Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. März 2017 - L 17 U 215/16

bei uns veröffentlicht am23.03.2017
nachgehend
Bundessozialgericht, B 2 U 89/17 B, 23.05.2017

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 23.05.2016 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer Meningitis als Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BK 3101) und die Gewährung einer Verletztenrente.

Die Klägerin ist 1951 geboren. Vom 18.01.1999 bis 13.04.1999 arbeitete sie im Rahmen eines Anerkennungsjahres als Erzieherin im Kindergarten der Arbeiterwohlfahrt „L.“ in M-Stadt.

Mit Schreiben vom 10.08.2011 (Eingang bei der Beklagten am 12.08.2011) machte die Klägerin gegenüber der Beklagten geltend, sie habe sich während ihrer Tätigkeit im Kindergarten „L.“ mit einem Poliovirus infiziert und sei nachfolgend an einer Polio-Meningitis erkrankt. In dem Zeitraum hätten die Leiterin des Kindergartens und andere Angestellte unter den gleichen Symptomen gelitten, die sich einige Wochen später auch bei ihr gezeigt hätten, nämlich Nackensteife, Abgeschlagenheit, Schmerzen im linken Arm und leichtes Fieber. Sie beantrage rückwirkend ab 13.04.1999 eine Unfallrentenzahlung.

Die Beklagte zog daraufhin Befundberichte über die Klägerin bei und holte verschiedene Auskünfte ein:

In einem Auskunftsschreiben an die Beklagte gab die Klägerin an, dass die Krankheit Ende Mai, Anfang Juni 1999 bei ihr aufgetreten sei.

Ihre behandelnde Ärztin suchte die Klägerin erstmals am 28.07.1999 auf. Von dort begab sie sich vom 28.07.1999 bis 30.07.1999 in stationäre Behandlung im Krankenhaus W., B-Stadt. In einem Arztbrief vom 06.09.1999 teilte Prof. G. et. al., KH W., mit, dass sich die Klägerin vom 28.07. bis zum 30.07.1999 in stationärer Behandlung befunden habe. Als Diagnose ist genannt: „Meningitis, am ehesten viraler Genese“. Bei der Klägerin hätten seit circa fünf Wochen vor der stationären Aufnahme - also Ende Juni 1999 - vom Nacken ausstrahlende holozephale Schmerzen bestanden, die bei Augenbewegungen deutlich verstärkt gewesen seien. Unter „Beurteilung“ ist im Schreiben ausgeführt: „Ursache der geklagten Kopfschmerzen ist eine Meningitis, vermutlich viraler Genese. Neurotrope Viren fanden sich nicht im Liquor, sodass auch keine spezifische antivirale Therapie nötig ist.“

Nach einem sozialmedizinischen Gutachten nach Aktenlage des MDK vom 14.09.1999 war die Klägerin wegen einer Meningitis ab 28.07.1999 arbeitsunfähig erkrankt. Diese Diagnose sei im Krankenhaus W. gesichert worden. Die Klägerin habe einen hohen Polio-Titer, ohne je gegen Polio geimpft worden zu sein. Als Diagnose ist im Gutachten genannt: Meningitis. In einem Bericht vom 15.02.2000 über die von der Klägerin vom 05.01.2000 bis zum 02.02.2000 durchlaufene Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation ist unter Diagnosen genannt: „Z. n. Meningitis vermutlich viraler Genese (05/99).“

In einem Arztbrief des Prof. G., Krankenhaus W., über die dortige Behandlung vom 22.07.2004 bis zum 26.07.2004 ist als Diagnose unter anderem genannt: „Z. n. viraler Meningitis 1999 A87.9“. Des Weiteren ist ausgeführt, dass sich die Klägerin zum Ausschluss einer Meningitis vorgestellt habe. Frau Dr. H. gab gegenüber der Beklagten an, dass sie die Klägerin nie wegen Polio-Meningitis behandelt habe. Nach dem Arztbrief der Dres. S. et. al., Kliniken H., vom 13.12.2006 befand sich die Klägerin dort vom 09.11.2006 bis 17.11.2006 in stationärer Behandlung; dabei wurde eine Meningitis ausgeschlossen. Anamnestisch habe die Klägerin eine virale Meningitis 1999 angegeben.

In einem Arztbrief des Prof. S., Dermatologische Uniklinik FAU E-Stadt, vom 12.11.1999 ist unter „Diagnosen: …4. Polio-Virusmeningitis 07/99“ genannt. Unter Anamnese ist ausgeführt: „Im Juli 1999 sei die Patientin an einer Polio-Virusmeningitis erkrankt“.

Frau R., die zum Zeitpunkt der Schreiben Leiterin des Kindergartens „L.“ war, teilte durch Schreiben vom 14.12.2011 und vom 14.03.2012 mit, dass sie mit Sicherheit sagen könne, dass während der Beschäftigungszeit der Klägerin kein Fall von Meningitis oder Polio aufgetreten sei. Es seien deswegen auch keine Personen behandelt oder untersucht worden.

Im eingeholten Befundbericht vom 16.01.2012 teilten Dres. K. mit, dass der „Verdacht auf Meningitis“ bestanden habe. Im Krankenhaus W. sei „die Diagnose einer begleitenden Meningitis bei viraler Infektion gestellt“ worden.

Der im Verwaltungsverfahren gehörte Gewerbearzt Dr. B. verwies darauf, dass bei der Klägerin im Jahr 1999 eine Meningitis festgestellt worden sei, die vermutlich viral bedingt gewesen sei. Aus den Unterlagen nicht zu entnehmenden Gründen sei aus dieser Diagnose im Laufe der Zeit eine Polioinfektion geworden. Den vorliegenden Unterlagen sei keine neurologische Symptomatik zu entnehmen, die sich als postinfektiöses Geschehen oder Postpoliosyndrom interpretieren lasse. Den Unterlagen sei nicht zu entnehmen, dass bei der Klägerin je ein Erregernachweis gelungen wäre, der die Diagnose Poliomyelitis rechtfertigen würde. Für eine berufliche Genese sei der Nachweis einer Indexperson, das heißt eines erkrankten Kindes, zu fordern und der Umgang mit Kindergartenkindern stelle kein erhöhtes Risiko für den Erwerb einer Meningitiserkrankung dar.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte zudem das Landratsamt H-Stadt am 24.02.2012 mit, dass für die Zeit vom 18.01.1999 bis zum 13.04.1999 keine Unterlagen und insbesondere kein meldepflichtiger Nachweis des Krankheitserregers Poliovirus vorlägen.

Mit Bescheid vom 20.03.2012 (Widerspruchsbescheid vom 25.05.2012) lehnte die Beklagte eine Anerkennung der von der Klägerin mitgeteilten Erkrankung „Meningitis“ als BK 3101 sowie die Gewährung von Leistungen ab.

Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG Bayreuth). Mit Gerichtsbescheid vom 30.07.2014 wies das SG Bayreuth die Klage ab. Es führte im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorliegen einer BK 3101 bei der Klägerin schon deshalb zu verneinen sei, weil das Vorliegen einer Polio-Meningitis nicht im Vollbeweis feststehe und überdies die Infektion mit einer Meningitis während des Praktikums im Kindergarten nicht hinreichend wahrscheinlich sei.

Hiergegen legte die Klägerin unter dem Aktenzeichen L 17 U 339/14 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) ein. Das LSG befragte Frau S. F. (im Folgenden: F), die während der knapp dreimonatigen Tätigkeit der Klägerin Leiterin des Kindergartens „L.“ gewesen ist, in der nicht-öffentlichen Sitzung vom 22.04.2015 als Zeugin. F konnte sich an die Klägerin noch erinnern und, dass diese Anfang 1999 im Kindergarten gearbeitet hat. An Fälle von Polio- oder Meningitiserkrankungen im Zeitraum Ende 1998 bis Mitte 1999 konnte sie sich jedoch nicht erinnern. Sie glaubte, dass sich während ihrer Tätigkeit als Erzieherin im Kindergarten „L.“ von 1996 bis April 2009 ein Fall von Meningitis ereignet habe, jedoch kein Fall einer Polioerkrankung, ohne aber zu wissen, wann die Meningitiserkrankung aufgetreten sei. Nach eingehender Erörterung des Sach- und Rechtslage nahm die Klägerin in der Sitzung die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Bayreuth vom 30.07.2014 zurück.

Mit Schreiben vom 30.07.2015 stellte die Klägerin bei der Beklagten unter Bezugnahme auf die Aussage der F einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich des Bescheids vom 20.03.2012.

Mit Bescheid vom 01.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.02.2016 wies die Beklagte den Antrag zurück.

Bereits am 15.01.2016 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 01.12.2015 Klage zum SG Bayreuth erhoben. Mit Beschluss vom 11.02.2016 hat das SG Bayreuth den Rechtstreit an das Sozialgericht Würzburg (SG Würzburg) verwiesen. Mit Gerichtsbescheid vom 23.05.2016 hat das SG Würzburg die Klage abgewiesen.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum LSG eingelegt. Sie ist der Auffassung, das Gericht müsse aufgrund der Aussage der F weiter den genauen Zeitpunkt der Erkrankung eines Kindes im Kindergarten „L.“ ermitteln. Überdies sei die Zeugin F zu verpflichten, den genauen Zeitpunkt des Krankheitsfalls zu nennen.

Mit Beschluss vom 21.02.2017 hat der Senat die Berufung dem Berichterstatter übertragen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 23.05.2016 sowie den Bescheid vom 01.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.02.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 20.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2012 zurückzunehmen und bei der Klägerin eine Meningitis als Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und Verletztenrente zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten, der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der Verfahrensakte L 17 U 339/14 des LSG verwiesen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 01.12.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.02.2016. Mit dem Bescheid hat die Beklagte einen Antrag der Klägerin nach § 44 SGB X auf Rücknahme des Bescheids vom 20.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2012 und Anerkennung einer Meningitis als BK 3101 und Bewilligung einer Verletztenrente abgelehnt.

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt. Der Antrag der Klägerin ist daher durch Auslegung zu ermitteln, § 123 SGG. Das Klagebegehren der Klägerin zielt zunächst auf die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 01.12.2015 und die Rücknahme des Bescheids vom 20.03.2012 nach § 44 SGB X ab. Im Ergebnis möchte die Klägerin entgegen der ablehnenden Entscheidung der Beklagten vom 20.03.2012 eine - nach ihrer Auffassung - während ihrer Beschäftigung im Kindergarten „L.“ in M-Stadt vom 18.01.1999 bis 13.04.1999 erworbene Meningitiserkrankung als Berufskrankheit anerkannt haben und eine Verletztenrente gewährt bekommen. Hieraus ergibt sich der im Tatbestand formulierte Berufungsantrag.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zurecht hat das SG Würzburg die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30.05.2016 abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 20.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.05.2012; sie wird durch die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 01.12.2015 nicht in ihren Rechten verletzt.

Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Die Beklagte ist bei Erlass des Bescheides vom 20.03.2012 weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen noch hat sie das Recht unrichtig angewandt.

Der Senat kann sich nicht im erforderlichen Beweismaß des Vollbeweises davon überzeugen, dass die Klägerin während ihrer Tätigkeit vom 18.01.1999 bis 13.04.1999 als Erzieherin im Kindergarten der Arbeiterwohlfahrt „L.“ in M-Stadt einer besonderen Infektionsgefahr ausgesetzt war, wie sie die BK 3101 voraussetzt (zum Erfordernis einer besonderen Infektionsgefahr bei der BK 3101 BSG v. 28.08.1990 - 2 RU 64/89, juris Rn. 20; zur Erfordernis des Vollbeweises u.a. BSG v. 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R, juris Rn. 14, 28; v. 02.04.2009 - B 2 U 7/08 R, juris Rn. 15, 17).

Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in einem mit Meningitis verursachenden Krankheitserregern durchseuchten Objektsbereich tätig war. Es besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin im genannten Zeitraum mit einer infizierten Person in Kontakt gekommen wäre. Weder der Arbeitgeber noch das bei Meningitiserkrankungen zuständige Landratsamt noch die damalige Leiterin des Kindergartens F. bei ihrer Zeugenbefragung durch des LSG am 22.04.2015 konnten einen Meningitiserkrankungsfall im Zeitraum der Beschäftigung der Klägerin bestätigen. Auch die Klägerin selbst kann nicht ein bestimmtes Kind oder eine bestimmte im Zeitraum 18.01.1999 bis 13.04.1999 im Kindergarten „L.“ beschäftigte Person benennen, die an Meningitis erkrankt gewesen wäre. Vielmehr geht sie allein deshalb, weil bei ihr Ende Juli 1999 eine Meningitis, am ehesten viraler Genese diagnostiziert worden ist, davon aus, dass sie sich während ihrer Tätigkeit im Kindergarten mit einem Meningitis-Virus angesteckt hat.

Im Übrigen könnte, selbst wenn eine solche besondere Infektionsgefahr bestanden hätte, schon im Hinblick auf den abgelaufenen Zeitraum zwischen dem dokumentierten erstmaligen Auftreten von Symptomen Mitte/Ende Juni 1999 (Befundbericht der Neurologischen Klinik des Krankenhauses W., B-Stadt vom 06.09.1999) und der Beendigung der Tätigkeit im Kindergarten am 13.04.1999 nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einem möglichen Zusammenhang zwischen der Erkrankung der Klägerin und der versicherten Tätigkeit ausgegangen werden. So beträgt gemäß Anhang zum Merkblatt zur BK 3101 (Bek. des BMA vom 01.12.2000, BArbBl. 1/2001, S. 35) die Inkubationszeit bei der - von der Klägerin ins Feld geführten - Poliomyelitis 5-14 Tage, bei einer Meningokokken-Infektion 1-10 Tage. Der vorliegende Zeitraum von mindestens 2 Monaten zwischen Beschäftigungsende und Auftreten der ersten Symptome geht weit über diese Inkubationszeiten hinaus.

Das LSG sieht keine Veranlassung für weitere Ermittlungen von Amts wegen (§ 106 SGG). Auch die vage Angabe der F., sie glaube sich zu erinnern, dass sich irgendwann während ihrer Tätigkeit im Kindergarten „L.“ von 1996 bis April 2009 ein Fall von Meningitis bei einem Kind ereignet habe, bietet hierfür keinen Ansatz. Die Angabe der Zeugin, dass sie sich jedenfalls im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin an keinen Meningitis- Erkrankungsfall erinnern könne, wird vielmehr durch die Auskünfte des damaligen Arbeitgebers der Klägerin und des Landratsamtes bestätigt.

Nachdem somit das Vorliegen eines Versicherungsfalls bzw. einer BK 3101 nicht festgestellt werden kann, besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Bewilligung einer Verletztenrente.

Im Übrigen nimmt das Gericht in entsprechender Anwendung des § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidung des SG Bayreuth vom 30.07.2014 Bezug und weist die Berufung aus den Gründen dieser Entscheidung als unbegründet zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.

Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. März 2017 - L 17 U 215/16

Urteilsbesprechungen zu Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. März 2017 - L 17 U 215/16

Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 23. März 2017 - L 17 U 215/16 zitiert 9 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 123


Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

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(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlich

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Bundessozialgericht Urteil, 15. Sept. 2011 - B 2 U 22/10 R

bei uns veröffentlicht am 15.09.2011

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 13. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 13. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Infektion der Klägerin mit dem Hepatitis C-Virus (HCV) als Berufskrankheit (BK) nach Nr 3101 der Anlage (seit 1.7.2009 Anlage 1) der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV; im Folgenden: BK 3101) streitig.

2

Die 1940 geborene Klägerin war seit Oktober 1995 als Altenpflegehelferin im Altenzentrum B. beschäftigt. Sie wurde im Wesentlichen im Bereich "Betreutes Wohnen" eingesetzt. Zu ihren Aufgaben gehörte das Waschen, Baden und Rasieren der Pflegebedürftigen. Sie hatte Katheterbeutel zu wechseln sowie Wundbehandlungen und Bluttests durchzuführen. Außerdem gab sie einer Heimbewohnerin in den Monaten April und Mai 1999 87 Insulinspritzen, ohne zum Spritzen berechtigt zu sein. Eine überdurchschnittliche Durchseuchung der Heimbewohner mit dem HCV ließ sich nicht feststellen.

3

Im August 1999 wurde bei der Klägerin eine HCV-Infektion diagnostiziert. Auf eine ärztliche Anzeige wegen des Verdachts des Vorliegens einer BK 3101 lehnte die Beklagte es ab, diese BK anzuerkennen und Leistungen zu erbringen. Bei der Klägerin habe kein besonders erhöhtes Verletzungsrisiko bestanden (Bescheid vom 4.12.2000; Widerspruchsbescheid vom 27.6.2001).

4

Das SG Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29.10.2002). Das Hessische LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 13.7.2010). Die Klägerin sei einem gesteigerten, nicht aber einem besonders erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen. Entgegen den gutachtlichen Ausführungen von Prof. Dr. C. könne nicht von einer im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung erhöhten Durchseuchung des Altenzentrums ausgegangen werden. HCV-Infektionen von Bewohnern des Altenheims seien nicht bekannt. Wegen sich widersprechender Studien existiere auch kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass in Pflegestationen von Altenheimen eine besondere Infektionsgefahr bestehe. Aktuelle Zahlen zum Durchseuchungsrisiko in Pflegeheimen gebe es nach der vom Gericht eingeholten Auskunft des Instituts der F. vom 3.8.2009 ebenfalls nicht. Eine besondere Ansteckungsgefahr sei auch nicht mit den von der Klägerin konkret ausgeübten Tätigkeiten verbunden gewesen. Zwar habe wegen des nahezu täglichen Umgangs mit Insulinspritzen zweifellos ein Infektionsrisiko bestanden. Risikomindernd wirke sich aber aus, dass die Einwegspritzen durch die Klägerin ordnungsgemäß entsorgt worden seien, ohne die Schutzkappe wieder aufzustecken. Insulinspritzen würden auch nur subkutan und nicht intravenös verabreicht. Wegen der von Prof. Dr. C. bestätigten geringeren Kanülendicke der Insulinspritzen im Vergleich zu "normalen" Hohlnadeln komme es schließlich zu einer geringeren Blutübertragung.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin einen Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsermittlung gemäß § 103 SGG und die Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG. Das LSG hätte in Erfahrung bringen müssen, wie viele der von ihr betreuten Personen mit dem HCV infiziert gewesen seien. Auch hätte es wegen der von Prof. Dr. C. bestätigten deutlich erhöhten Infektionsgefahr des Ärzte- und Pflegepersonals aktuelle Informationen über die Seroprävalenz in Alten- und Pflegeheimen einholen müssen. Der vom Berufungsgericht berücksichtigte Durchseuchungsgrad der Gesamtbevölkerung beruhe auf einer Stichprobenerhebung unter Ausschluss von besonders gefährdeten Personen in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Justizvollzugsanstalten. Abgesehen davon hätte das Fehlen einer virologischen Untersuchung der Heimbewohner zu einer Beweiserleichterung führen müssen. Bei der Würdigung der Übertragungsgefahr sei nicht berücksichtigt worden, dass Gummihandschuhe nur "in der Regel" benutzt worden seien und auch von kontaminierten Gegenständen ein Infektionsrisiko ausgehe. Die Gefahr von Mikroläsionen sowie die Umstände des Verabreichens und der Entsorgung der Einwegspritzen seien nicht ermittelt worden. Weshalb bei 87 Inokulationsereignissen nicht von einer "häufig" aufgetretenen Gefahr gesprochen werden könne und eine Vergleichbarkeit mit Tätowierungen ausscheide, sei nicht dargelegt worden.

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 13. Juli 2010 und des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Oktober 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2001 aufzuheben und festzustellen, dass die bei ihr vorliegende Hepatitis C-Erkrankung eine Berufskrankheit nach Nr 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision, mit der nur noch die Feststellung der BK 3101 begehrt wird, ist nicht begründet.

10

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist insoweit eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG), mit der unter Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten die gerichtliche Feststellung begehrt wird, dass die Hepatitis C-Infektion der Klägerin eine BK 3101 ist. Ein Versicherter, dem gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass ein Anspruch auf Feststellung einer bestimmten BK nicht gegeben ist, kann deren Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungs- oder Feststellungsklage klären lassen (vgl BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4 BKV, jeweils RdNr 11 mwN; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Zwar hat die Klägerin vor dem SG und LSG die Verpflichtung der Beklagten zur Anerkennung der BK 3101 beantragt. Dieser Übergang von der Verpflichtungs- zur Feststellungsklage beruht aber auf einer nach § 99 Abs 3 SGG uneingeschränkt zulässigen Antragsänderung (BSG vom 25.2.1997 - 12 RK 4/96 - BSGE 80, 102, 103 = SozR 3-2500 § 5 Nr 33 S 129 mwN).

11

Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung ihrer Hepatitis C-Infektion als BK 3101. Insoweit ist die Verwaltungsentscheidung der Beklagten im Bescheid vom 4.12.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.6.2001 rechtmäßig und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.

12

Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach den Vorschriften des SGB VII sowie des auf seiner Grundlage erlassenen Rechts, weil ihre HCV-Infektion im August 1999 festgestellt worden ist und der geltend gemachte Versicherungsfall damit nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 1.1.1997 eingetreten sein soll (Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).

13

Nach § 9 Abs 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (Satz 2).

14

Für die Feststellung einer Listen-BK ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei gilt für die Überzeugungsbildung des Tatsachengerichts hinsichtlich der "versicherten Tätigkeit", der "Verrichtung", der "Einwirkungen" und der "Krankheit" der Beweisgrad des Vollbeweises, also der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit. Für die Überzeugungsbildung vom Vorliegen der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge und der rechtlich zu bewertenden Wesentlichkeit einer notwendigen Bedingung genügt indes der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4 BKV, jeweils RdNr 16 mwN und - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr 14 BKV, jeweils RdNr 9 mwN; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

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Die BKV umschreibt den Tatbestand der BK 3101 wie folgt: "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war". Die Voraussetzungen dieses Tatbestandes iVm § 9 Abs 1 SGB VII sind nach den für den Senat bindenden(§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht erfüllt. Die Klägerin war zwar seit Oktober 1995 als Altenpflegehelferin eines Altenzentrums beschäftigt und damit im Gesundheitsdienst tätig sowie nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert. Hepatitis C ist auch eine Infektionskrankheit. Die Klägerin war aber keinen "Einwirkungen" iS einer besonders erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt. Diese beurteilt sich nach dem Grad der Durchseuchung des versicherten Tätigkeitsbereichs und dem Übertragungsrisiko der im Gefahrenbereich vorgenommenen Verrichtungen (dazu 1.). Anhand beider Kriterien hat das LSG das Vorliegen einer besonders erhöhten Infektionsgefahr verneint (dazu 2.). Die Rüge der Klägerin, dabei habe das Berufungsgericht gegen die Pflicht zur Amtsermittlung verstoßen und die Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung überschritten, greift nicht durch (dazu 3.).

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1. Eine besondere Ansteckungsgefahr kann sich im Einzelfall aufgrund der Durchseuchung des Umfelds der Tätigkeit oder der Übertragungsgefahr der ausgeübten Verrichtungen ergeben. Der Grad der Durchseuchung ist sowohl hinsichtlich der kontaktierten Personen als auch der Objekte festzustellen, mit oder an denen zu arbeiten ist. Lässt sich das Ausmaß der Durchseuchung nicht aufklären, kann aber das Vorliegen eines Krankheitserregers im Arbeitsumfeld nicht ausgeschlossen werden, ist vom Durchseuchungsgrad der Gesamtbevölkerung auszugehen. Das weitere Kriterium der mit der versicherten Tätigkeit verbundenen Übertragungsgefahr richtet sich nach dem Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit sowie der Art, der Häufigkeit und der Dauer der vom Versicherten verrichteten gefährdenden Handlungen.

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Eine schlichte Infektionsgefahr genügt nicht. Vielmehr wird eine (zT typisierend nach Tätigkeitsbereichen) besonders erhöhte Infektionsgefahr vorausgesetzt (§ 9 Abs 1 Satz 2 Halbs 1 SGB VII). Deshalb kommt es darauf an, welche einzelnen Arbeitshandlungen im Hinblick auf den Übertragungsweg besonders gefährdend sind. Die Durchseuchung des Arbeitsumfeldes auf der einen und die Übertragungsgefahr der versicherten Verrichtungen auf der anderen Seite stehen in einer Wechselbeziehung zueinander (dazu kritisch Kunze, VSSR 4/2010, S 283, 298 ff). An den Grad der Durchseuchung können umso niedrigere Anforderungen gestellt werden, je gefährdender die spezifischen Arbeitsbedingungen sind. Je weniger hingegen die Arbeitsvorgänge mit dem Risiko der Infektion behaftet sind, umso mehr erlangt das Ausmaß der Durchseuchung an Bedeutung. Erscheint eine Infektion nicht ausgeschlossen, ist im Wege einer Gesamtbetrachtung der Durchseuchung und der Übertragungsgefahr festzustellen, ob sich im Einzelfall eine Infektionsgefahr ergibt, die nicht nur geringfügig gegenüber der Allgemeingefahr erhöht ist (BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4 BKV, jeweils RdNr 22 f). Damit bedarf es der tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen einer konkret erhöhten Infektionsgefahr. Dies beinhaltet Feststellungen zu der Frage, ob die Verrichtungen der Klägerin sie mit einer infizierten Person oder einem durchseuchten Objektbereich in Berührung gebracht haben oder ob die Verrichtungen im Hinblick auf den Übertragungsmodus der Hepatitis C-Infektion sowie ihrer Art, Häufigkeit und Dauer nach besonders infektionsgefährdend waren (BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 33/07 R - BSGE 103, 54 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 5 BKV, jeweils RdNr 19).

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2. Einem solchen besonders erhöhten Infektionsrisiko war die Klägerin nicht ausgesetzt. Das Berufungsgericht hat zwar nicht die Möglichkeit der Infektion mit dem HCV, aber eine erhöhte Durchseuchung im Altenzentrum ausgeschlossen. Damit ist der Grad der Durchseuchung bezüglich HCV-Antikörper in der Gesamtbevölkerung maßgebend, der mindestens ca 0,4 bis 0,7 vH beträgt (vgl Potthoff/Schüler/Wedemeyer/Manns, Epidemiologie der Virushepatitis A, B und C, in Selmair/Manns, Virushepatitis als Berufskrankheit, 2. Aufl, S 18; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl 2010, S 717; Robert Koch Institut, Epidemiologisches Bulletin 29/2011 S 267). Auf der Grundlage einer Arbeitgeberauskunft hat das LSG festgestellt, dass HCV-Infektionen von Heimbewohnern nicht bekannt geworden sind. Die Stellungnahme der F. vom 3.8.2009 hat ergeben, dass aktuelle Zahlen zum Durchseuchungsrisiko in Pflegeheimen nicht existieren. Daher ist nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für die Annahme eines deutlich überdurchschnittlichen Durchseuchungsgrades im Altenzentrum B. kein Raum.

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Die erforderliche besondere Infektionsgefahr lässt sich auch nicht auf die Übertragungsgefahr der ausgeübten Tätigkeiten zurückführen, wie das LSG aufgrund der von ihm festgestellten Arbeitsvorgänge der Klägerin sowie des Gutachtens von Prof. Dr. C. und der Zeugenvernehmung angenommen hat. Die Klägerin war im Wesentlichen im Bereich "Betreutes Wohnen" eingesetzt und trug bei den Verrichtungen der Grundpflege, der Wundbehandlung und den Bluttests regelmäßig Gummihandschuhe. Eine Nadelstichverletzung ist nicht festgestellt. Bei maximal 87 Inokulationsvorgängen wurden Insulinspritzen mit einer im Vergleich zu anderen Hohlnadelspritzen dünneren Injektionskanüle verwendet, die mit einem geringeren Blutaustausch einhergehen. Sie sind ordnungsgemäß entsorgt worden, ohne die Schutzkappe wieder aufzustecken. Die Klägerin ist danach weder aufgrund einer erhöhten Durchseuchung noch infolge ihrer Arbeitsverrichtungen besonders infektionsgefährdet tätig gewesen.

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3. Diese Feststellungen des LSG binden den Senat (§ 163 SGG), weil sie nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen angegriffen worden sind. Eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge setzt die Bezeichnung der Tatsachen voraus, die den behaupteten Mangel ergeben (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG) und aus denen die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne die geltend gemachte Verfahrensverletzung anders entschieden hätte. Das Revisionsgericht muss in die Lage versetzt werden, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 31). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

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a) Die Rüge der Klägerin, das LSG habe gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) verstoßen, ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Sie hätte insoweit aufzeigen müssen, dass sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Dabei ist darzulegen, inwiefern nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen und medizinischen Sachverhalt aus seiner rechtlichen Sicht erkennbar offen geblieben sind und damit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zwingende Veranlassung bestanden hat und die so zu ermittelnden Tatsachen nach der Rechtsauffassung des LSG entscheidungserheblich sind. Außerdem ist anzugeben, wann und in welcher Form die zu ermittelnden Tatsachen in der Berufungsinstanz vorgebracht wurden (BSG vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - Juris RdNr 69 f).

22

Das Vorbringen der Klägerin, das LSG hätte die Anzahl der von ihr betreuten, mit dem HCV infizierten Personen in Erfahrung bringen und die Gefahr von Mikroläsionen sowie die Umstände des Verabreichens und der Entsorgung der Einwegspritzen ermitteln müssen, genügt diesen Anforderungen nicht. Es hätte nicht nur der Bezeichnung der zu ermittelnden Tatsachen bedurft, sondern vor allem auch der weiteren Darlegung, inwieweit diese Tatsachen bereits in der Berufungsinstanz so vorgebracht wurden, dass sich das LSG auf Grund des Berufungsvorbringens trotz der eingeholten Auskünfte zur Durchseuchung und den Arbeitsbedingungen im Altenzentrum zu einer weiteren Tatsachenermittlung hätte gedrängt fühlen müssen.

23

b) Auch die Rüge der Klägerin, das Berufungsgericht habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten, ist unzulässig. Die Beweiswürdigung des LSG ist nur eingeschränkt überprüfbar. Da das Tatsachengericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet, ist diese Vorschrift nur dann verletzt, wenn das Gericht gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend und umfassend berücksichtigt hat. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss im Einzelnen dargelegt werden (BSG vom 31.5.2005 - B 2 U 12/04 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 2 RdNr 9). Daran fehlt es hier.

24

Die Klägerin hat kein Denkgesetz benannt, gegen das das LSG verstoßen haben soll. Es hätte aufgezeigt werden müssen, dass das Berufungsgericht zu einer bestimmten, aus seiner Sicht erheblichen Frage aus den gesamten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten nur eine Folgerung hätte ziehen können, jede andere nicht folgerichtig "denkbar" ist und das Gericht die allein in Betracht kommende nicht gesehen hat (vgl BSG vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 13 mwN). Dass und weshalb die Feststellung der BK 3101 die einzig denkbare Folgerung gewesen sein soll, legt die Revision indes nicht dar.

25

Mit ihrem Vorbringen, das LSG habe Pflegestationen in Altenheimen als nicht besonders hepatitisgefährdend angesehen und daher einen Durchseuchungsgrad der Gesamtbevölkerung von 0,5 bis 0,7 vH angenommen, ist auch ein fehlerhaft angewendeter Erfahrungssatz nicht aufgezeigt worden. Es trifft zwar zu, dass der vom Robert Koch Institut 1998 durchgeführte "BundesGesundheitssurvey" Personen aus Heil- und Pflegeanstalten, Krankenhäusern sowie Justizvollzugsanstalten nicht umfasst (vgl Schreier/Höhne, Hepatitis C - Epidemiologie und Prävention, Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 6/2001 S 554, 555). Aus einer durch diese Personengruppen bedingten höheren Durchseuchungsrate in der Gesamtbevölkerung folgt aber noch nicht zwingend eine deutlich höhere Durchseuchung gerade in den genannten Einrichtungen. Anhaltspunkte dafür, dass der vom LSG herangezogene Erfahrungssatz, dass Pflegeeinrichtungen in Altenheimen nicht als besonders hepatitisgefährdend angesehen werden können, nach Verfahren oder Inhalt falsch festgestellt worden wäre, sind nicht ersichtlich (vgl Schreier/Höhne aaO S 558, wonach in mehreren internationalen Studien eine signifikant höhere Durchseuchung bei Ärzten, Zahnärzten und sonstigen Beschäftigten im Gesundheitswesen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung nicht festzustellen war). In einem solchen Fall besteht für das Revisionsgericht keine rechtliche Veranlassung, das Bestehen und den Inhalt des vom LSG festgestellten Erfahrungssatzes ohne eine zulässig erhobene Verfahrens- oder Inhaltsrüge selbst von Amts wegen zu prüfen (vgl BSG vom 5.7.2011- B 2 U 17/10 R - Juris RdNr 31 mwN). Zu Ermittlungen ohne konkrete Anhaltspunkte "ins Blaue hinein" besteht auch unter verfassungsrechtlichen Erwägungen keine Verpflichtung (vgl BVerfG vom 9.10.2007 - 2 BvR 1268/03 , Juris RdNr 19).

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Aus dem Vortrag der Klägerin, bei der Würdigung der Übertragungsgefahr habe Beachtung finden müssen, dass Gummihandschuhe nur "in der Regel" benutzt worden seien und von kontaminierten Gegenständen ein Infektionsrisiko ausgehe, wird nicht deutlich, dass hierdurch das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht hinreichend berücksichtigt worden wäre. Die weitere zitierte Begründung des LSG, dass Umstände teils risikosteigernd teils risikomindernd gewertet worden seien, macht gerade die durchgeführte Gesamtwürdigung deutlich. Inwieweit Gegenstände kontaminiert gewesen seien und dass das Tatsachengericht dem Sachverständigengutachten nicht gefolgt wäre, ohne die Abweichung ausreichend begründet zu haben, ist nicht dargetan. Im Kern zieht die Klägerin für sich trotz der vom LSG festgestellten Tatsachen den Schluss, dass sich ein erhöhtes Infektionsrisiko begründen lasse. Eine formgerechte Rüge der Verletzung der Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung liegt indes nicht vor, wenn die Revision ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG setzt (BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 33).

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Unabhängig davon ist beiläufig anzumerken, dass unter Berücksichtigung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Übertragungsformen des HCV auch kein Überschreiten der Grenzen der freien Beweiswürdigung durch das LSG festzustellen ist. Das HCV wird parenteral durch direkten Blut- oder Schleimhautkontakt übertragen (vgl Böhm/Jilg, Die Stabilität und Dauer der Infektiosität von Hepatitis A-Viren, Hepatitis B-Viren und Hepatitis C-Viren außerhalb des menschlichen Organismus als wichtige Kriterien für die Beurteilung des berufsbedingten Infektionsrisikos, in Selmair/Manns aaO, S 120). Im Gesundheitswesen ist die Nadelstichverletzung insbesondere mit einer Hohlnadel daher ein geeigneter Übertragungsweg, der ein besonders hohes Übertragungsrisiko beinhaltet, weil hier regelmäßig der Transfer relativ großer Mengen frischen Blutes möglich ist (vgl Trautwein/Manns, Vorgehen nach Nadelstichverletzung bei Hepatitis B- und C-Infektion in der Klinik, in Selmair/Manns aaO, S 145; Remé, Arbeitsmedizinische Grundlagen für die Konkretisierung von Beweiserleichterungen im Berufskrankheitenfeststellungsverfahren - Fallgruppen und Einzelfallermittlungen, in Selmair/Manns aaO, S 190; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, S 718; Mehrtens/Brandenburg, BKV, M 3101 RdNr 13.2). Die Injektionskanülen von Insulinspritzen sind aber dünner als andere Hohlnadeln. Das Beweisergebnis des LSG, dass gerade unter Berücksichtigung der geringeren Kanülendicke keine besondere Infektionsgefahr bestehe, ist daher in sich schlüssig und widerspruchsfrei.

28

Dabei hat das LSG zutreffend den von der Klägerin zu führenden Vollbeweis der "Einwirkungen" iS einer besonders erhöhten Infektionsgefahr gefordert. Die geltend gemachten Beweisschwierigkeiten rechtfertigen weder eine Beweislastumkehr noch die Annahme eines Beweisnotstandes und eine daraus abzuleitende Notwendigkeit zu Beweiserleichterungen. Typische Beweisschwierigkeiten, die sich aus den Besonderheiten des Einzelfalles ergeben, sind im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Eine allgemeingültige Beweiserleichterung für den Fall des Beweisnotstandes würde dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) widersprechen (BSG Urteil vom 7.9.2004 - B 2 U 25/03 R - Juris RdNr 17 mwN).

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Der Einwand der Klägerin, dass nach dem Urteil des Senats vom 2.4.2009 (B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4 BKV) selbst bei zehn Nadelstichverletzungen und einem Infektionsrisiko von 0,13 vH eine erhöhte Infektionsgefahr in Betracht komme, sofern die Wahrscheinlichkeit einer Infektion in der Allgemeinbevölkerung noch geringer sei, das LSG aber mindestens 87 Inokulationsereignisse festgestellt habe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Abgesehen davon, dass dort nicht der Senat, sondern der beteiligte Unfallversicherungsträger ein Infektionsrisiko von 0,13 vH errechnet hatte, wird dabei übersehen, dass sich die erhöhte Infektionsgefahr auf die konkreten Arbeitsverrichtungen zurückführen lassen muss. Als Spritzen hat die Klägerin aber keine dickeren Hohlnadeln, sondern dünne Insulinnadeln verwendet.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.