Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Okt. 2015 - 15 ZB 14.2115

bei uns veröffentlicht am07.10.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, Au 4 K 14.83, Au 4 K 14.84, Au 4 K 14.86, Au 4 K 14.87, Au 4 K 14.88, 06.08.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

II.

Von den Kosten des Zulassungsverfahrens haben die Kläger zu 1 und 2 (Au 4 K 14.83) als Gesamtschuldner, der Kläger zu 3 (Au 4 K 14.84), die Klägerin zu 4 (Au 4 K 14.86), die Klägerin zu 5 (Au 4 K 14.87) und der Kläger zu 6 ( Au 4 K 14.88) jeweils ein Fünftel einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 18.750 Euro (Gesamtstreitwert) festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich gegen den dem Beigeladenen vom Beklagten erteilten Vorbescheid vom 18. Dezember 2013 für den „Neubau eines Stalles für 140 Milchkühe und Neubau einer Güllegrube“ (Vorhaben) auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung H. (Baugrundstück). Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteil vom 6. August 2014 in der Sache ab. Hiergegen richten sich die Rechtsmittel der Kläger. Das Vorhaben des Beigeladenen wurde inzwischen bauaufsichtlich genehmigt; die Baugenehmigung wurde ebenfalls angefochten.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg.

1. Die Kläger berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist haben darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, vom Umfang des mit Bauvorbescheid genehmigten Bauvorhabens des Beigeladenen seien keine schädlichen, den Klägern unzumutbaren Umwelteinwirkungen zu erwarten. Das Verwaltungsgericht stützt sich bei seiner tatrichterlichen Bewertung auf die Stellungnahme des Fachbereichs Immissionsschutz am Landratsamt vom 22. April 2014, der die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 zugrunde lag (Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen - Methode zur Abstandsbestimmung Geruch, November 2012) und die durch die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht vom 6. August 2014 ergänzt wurde. Danach sei an den Grundstücken der Kläger bzw. deren Wohnhäusern eine belästigungsrelevante Kenngröße (richtig: belästigungsrelevante Geruchsstundenhäufigkeit) von 6% bis 10% (richtig: von 6% bis 15%) zu erwarten. Da sowohl der in der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) für Dorfgebiete genannte Immissionswert von 15% als auch der für den Außenbereich genannte Immissionswert von 25% an sämtlichen Immissionsorten der Kläger eingehalten werde, könne dahingestellt bleiben, ob die Grundstücke der Kläger im Außenbereich bzw. im Dorfgebiet liegen. Überdies gelte es zu beachten, dass in einem Dorfgebiet, das durch landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung geprägt sei, auch Gerüche zumutbar sein könnten, die 15% der Jahresstunden überschreiten würden. Diese Ausführungen sind nicht ernstlich zweifelhaft.

a) Der Einwand, die Bewertung der zu erwartenden Geruchs- und Lärmimmissionen durch den Beklagten klammere fälschlicherweise den vorhandenen Stall des Beigeladenen und die bestehende Milchkammer aus, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

aa) Der Beigeladene hat seine Bau- und Nutzungsabsichten im Vorbescheidsverfahren umfassend dargestellt. Nach der zum Vorbescheidsantrag eingereichten Bauvorlage vom 28. November 2013 (eingegangen am 2.12.2013; Bauvoranfrage zum Neubau eines Stalles - offene Fragen zu den Immissionen) werden nach dem Neubau im neuen Stall 140 Milchkühe gehalten; an der Westseite werden 15 Kälber bis zu einem Alter von 1 Monat in Iglus untergebracht (aufgerundet insg. 171 GV). Im vorhandenen Stallgebäude sollen noch 20 Kalbinnen über 2 Jahre, 70 weibliche Rinder von 1 bis 2 Jahren, 35 weibliche Rinder von 0,5 bis 1 Jahr und 30 weibliche Kälber bis 0,5 Jahr gehalten werden (aufgerundet insg. 86 GV); die Kälberiglus um das vorhandene Stallgebäude werden entfernt. Der Vorbescheid nimmt auf diese am 2. Dezember 2013 beim Landratsamt eingegangenen „konkretisierenden Angaben“ ausdrücklich Bezug. Von diesen, das Vorhaben „konkretisierenden Angaben“ ist der fachliche Immissionsschutz beim Landratsamt deshalb zu Recht ausgegangen. Denn mit der Bezeichnung seines Vorhabens in den dem Vorbescheidsantrag beigefügten Bauvorlagen hat der Beigeladene den Gegenstand des Vorbescheidsverfahrens festgelegt. Inhalt, Reichweite und Umfang des angefochtenen Vorbescheids sind danach eindeutig erkennbar; Zweifel an der inhaltlichen Bestimmtheit der Vorbescheids (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) bestehen nicht. Hiervon ausgehend bestand keine Veranlassung, den durch den Vorbescheidsantrag konkret bezeichneten Umfang der künftigen Tierhaltung durch Nebenbestimmungen (Art. 71 Satz 4 i. V. m. Art. 68 Abs. 3 BayBO, Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG) zum Vorbescheid festzulegen (vgl. BayVGH, B. v. 25.3.2014 - 15 ZB 12.2014 - juris Rn. 5 m. w. N.).

bb) Was eine Nutzung der bestehenden Milchkammer zu etwaigen Immissionsbelastungen der Kläger beitragen soll, wird nicht hinreichend dargelegt.

b) Der Vortrag, es sei keine Lärmprognose in Bezug auf den Transportverkehr für Kühe und Milch erfolgt, welcher auf der E.-straße und damit unmittelbar entlang der Wohngrundstücke der Kläger stattfinde, ist nicht berechtigt. Nach der Lärmbeurteilung durch den fachlichen Immissionsschutz vom 22. April 2014 sind die hinzukommenden landwirtschaftlichen Fahrten, die überwiegend auf öffentlicher Straße stattfänden, nach der TA Lärm nicht relevant, weil insgesamt die Grenzwerte der 16. BImSchV nicht überschritten werden. Diese Bewertung unterliegt keinem Zweifel. Insoweit ist zu beachten, dass die TA Lärm für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige landwirtschaftliche Anlagen - wie hier - unmittelbar ohnehin keine Anwendung findet (Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c TA Lärm). Davon abgesehen sind Geräusche des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen nach Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm u. a. nur insoweit beachtlich, als sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen (was eine Verdoppelung des gesamten Verkehrsaufkommens auf der öffentlichen Verkehrsfläche erfordert) und die Immissionsrichtwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden. Dass diese Voraussetzungen hier gegeben sein könnten, ist weder dargelegt noch ernstlich in Betracht zu ziehen.

c) Die weitere Kritik an der Berechnung und Nachvollziehbarkeit der vom Beklagten angestellten Prognose geht ins Leere. Denn die Kläger haben im Zulassungsverfahren eine von ihnen eingeholte Geruchsimmissionsprognose des Ingenieurbüros a. vom 22. Oktober 2014 vorgelegt, auf die sie sich beziehen und die die Einhaltung der Immissionswerte nach GIRL an den Wohnhäusern der Kläger bestätigt.

aa) Soweit vorgetragen wird, auch die selbst in Auftrag gegebene Untersuchung von a. sei defizitär, weil der Gutachterin nicht alle für die Berechnung erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt worden seien, betrifft dies nach Darlegung der Kläger die aus datenschutzrechtlichen Gründen vom Amt für Landwirtschaft und Ernährung nicht herausgegebenen Betriebsdaten weiterer landwirtschaftlicher Betriebe und Daten des Beklagten zur Windrichtungsverteilung (synthetische Winddaten des Bayerischen Landesamts für Umwelt, die nach den Ausführungen des Beklagten jedermann käuflich erwerben könne).

Hinsichtlich der aktuellen Tierzahlen der weiteren landwirtschaftlichen Tierhaltungsbetriebe hat a. Angaben der Einwohner und Landwirte aus dem Ortsteil H. herangezogen. Die Plausibilität der Angaben wurde von a. im Rahmen einer Ortseinsicht sowie auf Grundlage der Stallgrößen aus dem Orthophoto von H. überprüft (vgl. Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014 S. 10). Weshalb und inwiefern die von a. ermittelten und in der Geruchsimmissionsprognose detailliert aufgeführten Daten über die Tierplatzzahlen sowie der Silage- und Festmistlager der im Einzelnen genannten Tierhaltungsbetriebe nicht valide sein sollten, wird von den Klägern nicht ansatzweise ausgeführt.

Hinsichtlich der Windrichtungsverteilung hat a. auf die Stationsdaten der DWD-Station L. abgestellt, deren Repräsentativität mit einer detaillierten Prüfung der Übertragbarkeit nachgewiesen wurde (vgl. Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014 S. 12). Auch hier wird nicht substantiiert in Frage gestellt, dass die von a. herangezogenen Daten zur Windrichtungs- und Windgeschwindigkeitsverteilung unzutreffend wären.

bb) Der Vortrag, die Geruchsimmissionsprognose von a. vom 22. Oktober 2014 komme zu dem Ergebnis, „dass die vom Beklagten in seinen Schriftsätzen eingenommene Auffassung unzutreffend ist und bei einer Gesamtschau und Berücksichtigung der Vorbelastung, der topographischen Verhältnisse und der Windverhältnisse unzumutbare erhebliche Geruchsbelästigungen an den Grundstücken der Kläger entstehen“, trifft nicht zu.

(1) Soweit es die Wohnhäuser der Kläger betrifft (IP_4 bis IP_8), werden die Immissionswerte der GIRL nach der Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014 eingehalten (vgl. S. 19 Tabelle 3 und Seite 22 Nr. 9 der Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014: IP_4/Kläger zu 3 = 15%, IP_5/Klägerin zu 4 = 9%, IP_6/Klägerin zu 5 = 8%, IP_7/Kläger zu 6 = 9%, IP_8/Kläger zu 1 und 2 = 12%). Die in der Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014 ermittelte Überschreitung der Immissionswerte für Dorfgebiete betrifft andere Grundstücke.

(2) Anders als der Beklagte und das Verwaltungsgericht bezieht die Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014 auch das unbebaute Grundstück der Kläger zu 1 und 2 FlNr. ... („Einordnung/Gebietsart: Außenbereich“) in seine Bewertung mit ein, ermittelt insoweit beurteilungsrelevante Immissionswerte von zwischen 19% und 39% und stellt diesen einen Beurteilungswert von 20% gegenüber. Dieser Ansatz ist verfehlt. Der Immissionswert von 20% ist nach der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL zwar als Zwischenwert zwischen Dorfgebieten und Außenbereich genannt (vgl. zu Nr. 3.1. GIRL). Die in der GIRL und der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 genannten Immissionswerte beziehen sich aber auf Nutzungsbereiche, „in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten“, also „gegenüber schutzbedürftigen Nutzungen wie Wohnhäusern“ (vgl. z. B. Nr. 3.1 GIRL; VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 Nr. 1 Anwendungsbereich sowie Anhang F). Dieser Bezug auf schutzwürdige Nutzungen entspricht in etwa dem der Vorsorgeregelung in Nr. 5.4.7.1 TA Luft, wonach bestimmte „Mindestabstände zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung“ nicht unterschritten werden sollen. In der Rechtsprechung wird hierfür eine zusammenhängende Wohnbebauung gefordert (vgl. BVerwG, U. v. 23.7.2015 - 7 C 10/13 - juris Rn. 33 m. w. N.). Hiervon ausgehend ist das unbebaute Grundstück FlNr. ... der Kläger zu 1 und 2 gegenüber Geruchsbelästigungen nicht schutzbedürftig, weil auf ihm keine auf Dauer für den Aufenthalt von Personen angelegte und schutzbedürftige bauliche Nutzung ausgeübt wird. Ob und inwieweit die Kläger zu 1 und 2 eine bauliche Nutzung ihres Grundstücks FlNr. ... anstreben und eine konkretisierte privilegierte oder sonstige Nutzung auch in Betracht kommt, die einen Schutz vor Gerüchen aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Anspruch nehmen kann, wird nicht dargelegt.

d) Nicht zutreffend ist im Übrigen der Vortrag im Schriftsatz der Kläger vom 16. Juni 2015, der nach Ablauf der Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 3 VwGO eingereicht wurde, wonach es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entspreche, dass zur Klärung, ob die umliegende Wohnbebauung durch das Vorhaben schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt ist, die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 als Auslegungshilfe heranzuziehen sei. Die GIRL oder die auf der GIRL aufbauende VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 kann zwar im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, eine irgendwie geartete Bindungswirkung oder ein Vorrang vor anderen Bewertungsmethoden besteht aber nicht (vgl. BayVGH, B. v. 16.7.2014 - 15 CS 13.1910 - juris Rn. 25 m. w. N.); dies gilt jedenfalls für Vorhaben, die - wie hier - keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen.

Der weitere im Schreiben vom 16. Juni 2015 erhobene Einwand, die südlich der E.-straße gelegene Wohnbebauung sei als „faktisches reines Wohngebiet einzustufen“, ist angesichts der vorhandenen landwirtschaftlichen Nutzungen der näheren Umgebung nicht nachvollziehbar und davon abgesehen wegen § 124 a Abs. 4 Satz 3 VwGO auch nicht berücksichtigungsfähig.

Gleiches gilt für die nicht näher substantiierte Behauptung, das Vorhaben des Beigeladenen halte die zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Bioaerosole erforderlichen Mindestabstände nicht ein.

e) Soweit schließlich geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt unzureichend ermittelt, werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aus einem Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts hergeleitet. In diesen Fällen wird ein Zulassungsgrund nur dann ausreichend dargelegt, wenn dem Darlegungserfordernis der Verfahrensrüge genügt wird. Entspricht das Vorbringen diesen Anforderungen, kommt eine Zulassung nur in Betracht, wenn auch eine entsprechende Verfahrensrüge zu einer Zulassung führen würde (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2014 - 15 ZB 12.163 - juris Rn. 4 m. w. N.). Insoweit kann auf die nachstehenden Ausführungen unter Nr. 3 verwiesen werden.

2. Die Rechtssache wirft keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Entgegen der Annahme der Kläger bestehen, wie vorstehend ausgeführt wurde, weder im Rahmen der Klärung der Vorbelastung noch im Hinblick auf deren Bewertung besondere Schwierigkeiten. Insbesondere ist nicht ersichtlich und wird nicht dargelegt, was an den Datengrundlagen zu den auch von a. empirisch ermittelten Vorbelastungen fehlerhaft sein soll. Welche rechtlichen Schwierigkeiten bei der Bewertung der Vorbelastung auftreten, wird nicht dargelegt und ist auch nicht nachzuvollziehen.

3. Den Darlegungen im Zulassungsantrag lässt sich schließlich kein Verfahrensmangel entnehmen, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

a) Der Vortrag, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht richtig aufgeklärt, weil die Bewertung der Geruchsbelastung durch den behördlichen Immissionsschutz, auf die sich das Verwaltungsgericht stütze, auf Daten und Berechnungen beruhe, die nicht transparent, nachprüfbar und offen dargelegt worden seien, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

Das Verwaltungsgericht hat zur Stellungnahme des Fachbereichs Immissionsschutz am Landratsamt vom 22. April 2014 ausgeführt, es habe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass in diese Stellungnahme falsche oder unsachgemäße Daten eingeflossen seien. Insbesondere habe der Umweltingenieur bei seinen Berechnungen sachgerecht die neueste VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 zugrunde gelegt. Diese tatrichterliche Bewertung ist nicht zu beanstanden.

Der Umweltingenieur des Landratsamts hat nachvollziehbar dargestellt, auf welcher Grundlage und nach welchem Verfahren er seine Berechnungen angestellt hat. Inwieweit die Ausgangsdaten und Verarbeitungsschritte einer gutachterlichen Stellungnahme offen gelegt werden müssen, um deren Verwertbarkeit zu überprüfen zu können, ist eine Frage der Beweiswürdigung und der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO; vgl. BVerwG, B. v. 28.3.2013 - 4 B 15/12 - BauR 2013, 1248 = juris Rn. 20 m. w. N.). Seine Beweiswürdigung und richterliche Überzeugungsbildung hat das Verwaltungsgericht nicht nur auf die schriftlich abgefasste Stellungnahme des Umweltingenieurs vom 22. April 2014 gestützt, sondern gleichermaßen auf die Ausführungen des Umweltingenieurs in der mündlichen Verhandlung. Aus der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 6. August 2014 ergibt sich, dass der Umweltingenieur des Landratsamts zur Verhandlung erschienen war, seine Stellungnahme erläutert und die ihm gestellten Fragen nachvollziehbar beantwortet hat. Dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung weitere Fragen an den Umweltingenieur gerichtet, insbesondere die Offenlegung bestimmter Datengrundlagen gefordert hätten, wird zwar eingewandt, ergibt sich aber nicht aus der Niederschrift (vgl. § 98 VwGO, § 415 ZPO). Vor diesem Hintergrund erweist sich die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags, ein (Anm.: weiteres) „Sachverständigengutachten einzuholen zu der Behauptung, dass die Grundstücke der Kläger nach deren Lage bei Verwirklichung des mit dem Bauvorbescheid beschriebenen Vorhabens einer unzumutbaren Geruchshäufigkeit ausgesetzt sind“ mit der vom Verwaltungsgericht gegebenen Begründung, „Es wurde nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die beantragte Beweiserhebung andere bzw. bessere Erkenntnisse erbringen würde als die in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörterte Stellungnahme des Umweltingenieurs des Landratsamts vom 22. April 2014“, als gerechtfertigt. Aus denselben Gründen liegt in der Ablehnung des Beweisantrags auch kein Gehörsverstoß (vgl. BVerwG, B. v. 2.10.2013, a. a. O., juris Rn. 13 m. w. N.).

b) Der weitere Vortrag, das Verwaltungsgericht habe nicht aufgeklärt, wie weit der Stall nach den einschlägigen Richtlinien von der Bebauung entfernt sein solle, obwohl das Verwaltungsgericht dies beim Ortstermin (Anm.: Augenscheinstermin vom 7.7.2014) ausdrücklich verlangt habe, lässt keinen Verfahrensmangel erkennen, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Die Berichterstatterin hatte zwar ausweislich der Niederschrift zum Augenscheinstermin vom 7. April 2014 darum gebeten, baldmöglichst eine Stellungnahme des Umweltingenieurs zu der Frage einzuholen, wie weit der streitgegenständliche Stall nach den einschlägigen Richtlinien von der Bebauung entfernt sein solle. Dem ist das Landratsamt mit Schriftsatz vom 2. Mai 2014 aber nachgekommen, der auch die Stellungnahme des Umweltingenieurs vom 22. April 2014 enthielt. Dass es dem Verwaltungsgericht angesichts der gegenständlichen Nachbarklagen nicht darauf ankam, welchen Abstand ein Stall wie der des Beigeladenen von jeglicher Bebauung einhalten müsste, sondern darauf, ob der tatsächliche Abstand zwischen dem Standort des Stalls und der schutzwürdigen Wohnbebauung der Kläger ausreicht, um insoweit schädliche Umwelteinwirkungen auszuschließen, liegt auf der Hand.

c) Von Vorstehendem abgesehen führt der von den Klägern behauptete Verfahrensmangel auch deshalb nicht zur Zulassung der Berufung, weil er für den Ausgang des Berufungsverfahrens nicht oder nicht mehr von Bedeutung wäre (vgl. BayVGH, B. v. 12.2.2015 - 15 ZB 13.1578 - juris Rn. 44 m. w. N.).

Ausweislich der Geruchsimmissionsprognose des Ingenieurbüros a. vom 22. Oktober 2014, die die Kläger im Zulassungsverfahren vorgelegt haben und auf die sich das Zulassungsvorbringen stützt, werden die Immissionswerte der GIRL/VDI-Richtlinie DIN 3894 Blatt 2 an den allein maßgeblichen Wohngebäuden der Kläger eingehalten. Dass die selbst in Auftrag gegebene Untersuchung von a. nicht deshalb defizitär ist, weil der Gutachterin nicht alle für die Berechnung erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt worden seien, wurde bereits ausgeführt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden. Der Gesamtstreitwert setzt sich aus fünf Einzelstreitwerten von jeweils 3.750 Euro zusammen.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Okt. 2015 - 15 ZB 14.2115

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich gegen die dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 12. Dezember 2011 für die Nutzungsänderung eines bestehenden Stallgebäudes zur Schweinehaltung auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung G. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Juli 2012 abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Kläger.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Kläger berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist haben darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand der Kläger, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von 300 gehaltenen Schweinen in Mittel- und Endmast sowie 60 gehaltenen Schweinen in Vormast ausgegangen, weil der Baugenehmigungsbescheid ohne Einschränkung auf die Anzahl der gehaltenen Schweine ergangen und auch keine Höchstgrenze festgelegt worden sei, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

In der auf Anforderung der Beklagten zum Bauantrag eingereichten Anlagenbeschreibung vom 24. Oktober 2011, die eine Bauvorlage i. S. d. Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO, § 1 Abs. 1 und § 9 BauVorlV ist, legt der Beigeladene dar, welche Art der Schweinehaltung seinem Bauantrag zugrunde liegt (Rein-Raus-Verfahren, Ausstallgewicht ca. 110 kg, Vormast und Endmast). Weiter wird in der zur Anlagenbeschreibung genommenen Anlage 2 die Buchtenaufteilung und die darin gehaltene Anzahl von Schweinen angegeben (in einer Stallung 60 Vormastplätze, in den übrigen Stallungen insgesamt 300 Plätze). Mit der Bezeichnung seines Vorhabens in den dem Bauantrag beigefügten Bauvorlagen hat der Beigeladene den Gegenstand des baurechtlichen Genehmigungsverfahrens festgelegt (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 64 Rn. 3). Inhalt, Reichweite und Umfang der angefochtenen Baugenehmigung sind danach eindeutig erkennbar; Zweifel an der inhaltlichen Bestimmtheit der Baugenehmigung (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) bestehen nicht. Hiervon ausgehend bestand keine Veranlassung, den durch den Bauantrag konkret bezeichneten Umfang der Schweinehaltung durch Nebenbestimmungen (Art. 68 Abs. 3 BayBO, Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG) zur Baugenehmigung festzulegen.

Die in Ansatz gebrachten Großvieheinheiten ergeben sich aus der für die Geruchsbeurteilung durch den behördlichen Immissionsschutz im Baugenehmigungsverfahren herangezogenen VDI 3471 (Emissionsminderung Tierhaltung - Schweine; vgl. Grundbegriffe/Großvieheinheit, Faktor GV/Tier für die Vormast 0,06 und für die Mittel-/Endmast 0,12).

b) Der Vortrag der Kläger, um das Anwesen des Beigeladenen sei letztlich nur noch Wohnbebauung gegeben, lässt keine ernstlichen Zweifel an der tatrichterlichen Bewertung des Verwaltungsgerichts zum Vorliegen eines faktischen Dorfgebiets aufkommen.

Angesichts der auf dem Grundstück des Beigeladenen befindlichen Hofstelle, der in der Klageschrift vom 5. Januar 2012 bezeichneten weiteren landwirtschaftlichen Betriebe (vgl. auch Anlage A 4 zur Klageschrift) und der vorhandenen Wohnnutzungen, entspricht die nähere Umgebung der Eigenart eines Dorfgebiets (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 5 Abs. 1 BauNVO). Der Charakter eines Dorfgebiets hängt im Übrigen nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, B.v. 19.1.1996 - 4 B 7/96 - juris).

2. Den Darlegungen im Zulassungsantrag lässt sich auch kein Verfahrensmangel entnehmen, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

a) Die Kläger sind der Ansicht, das Verwaltungsgericht habe angesichts der besonderen Grundstückssituation im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ein meteorologisches Gutachten zu den Windrichtungen und der Abströmungssituation auf dem Grundstück des Beigeladenen zum Grundstück der Kläger in Erwägung ziehen müssen. Ein Gutachten hätte ergeben, dass keinesfalls die angenommene meteorologische Situation Richtung W... zutreffend sei, sondern sich gerade Geruchsimmissionen in Richtung des klägerischen Grundstücks entwickeln könnten.

Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 26. Juli 2012 wurden die zu erwartenden Geruchswirkungen und die Abströmverhältnisse erörtert. Der Klägerbevollmächtigte hat dem Vortrag des Umweltingenieurs in der mündlichen Verhandlung weder widersprochen, noch hat er in der mündlichen Verhandlung einen dahingehenden förmlichen Beweisantrag gestellt. Es ist deshalb nicht nachzuvollziehen, wieso sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, obwohl sie von den bereits im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretenen Klägern nicht beantragt worden war. Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen von Beweisanträgen, zu kompensieren (BVerwG, B.v. 18.12.2006 - 4 BN 30/06 - NVwZ-RR 2007, 285).

b) Soweit eingewandt wird, das Verwaltungsgericht habe auf eine Gesamttierzahl abgestellt, welche im Baugenehmigungsbescheid nicht fixiert sei, wird auf die Ausführungen unter Nr. 1 Buchst. a dieses Beschlusses verwiesen.

c) Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe in seine Entscheidung einfließen lassen, dass bisher seitens der Kläger keine Beschwerden an die Beklagte herangetragen worden sind und deshalb davon auszugehen ist, dass eine Geruchsbelästigung nicht vorliegt, ohne überhaupt ermittelt zu haben, in welchem Umfang bisher Schweinehaltung durch den Beigeladenen betrieben wurde, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

Der Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, dass die Mastschweinehaltung im jetzt genehmigten Umfang bereits seit mindestens 10 Jahren existiert. Der Beklagtenvertreter hat hierzu erläutert, dass über den 10-jährigen Zeitraum der jetzt bestehenden Mastschweinehaltung von Klägerseite formell keine Beschwerden erhoben wurden, was der Klägerbevollmächtigte bestätigt hat. Weshalb sich dem Verwaltungsgericht dennoch eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, obwohl die Kläger dies weder beantragt noch dem Vortrag des Beigeladenen oder des Beklagtenvertreters widersprochen hatten, ist nicht nachvollziehbar. Davon abgesehen hat das Verwaltungsgericht auf Grundlage der fachkundigen Stellungnahme des Umweltingenieurs und der VDI 3471 umfassend begründet, dass unzumutbare Geruchsbelästigungen zulasten der Kläger auszuschließen sind. Lediglich ergänzend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass in den letzten zehn Jahren, seitdem der landwirtschaftliche Betrieb des Beigeladenen diesen Umfang der Schweinehaltung aufweise, keine Nachbarbeschwerden amtsbekannt geworden sind. Auf dieser Feststellung beruht das Urteil des Verwaltungsgerichts aber nicht tragend.

3. Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO

Streitwert: § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Die Wertfestsetzung folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Hähnchenmast ohne die Auflage, zur Minderung der Emission von Bioaerosolen eine Abluftbehandlungsanlage zu betreiben.

2

Der Beklagte erteilte dem Kläger auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes mit Bescheid vom 31. Mai 2012 die Genehmigung, auf dem Flurstück ..., Flur ... der Gemarkung W. eine Anlage zur Aufzucht und zum Halten von Mastgeflügel zu errichten und betreiben. Die inzwischen errichtete Anlage besteht u.a. aus zwei Hähnchenmastställen mit insgesamt 84 900 Plätzen. Etwa 250 m nordwestlich der Anlage befindet sich das Wohnhaus des Nachbarn A. Die Genehmigung wurde zur "Vorsorge nach TA-Luft" mit folgender Auflage verbunden:

"36A

Nach Maßgaben der TA-Luft (2002), Nr. 5.4. 7.1 (Keime) und der VDI-Richtlinie 4250 E sind aus Gründen der Vorsorge über die Hintergrundbelastung hinaus erhöhte Bioaerosol-Konzentrationen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern. Insofern dürfen auf den im 500 m Radius liegenden Wohngrundstücken keine Zusatzbelastungen durch Bioaerosole (luftgetragene Partikel biologischer Herkunft wie Pilze, Bakterien, Viren sowie ihre Stoffwechselprodukte und Zellwandbestandteile wie Endotoxine) entstehen. Daher sind die geplanten Hähnchenmastställe jeweils mit von der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) zertifizierten Abluftbehandlungsanlagen (z.B. MagixX-B, DLG Prüfbericht 5952) zu betreiben, die Stäube um mindestens 70% reduzieren bzw. durch gleichwertige Abluftbehandlungsanlagen, bei denen vor dem Einbau die Staubreduzierung von mindestens 70% dem Landkreis Oldenburg durch eine bekanntgegebene Messstelle nach § 26 BlmSchG nachzuweisen ist."

3

Weitere Auflagen regeln die Betriebsbereitschaft der Abluftbehandlungsanlage (37 A), die Antragsunterlagen für diese Anlage (38 A) und die Bauausführung (39 A).

4

Auf die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht O. mit Urteil vom 6. Februar 2013 (NdsVBl. 2013, 173; juris) den Bescheid vom 31. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juli 2012 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die beantragte Genehmigung ohne die Auflagen Nr. 36 A bis 39 A zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

5

Die Klage sei als Verpflichtungsklage zulässig. Die Beteiligten hätten zu Recht angenommen, dass es sich bei den streitigen Nebenbestimmungen um sogenannte modifizierende Auflagen handele. Die Klage sei auch begründet. Zwar lägen die Voraussetzungen für die Anordnung von Vorsorgemaßnahmen im Rahmen eines vorbeugenden Gefahrenschutzes gegenüber Risiken aus der Ausbreitung von Bioaerosolen durch den Betrieb der beantragten Hähnchenmastställe vor, soweit mit der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts hinreichende Gründe für die Annahme zu bejahen seien, dass Bioaerosole möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führten. Hier sei es möglich, aber nicht geklärt, ob es durch die Hähnchenmastställe zu einer Erhöhung von Immissionskonzentrationen gegenüber den Hintergrundwerten kommen würde und davon sich nicht nur vorübergehend aufhaltende Personen betroffen wären. Der Beklagte gehe davon aus, dass aufgrund der fehlenden standardisierten Mess- und Detektionsverfahren für Bioaerosole aus Tierhaltungsanlagen weder die Vorbelastung noch die Zusatzbelastung auch nur annähernd sicher prognostiziert werden könnten und dass eine der Hintergrundbelastung entsprechende Luftkontamination nur bei Einhaltung einer genügenden Entfernung von Wohnbebauung zu Tierställen - hier 500 m - erreicht werden könne. Dem könne in dieser pauschalen Betrachtungsweise nicht gefolgt werden. Der Entwurf der VDI-Richtlinie 4250 sehe bei geringer Entfernung eine Ausbreitungsrechnung, eine Ermittlung der Zusatzbelastung und eine Messung der Hintergrundkonzentration vor; der Entwurf eines Erlasses niedersächsischer Ministerien zur Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren verlange die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

6

Unabhängig davon seien die Anordnungen unverhältnismäßig. Der Beklagte habe nicht hinreichend begründet, dass die voraussichtlichen Mehrkosten für den Kläger in einem angemessenen Verhältnis zur angestrebten Risikominimierung stünden. Maßgeblich hierfür sei zunächst, dass Vorsorge nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG insbesondere, also vorrangig durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen getroffen werden solle. Es sei nicht davon auszugehen, dass die vom Beklagten geforderte, von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) zertifizierte Abluftbehandlungsanlage dem Stand der Technik entspreche. Weiter habe der Beklagte nicht dargelegt, dass die Ställe auch bei Installation und Betrieb der Abluftreinigungsanlagen wirtschaftlich betrieben werden könnten. Der Beklagte habe auch im Übrigen keine tragfähige Abwägungsentscheidung getroffen. Seine pauschale Argumentation, das private Interesse des Klägers müsse hinter dem hohen Gut der menschlichen Gesundheit zurücktreten, genüge nicht. Ausgehend von den Unsicherheiten in Bezug auf den Gefahrenverdacht könne dieses Gut nicht mit seinem gesamten Gewicht in die anzustellende - und hier fehlende - Prüfung der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen eingestellt werden.

7

Der Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision eingelegt. Er macht zur Begründung geltend: Das Verwaltungsgericht habe den Grundsatz der Vorsorgepflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG verletzt. Er habe keineswegs eine "pauschale Betrachtungsweise" angestellt, sondern auf der Grundlage der vorliegenden Forschungsergebnisse angenommen, dass bei Geflügel erst mit einer Entfernung von 500 m eine Erhöhung der Bioaerosol-Immissionen vermieden werden könne. Vorsorgepflichten seien nicht auf eine Begrenzung der Emissionen nach dem Stand der Technik begrenzt; sie könnten - wie etwa bei den Abstandsvorschriften der TA Luft - auch raumbezogen an der Begrenzung von Immissionen ansetzen und dadurch eine Sicherheitszone unterhalb der Gefahrenschwelle gewährleisten.

8

Die von der DLG zertifizierte Abluftbehandlungsanlage entspreche dem Stand der Technik. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe dazu, dass die Anforderungen an den Stand der Technik nicht mehr zu erreichen seien. Selbst wenn die Kosten ein Viertel der Herstellungskosten der Gesamtanlage erreichen sollten, sei dies im Hinblick auf das hohe Gut der menschlichen Gesundheit nicht unverhältnismäßig.

9

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts O. vom 6. Februar 2013 die Klage abzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

11

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Dem Urteil sei im Übrigen nicht zu entnehmen, dass das Verwaltungsgericht die Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zur möglichen Schädlichkeit von Bioaerosolen teile. Für die Bejahung eines Gefahrenverdachts fehle eine wissenschaftlich tragfähige Basis.

12

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren. Er legt dar, dass die Abluftreinigung ein geeignetes Verfahren sei, um die Emissionen von Bioaerosolen zu reduzieren. Abluftreinigungsanlagen könnten Partikelemissionen um bis zu 70 % mindern; die angelagerten Bioaerosole würden in gleichem Umfang gemindert. Der Einsatz von Abluftreinigungsanlagen befinde sich sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene im Umbruch. Seit Erlass der TA Luft 2002 habe sich der Stand der Technik fortentwickelt. Im Bereich der großen Geflügelmast werde noch geprüft, ob Abluftreinigungsanlagen derzeit schon dem Stand der Technik entsprächen; die Entwicklungen deuteten aber in diese Richtung. Dass sie technisch machbar seien, stehe außer Frage. Die Bund/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz habe einen Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Bioaerosol-Immissionen (Stand 31. Januar 2014 - im Folgenden: Leitfaden) erarbeitet. Der Leitfaden verfolge das Ziel, eine bundesweit einheitliche, standardisierte Methodik zur Ermittlung und Bewertung von Bioaerosol-Belastungen insbesondere für diejenigen genehmigungsbedürftigen Anlagen zu entwickeln, für die hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, dass der Schutz der menschlichen Gesundheit vor Bioaerosol-Belastungen nicht immer gewährleistet ist.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei der Geflügelmast sei ein Anlass für eine Abluftbehandlung aus Vorsorgegründen nicht schon dann gegeben, wenn der Abstand der Anlage zur nächsten Wohnbebauung weniger als 500 m beträgt, ist bundesrechtlich zwar nicht zu beanstanden (1.). Sein Rechtsstandpunkt, der Kläger habe unabhängig davon, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Betrieb der Hähnchenmastanlage auf Wohngrundstücken in der Nachbarschaft der Anlage zu einer relevanten Zusatzbelastung durch Bioaerosole führt, einen Anspruch auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ohne die Anordnung, eine Abluftbehandlungsanlage zu betreiben, verstößt aber gegen § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG (2.). Das Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO - 3.). Für eine abschließende Entscheidung über den Genehmigungsanspruch bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen; daher ist die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO - 4.).

14

1. Das Verwaltungsgericht hat zugunsten des Beklagten unterstellt, es bestünden hinreichende Gründe für die Annahme, dass Bioaerosole möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen (UA S. 9; juris Rn. 32), und es komme unter Vorsorgegesichtspunkten in Betracht, jede Erhöhung von Bioaerosol-Immissionskonzentrationen gegenüber den Hintergrundwerten zu vermeiden (UA S. 10; juris Rn. 34). Der Beklagte ist der Auffassung, dass ausgehend hiervon Anlass zur Vorsorge bei der Geflügelmast schon immer dann gegeben sei, wenn der Abstand der Anlage zur nächsten Wohnbebauung weniger als 500 m betrage. Mangels geeigneter Mess- und Detektionsverfahren für Bioaerosole könne nur durch Einhaltung dieses Abstands hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass die Wohnbebauung einer Zusatzbelastung durch Bioaerosole ausgesetzt werde. Dieser Auffassung ist das Verwaltungsgericht nicht gefolgt. Das ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht angenommen, dass allein das Unterschreiten eines Abstands von 500 m kein hinreichender Anhaltspunkt für eine durch die Anlage des Klägers hervorgerufene Bioaerosol-Zusatzbelastung ist und dass es geeignete Verfahren zur Ermittlung einer solchen Zusatzbelastung gibt. An diese tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Wirksame Verfahrensrügen können mit der Sprungrevision nicht erhoben werden (§ 134 Abs. 4 VwGO). Mängel der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, die als materiell-rechtliche Verstöße gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO einzuordnen wären, wie etwa ein Verstoß gegen gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze und die Denkgesetze (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 41 m.w.N.), hat der Beklagte nicht geltend gemacht; sie sind auch nicht ersichtlich.

15

2. Einen Anspruch auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ohne die Anordnung, eine Abluftbehandlungsanlage zu betreiben, hat das Verwaltungsgericht bejaht, obwohl weder im Genehmigungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren geklärt worden ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Betrieb der Hähnchenmastanlage auf Wohngrundstücken in der Nachbarschaft der Anlage zu einer relevanten Zusatzbelastung durch Bioaerosole führt (UA S. 10, 13; juris Rn. 36, 42). Das ist mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht vereinbar. Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts rechtfertigen es nicht, die Verhältnismäßigkeit der Anordnung unabhängig von der Klärung dieser Frage zu verneinen.

16

a) Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Einsatz von Abluftbehandlungsanlagen in der Geflügelhaltung aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht dem Stand der Technik entspricht, ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden (aa, bb). Die Abluftbehandlung kann aber dennoch eine erforderliche und wirtschaftlich zumutbare Vorsorgemaßnahme sein (cc - ff).

17

aa) Gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 BImSchG kann eine Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen dem Stand der Technik nur entsprechen, wenn ihre praktische Eignung hierfür insgesamt gesichert erscheint. Zur Frage, ob die geforderte DLG-zertifizierte Abluftbehandlungsanlage praktisch geeignet erscheint, die Emission nicht nur von Staub, sondern auch von Bioaerosolen zu begrenzen, hat das Verwaltungsgericht abschließende Feststellungen nicht getroffen. Für das Revisionsverfahren muss deshalb unterstellt werden, dass dies der Fall ist. Das Verwaltungsgericht hat zur Frage der praktischen Eignung einen in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. März 2012 (12 ME 270/11, ZUR 2012, 565; juris) auszugsweise wiedergegeben und ergänzend auf Ziffer 2 eines niedersächsischen Erlassentwurfs vom 19. Dezember 2012 zur Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren verwiesen. In dem Beschluss hat das Oberverwaltungsgericht "gewisse Zweifel" an der Eignung der DLG-zertifizierten Abluftbehandlungsanlage auch zur Bioaerosol-Abscheidung geäußert. Im Leitsatz des Beschlusses hat es ausdrücklich auf den nur summarischen Charakter dieser Prüfung hingewiesen. Es brauchte der praktischen Eignung nach seiner Rechtsauffassung im Übrigen nicht weiter nachzugehen, weil der damalige Antragsgegner jedenfalls der Verneinung der wirtschaftlichen Eignung nicht substantiiert entgegengetreten war (a.a.O. juris Rn. 32). Dass die bei summarischer Prüfung bestehenden Zweifel im Hauptsacheverfahren nicht ausgeräumt werden können, hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Auch unter Ziffer 2 des Erlassentwurfs wird allein die wirtschaftliche Vertretbarkeit der Forderung nach einer Abluftreinigungsanlage bei zwangsbelüfteten Anlagen für die Geflügelkurzmast verneint. Die praktische Eignung von Abluftbehandlungsanlagen zur Bioaerosol-Abscheidung wird unter Ziffer 4 des Erlassentwurfs ausdrücklich bejaht.

18

bb) Gemäß § 3 Abs. 6 Satz 2 BImSchG i.V.m. der Anlage zu § 3 Abs. 6 BImSchG sind bei der Bestimmung des Standes der Technik die Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen und der Grundsatz der Vorsorge und der Vorbeugung zu berücksichtigen. Der Stand der Technik ist ein genereller Maßstab, für den die Umstände des jeweiligen Einzelfalls keine Rolle spielen (vgl. Jarass, BImSchG, 10. Aufl. 2013, § 3 Rn. 99; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand Januar 2015, § 5 Rn. 150). Das gilt auch für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Nutzen. Maßgebend für die sogenannte wirtschaftliche Eignung ist, ob der wirtschaftliche Aufwand für eine emissionsbegrenzende Maßnahme einem durchschnittlichen Betreiber einer Anlage der bestimmten Art unter in dem betreffenden industriellen Sektor wirtschaftlich und technisch vertretbaren Verhältnissen (vgl. Art. 3 Nr. 10 Buchst. b der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen, ABl. L 334 S. 17 - im Folgenden: IE-RL) zugemutet werden kann (vgl. Jarass, a.a.O. § 3 Rn. 107 f.). Die wirtschaftliche Lage des betroffenen Betreibers und die jeweiligen Gegebenheiten in der Nachbarschaft seiner Anlage sind hierfür ohne Bedeutung.

19

Das Verwaltungsgericht hat bezogen auf die Geflügelhaltung die für den Stand der Technik erforderliche wirtschaftliche Eignung der Abluftbehandlung verneint. Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat - wie sich aus der Bezugnahme auf den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. März 2012 und Ziffer 2 des Erlassentwurfs ergibt - in tatsächlicher Hinsicht angenommen, dass Abluftbehandlungsanlagen in der Geflügelhaltung wegen der mit ihrem Einsatz verbundenen hohen Kosten in Fachkreisen noch als unwirtschaftlich gelten (UA S. 15; juris Rn. 47, 49). An die dieser Annahme zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

20

cc) Dass die Abluftbehandlung, solange sie noch nicht dem Stand der Technik entspricht, von vornherein nicht geboten sein kann, dürfte das Verwaltungsgericht nicht angenommen haben. Jedenfalls ist seinen weiteren Erwägungen zur wirtschaftlichen Situation des Klägers (UA S. 16 f.; juris Rn. 50 - 52) und zum Gewicht des Gefahrenverdachts (UA S. 17; juris Rn. 53) nicht eindeutig zu entnehmen, dass sie lediglich die Verneinung der generellen Verhältnismäßigkeit als Voraussetzung des Standes der Technik untermauern, nicht aber die Unverhältnismäßigkeit der Abluftreinigung im hier vorliegenden Fall begründen sollen.

21

Dem Stand der Technik kommt eine Sperrwirkung für über diesen Stand hinausgehende Vorsorgemaßnahmen auch nicht zu. Eine Maßnahme zur Emissionsbegrenzung kann auch dann eine erforderliche und wirtschaftlich zumutbare Vorsorgemaßnahme sein, wenn sie zur Emissionsminderung praktisch geeignet ist, aber aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht dem Stand der Technik entspricht. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG ist Vorsorge "insbesondere" durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zu treffen. Sie kann mithin im Einzelfall auch über den Stand der Technik hinausgehen (vgl. Jarass, BImSchG, 10. Aufl. 2013, § 3 Rn. 108, § 5 Rn. 54; Kotulla, BImSchG, Band 1, Stand Januar 2014, § 5 Rn. 75). Seit Neufassung des § 5 Abs. 1 BImSchG durch Art. 2 Nr. 5 Buchst. a) des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1950) ist der Stand der Technik bei allen Vorsorgemaßnahmen einzuhalten, nicht nur bei Maßnahmen der Emissionsbegrenzung. Er ist nach der Begründung des Gesetzentwurfs allerdings nur ein "Regelstandard" (BT-Drs. 14/4599 S. 126). Die dem Stand der Technik entsprechenden Vorsorgemaßnahmen können als Regel, d.h. unabhängig von den Umständen des Einzelfalls verlangt werden. Die konkrete Immissionssituation in der Nachbarschaft der Anlage braucht nicht ermittelt zu werden; eine Zuordnung von Emittenten und Immissionen ist nicht erforderlich (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 - 7 C 8.82 - BVerwGE 69, 37 <43 f.>; Beschluss vom 10. Januar 1995 - 7 B 112.94 - Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 4 = juris Rn. 7). Die Pflicht, Vorsorge nach dem sich fortentwickelnden Stand der Technik zu treffen, ist deshalb ein ebenso effizientes wie wettbewerbsneutrales Mittel zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt (vgl. Jarass, BImSchG, 10. Aufl. 2013, § 5 Rn. 47; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand Januar 2015, § 5 Rn. 136). Der "Regelstandard" schließt jedoch nicht aus, einzelfallbezogen unter Berücksichtigung von Aufwand und erreichbarer Immissionsminderung in der Nachbarschaft der Anlage eine über den Stand der Technik hinausgehende Emissionsbegrenzung zu verlangen. Auch nach der Industrieemissions-Richtlinie (Art. 11 Buchst. a) und b) IE-RL, 12. Erwägungsgrund) müssen beim Betrieb einer Anlage nicht nur die besten verfügbaren Techniken angewendet werden, sondern alle geeigneten Vorsorgemaßnahmen gegen Umweltverschmutzungen getroffen werden.

22

dd) Nr. 5.4.7.1 TA Luft 2002 schließt eine über den Stand der Technik hinausgehende Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Bioaerosole nicht aus. Nach dieser Vorschrift sind die Möglichkeiten zu prüfen, die Emissionen an Keimen und Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu mindern. Bei Erlass der TA Luft 2002 ging man davon aus, dass Bioaerosole zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen können; einen Stand der Technik konnte man aber noch nicht formulieren, eine Abluftreinigung deshalb nicht generell verlangen (vgl. Bund/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz, Leitfaden S. 1). Die Möglichkeit, im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf eine bestimmte Immissionssituation in der Nachbarschaft der Anlage, zur Vorsorge gegen Bioaerosol-Immissionen eine Abluftbehandlung anzuordnen, bleibt von dem Prüfauftrag für dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen unberührt. Anderenfalls wäre die genannte Regelung in Nr. 5.4.7.1 TA Luft 2002 mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG unvereinbar.

23

ee) Ob eine über den Stand der Technik hinausgehende Abluftbehandlung zur Minderung von Bioaerosol-Emissionen verhältnismäßig und damit geboten ist, kann in unmittelbarer Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG auf den jeweiligen Einzelfall entschieden werden. Eine vorherige Konkretisierung der diesbezüglichen Betreiberpflichten durch eine Verordnung nach § 7 BImSchG oder eine Verwaltungsvorschrift nach § 48 BImSchG ist insoweit nicht erforderlich (vgl. Jarass, DVBl 1986, 314 <317>; Dolde, NVwZ 1986, 873 <881>). Eine solche Konkretisierung hat das Bundesverwaltungsgericht lediglich für Maßnahmen der Emissionsbegrenzung gefordert, die unabhängig von der Immissionssituation in der jeweiligen Umgebung von allen Anlagen eines bestimmten industriellen Sektors verlangt werden; es ging um Vorsorge gegen Ferntransporte von Luftschadstoffen (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 - 7 C 8.82 - BVerwGE 69, 37 <45>). Einer Prüfung des Einzelfalls hat es eine Absage nur erteilt, wenn die Betreiberpflichten - anders als hier - konkretisiert worden waren, ein Betreiber aber die für alle geltenden Vorsorgeanforderungen unter Berufung auf die Umstände seines Einzelfalls nicht erfüllen wollte (BVerwG, Urteile vom 17. Februar 1984 a.a.O. S. 42 ff. und vom 20. Dezember 1999 - 7 C 15.98 - BVerwGE 110, 216 <221>; Beschluss vom 10. Januar 1995 - 7 B 112.94 - Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 4 = juris Rn. 7). Eine Konkretisierung der Betreiberpflichten zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Bioaerosole in der TA Luft würde den Gesetzesvollzug zwar wesentlich vereinfachen; die durch § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG gebotene Vorsorge darf jedoch nicht allein deswegen unterbleiben, weil eine Ergänzung der TA Luft aussteht.

24

Vorsorge muss nach Umfang und Ausmaß dem Risikopotential der Immissionen, die sie verhindern soll, proportional sein (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 - 7 C 8.82 - BVerwGE 69, 37 <44>; Beschluss vom 30. August 1996 - 7 VR 2.96 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 3 = juris Rn. 22). Der Grundsatz der Risikoproportionalität setzt eine Bagatellgrenze voraus, bei deren Unterschreitung emissionsbegrenzende Maßnahmen nicht angeordnet werden dürfen (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 1999 - 7 C 15.98 - BVerwGE 110, 216 <224> und vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329 <333 f.>). Eine Prüfung auf Irrelevanz (vgl. hierzu z.B. S. 5 des Leitfadens der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz) ist auch bei Bioaerosolen erforderlich. Überschreitet die anlagebedingte Bioaerosol-Zusatzbelastung eine Bagatell- bzw. Irrelevanzschwelle, muss das Besorgnispotential dieser Zusatzbelastung beurteilt werden. Hierfür ist es grundsätzlich erforderlich, jedenfalls überschlägig zu ermitteln, in welchem Umfang der Betrieb der Anlage zu zusätzlichen Bioaerosol-Immissionen auf Wohngrundstücken in der Nachbarschaft führt. Weiter kann es erforderlich sein, für die relevanten Immissionsorte auch die Gesamtbelastung durch Bioaerosole, also die Summe aus Vor- und Zusatzbelastung, zu ermitteln. Bei einer Vorbelastung durch Anlagen mit vergleichbaren Emissionen wird das Besorgnispotential einer zusätzlichen Belastung durch Bioaerosole größer sein als ohne eine solche Vorbelastung. Dem Besorgnispotential der zu vermeidenden Immissionen sind die Auswirkungen der geforderten Emissionsminderung auf den konkreten Betreiber gegenüberzustellen. Die Aufwendungen für die Vermeidung einer zusätzlichen Bioaerosol-Belastung dürfen nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu den mit ihr erreichbaren günstigen Wirkungen stehen (vgl. BT-Drs. 7/179 S. 32; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand Januar 2015, § 5 Rn. 159; Jarass, BImSchG, 10. Aufl. 2013, § 5 BImSchG Rn. 60). Bei neu zu errichtenden Anlagen können höhere Anforderungen gestellt werden als bei bestehenden Anlagen (Dietlein, a.a.O.; Kotulla, BImSchG, Band 1, Stand Januar 2014, § 5 Rn. 76).

25

ff) Auch im vorliegenden Fall kann hiernach eine Abluftbehandlung geboten sein. Für das Revisionsverfahren ist wegen der entsprechenden Unterstellung des Verwaltungsgerichts davon auszugehen, dass es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass Bioaerosol-Immissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Anlage des Klägers zu einer relevanten Erhöhung von Bioaerosol-Immissionskonzentrationen auf Wohngrundstücken in der Umgebung der Anlage führt, ist nicht geklärt; das Verwaltungsgericht hat eine zusätzliche Belastung durch Bioaerosole ausdrücklich als möglich bezeichnet (UA S. 10; juris Rn. 36).

26

b) Selbst wenn der Kläger die Hähnchenmastanlage - wie das Verwaltungsgericht ohne nähere Auseinandersetzung mit der Höhe des zu erwartenden Gewinns angenommen hat (UA S. 16 f.; juris Rn. 50 - 53) - bei Installation und Betrieb der verlangten Abluftbehandlungsanlage nicht wirtschaftlich betreiben könnte, würde dies nicht notwendigerweise zur Unverhältnismäßigkeit der Anordnung führen. Auch ein hoher, den Betreiber stark belastender Aufwand ist ins Verhältnis zu den mit der Abluftbehandlung erreichbaren günstigen Wirkungen für die Nachbarschaft zu setzen. Bei der Gewichtung der Auswirkungen für den Betreiber ist zudem zu berücksichtigen, dass die Wirtschaftlichkeit des Anlagenbetriebs auch von den jeweiligen Standort- und Marktbedingungen abhängt. Ist die Höhe des Aufwands durch den Ertrag der Abluftbehandlung gerechtfertigt, müssen unter vergleichbaren Standortbedingungen andere Betreiber ebenfalls für eine Abluftbehandlung sorgen und die Mehrkosten an die Verbraucher weitergeben. Kann der betroffene Betreiber die Mehrkosten nicht weitergeben, weil andere Betreiber ausreichenden Abstand zu empfindlichen Nutzungen halten und deshalb eine Abluftbehandlung nicht benötigen, kann es verhältnismäßig sein, den Betreiber darauf zu verweisen, entweder seinerseits einen besser geeigneten Standort zu suchen oder am gewählten Standort die Mehrkosten der Abluftbehandlung in Kauf zu nehmen. Bei Errichtung einer neuen Anlage kann die Vorsorgepflicht nicht nur dazu zwingen, die Art und Weise des Anlagenbetriebs zu modifizieren; sie kann auch der Genehmigungsfähigkeit der Anlage am gewählten Standort entgegenstehen (vgl. Jarass, BImSchG, 10. Aufl. 2013, § 5 Rn. 56; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand Januar 2015, § 5 Rn. 154; Schmidt-Kötters, in: Giesberts/Reinhardt, Umweltrecht, 2007, § 5 Rn. 106 - dort jeweils im Hinblick auf raumbezogene Vorsorge; a.A. Storost, in: Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, Band 1, Stand Juli 2015, § 5 Rn. C 27).

27

c) Das Verwaltungsgericht hat schließlich die Abwägung des Beklagten zwischen der menschlichen Gesundheit und dem finanziellen Mehraufwand für den Kläger nicht für tragfähig erachtet. Ausgehend von den Unsicherheiten in Bezug auf den von Bioaerosolen ausgehenden Gefahrenverdacht könne das Gut der menschlichen Gesundheit nicht mit seinem gesamten Gewicht in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Nutzen eingestellt werden. Demgegenüber habe der Beklagte die Argumente des Klägers zum wirtschaftlichen Mehraufwand nicht hinreichend gewürdigt und mit dem ihnen gebührenden erheblichen Gewicht berücksichtigt (UA S. 17; juris Rn. 53).

28

Auch diese Erwägungen rechtfertigen es nicht, die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Abluftbehandlung zu verneinen, ohne zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Betrieb der Hähnchenmastanlage auf Wohngrundstücken in der Nachbarschaft der Anlage zu einer relevanten Zusatzbelastung durch Bioaerosole führt. Das in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit einzustellende Risikopotential der Bioaerosol-Immissionen hängt zwar auch davon ab, wie stark nach dem Stand der Wissenschaft und der allgemeinen Lebenserfahrung die Gründe für die Annahme sind, dass die in Rede stehenden Bioaerosol-Immissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen (vgl. Jarass, BImSchG, 10. Aufl. 2013, § 5 Rn. 64). Wenn trotz bestehender Erkenntnislücken Anlass zur Vorsorge besteht - das Verwaltungsgericht hat dies unterstellt -, kann das Besorgnispotential der Bioaerosol-Immissionen, um deren Minderung es geht, aber nicht gewichtet werden, ohne jedenfalls ihre Menge zu ermitteln. Vorsorge ist nicht darauf gerichtet, erkannte Gefahren abzuwehren; sie soll gerade bei einem bloßen Gefahrenverdacht ergriffen werden, um eine Sicherheitszone unterhalb der Gefahrenschwelle zu gewährleisten.

29

3. Das angefochtene Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

30

a) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine etwaige anlagebedingte Erhöhung von Bioaerosol-Immissionen auf Wohngrundstücken in der Nachbarschaft der Anlage die Bagatellgrenze überschreitet. Die Landwirtschaftskammer hat lediglich ermittelt, dass die Zusatzbelastung durch Schwebstaub auf dem Grundstück des Nachbarn A. unterhalb des Irrelevanzwertes nach Nr. 4.2.2 Buchst. a TA Luft liegt (UA S. 11; juris Rn. 38). Den Schluss, dass deshalb auch eine Zusatzbelastung durch Bioaerosole irrelevant sei, hat das Verwaltungsgericht nicht gezogen. Es hat dem Beklagten lediglich vorgehalten, ausgehend hiervon nicht ermittelt zu haben, wie hoch eine Zusatzbelastung durch Bioaerosole dann noch sein könne. Die Einhaltung des Irrelevanzwertes für Feinstaub dürfte im Übrigen nicht ohne weiteres auf die Irrelevanz einer Bioaerosol-Zusatzbelastung schließen lassen. Im Leitfaden der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz wird mitgeteilt, dass bei Geflügelanlagen nach derzeitigem Erkenntnisstand selbst bei Einhaltung des Irrelevanzkriteriums für Feinstaub in der Regel noch relevante Belastungen an Bioaerosolen prognostiziert werden (S. 5).

31

b) Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass allein das Wohnhaus des Nachbarn A. einer relevanten Bioaerosol-Zusatzbelastung ausgesetzt wird (aa). Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre die Anordnung der Abluftbehandlung nicht von vornherein unverhältnismäßig (bb).

32

aa) Innerhalb eines Abstands von 500 m liegt nur das Wohnhaus des Nachbarn A. Ohne weitere Feststellungen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Wohngrundstücke außerhalb dieses Abstands einer relevanten Bioaerosol-Zusatzbelastung ausgesetzt werden. Die Entfernungen, die Anlass zu einer näheren Prüfung der Bioaerosol-Belastung geben, sind nicht als Mindestabstände zu verstehen; auch darüber hinaus können noch relevante Konzentrationen von anlagenspezifischen Bioaerosolen auftreten (vgl. Niedersächsischer Erlass zur Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren vom 22. März 2013, Ziffer 5).

33

bb) Selbst wenn allein das Nachbargrundstück A. von einer relevanten Bioaerosol-Zusatzbelastung betroffen sein sollte, könnte die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Abluftbehandlung nicht unabhängig vom Ausmaß dieser Betroffenheit verneint werden. Für Gerüche verlangt Nr. 5.4.7.1 TA Luft einen Mindestabstand nur "zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Bebauung". In der Rechtsprechung wird hierfür eine zusammenhängende Wohnbebauung gefordert; ein vereinzelt im Außenbereich gelegenes Hausgrundstück genüge nicht, derartige Grundstücke seien durch die dem Außenbereich zugewiesenen emittierenden Nutzungen "situationsbelastet" (OVG Münster, Beschluss vom 27. September 2013 - 10 B 679/13 - juris Rn. 39 f.; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Stand Januar 2015, TA Luft Nr. 5.4.7 Rn. 3). Anders als bei Gerüchen geht es bei Bioaerosolen nicht um Belästigungen, sondern um Gesundheitsrisiken. Dies schließt nicht aus, bei der Gewichtung des Besorgnispotentials der Immissionen auch die Zahl der Betroffenen zu berücksichtigen. Bei Errichtung einer neuen Anlage muss die Anordnung einer Abluftbehandlung aber auch dann in Erwägung gezogen werden, wenn nur ein einzelnes Hausgrundstück betroffen ist. Jedenfalls wenn die Zusatz- und die Vorbelastung hoch sind, kann die Verhältnismäßigkeit einer solchen Anordnung nicht von vornherein verneint werden.

34

4. Das Verwaltungsgericht wird ausgehend von den dargelegten rechtlichen Maßstäben den Anspruch des Klägers auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ohne die Anordnung einer Abluftbehandlung neu prüfen und die Sache spruchreif machen müssen. Maßgebend für die Entscheidung über die hier erhobene Verpflichtungsklage ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der erneuten Entscheidung. Das Verwaltungsgericht wird sich, wenn eine relevante Bioaerosol-Zusatzbelastung von Wohngrundstücken in der Umgebung nicht ausgeschlossen werden kann, auf der Grundlage der aktuellen Erkenntnisse und in Auseinandersetzung mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung zu der Frage positionieren müssen, ob Bioaerosol-Immissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen, insbesondere zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen können. Sollte es die Frage bejahen, wird es klären müssen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Betrieb der Hähnchenmastanlage auf Wohngrundstücken in der Nachbarschaft der Anlage zu einer relevanten Zusatzbelastung durch Bioaerosole führt.

Sollte hiernach ein Anlass zur Vorsorge gegen Bioaerosol-Immissionen bestehen, wird es ausgehend von dem unter II. 2. a) ee) dargelegten Maßstab prüfen müssen, ob es verhältnismäßig ist, hier eine Abluftbehandlung zu verlangen.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die den Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen des Beklagten vom 12. Juni 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 5. Juli 2013 für die Errichtung eines Mastschweinestalls, eines Mutterkuhstalls mit Mistlege, Fahrsilo, Güllevorgrube und Güllegrube sowie eines Getreidelagers auf den Grundstücken FlNr. ... und ... Gemarkung F.

Die Antragsteller waren bis zur Eintragung der Rechtsnachfolger im Grundbuch am 8. August 2013 Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. .../... Gemarkung F. (Nachbargrundstück), das nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts zwischen 475 m und 560 m von den Bauvorhaben entfernt ist. Sie haben am 27. Juni und am 31. Juli 2013 beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen anzuordnen, die sie am 5. August 2013 erhoben haben. Mit Beschluss vom 23. August 2013 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

In der Sache legen die Antragsteller auf Grundlage des von ihnen in Auftrag gegebenen Gutachtens des Ingenieurbüros D. vom 11. September 2013 mit Erläuterungen vom 5. Mai 2014 dar, dass die angefochtenen Vorhaben unzumutbare Geruchsimmissionen erwarten ließen. Die bewertete Geruchshäufigkeit für Gerüche aus Tierhaltungsanlagen betrage bei Errichtung der geplanten Hofstelle und unter Berücksichtigung vorhandener Emittenten 18,6% der Jahresstunden am Anwesen der Antragsteller (auf Grundlage der Geruchs-Immissionsrichtlinie i. d. F. vom 29.2.2008 mit Ergänzung vom 10.9.2008 - GIRL - i. V. m. der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2, November 2012 - VDI 3894 Blatt 2). Der Schutzbedürftigkeit der vorhandenen Wohnbebauung sei gegenüber den nicht privilegierten Vorhaben der Beigeladenen Vorrang einzuräumen. Darüber hinaus wenden die Antragsteller Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts ein.

Die Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen gegen die Baugenehmigungen für den Neubau eines Mastschweinestalls, den Neubau eines Mutterkuhstalls, einer Mistlege, eines Fahrsilos, einer Güllevorgrube und einer Güllegrube und den Neubau eines Getreidelagers unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. August 2013 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die von den Antragstellern aufgeworfenen immissionsfachlichen Thematiken seien vom Verwaltungsgericht in einer für ein Eilverfahren äußerst ausführlichen Weise erörtert worden und könnten abschließend nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden.

Die Beigeladenen beantragen,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Dem Anwesen der Antragsteller sei allenfalls die Schutzwürdigkeit eines Wohnanwesens in einem faktischen Dorfgebiet zuzubilligen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerden bleiben ohne Erfolg.

1. Die Beschwerden sind zulässig. Insbesondere sind die Antragsteller nach Maßgabe der § 173 VwGO i. V. m. §§ 265, 266 ZPO antragsbefugt; weder die übrigen Verfahrensbeteiligten noch die neuen Eigentümer des Nachbargrundstücks, die vom laufenden Verfahren in Kenntnis gesetzt wurden, haben beantragt, dass der Rechtsstreit von den neuen Eigentümern des Nachbargrundstücks zu übernehmen ist. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin folgt zudem aus ihrem Nießbrauchsrecht an dem Nachbargrundstück.

2. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen im Ergebnis keine Abänderung oder Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Insbesondere rufen die zugelassenen Vorhaben nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache wohl keine schädlichen Umwelteinwirkungen am Anwesen der Antragsteller durch Gerüche hervor, die zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigungen wegen einer hier aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB folgenden Verletzung des Rücksichtnahmegebots führen könnten.

a) Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung für den Neubau eines Getreidelagers (Bauantrag-Nr. F-2013/009) anfechten, werden ihre Rechte offensichtlich nicht verletzt. Es ist nicht erkennbar, dass der Betrieb des Getreidelagers zu einer Belästigung am Anwesen der Antragsteller führen kann.

b) Die Baugenehmigung für den Neubau eines Mutterkuhstalls, einer Mistlege, eines Fahrsilos, einer Güllevorgrube und einer Güllegrube (Bauantrag-Nr. F-2013/006) ist - jedenfalls für sich betrachtet - voraussichtlich ebenso wenig geeignet, Rechte der Antragsteller zu verletzen. Aus dem Gutachten des Ingenieurbüros D. vom 11. September 2013 mit Erläuterungen vom 5. Mai 2014, das die Antragsteller eingereicht haben und auf das sie sich berufen, ergibt sich, dass die Zusatzbelastung ohne Berücksichtigung des Gewichtungsfaktors fgesamt für die Gerüche aus dem Mutterkuhstall am Anwesen der Antragsteller (Immissionspunkt 1) bei 1% der Jahresstunden (vgl. Auswertung für die Beurteilungspunkte: Zusatzbelastung, Anhang 4 des D.-Gutachtens, ODOR_050 J00) und damit deutlich unter dem Irrelevanzkriterium von 2% der Jahresstunden liegt (Nr. 3.3 Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - i. d. F. 29.2.2008 mit Ergänzung vom 10.9.2008; vgl. auch GIRL v. 5.11.2009, Mbl. NRW Nr. 31 v. 27.11.2009, S. 529). Angesichts der im Verhältnis zur untersuchten Rinderhaltung (1.368 GE/s) vergleichsweise geringen Geruchsstoffströme aus der Mistlege (540 GE/s) und dem Fahrsilo (108 GE/s), ist mit dem Erreichen einer Geruchshäufigkeit von 2% der Jahresstunden am Anwesen der Antragsteller wohl nicht zu rechnen.

Der Vortrag der Antragsteller, dass sich das Irrelevanzkriterium auf die von der gesamten (zu genehmigenden) Anlage ausgehende Zusatzbelastung bezieht (vgl. Nr. 3.3 GIRL mit Auslegungshinweisen), trifft zwar zu. Es erscheint aber eher fraglich, ob der vom Beigeladenen zu 2) beantragte und diesem genehmigte „Neubau eines Mutterkuhstalls, einer Mistlege, (eines) Fahrsilos, (einer) Güllevorgrube und (einer) Güllegrube“ (Bauantrag-Nr. F-2013/006) und der vom Beigeladenen zu 1) beantragte und diesem genehmigte „Neubau eines Mastschweinestalls“ (Bauantrag-Nr. F 2013/005) als gemeinsame Anlage entsprechend § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV zu bewerten sind. Auch wenn die Betriebseinrichtungen Güllegrube, Fahrsilo und Mistlege von den Beigeladenen gemeinschaftlich genutzt werden und die Betriebe der Beigeladenen als Bewirtschaftungseinheit gesehen werden können, sind ihre Unternehmen jeweils eigenständige landwirtschaftliche Betriebe (siehe Stellungnahme des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten vom 22.4.2013; vgl. Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2013, § 1 Rn. 26; Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2013, § 4 Rn. 25, 30 jeweils m. w. N.; ebs. wohl Auslegungshinweise zu Nr. 3.3 GIRL Abs. 4).

c) Die Zusatzbelastung durch den Mastschweinestall (Bauantrag-Nr. F-2013/005) lässt sich der Auswertung im Gutachten von D. nicht entnehmen, weil die Zusatzbelastung der aus den im gewählten Beurteilungsgebiet vorhandenen Schweinehaltungen gesamt ausgewiesen wird (ODOR_075 J00 = 4,8%). Im Hinblick auf einen Geruchsstoffstrom von 3.600 GE/s (Mutterkuhstall 1.368 GE/s) ist aber voraussichtlich von einer Überschreitung des Irrelevanzkriteriums am Anwesen der Antragsteller auszugehen. Gleichwohl spricht derzeit Überwiegendes für die Erfolglosigkeit der Klage der Antragsteller gegen den Mastschweinestall. Das gilt auch dann, wenn die Zusatzbelastung aus dem Mutterkuhstall (einschließlich Mistlege, Fahrsilo, Güllevorgrube und Güllegrube) nicht als irrelevant i. S. d. Nr. 3.3 GIRL bewertet und eine einheitliche Betrachtung der Geruchswirkungen der angefochtenen Vorhaben angestellt würde.

aa) Entgegen der Darlegung der Antragsteller können sie zugunsten ihres Anwesen wohl nicht den Schutzanspruch eines Wohngebiets gegenüber Gerüchen aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung geltend machen. Die sich entlang der S-straße in Nord-Süd-Richtung entlangziehende, weitgehend einzeilige Bebauung wird - ihre Ortsteileigenschaft unterstellt (vgl. BVerwG, B.v. 25.5.1976 - 4 B 185/75 - juris) - wohl auch durch die nördlich des Anwesens der Antragsteller befindliche Hofstelle auf dem Grundstück FlNr. ... geprägt, in der trotz der Neubauten auf den Grundstücken FlNr. ... und ... nach wie vor eine Pferdehaltung betrieben wird. Deren Vorhandensein spricht jedenfalls im nördlichen Bereich der Bebauung entlang der S.-straße, dem auch das Anwesen der Antragsteller angehört, tendenziell für das Vorliegen eines faktischen Dorfgebiets (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 5 BauNVO) oder einer von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung geprägten Gemengelage (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Bei der Bewertung des Gebietscharakters kommt es - anders als die Antragsteller einwenden - nicht darauf an, was nach Darlegung des Gutachters unter Bezugnahme auf die Begründung und die Auslegungshinweise der GIRL unter einem Dorfgebiet zu verstehen sei. Insbesondere ist für die nach § 34 Abs. 2 BauGB vorzunehmende Prüfung, ob die nähere Umgebung einem Dorfgebiet entspricht, nicht vorauszusetzen, dass sich eine über Jahrzehnte oder vielleicht sogar Jahrhunderte historisch gewachsene Struktur entwickelt hat (die Ausführungen des Gutachters beziehen sich auf die Erläuterung in den Auslegungshinweisen zur „Ortsüblichkeit“ landwirtschaftlicher Gerüche; in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL wird lediglich der Wortlaut des § 5 Abs. 1 BauNVO wiedergegeben). Aus den von den Antragstellern vorgelegten Kopien eines „Baulinienplans von 1964“ folgt nichts anderes, weil dieser ggf. übergeleitete Baulinienplan als einfacher Bebauungsplan i. S. d. § 30 Abs. 3 BauGB weder Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält noch eine Abgrenzung des Außen- vom Innenbereich vornimmt (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2013 - 2 ZB 12.2318 - juris Rn. 12 f. m. w. N.; BayVGH, U.v. 15.7.2005 - 1 B 04.1080 - juris). Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht zutreffend auf die Randlage des wohngenutzten Grundstücks der Antragsteller zum Außenbereich hingewiesen. Insoweit ist die Geruchs-Schutzwürdigkeit gemindert (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2012 - 1 ZB 12.1021 - juris Rn. 20; vgl. BVerwG, B.v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - NVwZ 2011, 433 = juris Rn. 32; vgl. auch Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL i. d. F. vom 29.2.2008, zu Nr. 3.1). Die Auffassung der Antragsteller, die gegenständlichen Nutzungen seien nicht privilegiert, teilt der Senat angesichts der nachvollziehbaren Stellungnahmen des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten vom 3. April 2013, vom 22. April 2013 und vom 29. Mai 2013 nicht. Von Vorstehendem ausgehend erscheint angesichts des weitgehend von Außenbereichsgrundstücken umgebenen Wohngrundstücks der Antragsteller und der auch landwirtschaftlich geprägten Umgebungsbebauung selbst im Rahmen der Beurteilungskriterien der GIRL eine Gesamtbelastung von bis zu 20% der tierartspezifischen Geruchshäufigkeit vertretbar. Die im Gutachten von D. ermittelte Gesamtbelastung von 18,6% der Jahresstunden wäre damit wohl auch nach den Maßstäben der GIRL noch zumutbar.

bb) Gegen einen Erfolg der Klagen sprechen auch die ausnehmend konservativen und zum Teil unzutreffenden Annahmen des Gutachtens von D., die eine uneingeschränkte Verwertbarkeit der sachverständigen Untersuchung eher fraglich erscheinen lassen, soweit darin eine Überschreitung des Immissionswerts von 15% (verursacht durch Tierhaltungsanlagen) für Dorfgebiete bzw. für Wohngebiete am Rand zum Außenbereich (vgl. Nr. 3.1 Punkt 2 der Auslegungshinweise zur GIRL) ermittelt wird.

Aus der Auswertung für den „Beurteilungspunkt 01: Zusatzbelastung“ folgt, dass die mit einem Gewichtungsfaktor f von 1 angeführte Geruchsbelastung (ODOR 100 J00) eine Geruchsstundenhäufigkeit von 14,5% umfasst. Darin ist neben dem Fahrsilo und den Mistlegen insbesondere die nahe zum Grundstück der Antragsteller gelegene Pferdehaltung enthalten. Insoweit wird im Gutachten von D. „konservativ von 65 Pferden“ ausgegangen, obwohl auf dem Pferdehof nicht nur Pferde, sondern Pferde und Ponys gehalten werden, was im Hinblick auf die mittlere Tierlebendmasse (GV/Tier) von Bedeutung ist (vgl. VDI 3894 Blatt 1 und 2 Anhang A wonach für Pferde über 3 Jahre eine mittlere Tierlebendmasse von 1,1 GV/Tier und bei Ponys und Kleinpferden nur von 0,7 GV/Tier anzusetzen ist). Dass auf dem Pferdehof auch Ponys bzw. Kleinpferde gehalten werden, ergibt sich nicht nur aus den rein tatsächlichen Verhältnissen, sondern auch aus den der Baugenehmigung zugrundeliegenden Bauvorlagen. Mit der Baugenehmigung vom 23. Juni 1998 (Az. F97/296) für die Nutzungsänderung der landwirtschaftlichen Gebäude auf dem Grundstück FlNr. ... in Pferdehaltung und Errichtung von Pferdekoppeln hat die Antragsgegnerin auch die dem Bauantrag zugrundeliegende Betriebsbeschreibung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegt. Danach werden sowohl in der Zucht als auch in Ausbildung, Pension, Schulbetrieb etc. ausschließlich Islandpferde eingesetzt. Hierbei dürfte es sich wohl um Kleinpferde i. S. d. VDI 3894 Blatt 1 und 2 Anhang A handeln, für die eine mittlere Tierlebendmasse von 0,7 GV/Tier anzusetzen ist.

(2) Ferner wurde nicht berücksichtigt, dass ein Teil der Pferde auf der Koppel gehalten wird (vgl. VDI 3894 Blatt 2 Anhang B Fußnote e). Der Vortrag, ausweislich der Augenscheinfeststellungen habe sich eine Reihe von Pferden tagsüber in den Stallungen bzw. auf dem Hof befunden, weshalb in der Prognose kein genereller täglicher Wechsel zwischen Koppel- und Stallhaltung angenommen werden könne, greift zu kurz, weil auch ein relativer Ansatz der sich regelmäßig auf der Koppel aufhaltenden Zahl von Pferden angesetzt werden kann (der behördliche Immissionsschutz beim Landratsamt ist insoweit von 10 bis 15 Tieren ausgegangen).

(3) Schließlich ist es wohl nicht vertretbar, dass für die Pferdehaltung ein Gewichtungsfaktor von 1 angesetzt wurde. Dies entspricht zwar einer konformen Anwendung der GIRL (vgl. Nr. 4.6 GIRL; ebs. VDI 3894 Blatt 2 Anhang F), führt aber zu einer kaum zu rechtfertigenden negativen Bewertung des Belästigungsgrads von Gerüchen aus der Pferdehaltung im Verhältnis zur Schweine- (Gewichtungsfaktor 0,75) oder zur Milchkuhhaltung (Gewichtungsfaktor 0,5). Aus der fehlenden Bewertung des Ausmaßes der Geruchsbelastung für die Tierart „Pferd“ in der Untersuchung „Geruchsbeurteilung aus der Landwirtschaft“ (vgl. Sucker/Müller/Both, Bericht zu Expositions- Wirkungsbeziehungen, Geruchshäufigkeit, Intensität, Hedonik und Polaritätenprofile, Materialienband 73, Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, S. 31, 41), aus der die tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren für die Tierarten Mastgeflügel, Mastschweine und Milchkühe in der GIRL 2008 abgeleitet wurden, darf nicht der Schluss gezogen werden, Gerüche aus der Pferdehaltung lösten eine stärkere Belästigungsreaktion aus als Gerüche aus der Schweine- oder Milchkuhhaltung. Genau dies unterstellt die GIRL im Ergebnis aber, wenn gefordert wird, dass für Tierarten, die nicht in der Tabelle 4 enthalten sind (also z. B. Pferde), kein Gewichtungsfaktor (also Faktor 1) einzusetzen ist. Sofern von Seiten des Gutachters dargelegt wird, nach Aussage von maßgeblich am Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (a. a. O.) Beteiligten gebe es derzeit keine wissenschaftlich fundierten Daten, die u. a. Abschläge für Pferde rechtfertigten, wirft dies die Frage auf, ob die GIRL damit überhaupt auf Tiergerüche aus der Pferdehaltung anwendbar ist. Denn neben der relativen Geruchshäufigkeit wird in der GIRL 2008 beim Geruch aus Tierhaltungsanlagen durch Einführung eines belästigungsrelevanten Kennfaktors eben auch berücksichtigt, welche tierartspezifische Geruchsqualität auftritt. Dem liegt der genannte Forschungsbericht „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ zugrunde, wonach die nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist (vgl. dort z. B. Nr. 5 Punkt 3,). Weshalb dies bei der Tierart Pferd anders sein soll, erschließt sich nicht. Insbesondere ist wohl nicht zu erwarten, dass die Geruchsqualität für die Tierart Pferd im Vergleich zur Tierart Rind eine stärkere Belästigungsreaktion auslöst. So erscheint es nach den „Abstandsregelungen für Rinder- und Pferdehaltung“ (Arbeitspapiere des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“, Stand 10/2013, Kap. 3.3.2) nicht sachgerecht, für Pferde als in der Tabelle 4 der GIRL nicht genannten Tierart einen Faktor f von 1 anzusetzen, weil die Techniken der Pferdehaltung in Bezug auf Aufstallung, Lüftung, Entmistung und Mistlagerung aus der Rinderhaltung bekannt und vergleichbar sind und die Geruchsintensitäten in der gleichen Größenordnung (wie bei der Rinderhaltung) liegen. Der charakteristische Geruch dieser Tierarten (Rind und Pferd) sei zwar unterschiedlich, die hedonische Geruchswirkung (Anm.: i. S. v. „Lästigkeit“ und damit vergleichbar mit der Belästigungswirkung anhand der tierartspezifischen Geruchsqualität nach GIRL) sei jedoch ähnlich. Für Pferde sei daher derselbe tierartspezifische Faktor wie für Rinder anzusetzen (vom Bayerischen Arbeitskreises wird ein Gewichtungsfaktor 0,4 für Milchkühe mit Jungtieren, Mastkälberhaltung und Pferdehaltung empfohlen). Diesen nachvollziehbaren Erwägungen trägt die Begutachtung durch D. keine Rechnung.

cc) Schließlich kann die GIRL zwar im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, eine irgendwie geartete Bindungswirkung oder ein Vorrang vor anderen Bewertungsmethoden besteht aber nicht (vgl. BayVGH, B.v. 27.4.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 10 m. w. N.; OVG NW, U.v. 30.1.2014 - 7 A 2555/11 - juris Rn. 69 ff. m. w. N.; BVerwG, B.v. 28.7.2010 - 4 B 29/10 - BauR 2010, 2083 = juris Rn. 3 m. w. N.). Die immissionsschutzfachliche Bewertung durch den behördlichen Immissionsschutz beim Landratsamt ... vom 15. Juli 2013 mit Nachtrag vom 23. Juli 2013 auf Grundlage der VDI 3894 Blatt 2 tritt deshalb gleichrangig neben die Begutachtung durch D. Daraus ergibt sich, „dass die Geruchsgrenzwerte nicht für die einzelnen Anlagen und nicht für die summierten Geruchsemissionen der Tierställe weder für allgemeine Wohngebiete (10% der Jahresstunden) noch für Dorfgebiete (15%) am Haus der Antragsteller oder sonstigen Wohnhäusern erreicht werden“. Zur nördlich gelegenen Pferdestallung bestehe aus immissionsfachlicher Sicht ein ausreichender Abstand zum Wohnanwesen der Antragsteller selbst dann, wenn ein Geruchsfaktor von 1 angesetzt würde. Der gegen die Berechnungen des behördlichen Immissionsschutzes gerichtete Einwand, die vereinfachte Methode zur Beurteilung von Geruchsstoffimmissionen aus Tierhaltungsanlagen mit Hilfe der Abstandsregelung der VDI 3894 Blatt 2 berücksichtige kumulierende Wirkungen von umliegenden Anlagen nur bedingt, folgt dem Ansatz der von den Antragstellern präferierten GIRL für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen. Für Tierhaltungsanlagen, die - wie hier - keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, kann die GIRL zwar „sinngemäß angewendet werden“, insoweit wird aber auch auf die Anwendbarkeit der Abstandsregelungen der VDI 3471 und VDI 3472 hingewiesen, die durch die VDI 3894 Blatt 1 und 2 ersetzt wurden.

d) Soweit die Antragsteller Verfahrensmängel des angefochtenen Beschlusses geltend machen, kommt eine allein mögliche Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht in entsprechender Anwendung des § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 130 Rn. 4 m. w. N.) nicht in Betracht.

aa) Es bedarf weder des Einverständnisses eines Verfahrensbeteiligten dafür, dass die Kammer in Urlaubsabwesenheit des Berichterstatters, „der sich die Örtlichkeiten angeschaut und den Tatsachenvortrag und die Rechtsansicht der Parteien in diesem Termin auch gehört hatte“, entschieden hat, noch liegt darin ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter. Welche Richter über den Fall entscheiden, ergibt sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 4 VwGO, § 21e Abs. 1 Satz 2 GVG); das gilt auch für den Vertretungsfall. Das Verwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 zur Besetzung der Kammer Stellung genommen. Danach waren am 23. August 2013 die Vorsitzende und der Berichterstatter in Urlaub, weshalb die nach dem Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2013 zuständigen Vertretungsrichter an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt haben. Hiergegen ist nichts zu erinnern, zumal der Bevollmächtigte der Antragsteller den Erlass einer Zwischenverfügung beantragt hatte, „sofern sich das Gericht außer Stande sieht, kurzfristig über den Antrag nach §§ 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zu entscheiden“, also auf die Dringlichkeit einer Entscheidung hingewiesen hatte. Dass der Berichterstatter wegen Urlaubsabwesenheit nicht an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, obwohl er am 5. August 2013 den Augenschein eingenommen hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere bleibt eine durchgeführte Augenscheinnahme als Beweisaufnahme auch dann eine zulässige Sachverhaltsermittlung, wenn der den Beweis aufnehmende Richter an der späteren Entscheidung nicht mitwirkt (vgl. BVerwG, B.v. 22.12.1992 - 4 B 251/92 - juris RdNr. 6). Der Berichterstatter hat im Augenscheintermin aussagekräftige Lichtbilder gefertigt und die Erklärungen der Beteiligten zu Protokoll genommen. Es ist nicht ersichtlich, dass die anlässlich des Ortstermins gewonnenen Erkenntnisse nicht uneingeschränkt verwertbar wären oder dass sich dem Verwaltungsgericht ein nochmaliger Ortstermin durch den Spruchkörper hätte aufdrängen müssen.

bb) Entgegen dem Vortrag der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht nicht dadurch gegen seine Ermittlungspflichten verstoßen, dass es davon abgesehen hat, die nach Auffassung der Antragsteller erforderliche umfassende Immissionsbeurteilung vornehmen zu lassen, obwohl der Gutachter der Antragsteller erklärt hatte, er erachte die 15%-Jahresstundengrenze aufgrund seiner Prognoseüberlegungen für überschritten.

Das Verwaltungsgericht ist aufgrund der fachkundigen Bewertung der zu erwartenden Geruchsimmissionen durch den behördlichen Immissionsschutz beim Landratsamt ... nach Maßgabe der VDI 3894 Blatt 2 davon ausgegangen, dass am Anwesen der Antragsteller keine unzumutbaren Geruchsimmissionen auftreten werden. Weitergehende Ermittlungen, insbesondere eine förmliche Beweiserhebung durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens, waren auch angesichts des besonderen Charakters des Eilverfahrens nicht veranlasst (vgl. Geiger in Eyermann, a. a. O., § 86 Rn. 1a m. w. N.).

Letztlich beanstanden die Antragsteller, dass sich das Verwaltungsgericht mit der Bewertung der Geruchsimmissionen auf Grundlage der Abstandsregelungen der VDI 3894 Blatt 2 begnügt hat und keine Bewertung der Geruchsbelastung in sinngemäßer Anwendung der GIRL vornehmen hat lassen. Eine Verletzung der Ermittlungspflicht vermag diese Kritik an der Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht nicht zu begründen.

cc) Die eingewandte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Die Antragsteller tragen vor, das Verwaltungsgericht habe ihnen keine Gelegenheit gegeben, auf die Aussagen der Bearbeiterin der fachlichen Stellungnahme des behördlichen Immissionsschutzes beim Landratsamt ... zu erwidern. Das trifft nicht zu. Die vom behördlichen Immissionsschutz beim Landratsamt ... gefertigte Stellungnahme vom 15. Juli 2013 mit Nachtrag vom 23. Juli 2013, auf die das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich abstellt, wurde den Antragstellern zugestellt und die Antragsteller haben sich damit u. a. im Schriftsatz vom 12. August 2013 auch auseinander gesetzt. Soweit auf eine Telefonnotiz in den Verfahrensakten des Verwaltungsgerichts vom 6. August 2013 Bezug genommen wird, aus der sich ergibt, dass das Landratsamt keine technischen Möglichkeiten für eine Ausbreitungsberechnung nach TA Luft hat und die Voraussetzungen für die Einholung eines externen Gutachtens aufgrund der tatsächlichen Abstände nicht für gegeben erachtet, ist darin keine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu sehen. Auch der Vortrag, das Verwaltungsgericht setze sich nicht mit den Aussagen des Sachverständigen der Antragsteller auseinander, wonach eine Geruchsstundenhäufigkeit von mehr als 15% der Jahresstunden zu erwarten sei, lässt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs erkennen. Das Verwaltungsgericht hat entscheidungserheblich auf die Berechnungen des behördlichen Immissionsschutzes auf Grundlage der Abstandsregelung nach VDI 3894 Blatt 2 abgestellt. Dies ist, wie bereits ausgeführt wurde, nicht zu beanstanden. Dass die Antragsteller eine Beurteilung unter Einbeziehung der Vorbelastung für erforderlich gehalten haben, hat das Verwaltungsgericht zur Kenntnis genommen (vgl. Rn. 16 des Beschlusses vom 23. August 2013). Darüber hinaus ist das Gericht weder dazu verpflichtet, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines der Beteiligten zu folgen, noch muss es jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich bescheiden. Deshalb kann allein aus der bloßen Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Beschwerdevorbringens auch nicht geschlossen werden, das Gericht habe es nicht zur Kenntnis genommen und sich mit den darin enthaltenen Argumenten nicht befasst. Insoweit hindert Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht insbesondere auch nicht daran, das Beteiligtenvorbringen aus Gründen des materiellen Rechts nicht weiter aufzunehmen (BVerwG, B.v. 24.11.2011 - 8 C 13.11 - juris Rn. 2).

dd) Schließlich haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren das ihrer Ansicht nach erforderliche Gutachten auf Grundlage einer Bewertung nach GIRL vorgelegt, das ihrem Antrag nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht zum Erfolg verhilft, so dass die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht auch aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO

Streitwert: § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Landratsamts C. vom 16. Juni 2011 für die Umnutzung einer bestehenden Unterstellhalle in eine Unterstellhalle für Wohnwagen und sonstige Anhänger auf dem Grundstück Fl. Nr. ... Gemarkung K. (Baugrundstück). Südlich des Baugrundstücks grenzt das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Fl. Nr. ... der Klägerin an. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Klägerin.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

1. Die Klägerin beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (st. Rspr., vgl. zuletzt BVerfG, B. v. 16.7.2013 - 1 BvR 3057/11 - NJW 2013, 3506 m. w. N.). § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO will den Zugang zu einer inhaltlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils in einem Berufungsverfahren in den Fällen eröffnen, in denen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (BVerwG. B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838). Soweit die Klägerin geltend macht, das Verwaltungsgericht habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt unzureichend ermittelt, was zu falschen Feststellungen im Urteil führe, werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aus einem Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts hergeleitet. In diesen Fällen wird ein Zulassungsgrund nur dann ausreichend dargelegt, wenn dem Darlegungserfordernis der Verfahrensrüge genügt wird. Entspricht das Vorbringen diesen Anforderungen, kommt eine Zulassung nur in Betracht, wenn auch eine entsprechende Verfahrensrüge zu einer Zulassung führen würde (vgl. BayVGH, B. v. 2.4.2013 - 2 ZB 12.1210 - juris Rn. 5 und Rn. 8 m. w. N.). Bei der Geltendmachung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. BVerwG, B. v. 30.7.2010 - 8 B 125/09 - juris Rn. 23 m. w. N.). Daran gemessen ergeben sich aus den Darlegungen der Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

a) Das Verwaltungsgericht ist aufgrund des Nebeneinanders von Wohnnutzung und gewerblicher Nutzung von einem Schutzanspruch der Klägerin in Höhe der Immissionsrichtwerte der TA Lärm für ein Mischgebiet ausgegangen (hier: Tagrichtwert von 60 dB(A), weil in der Nachtzeit keine Park- und Fahrbewegungen zugelassen sind). Dabei hat es entscheidungserheblich auf die vorhandene Wohnnutzung und die aktuell bestehenden gewerblichen Nutzungen („Lagerplatz für Hackschnitzel, Holzbestände und Baugerüste; Einlagerung von Röntgenbildern in einem Nebengebäude des Sägewerks“) sowie auf den nachwirkenden, erst 2009 eingestellten Zimmereibetrieb abgestellt. Das ist nicht zu beanstanden.

Der hiergegen gerichtete Einwand, das Verwaltungsgericht hätte dem Beweisangebot zur Einnahme eines Augenscheins nachkommen müssen, lässt nicht erkennen, welche - von dieser tatrichterlichen Bewertung der näheren Umgebung durch das Verwaltungsgericht abweichenden - tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung einer Ortsbesichtigung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. BVerwG, B. v. 12.7.2012 - 4 B 13/12 - NVwZ 2012, 1565) und wieso sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, obwohl sie von der bereits im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretenen Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht förmlich beantragt wurde.

Es ist auch nicht nachzuvollziehen, weshalb die nähere Umgebung entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts als allgemeines Wohngebiet zu bewerten sein soll. Dass die vorhandene gewerbliche Nutzung nach Auffassung der Klägerin im Hinblick auf die Lärmentwicklung untergeordnet ist, spricht nicht gegen das Vorliegen eines Mischgebiets, das bestimmungsgemäß der Unterbringung von Gewerbebetrieben dient, die das Wohnen nicht wesentlich stören (§ 6 Abs. 1 BauNVO). Die Errichtung eines neuen Wohnhauses auf dem Grundstück Fl. Nr. ... rechtfertigt ebenso wenig die Annahme der Klägerin, es liege ein allgemeines Wohngebiet vor, weil Wohngebäude auch in einem Mischgebiet oder in einer von gewerblicher Nutzung und Wohnnutzung geprägten Gemengelage zulässig sind. Der Verweis auf die Klagebegründung (S. 8) lässt ebenfalls keine Prägung in Richtung eines Wohngebiets erkennen. Danach haben die Beteiligten vor dem Verwaltungsgericht im Verfahren RO 2 K 05.765 anlässlich der Ortsbesichtigung vom 5. August 2005 übereinstimmend erklärt, dass es weitere Betriebe außer dem des Beigeladenen nicht gibt. Hieraus schließt die Klägerin, dass ein allgemeines Wohngebiet vorliege. Diese Schlussfolgerung ist aber - auch bezogen auf die tatsächlichen Verhältnisse im Jahr 2005 - nicht gerechtfertigt. Angesichts der nach wie vor ausgeübten gewerblichen Nutzung der gegenständlichen Halle und des seinerzeit noch vorhandenen Zimmereibetriebs, den das Verwaltungsgericht als nachprägend berücksichtigt hat, war das Vorliegen eines allgemeinen Wohngebiets bereits nach den Erkenntnissen im Augenscheinstermin vom 5. August 2005 auszuschließen.

Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, „eine Verdichtung dieser lockeren Streubebauung ist seit dem Jahr 1968 nicht eingetreten“ ist nicht entscheidungserheblich, trifft aber in der Sache zu, wie der mit Genehmigungsvermerk versehene Lageplan aus dem Jahr 1968 erkennen lässt. Davon abgesehen kann die Frage einer „Verdichtung“ der Bebauung nicht mit dem „Gebietscharakter“ gleichgesetzt werden.

Auch der Einwand, das Verwaltungsgericht habe ungeprüft der Antwort des Beklagtenvertreters vertraut, auf dem Grundstück ... befinde sich das Nebengebäude eines Maurerbetriebs, führt nicht zur Zulassung der Berufung. Der Klägerbevollmächtigte hat dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung weder widersprochen, noch hat er in der mündlichen Verhandlung einen dahingehenden förmlichen Beweisantrag gestellt. Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen von Beweisanträgen, zu kompensieren (BVerwG, B. v. 18.12.2006 - 4 BN 30/06 - NVwZ-RR 2007, 285). Hinzu kommt, dass auch das Zulassungsvorbringen nicht erkennen lässt, dass die beanstandete Feststellung der Sache nach unzutreffend ist.

b) Das Verwaltungsgericht hat die Entfernung zwischen dem Vorhaben und dem Wohnhaus der Klägerin nicht falsch ermittelt. Die Ausführung des Verwaltungsgerichts, dass „der umgenutzte Teil der Halle in einer Entfernung von ca. 33 m zum südlich gelegenen klägerischen Grundstück beginnt“, bezieht sich auf die mit Bescheid vom 2. März 2004 erteilte Baugenehmigung und trifft der Sache nach zu.

c) Das Verwaltungsgericht brauchte dem Vortrag der Klägerin, der durch den Betrieb des Vorhabens ausgelöste Lärm entstehe nicht nur durch Fahrzeugbewegungen, sondern auch durch Reinigen der abgestellten Wohnwagen und Gespräche, nicht durch Einholung eines gerichtlich angeordneten Sachverständigengutachtens nachzugehen. Dass das gelegentliche Säubern der Wohnwagen zu einer beachtlichen zusätzlichen Lärmbeeinträchtigung führen kann, ist nach der sachkundigen Bewertung durch den fachlichen Immissionsschutz beim Landratsamt nicht anzunehmen (vgl. Stellungnahme vom 28.9.2011). Insbesondere ist eine gezielte Reinigung mit Staubsaugern nicht vorgesehen; eine Reinigungsanlage oder die gewerbliche Reinigung der abgestellten Wohnwagen ist weder beantragt noch genehmigt. Die Nutzung der Halle als Unterstellraum für Wohnwagen ist auch nicht darauf gerichtet, einen Besucherkreis anzuziehen, für den - wie etwa in Versammlungsstätten oder Gaststätten - das Beisammensein im Vordergrund stünde. Insoweit sind Geräuschwirkungen aufgrund menschlicher Lebensäußerungen, wie sie z. B. beim Führen von „Gesprächen“ entstehen, als sozialadäquat hinzunehmen. Welche „sonstigen Begleiterscheinungen“ für die Lärmbeurteilung des Vorhabens von Relevanz sein können, wird nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich.

d) Angesicht der nachvollziehbaren Bewertung der durch das Vorhaben ausgelösten Geräuschwirkungen durch den fachlichen Immissionsschutz beim Landratsamt begegnet es auch im Übrigen keinen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht davon abgesehen hat, ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu den Lärmwirkungen des Vorhabens einzuholen. Insbesondere bestehen keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass ein Beurteilungspegel von 60 dB(A)/tags am Anwesen der Klägerin nicht eingehalten werden kann.

Nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Die Entscheidung eines Tatsachengerichts über Art und Anzahl einzuholender Sachverständigengutachten steht dabei gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO grundsätzlich in seinem tatrichterlichen Ermessen (vgl. BVerwG, B. v. 28.3.2013 - 4 B 15/12 - BauR 2013, 1248 m. w. N.). Grundsätzlich verwehrt es das Gebot des § 86 Abs. 1 VwGO dem Tatsachengericht nicht, sich bei der rechtlichen Würdigung auf Tatsachenvortrag der Beteiligten, namentlich die von einer Behörde mit besonderer Sachkunde erstellten oder im Verwaltungsverfahren eingeholten Unterlagen zu stützen. Unterbleibt die Einholung von (zusätzlichen) Gutachten, liegt darin nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann ein Aufklärungsmangel, wenn sich dem Gericht eine weitere Beweiserhebung aufdrängen musste. So sind Gutachten und fachtechnische Stellungnahmen ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden Voraussetzungen ausgehen, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - NVwZ 2011, 433 m. w. N.).

Hiervon ausgehend ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht auf die umweltschutzfachlichen Stellungnahmen vom 7. Mai 2011 und vom 28. September 2011 abgestellt hat, in denen die zu erwartenden Lärmwirkungen im Sinne einer worst-case-Betrachtung ermittelt worden sind. Nach der Lärmprognose des Umweltingenieurs des Landratsamts ist selbst unter der unrealistischen Annahme, dass bei insgesamt 32 Stellplätzen für Wohnwagen 64 Fahrbewegungen pro Tag stattfinden, durch die An- und Abfahrtsgeräusche maximal ein Beurteilungspegel von 47 dB(A) am Anwesen der Klägerin zu erwarten. Aufgrund der nachvollziehbaren Angaben des Umweltschutzingenieurs des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist unter Einbeziehung einer lärmmäßigen Vorbelastung durch das Hackschnitzellager nicht davon auszugehen, dass es zu einer Verdoppelung des ermittelten Immissionswertes kommt. Doch auch dann, wenn man dies abermals zugunsten der Klägerin unterstellen will, erhöht sich der Beurteilungspegel lediglich auf 50 dB(A). Die von der Klägerin eingewandten Holzlieferungen für das Hackschnitzellager sind demnach bereits prognostisch bewertet. Weshalb das angelieferte Holz auf dem Grundstück des Beigeladenen „offensichtlich zu Hackschnitzeln verarbeitet“ werden soll, bleibt unklar. Denn mit Bescheid vom 27. August 2009 wurde die Teilumnutzung der Unterstellhalle in ein „Hackschnitzellager“ genehmigt. Aus den Baugenehmigungsunterlagen ergibt sich dagegen nicht, dass auch die Verarbeitung von Holz in Hackschnitzel beantragt oder genehmigt worden wäre (vgl. auch Schreiben des Landratsamts vom 25. Oktober 2010 an die Klägerin). Wenn weiterhin - was wiederum unrealistisch ist - zugunsten der Klägerin davon ausgegangen wird, dass sämtliche Reflexionen direkt auf ihr Wohnhaus treffen, ist mit den Ausführungen des Umweltschutzingenieurs unter Zugrundelegung einer Reflexionswirkung sämtlicher Außenwände allenfalls eine weitere Zunahme um 3 dB(A) auf einen Beurteilungspegel von dann 53 dB(A) anzunehmen. Der hiergegen gerichtete Einwand der Klägerin, diese Annahme sei eine reine Schätzung, die jeglicher sachlicher Grundlage entbehre, lässt keine substantiierte Auseinandersetzung mit der fachkundigen Bewertung des Umweltingenieurs des Landratsamts erkennen, der unter Annahme einer etwaigen Reflexionswirkung die Verdoppelung des Schallpegels (Spiegelschallquelle) ohne Energieverlust zugrunde liegt. Es trifft deshalb nicht zu, „dass die bauliche Situation der Halle gerade nicht berücksichtigt wurde“. Diese wurde vielmehr zugunsten der Klägerin im Sinn einer nochmaligen worst-case-Betrachtung berücksichtigt, weil davon ausgegangen wird, dass „alle Reflexionen direkt auf das Wohnhaus der Klägerin treffen“ (vgl. bereits die Stellungnahme vom 28. September 2011). Dessen ungeachtet ist der errechnete Beurteilungspegel noch deutlich vom Immissionsrichtwert für Mischgebiete entfernt, auf den das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich abstellt. Es ist deshalb nicht zu sehen, dass sich dem Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 12.7.2012 - 4 B 13/12 - NVwZ 2012, 1565).

e) Da aufgrund der auch gewerblichen Prägung der näheren Umgebung nicht vom Vorliegen eines Wohngebiets ausgegangen werden kann, ist bei der Lärmbeurteilung kein Ruhezeitenzuschlag u. a. für Sonn- und Feiertage anzusetzen (vgl. Nr. 6.5 TA Lärm). Ob die zugelassene gewerbliche Nutzung durch den Beigeladenen geeignet ist, gegen das Feiertagsgesetz zu verstoßen, kann offen bleiben. Das Feiertagsgesetz ist nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung im Genehmigungsverfahren (Art. 59 Satz 1 BayBO).

f) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Beigeladene nicht gehindert war, durch einen neuen Bauantrag von der im Vergleichswege abgeänderten Baugenehmigung vom 2. März 2004 abzurücken bzw. von dieser keinen Gebrauch mehr zu machen.

In dem zwischen den Beteiligten im Verfahren RO 2 K 05.765 geschlossenen Vergleich vom 5. August 2005 verpflichtete sich der Beklagte, die Baugenehmigung vom 2. März 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2005 um näher bezeichnete Nebenbestimmungen zu ergänzen, was mit Bescheid vom 26. August 2005 auch geschehen ist; die Klägerin und der Beigeladene erklärten sich mit der Änderung dieser Baugenehmigung einverstanden. Grundlage des von der Klägerin in Bezug genommenen Vergleichs ist die von der Klägerin angefochtene Baugenehmigung vom 2. März 2004, die die „Teilumnutzung“ der Halle zum Unterstellen von Wohnwagen und Anhängern auf einer Teilfläche der Halle und damit ein anderes Vorhaben zum Gegenstand hatte. Die gegenständliche Baugenehmigung vom 16. Juni 2011 hat einen hiervon abweichenden Regelungsinhalt, insbesondere erfasst sie nicht nur die Erweiterung der Nutzung auf den zuvor als Holz- und Baugerüstlager genutzten Bereich, sondern die Nutzung der gesamten Halle zum Unterstellen von Wohnwagen und Anhängern. Dies ist auch zu fordern, denn bei der Erweiterung einer bereits bestehenden Nutzung ist stets das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt Gegenstand der bauplanungsrechtlichen Prüfung (BVerwG, B. v. 17.2.2009 - 4 B 4/09 - juris Rn. 5 m. w. N.). Die Baugenehmigung vom 2. März 2004 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 26. August 2005 ist deshalb überholt, weil der Beigeladene keinen Gebrauch mehr von ihr macht. Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der darin festgelegten Nebenbestimmungen in die Baugenehmigung vom 16. Juni 2011 besteht nicht, insbesondere haben sich der Beigeladene und der Beklagte im Vergleich vom 5. August 2005 weder ausdrücklich dazu verpflichtet, Veränderungen der Halle oder ihrer Nutzung für alle Zeit zu unterlassen oder hierfür keine Genehmigung zu erteilen, noch kann der Vergleich dahin ausgelegt werden. Denn die Vergleichsregelung lässt keinen Zweifel daran, dass sie sich nur auf die Baugenehmigung vom 2. März 2004 bezieht, die Gegenstand der damaligen Anfechtungsklage der Klägerin war. Mit dem Vergleich vom 5. August 2005 sollte das die Baugenehmigung vom 2. März 2004 betreffende Klageverfahren unter Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Beteiligten beendet werden; er hat aber nicht den Anspruch, den nachbarschaftlichen Konflikt zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen in bauplanungsrechtlicher Hinsicht dauerhaft für alle künftigen Vorhaben abschließend zu lösen. Der Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2012 (Az. 8 C 4/11 - BVerwGE 143, 335) lässt nicht erkennen, weshalb hier eine andere Betrachtung anzustellen sei. Die Klägerin konnte gerade nicht annehmen, dass es mit der Baugenehmigung vom 2. März 2004 sein Bewenden habe und der Beigeladene seine Halle stets danach nutzen werde. Als gemeinsame Grundlage aller am Vergleich Beteiligten kommt eine dahin gehende Absicht ohnehin nicht in Betracht. Schließlich ist die Klägerin nicht schutzlos gestellt, denn sie kann gegen eine neue Baugenehmigung im Klagewege vorgehen, wovon sie hier auch Gebrauch gemacht hat.

2. Verfahrensmängel, die zur Zulassung der Berufung führen könnten (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), liegen nach den vorstehenden Ausführungen nicht vor.

3. Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; so bereits Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; siehe auch Beschluss vom 1. Februar 2011 - BVerwG 7 B 45.10 - juris Rn. 15).

4

Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob § 3 Abs. 3 der 12. BImSchV (ggf. i.V.m. § 9 Abs. 1 der Bergverordnung für Tiefbohrungen, Untergrundspeicher und für die Gewinnung von Bodenschätzen durch Bohrungen im Land Nordrhein-Westfalen), soweit nach dieser Vorschrift Sicherheitsabstände (Achtungsabstände) einzuhalten sind, um die Auswirkungen von Dennoch-Störfällen so gering wie möglich zu halten, die Pflicht zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG konkretisiert oder aber die Pflicht des Errichters und Betreibers einer genehmigungspflichtigen Anlage gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG näher bestimmt, Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren zu treffen mit der Folge, dass die Pflicht, gemäß § 3 Abs. 3 der 12. BImSchV (ggf. i.V.m. § 9 Abs. 1 BVOT) einen Sicherheitsabstand zur Auswirkungsbegrenzung von vernünftigerweise ausgeschlossenen Dennoch-Störfällen einzuhalten, nicht nachbarschützend ist und keine bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmepflichten nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB zwischen dem Anlagenbetreiber und einem benachbarten Bauherrn begründet,

und

ob bei der Bemessung des erforderlichen Sicherheitsabstandes nach § 9 Abs. 1 BVOT, § 3 Abs. 3 der 12. BlmSchV dann, wenn als Grenze eine Wärmestrahlung gewählt wird, bei der letale Folgen selbst innerhalb eines Wohngebäudes unmittelbar zu erwarten stehen, im Gegenzug bei der Betrachtung des Störfallszenarios eine Windstärke von 10 m/s, d.h. eine Starkwindlage, von dem Störfallbetrieb in Richtung auf das schutzwürdige Vorhaben ungeachtet ihrer konkreten Wahrscheinlichkeit nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen ist.

5

Diese Fragen rechtfertigen - soweit sie überhaupt einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich sind - die Zulassung der Revision nicht, weil es auf sie nicht (mehr) entscheidungserheblich ankommt. Nach der Grundsatzentscheidung des Senats vom 20. Dezember 2012 - BVerwG 4 C 11.11 - (zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen) ist den Anforderungen, die Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG (sog. Seveso-II-Richtlinie) an die Zulassung von Vorhaben in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs stellt, durch eine richtlinienkonforme Auslegung des in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots Rechnung zu tragen. Die Grundsätze, die der Senat in der vorbezeichneten Entscheidung entwickelt hat, finden - ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte - im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Belangs des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, der eine besondere Ausprägung des nachbarlichen Gebots der Rücksichtnahme darstellt, entsprechende Anwendung. Damit kann sich ein unter die Richtlinie 96/82/EG fallender Betrieb (wie hier - nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - der Betrieb der Beigeladenen) darauf berufen, der von Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG geforderte "angemessene Abstand" werde durch ein geplantes Wohnbauvorhaben nicht eingehalten; dieses sei gegenüber dem Betrieb rücksichtslos. Dem entsprechend kommt es nicht mehr darauf an, ob § 3 Abs. 3 der 12. BImSchV (ggf. i.V.m. § 9 Abs. 1 BVOT) selbst drittschützende Wirkung zukommt bzw. anhand welcher Faktoren der nach § 9 Abs. 1 BVOT bzw. § 3 Abs. 3 der 12. BImSchV erforderliche Sicherheitsabstand zu bemessen ist.

6

2. Die Entscheidung des Senats vom 20. Dezember 2012 (a.a.O.) nötigt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (siehe zur "überholten" Grundsatzrüge etwa Beschlüsse vom 11. Februar 1986 - BVerwG 8 B 7.85 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 240 = juris Rn. 3, vom 9. April 1999 - BVerwG 9 B 21.99 - juris Rn. 3 und vom 21. Februar 2000 - BVerwG 9 B 57.00 - juris Rn. 6). Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Vorhaben der Klägerin deshalb planungsrechtlich unzulässig sei, weil es Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB beeinträchtige und damit zugleich zulasten der Beigeladenen einen Verstoß gegen das in dieser Vorschrift enthaltene Rücksichtnahmegebot begründe (UA S. 24); auf S. 47 des Urteilsabdrucks werden zudem die Kriterien angewendet, die der Europäische Gerichtshof in der Vorabentscheidung vom 15. September 2011 - Rs. C-53/10 - (ABl EU 2011 Nr. C 319 S. 5 = ZfBR 2011, 763) genannt hat. Das entspricht dem Urteil des Senats vom 20. Dezember 2012 (a.a.O.).

7

3. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die geltend gemachten Verfahrensfehler sind entweder schon nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt oder liegen jedenfalls nicht vor.

8

Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. Beschlüsse vom 10. November 1992 - BVerwG 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5 und vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26). Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Verfahrensmangel leidet, ist dabei vom materiellrechtlichen Standpunkt der Tatsacheninstanz aus zu beurteilen, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. etwa Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>; Beschlüsse vom 25. Januar 2005 - BVerwG 9 B 38.04 - NVwZ 2005, 447 <449> = juris Rn. 21, insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 22 und vom 20. Dezember 2010 - BVerwG 5 B 38.10 - juris Rn. 18).

9

a) Soweit die Klägerin geltend macht, ein Verfahrensfehler liege darin, dass bereits der Beschluss über die Zulassung der Berufung verfahrensfehlerhaft ergangen sei, verkennt sie, dass sie die Zulassung der Revision mit einer solchen Rüge schon deshalb nicht erreichen kann, weil die Zulassung der Berufung als unanfechtbare Vorentscheidung nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO einer Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich entzogen ist (vgl. etwa Beschlüsse vom 30. September 2005 - BVerwG 1 B 26.05 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 82 = juris Rn. 6 und vom 14. Dezember 2006 - BVerwG 1 B 272.06 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 33 Rn. 3). Das gleiche gilt, soweit die Beschwerde einen Verfahrensfehler darin sieht, dass das Oberverwaltungsgericht den Antrag der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens (§ 94 VwGO) abgelehnt hat (Beschluss vom 13 September 2005 - BVerwG 7 B 14.05 - juris Rn. 20 f.); diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO ebenfalls unanfechtbar.

10

Der weiter in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, das Oberverwaltungsgericht habe die Berufung zu Unrecht als zulässig erachtet, weil die Beigeladene als Berufungsführerin zur Zeit der Zulassung der Berufung zwar Eigentümerin, nicht aber Betreiberin des Gaskavernenspeichers gewesen sei, greift nicht, denn jedenfalls im für die Zulässigkeit der Berufung maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2011 war die Beigeladene (unstreitig auch) Betreiberin, womit unter diesem Gesichtspunkt gegen die Zulässigkeit der Berufung keine Bedenken bestehen.

11

b) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) verletzt. Das gilt sowohl hinsichtlich des Vorwurfs, das Oberverwaltungsgericht habe sich mit bestimmten Ausführungen der Klägerin nicht auseinander gesetzt (1), nicht in das Verfahren eingeführte und zudem in Englisch verfasste Beweismittel im Urteil verwertet (2) als auch in Bezug auf den Vorhalt, es habe Beweisanträge zu Unrecht abgelehnt (3).

12

(1) Ein Verstoß gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, liegt vor, wenn das Gericht seiner Verpflichtung, die für die Entscheidung erheblichen Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht nachkommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 1992 - 1 BvR 168/89 u.a. - BVerfGE 87, 363 <392>; BVerwG, Urteile vom 29. November 1985 - BVerwG 9 C 49.85 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 177 und vom 20. November 1995 - BVerwG 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22 f.; jeweils m.w.N.). Daraus folgt aber keine Verpflichtung des Gerichts, jeglichen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden (Beschluss vom 21. Februar 2000 a.a.O. Rn. 8). Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht ein bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Dieser Ausnahmefall liegt indessen nicht vor, wenn das Gericht den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt gelassen hat, namentlich wenn er nach der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts nicht entscheidungserheblich war (vgl. etwa Beschlüsse vom 22. Mai 2006 - BVerwG 10 B 9.06 - juris Rn. 14, vom 13. Dezember 2010 - BVerwG 7 B 64.10 - juris Rn. 24 und vom 21. Mai 2012 - BVerwG 7 B 70.11 - juris Rn. 12). Zudem verpflichten Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO die Gerichte nicht dazu, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (BVerfG, Urteil vom 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86 u.a. - BVerfGE 87, 1 <33>).

13

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Rüge der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht habe sich mit ihrem Vortrag nicht auseinandergesetzt, die mit ihrem Bauantrag verfolgte Nutzung der ehemaligen Katstelle als Wohnung verlange von der Beigeladenen keine größeren Rücksichtnahmepflichten und keine weiteren Vorkehrungen als die auf dem Grundstück bereits regelmäßig praktizierte Nutzung der Katstelle als Wochenend- und Freizeitwohnung sowie des Grundstückes als Garten, als unbegründet. Ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 3, 34, 48, 49) beleuchtet das Oberverwaltungsgericht die Folgen der Zulassung des klägerischen Vorhabens für die Beigeladene. Dabei stellt es fest, dass die von der Klägerin derzeit ausgeübte Nutzung nicht genehmigt ist, mithin keinen Bestandsschutz genießt, und die Beigeladene bei Zulassung des klägerischen Vorhabens erstmals auf eine legalerweise ausgeübte Wohnnutzung Rücksicht nehmen müsste, was gegebenenfalls zu nachträglichen Betriebseinschränkungen führen könne. Damit erübrigen sich aber weitere Erörterungen im Hinblick auf eine etwaige "Vorbelastung", auf die die Klägerin offensichtlich abstellt. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf den Vorlagebeschluss des Senats vom 3. Dezember 2009 - BVerwG 4 C 5.09 - (Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 209 Rn. 14) an den Europäischen Gerichtshof verweist, sind die vom Senat dort gemachten Ausführungen zur Berücksichtigung einer etwaigen Vorbelastung durch die - auch schon vom Oberverwaltungsgericht berücksichtigte - Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 15. September 2011 (a.a.O.) sowie das Urteil des Senats vom 20. Dezember 2012 (a.a.O.) sachlich überholt. Danach ist das Kriterium der Vorbelastung im Störfallrecht bei richtlinienkonformer Handhabung unbrauchbar (Urteil vom 20. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 34 a.E.).

14

(2) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die schlüssige Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt worden, regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen voraus, was der Beteiligte bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. etwa Beschlüsse 31. Juli 1985 - BVerwG 9 B 71.85 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 28 = juris Rn. 6 m.w.N., vom 19. März 1991 - BVerwG 9 B 56.91 - Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 25 = juris Rn. 7, vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 = juris Rn. 4, vom 22. April 1999 - BVerwG 9 B 188.99 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 44 = juris Rn. 3 und vom 28. Januar 2003 - BVerwG 4 B 4.03 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 53 = juris Rn. 4). Daran fehlt es hier, soweit die Klägerin rügt, dass sich das Oberverwaltungsgericht das Handbuch zum Programm ALOHA aus dem Internet besorgt, es selbst vom Englischen ins Deutsche - soweit erforderlich - übersetzt und im Urteil verwertet habe, obwohl das Handbuch nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung und schon gar nicht in deutscher Übersetzung gewesen sei. Insofern legt sie schon nicht dar, was sie diesbezüglich bei ausreichender Gehörsgewährung (noch) vorgetragen hätte. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, denn die vom Oberverwaltungsgericht verwendeten Aussagen im englischen Handbuch (es handelt sich um einen Satz) waren für das Gericht jedenfalls nicht entscheidungserheblich, das Urteil beruht mithin nicht hierauf. Denn das Berufungsgericht hat die Berechnungen des Gutachters der Klägerin auf der Grundlage des Programms ALOHA bereits aufgrund der Angaben im TÜV-Gutachten sowie in dem Gutachten des LANUV als falsch bewertet (UA S. 42) und dieses Ergebnis nur noch ergänzend - im Wege einer Hilfsbegründung - durch das Handbuch zu besagtem Programm als bestätigt angesehen (UA S. 42). Diese Hilfsbegründung kann jedoch hinweggedacht werden, ohne dass sich am Ergebnis (Feststellung der fehlerhaften Anwendung des Programms ALOHA durch die Gutachter der Klägerin) etwas ändert.

15

(3) Ein Gehörsverstoß kann auch nicht darin gesehen werden, dass das Oberverwaltungsgericht die Beweisanträge Nr. 1 und 4 der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2011 abgelehnt hat.

16

Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt nicht gegen eine nach Meinung eines Beteiligten sachlich unrichtige Ablehnung eines Beweisantrags (Beschlüsse vom 7. Oktober 1987 - BVerwG 9 CB 20.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 31 und vom 14. Mai 2008 - BVerwG 4 B 46.07 - juris Rn. 28). Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings dann verletzt, wenn die Ablehnung eines als sachdienlich und erheblich angesehenen Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, Beschlüsse vom 30. Januar 1985 - 1 BvR 393/84 - BVerfGE 69, 141 <143 f.> und vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerfGE 105, 279 <311>; BVerwG, Beschluss vom 24. März 2000 - BVerwG 9 B 530.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308 S. 16), mithin auf sachfremde Erwägungen gestützt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1988 - 1 BvR 818.88 - BVerfGE 79, 51 <62>). Wie bereits ausgeführt, ist hierfür maßgebend auf den materiellrechtlichen Standpunkt der angegriffenen Entscheidung abzustellen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht erfordert eine entsprechende Rüge den substantiierten Vortrag, dass die Ablehnung des Beweisantrags fehlerhaft erfolgt ist, die Begründung der Ablehnungsentscheidung im Gesetz keine Stütze findet und deshalb das rechtliche Gehör verletzt worden ist (Beschluss vom 13. Dezember 2002 - BVerwG 1 B 95.02 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 67 = juris Rn. 6). Hieran fehlt es vorliegend.

17

(3.1) Der Beweisantrag Nr. 1 der Klägerin zielte auf die Einholung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen für Physik, insbesondere für Strömungsphysik, bezüglich der Innenrauhigkeit des Steigrohres in der Kaverne Victor 2 (Nr. 1.1), der Unwahrscheinlichkeit eines sog. Guillotinebruchs am Kavernenkopf (Nr. 1.2), der fehlenden Berücksichtigung einer starken Kontraktion und eines starken Reibungsverlusts am Übergang von Kaverne zum Rohrschuh in den Berechnungen des TÜV von 2006 und des LANUV von 2011 (Nr. 1.3), der maximalen Höhe des Massestroms am Kavernenkopf (Nr. 1.4) sowie dazu, dass die zum Abriss des Kavernenkopfes notwendige Druckbelastung am Kavernenkopf nicht auftreten könne (Nr. 1.5).

18

Diesen Beweisantrag hat das Oberverwaltungsgericht abgelehnt. Die Klägerin sieht hierin einen Verfahrensfehler. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Begründung stelle dies eine vorweggenommene Beweiswürdigung dar und beinhalte die Aussage, das Gericht halte den Sachverhalt bereits für hinreichend geklärt. Mit einer solchen Begründung könne ein Beweisantrag nicht in rechtmäßiger Weise abgelehnt werden.

19

Nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (Urteile vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom 6. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 = juris Rn. 10). Die Entscheidung eines Tatsachengerichts über Art und Anzahl einzuholender Sachverständigengutachten steht dabei gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO grundsätzlich in seinem tatrichterlichen Ermessen (z.B. Urteil vom 8. Juni 1979 - BVerwG 4 C 1.79 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 120 = NJW 1980, 900). Die unterlassene Einholung eines Obergutachtens stellt deshalb nur dann einen Verfahrensmangel dar, wenn sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen (Beschluss vom 13. März 1992 - BVerwG 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268 = juris Rn. 5), weil die bereits vorliegenden Gutachten nicht den ihnen obliegenden Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (stRspr, u.a. Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156> = Buchholz 448.0 § 8a WPflG Nr. 2; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 und vom 30. August 1993 - BVerwG 2 B 106.93 - juris Rn. 2). Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausweislich der Begründung der Entscheidung über die Ablehnung des Beweisantrags, die es in seinem Urteil (UA S. 43, 45, 46) noch weiter präzisiert hat, rechtsfehlerfrei ausgegangen. Von einer unzulässigen vorweggenommenen Beweiswürdigung kann damit keine Rede sein. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr angenommen, dass durch die in das Verfahren eingeführten Gutachten ihm die erforderliche Sachkunde bereits soweit vermittelt wurde, um im Wege der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO) den vorliegend maßgeblichen Mindestabstand zwischen dem klägerischen Vorhaben und dem Gaskavernenspeicher der Beigeladenen bestimmen zu können. Das Oberverwaltungsgericht hat sich des Weiteren auf den Seiten 39 bis 46 des Entscheidungsabdrucks ausführlich mit den in das Verfahren - auch von Seiten der Klägerin - eingebrachten bzw. den von ihm eingeholten Gutachten auseinander gesetzt, hat diese umfassend gewürdigt und ist bezüglich des maßgeblichen Sicherheitsabstandes letztlich der durch das LANUV-Gutachten bestätigten Ansicht des TÜV gefolgt, weil es dieses für überzeugend gehalten hat (UA S. 37). Hiermit setzt sich die Klägerin nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise auseinander.

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(3.2) Schließlich rügt die Klägerin, auch Beweisantrag Nr. 4 sei in der mündlichen Verhandlung unzulässigerweise abgelehnt worden. Danach sollte den Gutachtern der Gegenseite aufgegeben werden, ihre iterative Berechnung des Massestroms einschließlich der zugehörigen Excel-Tabellen vorzulegen, sowie der Klägerin und ihrem Sachverständigen Gelegenheit gegeben werden, dazu Stellung zu nehmen. Das Oberverwaltungsgericht lehnte diesen Beweisantrag mit der Begründung ab, die eingeforderten Vorlagen würden erkennbar keine relevanten Erkenntnisse erbringen. Die Beschwerde wirft dem Oberverwaltungsgericht insofern vor, den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt zu haben (§ 86 Abs. 1 VwGO), weil es seine Entscheidung nur auf ein Gutachten stützen dürfe, das schlüssig und nachvollziehbar sei. Das setze gerade im Streit um wissenschaftliche Fragen voraus, dass die methodischen und rechnerischen Schritte, mit denen ein Sachverständiger zu einer Erkenntnis gelangt sei, nachvollzogen werden könnten. Dem habe der Beweisantrag Nr. 4 gedient. Ein Verfahrensfehler ist damit nicht dargetan. Inwieweit Ausgangsdaten und Verarbeitungsschritte einer gutachterlichen Stellungnahme offen gelegt werden müssen, um deren Verwertbarkeit überprüfen zu können, ist eine Frage der Beweiswürdigung und der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO), die sich regelmäßig nicht allgemeingültig beantworten lässt (Beschlüsse vom 1. April 2009 - BVerwG 4 B 61.08 - NVwZ 2009, 910 Rn. 24 und vom 14. April 2011 - BVerwG 4 B 77.09 - juris Rn. 44). Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Eingabegrößen und die Berechnungsgrundlagen im Anhang der Stellungnahme des LANUV aufgeführt sind (UA S. 44). Hinweise, auf durchgreifende, die Aussagekraft der Abschätzung in relevantem Umfang relativierende Fehler bei den Berechnungsgrundlagen, welche Anlass hätten geben können, die angelegten Excel-Tabellen anzufordern, hat das Oberverwaltungsgericht ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 44) nicht gefunden. Vor diesem Hintergrund hätte die Beschwerde darlegen müssen, dass bei der Aufnahme der Grundlagendaten und der Berechnungen Fehler unterlaufen sein könnten (Urteil vom 13. Oktober 2011 - BVerwG 4 A 4000.09 - juris Rn. 61 a.E. für eine Verkehrsprognose). Daran fehlt es.

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c) Letztlich liegt auch keine sogenannte aktenwidrige Entscheidung vor.

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Die Verfahrensrüge, das Gericht habe den Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, betrifft den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und das Gebot der sachgerechten Ausschöpfung des vorhandenen Prozessstoffes (§ 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie bedingt die schlüssig vorgetragene Behauptung, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben (Beschluss vom 19. November 1997 - BVerwG 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 = juris Rn. 6). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss dieser Widerspruch offensichtlich sein, so dass es einer weiteren Beweiserhebung zur Klärung des Sachverhalts nicht bedarf; der Widerspruch muss "zweifelsfrei" sein (z.B. Urteil vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338). Diese Voraussetzungen sind durch die Beschwerde nicht dargetan.

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(1) Die Klägerin rügt, das Gericht habe den Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, weil es davon ausgehe, dass bei Erreichen einer Wärmestrahlung von 12 kW/qm ein Wohngebäude regelmäßig keinen hinreichenden Schutz mehr biete, sondern mit letalen Folgen zu rechnen sei (UA S. 39). Aus den Akten ergebe sich - so die Klägerin - jedoch genau das Gegenteil. Dieser Einwand greift nicht durch. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei der genannten Passage im Urteil vom 15. Dezember 2011 lediglich um eine Ungenauigkeit in der Diktion handelt. Das folgt daraus, dass das Oberverwaltungsgericht im weiteren Verlauf seiner Prüfung davon ausgeht, dass der Wert von 12 kW/qm aufgrund der Unterschreitung des Sicherheitsabstandes von 85 m durch das verfahrensgegenständliche Gebäude (ca. 75 m Entfernung) überschritten wird und es infolgedessen zu einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme komme. Die Annahme, dass die typischen in Deutschland anzutreffenden Gebäude bei einer Wärmestrahlung von mehr als 12 kW/qm - somit auch das klägerische Gebäude - keinen ausreichenden Schutz vor letalen Folgen mehr bieten, entspricht jedoch der Aktenlage.

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(2) Die Klägerin rügt des Weiteren, dass das Oberverwaltungsgericht bezüglich des der Ausbreitungsbetrachtung zugrunde zu legenden Massenstroms, d.h. der im Störfall auftretenden Emissionen am Kavernenkopf, hinsichtlich der insoweit maßgeblichen Parameter (Ideal-/Realgasverhalten, Druck, Strömungsdurchmesser/Ausströmungsquerschnitt, Inburex-Sicherheitsbericht 2002) von einem aktenwidrigen Sachverhalt ausgegangen sei. Insofern legt sie jedoch schon keinen "offensichtlichen" bzw. "zweifelsfreien" Widerspruch entsprechend obigen Grundsätzen dar, sondern ersetzt die Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts durch eine eigene. Das gilt umso mehr, als die genannten Parameter, ihre Bestimmung und ihre Bedeutung für den maßgeblichen Sicherheitsabstand zwischen den Beteiligten sowie den Gutachtern im Verfahren heftig umstritten waren. Damit fehlt es bereits an der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Darlegung.

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4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden), begründen, wenn sie über eine vor der Behörde oder der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges.

(2) Der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, ist zulässig.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Vorbescheids zur Klärung der abgrabungsrechtlichen Zulässigkeit eines Kiesabbauvorhabens im Gemeindegebiet der Beigeladenen.

Die Klägerin betreibt seit 1998 im Ort der Beigeladenen eine Firma für Tiefbau mit sechs Mitarbeitern. Das Unternehmen benötigt jährlich ca. 70.000 t Kies, den die Klägerin bislang zukauft. Im Mai 2010 beantragte sie die Erteilung eines Vorbescheids für ein Trockenkiesabbauvorhaben mit Wiederverfüllung auf dem landwirtschaftlich genutzten, ca. 1,3 ha großen Grundstück FlNr. 148 Gemarkung F.

Nachdem die Beigeladene im Hinblick auf ihren am 30. März 2010 gefassten Beschluss zur Änderung des seit 2004 rechtgültigen Flächennutzungsplans ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben verweigert hatte, stellte das Landratsamt U. die Entscheidung über den Antrag mit Bescheid vom 14. Juli 2010 zunächst zurück. Am 10. Mai 2011 beschloss der Gemeinderat der Beigeladene die (erste) Änderung des Flächennutzungsplans, der an zwei Standorten Konzentrationszonen für Kiesabbau ausweist. Das Grundstück FlNr. 148 der Klägerin liegt außerhalb dieser Flächen. Am 23. Mai 2011 genehmigte das Landratsamt die Flächennutzungsplanänderung. Am 30. Mai 2011 erfolgte die öffentliche Bekanntmachung der Genehmigung. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 21. Mai 2012 lehnte das Landratsamt den Vorbescheidsantrag der Klägerin ab.

Die Verpflichtungsklage der Klägerin auf Erteilung des beantragten Vorbescheids hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 19. Juni 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans in der geänderten Fassung vom 30. Mai 2011, weil der Plan Konzentrationsflächen für Kiesabbau in einem anderen Bereich des Gemeindegebiets vorsehe. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Flächennutzungsplanänderung bestünden nicht.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie einen Verfahrensfehler wegen Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht geltend.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

A. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht zu Recht einen Rechtsanspruch der Klägerin auf Erteilung des beantragten abgrabungsrechtlichen Vorbescheids verneint hat, weil das Trockenkiesabbauvorhaben den im abgrabungsaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften widerspricht (§ 113 Abs. 5 VwGO, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 4 BayAbgrG, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO, §§ 29 ff. BauGB). Dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegierten Abbauvorhaben stehen öffentliche Belange entgegen, weil hierfür nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB durch die Darstellungen des Flächennutzungsplans der Beigeladenen in der Fassung der ersten Änderung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist (vgl. dazu unten I) und eine eine Ausnahme vom Regelfall rechtfertigende (atypische) Fallkonstellation für das Vorhaben der Klägerin nicht vorliegt (vgl. dazu unten II). Das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 BauGB) ist nicht geeignet, diese Beurteilung ernstlich infrage zu stellen.

I) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die erste Änderung des Flächennutzungsplans wirksam ist. Insbesondere ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht, dass die Änderung des Flächennutzungsplans nicht hinreichend bestimmt wäre (vgl. dazu unten I 1), ein Verstoß gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (vgl. dazu unten I 2) oder das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB vorläge (vgl. dazu unten I 3) oder dass die Planung an einem rechtlich erheblichen Abwägungsmangel nach § 2 Abs. 3, § 1 Abs. 7 BauGB litte (vgl. dazu unten I 4).

1. Die erste Änderung des Flächennutzungsplans leidet nicht an durchgreifenden Bestimmtheitsmängeln.

a) Ein Bestimmtheitsmangel liegt nicht deswegen vor, weil der dargestellte Änderungsbereich nicht das gesamte Gemeindegebiet, sondern lediglich den Ausschnitt mit den beiden Änderungsbereichen für zwei „Konzentrationszonen für Kiesabbau“ erfasst.

Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stehen öffentliche Belange einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB privilegierten Außenbereichsvorhaben in der Regel nicht entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Soweit nicht ein räumlicher Teilflächennutzungsplan (§ 5 Abs. 2b Halbs. 2 BauGB) aufgestellt werden soll, betrifft die Steuerungsmöglichkeit nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB den gesamten Außenbereich einer Gemeinde. Liegen die Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vor, erzeugt die positive Darstellung der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsflächen kraft Gesetzes zugleich eine Ausschlusswirkung für die übrigen Außenbereichsflächen im Gemeindegebiet. Die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen bedingen einander (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 Rn. 36; U.v. 13.3.2003 - 4 C 3/02 - NVwZ 2003, 1261 Rn. 20; U.v. 21.10.2004 - 4 C 2/04 - BVerwGE 122, 109 Rn. 13, 18; BayVGH, B.v. 3.7.2013 - 15 ZB 10.3161 - juris Rn. 3). Eine gesonderte Darstellung der Ausschlussflächen ist im Flächennutzungsplan daher nicht geboten (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.2010 - 4 C 7/09 - BVerwGE 137, 74 Rn. 12; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 12. Aufl. 2014, § 35 Rn. 114). Das gilt auch dann, wenn - wie hier - der Flächennutzungsplan nicht erstmals für das gesamte Gemeindegebiet aufgestellt, sondern durch eine Änderung lediglich um die positiven Standortflächen für Konzentrationszonen ergänzt wird. Es genügt eine hinreichend bestimmte Darstellung der Positivflächen mit eindeutiger Abgrenzung für die Konzentration der privilegierten Außenbereichsvorhaben, um dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) zu entsprechen.

Dem hat die Beigeladene mit der Darstellung der beiden Änderungsflächen und jeweils eindeutiger Abgrenzung durch eine schwarze Linie mit Dreiecken sowie der Bezeichnung als „Konzentrationsfläche Kiesabbau“ in der Planlegende Rechnung getragen. Anhaltspunkte dafür, dass sie mit der Flächennutzungsplanänderung die Ausschlusswirkung durch einen räumlichen Teilflächennutzungsplans nach § 5 Abs. 2b Halbs. 2 BauGB lediglich auf einen Teil ihrer Außenbereichsflächen beschränkt hat, bestehen nicht. Vielmehr hat sie mit der Änderung des Flächennutzungsplans die Standorte für die Kiesabbauflächen für ihr gesamtes Gemeindegebiet festgelegt. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus der Begründung zur Änderung des Flächennutzungsplans, wonach mit Ausweisung der Kiesabbau-Konzentrationszone(n) die Zulässigkeit privilegierter Abbauvorhaben für das gesamte Gemeindegebiet bauleitplanerisch geregelt werden soll (vgl. Planbegründung Nr. 1).

b) Mit der Rüge, in der Planlegende seien die maßgeblichen Flächen fälschlich als Fläche nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 BauGB bezeichnet, zeigt die Klägerin ebenfalls keinen Mangel der Bestimmtheit der Flächennutzungsplanänderung auf.

Insoweit handelt es sich um eine offensichtliche und damit nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz „falsa demonstratio non nocet“ rechtlich unschädliche Falschbezeichnung (vgl. BVerwG, U.v. 21.2.2013 - 7 C 22/11 - NVwZ-RR 2013, 593 = juris Rn. 18). Die im Flächennutzungsplan zitierte Norm betrifft in der Planzeichnung nicht dargestellte „Wasserflächen, Häfen und die für die Wasserwirtschaft vorgesehenen Flächen sowie die Flächen, die im Interesse des Hochwasserschutzes und der Regelung des Wasserabflusses freizuhalten sind“. Aus dem engen Zusammenhang des Normzitats mit der Bezeichnung „Flächen für Abgrabungen/Gewinnung von Bodenschätzen“ in der Planlegende sowie aus den Gesamtumständen zur Aufstellung des Flächennutzungsplans ist jedoch zweifelsfrei erkennbar, dass nicht Flächen nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 BauGB, sondern „Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen“ nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 BauGB dargestellt werden sollten.

2. Die Ausführungen im Zulassungsantrag geben auch keine Veranlassung für die Annahme, die Planung genüge nicht dem Erforderlichkeitsgebot des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.

a) Der Vortrag der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine Verhinderungsplanung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verneint, weil es fälschlich die Größe der ausgewiesenen Konzentrationszone für ausreichend gehalten und dabei das Verhältnis zwischen der Größe der Konzentrationsflächen und der Größe der Potentialflächen zugrunde gelegt habe, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung.

Der mit der Festlegung von positiven Standorten nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verbundene Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur dann rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dagegen darf der Planungsträger den Flächennutzungsplan nicht als Mittel dazu benutzen, unter dem Deckmantel der Steuerung die betreffenden Nutzungen in Wahrheit zu verhindern. Eine bloße „Feigenblatt“-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, ist unzulässig. Vielmehr muss er der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen und für die privilegierte Nutzung in substanzieller Weise Raum schaffen (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287/295). Dass eine solche verkappte Verhinderungsplanung hier vorläge, lässt sich dem Vorbringen im Zulassungsantrag nicht entnehmen. Insbesondere zeigt die Klägerin nicht auf, aus welchen Gründen die ausgewiesenen Konzentrationsflächen im Umfang von insgesamt 14,15 ha nicht ausreichend dimensioniert sein sollten, um dem Kiesabbau im Gemeindegebiet in substanzieller Weise Raum zu verschaffen. Zwar sind Größenangaben, isoliert betrachtet, als Kriterium für die Beurteilung, ob den privilegierten Nutzung ausreichend Raum verschafft wurde, ungeeignet. Insbesondere ist ein Flächenvergleich nicht der einzige geeignete Maßstab hierfür. Die Relation zwischen der Gesamtfläche der Konzentrationszonen einerseits und der geeigneten Potentialflächen andererseits muss aber nicht notwendig auf das Vorliegen einer Verhinderungsplanung schließen lassen. Vielmehr hängt dies von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287/295 Rn. 29; U.v. 21.10.2004 - 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109/111; B.v. 28.11.2005 - 4 B 66.05 - NVwZ 2006, 339; U.v. 20.5.2010 - 4 C 7/09 - NVwZ 2010, 1561/1564 Rn. 28; B.v. 13.12.2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 18 m. w. N.). Hierzu enthält der Zulassungsantrag keinerlei Ausführungen (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Soweit die Klägerin geltend macht, das Verwaltungsgericht hätte bei seiner Beurteilung, ob eine Verhinderungsplanung vorliege, ausschließlich auf das Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Konzentrationsflächen und der Größe der Potenzialflächen abgestellt, trifft das so nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat für seine Annahme, dass wegen der Dimensionierung des Vorranggebiets kein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (und § 1 Abs. 6 BauGB) gegeben sei, zwar vorrangig das Größenverhältnis zwischen Vorrangflächen und Potenzialflächen angeführt (vgl. UA S. 13 f.). Dabei ist es aber lediglich auf den Einwand der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren eingegangen (vgl. Schriftsatz vom 17.9.2012 S. 11 f., Bl. 55 f. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts), es liege eine Verhinderungsplanung vor, weil nur 14,15 ha und damit nur 2,78% der Gemeindefläche als Konzentrationsfläche für den Kiesabbau dargestellt worden sei, obwohl 65 ha und somit ca. 23% der Gemeindefläche als sog. Potentialflächen in Betracht gekommen wären. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.

b) Zweifel an der Erforderlichkeit der Planung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ergeben sich auch nicht deswegen, weil der Planung kein schlüssiges Planungskonzept zugrunde läge. Abgesehen davon, dass dies wohl keine Frage der Erforderlichkeit, sondern des Abwägungsgebots (§ 1 Abs. 6 BauGB) ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15/01 - BVerwGE 117, 287 = juris Rn. 36; U.v. 13.12. 2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 9), liegt ein fehlerhaftes Planungskonzept nicht vor (vgl. dazu unten I 4 a).

3. Soweit die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 18. September 2014 einen Verstoß der Planung gegen § 1 Abs. 4 BauGB rügt und geltend macht, der Flächen- nutzungsplan habe entgegenstehende Ziele der Raumordnung (§ 4 Abs. 1 ROG) nicht beachtet, kann dieses Vorbringen wegen des Ablaufs der Zwei-Monatsfrist für die Begründung des Zulassungsantrags am 1. September 2013 (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bei der Entscheidung keine Berücksichtigung mehr finden. Insoweit liegt auch keine bloße nähere Erläuterung oder Vertiefung und damit noch zulässige Ergänzung des fristgemäß Vorgebrachten vor (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 133; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 53).

4. Nicht durchzudringen vermag die Klägerin auch mit dem Einwand, der Flächennutzungsplan leide an beachtlichen Abwägungsmängeln (§ 2 Abs. 3, § 1 Abs. 7 BauGB).

a) Das Vorbringen im Zulassungsantrag rechtfertigt nicht die Annahme, der Planung liege kein schlüssiges Planungskonzept zugrunde.

(1) Der Einwand der Klägerin, die Planung der Beigeladenen werde den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die abschnittsweise Ausarbeitung des Planungskonzepts nicht gerecht, insbesondere habe diese sich den Unterschied zwischen sog. „harten“ und „weichen“ Tabuzonen nicht bewusst gemacht, ist nicht berechtigt.

Wie die Klägerin zutreffend ausführt, bedarf eine planerische Entscheidung zur Herbeiführung der Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts. Um den Anforderungen gerecht zu werden, die hierbei an den Abwägungsvorgang zu stellen sind, muss das Konzept nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch die städtebaulichen Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums aufzeigen. Dabei vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.2009 - 4 BN 25.09 - BRS 74 Nr. 112). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die für die betreffende Nutzung nicht zur Verfügung stehen, wobei sich die Tabuzonen in sog. „harte“ und „weiche“ untergliedern lassen. Der Begriff der „harten“ Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für die betreffende Konzentrationsnutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommen, und deshalb schlechthin ungeeignet sind (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287/295, 299). Mit dem Begriff der „weichen“ Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen lediglich nach dem Willen des Plangebers aus städtebaulichen Gründen die Errichtung von Konzentrationsanlagen von vornherein ausgeschlossen werden sollen (vgl. BVerwG, U.v. 21.10.2004 - 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109/112). Dabei muss sich der Plangeber zur Vermeidung eines Fehlers im Abwägungsvorgang den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren, weil die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen. Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, die einer Abwägung zwischen Belangen der privilegierten Nutzung und widerstreitenden Belangen entzogen sind. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen auch sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden. Seine Entscheidung für weiche Tabuzonen muss der Planungsträger jedoch rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d. h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2013 - 4 CN 2/12 - NVwZ 2013, 1017 Rn. 5 f. m. w. N.). Nach Abschluss dieses ersten Planungsschritts sind die sog. „Potenzialflächen“, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, in einem zweiten Arbeitsschritt zu den zu ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d. h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Konzentrationsnutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung gerecht wird (vgl. zum Ganzen König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 571 ff. m. w. N.).

Dass die vorliegende Planung diesen Anforderungen nicht genügt, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Die Beigeladene hat ihrer Entscheidung ausweislich der Planbegründung (S. 6) die Standortanalyse zur Ausweisung einer Konzentrationszone für Kiesabbau der Fa. L. vom 6. Dezember 2010 zugrunde gelegt, die sich bei ihren Standortempfehlungen wiederum an Nr. 4 der Richtlinien für Anlage zur Gewinnung von Kies, Sand, Steinen und Erden gemäß der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 9. Juni 1995 (AllMBl 1995, S. 589 ff.) orientiert hat. Darin sind die Tabuzonen zwar nicht ausdrücklich als „hart“ oder „weich“ bezeichnet. Dennoch wird aber der Sache nach deutlich unterschieden zwischen zwingenden Ausschlussflächen einerseits („Flächen, für die ein Kiesabbau ausgeschossen ist“) und diese Flächen „ergänzende“, fakultative Ausschlussflächen andererseits, die nach dem planerischen Willen infolge der höheren Gewichtung anderer öffentlich-rechtlicher Belange als Standort für Kiesabbau ebenfalls von vornherein ausscheiden sollen. Zur ersteren Gruppe gehören nach der Standortanalyse diejenigen Flächen im Gemeindegebiet, die eines der in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 9. Juni 1995 (a. a. O.) aufgezählten Kriterien erfüllen, namentlich die bestehenden und geplanten Siedlungsflächen, die Verkehrsflächen, die Hochspannungstrassen der Lech-Elektrizitäts-Werke, die ausgewiesenen Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft, das landschaftliche Vorbehaltsgebiet gemäß Regionalplan, die amtlich verzeichneten Bau- und Bodendenkmäler, das Trinkwasserschutzgebiet, das Landschaftsschutzgebiet, die amtlich kartierten Biotope, die Flächen faunistischer Bedeutung gemäß Artenschutzkartierung, die Waldflächen und größeren Gehölzbestände (vgl. Standortanalyse S. 8 f.). Diese Flächen sind als zwingende Ausschussflächen („automatisch als Tabuflächen“) qualifiziert. Zur zweiten Gruppe werden die „Abstandsflächen, die aus landschaftsplanerischer Sicht gewählt oder vergrößert wurden, um nachteilige Wirkungen auf angrenzende Nutzungen oder Schutzgüter möglichst auszuschließen“ gezählt (vgl. Standortanalyse S. 4 und 10 f.). Dass die Zuordnung zu diesen Gruppen nicht sachgerecht wäre, macht die Klägerin nicht geltend (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Im Anschluss an die so ermittelten „Tabu- und Abstandsflächen“ werden die verbliebenen Bereiche der Sache nach als Potenzialflächen eingestuft („Bereiche, die als Konzentrationsflächen für den Kiesabbau theoretisch in Frage kommen“, vgl. Standortanalyse S. 4 und S. 11) und daraus in dem erforderlichen weiteren Arbeitsschritt nach abwägender Bewertung der Eignung in drei Stufen die endgültigen Konzentrationsflächen ermittelt (Standortanalyse S. 13 ff.). Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern.

(2) Nicht gerechtfertigt erscheint auch der Vorhalt der Klägerin, die Beigeladene habe bei der Festlegung der (weichen) Tabuflächen die Mindestabstände der Abbauflächen zur Bebauung willkürlich vergrößert. Aus der der Festlegung der Tabuflächen zugrunde gelegten Standortanalyse geht ohne Weiteres hervor, dass die nach der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 9. Juni 1995 (AllMBl 1995, S. 589/596) und den „Anforderungen zum Lärmschutz bei der Planung von Abbauflächen für Kies, Sand und andere Bodenschätze“ des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz von Juli 2003 (http://www.lfu.bayern.de/laerm/doc/anlagen_abbauflaechen.pdf) empfohlenen Mindestwerte aus landschaftsplanerischer Sicht um sinnvolle Abstände überschritten werden, damit nachteilige Wirkungen auf die im Einzelnen in der Tabelle 1 angeführten angrenzenden Nutzungen und Schutzgüter (u. a. Wohngebiete, Einzelbebauung, Gewässer, Elektrofreileitungen, öffentliche Straßen, Bahnlinien, Natur- Boden und Kulturdenkmäler, Biotope, Wälder) praktisch ausgeschlossen bzw. weitgehend vermieden werden (vgl. Standortanalyse S. 4 Mitte und S. 10 f.). Auch damit folgt die Beigeladene einer Empfehlung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 9. Juni 1995 (a. a. O., vgl. Nr. 4.2.1.6). Dass die Erhöhung der Mindestabstände im Hinblick auf diese Belange im Einzelnen nicht gerechtfertigt gewesen wäre, trägt die Klägerin nicht vor (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

(3) Soweit die Klägerin geltend macht, die Beigeladene habe die Frage der „Mächtigkeit des Kiesvorkommens auf den potentiellen Konzentrationsbereichen“ nicht oder unzureichend recherchiert, trifft das nicht zu. Die der Abwägungsentscheidung zugrunde gelegte Standortanalyse (S. 5 f.) bezieht sich insoweit auf entsprechende geologische Karten von Bayern und Baden-Württemberg, in denen das Kiesvorkommen im Gemeindegebiet eingetragen ist. Dass diese Karten unzutreffende oder unzureichende Angaben enthielten, legt die Klägerin nicht dar (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

(4) Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist das Planungskonzept auch nicht deswegen fehlerhaft, weil die Beigeladene bei der Standortentscheidung irrtümlich davon ausgegangen wäre, die Antragsflächen der Klägerin im Norden des Hauptorts (Grundstück FlNr. 148) würden unmittelbar an geplante Gewerbeflächen oder an für deren Erweiterung vorgesehene (Flächen) angrenzen und seien deswegen als Konzentrationsflächen für den Kiesabbau weniger geeignet als die ausgewiesenen Flächen.

Insbesondere lässt sich der von der Klägerin angeführten Passage in der Planbegründung („Die Flächen im Norden von F. (5,5 ha) stehen in einem potentiellen Nutzungskonflikt mit den im Flächennutzungsplan dargestellten Planungen. Südlich der Flächen ist die Ansiedlung von Gewerbe vorgesehen. Mittelfristig ist somit auch auf diesen Flächen, durch ihre unmittelbar Angrenzung an die geplante Gewerbeflächen, eine Ausdehnung für weitere Gewerbeeinheiten denkbar und angestrebt“) nicht entnehmen, dass die Beigeladene ihrer Abwägungsentscheidung die fehlerhafte Annahme zugrunde gelegt hat, das Grundstück FlNr. 148 grenze unmittelbar an die im Flächennutzungsplan als „Gewerbliche Bauflächen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BauNVO)“ dargestellten Flächen. Vielmehr wird aus der Formulierung hinreichend deutlich, dass die Beigeladene einen potentiellen Nutzungskonflikt zwischen der ca. 5,5 ha großen Fläche im Norden, die auch das Grundstück FlNr. 148 umfasst, und ihren Planungen darin gesehen hat, dass die Fläche im Bereich zwischen dem Grundstück FlNr. 148 und den als gewerbliche Bauflächen im Flächennutzungsplan dargestellten Grundstücken für eine Ausweisung als Gewerbeflächen für die Zukunft zur Erweiterung der bereits geplanten und im Flächennutzungsplan dargestellten Gewerbeflächen vorbehalten werden sollte. Gleiches ergibt sich aus der der Planung zugrunde gelegten Standortanalyse (S.14: „Die Flächen der Eignungsstufe II im Norden von F. (5,5 ha) stehen in einem potentiellen Nutzungskonflikt mit den im Flächennutzungsplan dargestellten Planungen. Südlich der Flächen der Eignungsstufe II ist die Ansiedlung von Gewerbe gedacht. Mittelfristig ist somit auch auf diesen Flächen, durch ihre unmittelbar Angrenzung an die erwähnten geplanten Gewerbeflächen, eine Ausdehnung für weitere Gewerbeeinheiten denkbar“). Hierbei handelt es sich um sachgerechte, ohne Weiteres nachvollziehbare Erwägungen, die einen Abwägungsmangel nicht begründen. Die Entscheidung über die Auswahl geeigneter Flächen setzt nicht voraus, dass bereits konkrete Planungen für die betroffenen Flächen vorhanden sind, die einem Vorhaben entgegenstehen.

(5) Ebenso wenig berechtigt erscheint das Vorbringen, die Planung sei in sich widersprüchlich, weil mit ihr einerseits überwiegend kleinräumiger, privater Kiesabbau ermöglicht werden sollte, andererseits aber eine verbleibende Potenzialfläche im Norden des Gemeindegebiets der Beigeladenen mit einer Größe von 4 ha als nicht geeignet angesehen wurde. Abgesehen davon, dass die Klägerin nicht angibt, woraus sich das Planungsziel der „Ermöglichung von überwiegend kleinräumigen, privaten Kiesabbau“ ergeben soll (nach S. 4 der Planbegründung werden „kleinere Abbaue privilegiert, die dem örtlichen Bedarf dienen“), ist es nicht fehlerhaft, wenn die Gemeinde bei der Standortauswahl nicht sämtliche geeigneten Potenzialflächen als Konzentrationsflächen für Kiesabbau ausweist, sondern hieraus Flächen auswählt, die im Hinblick auf die Größe der betreffenden Flächen und weiterer Kriterien wie etwa Grundstückszuschnitt, Erschließung, potenzielle Nutzungskonflikte u. a. (vgl. Standortanalyse S. 14) hierfür am besten geeignet sind (vgl. BVerwG, B.v. 12.7.2006 - 4 B 49/06 - ZfBR 2006, 679 = juris Rn. 7).

(6) Soweit die Klägerin pauschal die fehlende Berücksichtigung von Fragen der „Wirtschaftlichkeit der Ausbeute“, der „Flächenverfügbarkeit“ und der „Dimension des Entwicklungsspielraums der Konzentrationsflächen“ bei der Flächenauswahl rügt, legt sie nicht dar, woraus sich eine Pflicht zur Berücksichtigung dieser Kriterien ergeben soll und inwieweit diese Fragen für die Beurteilung der Eignung der Konzentrationsfläche für den Kiesabbau erheblich gewesen sein sollen.

b) Keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich auch hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgericht, bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange (§ 1 Abs. 7 BauGB) seien die privaten Interessen der Klägerin hinreichend erkannt und berücksichtigt worden.

(1) Soweit die Klägerin mit dem Vorbringen, „in der Abwägungsentscheidung…fänden sich keine Hinweise auf die Betroffenheit der Klägerin in ihren eigentumsrechtlichen Belangen“ (Schriftsatz vom 2.9.2013 S. 9 f.) und „an keiner Stelle der Begründung werde auch nur ansatzweise erkennbar, dass die Beigeladene - und sei es allgemein und abstrakt - eine Einschränkung der eigentumsrechtlichen Verfügungsmöglichkeiten…. planungsrechtlich privilegierter Unternehmen … erkannt und betrachtet hätte“ (Schriftsatz vom 2.9.2013 S. 11), eine Nichtberücksichtigung ihres durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Grundeigentums geltend machen wollte, scheidet ein Abwägungsmangel schon deswegen aus, weil die Klägerin selbst nicht Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 148 ist, auf dem sie Kies abbauen möchte. Abgesehen davon genießt das Grundeigentum an Außenbereichsgrundstücken nur einen eingeschränkten Schutzanspruch und vermittelt - anders als § 34 BauGB - keinen Schutz gegen neu auftretende öffentliche Belange. Denn nach der Entscheidung des Gesetzgebers, der nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums an Grundstücken bestimmt, ist der Außenbereich nach § 35 BauGB grundsätzlich nicht für das Bauen freigegeben, sondern im Interesse seiner größtmöglichen Schonung in erster Linie für die Erholung der Allgemeinheit und für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 17.2.1984 - 4 C 56.79 - NVwZ 1984, 434; Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 = juris Rn. 48). Auch privilegierte Vorhaben sind deshalb im Außenbereich nicht ohne Weiteres zulässig, sondern stehen unter dem Vorbehalt des Nichtentgegenstehens öffentlicher Belange (§ 35 Abs. 1 BauGB), wozu auch der Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gehört (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2013 - 4 CN 2/12 - NVwZ 2013, 1017 Rn. 12; NdsOVG, U.v. 11.11.2013 - 12 LC 257/12 - BauR 2014, 516 Rn. 35; VGH BW, U.v. 9.6.2005 - 3 S 1545/04 - ESVGH 56,56 = juris Rn. 41).

(2) Soweit die Klägerin eine Nichtberücksichtigung ihres (Eigentums-)Rechts in Form des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs behauptet, legt sie - sofern ein solches Recht als rechtlich schutzwürdig anzuerkennen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.6.2009 - 1 BvR 198/08 - NVwZ 2009, 1426/1428 = juris Rn. 19 ff.; B.v. 29.2.2012 - 1 BvR 2378/10 - NZA 2012, 788 = juris Rn. 41; BVerwG, U.v. 12.8.2009 - 9 A 64/07 - BVerwGE 134, 308/310 = juris Rn. 23) - nicht dar, inwieweit ihr Kiesbauunternehmen dadurch in seinem Bestand beeinträchtigt sein könnte, dass sie den als Baustoff benötigten Kies auch künftig - wie bisher - zukaufen muss anstatt ihn auf dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Grundstück FlNr. 148 selbst abzubauen. Bloße Umsatz- und Gewinnchancen sind von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht erfasst (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 7 A 11/11 - BVerwGE 143, 249 = juris Rn. 74).

(3) Soweit sich die Klägerin auf eine Nichtberücksichtigung ihres Rechts der freien Berufsausübung beruft und sinngemäß eine Beeinträchtigung ihrer durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten freien Standortwahl rügt (vgl. BVerfG, B.v. 30.11.2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 = juris Rn. 38; BGH, U.v. 9.12. 2004 - III R 263/04 - BGHZ 161, 305 juris Rn. 19 ff.; OVG NRW, U.v. 26.9.2013 - 16 A 1295/08 - juris Rn. 108), handelt es sich zwar grundsätzlich um einen in der Abwägung zu berücksichtigenden privaten Belang. Dieser musste sich dem Gemeinderat der Beigeladenen aufgrund des Vorbescheidsantrags der Klägerin vom 14. April 2010 und des daraufhin ergangenen Beschluss vom 4. Mai 2010 zur Zurückstellung nach § 15 Abs. 3 BauGB auch ohne gesonderte Geltendmachung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB aufdrängen (vgl. OVG NW, U.v. 26.9.2013 - 16 A 1295/08 - juris Rn. 108). Selbst wenn man aber unterstellt, dass insoweit ein Abwägungsausfall vorliegt, würde dies nicht zur Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans führten. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, wäre dieser Mangel nach § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB nicht erheblich, weil er weder offensichtlich noch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist.

(3.1) Ein Mangel im Abwägungsvorgang ist offensichtlich im Sinn dieser Vorschrift, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Gemeinderats über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 16). Es genügt nicht, wenn - negativ - lediglich nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Abwägungsvorgang an einem Mangel leidet, weil die Planbegründung und Aufstellungsvorgänge keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthalten, dass der Plangeber sich mit bestimmten konkreten Umständen ausdrücklich abwägend befasst hat. Die Grenze dessen, was sich verlässlich ermitteln lässt, geht nicht generell zulasten der planenden Gemeinde, so dass alles, was nicht nachweislich erwogen wurde, zwangsläufig als Abwägungsausfall zu werten wäre. Liegt - wie hier - eine Lücke in den Aufstellungsvorgängen vor, kann dies im Einzelfall zwar den Schluss zulassen, dass insoweit ein Mangel im Abwägungsvorgang gegeben ist. Für die Annahme der „Offensichtlichkeit“ reicht das aber nicht aus (vgl. BVerwG, B.v. 20.1.1992 - 4 B 71.90 - NVwZ 1992, 662 = juris Rn. 13). Eine andere Beurteilung wäre nur dann geboten, wenn objektiv erfassbare Umstände vorliegen, die unzweifelhaft darauf hindeuten, dass dem Gemeinderat der betreffende Belang verborgen geblieben ist oder er ihn trotz Kenntnis nicht oder nur unzureichend berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, U.v. 21.8.1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33/38 = juris Rn. 23 ff., U.v. 6.5.1993 - 4 C 15/91 - BauR 1993, 688 = juris Rn. 20; B.v. 20.1.1995 - 4 NB 43/93 - NVwZ 1995, 692 Rn. 14; B.v. 14.11.2012 - 4 BN 5/12 - ZfB 2013, 9 Rn. 11). Dass solche objektiv erfassbaren Umstände hier gegeben wären, zeigt die Klägerin nicht auf (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

(3.2) Weiterhin dürfte der Mangel auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen sein. Das ist im Allgemeinen zu bejahen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung ohne den Abwägungsmangel anders ausgefallen wäre. Dies ist immer dann der Fall, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonstiger erkennbarer oder nahe liegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass ohne den Fehler anders geplant worden wäre (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 16). Auch das Gewicht des Belangs kann für die Ergebnisrelevanz von Bedeutung sein; je größeres Gewicht dem betroffenen Belang in der Abwägung zukommt, desto eher ist davon auszugehen, dass sich der Abwägungsmangel auf das Planungsergebnis ausgewirkt haben könnte (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207/213 = juris Rn. 25; U.v. 9.4.2008 - 4 CN 1/07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 22). Umgekehrt wird einem Belang von geringem Gewicht kaum ein Einfluss auf das Abwägungsergebnis zugesprochen werden können. Letzteres dürfte hier anzunehmen sein. Das Interesse der Klägerin, gerade auf dem (nicht in ihrem Eigentum stehenden) Grundstück FlNr. 148 Kiesabbau zu betreiben, kann wohl nur geringes Gewicht zugesprochen werden, zumal es letztlich vor allem darin bestehen dürfte, den Eigenbedarf für das gewerbliche Unternehmen zu decken und den benötigen Kies durch Eigenabbau künftig günstiger zu erwerben als durch einen Zukauf wie bisher. Angesichts dessen kann wohl kaum angenommen werden, dass die Beigeladene bei Berücksichtigung dieser gewerblichen Interessen der Klägerin von der Ausweisung der Kiesabbauflächen an den geplanten Standorten Abstand genommen und das Grundstück FlNr. 148 oder andere Flächen ausgewählt hätte.

d) Der weitere Einwand der Klägerin, die Beigeladene habe jegliche Eigentumsbetroffenheit der durch den angestrebten Ausschluss der Abbaumöglichkeiten betroffenen Grundstücke ignoriert, erschöpft sich in einer nicht näher erläuterten Behauptung und genügt damit nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

II)

Ebenso wenig bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Klägerin nicht deswegen ein Rechtsanspruch auf Erteilung des beantragten abgrabungsrechtlichen Vorbescheids zusteht, weil die Abwägung im Einzelfall ergäbe, dass dem Kiesabbauvorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB öffentliche Belange trotz der mit der wirksamen Aufstellung der Flächennutzungsplanänderung verbundenen Ausschlusswirkung nicht entgegenstehen.

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stellt kein absolutes Zulassungshindernis auf, sondern beinhaltet einen Ausnahmevorbehalt für atypische Einzelfälle („in der Regel“). Dies läuft, in ähnlicher Weise wie bei § 35 Abs. 1 BauGB, auf eine nachvollziehende Abwägung hinaus, jedoch unter umgekehrten Vorzeichen. Während der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal „entgegenstehen“ die besondere Bedeutung der Privilegierung hervorhebt, die tendenziell zugunsten des Vorhabens zu Buche schlägt, bringt er mit der Regel-Ausnahme-Formel in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zum Ausdruck, dass außerhalb der Konzentrationsflächen grundsätzlich dem Freihalteinteresse der Vorrang gebührt. Diese Wertung darf im Genehmigungsverfahren nicht konterkariert werden. Eine Abweichung im Einzelfall ist zwar möglich, steht aber unter dem Vorbehalt, dass die Konzeption, die der Planung zugrunde liegt, als solche nicht in Frage gestellt wird. Der zur Genehmigung gestellte Standort darf das gesamträumliche Planungskonzept der Gemeinde nicht in Frage stellen; es muss sich um eine vom Plangeber so nicht vorhergesehene (atypische) Fallkonstellation handeln (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15/01 - BVerwGE 117, 287 Rn. 48; U.v. 26.4.2007 - 4 CN 3/06 - BVerwGE 128, 382 Rn. 17; NdsOVG, B.v. 12.10.2011 - 12 LA 219/10 - ZfBR 2012, 55 = juris Rn. 12).

Dass eine solche atypische Sondersituation, die dem Vorhaben der Klägerin hier entgegen der Regel des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB den Vorrang gegenüber dem Freihaltungsinteresse der Beigeladenen einräumt, gegeben wäre, hat die Klägerin im Zulassungsantrag nicht aufgezeigt. Insbesondere erscheint aufgrund der angeführten Umstände, dass die streitgegenständliche Abbaufläche auf dem Grundstück FlNr. 148 über eine hinreichende Erschließung durch eine Staatsstraße verfügt, baulich bereits durch ein landwirtschaftliche Nutzung vorgeprägt und Teil der von der Beigeladenen vorgesehene gewerblichen Erweiterungsfläche ist, ebenso wenig wie aufgrund der Tatsache, dass der Gewerbebetrieb der Klägerin ortsansässig ist, eine atypische Sonderkonstellation gegeben, die das Abbauinteresse der Klägerin auf diesem Grundstück gewichtiger erscheinen lässt als das grundsätzlich vorrangige Freihaltungsinteresse der Beigeladenen und die das Vorhaben der Klägerin aus dem Kreis anderer Vorhaben heraushebt, deren Zulassung die Beigeladene hat steuern wollen.

B. Die Berufung ist nicht wegen des gerügten Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) infolge eines Verstoßes gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) zuzulassen.

Die Klägerin macht geltend, das Verwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt, weil es sich die einschlägigen Normaufstellungsakten der Beigeladenen nicht habe vorlegen zu lassen. Wäre das geschehen, hätte sich ergeben, dass die Behandlung der betroffenen Eigentümerbelange auch und gerade der Klägerin in der Abwägung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei; die Vornahme dieser Ermittlungen hätte sich auch ohne ein entsprechendes Hinwirken durch die Klägerin durch Stellen eines Beweisantrags von sich aus aufdrängen müssen.

Der Einwand greift nicht durch, weil - wie sich aus Vorstehendem ergibt (vgl. oben I 4. b) - im Hinblick auf die Eigentumsbelange der Klägerin keine beachtlichen Abwägungsmängel vorliegen. Ist ein gerügter Verfahrensmangel aber für den Ausgang des Berufungsverfahrens nicht oder nicht mehr von Bedeutung, kann die Berufung schon aus diesem Grund nicht zugelassen werden (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2008 - 1 ZB 06.2294 - juris Rn. 46; Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 101, 125, 154, 182, 224; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 124 Rn. 51).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), dass die Beigeladene trotz ihres erfolgreichen Gegenantrags ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Sie hat sich mit ihrem Antrag keinem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt, weil auch bei einem erfolgreichen Zulassungsantrag keine Kosten angefallen wären. Die Kosten eines erfolgreichen Zulassungsverfahrens sind nämlich Teil der Kosten des Berufungsverfahrens. Im Zulassungsverfahren bleibt es deshalb in aller Regel bei dem kostenrechtlichen Grundsatz, dass ein Beigeladener seine Kosten selbst trägt (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378; B.v. 11.4.2002 - 1 ZS 01.3179 - BayVBl 2003, 58).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 9.2 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl-Beilage 1/2014).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.