerdings die begehrte Anstellungsgenehmigung nicht erteilt werden. Schon die Antragstellung hinsichtlich der Antragsgenehmigung F. wurde rechtlich zutreffend durch die MVZ-Träger GmbH gestellt und nicht durch die Einrichtung MVZ C-Stadt bzw. dessen ärztlichen Leiter Dr. R.. Entsprechend wurde auch die Anstellungsgenehmigung vom Zulassungsausschuss dem MVZ in der Trägerschaft der GmbH erteilt und weder dem ärztlichen Leiter noch dem MVZ C-Stadt als Einrichtung. Als natürliche Person könnte Dr. R. demnach auch nicht geltend machen, in eigenen subjektiv öffentlichen Rechten auch nur möglicherweise verletzt zu sein. Ihm würde es bereits an der Prozessführungsbefugnis fehlen, die getrennt von der Beteiligtenfähigkeit zu prüfen ist. Der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers hat allerdings schriftsätzlich eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass Beschwerdeführer das MVZ C-Stadt und nicht die Person Dr. R. ist.

Da die Beschwerde bereits unzulässig ist, waren Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht mehr zu prüfen. Die Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, § 202 SGG i. V. m. § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

Die Kostenentscheidung entspricht dem Ausgang des Verfahrens (§ 197a SGG analog in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 26. Aug. 2015 - L 12 KA 69/15 B ER

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(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 12.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Entziehung der Zulassung für ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ).

2

Die Klägerin, ein MVZ in der Rechtsform einer GmbH, über deren Vermögen das Amtsgericht Köln am 25.1.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet hat, nimmt seit 2007 unter dem Namen "Medizinisches Versorgungszentrum L. GmbH" an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die GmbH hatte nach ihrer Gründung durch Gesellschaftsvertrag vom 31.5.2007 und dem Handelsregistereintrag am 1.4.2008 zunächst als "Medizinisches Versorgungszentrum R. GmbH" firmiert, danach als "Medizinisches Versorgungszentrum A. GmbH". Alleingesellschafterin ist die H. GmbH, deren Name früher "R. GmbH" und danach "A. GmbH" war.

3

Die GmbH erhielt - zum 1.4.2008 - eine Zulassung gemäß § 124 SGB V als physiotherapeutische krankengymnastische Praxis und - zum 1.7.2008 - eine Zulassung gemäß § 95 SGB V als MVZ zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Die Zulassung (Beschluss vom 5.3.2008/Bescheid vom 24.4.2008) erfolgte mit der Auflage, mehr als fünftägige Abwesenheiten der im MVZ tätigen Ärzte durch Urlaub, Fortbildung oder Krankheit formlos mitzuteilen und die Vertreter zu benennen. Weiterhin war darin als ärztlicher Leiter der (frühere) Beigeladene zu 8. (Dr. Ka. - inzwischen verstorben) benannt, dem in einer Nebenbestimmung des Zulassungsbescheids auch die Verantwortung für die korrekte Leistungserbringung und -abrechnung der im MVZ tätigen Ärzte zugewiesen war. Zum 18.7.2008 verlegte die Klägerin ihren Standort an die heutige Anschrift in B.

4

Der Beigeladene zu 8. war bis zum 31.12.2008 der ärztliche Leiter des MVZ; am 1.1.2009 löste ihn der Beigeladene zu 9. (Dr. J. Ko.) ab. Zum 1.1.2009 stimmte der Zulassungsausschuss auch weiteren Anstellungen zu, unter anderem der Anstellung der Beigeladenen zu 7. (Gynäkologin Frau G.) (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 8.12.2008/Bescheid vom 20.2.2008).

5

           

Im März 2009 beantragte die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) beim Zulassungsausschuss, der Klägerin wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Die Beigeladene zu 1. stützte diesen Vorwurf im Wesentlichen auf die folgenden Ungereimtheiten, die sie bei der Überprüfung der Abrechnung für das Quartal IV/2008 festgestellt hatte:

        

-       

1023 Leistungen seien drei Arztnummern (lebenslange Arztnummer ) zugeordnet worden, die überhaupt nicht vergeben worden seien (LANR 3453538 66 - 161 Ansätze; LANR 5345451 45 - 201 Ansätze; LANR 6556563 78 - 661 Ansätze).

        

-       

797 Ansätze seien der LANR der Beigeladenen zu 7. - Gynäkologin G. - und 9 Ansätze der LANR der Dermatologin Dr. R. zugeordnet worden, obgleich deren Anstellungen erst zum 1.1.2009 (also mit Wirksamkeit erst für die Zeit nach der Leistungserbringung) genehmigt worden seien.

        

-       

475 Leistungen seien unter der LANR der Allgemeinärztin Dr. Str. in Ansatz gebracht worden, obgleich für sie eine Anstellungsgenehmigung weder beantragt noch erteilt worden sei.

Hierauf stützten sich auch der Zulassungs- und der beklagte Berufungsausschuss bei ihren Bescheiden über die Zulassungsentziehung (Beschluss vom 27.4.2009/Bescheid vom 13.5.2009 sowie Beschluss vom 15.7.2009/Bescheid vom 21.8.2009).

6

Die Klägerin räumte im Klageverfahren - wie auch schon im Verfahren vor dem Zulassungs- und Berufungsausschuss - ein, der Sachverhalt treffe im Wesentlichen zu. Entlastend sei aber zu berücksichtigen, dass sich die Abrechnungsfehler vor allem auf Mängel der Software gründeten, die keine Schutzmechanismen wie zB Warnhinweise bei Eingaben falscher LANR und bei Überschreiben richtiger LANR enthalten habe. So habe jeder Mitarbeiter eine bestehende LANR überschreiben können; auch die LANR überweisender Ärzte seien im System erfasst worden. Die Daten der Beigeladenen zu 7. - Frau G. - und der Frau Dr. R. seien fälschlicherweise schon vor dem 1.1.2009 in die Software eingepflegt und ihnen seien - von übereifrigem Praxispersonal - Leistungen zugeordnet worden; als die Anstellungsgenehmigungen entgegen dem Antrag nicht rückwirkend erteilt worden seien, sei versäumt worden, die Leistungen wieder aus der Abrechnung herauszunehmen. Wie die LANR der - auch gynäkologisch tätigen - Allgemeinärztin Dr. Str. ins System gelangt sei - sie sei an die Stelle der LANR des bis 31.12.2008 tätigen Orthopäden Dr. H. gesetzt worden -, sei unerklärlich, weil sie weder zur Anstellung angestanden habe noch Überweiserin gewesen sei. Die Leistungen als solche seien aber erbracht worden, nämlich von anderen Ärztinnen - Frau Dr. Sto. und Frau Dr. K. -, die noch bis 31.12.2008 im MVZ tätig gewesen seien. Bei allem sei auch zu berücksichtigen, dass ihr Personal durch die organisatorischen Folgen ihrer Standortverlegung im Juli 2008 und durch die Umstellung des Computersystems im September 2008 auf neue Software überfordert gewesen sei.

7

           

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.7.2010); das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 23.2.2011 - L 7 KA 62/10 - in Juris dokumentiert). Das SG und das LSG haben die Zulassungsentziehung als rechtmäßig angesehen. Das LSG hat die von der KÄV benannten Vorwürfe zugrunde gelegt und als weiteren festgestellt, dass

        

-       

der Beigeladene zu 9. umfänglich Vertretungstätigkeiten ausgeübt habe, ohne dass dies, wie in § 32 Abs 1 Satz 4 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) bestimmt und als Auflage in der Zulassung(Beschluss vom 5.3.2008/Bescheid vom 24.4.2008) vorgegeben, der KÄV mitgeteilt worden sei.

8

SG und LSG haben ausgeführt, Pflichtverletzungen im MVZ, jedenfalls soweit sie das Abrechnungswesen beträfen, seien dem MVZ (zumindest: auch) selbst anzulasten und nicht etwa nur einzelnen dort tätigen Mitarbeitern. Keine Entlastung ergebe sich daraus, dass die Abrechnungssoftware möglicherweise keinen ausreichenden Schutz gegen Manipulationen geboten habe; dies relativiere nicht die gegen das MVZ zu erhebenden Vorwürfe, alle Mitarbeiter hätten auf die Abrechnungssoftware zugreifen und Manipulationen durch Eingabe von LANR und Überschreiben vornehmen können, und eine Kontrolle bei Abgabe der Abrechnungssammelerklärung sei nicht gewährleistet gewesen. Insgesamt sei ein erschreckender Mangel an Sensibilität für die bei Abrechnungen nötige Sorgfalt sowie eine erschreckende Sorglosigkeit im Umgang mit den durch die Kassenzulassung begründeten Pflichten peinlich genauer Leistungsabrechnung und persönlicher Leistungserbringung festzustellen. Voraussetzung der Entziehung der Zulassung sei nur das Vorliegen einer gröblichen Pflichtverletzung, nicht auch Wiederholungsgefahr, und es gebe auch keinen Vorrang für zB Disziplinarmaßnahmen oder den Widerruf von Anstellungsgenehmigungen. Im Urteil des LSG ist zusätzlich ausgeführt, die Bemühungen der Klägerin um Aufklärung der näheren Umstände der Pflichtverletzungen seien offensichtlich unzureichend gewesen und auch nach zwei Jahren sei ein ernster Wille zur Behebung der Missstände nicht erkennbar. Die Klägerin sei zu einer ausreichend kritischen Einschätzung ihrer Pflichtverletzungen nicht gelangt, bagatellisiere diese vielmehr in besorgniserregender Weise, indem sie sie nur dem kaufmännischen Bereich zuordne und als bloße "Förmeleien" einstufe. Dem Vorwurf gröblicher Pflichtverletzung stehe nicht entgegen, dass Eingaben falscher LANR im Rahmen der Abrechnungsprüfung durch die Beigeladene zu 1. hätten leicht aufgedeckt werden können. Großes Gewicht komme der Richtigkeit der Abrechnungssammelerklärung zu, die im vorliegenden Fall gravierende Fehler aufgewiesen habe. Ungeachtet dessen, dass die Klägerin zwischenzeitlich nicht unerhebliche Anstrengungen unternommen habe, die erkannten Missstände zu beseitigen, und dass in den Folgequartalen keine weiteren Unregelmäßigkeiten bei der Leistungsabrechnung aufgetreten seien, verblieben Zweifel, ob der Eignungsmangel zwischenzeitlich behoben sei. Der Zulassungsentziehung entgegenstehendes sog Wohlverhalten sei nicht feststellbar. Die Entziehung der Zulassung stelle auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff dar.

9

Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin gegen die Bewertung ihres Fehlverhaltens als gröbliche Pflichtverletzung. Sie räumt das vom LSG festgestellte Fehlverhalten ein: Sie habe zum einen Leistungen unter bundesweit nicht vergebenen LANR abgerechnet; zum anderen habe sie Leistungen solchen Ärzten zugeordnet, die entweder zu keinem Zeitpunkt bei ihr angestellt waren (Frau Dr. Str.) oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten (Beigeladene zu 7. und Frau Dr. R.); ferner habe sie Vertretungstätigkeiten - des Beigeladenen zu 9. - entgegen § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV und entgegen Nr 12 Satz 1 des Bescheids über ihre Zulassung nicht angezeigt. Bei allen diesen Pflichtverstößen sei aber zu berücksichtigen, dass ihr Personal im Quartal IV/2008 durch die erfolgte Standortverlegung, die Einführung der LANR, die Integration weiterer Arztpraxen und die Neueinstellung von ca 25 Mitarbeitern erheblich belastet gewesen sei; ihr könne weder Absicht noch strafbares Verhalten angelastet werden; zudem seien die Pflichtverstöße auf ein einziges Quartal beschränkt. Es sei kein Schaden verblieben, nachdem 10 000 Euro im Wege sachlich-rechnerischer Richtigstellung ausgeglichen worden seien. Die Negativprognose des LSG sei nicht haltbar. Die Zulassungsentziehung sei, gemessen an Art 12 Abs 1 iVm Art 19 Abs 3 GG, verfassungswidrig und im Übrigen wegen der Existenzvernichtung im Gefolge eines Fehlverhaltens, das nicht bestritten werde, jedenfalls unverhältnismäßig. Die Zulassungsentziehung führe zur Schließung des MVZ und für zahlreiche Patienten zum Verlust der Ärzte ihres Vertrauens sowie für alle Mitarbeiter zum Verlust ihrer Arbeitsplätze, wobei viele der betroffenen Ärzte wegen der Sperren für Neuzulassungen wegen Überversorgung wohl kaum eine (erneute) Kassenzulassung erlangen könnten. Dies sei im Hinblick auf die Aussagen des BVerfG, die dieses in den von ihr geführten vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemacht habe, problematisch; hiernach reichten insbesondere generalpräventive Erwägungen für eine Zulassungsentziehung nicht aus.

10

Die Auslegung des Begriffs gröbliche Pflichtverletzung im Sinne des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V müsse den Besonderheiten eines MVZ und dessen zweistufiger Struktur mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten Rechnung tragen: Die Trägergesellschaft bzw ihre Gesellschafter seien Zulassungsinhaber und Abrechnungsberechtigte; hierher gehöre die Abrechnung, die Teil der kaufmännischen Praxisführung und damit Angelegenheit der Gesellschaft und ihrer Geschäftsführung sei. Demgegenüber obliege die Leistungserbringung im engeren Sinne mit der Behandlung der Patienten den Ärzten, die nur ihre Leistungen tatsächlich, vollständig und persönlich erbringen und dies an die Geschäftsführung bzw Buchhaltung übermitteln müssten; ihnen seien die Fehler der Abrechnung nicht anzulasten. Das Fehlverhalten habe vielmehr im kaufmännischen Bereich gelegen, wofür natürlich die Klägerin die Verantwortung trage, die sich aber vom kaufmännisch verantwortlichen Standortleiter mittlerweile getrennt habe. Dass den Ärzten kein Fehlverhalten und keine Fehlbehandlungen angelastet werden könnten, müsse bei der Bewertung der Pflichtverletzungen berücksichtigt werden, ebenso wie der Umstand, dass es um Fehler nur in einem einzigen Quartal und - wie SG und LSG festgestellt hätten - ohne jeden Ansatz eines kriminellen Verhaltens gehe. Deshalb sei das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen den vertragsarztrechtlichen Institutionen und ihr, der Klägerin, nicht irreparabel und auf Dauer zerstört. Bei der Frage der Gröblichkeit von Pflichtverletzungen müssten die individuellen Umstände und Verantwortlichkeiten beachtet werden sowie auch das Maß an subjektiver Vorwerfbarkeit, vergleichbar den Graden von Fahrlässigkeit bis hin zu Vorsatz und strafbarer Absicht. Der Vorhalt des LSG, es stehe "die Möglichkeit eines vorsätzlichen und damit strafbaren Verhaltens eines oder mehrerer Mitarbeiter der Klägerin im Raum", sei ein krasser Fehlgriff; denn bisher seien weder sie - die Klägerin - noch ihre Mitarbeiter strafrechtlich belangt worden; der Vorhalt einer Betrugsabsicht sei abwegig, wie die Art der Fehlabrechnung mit falschen LANR belege, die vom Prüfsystem der KÄV - wie allgemein bekannt - auf Anhieb erkannt würden.

11

Ebenso fehlsam und unsubstantiiert sei der Vorhalt des LSG, sie habe sich nicht ernstlich bemüht, die Fehlerquellen und -ursachen aufzuklären und die Missstände zu beheben; das LSG sage nicht, welche Bemühungen sie über die von ihr unternommenen Maßnahmen hinaus - Einholung eines Gutachtens eines EDV-Sachverständigen, Software-Änderung durch Softwarehersteller, Austausch des Standortleiters, Beauftragung einer externen controlling-Firma; Abrechnungsprüfungen durch Geschäftsführer; Schulungen der Mitarbeiter - noch hätte unternehmen sollen und können. Vor allem sei in die Wertung einzubeziehen, dass sie die entdeckten Fehler umgehend beseitigt habe. Vor diesem Hintergrund dürften ihr nicht unzulängliche Eigeneinschätzung und Uneinsichtigkeit sowie Widersprüchlichkeit und Unglaubhaftigkeit vorgeworfen werden. Indiskutabel sei auch der Vorhalt, sie habe ihren ärztlichen Leiter nur zögerlich von seinen Aufgaben entbunden; denn sie sei aufgrund der vom LSG gestützten sofortigen Vollziehung der Zulassungsentziehung bis zum Beschluss des BVerfG vom 15.3.2010 handlungsunfähig gewesen und habe dann sogleich - zum 31.3.2010 - die Trennung umgesetzt. Die Gesamtwürdigung hätte im Falle eines Einzelarztes wohl nur zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung geführt, eine Zerstörung des Vertrauens der vertragsarztrechtlichen Institutionen wäre wohl kaum angenommen worden; bei einem MVZ könne nichts anderes gelten. Die Qualifizierung als gröbliche Pflichtverletzung sei auch nicht mit dem Schutz der Berufsfreiheit durch Art 12 Abs 1 GG vereinbar, der eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine strikte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfordere; dabei seien auch die Belange und Grundrechte der im MVZ tätigen Ärzte und Mitarbeiter sowie die Belange der Patienten zu berücksichtigen.

12

Die Annahme von Wiederholungsgefahr und Negativprognose scheitere daran, dass die Abrechnungsfehler nur versehentlich - nicht vorsätzlich - und nur in einem einzigen Quartal erfolgt seien, dass sie nach Entdeckung umgehend abgestellt und dass zahlreiche grundlegende Veränderungen vorgenommen worden seien. Eine Negativprognose könne schließlich auch nicht darauf gestützt werden, dass sie sich gegen die Zulassungsentziehung gewehrt habe; das widerspräche dem verfassungsrechtlich in Art 19 Abs 4 GG verbürgten Anspruch auf Rechtsschutz.

13

Die Zulassungsentziehung sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil zahlreiche mildere Mittel zur Verfügung stünden und ausreichten, wie zB eine sachlich-rechnerische Richtigstellung, die bereits erfolgt sei und bei umfassender Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen und den Belangen der Klägerin und bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ausreiche. Schließlich könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Software trotz ihrer Unvollkommenheiten von der KÄV geprüft und genehmigt worden sei.

14

Die Klägerin hat im Revisionsverfahren darauf hingewiesen, dass sie vorsorglich im Hinblick auf das Zulassungsentziehungsverfahren die Ausschreibung der MVZ-Zulassung beantragt, die Beigeladene zu 1. dies aber abgelehnt und sie - die Klägerin - mit ihren hiergegen gerichteten Rechtsmitteln noch keinen Erfolg gehabt habe. Sie hat ferner ihre Überlegungen mitgeteilt, das Zulassungsentziehungsverfahren durch Veräußerung des MVZ und/oder der Trägergesellschaft zur Erledigung zu bringen, hat dies aber bisher - soweit ersichtlich - nicht weiterverfolgt.

15

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23.2.2011 und des Sozialgerichts Berlin vom 7.7.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21.8.2009 aufzuheben.

16

Der Beklagte und die zu 1. beigeladene KÄV beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

17

Sie verteidigen das Urteil des LSG. Der Beklagte hebt hervor, dass es für die Entziehung der Zulassung nicht auf ein Verschulden ankomme. Maßgebend sei allein das Vorliegen gröblicher Pflichtverletzungen. Für die Frage der Gröblichkeit der Pflichtverletzung sei nur diese selbst und ihre Eigenart relevant, nicht hingegen die Höhe des daraus resultierenden Schadens und die Größe des von der Entziehung betroffenen Personenkreises (MVZ-Mitarbeiter und Patienten). Pflichtverletzungen lägen nicht nur aufgrund der Abrechnungsverstöße durch die Verwendung falscher LANR vor, sondern auch aufgrund der Beschäftigung nicht genehmigter Ärzte, was dem Schutz der Patienten zuwiderlaufe und deshalb schwer wiege. Das Gewicht aller Verstöße zusammen impliziere die Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Leistungserbringer und vertragsarztrechtlichen Institutionen und begründe ohne Weiteres die Gröblichkeit der Pflichtverletzungen. Den von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen des BVerfG zur sofortigen Vollziehung komme für die hier vorliegende Problematik nur begrenzte Aussagekraft zu, weil sie nur die Abwägung der Interessen für und wider die Vollziehung vor Bestandskraft beträfen. Im Übrigen dürfe bei der Beurteilung der Gröblichkeit einer Pflichtverletzung auch der Gesichtspunkt der Generalprävention einbezogen werden.

18

Die Beigeladene zu 1. sieht eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten ebenfalls als gegeben an. Mit der Beschäftigung von nicht über einen Status verfügenden angestellten Ärzten und der Einreichung einer Abrechnung mit falschen LANR habe die Klägerin gegen Grundpflichten der Teilnahme an der vertragsärztlich-ambulanten Versorgung verstoßen. Die Argumentation der Klägerin, die Pflichtverletzungen beträfen die Ebene der Geschäftsführung, entlaste sie nicht. Für ein MVZ gälten grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie für niedergelassene Ärzte. Der Vertragsarzt könne sich seiner Verantwortlichkeit für die peinlich genaue Abrechnung nicht entledigen, wie insbesondere anhand der Pflicht zur Abgabe der sog Abrechnungssammelerklärung deutlich werde. Entsprechendes gelte für das MVZ; hier treffe die Verantwortung für die korrekte Abrechnung immer auch das MVZ als Ganzes.

19

Die Beigeladenen zu 2. bis 12. stellen keine Anträge und äußern sich nicht.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Bescheid, mit dem der Beklagte der Klägerin die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entzog, ist rechtmäßig.

21

1. Der Klagebefugnis und der Aktivlegitimation der Klägerin steht nicht entgegen, dass über ihr Vermögen durch Beschluss des AG Köln vom 25.1.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Wie der Senat wiederholt ausgeführt hat, betrifft der Status der Zulassung eine höchstpersönliche Rechtsposition des Vertragsarztes - bzw hier: des MVZ -, die nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen ist. Der Senat hat ausdrücklich entschieden, dass auch das Recht auf Praxisverlegung - als Ausfluss der Zulassung - der höchstpersönlichen Rechtssphäre des Vertragsarztes zuzuordnen ist; deshalb darf er - ohne Mitbestimmung des Insolvenzverwalters - nach eigenem Belieben seinen Praxissitz verlegen (BSG vom 10.5.2000, BSGE 86, 121, 123 iVm 125 f = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 16 iVm 18 f; hierauf Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 10 RdNr 7). Auch das Recht zur Drittanfechtung gegen einen Bescheid, mit dem einem Praxispartner die Zulassung entzogen oder die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis widerrufen bzw zurückgenommen wird, ist mit dem persönlichen Status der Zulassung so eng verbunden, dass es nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen ist (BSG vom 16.7.2008 - B 6 KA 79/07 B - RdNr 9 und - B 6 KA 2/08 B - RdNr 11). Ebenso - erst recht - ist das Recht zur Anfechtung einer Zulassungsentziehung dem persönlichen Status zuzuordnen. Mithin lässt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Klagebefugnis und/oder Aktivlegitimation nicht entfallen.

22

2. Rechtsgrundlage für die Entziehung der Zulassung ist § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V, wonach diese unter anderem dann zu entziehen ist, "wenn … der Vertragsarzt … seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt." Dieser Tatbestand gilt gleichermaßen für alle zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer; er gilt auch für ein MVZ, wie sich generell aus der Verweisung des § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und speziell aus dem Verhältnis des § 95 Abs 6 zu dessen Abs 1 SGB V ergibt. Die Anwendung des Grundtatbestandes des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V auf ein MVZ wird nicht durch die Regelungen in § 95 Abs 6 Satz 3 und(seit dem 1.1.2012:) Satz 4 SGB V in Frage gestellt. Diese Bestimmungen normieren nur weitere Zulassungsentziehungstatbestände, die zu dem des Satz 1 noch hinzutreten (Satz 3: "auch dann zu entziehen, wenn"). Die Bewertung, ob eine gröbliche Pflichtverletzung vorliegt, unterliegt uneingeschränkter gerichtlicher Überprüfung; ein den Zulassungsgremien vorbehaltener Beurteilungsspielraum besteht nicht (vgl BSGE 60, 76, 77 = SozR 2200 § 368a Nr 15 S 54; BSG MedR 1987, 254, 255 = USK 86179 S 837 f; s auch BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 29).

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a) Eine gröbliche Pflichtverletzung liegt nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn die Verletzung ein Ausmaß erreicht, dass das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung des Versicherten und/oder in die Richtigkeit der Leistungsabrechnung so stark zerstört ist, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann (vgl hierzu zB BSGE 73, 234, 237 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 12 f; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 13; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 37; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 13). Ein Verschulden des Leistungserbringers hinsichtlich der Vertrauenszerstörung ist nicht Voraussetzung der Zulassungsentziehung (vgl hierzu BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 36; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 28 aE). Ist eine Vertrauenszerstörung eingetreten, so wird dies grundsätzlich nicht durch eine spätere gewissenhafte Pflichterfüllung wettgemacht. Eine solche kann grundsätzlich nur die Basis für den Aufbau einer neuen Vertrauensbeziehung bilden und so - im Wege eines neuen Zulassungsantrags und dessen Stattgabe - zur Wiederzulassung führen.

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b) Diese Grundsätze zur Zulassungsentziehung hat der Senat anhand von Pflichtverstößen von Vertragsärzten und Vertragszahnärzten herausgearbeitet. Sie können auf ein MVZ nur mit gewissen Modifikationen angewandt werden.

25

Die Regelungen, die die Gründung eines MVZ und seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermöglichen, wurden zum 1.1.2004 geschaffen und in das SGB V eingefügt (GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190, siehe insbesondere die Neuregelungen in § 95 Abs 1 bis 3, 6, 7 und in § 103 Abs 4a SGB V). Sie sind zum 1.1.2007 novelliert worden (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006, BGBl I 3439). Seitdem sind in größerer Zahl MVZ gegründet worden. Seit 2011 sind der Status und die Betätigung von MVZ auch Gegenstand revisionsgerichtlicher Entscheidungen des erkennenden Senats. Das Schrifttum hat sich bereits früher - alsbald nach Schaffung der Regelungen im GKV-Modernisierungsgesetz - mit den Rechtsfragen befasst, die das MVZ betreffen. Dabei ist auch die Frage behandelt worden, wegen welcher Rechtsverstöße dem MVZ die Zulassung entzogen werden kann und/oder ob nur Maßnahmen gegen Mitarbeiter des MVZ ergriffen werden dürfen (vgl dazu zB Bäune in Bäune/Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, 2007, Anhang zu § 18 RdNr 115-118; Wenner, Das Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 31 RdNr 9; Zwingel/Preißler, Ärzte-Kooperationen und Medizinische Versorgungszentren, 2. Aufl 2008, Abschnitt 4.9.2 ; Konerding, Der Vertragsarztsitz im Medizinischen Versorgungszentrum, 2009, S 214; Wigge/Boos/Ossege in Wigge/von Leoprechting, Handbuch Medizinische Versorgungszentren, 2011, Abschnitt 6.9.2 ; Möller/Dahm in Ratzel/Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, 2. Aufl 2011, § 9 RdNr 165; Orlowski/Schirmer/Halbe, Medizinische Versorgungszentren in Halbe/Schirmer, Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, Kapitel B 1400, Stand März 2011, RdNr 147, 160, 161; Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 8. Aufl 2012, Vorbem zu § 18 RdNr 90 f). Im Schrifttum wird die Verantwortung für Pflichtverstöße differenzierend dem MVZ als solchem, ggf zu Teilen dem Geschäftsführer, dem ärztlichen Leiter, einzelnen Ärzten und/oder weiteren Mitarbeitern zugeordnet. Je nach Ebene und Verantwortungsbereich werden im Falle gröblicher Pflichtverletzungen eine Entziehung der Zulassung des MVZ oder nur der Widerruf von Anstellungsgenehmigungen oder Disziplinarmaßnahmen für rechtlich zulässig gehalten.

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Die unterschiedlichen Rechtsmeinungen beruhen auf der besonderen Struktur des MVZ. Bei ihm fallen der vertragsärztliche Status und die tatsächliche Durchführung der Behandlungen auseinander; der Status ist dem MVZ zugewiesen, die Behandlungen werden durch die dort tätigen Ärzte durchgeführt. Mit Rücksicht hierauf ist zu differenzieren: Für die organisatorischen Abläufe, insbesondere den Einsatz der Ärzte und für die Korrektheit der Abrechnung, ist das MVZ selbst verantwortlich, während die Verantwortung für die ordnungsgemäße Behandlung der Patienten in medizinischer Hinsicht in erster Linie dem einzelnen behandelnden Arzt obliegt; dieser muss dafür berufs- und haftungsrechtlich einstehen; zusätzlich unterliegt er der Disziplinargewalt der KÄV (§ 95 Abs 3 Satz 2 iVm § 81 Abs 5 SGB V). Status und Behandlungsdurchführung sind indessen nicht in der Weise trennbar, dass das MVZ generell nicht für die Fehler einzelner dort tätiger Ärzte verantwortlich wäre. So ist ein MVZ nicht vor der Pflicht zur Erstattung solchen Honorars geschützt, das es für Leistungen erhalten hat, die ein dort tätiger Arzt - entgegen seinen Angaben gegenüber dem MVZ - tatsächlich nicht erbracht hat. Vielmehr sind die Pflichtenkreise "des" MVZ und derjenigen der dort tätigen Ärzte miteinander verzahnt. Dementsprechend müssen die Anwendungsbereiche der Entziehung der MVZ-Zulassung und vertragsarztrechtlicher Disziplinarmaßnahmen wie auch berufsrechtlicher Sanktionen aufeinander abgestimmt werden. Die Möglichkeit einer Zulassungsentziehung gegenüber einem MVZ muss zielgenau bestimmt werden. Nur wenn klar ist, welche Pflichten spezifisch das MVZ als Träger der Zulassung treffen, lässt sich beurteilen, wann eine Verletzung dieser Pflichten gröblich ist.

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Das MVZ ist gegenüber den Krankenkassen und der KÄV für Auswahl und Einsatz der Ärzte sowie für die Leistungsabrechnung selbst verantwortlich. Ihm obliegt die Überprüfung, ob für die Ärzte bereits eine Anstellungsgenehmigung vorliegt, die Organisation der Behandlungen und zB auch die Anzeige notwendiger Vertretungen bei Urlaub, Fortbildung und Krankheit, sowie weiterhin die Korrektheit der Leistungsabrechnung und die Wirtschaftlichkeit der Behandlungen und Verordnungen sowie auch die Abgabe einer wahrheitsgemäßen Abrechnungssammelerklärung. Diese Verantwortung ist unteilbar und nicht delegierbar, sodass das MVZ gegenüber den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung nicht auf ein eventuelles Fehlverhalten der dort tätigen Ärzte verweisen könnte.

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Der im MVZ tätige Arzt reduziert mit der Entscheidung, seine Tätigkeit im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung in einem MVZ auszuüben, seinen Pflichtenkreis im technisch-administrativen Bereich; dem Arzt diese Möglichkeit zu bieten, war eines der Ziele bei der Schaffung des Rechtsinstituts des MVZ (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 7 RdNr 22; siehe auch BT-Drucks 15/1525 S 108). Er behandelt die Patienten und muss dem MVZ gegenüber deutlich machen, welche Leistungen er wann bei welchem Patienten erbracht hat. Die Erstellung und Kontrolle der Abrechnung gegenüber der KÄV ist hingegen Sache des MVZ, was für den dort tätigen Arzt - im Vergleich mit dem in eigener Praxis tätigen Vertragsarzt - den Vorteil hat, sich mit den administrativen Aufgaben nicht befassen zu müssen. Das hat auf der anderen Seite unvermeidlich die Konsequenz, dass dies dem MVZ obliegt: Der Verminderung der Verantwortung des einzelnen Arztes korrespondiert die volle Verantwortung des MVZ für die korrekte Organisation der Behandlung und für die Leistungsabrechnung. Mit diesen Zuständigkeiten ist der zentrale Verantwortungsbereich des MVZ beschrieben; die Verantwortung für die organisatorischen Abläufe und für die Leistungsabrechnung kennzeichnen den Kern der Aufgaben des MVZ, sie stehen nicht wie beim Vertragsarzt neben der Aufgabe der Patientenbehandlung. Die korrekte Gestaltung der Leistungserbringung und der Leistungsabrechnung sind die bei weitem wichtigste Aufgabe des MVZ; unterlaufen ihm dabei Versäumnisse, so betrifft dies den Kern seiner vertragsarztrechtlichen Pflichten und nicht nur "bürokratische Nebenaufgaben". Daher ist bei der Entscheidung darüber, ob einem MVZ eine gröbliche Pflichtverletzung zur Last fällt, für die Überlegung, ob ihm auch gesundheitliche Gefährdungen von Patienten anzulasten sind, grundsätzlich kein Raum.

29

Das kann zu einer Modifikation der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Zulassungsentziehung in Bezug auf ein MVZ führen, ohne dass der Senat dies hier umfassend für alle denkbaren Fallgestaltungen festlegen könnte. Naheliegend ist die Annahme, dass das Fehlverhalten einzelner Ärzte, das bei diesen zur Zulassungsentziehung führen würde (zB Beleidigung von KÄV-Mitarbeitern , sexuelle Übergriffe auf Patienten und/oder Auszubildende; vgl auch LSG Berlin-Brandenburg vom 9.2.2010 - L 7 KA 169/09 B ER -, ZMGR 2010, 96, 97 f = Juris RdNr 10 mit weiteren Beispielen), nicht zwangsläufig zur Entziehung der Zulassung des MVZ führen muss. Wenn dieses nämlich glaubhaft machen kann, solche Verstöße im Pflichtenkreis des Arztes weder gekannt noch geduldet zu haben, dürfte es in der Regel ausreichen, dass der betroffene Arzt aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem MVZ-Träger entlassen und seine Anstellung nach § 95 Abs 2 Satz 7 SGB V widerrufen wird. Ist dagegen ein personenbezogener Durchgriff nicht möglich, so kommt auch in Betracht, den Pflichtverstoß der im MVZ tätigen Ärzte auch dem MVZ als solchem zuzurechnen (vgl zu diesem Ansatz bereits Senatsurteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 33/10 R - RdNr 20). Eine Entziehung der MVZ-Zulassung liegt von vornherein nahe, wenn Pflichtverstöße in Rede stehen, die den Pflichtenkreis des MVZ als solchen betreffen. Dies gilt zB für Fehlverhalten bei dem Einsatz der Ärzte des MVZ wie auch bei fehlerhaften Abrechnungen. Fehlerhafte Abrechnungen eines MVZ können möglicherweise eher zur Entziehung von dessen Zulassung führen als bei einem Vertragsarzt, schon weil der KÄV insoweit das Instrument der Disziplinargewalt nicht zur Verfügung steht. Weder "das MVZ" noch seine Rechtsträger (Personengesellschaft, eingetragene Genossenschaft oder GmbH gemäß § 95 Abs 1a SGB V) sind Mitglieder der KÄV; deshalb kann die KÄV auf deren Verhalten nicht über § 81 Abs 5 SGB V einwirken. Die Entziehung der MVZ-Zulassung ist daher bei solchen Pflichtverletzungen nicht das letzte, sondern das einzige Mittel, das den Krankenkassen und der KÄV zur Verfügung steht, um ihre Verantwortung für eine korrekte Leistungserbringung und -abrechnung in einem MVZ effektiv wahrzunehmen.

30

Diese Differenzierung ist mit dem grundrechtlichen Schutz durch Art 12 Abs 1 GG vereinbar. Sowohl das Betreiben eines MVZ wie die ärztliche Tätigkeit dort stehen unter dem Schutz dieses Grundrechts; doch können sich das MVZ und der einzelne Arzt jeweils nur auf "ihre eigene" berufliche Tätigkeit berufen. Das MVZ kann sich im Verfahren gegen eine ihm gegenüber erfolgende Zulassungsentziehung gemäß § 95 Abs 6 SGB V nicht auf die Berufsausübungsfreiheit der bei ihm tätigen Ärzte berufen. Hieraus folgt zugleich, dass die einzelnen Ärzte des MVZ grundsätzlich die Möglichkeit haben müssen, nach der Entziehung der Zulassung ihres MVZ weiterhin im bisherigen Planungsbereich vertragsärztlich tätig zu sein. Dies könnte nur anders sein, wenn auch ihnen selbst eine gröbliche Pflichtverletzung zur Last fiele (vgl BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 82 ff, 90 zur umfassenden Wiederzulassungssperre auf sechs Jahre; - zur Fünf-Jahres-Frist siehe BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 14 und 15). Die Möglichkeit weiterer vertragsärztlicher Tätigkeit ergibt sich für Vertragsärzte im MVZ schon aus ihrem fortbestehenden Zulassungsstatus; bei angestellten Ärzten dürften jedenfalls die zum 1.1.2012 neu geschaffenen Optionen der (Rück-)Umwandlung von Arztanstellungen in Zulassungen (§ 95 Abs 2 Satz 8 iVm Abs 9b, § 103 Abs 4a Satz 4 SGB V) eine Fortsetzung der Mitwirkung an der vertragsärztlichen Versorgung im bisherigen Planungsbereich auch dann ermöglichen, wenn dort Zulassungsbeschränkungen gelten (vgl dazu Bäune/Dahm/Flasbarth, MedR 2012, 77, 81).

31

Aufgrund der Differenzierung zwischen dem MVZ einerseits und den einzelnen bei ihm tätigen Ärzten andererseits kann ohne Verfassungsverstoß im Rahmen von Entscheidungen nach § 95 Abs 6 SGB V über die Entziehung einer MVZ-Zulassung die Schwere des Pflichtverstoßes und Prüfung der Verhältnismäßigkeit allein an dessen Pflichtenkreis und an dessen Grundrechtsschutz ausgerichtet werden. Dem MVZ werden weder unterschiedslos alle Pflichtverletzungen der bei ihm tätigen Ärzte einschließlich der fachlich-ärztlichen und höchstpersönlichen (zB Beleidigungen) zugerechnet, noch kann sich das MVZ auf das Interesse der einzelnen Ärzte an der persönlichen Fortführung der genuin ärztlichen Tätigkeit als abwägungsrelevanten Belang im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung berufen. Maßgeblich ist vielmehr stets eine Gesamtbetrachtung der Pflichtverletzungen, der Reaktion des MVZ darauf und das damit bewirkte Ausmaß der Störung des Vertrauens.

32

           

c) Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist die Entscheidung des LSG, die Klägerin habe ihre Pflichten gröblich verletzt, nicht zu beanstanden. Das LSG hat festgestellt - und dies hat die Klägerin ausdrücklich als zutreffend anerkannt -, dass sie bei der Abrechnung ihrer im Quartal IV/2008 erbrachten Leistungen in dreifacher Weise gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten verstoßen hat:

        

-       

Zum einen rechnete sie Leistungen von Ärzten ab, die entweder zu keinem Zeitpunkt bei ihr angestellt waren (Frau Dr. Str.) oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten (Beigeladene zu 7. und Frau Dr. R.).

        

-       

Zum zweiten rechnete sie Leistungen unter bundesweit nicht vergebenen LANR ab.

        

-       

Schließlich zeigte sie Vertretungstätigkeiten - des Beigeladenen zu 9. - entgegen § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV und entgegen Nr 12 Satz 1 des Bescheids über ihre Zulassung nicht an.

33

Diese Pflichtverletzungen sind in ihrem Zusammenhang gröblich, weil sie das Vertrauen der KÄV und der Krankenkassen auf eine korrekte Organisation der Leistungserbringung und -abrechnung bei der Klägerin so nachhaltig zerstörten, dass diesen eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht mehr zuzumuten ist. Für die Frage der Gröblichkeit der Pflichtverletzung ist maßgeblich, welchen Stellenwert die verletzte Pflicht hat und wie schwer der Verstoß unter Berücksichtigung seiner Eigenart wiegt (unten aa). Dies führt für die vorliegenden Pflichtverletzungen zur Bewertung als gröblich; dies gilt ungeachtet der Konzentration auf ein Quartal (unten bb). Die Zulassungsentziehung erfordert kein Verschulden (unten 3.). Ein sog Wohlverhalten liegt nicht vor (unten 4.). Eine Negativprognose oder eine umfassende Einbeziehung nachteiliger Folgen der Zulassungsentziehung ist nicht erforderlich (unten 5.). Die Verhältnismäßigkeit ist gewahrt (unten 6.), und Art 3 Abs 1 GG ist nicht verletzt (unten 7.).

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aa) Grundlegend für die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung sind insbesondere

        

-       

die Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken,

        

-       

die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung und

        

-       

die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung.

Allen diesen Pflichten kommt großes Gewicht zu.

35

Die Pflicht zur stets korrekten Leistungsabrechnung hat nicht nur bei einem MVZ die oben beschriebene große Bedeutung, weil sie bei ihm eine zentrale Aufgabe darstellt. Sie hat vielmehr auch sonst allgemein, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung hervorhebt, hohen Stellenwert; denn das Abrechnungs- und Honorierungssystem der vertragsärztlichen Versorgung baut auf Vertrauen auf. Der Honorierung werden die Angaben der Leistungserbringer über die von ihnen erbrachten Leistungen zugrunde gelegt; eine Überprüfung erfolgt nur bei Auffälligkeit oder stichprobenweise (vgl hierzu § 106a Abs 2 und § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm Satz 2 ff SGB V). Da also bei der Honorierung die Angaben der Leistungserbringer grundsätzlich als zutreffend zugrunde gelegt werden, muss auf deren Richtigkeit vertraut werden können: Dies ist ein Fundament des Systems der vertragsärztlichen Versorgung (sog Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung, vgl dazu ausführlich zB BSGE 73, 234, 237 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 12 f; darauf Bezug nehmend zB BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10).

36

Der Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken, kommt ebenfalls großes Gewicht zu. Im vertragsärztlichen System muss zu jedem Zeitpunkt klar sein, welcher Arzt Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen zu deren Lasten behandeln und Leistungen verordnen darf und ob insoweit ein Anspruch des Arztes besteht, wegen der von ihm erbrachten Leistungen an der Verteilung des Honorars durch die KÄV beteiligt zu werden (vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 14 mwN und RdNr 15; BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25; BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 16 iVm 22; BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 57; BSG vom 14.12.2011 - B 6 KA 13/11 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 9 RdNr 17 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Zu jedem Zeitpunkt muss ohne verwaltungsmäßigen Aufwand feststehen, ob jemand im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bestimmte Leistungen erbringen darf (vgl vorgenannte BSG-Angaben). Nur dann kann sich der jeweils behandelte Versicherte darauf verlassen, dass sein Arzt in das vertragsärztliche System eingebunden ist, dass keine Vergütung unmittelbar dem Arzt gegenüber zu zahlen ist und dass die spezifische Fachkunde des Arztes (vgl § 135 Abs 2 Satz 1 SGB V) festgestellt ist.

37

Erhebliche Bedeutung hat ferner die Pflicht des zur Leistungserbringung Berechtigten, seine Leistungen persönlich zu erbringen, soweit nicht ein Ausnahmefall delegierbarer Leistungen vorliegt. Diese Pflicht dient der Sicherung der hohen Qualität der vertragsärztlichen Versorgung. Diese kann nur gewährleistet werden, wenn die Leistungen von demjenigen persönlich erbracht werden, der auf der Grundlage der Regelungen über die Zulassung bzw Ermächtigung oder Anstellung von Leistungserbringern als befähigt angesehen worden ist, qualitätsgerechte Leistungen zu gewährleisten (zur persönlichen Leistungserbringung vgl zB BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 27 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 121 Nr 2 RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 15 RdNr 30 und Nr 24 RdNr 19).

38

Verstöße gegen diese Verpflichtungen sind in der Rechtsprechung des Senats bisher regelmäßig wegen ihrer vertrauenszerstörenden Tendenz als gröblich gewertet worden. Das betrifft wiederholt unkorrekte Abrechnungen, aber auch die Beschäftigung von Assistenten oder Vertretern ohne Genehmigung (BSG-Nachweise und weitere Beispiele bei Schallen, aaO, § 27 RdNr 28 ff; Krauskopf/Clemens in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 29 RdNr 137, sowie bei Plagemann, Münchener AnwaltsHandbuch Sozialrecht, 3. Aufl 2009, § 20 RdNr 81; Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, aaO, § 27 RdNr 12 ff). Wegen der Ausrichtung der Gröblichkeit der Pflichtverletzung an einer Gesamtbewertung können auch einmalige Rechtsverstöße oder Pflichtverletzungen in nur einem Quartal für eine Entziehung ausreichen, wenn sie den Eindruck bestätigen, der betroffene Leistungserbringer begegne den Anforderungen der vertragsärztlichen Versorgung nicht mit der gebotenen Sensibilität und Aufmerksamkeit.

39

bb) Nach diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall die vom SG und vom LSG gezogene Schlussfolgerung, es lägen gröbliche Pflichtverletzungen vor, die eine Entziehung der Zulassung rechtfertigen, nicht zu beanstanden. Maßgeblich ist, dass der Klägerin die oben in RdNr 32 ff aufgeführte Vielzahl von Verstößen gegen verschiedene grundlegende Pflichten anzulasten ist.

40

(1) Gravierende Pflichtverletzungen ergeben sich schon aus dem oben angeführten ersten Sachverhalt der Abrechnung von Leistungen von Ärzten, die entweder zu keinem Zeitpunkt bei ihr - der Klägerin - angestellt waren oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten.

41

Zu diesem Sachverhalt hat die Klägerin ausgeführt: Die Daten der Beigeladenen zu 7. - Frau G. - und der Frau Dr. R. seien fälschlicherweise schon vor dem 1.1.2009 in die Software eingepflegt und diesen Ärztinnen seien - von übereifrigem Praxispersonal - Leistungen zugeordnet worden; als die Anstellungsgenehmigungen entgegen dem Antrag nicht rückwirkend erteilt worden seien, sei versäumt worden, die Leistungen wieder aus der Abrechnung herauszunehmen. Unerklärlich sei, wie auch die LANR der - auch gynäkologisch tätigen - Allgemeinärztin Dr. Str. ins System gelangt sei, die weder zur Anstellung angestanden habe noch Überweiserin gewesen sei. Dazu führt die Klägerin weiter aus, die Leistungen als solche seien aber erbracht worden, nämlich von anderen Ärztinnen - Frau Dr. Sto. und Frau Dr. K. -, die noch bis 31.12.2008 im MVZ tätig gewesen seien.

42

Mit dieser Darstellung hat die Klägerin unterstrichen, dass sie dem Erfordernis, dass vertragsärztliche Leistungen nur von Personen erbracht werden dürfen, die vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien erlangt haben, keine ausreichende Aufmerksamkeit schenkte. Aus dem Sachverhalt in Verbindung mit ihren Ausführungen ergibt sich weiterhin, dass sie davon ausging, sie könne die bei einem gesetzlich Versicherten nötigen Leistungen von irgendeinem Arzt erbringen lassen und müsse sie lediglich bei der Abrechnung dann einem (anderen) Arzt, dessen Leistungen abzurechnen sie befugt war, zuordnen. In diesem Verhalten liegt eine mehrfache Pflichtverletzung. Sie verstieß erstens gegen die Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken, zweitens gegen die Pflicht der persönlichen Leistungserbringung durch den zur Leistung Berechtigten und schließlich durch die Zuordnung der Leistungen zu einem anderen Arzt bei der Abrechnung auch gegen die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung.

43

(2) Hinzu kam noch, dass sie zusätzlich mehr als 1000 Leistungen unter bundesweit nicht vergebenen LANR abrechnete. Damit wies ihre Leistungsabrechnung Arztnummern aus, die keinerlei Bezug zu den tatsächlichen Leistungserbringern erkennen lassen. Während bei bloßen Schreibfehlern noch das Ziel erkennbar ist, den tatsächlichen Leistungserbringer anzugeben, und deshalb in einem solchen Fall die Entziehung der Zulassung nicht gerechtfertigt wäre, gab die Klägerin eine irgendwie gegriffene Arztnummer an, die entweder fiktiv oder einem anderen Arzt als dem Leistungserbringer zugeordnet war: Hier fehlt insgesamt die Zielrichtung genauer Leistungsabrechnung; darin liegt grundsätzlich ein schwerwiegender Verstoß gegen die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung. Das vermittelt den Eindruck, die Klägerin sehe die Vorgaben für die vertragsärztliche Versorgung lediglich als bürokratische Hemmnisse, denen sie kein Gewicht oder jedenfalls kein ausreichendes Gewicht beimisst.

44

(3) Schließlich ließ die Klägerin den Beigeladenen zu 9. als Vertreter für den wiederholt erkrankten bzw beurlaubten Dr. H. tätig werden, ohne dass sie dies der KÄV anzeigte. Hierin liegt ein Verstoß gegen § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV, wonach Vertretungen, die länger als eine Woche dauern, der KÄV anzuzeigen sind. Damit missachtete sie zugleich die ihr im Bescheid über ihre Zulassung erteilte Auflage, Fälle von Urlaub, Fortbildung oder Krankheit ab einer Abwesenheit von mehr als fünf Tagen bzw bei regelmäßig wiederkehrender Abwesenheit an einzelnen Tagen dem Arztregister formlos mitzuteilen sowie die Vertreter zu benennen (so Nr 12 Satz 1 des Zulassungsbescheides: Beschluss vom 5.3.2008/Bescheid vom 24.4.2008).

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(4) Von diesen drei Sachverhaltskomplexen waren jedenfalls die beiden erstgenannten, die jeweils Verstöße gegen grundlegende Pflichten betrafen, schon jeder für sich schwerwiegend und begründeten jeweils eine gröbliche Pflichtverletzung: Beide zeigten - wie vom SG ausdrücklich ausgeführt und vom LSG in seinem Urteil (Juris RdNr 45, 47) in Bezug genommen - eine "erschreckende Sorglosigkeit" im Umgang mit den durch die Kassenzulassung begründeten Pflichten und einen "erschreckenden Mangel an Sensibilität" für die bei Abrechnungen nötige Sorgfalt. Diese Wertung der Vorinstanzen ist schlüssig und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Mithin lagen sowohl aufgrund der Schwere der Pflichtverstöße als auch zusätzlich aufgrund der Art und Weise der Verletzungshandlungen gröbliche Pflichtverletzungen im Sinne des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V vor.

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Erst recht kann bei kumulativer Betrachtung aller Pflichtverstöße die Wertung als gröblich nicht beanstandet werden. Das von der Klägerin eingeräumte Fehlverhalten betrifft grundlegende vertragsärztliche Pflichten und zeigt, wie bereits aus den vorinstanzlichen Formulierungen zitiert, eine "erschreckende Sorglosigkeit" und einen "erschreckenden Mangel an Sensibilität" für die mit der Kassenzulassung begründeten Pflichten. Dies trägt die Wertung als gröblich.

47

(5) Die Bewertung der Pflichtverletzungen als gröblich ist ungeachtet der Konzentration der von der Klägerin zu verantwortenden Fehler auf ein Quartal unbedenklich. Die Gesamtbetrachtung der Pflichtverletzungen der Klägerin zwingt zur Folgerung der Verantwortungslosigkeit beim Umgang mit den vertragsärztlichen Pflichten. Wie ausgeführt (zuvor <4>), handelte es sich nicht lediglich um eine einmalige Pflichtverletzung, sondern um eine Vielzahl von Verstößen gegen verschiedene grundlegende Pflichten und dies in einer schwerwiegenden Art, sodass die Bewertung als gröblich, ungeachtet der Konzentration auf ein Quartal, nicht zu beanstanden ist. Aufgrund des erheblichen Gewichts der Pflichtverstöße ergab sich die Folgerung, dass das Vertrauen der vertragsarztrechtlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Wahrnehmung und Durchführung der vertragsarztrechtlichen Aufgaben so stark zerstört wurde, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden konnte.

48

Die Klägerin hätte den Geschehensablauf der Zerstörung des Vertrauens der kassenarztrechtlichen Institutionen allenfalls dadurch aufhalten können, dass sie binnen kürzester Frist die Fehlerursache feststellt und das pflichtwidrige Fehlverhalten abstellt sowie die Fehlerursache und -behebung von sich aus den für die Versorgung verantwortlichen Körperschaften offenlegt. Nur unter dieser Voraussetzung könnte erwogen werden, dass trotz der schwerwiegenden Pflichtverletzungen keine Zerstörung des Vertrauens dieser Körperschaften auf die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen des MVZ eingetreten ist.

49

So handelte die Klägerin jedoch nicht. Die Klägerin hat von sich aus der zu 1. beigeladenen KÄV weder bei der Abrechnung einen Hinweis auf mögliche Fehler gegeben noch alsbald danach die Fehlerursachen benannt, um so die Zerstörung des Vertrauens aufzuhalten. Sie hätte schon bei Einreichung der Abrechnung der Leistungen aus dem Quartal IV/2008 deren Richtigkeit überprüfen und erkennen müssen, wie es bei Abgabe einer sog Abrechnungssammelerklärung gefordert wird (vgl hierzu BSG SozR 3-5550 § 35 Nr 1; siehe auch BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 28; BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 17). Ihr ist es nach ihren eigenen Angaben auch anschließend nicht gelungen, die Fehlerursache festzustellen und offenzulegen, etwa durch Benennung der Personen, die für die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung verantwortlich waren.

50

3. Über die Bewertung einer Pflichtverletzung als gröblich hinaus setzt die Zulassungsentziehung nicht zusätzlich voraus, dass der Pflichtenverstoß verschuldet war. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl zB BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10, und die weitere oben in RdNr 23 angegebene Rspr).

51

Die Rechtsprechung, dass das Vorliegen eines Verschuldens nicht relevant ist, gründet sich zunächst darauf, dass der Tatbestand des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V keinen Ansatzpunkt für ein Verschuldenserfordernis bietet. Ein solches Erfordernis wäre auch nicht kompatibel mit dem Ziel der Regelungen des SGB V, die auf eine funktionsfähige vertragsärztliche Versorgung ausgerichtet sind: Ist zB ein Leistungserbringer rauschgiftsüchtig geworden (vgl § 21 Ärzte-ZV), so ist er unabhängig davon, ob ihm dies als verschuldet zugerechnet werden kann oder ob etwa eine Krankheit oder eine medikamentöse Behandlung die Ursache waren, ungeeignet für die Teilnahme an der Versorgung und muss im Interesse von deren Funktionsfähigkeit von der Teilnahme ausgeschlossen werden können.

52

In vergleichbarer Weise wird die Zulassungsentziehung nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin sich - wie sie geltend macht - infolge der im Juli 2008 erfolgten Verlegung ihres Standortes noch in Organisationsschwierigkeiten befunden habe. Ein Grund, Pflichtverletzungen aufgrund eines Umzugs milder zu bewerten, besteht nicht. Die Klägerin muss jederzeit - auch während eines Umzugs - die ihr obliegenden Pflichten gewissenhaft erfüllen. Zudem ist kein Zusammenhang zwischen dem Umzug und den von ihr begangenen Pflichtverletzungen ersichtlich: Ein Umzug mag dazu führen, dass etwa Unterlagen kurzfristig nicht greifbar sind und Anfragen von Kostenträgern verspätet beantwortet werden. Für den Einsatz von Ärzten ohne Anstellungsgenehmigung und die Verwendung falscher Arztnummern kann ein Umzug dagegen keine Rechtfertigung oder Entschuldigung sein. Die Art und die Vielzahl der Verstöße gegen verschiedene grundlegende Pflichten lassen vielmehr auf schwerwiegende Organisationsdefizite der Klägerin schließen. Dies gilt auch, soweit die Klägerin auf Defizite der EDV verweist. Dass eine andere als die verwendete Software die Auswirkungen der fehlerhaften Eingaben von Daten möglicherweise begrenzt hätte, kann die Klägerin nicht entlasten. Kein Bürger kann sich für fehlerhafte Eingaben in der elektronischen Einkommensteuererklärung mit dem Hinweis entlasten, das "System" habe ihn nicht gewarnt. Für die Dateneingabe ist nicht die Software, sondern der Eingebende verantwortlich; eine Bewertung der Eingabefehler als verzeihlich scheidet im Hinblick auf die Vielzahl der Abrechnungsfehler aus. Im Übrigen obliegt es dem Abrechnenden, schon bei der Auswahl der Software dafür Sorge zu tragen, dass diese den Anforderungen entspricht.

53

4. Die Rechtsprechung des Senats, wonach die Möglichkeit besteht, durch Wohlverhalten im laufenden Zulassungsentziehungsprozess noch die Aufhebung des Bescheids über die Zulassungsentziehung zu erreichen, kann im Fall der Klägerin nicht zur Anwendung kommen.

54

Der Senat hat die Rechtsprechung zum sog Wohlverhalten zuletzt in seinem Urteil vom 19.7.2006 ausführlich dargestellt (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 16 ff; vgl dazu auch BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19). Danach ist bei einer Zulassungsentziehung - jedenfalls im Fall noch nicht sofort vollzogener Entziehung - zu prüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses zu Gunsten des Leistungserbringers in einer Weise geändert hat, dass eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheint. Das stimmt nicht in vollem Umfang mit der Rechtsprechung von BVerwG und BGH in den von ihnen entschiedenen Fällen überein; diese betrafen zB die Zurruhesetzung eines Beamten, den Widerruf bzw die Rücknahme der Zulassung eines Rechtsanwalts, den Widerruf einer zahnärztlichen Approbation oder den Widerruf der Berufserlaubnis eines Logopäden. Diese Gerichte stellen bei ihren Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts jeweils auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ab, sodass der Betroffene für die Geltendmachung erst späterer Verbesserungen der Sachlage darauf verwiesen wird, mit diesen Gesichtspunkten eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis, ein erneutes Verfahren auf Erteilung der Berufserlaubnis oder ein erneutes Approbationsverfahren zu betreiben - womit der Grundsatz gewahrt bleibt, dass bei Anfechtung eines belastenden Verwaltungsakts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich ist und bleibt - (vgl hierzu zB BVerwGE 105, 267, 269 f; BVerwGE 137, 1 = NJW 2010, 2901, RdNr 11; vgl ferner BVerwG NJW 2011, 1830 = GesR 2011, 244, RdNr 5; weitere Angaben in BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 14 und 15; - diese Rechtsprechung nicht beanstandend BVerfG BVerfGK 6, 156, 161 = NJW 2005, 3057, 3058 = Juris RdNr 18-20). Demgegenüber berücksichtigt der erkennende Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung zu Zulassungsentziehungen gemäß § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V - jedenfalls soweit sie bisher nicht sofort vollzogen worden waren - für den Betroffenen günstige Veränderungen auch noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht: Bei Zulassungsentziehungen ist - abweichend vom Grundsatz der maßgeblichen Sachlage im Zeitpunkt nach der letzten Verwaltungsentscheidung - zu überprüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses durch ein Wohlverhalten des Leistungserbringers in einer Weise zu seinen Gunsten geändert hat, dass eine Grundlage für eine erneute Vertrauensbasis zwischen dem Betroffenen und den vertragsarztrechtlichen Institutionen wieder aufgebaut worden ist(zu dieser Ausnahme vom sonst maßgeblichen Zeitpunkt vgl zB BSGE 73, 234, 236 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 11 f; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 13, 15 f).

55

Ob bzw inwieweit diese Rechtsprechung einer Ausnahme vom Grundsatz der maßgeblichen Sachlage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung fortzuführen ist oder ob sie zu Gunsten der Grundsätze des BVerwG und des BGH aufzugeben ist - mit der Folge, dass der Betroffene für die Berufung auf sein Wohlverhalten seit der letzten Verwaltungsentscheidung darauf verwiesen wird, erneut die Kassenzulassung zu beantragen -, bedarf im vorliegenden Fall weder näherer Erörterung noch einer Entscheidung. Dies kann hier deshalb unentschieden bleiben, weil im vorliegenden Fall die inhaltlichen Voraussetzungen für ein Wohlverhalten ohnehin nicht erfüllt sind. Dieses setzt nach der Rechtsprechung des Senats eine zweifelsfreie nachhaltige Verhaltensänderung während eines Zeitraums von mehreren Jahren sowie eine zweifelsfreie Prognose künftig rechtmäßigen Verhaltens voraus (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19 mwN zum Erfordernis zweifelsfreier Prognose; ebenso BSG vom 27.6.2007 - B 6 KA 20/07 B - Juris RdNr 13; hier in RdNr 13 auch zur Frist: "im Regelfall nach ca fünf Jahren"; ebenso - betr Wiederzulassung - BSG MedR 1987, 254, 255 = USK 86179 S 838: "Bewährungszeit von fünf Jahren"; in Bezug genommen in BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 14; vgl hier auch RdNr 15 zum Fünf-Jahres-Zeitraum). Für ein Wohlverhalten in diesem Sinne reicht die Zeit von weniger als zwei Jahren, die seit der letzten Verwaltungsentscheidung vom 15.7.2009 bis zur Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz am 23.2.2011 verstrichen ist, nicht aus (zur Bemessung nur bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts siehe BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 15 am Ende).

56

5. Eine Zulassungsentziehung erfordert - anders, als die Klägerin geltend macht - keine Negativprognose für das künftige Verhalten des Leistungserbringers im Sinne der Feststellung einer Wiederholungsgefahr. Für ein solches Erfordernis gibt es keinen Ansatzpunkt, weder in § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V noch in der Rechtsprechung des BSG oder des BVerfG.

57

Der Tatbestand des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V ist nicht auf die Steuerung künftigen Verhaltens ausgerichtet. Zwar mag eine Wirkung auf das künftige Verhalten des Betroffenen und auch auf dasjenige der anderen Leistungserbringer (Generalprävention) ein erwünschter Nebeneffekt einer Zulassungsentziehung sein; hierauf ist die Norm aber nicht ausgerichtet. Sie regelt vielmehr nach ihrem Wortlaut eine nachträgliche Reaktion auf ein in der Vergangenheit liegendes pflichtwidriges Verhalten. Das BSG hat diese Zielrichtung in Abgrenzung zu Disziplinarmaßnahmen herausgestellt (vgl BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 36 f mwN). Mithin sind allein Ausmaß und Schwere der Pflichtverletzungen der Maßstab dafür, ob den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung eine Fortsetzung der Zusammenarbeit zuzumuten ist.

58

Auch aus der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung des BVerfG lässt sich nichts Abweichendes herleiten. Der Beschluss vom 31.8.2005 (BVerfG BVerfGK 6, 156 = NJW 2005, 3057) hat zwar einen Beschluss des BGH über eine Amtsenthebung gegenüber einem Notar wegen Verletzung des Art 12 Abs 1 GG aufgehoben, dies aber nicht deshalb, weil es an einer Negativprognose gefehlt habe, sondern deshalb, weil die den Notar entlastenden, noch bis zur letzten Verwaltungsentscheidung eingetretenen Änderungen der Sachlage nicht ausreichend berücksichtigt worden waren (BVerfGK aaO S 161 ff bzw NJW aaO S 3058 . Die Notwendigkeit einer Negativprognose ergibt sich auch nicht aus den weiteren Beschlüssen vom 15.3.2010 und vom 8.11.2010, die auf Anrufung der Klägerin hin ergangen sind (BVerfG - jeweils zum Az 1 BvR 722/10 - SozR 4-2500 § 95 Nr 19 = ZMGR 2010, 100 = GesR 2010, 326, und NZS 2011, 619 = ZMGR 2011, 27, zunächst einstweilige Anordnung auf Aussetzung sofortiger Vollziehung und danach Verfassungsbeschwerde gegen Anordnung sofortiger Vollziehung):

59

In diesen Beschlüssen hat das BVerfG jeweils eine Interessenabwägung und in deren Rahmen auch eine Folgenabschätzung vorgenommen, wie es seiner ständigen Rechtsprechung in Fällen entspricht, in denen eine einstweilige Regelung zu treffen (§ 32 Abs 1 BVerfGG) oder über eine von den Fachgerichten getroffene einstweilige Regelung zu entscheiden ist (§ 80 Abs 5 ff, § 123 Abs 1 VwGO bzw § 86b Abs 1 und 2 SGG). Eine solche Folgenabschätzung erfordert nach der Rechtsprechung des BVerfG jeweils auch die Prüfung der Gefahr künftiger (erneuter) Rechtsverletzungen. Dies betrifft aber nur Fälle, in denen das BVerfG entweder über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 32 Abs 1 BVerfGG oder über eine fachgerichtliche Ablehnung der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes(§ 80 Abs 5 ff, § 123 Abs 1 VwGO bzw § 86b Abs 1 und 2 SGG) zu entscheiden hat. Eine dem vergleichbare Konstellation, die die Anwendung entsprechender Entscheidungsgrundsätze im anhängigen Revisionsverfahren erfordern könnte, liegt hier nicht vor. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 28.8.2007 (BVerfGK 12, 72) deutlich gemacht, dass aus dem Erfordernis einer besonderen Gefahrenprognose im Rahmen von Anordnungen der sofortigen Vollziehung nicht gefolgert werden kann, aufgrund des Art 12 Abs 1 GG sei generell eine Negativprognose zu fordern (aaO S 80).

60

Dies ist im vorliegenden Verfahren zu beachten. Hier ist allein über die Rechtmäßigkeit einer Reaktion auf vergangenes Verhalten gemäß § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V zu entscheiden. Zu diesem Tatbestand passt das Erfordernis einer Negativprognose oder Wiederholungsgefahr nicht. Vielmehr wird wie zB auch beim Widerruf der (zahn)ärztlichen Approbation oder der Berufserlaubnis eines Logopäden wegen Pflichtverletzungen und darauf gegründeter Unwürdigkeit keine (Gefahren-)Prognose für die Zukunft vorgenommen, sondern allein an das Fehlverhalten in der Vergangenheit angeknüpft; hierbei sind allerdings die verfassungsrechtlichen Maßstäbe des Art 12 Abs 1 GG und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzulegen, sodass zu prüfen ist, ob die Sanktion eine noch angemessene, nicht unverhältnismäßige Reaktion auf die begangenen Pflichtwidrigkeiten darstellt (ebenso zB BVerwG NJW 2011, 1830 = GesR 2011, 244, RdNr 4; modifizierend BVerwGE 137, 1 = NJW 2010, 2901, RdNr 11, 18-20 betr Merkmal der Unzuverlässigkeit; ebenso BVerwG vom 25.2.2008 - 3 B 85/07 - Juris RdNr 16). Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist mit zu berücksichtigen, dass die Entziehung nicht einen lebenslangen Ausschluss bedeuten muss, weil bei erneutem Vorliegen aller Voraussetzungen eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis, eine erneute Berufserlaubnis oder eine erneute Approbation bzw Zulassung mit Aussicht auf Erfolg beantragt werden kann (vgl hierzu BVerwGE 105, 267, 269 f zum Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit; BVerwGE 137, 1 = NJW 2010, 2901, RdNr 11 iVm 21 zum Widerruf der Berufserlaubnis für Logopäden; BVerwG NJW 2011, 1830 = GesR 2011, 244, RdNr 5 zum Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit; - zu den Maßstäben für Wiederzulassungen vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 14 ff; zur Verfassungsmäßigkeit von Wiederzulassungssperren siehe ferner BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 70 ff).

61

6. Die Verhältnismäßigkeit unterliegt auch nicht unter anderen Gesichtspunkten durchgreifenden Bedenken. Die Kriterien Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sind eingehalten.

62

Die Erforderlichkeit kann nicht unter dem Gesichtspunkt eines weniger belastenden Mittels in Frage gestellt werden. Ein das MVZ weniger belastendes Mittel als die Zulassungsentziehung stellt das Gesetz im Falle von dessen Pflichtverletzungen nicht zur Verfügung (vgl oben RdNr 29 mit Hinweis auf das Fehlen disziplinarischer Möglichkeiten). Die Verweisung darauf, es könnten aber uU Maßnahmen gegen die Mitarbeiter des MVZ ergriffen werden, verkennt, dass die vorliegenden Pflichtverletzungen den Pflichtenkreis speziell des MVZ betreffen (RdNr 24 ff); ohnehin sind individuell-verantwortliche Mitarbeiter gerade nicht von der Klägerin benannt worden (RdNr 48 f).

63

Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, dh die Angemessenheit bei Abwägung des von der Klägerin gesetzten Eingriffsanlasses im Verhältnis zur Eingriffstiefe, ist gewahrt. Wie bereits ausgeführt, verletzte die Klägerin nicht etwa nur Nebenpflichten, sondern die in Rede stehenden Pflichtverstöße betrafen zentrale Pflichten des MVZ (vgl oben RdNr 28 f), und angesichts des dargestellten schwerwiegenden Charakters der Pflichtverletzungen (vgl insbesondere oben RdNr 45 f) ist die Zulassungsentziehung sachangemessen.

64

Die Verhältnismäßigkeit gilt auch bei Würdigung des Umstandes, dass die Klägerin nach Entziehung der Zulassung ihren Gesellschaftszweck nicht weiterverfolgen kann, weil dieser nur auf den Betrieb des konkreten MVZ gerichtet ist. Dies macht die Entziehung nicht im engeren Sinne unverhältnismäßig. Abgesehen davon, dass die Klägerin sich ohnehin im Stadium der Insolvenz befindet, passt der von der Klägerin angeführte Aspekt der schweren Folgen eines dauerhaften Ausschlusses von jeder beruflichen Tätigkeit hier nicht. Einer GmbH steht das Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG zu, weil sie den rechtlichen Rahmen für die berufliche Tätigkeit der hinter ihr stehenden Personen stellt. Die GmbH selbst kann - wenn die Insolvenz als Ergebnis des laufenden Insolvenzverfahrens doch noch abzuwenden sein sollte - später eventuell erneut ihre Zulassung beantragen, wenn sie glaubhaft macht, ausreichende Vorkehrungen gegen künftige Pflichtverstöße getroffen zu haben, allerdings nur nach Maßgabe der Maßstäbe für Wiederzulassungen (vgl hierzu BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 14 ff; zur Verfassungsmäßigkeit von Wiederzulassungssperren siehe ferner BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 70 ff).

65

Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne kann auch nicht im Hinblick auf die Rechtspositionen der im Gefolge der Entziehung der MVZ-Zulassung betroffenen Ärzte in Zweifel gezogen werden. Die im Rahmen des MVZ ihre Berufstätigkeit ausübenden Personen können, wie oben ausgeführt, ihre gewünschten Tätigkeiten auch nach der Liquidation der klagenden GmbH fortsetzen (zu den Ärzten vgl oben RdNr 30); ihre Rechtspositionen aus Art 12 Abs 1 GG sind nicht in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Zulassungsentziehung gegenüber dem MVZ einzubeziehen (vgl oben RdNr 30, 31).

66

Schließlich führen auch die Auswirkungen, die eine Zulassungsentziehung für die vom MVZ betreuten Patienten und für die weiteren dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Entziehung. Derartige Auswirkungen sind zwingend mit jedem Ausscheiden eines Vertragsarztes aus der Versorgung oder auch mit dem Widerruf der Zulassung von Rechtsanwälten und mit der Schließung von Krankenhäusern zB wegen Fehlens der Zuverlässigkeit des Betreibers verbunden. Alle Vorschriften über die Entziehung oder den Widerruf einer Berufszulassung bzw -erlaubnis werden ungeachtet der Mitbelastung weiterer Betroffener von der Erwägung getragen, dass auf Dauer die Mitwirkung von Personen oder Institutionen, die keine Gewähr für eine korrekte Erfüllung der Berufspflichten bieten, nicht hingenommen werden kann. In diesem Sinne können auch bei Zulassungsentziehungen im Vertragsarztrecht - anders als bei Entscheidungen im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl oben RdNr 56 ff) - die Schwierigkeiten der Patienten bei der Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Suche nach neuen Stellen keine Rolle spielen.

67

7. Schließlich ist auch keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art 3 Abs 1 GG ersichtlich. Für das Vorbringen der Klägerin, bei gleichartigen Pflichtverletzungen, wie sie ihr angelastet werden, würde im Falle von Krankenhäusern oder Vertragsärzten keine gröbliche Pflichtverletzung mit der Folge einer Zulassungsentziehung angenommen, hat die Klägerin schon keine konkreten Belege beigebracht.

68

Für Krankenhäuser fehlt es auch an der erforderlichen Vergleichbarkeit, weil für sie andere Rechtsvorschriften gelten. Vertragsärzte unterliegen zwar derselben Sanktionsregelung des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V; auch hier fehlt es aber an der Vergleichbarkeit, weil ihr Pflichtenkreis anders zugeschnitten ist; so stellt bei ihnen das Abrechnungswesen nur eine Nebentätigkeit dar, und Pflichtverstöße in diesem Bereich können deshalb bei ihnen uU geringer gewichtet werden (vgl oben RdNr 25 ff, 29).

69

Im Übrigen wäre aber bei derart gravierenden Pflichtverletzungen, wie sie hier der Klägerin anzulasten sind, auch im Falle einzelner Vertragsärzte eine gröbliche Pflichtverletzung anzunehmen. Sollte es dennoch einen Fall geben - den die Klägerin freilich nicht konkret benennt -, in dem eine solche Pflichtverletzung bei einem Vertragsarzt nicht als gröblich bewertet wurde, so könnte sich die Klägerin hierauf nicht mit Erfolg unter Anführung von Art 3 Abs 1 GG berufen. Denn wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG) besteht kein Anspruch darauf, dass bei gleicher Sachlage künftig wieder in gleicher Weise falsch entschieden werden müsste. Einen "Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht" kennt die Rechtsordnung nicht (stRspr des BVerfG und des BSG, vgl BSG SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 33 mwN).

70

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO), einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 1., die sich am Verfahren beteiligt und auch einen Antrag gestellt hat (§ 162 Abs 3 VwGO). Eine Erstattung von Kosten der übrigen Beigeladenen ist nicht veranlasst; sie haben keine Anträge gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Gründe

Rechtskräftig: unbekannt

Spruchkörper: Senat

Hauptschlagwort: Ärztlicher Leiter Beteiligtenfähigkeit MVZ Organisationsform Rechtsträger Unselbstständige Einrichtung

Titel:

Normenkette:

Leitsatz:

In dem Rechtsstreit

MVZ H. - M. Versorgungszentrum -,

vertreten durch den ärztlichen Leiter Dr. P. R.,

- Kläger und Berufungskläger -

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte Dr. Dr. A., A-Straße, A-Stadt

gegen

Berufungsausschuss für Ärzte ...,

vertreten durch den Vorsitzenden, E.-straße ..., M.

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Beigeladen:

1. K. V. ...,

vertreten durch den Vorsitzenden des Vorstands, E.-straße ..., M.

- Beigeladene -

2. AOK ... - Die Gesundheitskasse,

vertreten durch den Vorstand, C.-W.-Straße ..., M.

- Beigeladene -

3. BKK Landesverband ...,

vertreten durch die Mitglieder des Vorstands, Z. Straße ..., M.

- Beigeladener -

4. IKK c., Hauptverwaltung,

vertreten durch den Vorstand, M1.-straße ..., M.

- Beigeladene -

5. Sozialversicherung für ... als Krankenkasse/Pflegekasse (SVLFG), - Vertragswesen -,

vertreten durch den Vorstand, N. Straße ..., M.

- Beigeladene -

6. Verband der Ersatzkassen e.V. - vdek,

vertreten durch den Vorstand, A. Platz ..., B.

- Beigeladener -

7. Deutsche Rentenversicherung ..., Verwaltungsstelle A-Stadt,

vertreten durch die Geschäftsführung, F.-straße ..., M.

- Beigeladene -

8. Prof. Dr. B., B-Straße, B-Stadt

- Beigeladener -

9. Dr. D., D-Straße, D-Stadt

- Beigeladener -

10. E., E-Straße, E-Stadt

- Beigeladener -

11. Dr. F., F-Straße, F-Stadt

- Beigeladener -

12. Dr. H., H-Straße, F-Stadt

- Beigeladener -

13. Dr. J., J-Straße, J-Stadt

- Beigeladene -

Proz.-Bev.: zu 8: Rechtsanwälte C., C-Straße, C-Stadt

zu 11-12: G., G-Straße, A-Stadt

Der 12. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in München am 21. Oktober 2015 durch den Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr. Adolf als Vorsitzender, die Richterinnen am Bayer. Landessozialgericht Kunz und Streitferdt und sowie die ehrenamtlichen Richter Dipl.-Psych. ... und ... für Recht erkannt:

I.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 13. April 2015, S 1 KA 17/14, wird verworfen.

II.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8), 11) und 12) zu tragen. Die Kosten der übrigen Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die den Beigeladenen zu 11) und 12) erteilten Teilzulassungen (je 1/2) in F-Stadt sowie die dem Beigeladenen zu 8) erteilte Genehmigung zur Beschäftigung der Beigeladenen zu 9) und 13) mit einem Tätigkeitsumfang von je 20 Stunden am Vertragsarztsitz B-Straße in B-Stadt.

Mit Beschluss des Landesausschusses für Ärzte und Krankenkassen in Bayern vom 10.6.2013 wurden die bestehenden Zulassungsbeschränkungen für die Arztgruppe der Radiologen im Planungsbereich der Raumordnungsregion M. aufgehoben mit der Auflage, dass die bedarfsplanerische Neuzulassung insgesamt den Anrechnungsfaktor 2 im Sinne der Bedarfsplanung nicht überschreiten darf (§ 103 Abs. 3 SGB V, § 16b Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV, § 11 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BPlRL-Ä)). Gemäß § 63 Abs. 6 BPlRL-Ä gelte dies auch für Anträge auf Genehmigung von Anstellungen in medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten.

Mit Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte - U. - (ZA) vom 20.12.2013 aufgrund der Sitzung vom 25.10.2013 wurde dem MVZ in Trägerschaft der MVZ E. GmbH am Vertragsarztsitz in H. die Genehmigung zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 10) im Umfang von 40 Stunden erteilt. Zudem ließ der Zulassungsausschuss den Facharzt für Diagnostische Radiologie Dr. K. mit einem vollen Versorgungsauftrag zu. Hiergegen haben der Beigeladene zu 8) sowie die Beigeladenen

zu 11) und 12) Widerspruch eingelegt. Mit Bescheid des Berufungsausschusses für Ärzte - B. - (Beklagter) vom 4.8.2014 (Beschluss vom 22.5.2014) wurde der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.10.2013 (ausgefertigt am 20.12.2013) teilweise aufgehoben und zum einen den Beigeladenen zu 11) und 12) jeweils eine Zulassung in Höhe eines halben Versorgungsauftrages, zum anderen dem Beigeladenen zu 8) die Beschäftigung der Beigeladenen zu 9) und 13) mit einem Tätigkeitsumfang von je 20 Stunden pro Woche (Bedarfsplanungs-Anrechnungsfaktor 0,5) am Vertragsarztsitz in B-Stadt, B-Straße, erteilt.

Dagegen hat das MVZ H., ärztlicher Leiter Dr. P. R., am 13.8.2014 jeweils Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist die Anstellungsgenehmigung des Beigeladenen zu 9), Dr. D. Die Anstellungsgenehmigung der Beigeladenen zu 13) Dr. J. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 19/14, L 12 KA 67/15, die Erteilung des halben Versorgungsauftrages an den Beigeladenen zu 12) Dr. H. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 18/14, L 12 KA 66/15 und die Erteilung des halben Versorgungsauftrages an den Beigeladenen zu 11) Dr. F. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 20/14, L 12 KA 68/15.

Die dem Prozessbevollmächtigten im Gerichtsverfahren erteilte Vollmacht war ausgestellt auf das „MVZ H., Ärztlicher Leiter Dr. R.“ und von Dr. R. unterschrieben. Die Klage sei zulässig. Die Frage der Aktivlegitimation eines Medizinischen Versorgungszentrums im Sinne des § 95 SGB V sei eng verknüpft mit dessen Rechtsnatur, die bislang wenig diskutiert worden sei. In diesem Zusammenhang sei insbesondere die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 22.3.2013, Az.: 1 BvR 791/12 zu sehen, der nicht zu entnehmen sei, dass dem Medizinischen Versorgungszentrum „als solchem“ die Möglichkeit fehle, auch statusbegründende Rechtspositionen (gegebenenfalls neben der Trägergesellschaft) im eigenen Namen zu behaupten. Dies sei schon Konsequenz des Gebots eines umfassenden Rechtsschutzes. Auch habe die Rechtsprechung bislang stets sowohl Klagen des Medizinischen Versorgungszentrums, vertreten durch den ärztlichen Leiter, als auch Klagen von dessen Trägergesellschaft akzeptiert. Zudem sei auch im gesamten Verwaltungsverfahren vom „MVZ H. in Trägerschaft des Medizinischen Versorgungszentrums H. GmbH“ die Rede gewesen. Eben diesem sei auch vom Zulassungsausschuss die Rechtsposition der Anstellungsgenehmigung eingeräumt worden, was es nunmehr als MVZ verteidige. § 70 SGG sei vor diesem Hintergrund verfassungskonform auszulegen. Denn soweit es um die Verteidigung von Statusrechten gehe, die im Vertragsarztrecht wurzelten, sei auch das MVZ betroffen, das hier vom ärztlichen Leiter vertreten werde. Zudem machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin umfangreiche Ausführungen zur Begründetheit der Klage.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.4.2015 (S 1 KA 17/14 - Anstellungsgenehmigung Dr. D.) abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, weil dem Kläger die Prozessführungsbefugnis fehle, da er für den geltend gemachten Klageanspruch nicht aktivlegitimiert sei. Streitig sei die Genehmigung des Klägers, des MVZ H., zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 10) unter gleichzeitiger Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides des BA vom 4.8.2014 (Beschluss: 22.5.2014; Az.: 006/14). Die Prozessführungsbefugnis sei eine Prozessvoraussetzung. Sei ein Kläger materiell zur Geltendmachung eigener Rechte aktivlegitimiert, sei er auch prozessführungsbefugt. Nach der neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. BSG vom 21.3.2012 - B 6 KA 22/11 R) und des Bundesverfassungsgerichtes (vgl. Beschluss vom 22.3.2013 - 1 BvR 791/12) betreffe jedoch der Status der Zulassung eine höchstpersönliche Rechtsposition des MVZ, die auch das Recht zur Drittanfechtung eines Bescheids, mit dem einem Konkurrenten die Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes erteilt werde, beinhalte. Die an die Trägerschaft eines Medizinischen Versorgungszentrums gebundene ärztliche Zulassung sei dabei nicht übertragbar, weil die Genehmigung zur Anstellung eines Arztes mit dem persönlichen Status der Zulassung so eng verbunden sei, dass es sich auch dabei um eine nicht übertragbare höchstpersönliche Rechtsposition handle. Da diese Rechtsposition an die Trägergesellschaft des MVZ gebunden sei, könne ein einzelnes zu der Trägergesellschaft gehörendes MVZ sie nicht in eigenem Namen geltend machen. Tue das MVZ es dennoch, fehle es insoweit an einer Prozessführungsbefugnis, die Prozessvoraussetzung sei.

Die hiergegen von dem Kläger am 13.5.2015 eingelegte Berufung wurden mit Schriftsatz vom 13.10.2015 begründet und dabei im Wesentlichen die bisherige Begründung wiederholt.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellt den Antrag,

den Gerichtsbescheid des SG Nürnberg vom 13.4.2015, S 1 KA 17/14 aufzuheben sowie den Beschluss des Beklagten vom 22.5.2014 (ausgefertigt am 4.8.2014), in welchem Prof. Dr. B. die Genehmigung zur Beschäftigung von Dr. D. mit einem Tätigkeitsumfang von 20 Std./Woche, Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,5) erteilt wurde, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über die Widersprüche der Beigeladenen zu 8), 11) und 12) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zu verwerfen.

Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend und verweist auf seine Ausführungen vor dem SG. Beteiligtenfähig im Sinne des § 70 Nr. 1 SGG sei die natürliche Person des ärztlichen Leiters Dr. R., der aber nicht in eigenen Rechten verletzt sein könne. Das MVZ als solches sei als rechtlich unselbstständige Einrichtung nicht beteiligungsfähig. Das MVZ als solches habe keine eigene Rechtspersönlichkeit. Der Gesetzgeber sei auch gar nicht befugt, außerhalb des bestehenden gesetzlichen Rahmens eine neue Rechtsfähigkeit im SGB V zu schaffen. Im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren habe die GmbH, nicht der jetzige Kläger Dr. R. bzw. das MVZ, den Antrag gestellt, durch das Gremium Zulassungsausschuss eine vertragsärztliche Anstellungsgenehmigung betreffend Herrn E. zu dessen Tätigkeit in einer notwendig schon errichteten Einrichtung MVZ zu erhalten. Der Zulassungsausschuss habe diesem Begehren entsprochen, der Beklagte habe es anders gesehen. In der Widerspruchsverhandlung des Beklagten seien ausweislich des Protokolls der Geschäftsführer der GmbH, der ärztliche Leiter Dr. R. sowie zwei Prozessbevollmächtigte anwesend gewesen. Einem Parteiwechsel auf Klägerseite werde ausdrücklich widersprochen.

Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 8) beantragt,

die Berufung des Klägers zu verwerfen.

Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 8) hält die Berufung ebenfalls für unzulässig. Der Berufungsführer sei nicht prozessführungsbefugt. Als Berufungsführer trete das MVZ H., vertreten durch den ärztlichen Leiter Dr. P. R., auf. Gegründet worden sei dieses MVZ von der juristischen Person „Medizinisches Versorgungszentrum H. GmbH“, vertreten durch die Geschäftsführer S. K. und W. N., eingetragen am 20.1.2007 im Handelsregister des AG B. und zum 18.10.2013 umfirmiert in „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“. Gemäß § 70 Nr. 1 SGG seien natürliche und juristische Person fähig, am Verfahren beteiligt seien. Das MVZ H. sei vor allem keine „nichtrechtsfähige Personenvereinigung“, „Behörde“ oder „gemeinsames Entscheidungsgremien“ im Sinne des § 70 Nrn. 2-4 SGG. Es sei auch weder eine natürliche oder juristische Person, sondern lediglich eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung. Eine Einrichtung sei, vergleichbar mit Krankenhäusern im Krankenhausrecht, kein Rechtssubjekt, keine Rechtspersönlichkeit, die Träger von Rechten und Pflichten sein könne. Demnach sei die Einrichtung „MVZ H.“ schon nicht beteiligungsfähig im Sinne des § 70 SGG. Als prozessunfähige Einrichtung habe das „MVZ H.“ auch beispielsweise weder einen Anstellungsvertrag noch Behandlungsverträge schließen können, wodurch es ausgeschlossen sei, dass die nichtrechtsfähige Einrichtung „MVZ H.“ in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten auch nur möglicherweise verletzt sein könnte. Auch die natürliche, unbestritten beteiligungs- und prozessfähige Person

Dr. R. könne nicht möglicherweise in eigenen Rechten verletzt sein, da er weder Träger/Inhaber des MVZ sei noch ihm als angestellter Arzt die Anstellungsgenehmigung hinsichtlich der Auswahlentscheidung E. hätte erteilt werden können. Der Anstellungsvertrag E. sei mit der Träger-GmbH geschlossen worden, diese habe auch den Antrag auf Anstellungsgenehmigung gestellt. Allein die „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“ als juristische Person des Privatrechts könnte daher die Verletzung ihrer subjektiv öffentlich-rechtlichen Rechte geltend machen, diese habe aber weder geklagt noch Berufung eingelegt. Ihr gegenüber sei der Bescheid mithin bestandskräftig. Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG müsse die Klageschrift den Kläger identifizierbar bezeichnen, was hier durch die Benennung einer natürlichen Person in Gestalt des Dr. R. geschehen sei.

Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen zu 11 und 12) beantragt,

die Berufung des Klägers zu verwerfen.

Er schließt sich den Ausführungen des Beklagten sowie des Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 8) an.

Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Zulassungsausschusses und des Beklagten sowie die gerichtlichen Akten beider Instanzen mit den Az. S 1 KA 17/14 bis S 1 KA 20/14 und L 12 KA 65/15 bis L 12 KA 68/14, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist unzulässig und war daher zu verwerfen, § 158 Satz 1 SGG.

Auf die Berufung hin hat das Berufungsgericht zu prüfen, ob die Berufung zulässig ist. Nur wenn alle Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen, ist die Berufung zulässig. Das Gericht darf die Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung nicht offen lassen. Denn das Berufungsgericht ist zur Sachentscheidung nur befugt, wenn die Zulässigkeit der Berufung feststeht (Sommer in Roos/Wahrendorf, Komm. zum SGG, § 143 Rdnr. 7).

Die Berufung ist statthaft, da sie sich gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.4.2015 wendet, § 105 Abs. 2 Satz 1, § 143 SGG. Der Berufungsführer muss zudem nach den allgemeinen Regelungen des SGG fähig sein, sich am Berufungsverfahren zu beteiligen (§ 70 SGG). Daran scheitert es hier, soweit der Berufungsführer das MVZ H. als unselbstständige Einrichtung ist. Nach § 70 SGG sind beteiligtenfähig natürliche und juristische Personen, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt, sowie gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen. Hierunter fällt das MVZ H. eindeutig nicht. Das MVZ als solches ist nach § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung, in der Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Das MVZ selbst ist damit lediglich eine organisatorische und bauliche Einheit, die in verschiedenen rechtlichen Konstellationen betrieben werden kann, es ist aber nicht mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit ausgestattet. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: „Medizinische Versorgungszentren können als juristische Personen, z. B. als GmbH oder als Gesamthandgemeinschaft (BGB-Gesellschaft) betrieben werden.“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/1525 Seite 107). Daraus kann nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber beabsichtigt hätte, den Medizinischen Versorgungszentren eine eigene Rechtspersönlichkeit zuzuerkennen, die von der ihres Trägers zu unterscheiden ist bzw. selbstständig neben diese tritt. Im Gegenteil, hierdurch wird vielmehr klargestellt, dass Medizinische Versorgungszentren keine neue Organisationsform im Sinne einer Rechtsform sui generis darstellen, unter der medizinische Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit am Rechtsverkehr teilnehmen können, sondern dass Medizinische Versorgungszentren sich einer der bereits vorhandenen Rechtsformen bedienen müssen, um im Rechtsverkehr aufzutreten (so schon SG Dresden, Urteil vom 28.7.2010 - S 18 KA 250/06; gleiche Gesetzesinterpretation, jedoch mit gegenteiliger Schlussfolgerung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.1.2010, Az. L 7 KA 139/09 B ER). Die Beteiligtenfähigkeit des MVZ richtet sich dann jeweils nach der für dessen Betreibung gewählten Organisationsform (Arndt in Breitkreuz/Fichte, Kommentar zum SGG, § 70 Rdnr. 8; Straßfeld in Roos/Wahrendorf, Komm. zum SGG, § 70 Rdnr. 29). Nur wenn sich das MVZ einer Organisationsform bedient, die § 70 SGG zugeordnet werden kann, ist es beteiligtenfähig. Das MVZ H. als fachübergreifende ärztliche geleitete Einrichtung wurde von der juristischen Person „Medizinisches Versorgungszentrum H. GmbH“, zum 18.10.2013 in „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“ umfirmiert, gegründet. Beteiligtenfähig im Sinne des § 70 SGG wäre daher allein die „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“, nicht jedoch das einzelne MVZ H.. Das MVZ H. als solches ist kein Rechtsträger, dem subjektive Rechte zugeordnet sein können, sondern eine unselbstständige Organisationseinheit der Träger-GmbH. Auch das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 SGG führt nicht zu einer erweiternden Auslegung des § 70 SGG. Der Wortlaut des § 70 SGG ist in Bezug auf die Beteiligtenfähigkeit eindeutig und insofern nicht dahingehend auslegungsfähig, dass eine (weitere) Organisationsform ohne eigene Rechtspersönlichkeit beteiligtenfähig im Sinne des § 70 SGG sein könne.

Prozessfähig im Sinne von § 71 Abs. 1 SGG kann wiederum nur ein „Beteiligter“ im Sinne des § 70 SGG sein. Die Prozessfähigkeit setzt Geschäftsfähigkeit im Sinne des Zivilrechts voraus. Eine „Einrichtung“ wie ein MVZ ist nicht geschäftsfähig, sondern lediglich dessen jeweiliger Inhaber bzw. Träger, sei es eine natürliche oder juristische Person, eine Personengesellschaft oder Genossenschaft, also derjenige, den die Rechte oder Pflichten aus dieser Einrichtung betreffen.

Unterstellt, Kläger wäre nicht das MVZ H. als Einrichtung, ärztlicher Leiter Dr. R., sondern die Person des ärztlichen Leiters des MVZ H., Dr. R., wäre dieser zwar als natürliche Person beteiligten- und prozessfähig im Sinne von §§ 70, 71 SGG, er wäre jedoch nicht Träger bzw. Inhaber des MVZ, sondern lediglich angestellter Arzt der „Medizinischen Versorgungszentren E. GmbH“ und als solcher nicht prozessführungsbefugt. Die Prozessführungsbefugnis folgt in der Regel dem materiellen Anspruch. Als ärztlichem Leiter des MVZ H. kann Dr. R. die begehrte Anstellungsgenehmigung nicht erteilt werden. Schon der Antrag hinsichtlich der Antragsgenehmigung E. wurde rechtlich zutreffend durch die MVZ-Träger GmbH gestellt und nicht durch die Einrichtung MVZ H. bzw. dessen ärztlichem Leiter Dr. R. Entsprechend wurde auch die Anstellungsgenehmigung vom Zulassungsausschuss dem MVZ in der Trägerschaft der GmbH erteilt und weder dem ärztlichen Leiter noch dem MVZ H. als Einrichtung. Als natürliche Person könnte Dr. R. demnach auch nicht geltend machen, in eigenen subjektiv öffentlichen Rechten auch nur möglicherweise verletzt zu sein. Ihm würde es bereits an der Prozessführungsbefugnis fehlen, die getrennt von der Beteiligtenfähigkeit zu prüfen ist. Eine Bevollmächtigung des ärztlichen Leiters Dr. R. zur Geltendmachung der Rechte der Träger-GmbH im eigenen Namen - unabhängig von der dann zu prüfenden Wirksamkeit einer solchen Bevollmächtigung - wurde weder vorgetragen noch ergibt sie sich aus den dem Senat vorliegenden Akten. Es wurde vielmehr schriftsätzlich eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass Kläger das MVZ H. und nicht die natürliche Person Dr. R. ist.

Die Berufung war daher als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
nichtrechtsfähige Personenvereinigungen,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt,
4.
gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 12.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Entziehung der Zulassung für ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ).

2

Die Klägerin, ein MVZ in der Rechtsform einer GmbH, über deren Vermögen das Amtsgericht Köln am 25.1.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet hat, nimmt seit 2007 unter dem Namen "Medizinisches Versorgungszentrum L. GmbH" an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die GmbH hatte nach ihrer Gründung durch Gesellschaftsvertrag vom 31.5.2007 und dem Handelsregistereintrag am 1.4.2008 zunächst als "Medizinisches Versorgungszentrum R. GmbH" firmiert, danach als "Medizinisches Versorgungszentrum A. GmbH". Alleingesellschafterin ist die H. GmbH, deren Name früher "R. GmbH" und danach "A. GmbH" war.

3

Die GmbH erhielt - zum 1.4.2008 - eine Zulassung gemäß § 124 SGB V als physiotherapeutische krankengymnastische Praxis und - zum 1.7.2008 - eine Zulassung gemäß § 95 SGB V als MVZ zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Die Zulassung (Beschluss vom 5.3.2008/Bescheid vom 24.4.2008) erfolgte mit der Auflage, mehr als fünftägige Abwesenheiten der im MVZ tätigen Ärzte durch Urlaub, Fortbildung oder Krankheit formlos mitzuteilen und die Vertreter zu benennen. Weiterhin war darin als ärztlicher Leiter der (frühere) Beigeladene zu 8. (Dr. Ka. - inzwischen verstorben) benannt, dem in einer Nebenbestimmung des Zulassungsbescheids auch die Verantwortung für die korrekte Leistungserbringung und -abrechnung der im MVZ tätigen Ärzte zugewiesen war. Zum 18.7.2008 verlegte die Klägerin ihren Standort an die heutige Anschrift in B.

4

Der Beigeladene zu 8. war bis zum 31.12.2008 der ärztliche Leiter des MVZ; am 1.1.2009 löste ihn der Beigeladene zu 9. (Dr. J. Ko.) ab. Zum 1.1.2009 stimmte der Zulassungsausschuss auch weiteren Anstellungen zu, unter anderem der Anstellung der Beigeladenen zu 7. (Gynäkologin Frau G.) (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 8.12.2008/Bescheid vom 20.2.2008).

5

           

Im März 2009 beantragte die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) beim Zulassungsausschuss, der Klägerin wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Die Beigeladene zu 1. stützte diesen Vorwurf im Wesentlichen auf die folgenden Ungereimtheiten, die sie bei der Überprüfung der Abrechnung für das Quartal IV/2008 festgestellt hatte:

        

-       

1023 Leistungen seien drei Arztnummern (lebenslange Arztnummer ) zugeordnet worden, die überhaupt nicht vergeben worden seien (LANR 3453538 66 - 161 Ansätze; LANR 5345451 45 - 201 Ansätze; LANR 6556563 78 - 661 Ansätze).

        

-       

797 Ansätze seien der LANR der Beigeladenen zu 7. - Gynäkologin G. - und 9 Ansätze der LANR der Dermatologin Dr. R. zugeordnet worden, obgleich deren Anstellungen erst zum 1.1.2009 (also mit Wirksamkeit erst für die Zeit nach der Leistungserbringung) genehmigt worden seien.

        

-       

475 Leistungen seien unter der LANR der Allgemeinärztin Dr. Str. in Ansatz gebracht worden, obgleich für sie eine Anstellungsgenehmigung weder beantragt noch erteilt worden sei.

Hierauf stützten sich auch der Zulassungs- und der beklagte Berufungsausschuss bei ihren Bescheiden über die Zulassungsentziehung (Beschluss vom 27.4.2009/Bescheid vom 13.5.2009 sowie Beschluss vom 15.7.2009/Bescheid vom 21.8.2009).

6

Die Klägerin räumte im Klageverfahren - wie auch schon im Verfahren vor dem Zulassungs- und Berufungsausschuss - ein, der Sachverhalt treffe im Wesentlichen zu. Entlastend sei aber zu berücksichtigen, dass sich die Abrechnungsfehler vor allem auf Mängel der Software gründeten, die keine Schutzmechanismen wie zB Warnhinweise bei Eingaben falscher LANR und bei Überschreiben richtiger LANR enthalten habe. So habe jeder Mitarbeiter eine bestehende LANR überschreiben können; auch die LANR überweisender Ärzte seien im System erfasst worden. Die Daten der Beigeladenen zu 7. - Frau G. - und der Frau Dr. R. seien fälschlicherweise schon vor dem 1.1.2009 in die Software eingepflegt und ihnen seien - von übereifrigem Praxispersonal - Leistungen zugeordnet worden; als die Anstellungsgenehmigungen entgegen dem Antrag nicht rückwirkend erteilt worden seien, sei versäumt worden, die Leistungen wieder aus der Abrechnung herauszunehmen. Wie die LANR der - auch gynäkologisch tätigen - Allgemeinärztin Dr. Str. ins System gelangt sei - sie sei an die Stelle der LANR des bis 31.12.2008 tätigen Orthopäden Dr. H. gesetzt worden -, sei unerklärlich, weil sie weder zur Anstellung angestanden habe noch Überweiserin gewesen sei. Die Leistungen als solche seien aber erbracht worden, nämlich von anderen Ärztinnen - Frau Dr. Sto. und Frau Dr. K. -, die noch bis 31.12.2008 im MVZ tätig gewesen seien. Bei allem sei auch zu berücksichtigen, dass ihr Personal durch die organisatorischen Folgen ihrer Standortverlegung im Juli 2008 und durch die Umstellung des Computersystems im September 2008 auf neue Software überfordert gewesen sei.

7

           

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.7.2010); das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 23.2.2011 - L 7 KA 62/10 - in Juris dokumentiert). Das SG und das LSG haben die Zulassungsentziehung als rechtmäßig angesehen. Das LSG hat die von der KÄV benannten Vorwürfe zugrunde gelegt und als weiteren festgestellt, dass

        

-       

der Beigeladene zu 9. umfänglich Vertretungstätigkeiten ausgeübt habe, ohne dass dies, wie in § 32 Abs 1 Satz 4 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) bestimmt und als Auflage in der Zulassung(Beschluss vom 5.3.2008/Bescheid vom 24.4.2008) vorgegeben, der KÄV mitgeteilt worden sei.

8

SG und LSG haben ausgeführt, Pflichtverletzungen im MVZ, jedenfalls soweit sie das Abrechnungswesen beträfen, seien dem MVZ (zumindest: auch) selbst anzulasten und nicht etwa nur einzelnen dort tätigen Mitarbeitern. Keine Entlastung ergebe sich daraus, dass die Abrechnungssoftware möglicherweise keinen ausreichenden Schutz gegen Manipulationen geboten habe; dies relativiere nicht die gegen das MVZ zu erhebenden Vorwürfe, alle Mitarbeiter hätten auf die Abrechnungssoftware zugreifen und Manipulationen durch Eingabe von LANR und Überschreiben vornehmen können, und eine Kontrolle bei Abgabe der Abrechnungssammelerklärung sei nicht gewährleistet gewesen. Insgesamt sei ein erschreckender Mangel an Sensibilität für die bei Abrechnungen nötige Sorgfalt sowie eine erschreckende Sorglosigkeit im Umgang mit den durch die Kassenzulassung begründeten Pflichten peinlich genauer Leistungsabrechnung und persönlicher Leistungserbringung festzustellen. Voraussetzung der Entziehung der Zulassung sei nur das Vorliegen einer gröblichen Pflichtverletzung, nicht auch Wiederholungsgefahr, und es gebe auch keinen Vorrang für zB Disziplinarmaßnahmen oder den Widerruf von Anstellungsgenehmigungen. Im Urteil des LSG ist zusätzlich ausgeführt, die Bemühungen der Klägerin um Aufklärung der näheren Umstände der Pflichtverletzungen seien offensichtlich unzureichend gewesen und auch nach zwei Jahren sei ein ernster Wille zur Behebung der Missstände nicht erkennbar. Die Klägerin sei zu einer ausreichend kritischen Einschätzung ihrer Pflichtverletzungen nicht gelangt, bagatellisiere diese vielmehr in besorgniserregender Weise, indem sie sie nur dem kaufmännischen Bereich zuordne und als bloße "Förmeleien" einstufe. Dem Vorwurf gröblicher Pflichtverletzung stehe nicht entgegen, dass Eingaben falscher LANR im Rahmen der Abrechnungsprüfung durch die Beigeladene zu 1. hätten leicht aufgedeckt werden können. Großes Gewicht komme der Richtigkeit der Abrechnungssammelerklärung zu, die im vorliegenden Fall gravierende Fehler aufgewiesen habe. Ungeachtet dessen, dass die Klägerin zwischenzeitlich nicht unerhebliche Anstrengungen unternommen habe, die erkannten Missstände zu beseitigen, und dass in den Folgequartalen keine weiteren Unregelmäßigkeiten bei der Leistungsabrechnung aufgetreten seien, verblieben Zweifel, ob der Eignungsmangel zwischenzeitlich behoben sei. Der Zulassungsentziehung entgegenstehendes sog Wohlverhalten sei nicht feststellbar. Die Entziehung der Zulassung stelle auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff dar.

9

Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin gegen die Bewertung ihres Fehlverhaltens als gröbliche Pflichtverletzung. Sie räumt das vom LSG festgestellte Fehlverhalten ein: Sie habe zum einen Leistungen unter bundesweit nicht vergebenen LANR abgerechnet; zum anderen habe sie Leistungen solchen Ärzten zugeordnet, die entweder zu keinem Zeitpunkt bei ihr angestellt waren (Frau Dr. Str.) oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten (Beigeladene zu 7. und Frau Dr. R.); ferner habe sie Vertretungstätigkeiten - des Beigeladenen zu 9. - entgegen § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV und entgegen Nr 12 Satz 1 des Bescheids über ihre Zulassung nicht angezeigt. Bei allen diesen Pflichtverstößen sei aber zu berücksichtigen, dass ihr Personal im Quartal IV/2008 durch die erfolgte Standortverlegung, die Einführung der LANR, die Integration weiterer Arztpraxen und die Neueinstellung von ca 25 Mitarbeitern erheblich belastet gewesen sei; ihr könne weder Absicht noch strafbares Verhalten angelastet werden; zudem seien die Pflichtverstöße auf ein einziges Quartal beschränkt. Es sei kein Schaden verblieben, nachdem 10 000 Euro im Wege sachlich-rechnerischer Richtigstellung ausgeglichen worden seien. Die Negativprognose des LSG sei nicht haltbar. Die Zulassungsentziehung sei, gemessen an Art 12 Abs 1 iVm Art 19 Abs 3 GG, verfassungswidrig und im Übrigen wegen der Existenzvernichtung im Gefolge eines Fehlverhaltens, das nicht bestritten werde, jedenfalls unverhältnismäßig. Die Zulassungsentziehung führe zur Schließung des MVZ und für zahlreiche Patienten zum Verlust der Ärzte ihres Vertrauens sowie für alle Mitarbeiter zum Verlust ihrer Arbeitsplätze, wobei viele der betroffenen Ärzte wegen der Sperren für Neuzulassungen wegen Überversorgung wohl kaum eine (erneute) Kassenzulassung erlangen könnten. Dies sei im Hinblick auf die Aussagen des BVerfG, die dieses in den von ihr geführten vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemacht habe, problematisch; hiernach reichten insbesondere generalpräventive Erwägungen für eine Zulassungsentziehung nicht aus.

10

Die Auslegung des Begriffs gröbliche Pflichtverletzung im Sinne des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V müsse den Besonderheiten eines MVZ und dessen zweistufiger Struktur mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten Rechnung tragen: Die Trägergesellschaft bzw ihre Gesellschafter seien Zulassungsinhaber und Abrechnungsberechtigte; hierher gehöre die Abrechnung, die Teil der kaufmännischen Praxisführung und damit Angelegenheit der Gesellschaft und ihrer Geschäftsführung sei. Demgegenüber obliege die Leistungserbringung im engeren Sinne mit der Behandlung der Patienten den Ärzten, die nur ihre Leistungen tatsächlich, vollständig und persönlich erbringen und dies an die Geschäftsführung bzw Buchhaltung übermitteln müssten; ihnen seien die Fehler der Abrechnung nicht anzulasten. Das Fehlverhalten habe vielmehr im kaufmännischen Bereich gelegen, wofür natürlich die Klägerin die Verantwortung trage, die sich aber vom kaufmännisch verantwortlichen Standortleiter mittlerweile getrennt habe. Dass den Ärzten kein Fehlverhalten und keine Fehlbehandlungen angelastet werden könnten, müsse bei der Bewertung der Pflichtverletzungen berücksichtigt werden, ebenso wie der Umstand, dass es um Fehler nur in einem einzigen Quartal und - wie SG und LSG festgestellt hätten - ohne jeden Ansatz eines kriminellen Verhaltens gehe. Deshalb sei das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen den vertragsarztrechtlichen Institutionen und ihr, der Klägerin, nicht irreparabel und auf Dauer zerstört. Bei der Frage der Gröblichkeit von Pflichtverletzungen müssten die individuellen Umstände und Verantwortlichkeiten beachtet werden sowie auch das Maß an subjektiver Vorwerfbarkeit, vergleichbar den Graden von Fahrlässigkeit bis hin zu Vorsatz und strafbarer Absicht. Der Vorhalt des LSG, es stehe "die Möglichkeit eines vorsätzlichen und damit strafbaren Verhaltens eines oder mehrerer Mitarbeiter der Klägerin im Raum", sei ein krasser Fehlgriff; denn bisher seien weder sie - die Klägerin - noch ihre Mitarbeiter strafrechtlich belangt worden; der Vorhalt einer Betrugsabsicht sei abwegig, wie die Art der Fehlabrechnung mit falschen LANR belege, die vom Prüfsystem der KÄV - wie allgemein bekannt - auf Anhieb erkannt würden.

11

Ebenso fehlsam und unsubstantiiert sei der Vorhalt des LSG, sie habe sich nicht ernstlich bemüht, die Fehlerquellen und -ursachen aufzuklären und die Missstände zu beheben; das LSG sage nicht, welche Bemühungen sie über die von ihr unternommenen Maßnahmen hinaus - Einholung eines Gutachtens eines EDV-Sachverständigen, Software-Änderung durch Softwarehersteller, Austausch des Standortleiters, Beauftragung einer externen controlling-Firma; Abrechnungsprüfungen durch Geschäftsführer; Schulungen der Mitarbeiter - noch hätte unternehmen sollen und können. Vor allem sei in die Wertung einzubeziehen, dass sie die entdeckten Fehler umgehend beseitigt habe. Vor diesem Hintergrund dürften ihr nicht unzulängliche Eigeneinschätzung und Uneinsichtigkeit sowie Widersprüchlichkeit und Unglaubhaftigkeit vorgeworfen werden. Indiskutabel sei auch der Vorhalt, sie habe ihren ärztlichen Leiter nur zögerlich von seinen Aufgaben entbunden; denn sie sei aufgrund der vom LSG gestützten sofortigen Vollziehung der Zulassungsentziehung bis zum Beschluss des BVerfG vom 15.3.2010 handlungsunfähig gewesen und habe dann sogleich - zum 31.3.2010 - die Trennung umgesetzt. Die Gesamtwürdigung hätte im Falle eines Einzelarztes wohl nur zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung geführt, eine Zerstörung des Vertrauens der vertragsarztrechtlichen Institutionen wäre wohl kaum angenommen worden; bei einem MVZ könne nichts anderes gelten. Die Qualifizierung als gröbliche Pflichtverletzung sei auch nicht mit dem Schutz der Berufsfreiheit durch Art 12 Abs 1 GG vereinbar, der eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine strikte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfordere; dabei seien auch die Belange und Grundrechte der im MVZ tätigen Ärzte und Mitarbeiter sowie die Belange der Patienten zu berücksichtigen.

12

Die Annahme von Wiederholungsgefahr und Negativprognose scheitere daran, dass die Abrechnungsfehler nur versehentlich - nicht vorsätzlich - und nur in einem einzigen Quartal erfolgt seien, dass sie nach Entdeckung umgehend abgestellt und dass zahlreiche grundlegende Veränderungen vorgenommen worden seien. Eine Negativprognose könne schließlich auch nicht darauf gestützt werden, dass sie sich gegen die Zulassungsentziehung gewehrt habe; das widerspräche dem verfassungsrechtlich in Art 19 Abs 4 GG verbürgten Anspruch auf Rechtsschutz.

13

Die Zulassungsentziehung sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil zahlreiche mildere Mittel zur Verfügung stünden und ausreichten, wie zB eine sachlich-rechnerische Richtigstellung, die bereits erfolgt sei und bei umfassender Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen und den Belangen der Klägerin und bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ausreiche. Schließlich könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Software trotz ihrer Unvollkommenheiten von der KÄV geprüft und genehmigt worden sei.

14

Die Klägerin hat im Revisionsverfahren darauf hingewiesen, dass sie vorsorglich im Hinblick auf das Zulassungsentziehungsverfahren die Ausschreibung der MVZ-Zulassung beantragt, die Beigeladene zu 1. dies aber abgelehnt und sie - die Klägerin - mit ihren hiergegen gerichteten Rechtsmitteln noch keinen Erfolg gehabt habe. Sie hat ferner ihre Überlegungen mitgeteilt, das Zulassungsentziehungsverfahren durch Veräußerung des MVZ und/oder der Trägergesellschaft zur Erledigung zu bringen, hat dies aber bisher - soweit ersichtlich - nicht weiterverfolgt.

15

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23.2.2011 und des Sozialgerichts Berlin vom 7.7.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21.8.2009 aufzuheben.

16

Der Beklagte und die zu 1. beigeladene KÄV beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

17

Sie verteidigen das Urteil des LSG. Der Beklagte hebt hervor, dass es für die Entziehung der Zulassung nicht auf ein Verschulden ankomme. Maßgebend sei allein das Vorliegen gröblicher Pflichtverletzungen. Für die Frage der Gröblichkeit der Pflichtverletzung sei nur diese selbst und ihre Eigenart relevant, nicht hingegen die Höhe des daraus resultierenden Schadens und die Größe des von der Entziehung betroffenen Personenkreises (MVZ-Mitarbeiter und Patienten). Pflichtverletzungen lägen nicht nur aufgrund der Abrechnungsverstöße durch die Verwendung falscher LANR vor, sondern auch aufgrund der Beschäftigung nicht genehmigter Ärzte, was dem Schutz der Patienten zuwiderlaufe und deshalb schwer wiege. Das Gewicht aller Verstöße zusammen impliziere die Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Leistungserbringer und vertragsarztrechtlichen Institutionen und begründe ohne Weiteres die Gröblichkeit der Pflichtverletzungen. Den von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen des BVerfG zur sofortigen Vollziehung komme für die hier vorliegende Problematik nur begrenzte Aussagekraft zu, weil sie nur die Abwägung der Interessen für und wider die Vollziehung vor Bestandskraft beträfen. Im Übrigen dürfe bei der Beurteilung der Gröblichkeit einer Pflichtverletzung auch der Gesichtspunkt der Generalprävention einbezogen werden.

18

Die Beigeladene zu 1. sieht eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten ebenfalls als gegeben an. Mit der Beschäftigung von nicht über einen Status verfügenden angestellten Ärzten und der Einreichung einer Abrechnung mit falschen LANR habe die Klägerin gegen Grundpflichten der Teilnahme an der vertragsärztlich-ambulanten Versorgung verstoßen. Die Argumentation der Klägerin, die Pflichtverletzungen beträfen die Ebene der Geschäftsführung, entlaste sie nicht. Für ein MVZ gälten grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie für niedergelassene Ärzte. Der Vertragsarzt könne sich seiner Verantwortlichkeit für die peinlich genaue Abrechnung nicht entledigen, wie insbesondere anhand der Pflicht zur Abgabe der sog Abrechnungssammelerklärung deutlich werde. Entsprechendes gelte für das MVZ; hier treffe die Verantwortung für die korrekte Abrechnung immer auch das MVZ als Ganzes.

19

Die Beigeladenen zu 2. bis 12. stellen keine Anträge und äußern sich nicht.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Bescheid, mit dem der Beklagte der Klägerin die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entzog, ist rechtmäßig.

21

1. Der Klagebefugnis und der Aktivlegitimation der Klägerin steht nicht entgegen, dass über ihr Vermögen durch Beschluss des AG Köln vom 25.1.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Wie der Senat wiederholt ausgeführt hat, betrifft der Status der Zulassung eine höchstpersönliche Rechtsposition des Vertragsarztes - bzw hier: des MVZ -, die nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen ist. Der Senat hat ausdrücklich entschieden, dass auch das Recht auf Praxisverlegung - als Ausfluss der Zulassung - der höchstpersönlichen Rechtssphäre des Vertragsarztes zuzuordnen ist; deshalb darf er - ohne Mitbestimmung des Insolvenzverwalters - nach eigenem Belieben seinen Praxissitz verlegen (BSG vom 10.5.2000, BSGE 86, 121, 123 iVm 125 f = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 16 iVm 18 f; hierauf Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 10 RdNr 7). Auch das Recht zur Drittanfechtung gegen einen Bescheid, mit dem einem Praxispartner die Zulassung entzogen oder die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis widerrufen bzw zurückgenommen wird, ist mit dem persönlichen Status der Zulassung so eng verbunden, dass es nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen ist (BSG vom 16.7.2008 - B 6 KA 79/07 B - RdNr 9 und - B 6 KA 2/08 B - RdNr 11). Ebenso - erst recht - ist das Recht zur Anfechtung einer Zulassungsentziehung dem persönlichen Status zuzuordnen. Mithin lässt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Klagebefugnis und/oder Aktivlegitimation nicht entfallen.

22

2. Rechtsgrundlage für die Entziehung der Zulassung ist § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V, wonach diese unter anderem dann zu entziehen ist, "wenn … der Vertragsarzt … seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt." Dieser Tatbestand gilt gleichermaßen für alle zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer; er gilt auch für ein MVZ, wie sich generell aus der Verweisung des § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und speziell aus dem Verhältnis des § 95 Abs 6 zu dessen Abs 1 SGB V ergibt. Die Anwendung des Grundtatbestandes des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V auf ein MVZ wird nicht durch die Regelungen in § 95 Abs 6 Satz 3 und(seit dem 1.1.2012:) Satz 4 SGB V in Frage gestellt. Diese Bestimmungen normieren nur weitere Zulassungsentziehungstatbestände, die zu dem des Satz 1 noch hinzutreten (Satz 3: "auch dann zu entziehen, wenn"). Die Bewertung, ob eine gröbliche Pflichtverletzung vorliegt, unterliegt uneingeschränkter gerichtlicher Überprüfung; ein den Zulassungsgremien vorbehaltener Beurteilungsspielraum besteht nicht (vgl BSGE 60, 76, 77 = SozR 2200 § 368a Nr 15 S 54; BSG MedR 1987, 254, 255 = USK 86179 S 837 f; s auch BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 29).

23

a) Eine gröbliche Pflichtverletzung liegt nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn die Verletzung ein Ausmaß erreicht, dass das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung des Versicherten und/oder in die Richtigkeit der Leistungsabrechnung so stark zerstört ist, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann (vgl hierzu zB BSGE 73, 234, 237 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 12 f; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 13; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 37; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 13). Ein Verschulden des Leistungserbringers hinsichtlich der Vertrauenszerstörung ist nicht Voraussetzung der Zulassungsentziehung (vgl hierzu BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 36; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 28 aE). Ist eine Vertrauenszerstörung eingetreten, so wird dies grundsätzlich nicht durch eine spätere gewissenhafte Pflichterfüllung wettgemacht. Eine solche kann grundsätzlich nur die Basis für den Aufbau einer neuen Vertrauensbeziehung bilden und so - im Wege eines neuen Zulassungsantrags und dessen Stattgabe - zur Wiederzulassung führen.

24

b) Diese Grundsätze zur Zulassungsentziehung hat der Senat anhand von Pflichtverstößen von Vertragsärzten und Vertragszahnärzten herausgearbeitet. Sie können auf ein MVZ nur mit gewissen Modifikationen angewandt werden.

25

Die Regelungen, die die Gründung eines MVZ und seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermöglichen, wurden zum 1.1.2004 geschaffen und in das SGB V eingefügt (GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190, siehe insbesondere die Neuregelungen in § 95 Abs 1 bis 3, 6, 7 und in § 103 Abs 4a SGB V). Sie sind zum 1.1.2007 novelliert worden (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006, BGBl I 3439). Seitdem sind in größerer Zahl MVZ gegründet worden. Seit 2011 sind der Status und die Betätigung von MVZ auch Gegenstand revisionsgerichtlicher Entscheidungen des erkennenden Senats. Das Schrifttum hat sich bereits früher - alsbald nach Schaffung der Regelungen im GKV-Modernisierungsgesetz - mit den Rechtsfragen befasst, die das MVZ betreffen. Dabei ist auch die Frage behandelt worden, wegen welcher Rechtsverstöße dem MVZ die Zulassung entzogen werden kann und/oder ob nur Maßnahmen gegen Mitarbeiter des MVZ ergriffen werden dürfen (vgl dazu zB Bäune in Bäune/Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, 2007, Anhang zu § 18 RdNr 115-118; Wenner, Das Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 31 RdNr 9; Zwingel/Preißler, Ärzte-Kooperationen und Medizinische Versorgungszentren, 2. Aufl 2008, Abschnitt 4.9.2 ; Konerding, Der Vertragsarztsitz im Medizinischen Versorgungszentrum, 2009, S 214; Wigge/Boos/Ossege in Wigge/von Leoprechting, Handbuch Medizinische Versorgungszentren, 2011, Abschnitt 6.9.2 ; Möller/Dahm in Ratzel/Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, 2. Aufl 2011, § 9 RdNr 165; Orlowski/Schirmer/Halbe, Medizinische Versorgungszentren in Halbe/Schirmer, Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, Kapitel B 1400, Stand März 2011, RdNr 147, 160, 161; Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 8. Aufl 2012, Vorbem zu § 18 RdNr 90 f). Im Schrifttum wird die Verantwortung für Pflichtverstöße differenzierend dem MVZ als solchem, ggf zu Teilen dem Geschäftsführer, dem ärztlichen Leiter, einzelnen Ärzten und/oder weiteren Mitarbeitern zugeordnet. Je nach Ebene und Verantwortungsbereich werden im Falle gröblicher Pflichtverletzungen eine Entziehung der Zulassung des MVZ oder nur der Widerruf von Anstellungsgenehmigungen oder Disziplinarmaßnahmen für rechtlich zulässig gehalten.

26

Die unterschiedlichen Rechtsmeinungen beruhen auf der besonderen Struktur des MVZ. Bei ihm fallen der vertragsärztliche Status und die tatsächliche Durchführung der Behandlungen auseinander; der Status ist dem MVZ zugewiesen, die Behandlungen werden durch die dort tätigen Ärzte durchgeführt. Mit Rücksicht hierauf ist zu differenzieren: Für die organisatorischen Abläufe, insbesondere den Einsatz der Ärzte und für die Korrektheit der Abrechnung, ist das MVZ selbst verantwortlich, während die Verantwortung für die ordnungsgemäße Behandlung der Patienten in medizinischer Hinsicht in erster Linie dem einzelnen behandelnden Arzt obliegt; dieser muss dafür berufs- und haftungsrechtlich einstehen; zusätzlich unterliegt er der Disziplinargewalt der KÄV (§ 95 Abs 3 Satz 2 iVm § 81 Abs 5 SGB V). Status und Behandlungsdurchführung sind indessen nicht in der Weise trennbar, dass das MVZ generell nicht für die Fehler einzelner dort tätiger Ärzte verantwortlich wäre. So ist ein MVZ nicht vor der Pflicht zur Erstattung solchen Honorars geschützt, das es für Leistungen erhalten hat, die ein dort tätiger Arzt - entgegen seinen Angaben gegenüber dem MVZ - tatsächlich nicht erbracht hat. Vielmehr sind die Pflichtenkreise "des" MVZ und derjenigen der dort tätigen Ärzte miteinander verzahnt. Dementsprechend müssen die Anwendungsbereiche der Entziehung der MVZ-Zulassung und vertragsarztrechtlicher Disziplinarmaßnahmen wie auch berufsrechtlicher Sanktionen aufeinander abgestimmt werden. Die Möglichkeit einer Zulassungsentziehung gegenüber einem MVZ muss zielgenau bestimmt werden. Nur wenn klar ist, welche Pflichten spezifisch das MVZ als Träger der Zulassung treffen, lässt sich beurteilen, wann eine Verletzung dieser Pflichten gröblich ist.

27

Das MVZ ist gegenüber den Krankenkassen und der KÄV für Auswahl und Einsatz der Ärzte sowie für die Leistungsabrechnung selbst verantwortlich. Ihm obliegt die Überprüfung, ob für die Ärzte bereits eine Anstellungsgenehmigung vorliegt, die Organisation der Behandlungen und zB auch die Anzeige notwendiger Vertretungen bei Urlaub, Fortbildung und Krankheit, sowie weiterhin die Korrektheit der Leistungsabrechnung und die Wirtschaftlichkeit der Behandlungen und Verordnungen sowie auch die Abgabe einer wahrheitsgemäßen Abrechnungssammelerklärung. Diese Verantwortung ist unteilbar und nicht delegierbar, sodass das MVZ gegenüber den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung nicht auf ein eventuelles Fehlverhalten der dort tätigen Ärzte verweisen könnte.

28

Der im MVZ tätige Arzt reduziert mit der Entscheidung, seine Tätigkeit im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung in einem MVZ auszuüben, seinen Pflichtenkreis im technisch-administrativen Bereich; dem Arzt diese Möglichkeit zu bieten, war eines der Ziele bei der Schaffung des Rechtsinstituts des MVZ (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 7 RdNr 22; siehe auch BT-Drucks 15/1525 S 108). Er behandelt die Patienten und muss dem MVZ gegenüber deutlich machen, welche Leistungen er wann bei welchem Patienten erbracht hat. Die Erstellung und Kontrolle der Abrechnung gegenüber der KÄV ist hingegen Sache des MVZ, was für den dort tätigen Arzt - im Vergleich mit dem in eigener Praxis tätigen Vertragsarzt - den Vorteil hat, sich mit den administrativen Aufgaben nicht befassen zu müssen. Das hat auf der anderen Seite unvermeidlich die Konsequenz, dass dies dem MVZ obliegt: Der Verminderung der Verantwortung des einzelnen Arztes korrespondiert die volle Verantwortung des MVZ für die korrekte Organisation der Behandlung und für die Leistungsabrechnung. Mit diesen Zuständigkeiten ist der zentrale Verantwortungsbereich des MVZ beschrieben; die Verantwortung für die organisatorischen Abläufe und für die Leistungsabrechnung kennzeichnen den Kern der Aufgaben des MVZ, sie stehen nicht wie beim Vertragsarzt neben der Aufgabe der Patientenbehandlung. Die korrekte Gestaltung der Leistungserbringung und der Leistungsabrechnung sind die bei weitem wichtigste Aufgabe des MVZ; unterlaufen ihm dabei Versäumnisse, so betrifft dies den Kern seiner vertragsarztrechtlichen Pflichten und nicht nur "bürokratische Nebenaufgaben". Daher ist bei der Entscheidung darüber, ob einem MVZ eine gröbliche Pflichtverletzung zur Last fällt, für die Überlegung, ob ihm auch gesundheitliche Gefährdungen von Patienten anzulasten sind, grundsätzlich kein Raum.

29

Das kann zu einer Modifikation der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Zulassungsentziehung in Bezug auf ein MVZ führen, ohne dass der Senat dies hier umfassend für alle denkbaren Fallgestaltungen festlegen könnte. Naheliegend ist die Annahme, dass das Fehlverhalten einzelner Ärzte, das bei diesen zur Zulassungsentziehung führen würde (zB Beleidigung von KÄV-Mitarbeitern , sexuelle Übergriffe auf Patienten und/oder Auszubildende; vgl auch LSG Berlin-Brandenburg vom 9.2.2010 - L 7 KA 169/09 B ER -, ZMGR 2010, 96, 97 f = Juris RdNr 10 mit weiteren Beispielen), nicht zwangsläufig zur Entziehung der Zulassung des MVZ führen muss. Wenn dieses nämlich glaubhaft machen kann, solche Verstöße im Pflichtenkreis des Arztes weder gekannt noch geduldet zu haben, dürfte es in der Regel ausreichen, dass der betroffene Arzt aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem MVZ-Träger entlassen und seine Anstellung nach § 95 Abs 2 Satz 7 SGB V widerrufen wird. Ist dagegen ein personenbezogener Durchgriff nicht möglich, so kommt auch in Betracht, den Pflichtverstoß der im MVZ tätigen Ärzte auch dem MVZ als solchem zuzurechnen (vgl zu diesem Ansatz bereits Senatsurteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 33/10 R - RdNr 20). Eine Entziehung der MVZ-Zulassung liegt von vornherein nahe, wenn Pflichtverstöße in Rede stehen, die den Pflichtenkreis des MVZ als solchen betreffen. Dies gilt zB für Fehlverhalten bei dem Einsatz der Ärzte des MVZ wie auch bei fehlerhaften Abrechnungen. Fehlerhafte Abrechnungen eines MVZ können möglicherweise eher zur Entziehung von dessen Zulassung führen als bei einem Vertragsarzt, schon weil der KÄV insoweit das Instrument der Disziplinargewalt nicht zur Verfügung steht. Weder "das MVZ" noch seine Rechtsträger (Personengesellschaft, eingetragene Genossenschaft oder GmbH gemäß § 95 Abs 1a SGB V) sind Mitglieder der KÄV; deshalb kann die KÄV auf deren Verhalten nicht über § 81 Abs 5 SGB V einwirken. Die Entziehung der MVZ-Zulassung ist daher bei solchen Pflichtverletzungen nicht das letzte, sondern das einzige Mittel, das den Krankenkassen und der KÄV zur Verfügung steht, um ihre Verantwortung für eine korrekte Leistungserbringung und -abrechnung in einem MVZ effektiv wahrzunehmen.

30

Diese Differenzierung ist mit dem grundrechtlichen Schutz durch Art 12 Abs 1 GG vereinbar. Sowohl das Betreiben eines MVZ wie die ärztliche Tätigkeit dort stehen unter dem Schutz dieses Grundrechts; doch können sich das MVZ und der einzelne Arzt jeweils nur auf "ihre eigene" berufliche Tätigkeit berufen. Das MVZ kann sich im Verfahren gegen eine ihm gegenüber erfolgende Zulassungsentziehung gemäß § 95 Abs 6 SGB V nicht auf die Berufsausübungsfreiheit der bei ihm tätigen Ärzte berufen. Hieraus folgt zugleich, dass die einzelnen Ärzte des MVZ grundsätzlich die Möglichkeit haben müssen, nach der Entziehung der Zulassung ihres MVZ weiterhin im bisherigen Planungsbereich vertragsärztlich tätig zu sein. Dies könnte nur anders sein, wenn auch ihnen selbst eine gröbliche Pflichtverletzung zur Last fiele (vgl BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 82 ff, 90 zur umfassenden Wiederzulassungssperre auf sechs Jahre; - zur Fünf-Jahres-Frist siehe BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 14 und 15). Die Möglichkeit weiterer vertragsärztlicher Tätigkeit ergibt sich für Vertragsärzte im MVZ schon aus ihrem fortbestehenden Zulassungsstatus; bei angestellten Ärzten dürften jedenfalls die zum 1.1.2012 neu geschaffenen Optionen der (Rück-)Umwandlung von Arztanstellungen in Zulassungen (§ 95 Abs 2 Satz 8 iVm Abs 9b, § 103 Abs 4a Satz 4 SGB V) eine Fortsetzung der Mitwirkung an der vertragsärztlichen Versorgung im bisherigen Planungsbereich auch dann ermöglichen, wenn dort Zulassungsbeschränkungen gelten (vgl dazu Bäune/Dahm/Flasbarth, MedR 2012, 77, 81).

31

Aufgrund der Differenzierung zwischen dem MVZ einerseits und den einzelnen bei ihm tätigen Ärzten andererseits kann ohne Verfassungsverstoß im Rahmen von Entscheidungen nach § 95 Abs 6 SGB V über die Entziehung einer MVZ-Zulassung die Schwere des Pflichtverstoßes und Prüfung der Verhältnismäßigkeit allein an dessen Pflichtenkreis und an dessen Grundrechtsschutz ausgerichtet werden. Dem MVZ werden weder unterschiedslos alle Pflichtverletzungen der bei ihm tätigen Ärzte einschließlich der fachlich-ärztlichen und höchstpersönlichen (zB Beleidigungen) zugerechnet, noch kann sich das MVZ auf das Interesse der einzelnen Ärzte an der persönlichen Fortführung der genuin ärztlichen Tätigkeit als abwägungsrelevanten Belang im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung berufen. Maßgeblich ist vielmehr stets eine Gesamtbetrachtung der Pflichtverletzungen, der Reaktion des MVZ darauf und das damit bewirkte Ausmaß der Störung des Vertrauens.

32

           

c) Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist die Entscheidung des LSG, die Klägerin habe ihre Pflichten gröblich verletzt, nicht zu beanstanden. Das LSG hat festgestellt - und dies hat die Klägerin ausdrücklich als zutreffend anerkannt -, dass sie bei der Abrechnung ihrer im Quartal IV/2008 erbrachten Leistungen in dreifacher Weise gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten verstoßen hat:

        

-       

Zum einen rechnete sie Leistungen von Ärzten ab, die entweder zu keinem Zeitpunkt bei ihr angestellt waren (Frau Dr. Str.) oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten (Beigeladene zu 7. und Frau Dr. R.).

        

-       

Zum zweiten rechnete sie Leistungen unter bundesweit nicht vergebenen LANR ab.

        

-       

Schließlich zeigte sie Vertretungstätigkeiten - des Beigeladenen zu 9. - entgegen § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV und entgegen Nr 12 Satz 1 des Bescheids über ihre Zulassung nicht an.

33

Diese Pflichtverletzungen sind in ihrem Zusammenhang gröblich, weil sie das Vertrauen der KÄV und der Krankenkassen auf eine korrekte Organisation der Leistungserbringung und -abrechnung bei der Klägerin so nachhaltig zerstörten, dass diesen eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht mehr zuzumuten ist. Für die Frage der Gröblichkeit der Pflichtverletzung ist maßgeblich, welchen Stellenwert die verletzte Pflicht hat und wie schwer der Verstoß unter Berücksichtigung seiner Eigenart wiegt (unten aa). Dies führt für die vorliegenden Pflichtverletzungen zur Bewertung als gröblich; dies gilt ungeachtet der Konzentration auf ein Quartal (unten bb). Die Zulassungsentziehung erfordert kein Verschulden (unten 3.). Ein sog Wohlverhalten liegt nicht vor (unten 4.). Eine Negativprognose oder eine umfassende Einbeziehung nachteiliger Folgen der Zulassungsentziehung ist nicht erforderlich (unten 5.). Die Verhältnismäßigkeit ist gewahrt (unten 6.), und Art 3 Abs 1 GG ist nicht verletzt (unten 7.).

34

           

aa) Grundlegend für die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung sind insbesondere

        

-       

die Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken,

        

-       

die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung und

        

-       

die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung.

Allen diesen Pflichten kommt großes Gewicht zu.

35

Die Pflicht zur stets korrekten Leistungsabrechnung hat nicht nur bei einem MVZ die oben beschriebene große Bedeutung, weil sie bei ihm eine zentrale Aufgabe darstellt. Sie hat vielmehr auch sonst allgemein, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung hervorhebt, hohen Stellenwert; denn das Abrechnungs- und Honorierungssystem der vertragsärztlichen Versorgung baut auf Vertrauen auf. Der Honorierung werden die Angaben der Leistungserbringer über die von ihnen erbrachten Leistungen zugrunde gelegt; eine Überprüfung erfolgt nur bei Auffälligkeit oder stichprobenweise (vgl hierzu § 106a Abs 2 und § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm Satz 2 ff SGB V). Da also bei der Honorierung die Angaben der Leistungserbringer grundsätzlich als zutreffend zugrunde gelegt werden, muss auf deren Richtigkeit vertraut werden können: Dies ist ein Fundament des Systems der vertragsärztlichen Versorgung (sog Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung, vgl dazu ausführlich zB BSGE 73, 234, 237 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 12 f; darauf Bezug nehmend zB BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10).

36

Der Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken, kommt ebenfalls großes Gewicht zu. Im vertragsärztlichen System muss zu jedem Zeitpunkt klar sein, welcher Arzt Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen zu deren Lasten behandeln und Leistungen verordnen darf und ob insoweit ein Anspruch des Arztes besteht, wegen der von ihm erbrachten Leistungen an der Verteilung des Honorars durch die KÄV beteiligt zu werden (vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 14 mwN und RdNr 15; BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25; BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 16 iVm 22; BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 57; BSG vom 14.12.2011 - B 6 KA 13/11 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 9 RdNr 17 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Zu jedem Zeitpunkt muss ohne verwaltungsmäßigen Aufwand feststehen, ob jemand im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bestimmte Leistungen erbringen darf (vgl vorgenannte BSG-Angaben). Nur dann kann sich der jeweils behandelte Versicherte darauf verlassen, dass sein Arzt in das vertragsärztliche System eingebunden ist, dass keine Vergütung unmittelbar dem Arzt gegenüber zu zahlen ist und dass die spezifische Fachkunde des Arztes (vgl § 135 Abs 2 Satz 1 SGB V) festgestellt ist.

37

Erhebliche Bedeutung hat ferner die Pflicht des zur Leistungserbringung Berechtigten, seine Leistungen persönlich zu erbringen, soweit nicht ein Ausnahmefall delegierbarer Leistungen vorliegt. Diese Pflicht dient der Sicherung der hohen Qualität der vertragsärztlichen Versorgung. Diese kann nur gewährleistet werden, wenn die Leistungen von demjenigen persönlich erbracht werden, der auf der Grundlage der Regelungen über die Zulassung bzw Ermächtigung oder Anstellung von Leistungserbringern als befähigt angesehen worden ist, qualitätsgerechte Leistungen zu gewährleisten (zur persönlichen Leistungserbringung vgl zB BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 27 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 121 Nr 2 RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 15 RdNr 30 und Nr 24 RdNr 19).

38

Verstöße gegen diese Verpflichtungen sind in der Rechtsprechung des Senats bisher regelmäßig wegen ihrer vertrauenszerstörenden Tendenz als gröblich gewertet worden. Das betrifft wiederholt unkorrekte Abrechnungen, aber auch die Beschäftigung von Assistenten oder Vertretern ohne Genehmigung (BSG-Nachweise und weitere Beispiele bei Schallen, aaO, § 27 RdNr 28 ff; Krauskopf/Clemens in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 29 RdNr 137, sowie bei Plagemann, Münchener AnwaltsHandbuch Sozialrecht, 3. Aufl 2009, § 20 RdNr 81; Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, aaO, § 27 RdNr 12 ff). Wegen der Ausrichtung der Gröblichkeit der Pflichtverletzung an einer Gesamtbewertung können auch einmalige Rechtsverstöße oder Pflichtverletzungen in nur einem Quartal für eine Entziehung ausreichen, wenn sie den Eindruck bestätigen, der betroffene Leistungserbringer begegne den Anforderungen der vertragsärztlichen Versorgung nicht mit der gebotenen Sensibilität und Aufmerksamkeit.

39

bb) Nach diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall die vom SG und vom LSG gezogene Schlussfolgerung, es lägen gröbliche Pflichtverletzungen vor, die eine Entziehung der Zulassung rechtfertigen, nicht zu beanstanden. Maßgeblich ist, dass der Klägerin die oben in RdNr 32 ff aufgeführte Vielzahl von Verstößen gegen verschiedene grundlegende Pflichten anzulasten ist.

40

(1) Gravierende Pflichtverletzungen ergeben sich schon aus dem oben angeführten ersten Sachverhalt der Abrechnung von Leistungen von Ärzten, die entweder zu keinem Zeitpunkt bei ihr - der Klägerin - angestellt waren oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten.

41

Zu diesem Sachverhalt hat die Klägerin ausgeführt: Die Daten der Beigeladenen zu 7. - Frau G. - und der Frau Dr. R. seien fälschlicherweise schon vor dem 1.1.2009 in die Software eingepflegt und diesen Ärztinnen seien - von übereifrigem Praxispersonal - Leistungen zugeordnet worden; als die Anstellungsgenehmigungen entgegen dem Antrag nicht rückwirkend erteilt worden seien, sei versäumt worden, die Leistungen wieder aus der Abrechnung herauszunehmen. Unerklärlich sei, wie auch die LANR der - auch gynäkologisch tätigen - Allgemeinärztin Dr. Str. ins System gelangt sei, die weder zur Anstellung angestanden habe noch Überweiserin gewesen sei. Dazu führt die Klägerin weiter aus, die Leistungen als solche seien aber erbracht worden, nämlich von anderen Ärztinnen - Frau Dr. Sto. und Frau Dr. K. -, die noch bis 31.12.2008 im MVZ tätig gewesen seien.

42

Mit dieser Darstellung hat die Klägerin unterstrichen, dass sie dem Erfordernis, dass vertragsärztliche Leistungen nur von Personen erbracht werden dürfen, die vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien erlangt haben, keine ausreichende Aufmerksamkeit schenkte. Aus dem Sachverhalt in Verbindung mit ihren Ausführungen ergibt sich weiterhin, dass sie davon ausging, sie könne die bei einem gesetzlich Versicherten nötigen Leistungen von irgendeinem Arzt erbringen lassen und müsse sie lediglich bei der Abrechnung dann einem (anderen) Arzt, dessen Leistungen abzurechnen sie befugt war, zuordnen. In diesem Verhalten liegt eine mehrfache Pflichtverletzung. Sie verstieß erstens gegen die Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken, zweitens gegen die Pflicht der persönlichen Leistungserbringung durch den zur Leistung Berechtigten und schließlich durch die Zuordnung der Leistungen zu einem anderen Arzt bei der Abrechnung auch gegen die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung.

43

(2) Hinzu kam noch, dass sie zusätzlich mehr als 1000 Leistungen unter bundesweit nicht vergebenen LANR abrechnete. Damit wies ihre Leistungsabrechnung Arztnummern aus, die keinerlei Bezug zu den tatsächlichen Leistungserbringern erkennen lassen. Während bei bloßen Schreibfehlern noch das Ziel erkennbar ist, den tatsächlichen Leistungserbringer anzugeben, und deshalb in einem solchen Fall die Entziehung der Zulassung nicht gerechtfertigt wäre, gab die Klägerin eine irgendwie gegriffene Arztnummer an, die entweder fiktiv oder einem anderen Arzt als dem Leistungserbringer zugeordnet war: Hier fehlt insgesamt die Zielrichtung genauer Leistungsabrechnung; darin liegt grundsätzlich ein schwerwiegender Verstoß gegen die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung. Das vermittelt den Eindruck, die Klägerin sehe die Vorgaben für die vertragsärztliche Versorgung lediglich als bürokratische Hemmnisse, denen sie kein Gewicht oder jedenfalls kein ausreichendes Gewicht beimisst.

44

(3) Schließlich ließ die Klägerin den Beigeladenen zu 9. als Vertreter für den wiederholt erkrankten bzw beurlaubten Dr. H. tätig werden, ohne dass sie dies der KÄV anzeigte. Hierin liegt ein Verstoß gegen § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV, wonach Vertretungen, die länger als eine Woche dauern, der KÄV anzuzeigen sind. Damit missachtete sie zugleich die ihr im Bescheid über ihre Zulassung erteilte Auflage, Fälle von Urlaub, Fortbildung oder Krankheit ab einer Abwesenheit von mehr als fünf Tagen bzw bei regelmäßig wiederkehrender Abwesenheit an einzelnen Tagen dem Arztregister formlos mitzuteilen sowie die Vertreter zu benennen (so Nr 12 Satz 1 des Zulassungsbescheides: Beschluss vom 5.3.2008/Bescheid vom 24.4.2008).

45

(4) Von diesen drei Sachverhaltskomplexen waren jedenfalls die beiden erstgenannten, die jeweils Verstöße gegen grundlegende Pflichten betrafen, schon jeder für sich schwerwiegend und begründeten jeweils eine gröbliche Pflichtverletzung: Beide zeigten - wie vom SG ausdrücklich ausgeführt und vom LSG in seinem Urteil (Juris RdNr 45, 47) in Bezug genommen - eine "erschreckende Sorglosigkeit" im Umgang mit den durch die Kassenzulassung begründeten Pflichten und einen "erschreckenden Mangel an Sensibilität" für die bei Abrechnungen nötige Sorgfalt. Diese Wertung der Vorinstanzen ist schlüssig und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Mithin lagen sowohl aufgrund der Schwere der Pflichtverstöße als auch zusätzlich aufgrund der Art und Weise der Verletzungshandlungen gröbliche Pflichtverletzungen im Sinne des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V vor.

46

Erst recht kann bei kumulativer Betrachtung aller Pflichtverstöße die Wertung als gröblich nicht beanstandet werden. Das von der Klägerin eingeräumte Fehlverhalten betrifft grundlegende vertragsärztliche Pflichten und zeigt, wie bereits aus den vorinstanzlichen Formulierungen zitiert, eine "erschreckende Sorglosigkeit" und einen "erschreckenden Mangel an Sensibilität" für die mit der Kassenzulassung begründeten Pflichten. Dies trägt die Wertung als gröblich.

47

(5) Die Bewertung der Pflichtverletzungen als gröblich ist ungeachtet der Konzentration der von der Klägerin zu verantwortenden Fehler auf ein Quartal unbedenklich. Die Gesamtbetrachtung der Pflichtverletzungen der Klägerin zwingt zur Folgerung der Verantwortungslosigkeit beim Umgang mit den vertragsärztlichen Pflichten. Wie ausgeführt (zuvor <4>), handelte es sich nicht lediglich um eine einmalige Pflichtverletzung, sondern um eine Vielzahl von Verstößen gegen verschiedene grundlegende Pflichten und dies in einer schwerwiegenden Art, sodass die Bewertung als gröblich, ungeachtet der Konzentration auf ein Quartal, nicht zu beanstanden ist. Aufgrund des erheblichen Gewichts der Pflichtverstöße ergab sich die Folgerung, dass das Vertrauen der vertragsarztrechtlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Wahrnehmung und Durchführung der vertragsarztrechtlichen Aufgaben so stark zerstört wurde, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden konnte.

48

Die Klägerin hätte den Geschehensablauf der Zerstörung des Vertrauens der kassenarztrechtlichen Institutionen allenfalls dadurch aufhalten können, dass sie binnen kürzester Frist die Fehlerursache feststellt und das pflichtwidrige Fehlverhalten abstellt sowie die Fehlerursache und -behebung von sich aus den für die Versorgung verantwortlichen Körperschaften offenlegt. Nur unter dieser Voraussetzung könnte erwogen werden, dass trotz der schwerwiegenden Pflichtverletzungen keine Zerstörung des Vertrauens dieser Körperschaften auf die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen des MVZ eingetreten ist.

49

So handelte die Klägerin jedoch nicht. Die Klägerin hat von sich aus der zu 1. beigeladenen KÄV weder bei der Abrechnung einen Hinweis auf mögliche Fehler gegeben noch alsbald danach die Fehlerursachen benannt, um so die Zerstörung des Vertrauens aufzuhalten. Sie hätte schon bei Einreichung der Abrechnung der Leistungen aus dem Quartal IV/2008 deren Richtigkeit überprüfen und erkennen müssen, wie es bei Abgabe einer sog Abrechnungssammelerklärung gefordert wird (vgl hierzu BSG SozR 3-5550 § 35 Nr 1; siehe auch BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 28; BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 17). Ihr ist es nach ihren eigenen Angaben auch anschließend nicht gelungen, die Fehlerursache festzustellen und offenzulegen, etwa durch Benennung der Personen, die für die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung verantwortlich waren.

50

3. Über die Bewertung einer Pflichtverletzung als gröblich hinaus setzt die Zulassungsentziehung nicht zusätzlich voraus, dass der Pflichtenverstoß verschuldet war. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl zB BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10, und die weitere oben in RdNr 23 angegebene Rspr).

51

Die Rechtsprechung, dass das Vorliegen eines Verschuldens nicht relevant ist, gründet sich zunächst darauf, dass der Tatbestand des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V keinen Ansatzpunkt für ein Verschuldenserfordernis bietet. Ein solches Erfordernis wäre auch nicht kompatibel mit dem Ziel der Regelungen des SGB V, die auf eine funktionsfähige vertragsärztliche Versorgung ausgerichtet sind: Ist zB ein Leistungserbringer rauschgiftsüchtig geworden (vgl § 21 Ärzte-ZV), so ist er unabhängig davon, ob ihm dies als verschuldet zugerechnet werden kann oder ob etwa eine Krankheit oder eine medikamentöse Behandlung die Ursache waren, ungeeignet für die Teilnahme an der Versorgung und muss im Interesse von deren Funktionsfähigkeit von der Teilnahme ausgeschlossen werden können.

52

In vergleichbarer Weise wird die Zulassungsentziehung nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin sich - wie sie geltend macht - infolge der im Juli 2008 erfolgten Verlegung ihres Standortes noch in Organisationsschwierigkeiten befunden habe. Ein Grund, Pflichtverletzungen aufgrund eines Umzugs milder zu bewerten, besteht nicht. Die Klägerin muss jederzeit - auch während eines Umzugs - die ihr obliegenden Pflichten gewissenhaft erfüllen. Zudem ist kein Zusammenhang zwischen dem Umzug und den von ihr begangenen Pflichtverletzungen ersichtlich: Ein Umzug mag dazu führen, dass etwa Unterlagen kurzfristig nicht greifbar sind und Anfragen von Kostenträgern verspätet beantwortet werden. Für den Einsatz von Ärzten ohne Anstellungsgenehmigung und die Verwendung falscher Arztnummern kann ein Umzug dagegen keine Rechtfertigung oder Entschuldigung sein. Die Art und die Vielzahl der Verstöße gegen verschiedene grundlegende Pflichten lassen vielmehr auf schwerwiegende Organisationsdefizite der Klägerin schließen. Dies gilt auch, soweit die Klägerin auf Defizite der EDV verweist. Dass eine andere als die verwendete Software die Auswirkungen der fehlerhaften Eingaben von Daten möglicherweise begrenzt hätte, kann die Klägerin nicht entlasten. Kein Bürger kann sich für fehlerhafte Eingaben in der elektronischen Einkommensteuererklärung mit dem Hinweis entlasten, das "System" habe ihn nicht gewarnt. Für die Dateneingabe ist nicht die Software, sondern der Eingebende verantwortlich; eine Bewertung der Eingabefehler als verzeihlich scheidet im Hinblick auf die Vielzahl der Abrechnungsfehler aus. Im Übrigen obliegt es dem Abrechnenden, schon bei der Auswahl der Software dafür Sorge zu tragen, dass diese den Anforderungen entspricht.

53

4. Die Rechtsprechung des Senats, wonach die Möglichkeit besteht, durch Wohlverhalten im laufenden Zulassungsentziehungsprozess noch die Aufhebung des Bescheids über die Zulassungsentziehung zu erreichen, kann im Fall der Klägerin nicht zur Anwendung kommen.

54

Der Senat hat die Rechtsprechung zum sog Wohlverhalten zuletzt in seinem Urteil vom 19.7.2006 ausführlich dargestellt (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 16 ff; vgl dazu auch BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19). Danach ist bei einer Zulassungsentziehung - jedenfalls im Fall noch nicht sofort vollzogener Entziehung - zu prüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses zu Gunsten des Leistungserbringers in einer Weise geändert hat, dass eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheint. Das stimmt nicht in vollem Umfang mit der Rechtsprechung von BVerwG und BGH in den von ihnen entschiedenen Fällen überein; diese betrafen zB die Zurruhesetzung eines Beamten, den Widerruf bzw die Rücknahme der Zulassung eines Rechtsanwalts, den Widerruf einer zahnärztlichen Approbation oder den Widerruf der Berufserlaubnis eines Logopäden. Diese Gerichte stellen bei ihren Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts jeweils auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ab, sodass der Betroffene für die Geltendmachung erst späterer Verbesserungen der Sachlage darauf verwiesen wird, mit diesen Gesichtspunkten eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis, ein erneutes Verfahren auf Erteilung der Berufserlaubnis oder ein erneutes Approbationsverfahren zu betreiben - womit der Grundsatz gewahrt bleibt, dass bei Anfechtung eines belastenden Verwaltungsakts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich ist und bleibt - (vgl hierzu zB BVerwGE 105, 267, 269 f; BVerwGE 137, 1 = NJW 2010, 2901, RdNr 11; vgl ferner BVerwG NJW 2011, 1830 = GesR 2011, 244, RdNr 5; weitere Angaben in BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 14 und 15; - diese Rechtsprechung nicht beanstandend BVerfG BVerfGK 6, 156, 161 = NJW 2005, 3057, 3058 = Juris RdNr 18-20). Demgegenüber berücksichtigt der erkennende Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung zu Zulassungsentziehungen gemäß § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V - jedenfalls soweit sie bisher nicht sofort vollzogen worden waren - für den Betroffenen günstige Veränderungen auch noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht: Bei Zulassungsentziehungen ist - abweichend vom Grundsatz der maßgeblichen Sachlage im Zeitpunkt nach der letzten Verwaltungsentscheidung - zu überprüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses durch ein Wohlverhalten des Leistungserbringers in einer Weise zu seinen Gunsten geändert hat, dass eine Grundlage für eine erneute Vertrauensbasis zwischen dem Betroffenen und den vertragsarztrechtlichen Institutionen wieder aufgebaut worden ist(zu dieser Ausnahme vom sonst maßgeblichen Zeitpunkt vgl zB BSGE 73, 234, 236 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 11 f; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 13, 15 f).

55

Ob bzw inwieweit diese Rechtsprechung einer Ausnahme vom Grundsatz der maßgeblichen Sachlage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung fortzuführen ist oder ob sie zu Gunsten der Grundsätze des BVerwG und des BGH aufzugeben ist - mit der Folge, dass der Betroffene für die Berufung auf sein Wohlverhalten seit der letzten Verwaltungsentscheidung darauf verwiesen wird, erneut die Kassenzulassung zu beantragen -, bedarf im vorliegenden Fall weder näherer Erörterung noch einer Entscheidung. Dies kann hier deshalb unentschieden bleiben, weil im vorliegenden Fall die inhaltlichen Voraussetzungen für ein Wohlverhalten ohnehin nicht erfüllt sind. Dieses setzt nach der Rechtsprechung des Senats eine zweifelsfreie nachhaltige Verhaltensänderung während eines Zeitraums von mehreren Jahren sowie eine zweifelsfreie Prognose künftig rechtmäßigen Verhaltens voraus (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19 mwN zum Erfordernis zweifelsfreier Prognose; ebenso BSG vom 27.6.2007 - B 6 KA 20/07 B - Juris RdNr 13; hier in RdNr 13 auch zur Frist: "im Regelfall nach ca fünf Jahren"; ebenso - betr Wiederzulassung - BSG MedR 1987, 254, 255 = USK 86179 S 838: "Bewährungszeit von fünf Jahren"; in Bezug genommen in BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 14; vgl hier auch RdNr 15 zum Fünf-Jahres-Zeitraum). Für ein Wohlverhalten in diesem Sinne reicht die Zeit von weniger als zwei Jahren, die seit der letzten Verwaltungsentscheidung vom 15.7.2009 bis zur Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz am 23.2.2011 verstrichen ist, nicht aus (zur Bemessung nur bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts siehe BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 15 am Ende).

56

5. Eine Zulassungsentziehung erfordert - anders, als die Klägerin geltend macht - keine Negativprognose für das künftige Verhalten des Leistungserbringers im Sinne der Feststellung einer Wiederholungsgefahr. Für ein solches Erfordernis gibt es keinen Ansatzpunkt, weder in § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V noch in der Rechtsprechung des BSG oder des BVerfG.

57

Der Tatbestand des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V ist nicht auf die Steuerung künftigen Verhaltens ausgerichtet. Zwar mag eine Wirkung auf das künftige Verhalten des Betroffenen und auch auf dasjenige der anderen Leistungserbringer (Generalprävention) ein erwünschter Nebeneffekt einer Zulassungsentziehung sein; hierauf ist die Norm aber nicht ausgerichtet. Sie regelt vielmehr nach ihrem Wortlaut eine nachträgliche Reaktion auf ein in der Vergangenheit liegendes pflichtwidriges Verhalten. Das BSG hat diese Zielrichtung in Abgrenzung zu Disziplinarmaßnahmen herausgestellt (vgl BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 36 f mwN). Mithin sind allein Ausmaß und Schwere der Pflichtverletzungen der Maßstab dafür, ob den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung eine Fortsetzung der Zusammenarbeit zuzumuten ist.

58

Auch aus der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung des BVerfG lässt sich nichts Abweichendes herleiten. Der Beschluss vom 31.8.2005 (BVerfG BVerfGK 6, 156 = NJW 2005, 3057) hat zwar einen Beschluss des BGH über eine Amtsenthebung gegenüber einem Notar wegen Verletzung des Art 12 Abs 1 GG aufgehoben, dies aber nicht deshalb, weil es an einer Negativprognose gefehlt habe, sondern deshalb, weil die den Notar entlastenden, noch bis zur letzten Verwaltungsentscheidung eingetretenen Änderungen der Sachlage nicht ausreichend berücksichtigt worden waren (BVerfGK aaO S 161 ff bzw NJW aaO S 3058 . Die Notwendigkeit einer Negativprognose ergibt sich auch nicht aus den weiteren Beschlüssen vom 15.3.2010 und vom 8.11.2010, die auf Anrufung der Klägerin hin ergangen sind (BVerfG - jeweils zum Az 1 BvR 722/10 - SozR 4-2500 § 95 Nr 19 = ZMGR 2010, 100 = GesR 2010, 326, und NZS 2011, 619 = ZMGR 2011, 27, zunächst einstweilige Anordnung auf Aussetzung sofortiger Vollziehung und danach Verfassungsbeschwerde gegen Anordnung sofortiger Vollziehung):

59

In diesen Beschlüssen hat das BVerfG jeweils eine Interessenabwägung und in deren Rahmen auch eine Folgenabschätzung vorgenommen, wie es seiner ständigen Rechtsprechung in Fällen entspricht, in denen eine einstweilige Regelung zu treffen (§ 32 Abs 1 BVerfGG) oder über eine von den Fachgerichten getroffene einstweilige Regelung zu entscheiden ist (§ 80 Abs 5 ff, § 123 Abs 1 VwGO bzw § 86b Abs 1 und 2 SGG). Eine solche Folgenabschätzung erfordert nach der Rechtsprechung des BVerfG jeweils auch die Prüfung der Gefahr künftiger (erneuter) Rechtsverletzungen. Dies betrifft aber nur Fälle, in denen das BVerfG entweder über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 32 Abs 1 BVerfGG oder über eine fachgerichtliche Ablehnung der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes(§ 80 Abs 5 ff, § 123 Abs 1 VwGO bzw § 86b Abs 1 und 2 SGG) zu entscheiden hat. Eine dem vergleichbare Konstellation, die die Anwendung entsprechender Entscheidungsgrundsätze im anhängigen Revisionsverfahren erfordern könnte, liegt hier nicht vor. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 28.8.2007 (BVerfGK 12, 72) deutlich gemacht, dass aus dem Erfordernis einer besonderen Gefahrenprognose im Rahmen von Anordnungen der sofortigen Vollziehung nicht gefolgert werden kann, aufgrund des Art 12 Abs 1 GG sei generell eine Negativprognose zu fordern (aaO S 80).

60

Dies ist im vorliegenden Verfahren zu beachten. Hier ist allein über die Rechtmäßigkeit einer Reaktion auf vergangenes Verhalten gemäß § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V zu entscheiden. Zu diesem Tatbestand passt das Erfordernis einer Negativprognose oder Wiederholungsgefahr nicht. Vielmehr wird wie zB auch beim Widerruf der (zahn)ärztlichen Approbation oder der Berufserlaubnis eines Logopäden wegen Pflichtverletzungen und darauf gegründeter Unwürdigkeit keine (Gefahren-)Prognose für die Zukunft vorgenommen, sondern allein an das Fehlverhalten in der Vergangenheit angeknüpft; hierbei sind allerdings die verfassungsrechtlichen Maßstäbe des Art 12 Abs 1 GG und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzulegen, sodass zu prüfen ist, ob die Sanktion eine noch angemessene, nicht unverhältnismäßige Reaktion auf die begangenen Pflichtwidrigkeiten darstellt (ebenso zB BVerwG NJW 2011, 1830 = GesR 2011, 244, RdNr 4; modifizierend BVerwGE 137, 1 = NJW 2010, 2901, RdNr 11, 18-20 betr Merkmal der Unzuverlässigkeit; ebenso BVerwG vom 25.2.2008 - 3 B 85/07 - Juris RdNr 16). Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist mit zu berücksichtigen, dass die Entziehung nicht einen lebenslangen Ausschluss bedeuten muss, weil bei erneutem Vorliegen aller Voraussetzungen eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis, eine erneute Berufserlaubnis oder eine erneute Approbation bzw Zulassung mit Aussicht auf Erfolg beantragt werden kann (vgl hierzu BVerwGE 105, 267, 269 f zum Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit; BVerwGE 137, 1 = NJW 2010, 2901, RdNr 11 iVm 21 zum Widerruf der Berufserlaubnis für Logopäden; BVerwG NJW 2011, 1830 = GesR 2011, 244, RdNr 5 zum Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit; - zu den Maßstäben für Wiederzulassungen vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 14 ff; zur Verfassungsmäßigkeit von Wiederzulassungssperren siehe ferner BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 70 ff).

61

6. Die Verhältnismäßigkeit unterliegt auch nicht unter anderen Gesichtspunkten durchgreifenden Bedenken. Die Kriterien Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sind eingehalten.

62

Die Erforderlichkeit kann nicht unter dem Gesichtspunkt eines weniger belastenden Mittels in Frage gestellt werden. Ein das MVZ weniger belastendes Mittel als die Zulassungsentziehung stellt das Gesetz im Falle von dessen Pflichtverletzungen nicht zur Verfügung (vgl oben RdNr 29 mit Hinweis auf das Fehlen disziplinarischer Möglichkeiten). Die Verweisung darauf, es könnten aber uU Maßnahmen gegen die Mitarbeiter des MVZ ergriffen werden, verkennt, dass die vorliegenden Pflichtverletzungen den Pflichtenkreis speziell des MVZ betreffen (RdNr 24 ff); ohnehin sind individuell-verantwortliche Mitarbeiter gerade nicht von der Klägerin benannt worden (RdNr 48 f).

63

Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, dh die Angemessenheit bei Abwägung des von der Klägerin gesetzten Eingriffsanlasses im Verhältnis zur Eingriffstiefe, ist gewahrt. Wie bereits ausgeführt, verletzte die Klägerin nicht etwa nur Nebenpflichten, sondern die in Rede stehenden Pflichtverstöße betrafen zentrale Pflichten des MVZ (vgl oben RdNr 28 f), und angesichts des dargestellten schwerwiegenden Charakters der Pflichtverletzungen (vgl insbesondere oben RdNr 45 f) ist die Zulassungsentziehung sachangemessen.

64

Die Verhältnismäßigkeit gilt auch bei Würdigung des Umstandes, dass die Klägerin nach Entziehung der Zulassung ihren Gesellschaftszweck nicht weiterverfolgen kann, weil dieser nur auf den Betrieb des konkreten MVZ gerichtet ist. Dies macht die Entziehung nicht im engeren Sinne unverhältnismäßig. Abgesehen davon, dass die Klägerin sich ohnehin im Stadium der Insolvenz befindet, passt der von der Klägerin angeführte Aspekt der schweren Folgen eines dauerhaften Ausschlusses von jeder beruflichen Tätigkeit hier nicht. Einer GmbH steht das Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG zu, weil sie den rechtlichen Rahmen für die berufliche Tätigkeit der hinter ihr stehenden Personen stellt. Die GmbH selbst kann - wenn die Insolvenz als Ergebnis des laufenden Insolvenzverfahrens doch noch abzuwenden sein sollte - später eventuell erneut ihre Zulassung beantragen, wenn sie glaubhaft macht, ausreichende Vorkehrungen gegen künftige Pflichtverstöße getroffen zu haben, allerdings nur nach Maßgabe der Maßstäbe für Wiederzulassungen (vgl hierzu BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 14 ff; zur Verfassungsmäßigkeit von Wiederzulassungssperren siehe ferner BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 70 ff).

65

Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne kann auch nicht im Hinblick auf die Rechtspositionen der im Gefolge der Entziehung der MVZ-Zulassung betroffenen Ärzte in Zweifel gezogen werden. Die im Rahmen des MVZ ihre Berufstätigkeit ausübenden Personen können, wie oben ausgeführt, ihre gewünschten Tätigkeiten auch nach der Liquidation der klagenden GmbH fortsetzen (zu den Ärzten vgl oben RdNr 30); ihre Rechtspositionen aus Art 12 Abs 1 GG sind nicht in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Zulassungsentziehung gegenüber dem MVZ einzubeziehen (vgl oben RdNr 30, 31).

66

Schließlich führen auch die Auswirkungen, die eine Zulassungsentziehung für die vom MVZ betreuten Patienten und für die weiteren dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Entziehung. Derartige Auswirkungen sind zwingend mit jedem Ausscheiden eines Vertragsarztes aus der Versorgung oder auch mit dem Widerruf der Zulassung von Rechtsanwälten und mit der Schließung von Krankenhäusern zB wegen Fehlens der Zuverlässigkeit des Betreibers verbunden. Alle Vorschriften über die Entziehung oder den Widerruf einer Berufszulassung bzw -erlaubnis werden ungeachtet der Mitbelastung weiterer Betroffener von der Erwägung getragen, dass auf Dauer die Mitwirkung von Personen oder Institutionen, die keine Gewähr für eine korrekte Erfüllung der Berufspflichten bieten, nicht hingenommen werden kann. In diesem Sinne können auch bei Zulassungsentziehungen im Vertragsarztrecht - anders als bei Entscheidungen im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl oben RdNr 56 ff) - die Schwierigkeiten der Patienten bei der Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Suche nach neuen Stellen keine Rolle spielen.

67

7. Schließlich ist auch keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art 3 Abs 1 GG ersichtlich. Für das Vorbringen der Klägerin, bei gleichartigen Pflichtverletzungen, wie sie ihr angelastet werden, würde im Falle von Krankenhäusern oder Vertragsärzten keine gröbliche Pflichtverletzung mit der Folge einer Zulassungsentziehung angenommen, hat die Klägerin schon keine konkreten Belege beigebracht.

68

Für Krankenhäuser fehlt es auch an der erforderlichen Vergleichbarkeit, weil für sie andere Rechtsvorschriften gelten. Vertragsärzte unterliegen zwar derselben Sanktionsregelung des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V; auch hier fehlt es aber an der Vergleichbarkeit, weil ihr Pflichtenkreis anders zugeschnitten ist; so stellt bei ihnen das Abrechnungswesen nur eine Nebentätigkeit dar, und Pflichtverstöße in diesem Bereich können deshalb bei ihnen uU geringer gewichtet werden (vgl oben RdNr 25 ff, 29).

69

Im Übrigen wäre aber bei derart gravierenden Pflichtverletzungen, wie sie hier der Klägerin anzulasten sind, auch im Falle einzelner Vertragsärzte eine gröbliche Pflichtverletzung anzunehmen. Sollte es dennoch einen Fall geben - den die Klägerin freilich nicht konkret benennt -, in dem eine solche Pflichtverletzung bei einem Vertragsarzt nicht als gröblich bewertet wurde, so könnte sich die Klägerin hierauf nicht mit Erfolg unter Anführung von Art 3 Abs 1 GG berufen. Denn wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG) besteht kein Anspruch darauf, dass bei gleicher Sachlage künftig wieder in gleicher Weise falsch entschieden werden müsste. Einen "Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht" kennt die Rechtsordnung nicht (stRspr des BVerfG und des BSG, vgl BSG SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 33 mwN).

70

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO), einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 1., die sich am Verfahren beteiligt und auch einen Antrag gestellt hat (§ 162 Abs 3 VwGO). Eine Erstattung von Kosten der übrigen Beigeladenen ist nicht veranlasst; sie haben keine Anträge gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein sozialgerichtliches Verfahren wegen der Entziehung der Zulassung für ein Medizinisches Versorgungszentrum.

2

1. Die ursprüngliche, jetzt insolvente Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb eines Medizinischen Versorgungszentrums ist. Auf Antrag der Kassenärztlichen Vereinigung B… entzog ihr der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 27. April 2009 die im Jahr zuvor erteilte Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.

3

Klage und Berufung gegen die Entziehung der Zulassung waren erfolglos. Das Bundessozialgericht wies auch die Revision zurück (Urteil vom 21. März 2012).

4

Mit Beschluss vom 1. April 2012 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Der zum Insolvenzverwalter bestellte Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 4. April 2012 erklärt, er führe das von der ursprünglichen Beschwerdeführerin eingeleitete Verfassungsbeschwerdeverfahren fort.

5

Mit Ablauf des 30. Juni 2012 wurde die vertragsärztliche Tätigkeit im Medizinischen Versorgungszentrum eingestellt und die Arbeitsverträge mit den angestellten Ärzten gekündigt. Daraufhin stellte der Zulassungsausschuss für Ärzte mit Beschluss vom 1. August 2012 die Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit der angestellten Ärzte mit Wirkung zum 30. Juni 2012 fest.

6

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG jeweils in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil Annahmegründe im Sinne des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die von dem Beschwerdeführer fortgeführte Verfassungsbeschwerde ist mangels Beschwerdebefugnis unzulässig (1.). Darüber hinaus fehlt dem Beschwerdeführer aufgrund der Einstellung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Medizinischen Versorgungszentrums zum 30. Juni 2012 für das Verfassungsbeschwerdeverfahren das Rechtsschutzbedürfnis (2.).

8

1.a) Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass der Beschwerdeführer geltend macht, durch eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt in eigenen Rechten betroffen zu sein. Im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist eine Prozessstandschaft grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfGE 2, 292 <294>; 10, 134 <136>; 11, 30 <35>; 19, 323 <329>; 56, 296 <297>; 77, 263 <268>; 79, 1 <19>). "Parteien kraft Amtes" - wie Insolvenzverwalter - sind jedoch befugt, Verfassungsbeschwerde zu erheben (vgl. BVerfGE 51, 405 <409>; 65, 182 <190>; 95, 267 <299>). Der Beschwerdeführer beruft sich weder auf die Verletzung eigener Prozessgrundrechte (vgl. BVerfGE 82, 286 <295 f.>) noch ist er aufgrund seiner Stellung als Partei kraft Amtes berechtigt, die gerügten Grundrechtsverstöße eigenständig geltend zu machen.

9

b) Soweit die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung betroffen ist, mangelt es dem Beschwerdeführer an der für die prozessuale Handlungsfähigkeit vorausgesetzten materiell-rechtlichen Handlungsfähigkeit (vgl. BVerfGE 51, 405 <409>). Letztere folgt jedenfalls nach Einstellung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Medizinischen Versorgungszentrums weder aus den aus der Zulassung abgeleiteten Rechten noch aus der Zulassung selbst.

10

aa) Die kassenärztliche Zulassung unterfällt als höchstpersönliches Recht nicht der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Die Zulassung setzt eine Reihe von Qualifikationen voraus, die in der Person des zulassungswilligen Arztes erfüllt sein müssen (vgl. § 95 Abs. 1 und § 95a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung i.V.m. § 3 Abs. 2 ff. der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte <Ärzte-ZV>; § 98 Abs. 2 Nr. 10 SGB V i.V.m. §§ 18, 20, 21 Ärzte-ZV; vgl. Ramolla, in: Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 95 Rn. C 95-15). Die Zulassung als Vertragsarzt ist daher höchstpersönlicher Natur und nicht übertragbar (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 31. März 1998 - 1 BvR 2167/93, 1 BvR 2198/93 -, NJW 1998, S. 1776 <1778>). Die einer natürlichen Person erteilte Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung kann als öffentlichrechtliche Berechtigung bei Vermögensverfall nicht in die Insolvenzmasse fallen (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2000 - B 6 KA 67/98 R -, BSGE 86, 121 <123>; vorgehend LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Oktober 1998 - L 11 KA 62/98 -, MedR 1999, S. 333 <337>; OLG München, Beschluss vom 7. Mai 2008 - 34 Sch 8/07 u.a -, juris ; Henckel, in: Jäger, InsO, § 35 Rn. 14; Ramolla, in: Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 95 Rn. C 95-29 ).

11

bb) Bei der Zulassung handelt es sich auch dann um eine höchstpersönliche Rechtsposition, wenn sie einem in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts betriebenen Medizinischen Versorgungszentrum erteilt wird (vgl. BSG, Urteil vom 21. März 2012 - B 6 KA 22/11 R -, MedR 2013, S. 66; Dumoulin, Das Medizinische Versorgungszentrum in der Insolvenz, FLF 2012, S. 8 <11>). Auch die an die Trägergesellschaft eines Medizinischen Versorgungszentrums gebundene ärztliche Zulassung ist nicht übertragbar. Dies folgt schon daraus, dass für den vertragsärztlichen Teilnahmestatus des Medizinischen Versorgungszentrums die Qualifikationsvoraussetzungen gleichwohl über die im Medizinischen Versorgungszentrum tätigen Ärzte durchgesetzt werden (vgl. Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, § 16 Rn. 3). Zudem steht einer Übertragung bei Veräußerung der Trägergesellschaft die Verknüpfung der Zulassung mit der Gründungsgesellschaft entgegen.

12

2. Eine Fortdauer des Rechtsschutzbedürfnisses ist nach Betriebseinstellung zum 30. Juni 2012 weder schlüssig vorgetragen noch ersichtlich.

13

Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch ein Bedürfnis für die Aufhebung des angegriffenen Hoheitsakts oder wenigstens für die Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit besteht (vgl. BVerfGE 33, 247 <253>; 50, 244 <247>; stRspr). Ist das mit der Verfassungsbeschwerde ursprünglich verfolgte Begehren erledigt, so besteht ein Rechtsschutzbedürfnis nur dann, wenn die - vordergründig - erledigte Maßnahme den Beschwerdeführer aufgrund von Folgewirkungen weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 99, 129 <138>; 110, 177 <188>), wenn eine Wiederholung des gerügten Verstoßes konkret zu besorgen ist, wenn der gerügte Grundrechtseingriff besonders schwer wiegt (vgl. BVerfGE 105, 239 <246>) oder wenn anderenfalls die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff gewichtig ist (vgl. BVerfGE 119, 309 <317>).

14

a) Das mit der Verfassungsbeschwerde verfolgte Begehren hat sich erledigt. Die mit der Zulassungsentziehung verbundene Beschwer ist spätestens mit der Einstellung des Betriebes weggefallen.

15

Die Zulassungsentziehung entfaltet keine rechtlichen Wirkungen mehr. Die Zulassung ist ohne förmliches Entziehungsverfahren durch Auflösung des Medizinischen Versorgungszentrums kraft Gesetzes beendet (§ 95 Abs. 7 Satz 2, Alt. 2 SGB V).

16

Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, dass eine Wiederaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit innerhalb einer angemessenen Frist zu erwarten ist, und deshalb ein bloßes Ruhen der Zulassung (§ 95 Abs. 5 SGB V) in Betracht kommt (vgl. Hencke, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: Januar 2007, § 95 Rn. 33).

17

b) Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht nicht ausnahmsweise deshalb fort, weil anderenfalls die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage grundsätzlicher Bedeutung unterbliebe (vgl. BVerfGE 119, 309 <317>). Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Entziehung einer Vertragsarztzulassung sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Die Entziehung der Vertragsarztzulassung wegen gröblicher Pflichtverletzung schränkt die Berufsfreiheit in einem Maße ein, das in seiner Wirkung der Beschränkung der Berufswahl nahe kommt (vgl. BVerfGE 69, 233 <244>). Solche Eingriffe sind nur unter strengen Voraussetzungen zum Schutze wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft (vgl. BVerfGE 44, 105 <117 f.>). Darüber hinaus ist weder eine weitere Beeinträchtigung durch die angegriffenen Entscheidungen (vgl. BVerfGE 99, 129 <138>; 110, 177 <188>) noch eine Wiederholungsgefahr (vgl. BVerfGE 33, 247 <257>; 81, 208 <213>) ersichtlich. Schließlich rechtfertigen auch die geltend gemachten ideellen Interessen nicht ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis.

18

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
nichtrechtsfähige Personenvereinigungen,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt,
4.
gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen.

(1) Ein Beteiligter ist prozeßfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann.

(2) Minderjährige sind in eigener Sache prozeßfähig, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind. Zur Zurücknahme eines Rechtsbehelfs bedürfen sie der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.

(3) Für rechtsfähige und nichtrechtsfähige Personenvereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) Für Entscheidungsgremien im Sinne von § 70 Nr. 4 handelt der Vorsitzende.

(5) In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts wird das Land durch das Landesversorgungsamt oder nach Maßgabe des Landesrechts durch die Stelle vertreten, der dessen Aufgaben übertragen worden sind oder die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes oder des Rechts der Teilhabe behinderter Menschen zuständig ist.

(6) Die §§ 53 bis 56 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
nichtrechtsfähige Personenvereinigungen,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt,
4.
gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen.

(1) Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde. Die Klage soll einen bestimmten Antrag enthalten und von dem Kläger oder einer zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Zeitangabe unterzeichnet sein. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 67 entsprechend.

Gründe

Rechtskräftig: unbekannt

Spruchkörper: Senat

Hauptschlagwort: Ärztlicher Leiter Beteiligtenfähigkeit MVZ Organisationsform Rechtsträger Unselbstständige Einrichtung

Titel:

Normenkette:

Leitsatz:

In dem Rechtsstreit

MVZ H. - M. Versorgungszentrum -,

vertreten durch den ärztlichen Leiter Dr. P. R.,

- Kläger und Berufungskläger -

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte Dr. Dr. A., A-Straße, A-Stadt

gegen

Berufungsausschuss für Ärzte ...,

vertreten durch den Vorsitzenden, E.-straße ..., M.

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Beigeladen:

1. K. V. ...,

vertreten durch den Vorsitzenden des Vorstands, E.-straße ..., M.

- Beigeladene -

2. AOK ... - Die Gesundheitskasse,

vertreten durch den Vorstand, C.-W.-Straße ..., M.

- Beigeladene -

3. BKK Landesverband ...,

vertreten durch die Mitglieder des Vorstands, Z. Straße ..., M.

- Beigeladener -

4. IKK c., Hauptverwaltung,

vertreten durch den Vorstand, M1.-straße ..., M.

- Beigeladene -

5. Sozialversicherung für ... als Krankenkasse/Pflegekasse (SVLFG), - Vertragswesen -,

vertreten durch den Vorstand, N. Straße ..., M.

- Beigeladene -

6. Verband der Ersatzkassen e.V. - vdek,

vertreten durch den Vorstand, A. Platz ..., B.

- Beigeladener -

7. Deutsche Rentenversicherung ..., Verwaltungsstelle A-Stadt,

vertreten durch die Geschäftsführung, F.-straße ..., M.

- Beigeladene -

8. Prof. Dr. B., B-Straße, B-Stadt

- Beigeladener -

9. Dr. D., D-Straße, D-Stadt

- Beigeladener -

10. E., E-Straße, E-Stadt

- Beigeladener -

11. Dr. F., F-Straße, F-Stadt

- Beigeladener -

12. Dr. H., H-Straße, F-Stadt

- Beigeladener -

13. Dr. J., J-Straße, J-Stadt

- Beigeladene -

Proz.-Bev.: zu 8: Rechtsanwälte C., C-Straße, C-Stadt

zu 11-12: G., G-Straße, A-Stadt

Der 12. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in München am 21. Oktober 2015 durch den Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr. Adolf als Vorsitzender, die Richterinnen am Bayer. Landessozialgericht Kunz und Streitferdt und sowie die ehrenamtlichen Richter Dipl.-Psych. ... und ... für Recht erkannt:

I.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 13. April 2015, S 1 KA 17/14, wird verworfen.

II.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8), 11) und 12) zu tragen. Die Kosten der übrigen Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die den Beigeladenen zu 11) und 12) erteilten Teilzulassungen (je 1/2) in F-Stadt sowie die dem Beigeladenen zu 8) erteilte Genehmigung zur Beschäftigung der Beigeladenen zu 9) und 13) mit einem Tätigkeitsumfang von je 20 Stunden am Vertragsarztsitz B-Straße in B-Stadt.

Mit Beschluss des Landesausschusses für Ärzte und Krankenkassen in Bayern vom 10.6.2013 wurden die bestehenden Zulassungsbeschränkungen für die Arztgruppe der Radiologen im Planungsbereich der Raumordnungsregion M. aufgehoben mit der Auflage, dass die bedarfsplanerische Neuzulassung insgesamt den Anrechnungsfaktor 2 im Sinne der Bedarfsplanung nicht überschreiten darf (§ 103 Abs. 3 SGB V, § 16b Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV, § 11 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BPlRL-Ä)). Gemäß § 63 Abs. 6 BPlRL-Ä gelte dies auch für Anträge auf Genehmigung von Anstellungen in medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten.

Mit Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte - U. - (ZA) vom 20.12.2013 aufgrund der Sitzung vom 25.10.2013 wurde dem MVZ in Trägerschaft der MVZ E. GmbH am Vertragsarztsitz in H. die Genehmigung zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 10) im Umfang von 40 Stunden erteilt. Zudem ließ der Zulassungsausschuss den Facharzt für Diagnostische Radiologie Dr. K. mit einem vollen Versorgungsauftrag zu. Hiergegen haben der Beigeladene zu 8) sowie die Beigeladenen

zu 11) und 12) Widerspruch eingelegt. Mit Bescheid des Berufungsausschusses für Ärzte - B. - (Beklagter) vom 4.8.2014 (Beschluss vom 22.5.2014) wurde der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.10.2013 (ausgefertigt am 20.12.2013) teilweise aufgehoben und zum einen den Beigeladenen zu 11) und 12) jeweils eine Zulassung in Höhe eines halben Versorgungsauftrages, zum anderen dem Beigeladenen zu 8) die Beschäftigung der Beigeladenen zu 9) und 13) mit einem Tätigkeitsumfang von je 20 Stunden pro Woche (Bedarfsplanungs-Anrechnungsfaktor 0,5) am Vertragsarztsitz in B-Stadt, B-Straße, erteilt.

Dagegen hat das MVZ H., ärztlicher Leiter Dr. P. R., am 13.8.2014 jeweils Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist die Anstellungsgenehmigung des Beigeladenen zu 9), Dr. D. Die Anstellungsgenehmigung der Beigeladenen zu 13) Dr. J. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 19/14, L 12 KA 67/15, die Erteilung des halben Versorgungsauftrages an den Beigeladenen zu 12) Dr. H. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 18/14, L 12 KA 66/15 und die Erteilung des halben Versorgungsauftrages an den Beigeladenen zu 11) Dr. F. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 20/14, L 12 KA 68/15.

Die dem Prozessbevollmächtigten im Gerichtsverfahren erteilte Vollmacht war ausgestellt auf das „MVZ H., Ärztlicher Leiter Dr. R.“ und von Dr. R. unterschrieben. Die Klage sei zulässig. Die Frage der Aktivlegitimation eines Medizinischen Versorgungszentrums im Sinne des § 95 SGB V sei eng verknüpft mit dessen Rechtsnatur, die bislang wenig diskutiert worden sei. In diesem Zusammenhang sei insbesondere die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 22.3.2013, Az.: 1 BvR 791/12 zu sehen, der nicht zu entnehmen sei, dass dem Medizinischen Versorgungszentrum „als solchem“ die Möglichkeit fehle, auch statusbegründende Rechtspositionen (gegebenenfalls neben der Trägergesellschaft) im eigenen Namen zu behaupten. Dies sei schon Konsequenz des Gebots eines umfassenden Rechtsschutzes. Auch habe die Rechtsprechung bislang stets sowohl Klagen des Medizinischen Versorgungszentrums, vertreten durch den ärztlichen Leiter, als auch Klagen von dessen Trägergesellschaft akzeptiert. Zudem sei auch im gesamten Verwaltungsverfahren vom „MVZ H. in Trägerschaft des Medizinischen Versorgungszentrums H. GmbH“ die Rede gewesen. Eben diesem sei auch vom Zulassungsausschuss die Rechtsposition der Anstellungsgenehmigung eingeräumt worden, was es nunmehr als MVZ verteidige. § 70 SGG sei vor diesem Hintergrund verfassungskonform auszulegen. Denn soweit es um die Verteidigung von Statusrechten gehe, die im Vertragsarztrecht wurzelten, sei auch das MVZ betroffen, das hier vom ärztlichen Leiter vertreten werde. Zudem machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin umfangreiche Ausführungen zur Begründetheit der Klage.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.4.2015 (S 1 KA 17/14 - Anstellungsgenehmigung Dr. D.) abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, weil dem Kläger die Prozessführungsbefugnis fehle, da er für den geltend gemachten Klageanspruch nicht aktivlegitimiert sei. Streitig sei die Genehmigung des Klägers, des MVZ H., zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 10) unter gleichzeitiger Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides des BA vom 4.8.2014 (Beschluss: 22.5.2014; Az.: 006/14). Die Prozessführungsbefugnis sei eine Prozessvoraussetzung. Sei ein Kläger materiell zur Geltendmachung eigener Rechte aktivlegitimiert, sei er auch prozessführungsbefugt. Nach der neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. BSG vom 21.3.2012 - B 6 KA 22/11 R) und des Bundesverfassungsgerichtes (vgl. Beschluss vom 22.3.2013 - 1 BvR 791/12) betreffe jedoch der Status der Zulassung eine höchstpersönliche Rechtsposition des MVZ, die auch das Recht zur Drittanfechtung eines Bescheids, mit dem einem Konkurrenten die Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes erteilt werde, beinhalte. Die an die Trägerschaft eines Medizinischen Versorgungszentrums gebundene ärztliche Zulassung sei dabei nicht übertragbar, weil die Genehmigung zur Anstellung eines Arztes mit dem persönlichen Status der Zulassung so eng verbunden sei, dass es sich auch dabei um eine nicht übertragbare höchstpersönliche Rechtsposition handle. Da diese Rechtsposition an die Trägergesellschaft des MVZ gebunden sei, könne ein einzelnes zu der Trägergesellschaft gehörendes MVZ sie nicht in eigenem Namen geltend machen. Tue das MVZ es dennoch, fehle es insoweit an einer Prozessführungsbefugnis, die Prozessvoraussetzung sei.

Die hiergegen von dem Kläger am 13.5.2015 eingelegte Berufung wurden mit Schriftsatz vom 13.10.2015 begründet und dabei im Wesentlichen die bisherige Begründung wiederholt.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellt den Antrag,

den Gerichtsbescheid des SG Nürnberg vom 13.4.2015, S 1 KA 17/14 aufzuheben sowie den Beschluss des Beklagten vom 22.5.2014 (ausgefertigt am 4.8.2014), in welchem Prof. Dr. B. die Genehmigung zur Beschäftigung von Dr. D. mit einem Tätigkeitsumfang von 20 Std./Woche, Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,5) erteilt wurde, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über die Widersprüche der Beigeladenen zu 8), 11) und 12) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zu verwerfen.

Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend und verweist auf seine Ausführungen vor dem SG. Beteiligtenfähig im Sinne des § 70 Nr. 1 SGG sei die natürliche Person des ärztlichen Leiters Dr. R., der aber nicht in eigenen Rechten verletzt sein könne. Das MVZ als solches sei als rechtlich unselbstständige Einrichtung nicht beteiligungsfähig. Das MVZ als solches habe keine eigene Rechtspersönlichkeit. Der Gesetzgeber sei auch gar nicht befugt, außerhalb des bestehenden gesetzlichen Rahmens eine neue Rechtsfähigkeit im SGB V zu schaffen. Im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren habe die GmbH, nicht der jetzige Kläger Dr. R. bzw. das MVZ, den Antrag gestellt, durch das Gremium Zulassungsausschuss eine vertragsärztliche Anstellungsgenehmigung betreffend Herrn E. zu dessen Tätigkeit in einer notwendig schon errichteten Einrichtung MVZ zu erhalten. Der Zulassungsausschuss habe diesem Begehren entsprochen, der Beklagte habe es anders gesehen. In der Widerspruchsverhandlung des Beklagten seien ausweislich des Protokolls der Geschäftsführer der GmbH, der ärztliche Leiter Dr. R. sowie zwei Prozessbevollmächtigte anwesend gewesen. Einem Parteiwechsel auf Klägerseite werde ausdrücklich widersprochen.

Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 8) beantragt,

die Berufung des Klägers zu verwerfen.

Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 8) hält die Berufung ebenfalls für unzulässig. Der Berufungsführer sei nicht prozessführungsbefugt. Als Berufungsführer trete das MVZ H., vertreten durch den ärztlichen Leiter Dr. P. R., auf. Gegründet worden sei dieses MVZ von der juristischen Person „Medizinisches Versorgungszentrum H. GmbH“, vertreten durch die Geschäftsführer S. K. und W. N., eingetragen am 20.1.2007 im Handelsregister des AG B. und zum 18.10.2013 umfirmiert in „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“. Gemäß § 70 Nr. 1 SGG seien natürliche und juristische Person fähig, am Verfahren beteiligt seien. Das MVZ H. sei vor allem keine „nichtrechtsfähige Personenvereinigung“, „Behörde“ oder „gemeinsames Entscheidungsgremien“ im Sinne des § 70 Nrn. 2-4 SGG. Es sei auch weder eine natürliche oder juristische Person, sondern lediglich eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung. Eine Einrichtung sei, vergleichbar mit Krankenhäusern im Krankenhausrecht, kein Rechtssubjekt, keine Rechtspersönlichkeit, die Träger von Rechten und Pflichten sein könne. Demnach sei die Einrichtung „MVZ H.“ schon nicht beteiligungsfähig im Sinne des § 70 SGG. Als prozessunfähige Einrichtung habe das „MVZ H.“ auch beispielsweise weder einen Anstellungsvertrag noch Behandlungsverträge schließen können, wodurch es ausgeschlossen sei, dass die nichtrechtsfähige Einrichtung „MVZ H.“ in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten auch nur möglicherweise verletzt sein könnte. Auch die natürliche, unbestritten beteiligungs- und prozessfähige Person

Dr. R. könne nicht möglicherweise in eigenen Rechten verletzt sein, da er weder Träger/Inhaber des MVZ sei noch ihm als angestellter Arzt die Anstellungsgenehmigung hinsichtlich der Auswahlentscheidung E. hätte erteilt werden können. Der Anstellungsvertrag E. sei mit der Träger-GmbH geschlossen worden, diese habe auch den Antrag auf Anstellungsgenehmigung gestellt. Allein die „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“ als juristische Person des Privatrechts könnte daher die Verletzung ihrer subjektiv öffentlich-rechtlichen Rechte geltend machen, diese habe aber weder geklagt noch Berufung eingelegt. Ihr gegenüber sei der Bescheid mithin bestandskräftig. Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG müsse die Klageschrift den Kläger identifizierbar bezeichnen, was hier durch die Benennung einer natürlichen Person in Gestalt des Dr. R. geschehen sei.

Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen zu 11 und 12) beantragt,

die Berufung des Klägers zu verwerfen.

Er schließt sich den Ausführungen des Beklagten sowie des Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 8) an.

Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Zulassungsausschusses und des Beklagten sowie die gerichtlichen Akten beider Instanzen mit den Az. S 1 KA 17/14 bis S 1 KA 20/14 und L 12 KA 65/15 bis L 12 KA 68/14, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist unzulässig und war daher zu verwerfen, § 158 Satz 1 SGG.

Auf die Berufung hin hat das Berufungsgericht zu prüfen, ob die Berufung zulässig ist. Nur wenn alle Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen, ist die Berufung zulässig. Das Gericht darf die Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung nicht offen lassen. Denn das Berufungsgericht ist zur Sachentscheidung nur befugt, wenn die Zulässigkeit der Berufung feststeht (Sommer in Roos/Wahrendorf, Komm. zum SGG, § 143 Rdnr. 7).

Die Berufung ist statthaft, da sie sich gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.4.2015 wendet, § 105 Abs. 2 Satz 1, § 143 SGG. Der Berufungsführer muss zudem nach den allgemeinen Regelungen des SGG fähig sein, sich am Berufungsverfahren zu beteiligen (§ 70 SGG). Daran scheitert es hier, soweit der Berufungsführer das MVZ H. als unselbstständige Einrichtung ist. Nach § 70 SGG sind beteiligtenfähig natürliche und juristische Personen, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt, sowie gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen. Hierunter fällt das MVZ H. eindeutig nicht. Das MVZ als solches ist nach § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung, in der Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Das MVZ selbst ist damit lediglich eine organisatorische und bauliche Einheit, die in verschiedenen rechtlichen Konstellationen betrieben werden kann, es ist aber nicht mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit ausgestattet. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: „Medizinische Versorgungszentren können als juristische Personen, z. B. als GmbH oder als Gesamthandgemeinschaft (BGB-Gesellschaft) betrieben werden.“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/1525 Seite 107). Daraus kann nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber beabsichtigt hätte, den Medizinischen Versorgungszentren eine eigene Rechtspersönlichkeit zuzuerkennen, die von der ihres Trägers zu unterscheiden ist bzw. selbstständig neben diese tritt. Im Gegenteil, hierdurch wird vielmehr klargestellt, dass Medizinische Versorgungszentren keine neue Organisationsform im Sinne einer Rechtsform sui generis darstellen, unter der medizinische Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit am Rechtsverkehr teilnehmen können, sondern dass Medizinische Versorgungszentren sich einer der bereits vorhandenen Rechtsformen bedienen müssen, um im Rechtsverkehr aufzutreten (so schon SG Dresden, Urteil vom 28.7.2010 - S 18 KA 250/06; gleiche Gesetzesinterpretation, jedoch mit gegenteiliger Schlussfolgerung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.1.2010, Az. L 7 KA 139/09 B ER). Die Beteiligtenfähigkeit des MVZ richtet sich dann jeweils nach der für dessen Betreibung gewählten Organisationsform (Arndt in Breitkreuz/Fichte, Kommentar zum SGG, § 70 Rdnr. 8; Straßfeld in Roos/Wahrendorf, Komm. zum SGG, § 70 Rdnr. 29). Nur wenn sich das MVZ einer Organisationsform bedient, die § 70 SGG zugeordnet werden kann, ist es beteiligtenfähig. Das MVZ H. als fachübergreifende ärztliche geleitete Einrichtung wurde von der juristischen Person „Medizinisches Versorgungszentrum H. GmbH“, zum 18.10.2013 in „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“ umfirmiert, gegründet. Beteiligtenfähig im Sinne des § 70 SGG wäre daher allein die „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“, nicht jedoch das einzelne MVZ H.. Das MVZ H. als solches ist kein Rechtsträger, dem subjektive Rechte zugeordnet sein können, sondern eine unselbstständige Organisationseinheit der Träger-GmbH. Auch das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 SGG führt nicht zu einer erweiternden Auslegung des § 70 SGG. Der Wortlaut des § 70 SGG ist in Bezug auf die Beteiligtenfähigkeit eindeutig und insofern nicht dahingehend auslegungsfähig, dass eine (weitere) Organisationsform ohne eigene Rechtspersönlichkeit beteiligtenfähig im Sinne des § 70 SGG sein könne.

Prozessfähig im Sinne von § 71 Abs. 1 SGG kann wiederum nur ein „Beteiligter“ im Sinne des § 70 SGG sein. Die Prozessfähigkeit setzt Geschäftsfähigkeit im Sinne des Zivilrechts voraus. Eine „Einrichtung“ wie ein MVZ ist nicht geschäftsfähig, sondern lediglich dessen jeweiliger Inhaber bzw. Träger, sei es eine natürliche oder juristische Person, eine Personengesellschaft oder Genossenschaft, also derjenige, den die Rechte oder Pflichten aus dieser Einrichtung betreffen.

Unterstellt, Kläger wäre nicht das MVZ H. als Einrichtung, ärztlicher Leiter Dr. R., sondern die Person des ärztlichen Leiters des MVZ H., Dr. R., wäre dieser zwar als natürliche Person beteiligten- und prozessfähig im Sinne von §§ 70, 71 SGG, er wäre jedoch nicht Träger bzw. Inhaber des MVZ, sondern lediglich angestellter Arzt der „Medizinischen Versorgungszentren E. GmbH“ und als solcher nicht prozessführungsbefugt. Die Prozessführungsbefugnis folgt in der Regel dem materiellen Anspruch. Als ärztlichem Leiter des MVZ H. kann Dr. R. die begehrte Anstellungsgenehmigung nicht erteilt werden. Schon der Antrag hinsichtlich der Antragsgenehmigung E. wurde rechtlich zutreffend durch die MVZ-Träger GmbH gestellt und nicht durch die Einrichtung MVZ H. bzw. dessen ärztlichem Leiter Dr. R. Entsprechend wurde auch die Anstellungsgenehmigung vom Zulassungsausschuss dem MVZ in der Trägerschaft der GmbH erteilt und weder dem ärztlichen Leiter noch dem MVZ H. als Einrichtung. Als natürliche Person könnte Dr. R. demnach auch nicht geltend machen, in eigenen subjektiv öffentlichen Rechten auch nur möglicherweise verletzt zu sein. Ihm würde es bereits an der Prozessführungsbefugnis fehlen, die getrennt von der Beteiligtenfähigkeit zu prüfen ist. Eine Bevollmächtigung des ärztlichen Leiters Dr. R. zur Geltendmachung der Rechte der Träger-GmbH im eigenen Namen - unabhängig von der dann zu prüfenden Wirksamkeit einer solchen Bevollmächtigung - wurde weder vorgetragen noch ergibt sie sich aus den dem Senat vorliegenden Akten. Es wurde vielmehr schriftsätzlich eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass Kläger das MVZ H. und nicht die natürliche Person Dr. R. ist.

Die Berufung war daher als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

Gründe

Rechtskräftig: unbekannt

Spruchkörper: Senat

Hauptschlagwort: Ärztlicher Leiter Beteiligtenfähigkeit MVZ Organisationsform Rechtsträger Unselbstständige Einrichtung

Titel:

Normenkette:

Leitsatz:

In dem Rechtsstreit

MVZ H. - M. Versorgungszentrum -,

vertreten durch den ärztlichen Leiter Dr. P. R.,

- Kläger und Berufungskläger -

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte Dr. Dr. A., A-Straße, A-Stadt

gegen

Berufungsausschuss für Ärzte ...,

vertreten durch den Vorsitzenden, E.-straße ..., M.

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Beigeladen:

1. K. V. ...,

vertreten durch den Vorsitzenden des Vorstands, E.-straße ..., M.

- Beigeladene -

2. AOK ... - Die Gesundheitskasse,

vertreten durch den Vorstand, C.-W.-Straße ..., M.

- Beigeladene -

3. BKK Landesverband ...,

vertreten durch die Mitglieder des Vorstands, Z. Straße ..., M.

- Beigeladener -

4. IKK c., Hauptverwaltung,

vertreten durch den Vorstand, M1.-straße ..., M.

- Beigeladene -

5. Sozialversicherung für ... als Krankenkasse/Pflegekasse (SVLFG), - Vertragswesen -,

vertreten durch den Vorstand, N. Straße ..., M.

- Beigeladene -

6. Verband der Ersatzkassen e.V. - vdek,

vertreten durch den Vorstand, A. Platz ..., B.

- Beigeladener -

7. Deutsche Rentenversicherung ..., Verwaltungsstelle A-Stadt,

vertreten durch die Geschäftsführung, F.-straße ..., M.

- Beigeladene -

8. Prof. Dr. B., B-Straße, B-Stadt

- Beigeladener -

9. Dr. D., D-Straße, D-Stadt

- Beigeladener -

10. E., E-Straße, E-Stadt

- Beigeladener -

11. Dr. F., F-Straße, F-Stadt

- Beigeladener -

12. Dr. H., H-Straße, F-Stadt

- Beigeladener -

13. Dr. J., J-Straße, J-Stadt

- Beigeladene -

Proz.-Bev.: zu 8: Rechtsanwälte C., C-Straße, C-Stadt

zu 11-12: G., G-Straße, A-Stadt

Der 12. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in München am 21. Oktober 2015 durch den Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr. Adolf als Vorsitzender, die Richterinnen am Bayer. Landessozialgericht Kunz und Streitferdt und sowie die ehrenamtlichen Richter Dipl.-Psych. ... und ... für Recht erkannt:

I.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 13. April 2015, S 1 KA 17/14, wird verworfen.

II.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8), 11) und 12) zu tragen. Die Kosten der übrigen Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die den Beigeladenen zu 11) und 12) erteilten Teilzulassungen (je 1/2) in F-Stadt sowie die dem Beigeladenen zu 8) erteilte Genehmigung zur Beschäftigung der Beigeladenen zu 9) und 13) mit einem Tätigkeitsumfang von je 20 Stunden am Vertragsarztsitz B-Straße in B-Stadt.

Mit Beschluss des Landesausschusses für Ärzte und Krankenkassen in Bayern vom 10.6.2013 wurden die bestehenden Zulassungsbeschränkungen für die Arztgruppe der Radiologen im Planungsbereich der Raumordnungsregion M. aufgehoben mit der Auflage, dass die bedarfsplanerische Neuzulassung insgesamt den Anrechnungsfaktor 2 im Sinne der Bedarfsplanung nicht überschreiten darf (§ 103 Abs. 3 SGB V, § 16b Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV, § 11 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BPlRL-Ä)). Gemäß § 63 Abs. 6 BPlRL-Ä gelte dies auch für Anträge auf Genehmigung von Anstellungen in medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten.

Mit Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte - U. - (ZA) vom 20.12.2013 aufgrund der Sitzung vom 25.10.2013 wurde dem MVZ in Trägerschaft der MVZ E. GmbH am Vertragsarztsitz in H. die Genehmigung zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 10) im Umfang von 40 Stunden erteilt. Zudem ließ der Zulassungsausschuss den Facharzt für Diagnostische Radiologie Dr. K. mit einem vollen Versorgungsauftrag zu. Hiergegen haben der Beigeladene zu 8) sowie die Beigeladenen

zu 11) und 12) Widerspruch eingelegt. Mit Bescheid des Berufungsausschusses für Ärzte - B. - (Beklagter) vom 4.8.2014 (Beschluss vom 22.5.2014) wurde der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.10.2013 (ausgefertigt am 20.12.2013) teilweise aufgehoben und zum einen den Beigeladenen zu 11) und 12) jeweils eine Zulassung in Höhe eines halben Versorgungsauftrages, zum anderen dem Beigeladenen zu 8) die Beschäftigung der Beigeladenen zu 9) und 13) mit einem Tätigkeitsumfang von je 20 Stunden pro Woche (Bedarfsplanungs-Anrechnungsfaktor 0,5) am Vertragsarztsitz in B-Stadt, B-Straße, erteilt.

Dagegen hat das MVZ H., ärztlicher Leiter Dr. P. R., am 13.8.2014 jeweils Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben. Gegenstand dieses Rechtsstreits ist die Anstellungsgenehmigung des Beigeladenen zu 9), Dr. D. Die Anstellungsgenehmigung der Beigeladenen zu 13) Dr. J. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 19/14, L 12 KA 67/15, die Erteilung des halben Versorgungsauftrages an den Beigeladenen zu 12) Dr. H. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 18/14, L 12 KA 66/15 und die Erteilung des halben Versorgungsauftrages an den Beigeladenen zu 11) Dr. F. ist Gegenstand des Rechtsstreits S 1 KA 20/14, L 12 KA 68/15.

Die dem Prozessbevollmächtigten im Gerichtsverfahren erteilte Vollmacht war ausgestellt auf das „MVZ H., Ärztlicher Leiter Dr. R.“ und von Dr. R. unterschrieben. Die Klage sei zulässig. Die Frage der Aktivlegitimation eines Medizinischen Versorgungszentrums im Sinne des § 95 SGB V sei eng verknüpft mit dessen Rechtsnatur, die bislang wenig diskutiert worden sei. In diesem Zusammenhang sei insbesondere die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 22.3.2013, Az.: 1 BvR 791/12 zu sehen, der nicht zu entnehmen sei, dass dem Medizinischen Versorgungszentrum „als solchem“ die Möglichkeit fehle, auch statusbegründende Rechtspositionen (gegebenenfalls neben der Trägergesellschaft) im eigenen Namen zu behaupten. Dies sei schon Konsequenz des Gebots eines umfassenden Rechtsschutzes. Auch habe die Rechtsprechung bislang stets sowohl Klagen des Medizinischen Versorgungszentrums, vertreten durch den ärztlichen Leiter, als auch Klagen von dessen Trägergesellschaft akzeptiert. Zudem sei auch im gesamten Verwaltungsverfahren vom „MVZ H. in Trägerschaft des Medizinischen Versorgungszentrums H. GmbH“ die Rede gewesen. Eben diesem sei auch vom Zulassungsausschuss die Rechtsposition der Anstellungsgenehmigung eingeräumt worden, was es nunmehr als MVZ verteidige. § 70 SGG sei vor diesem Hintergrund verfassungskonform auszulegen. Denn soweit es um die Verteidigung von Statusrechten gehe, die im Vertragsarztrecht wurzelten, sei auch das MVZ betroffen, das hier vom ärztlichen Leiter vertreten werde. Zudem machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin umfangreiche Ausführungen zur Begründetheit der Klage.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.4.2015 (S 1 KA 17/14 - Anstellungsgenehmigung Dr. D.) abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, weil dem Kläger die Prozessführungsbefugnis fehle, da er für den geltend gemachten Klageanspruch nicht aktivlegitimiert sei. Streitig sei die Genehmigung des Klägers, des MVZ H., zur Beschäftigung des Beigeladenen zu 10) unter gleichzeitiger Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides des BA vom 4.8.2014 (Beschluss: 22.5.2014; Az.: 006/14). Die Prozessführungsbefugnis sei eine Prozessvoraussetzung. Sei ein Kläger materiell zur Geltendmachung eigener Rechte aktivlegitimiert, sei er auch prozessführungsbefugt. Nach der neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. BSG vom 21.3.2012 - B 6 KA 22/11 R) und des Bundesverfassungsgerichtes (vgl. Beschluss vom 22.3.2013 - 1 BvR 791/12) betreffe jedoch der Status der Zulassung eine höchstpersönliche Rechtsposition des MVZ, die auch das Recht zur Drittanfechtung eines Bescheids, mit dem einem Konkurrenten die Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes erteilt werde, beinhalte. Die an die Trägerschaft eines Medizinischen Versorgungszentrums gebundene ärztliche Zulassung sei dabei nicht übertragbar, weil die Genehmigung zur Anstellung eines Arztes mit dem persönlichen Status der Zulassung so eng verbunden sei, dass es sich auch dabei um eine nicht übertragbare höchstpersönliche Rechtsposition handle. Da diese Rechtsposition an die Trägergesellschaft des MVZ gebunden sei, könne ein einzelnes zu der Trägergesellschaft gehörendes MVZ sie nicht in eigenem Namen geltend machen. Tue das MVZ es dennoch, fehle es insoweit an einer Prozessführungsbefugnis, die Prozessvoraussetzung sei.

Die hiergegen von dem Kläger am 13.5.2015 eingelegte Berufung wurden mit Schriftsatz vom 13.10.2015 begründet und dabei im Wesentlichen die bisherige Begründung wiederholt.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellt den Antrag,

den Gerichtsbescheid des SG Nürnberg vom 13.4.2015, S 1 KA 17/14 aufzuheben sowie den Beschluss des Beklagten vom 22.5.2014 (ausgefertigt am 4.8.2014), in welchem Prof. Dr. B. die Genehmigung zur Beschäftigung von Dr. D. mit einem Tätigkeitsumfang von 20 Std./Woche, Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 0,5) erteilt wurde, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über die Widersprüche der Beigeladenen zu 8), 11) und 12) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zu verwerfen.

Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend und verweist auf seine Ausführungen vor dem SG. Beteiligtenfähig im Sinne des § 70 Nr. 1 SGG sei die natürliche Person des ärztlichen Leiters Dr. R., der aber nicht in eigenen Rechten verletzt sein könne. Das MVZ als solches sei als rechtlich unselbstständige Einrichtung nicht beteiligungsfähig. Das MVZ als solches habe keine eigene Rechtspersönlichkeit. Der Gesetzgeber sei auch gar nicht befugt, außerhalb des bestehenden gesetzlichen Rahmens eine neue Rechtsfähigkeit im SGB V zu schaffen. Im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren habe die GmbH, nicht der jetzige Kläger Dr. R. bzw. das MVZ, den Antrag gestellt, durch das Gremium Zulassungsausschuss eine vertragsärztliche Anstellungsgenehmigung betreffend Herrn E. zu dessen Tätigkeit in einer notwendig schon errichteten Einrichtung MVZ zu erhalten. Der Zulassungsausschuss habe diesem Begehren entsprochen, der Beklagte habe es anders gesehen. In der Widerspruchsverhandlung des Beklagten seien ausweislich des Protokolls der Geschäftsführer der GmbH, der ärztliche Leiter Dr. R. sowie zwei Prozessbevollmächtigte anwesend gewesen. Einem Parteiwechsel auf Klägerseite werde ausdrücklich widersprochen.

Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 8) beantragt,

die Berufung des Klägers zu verwerfen.

Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 8) hält die Berufung ebenfalls für unzulässig. Der Berufungsführer sei nicht prozessführungsbefugt. Als Berufungsführer trete das MVZ H., vertreten durch den ärztlichen Leiter Dr. P. R., auf. Gegründet worden sei dieses MVZ von der juristischen Person „Medizinisches Versorgungszentrum H. GmbH“, vertreten durch die Geschäftsführer S. K. und W. N., eingetragen am 20.1.2007 im Handelsregister des AG B. und zum 18.10.2013 umfirmiert in „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“. Gemäß § 70 Nr. 1 SGG seien natürliche und juristische Person fähig, am Verfahren beteiligt seien. Das MVZ H. sei vor allem keine „nichtrechtsfähige Personenvereinigung“, „Behörde“ oder „gemeinsames Entscheidungsgremien“ im Sinne des § 70 Nrn. 2-4 SGG. Es sei auch weder eine natürliche oder juristische Person, sondern lediglich eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung. Eine Einrichtung sei, vergleichbar mit Krankenhäusern im Krankenhausrecht, kein Rechtssubjekt, keine Rechtspersönlichkeit, die Träger von Rechten und Pflichten sein könne. Demnach sei die Einrichtung „MVZ H.“ schon nicht beteiligungsfähig im Sinne des § 70 SGG. Als prozessunfähige Einrichtung habe das „MVZ H.“ auch beispielsweise weder einen Anstellungsvertrag noch Behandlungsverträge schließen können, wodurch es ausgeschlossen sei, dass die nichtrechtsfähige Einrichtung „MVZ H.“ in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten auch nur möglicherweise verletzt sein könnte. Auch die natürliche, unbestritten beteiligungs- und prozessfähige Person

Dr. R. könne nicht möglicherweise in eigenen Rechten verletzt sein, da er weder Träger/Inhaber des MVZ sei noch ihm als angestellter Arzt die Anstellungsgenehmigung hinsichtlich der Auswahlentscheidung E. hätte erteilt werden können. Der Anstellungsvertrag E. sei mit der Träger-GmbH geschlossen worden, diese habe auch den Antrag auf Anstellungsgenehmigung gestellt. Allein die „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“ als juristische Person des Privatrechts könnte daher die Verletzung ihrer subjektiv öffentlich-rechtlichen Rechte geltend machen, diese habe aber weder geklagt noch Berufung eingelegt. Ihr gegenüber sei der Bescheid mithin bestandskräftig. Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG müsse die Klageschrift den Kläger identifizierbar bezeichnen, was hier durch die Benennung einer natürlichen Person in Gestalt des Dr. R. geschehen sei.

Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen zu 11 und 12) beantragt,

die Berufung des Klägers zu verwerfen.

Er schließt sich den Ausführungen des Beklagten sowie des Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 8) an.

Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Zulassungsausschusses und des Beklagten sowie die gerichtlichen Akten beider Instanzen mit den Az. S 1 KA 17/14 bis S 1 KA 20/14 und L 12 KA 65/15 bis L 12 KA 68/14, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist unzulässig und war daher zu verwerfen, § 158 Satz 1 SGG.

Auf die Berufung hin hat das Berufungsgericht zu prüfen, ob die Berufung zulässig ist. Nur wenn alle Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen, ist die Berufung zulässig. Das Gericht darf die Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung nicht offen lassen. Denn das Berufungsgericht ist zur Sachentscheidung nur befugt, wenn die Zulässigkeit der Berufung feststeht (Sommer in Roos/Wahrendorf, Komm. zum SGG, § 143 Rdnr. 7).

Die Berufung ist statthaft, da sie sich gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.4.2015 wendet, § 105 Abs. 2 Satz 1, § 143 SGG. Der Berufungsführer muss zudem nach den allgemeinen Regelungen des SGG fähig sein, sich am Berufungsverfahren zu beteiligen (§ 70 SGG). Daran scheitert es hier, soweit der Berufungsführer das MVZ H. als unselbstständige Einrichtung ist. Nach § 70 SGG sind beteiligtenfähig natürliche und juristische Personen, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt, sowie gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen. Hierunter fällt das MVZ H. eindeutig nicht. Das MVZ als solches ist nach § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V eine fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung, in der Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Das MVZ selbst ist damit lediglich eine organisatorische und bauliche Einheit, die in verschiedenen rechtlichen Konstellationen betrieben werden kann, es ist aber nicht mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit ausgestattet. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: „Medizinische Versorgungszentren können als juristische Personen, z. B. als GmbH oder als Gesamthandgemeinschaft (BGB-Gesellschaft) betrieben werden.“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 15/1525 Seite 107). Daraus kann nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber beabsichtigt hätte, den Medizinischen Versorgungszentren eine eigene Rechtspersönlichkeit zuzuerkennen, die von der ihres Trägers zu unterscheiden ist bzw. selbstständig neben diese tritt. Im Gegenteil, hierdurch wird vielmehr klargestellt, dass Medizinische Versorgungszentren keine neue Organisationsform im Sinne einer Rechtsform sui generis darstellen, unter der medizinische Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit am Rechtsverkehr teilnehmen können, sondern dass Medizinische Versorgungszentren sich einer der bereits vorhandenen Rechtsformen bedienen müssen, um im Rechtsverkehr aufzutreten (so schon SG Dresden, Urteil vom 28.7.2010 - S 18 KA 250/06; gleiche Gesetzesinterpretation, jedoch mit gegenteiliger Schlussfolgerung: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.1.2010, Az. L 7 KA 139/09 B ER). Die Beteiligtenfähigkeit des MVZ richtet sich dann jeweils nach der für dessen Betreibung gewählten Organisationsform (Arndt in Breitkreuz/Fichte, Kommentar zum SGG, § 70 Rdnr. 8; Straßfeld in Roos/Wahrendorf, Komm. zum SGG, § 70 Rdnr. 29). Nur wenn sich das MVZ einer Organisationsform bedient, die § 70 SGG zugeordnet werden kann, ist es beteiligtenfähig. Das MVZ H. als fachübergreifende ärztliche geleitete Einrichtung wurde von der juristischen Person „Medizinisches Versorgungszentrum H. GmbH“, zum 18.10.2013 in „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“ umfirmiert, gegründet. Beteiligtenfähig im Sinne des § 70 SGG wäre daher allein die „Medizinische Versorgungszentren E. GmbH“, nicht jedoch das einzelne MVZ H.. Das MVZ H. als solches ist kein Rechtsträger, dem subjektive Rechte zugeordnet sein können, sondern eine unselbstständige Organisationseinheit der Träger-GmbH. Auch das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 SGG führt nicht zu einer erweiternden Auslegung des § 70 SGG. Der Wortlaut des § 70 SGG ist in Bezug auf die Beteiligtenfähigkeit eindeutig und insofern nicht dahingehend auslegungsfähig, dass eine (weitere) Organisationsform ohne eigene Rechtspersönlichkeit beteiligtenfähig im Sinne des § 70 SGG sein könne.

Prozessfähig im Sinne von § 71 Abs. 1 SGG kann wiederum nur ein „Beteiligter“ im Sinne des § 70 SGG sein. Die Prozessfähigkeit setzt Geschäftsfähigkeit im Sinne des Zivilrechts voraus. Eine „Einrichtung“ wie ein MVZ ist nicht geschäftsfähig, sondern lediglich dessen jeweiliger Inhaber bzw. Träger, sei es eine natürliche oder juristische Person, eine Personengesellschaft oder Genossenschaft, also derjenige, den die Rechte oder Pflichten aus dieser Einrichtung betreffen.

Unterstellt, Kläger wäre nicht das MVZ H. als Einrichtung, ärztlicher Leiter Dr. R., sondern die Person des ärztlichen Leiters des MVZ H., Dr. R., wäre dieser zwar als natürliche Person beteiligten- und prozessfähig im Sinne von §§ 70, 71 SGG, er wäre jedoch nicht Träger bzw. Inhaber des MVZ, sondern lediglich angestellter Arzt der „Medizinischen Versorgungszentren E. GmbH“ und als solcher nicht prozessführungsbefugt. Die Prozessführungsbefugnis folgt in der Regel dem materiellen Anspruch. Als ärztlichem Leiter des MVZ H. kann Dr. R. die begehrte Anstellungsgenehmigung nicht erteilt werden. Schon der Antrag hinsichtlich der Antragsgenehmigung E. wurde rechtlich zutreffend durch die MVZ-Träger GmbH gestellt und nicht durch die Einrichtung MVZ H. bzw. dessen ärztlichem Leiter Dr. R. Entsprechend wurde auch die Anstellungsgenehmigung vom Zulassungsausschuss dem MVZ in der Trägerschaft der GmbH erteilt und weder dem ärztlichen Leiter noch dem MVZ H. als Einrichtung. Als natürliche Person könnte Dr. R. demnach auch nicht geltend machen, in eigenen subjektiv öffentlichen Rechten auch nur möglicherweise verletzt zu sein. Ihm würde es bereits an der Prozessführungsbefugnis fehlen, die getrennt von der Beteiligtenfähigkeit zu prüfen ist. Eine Bevollmächtigung des ärztlichen Leiters Dr. R. zur Geltendmachung der Rechte der Träger-GmbH im eigenen Namen - unabhängig von der dann zu prüfenden Wirksamkeit einer solchen Bevollmächtigung - wurde weder vorgetragen noch ergibt sie sich aus den dem Senat vorliegenden Akten. Es wurde vielmehr schriftsätzlich eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass Kläger das MVZ H. und nicht die natürliche Person Dr. R. ist.

Die Berufung war daher als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
nichtrechtsfähige Personenvereinigungen,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt,
4.
gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen.

(1) Ein Beteiligter ist prozeßfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann.

(2) Minderjährige sind in eigener Sache prozeßfähig, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind. Zur Zurücknahme eines Rechtsbehelfs bedürfen sie der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.

(3) Für rechtsfähige und nichtrechtsfähige Personenvereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) Für Entscheidungsgremien im Sinne von § 70 Nr. 4 handelt der Vorsitzende.

(5) In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts wird das Land durch das Landesversorgungsamt oder nach Maßgabe des Landesrechts durch die Stelle vertreten, der dessen Aufgaben übertragen worden sind oder die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes oder des Rechts der Teilhabe behinderter Menschen zuständig ist.

(6) Die §§ 53 bis 56 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
nichtrechtsfähige Personenvereinigungen,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt,
4.
gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen.

(1) Ein Beteiligter ist prozeßfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann.

(2) Minderjährige sind in eigener Sache prozeßfähig, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind. Zur Zurücknahme eines Rechtsbehelfs bedürfen sie der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.

(3) Für rechtsfähige und nichtrechtsfähige Personenvereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.

(4) Für Entscheidungsgremien im Sinne von § 70 Nr. 4 handelt der Vorsitzende.

(5) In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und des Schwerbehindertenrechts wird das Land durch das Landesversorgungsamt oder nach Maßgabe des Landesrechts durch die Stelle vertreten, der dessen Aufgaben übertragen worden sind oder die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes oder des Rechts der Teilhabe behinderter Menschen zuständig ist.

(6) Die §§ 53 bis 56 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.