Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2015 - 15 ZB 13.1578

bei uns veröffentlicht am12.02.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, 4 K 12.838, 19.06.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Vorbescheids zur Klärung der abgrabungsrechtlichen Zulässigkeit eines Kiesabbauvorhabens im Gemeindegebiet der Beigeladenen.

Die Klägerin betreibt seit 1998 im Ort der Beigeladenen eine Firma für Tiefbau mit sechs Mitarbeitern. Das Unternehmen benötigt jährlich ca. 70.000 t Kies, den die Klägerin bislang zukauft. Im Mai 2010 beantragte sie die Erteilung eines Vorbescheids für ein Trockenkiesabbauvorhaben mit Wiederverfüllung auf dem landwirtschaftlich genutzten, ca. 1,3 ha großen Grundstück FlNr. 148 Gemarkung F.

Nachdem die Beigeladene im Hinblick auf ihren am 30. März 2010 gefassten Beschluss zur Änderung des seit 2004 rechtgültigen Flächennutzungsplans ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben verweigert hatte, stellte das Landratsamt U. die Entscheidung über den Antrag mit Bescheid vom 14. Juli 2010 zunächst zurück. Am 10. Mai 2011 beschloss der Gemeinderat der Beigeladene die (erste) Änderung des Flächennutzungsplans, der an zwei Standorten Konzentrationszonen für Kiesabbau ausweist. Das Grundstück FlNr. 148 der Klägerin liegt außerhalb dieser Flächen. Am 23. Mai 2011 genehmigte das Landratsamt die Flächennutzungsplanänderung. Am 30. Mai 2011 erfolgte die öffentliche Bekanntmachung der Genehmigung. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 21. Mai 2012 lehnte das Landratsamt den Vorbescheidsantrag der Klägerin ab.

Die Verpflichtungsklage der Klägerin auf Erteilung des beantragten Vorbescheids hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 19. Juni 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben widerspreche den Darstellungen des Flächennutzungsplans in der geänderten Fassung vom 30. Mai 2011, weil der Plan Konzentrationsflächen für Kiesabbau in einem anderen Bereich des Gemeindegebiets vorsehe. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Flächennutzungsplanänderung bestünden nicht.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie einen Verfahrensfehler wegen Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht geltend.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

A. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht zu Recht einen Rechtsanspruch der Klägerin auf Erteilung des beantragten abgrabungsrechtlichen Vorbescheids verneint hat, weil das Trockenkiesabbauvorhaben den im abgrabungsaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften widerspricht (§ 113 Abs. 5 VwGO, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 4 BayAbgrG, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO, §§ 29 ff. BauGB). Dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegierten Abbauvorhaben stehen öffentliche Belange entgegen, weil hierfür nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB durch die Darstellungen des Flächennutzungsplans der Beigeladenen in der Fassung der ersten Änderung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist (vgl. dazu unten I) und eine eine Ausnahme vom Regelfall rechtfertigende (atypische) Fallkonstellation für das Vorhaben der Klägerin nicht vorliegt (vgl. dazu unten II). Das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 BauGB) ist nicht geeignet, diese Beurteilung ernstlich infrage zu stellen.

I) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die erste Änderung des Flächennutzungsplans wirksam ist. Insbesondere ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht, dass die Änderung des Flächennutzungsplans nicht hinreichend bestimmt wäre (vgl. dazu unten I 1), ein Verstoß gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (vgl. dazu unten I 2) oder das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB vorläge (vgl. dazu unten I 3) oder dass die Planung an einem rechtlich erheblichen Abwägungsmangel nach § 2 Abs. 3, § 1 Abs. 7 BauGB litte (vgl. dazu unten I 4).

1. Die erste Änderung des Flächennutzungsplans leidet nicht an durchgreifenden Bestimmtheitsmängeln.

a) Ein Bestimmtheitsmangel liegt nicht deswegen vor, weil der dargestellte Änderungsbereich nicht das gesamte Gemeindegebiet, sondern lediglich den Ausschnitt mit den beiden Änderungsbereichen für zwei „Konzentrationszonen für Kiesabbau“ erfasst.

Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stehen öffentliche Belange einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB privilegierten Außenbereichsvorhaben in der Regel nicht entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Soweit nicht ein räumlicher Teilflächennutzungsplan (§ 5 Abs. 2b Halbs. 2 BauGB) aufgestellt werden soll, betrifft die Steuerungsmöglichkeit nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB den gesamten Außenbereich einer Gemeinde. Liegen die Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vor, erzeugt die positive Darstellung der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsflächen kraft Gesetzes zugleich eine Ausschlusswirkung für die übrigen Außenbereichsflächen im Gemeindegebiet. Die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen bedingen einander (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 Rn. 36; U.v. 13.3.2003 - 4 C 3/02 - NVwZ 2003, 1261 Rn. 20; U.v. 21.10.2004 - 4 C 2/04 - BVerwGE 122, 109 Rn. 13, 18; BayVGH, B.v. 3.7.2013 - 15 ZB 10.3161 - juris Rn. 3). Eine gesonderte Darstellung der Ausschlussflächen ist im Flächennutzungsplan daher nicht geboten (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.2010 - 4 C 7/09 - BVerwGE 137, 74 Rn. 12; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 12. Aufl. 2014, § 35 Rn. 114). Das gilt auch dann, wenn - wie hier - der Flächennutzungsplan nicht erstmals für das gesamte Gemeindegebiet aufgestellt, sondern durch eine Änderung lediglich um die positiven Standortflächen für Konzentrationszonen ergänzt wird. Es genügt eine hinreichend bestimmte Darstellung der Positivflächen mit eindeutiger Abgrenzung für die Konzentration der privilegierten Außenbereichsvorhaben, um dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) zu entsprechen.

Dem hat die Beigeladene mit der Darstellung der beiden Änderungsflächen und jeweils eindeutiger Abgrenzung durch eine schwarze Linie mit Dreiecken sowie der Bezeichnung als „Konzentrationsfläche Kiesabbau“ in der Planlegende Rechnung getragen. Anhaltspunkte dafür, dass sie mit der Flächennutzungsplanänderung die Ausschlusswirkung durch einen räumlichen Teilflächennutzungsplans nach § 5 Abs. 2b Halbs. 2 BauGB lediglich auf einen Teil ihrer Außenbereichsflächen beschränkt hat, bestehen nicht. Vielmehr hat sie mit der Änderung des Flächennutzungsplans die Standorte für die Kiesabbauflächen für ihr gesamtes Gemeindegebiet festgelegt. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus der Begründung zur Änderung des Flächennutzungsplans, wonach mit Ausweisung der Kiesabbau-Konzentrationszone(n) die Zulässigkeit privilegierter Abbauvorhaben für das gesamte Gemeindegebiet bauleitplanerisch geregelt werden soll (vgl. Planbegründung Nr. 1).

b) Mit der Rüge, in der Planlegende seien die maßgeblichen Flächen fälschlich als Fläche nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 BauGB bezeichnet, zeigt die Klägerin ebenfalls keinen Mangel der Bestimmtheit der Flächennutzungsplanänderung auf.

Insoweit handelt es sich um eine offensichtliche und damit nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz „falsa demonstratio non nocet“ rechtlich unschädliche Falschbezeichnung (vgl. BVerwG, U.v. 21.2.2013 - 7 C 22/11 - NVwZ-RR 2013, 593 = juris Rn. 18). Die im Flächennutzungsplan zitierte Norm betrifft in der Planzeichnung nicht dargestellte „Wasserflächen, Häfen und die für die Wasserwirtschaft vorgesehenen Flächen sowie die Flächen, die im Interesse des Hochwasserschutzes und der Regelung des Wasserabflusses freizuhalten sind“. Aus dem engen Zusammenhang des Normzitats mit der Bezeichnung „Flächen für Abgrabungen/Gewinnung von Bodenschätzen“ in der Planlegende sowie aus den Gesamtumständen zur Aufstellung des Flächennutzungsplans ist jedoch zweifelsfrei erkennbar, dass nicht Flächen nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 BauGB, sondern „Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen“ nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 BauGB dargestellt werden sollten.

2. Die Ausführungen im Zulassungsantrag geben auch keine Veranlassung für die Annahme, die Planung genüge nicht dem Erforderlichkeitsgebot des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.

a) Der Vortrag der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine Verhinderungsplanung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verneint, weil es fälschlich die Größe der ausgewiesenen Konzentrationszone für ausreichend gehalten und dabei das Verhältnis zwischen der Größe der Konzentrationsflächen und der Größe der Potentialflächen zugrunde gelegt habe, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung.

Der mit der Festlegung von positiven Standorten nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verbundene Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur dann rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dagegen darf der Planungsträger den Flächennutzungsplan nicht als Mittel dazu benutzen, unter dem Deckmantel der Steuerung die betreffenden Nutzungen in Wahrheit zu verhindern. Eine bloße „Feigenblatt“-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, ist unzulässig. Vielmehr muss er der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen und für die privilegierte Nutzung in substanzieller Weise Raum schaffen (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287/295). Dass eine solche verkappte Verhinderungsplanung hier vorläge, lässt sich dem Vorbringen im Zulassungsantrag nicht entnehmen. Insbesondere zeigt die Klägerin nicht auf, aus welchen Gründen die ausgewiesenen Konzentrationsflächen im Umfang von insgesamt 14,15 ha nicht ausreichend dimensioniert sein sollten, um dem Kiesabbau im Gemeindegebiet in substanzieller Weise Raum zu verschaffen. Zwar sind Größenangaben, isoliert betrachtet, als Kriterium für die Beurteilung, ob den privilegierten Nutzung ausreichend Raum verschafft wurde, ungeeignet. Insbesondere ist ein Flächenvergleich nicht der einzige geeignete Maßstab hierfür. Die Relation zwischen der Gesamtfläche der Konzentrationszonen einerseits und der geeigneten Potentialflächen andererseits muss aber nicht notwendig auf das Vorliegen einer Verhinderungsplanung schließen lassen. Vielmehr hängt dies von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287/295 Rn. 29; U.v. 21.10.2004 - 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109/111; B.v. 28.11.2005 - 4 B 66.05 - NVwZ 2006, 339; U.v. 20.5.2010 - 4 C 7/09 - NVwZ 2010, 1561/1564 Rn. 28; B.v. 13.12.2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 18 m. w. N.). Hierzu enthält der Zulassungsantrag keinerlei Ausführungen (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Soweit die Klägerin geltend macht, das Verwaltungsgericht hätte bei seiner Beurteilung, ob eine Verhinderungsplanung vorliege, ausschließlich auf das Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Konzentrationsflächen und der Größe der Potenzialflächen abgestellt, trifft das so nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat für seine Annahme, dass wegen der Dimensionierung des Vorranggebiets kein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (und § 1 Abs. 6 BauGB) gegeben sei, zwar vorrangig das Größenverhältnis zwischen Vorrangflächen und Potenzialflächen angeführt (vgl. UA S. 13 f.). Dabei ist es aber lediglich auf den Einwand der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren eingegangen (vgl. Schriftsatz vom 17.9.2012 S. 11 f., Bl. 55 f. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts), es liege eine Verhinderungsplanung vor, weil nur 14,15 ha und damit nur 2,78% der Gemeindefläche als Konzentrationsfläche für den Kiesabbau dargestellt worden sei, obwohl 65 ha und somit ca. 23% der Gemeindefläche als sog. Potentialflächen in Betracht gekommen wären. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.

b) Zweifel an der Erforderlichkeit der Planung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ergeben sich auch nicht deswegen, weil der Planung kein schlüssiges Planungskonzept zugrunde läge. Abgesehen davon, dass dies wohl keine Frage der Erforderlichkeit, sondern des Abwägungsgebots (§ 1 Abs. 6 BauGB) ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15/01 - BVerwGE 117, 287 = juris Rn. 36; U.v. 13.12. 2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 9), liegt ein fehlerhaftes Planungskonzept nicht vor (vgl. dazu unten I 4 a).

3. Soweit die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 18. September 2014 einen Verstoß der Planung gegen § 1 Abs. 4 BauGB rügt und geltend macht, der Flächen- nutzungsplan habe entgegenstehende Ziele der Raumordnung (§ 4 Abs. 1 ROG) nicht beachtet, kann dieses Vorbringen wegen des Ablaufs der Zwei-Monatsfrist für die Begründung des Zulassungsantrags am 1. September 2013 (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bei der Entscheidung keine Berücksichtigung mehr finden. Insoweit liegt auch keine bloße nähere Erläuterung oder Vertiefung und damit noch zulässige Ergänzung des fristgemäß Vorgebrachten vor (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 133; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 53).

4. Nicht durchzudringen vermag die Klägerin auch mit dem Einwand, der Flächennutzungsplan leide an beachtlichen Abwägungsmängeln (§ 2 Abs. 3, § 1 Abs. 7 BauGB).

a) Das Vorbringen im Zulassungsantrag rechtfertigt nicht die Annahme, der Planung liege kein schlüssiges Planungskonzept zugrunde.

(1) Der Einwand der Klägerin, die Planung der Beigeladenen werde den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die abschnittsweise Ausarbeitung des Planungskonzepts nicht gerecht, insbesondere habe diese sich den Unterschied zwischen sog. „harten“ und „weichen“ Tabuzonen nicht bewusst gemacht, ist nicht berechtigt.

Wie die Klägerin zutreffend ausführt, bedarf eine planerische Entscheidung zur Herbeiführung der Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts. Um den Anforderungen gerecht zu werden, die hierbei an den Abwägungsvorgang zu stellen sind, muss das Konzept nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch die städtebaulichen Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums aufzeigen. Dabei vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.2009 - 4 BN 25.09 - BRS 74 Nr. 112). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die für die betreffende Nutzung nicht zur Verfügung stehen, wobei sich die Tabuzonen in sog. „harte“ und „weiche“ untergliedern lassen. Der Begriff der „harten“ Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für die betreffende Konzentrationsnutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommen, und deshalb schlechthin ungeeignet sind (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287/295, 299). Mit dem Begriff der „weichen“ Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen lediglich nach dem Willen des Plangebers aus städtebaulichen Gründen die Errichtung von Konzentrationsanlagen von vornherein ausgeschlossen werden sollen (vgl. BVerwG, U.v. 21.10.2004 - 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109/112). Dabei muss sich der Plangeber zur Vermeidung eines Fehlers im Abwägungsvorgang den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren, weil die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen. Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, die einer Abwägung zwischen Belangen der privilegierten Nutzung und widerstreitenden Belangen entzogen sind. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen auch sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden. Seine Entscheidung für weiche Tabuzonen muss der Planungsträger jedoch rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d. h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2013 - 4 CN 2/12 - NVwZ 2013, 1017 Rn. 5 f. m. w. N.). Nach Abschluss dieses ersten Planungsschritts sind die sog. „Potenzialflächen“, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, in einem zweiten Arbeitsschritt zu den zu ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d. h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Konzentrationsnutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung gerecht wird (vgl. zum Ganzen König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 571 ff. m. w. N.).

Dass die vorliegende Planung diesen Anforderungen nicht genügt, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Die Beigeladene hat ihrer Entscheidung ausweislich der Planbegründung (S. 6) die Standortanalyse zur Ausweisung einer Konzentrationszone für Kiesabbau der Fa. L. vom 6. Dezember 2010 zugrunde gelegt, die sich bei ihren Standortempfehlungen wiederum an Nr. 4 der Richtlinien für Anlage zur Gewinnung von Kies, Sand, Steinen und Erden gemäß der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 9. Juni 1995 (AllMBl 1995, S. 589 ff.) orientiert hat. Darin sind die Tabuzonen zwar nicht ausdrücklich als „hart“ oder „weich“ bezeichnet. Dennoch wird aber der Sache nach deutlich unterschieden zwischen zwingenden Ausschlussflächen einerseits („Flächen, für die ein Kiesabbau ausgeschossen ist“) und diese Flächen „ergänzende“, fakultative Ausschlussflächen andererseits, die nach dem planerischen Willen infolge der höheren Gewichtung anderer öffentlich-rechtlicher Belange als Standort für Kiesabbau ebenfalls von vornherein ausscheiden sollen. Zur ersteren Gruppe gehören nach der Standortanalyse diejenigen Flächen im Gemeindegebiet, die eines der in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 9. Juni 1995 (a. a. O.) aufgezählten Kriterien erfüllen, namentlich die bestehenden und geplanten Siedlungsflächen, die Verkehrsflächen, die Hochspannungstrassen der Lech-Elektrizitäts-Werke, die ausgewiesenen Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft, das landschaftliche Vorbehaltsgebiet gemäß Regionalplan, die amtlich verzeichneten Bau- und Bodendenkmäler, das Trinkwasserschutzgebiet, das Landschaftsschutzgebiet, die amtlich kartierten Biotope, die Flächen faunistischer Bedeutung gemäß Artenschutzkartierung, die Waldflächen und größeren Gehölzbestände (vgl. Standortanalyse S. 8 f.). Diese Flächen sind als zwingende Ausschussflächen („automatisch als Tabuflächen“) qualifiziert. Zur zweiten Gruppe werden die „Abstandsflächen, die aus landschaftsplanerischer Sicht gewählt oder vergrößert wurden, um nachteilige Wirkungen auf angrenzende Nutzungen oder Schutzgüter möglichst auszuschließen“ gezählt (vgl. Standortanalyse S. 4 und 10 f.). Dass die Zuordnung zu diesen Gruppen nicht sachgerecht wäre, macht die Klägerin nicht geltend (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Im Anschluss an die so ermittelten „Tabu- und Abstandsflächen“ werden die verbliebenen Bereiche der Sache nach als Potenzialflächen eingestuft („Bereiche, die als Konzentrationsflächen für den Kiesabbau theoretisch in Frage kommen“, vgl. Standortanalyse S. 4 und S. 11) und daraus in dem erforderlichen weiteren Arbeitsschritt nach abwägender Bewertung der Eignung in drei Stufen die endgültigen Konzentrationsflächen ermittelt (Standortanalyse S. 13 ff.). Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern.

(2) Nicht gerechtfertigt erscheint auch der Vorhalt der Klägerin, die Beigeladene habe bei der Festlegung der (weichen) Tabuflächen die Mindestabstände der Abbauflächen zur Bebauung willkürlich vergrößert. Aus der der Festlegung der Tabuflächen zugrunde gelegten Standortanalyse geht ohne Weiteres hervor, dass die nach der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 9. Juni 1995 (AllMBl 1995, S. 589/596) und den „Anforderungen zum Lärmschutz bei der Planung von Abbauflächen für Kies, Sand und andere Bodenschätze“ des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz von Juli 2003 (http://www.lfu.bayern.de/laerm/doc/anlagen_abbauflaechen.pdf) empfohlenen Mindestwerte aus landschaftsplanerischer Sicht um sinnvolle Abstände überschritten werden, damit nachteilige Wirkungen auf die im Einzelnen in der Tabelle 1 angeführten angrenzenden Nutzungen und Schutzgüter (u. a. Wohngebiete, Einzelbebauung, Gewässer, Elektrofreileitungen, öffentliche Straßen, Bahnlinien, Natur- Boden und Kulturdenkmäler, Biotope, Wälder) praktisch ausgeschlossen bzw. weitgehend vermieden werden (vgl. Standortanalyse S. 4 Mitte und S. 10 f.). Auch damit folgt die Beigeladene einer Empfehlung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 9. Juni 1995 (a. a. O., vgl. Nr. 4.2.1.6). Dass die Erhöhung der Mindestabstände im Hinblick auf diese Belange im Einzelnen nicht gerechtfertigt gewesen wäre, trägt die Klägerin nicht vor (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

(3) Soweit die Klägerin geltend macht, die Beigeladene habe die Frage der „Mächtigkeit des Kiesvorkommens auf den potentiellen Konzentrationsbereichen“ nicht oder unzureichend recherchiert, trifft das nicht zu. Die der Abwägungsentscheidung zugrunde gelegte Standortanalyse (S. 5 f.) bezieht sich insoweit auf entsprechende geologische Karten von Bayern und Baden-Württemberg, in denen das Kiesvorkommen im Gemeindegebiet eingetragen ist. Dass diese Karten unzutreffende oder unzureichende Angaben enthielten, legt die Klägerin nicht dar (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

(4) Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist das Planungskonzept auch nicht deswegen fehlerhaft, weil die Beigeladene bei der Standortentscheidung irrtümlich davon ausgegangen wäre, die Antragsflächen der Klägerin im Norden des Hauptorts (Grundstück FlNr. 148) würden unmittelbar an geplante Gewerbeflächen oder an für deren Erweiterung vorgesehene (Flächen) angrenzen und seien deswegen als Konzentrationsflächen für den Kiesabbau weniger geeignet als die ausgewiesenen Flächen.

Insbesondere lässt sich der von der Klägerin angeführten Passage in der Planbegründung („Die Flächen im Norden von F. (5,5 ha) stehen in einem potentiellen Nutzungskonflikt mit den im Flächennutzungsplan dargestellten Planungen. Südlich der Flächen ist die Ansiedlung von Gewerbe vorgesehen. Mittelfristig ist somit auch auf diesen Flächen, durch ihre unmittelbar Angrenzung an die geplante Gewerbeflächen, eine Ausdehnung für weitere Gewerbeeinheiten denkbar und angestrebt“) nicht entnehmen, dass die Beigeladene ihrer Abwägungsentscheidung die fehlerhafte Annahme zugrunde gelegt hat, das Grundstück FlNr. 148 grenze unmittelbar an die im Flächennutzungsplan als „Gewerbliche Bauflächen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BauNVO)“ dargestellten Flächen. Vielmehr wird aus der Formulierung hinreichend deutlich, dass die Beigeladene einen potentiellen Nutzungskonflikt zwischen der ca. 5,5 ha großen Fläche im Norden, die auch das Grundstück FlNr. 148 umfasst, und ihren Planungen darin gesehen hat, dass die Fläche im Bereich zwischen dem Grundstück FlNr. 148 und den als gewerbliche Bauflächen im Flächennutzungsplan dargestellten Grundstücken für eine Ausweisung als Gewerbeflächen für die Zukunft zur Erweiterung der bereits geplanten und im Flächennutzungsplan dargestellten Gewerbeflächen vorbehalten werden sollte. Gleiches ergibt sich aus der der Planung zugrunde gelegten Standortanalyse (S.14: „Die Flächen der Eignungsstufe II im Norden von F. (5,5 ha) stehen in einem potentiellen Nutzungskonflikt mit den im Flächennutzungsplan dargestellten Planungen. Südlich der Flächen der Eignungsstufe II ist die Ansiedlung von Gewerbe gedacht. Mittelfristig ist somit auch auf diesen Flächen, durch ihre unmittelbar Angrenzung an die erwähnten geplanten Gewerbeflächen, eine Ausdehnung für weitere Gewerbeeinheiten denkbar“). Hierbei handelt es sich um sachgerechte, ohne Weiteres nachvollziehbare Erwägungen, die einen Abwägungsmangel nicht begründen. Die Entscheidung über die Auswahl geeigneter Flächen setzt nicht voraus, dass bereits konkrete Planungen für die betroffenen Flächen vorhanden sind, die einem Vorhaben entgegenstehen.

(5) Ebenso wenig berechtigt erscheint das Vorbringen, die Planung sei in sich widersprüchlich, weil mit ihr einerseits überwiegend kleinräumiger, privater Kiesabbau ermöglicht werden sollte, andererseits aber eine verbleibende Potenzialfläche im Norden des Gemeindegebiets der Beigeladenen mit einer Größe von 4 ha als nicht geeignet angesehen wurde. Abgesehen davon, dass die Klägerin nicht angibt, woraus sich das Planungsziel der „Ermöglichung von überwiegend kleinräumigen, privaten Kiesabbau“ ergeben soll (nach S. 4 der Planbegründung werden „kleinere Abbaue privilegiert, die dem örtlichen Bedarf dienen“), ist es nicht fehlerhaft, wenn die Gemeinde bei der Standortauswahl nicht sämtliche geeigneten Potenzialflächen als Konzentrationsflächen für Kiesabbau ausweist, sondern hieraus Flächen auswählt, die im Hinblick auf die Größe der betreffenden Flächen und weiterer Kriterien wie etwa Grundstückszuschnitt, Erschließung, potenzielle Nutzungskonflikte u. a. (vgl. Standortanalyse S. 14) hierfür am besten geeignet sind (vgl. BVerwG, B.v. 12.7.2006 - 4 B 49/06 - ZfBR 2006, 679 = juris Rn. 7).

(6) Soweit die Klägerin pauschal die fehlende Berücksichtigung von Fragen der „Wirtschaftlichkeit der Ausbeute“, der „Flächenverfügbarkeit“ und der „Dimension des Entwicklungsspielraums der Konzentrationsflächen“ bei der Flächenauswahl rügt, legt sie nicht dar, woraus sich eine Pflicht zur Berücksichtigung dieser Kriterien ergeben soll und inwieweit diese Fragen für die Beurteilung der Eignung der Konzentrationsfläche für den Kiesabbau erheblich gewesen sein sollen.

b) Keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich auch hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgericht, bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Belange (§ 1 Abs. 7 BauGB) seien die privaten Interessen der Klägerin hinreichend erkannt und berücksichtigt worden.

(1) Soweit die Klägerin mit dem Vorbringen, „in der Abwägungsentscheidung…fänden sich keine Hinweise auf die Betroffenheit der Klägerin in ihren eigentumsrechtlichen Belangen“ (Schriftsatz vom 2.9.2013 S. 9 f.) und „an keiner Stelle der Begründung werde auch nur ansatzweise erkennbar, dass die Beigeladene - und sei es allgemein und abstrakt - eine Einschränkung der eigentumsrechtlichen Verfügungsmöglichkeiten…. planungsrechtlich privilegierter Unternehmen … erkannt und betrachtet hätte“ (Schriftsatz vom 2.9.2013 S. 11), eine Nichtberücksichtigung ihres durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Grundeigentums geltend machen wollte, scheidet ein Abwägungsmangel schon deswegen aus, weil die Klägerin selbst nicht Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 148 ist, auf dem sie Kies abbauen möchte. Abgesehen davon genießt das Grundeigentum an Außenbereichsgrundstücken nur einen eingeschränkten Schutzanspruch und vermittelt - anders als § 34 BauGB - keinen Schutz gegen neu auftretende öffentliche Belange. Denn nach der Entscheidung des Gesetzgebers, der nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums an Grundstücken bestimmt, ist der Außenbereich nach § 35 BauGB grundsätzlich nicht für das Bauen freigegeben, sondern im Interesse seiner größtmöglichen Schonung in erster Linie für die Erholung der Allgemeinheit und für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt (vgl. BVerwG, U.v. 17.2.1984 - 4 C 56.79 - NVwZ 1984, 434; Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 = juris Rn. 48). Auch privilegierte Vorhaben sind deshalb im Außenbereich nicht ohne Weiteres zulässig, sondern stehen unter dem Vorbehalt des Nichtentgegenstehens öffentlicher Belange (§ 35 Abs. 1 BauGB), wozu auch der Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gehört (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2013 - 4 CN 2/12 - NVwZ 2013, 1017 Rn. 12; NdsOVG, U.v. 11.11.2013 - 12 LC 257/12 - BauR 2014, 516 Rn. 35; VGH BW, U.v. 9.6.2005 - 3 S 1545/04 - ESVGH 56,56 = juris Rn. 41).

(2) Soweit die Klägerin eine Nichtberücksichtigung ihres (Eigentums-)Rechts in Form des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs behauptet, legt sie - sofern ein solches Recht als rechtlich schutzwürdig anzuerkennen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.6.2009 - 1 BvR 198/08 - NVwZ 2009, 1426/1428 = juris Rn. 19 ff.; B.v. 29.2.2012 - 1 BvR 2378/10 - NZA 2012, 788 = juris Rn. 41; BVerwG, U.v. 12.8.2009 - 9 A 64/07 - BVerwGE 134, 308/310 = juris Rn. 23) - nicht dar, inwieweit ihr Kiesbauunternehmen dadurch in seinem Bestand beeinträchtigt sein könnte, dass sie den als Baustoff benötigten Kies auch künftig - wie bisher - zukaufen muss anstatt ihn auf dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Grundstück FlNr. 148 selbst abzubauen. Bloße Umsatz- und Gewinnchancen sind von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht erfasst (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 7 A 11/11 - BVerwGE 143, 249 = juris Rn. 74).

(3) Soweit sich die Klägerin auf eine Nichtberücksichtigung ihres Rechts der freien Berufsausübung beruft und sinngemäß eine Beeinträchtigung ihrer durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten freien Standortwahl rügt (vgl. BVerfG, B.v. 30.11.2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 = juris Rn. 38; BGH, U.v. 9.12. 2004 - III R 263/04 - BGHZ 161, 305 juris Rn. 19 ff.; OVG NRW, U.v. 26.9.2013 - 16 A 1295/08 - juris Rn. 108), handelt es sich zwar grundsätzlich um einen in der Abwägung zu berücksichtigenden privaten Belang. Dieser musste sich dem Gemeinderat der Beigeladenen aufgrund des Vorbescheidsantrags der Klägerin vom 14. April 2010 und des daraufhin ergangenen Beschluss vom 4. Mai 2010 zur Zurückstellung nach § 15 Abs. 3 BauGB auch ohne gesonderte Geltendmachung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB aufdrängen (vgl. OVG NW, U.v. 26.9.2013 - 16 A 1295/08 - juris Rn. 108). Selbst wenn man aber unterstellt, dass insoweit ein Abwägungsausfall vorliegt, würde dies nicht zur Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans führten. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, wäre dieser Mangel nach § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB nicht erheblich, weil er weder offensichtlich noch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist.

(3.1) Ein Mangel im Abwägungsvorgang ist offensichtlich im Sinn dieser Vorschrift, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Gemeinderats über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 16). Es genügt nicht, wenn - negativ - lediglich nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Abwägungsvorgang an einem Mangel leidet, weil die Planbegründung und Aufstellungsvorgänge keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthalten, dass der Plangeber sich mit bestimmten konkreten Umständen ausdrücklich abwägend befasst hat. Die Grenze dessen, was sich verlässlich ermitteln lässt, geht nicht generell zulasten der planenden Gemeinde, so dass alles, was nicht nachweislich erwogen wurde, zwangsläufig als Abwägungsausfall zu werten wäre. Liegt - wie hier - eine Lücke in den Aufstellungsvorgängen vor, kann dies im Einzelfall zwar den Schluss zulassen, dass insoweit ein Mangel im Abwägungsvorgang gegeben ist. Für die Annahme der „Offensichtlichkeit“ reicht das aber nicht aus (vgl. BVerwG, B.v. 20.1.1992 - 4 B 71.90 - NVwZ 1992, 662 = juris Rn. 13). Eine andere Beurteilung wäre nur dann geboten, wenn objektiv erfassbare Umstände vorliegen, die unzweifelhaft darauf hindeuten, dass dem Gemeinderat der betreffende Belang verborgen geblieben ist oder er ihn trotz Kenntnis nicht oder nur unzureichend berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, U.v. 21.8.1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33/38 = juris Rn. 23 ff., U.v. 6.5.1993 - 4 C 15/91 - BauR 1993, 688 = juris Rn. 20; B.v. 20.1.1995 - 4 NB 43/93 - NVwZ 1995, 692 Rn. 14; B.v. 14.11.2012 - 4 BN 5/12 - ZfB 2013, 9 Rn. 11). Dass solche objektiv erfassbaren Umstände hier gegeben wären, zeigt die Klägerin nicht auf (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

(3.2) Weiterhin dürfte der Mangel auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen sein. Das ist im Allgemeinen zu bejahen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung ohne den Abwägungsmangel anders ausgefallen wäre. Dies ist immer dann der Fall, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonstiger erkennbarer oder nahe liegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass ohne den Fehler anders geplant worden wäre (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 4 CN 1/11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 16). Auch das Gewicht des Belangs kann für die Ergebnisrelevanz von Bedeutung sein; je größeres Gewicht dem betroffenen Belang in der Abwägung zukommt, desto eher ist davon auszugehen, dass sich der Abwägungsmangel auf das Planungsergebnis ausgewirkt haben könnte (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207/213 = juris Rn. 25; U.v. 9.4.2008 - 4 CN 1/07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 22). Umgekehrt wird einem Belang von geringem Gewicht kaum ein Einfluss auf das Abwägungsergebnis zugesprochen werden können. Letzteres dürfte hier anzunehmen sein. Das Interesse der Klägerin, gerade auf dem (nicht in ihrem Eigentum stehenden) Grundstück FlNr. 148 Kiesabbau zu betreiben, kann wohl nur geringes Gewicht zugesprochen werden, zumal es letztlich vor allem darin bestehen dürfte, den Eigenbedarf für das gewerbliche Unternehmen zu decken und den benötigen Kies durch Eigenabbau künftig günstiger zu erwerben als durch einen Zukauf wie bisher. Angesichts dessen kann wohl kaum angenommen werden, dass die Beigeladene bei Berücksichtigung dieser gewerblichen Interessen der Klägerin von der Ausweisung der Kiesabbauflächen an den geplanten Standorten Abstand genommen und das Grundstück FlNr. 148 oder andere Flächen ausgewählt hätte.

d) Der weitere Einwand der Klägerin, die Beigeladene habe jegliche Eigentumsbetroffenheit der durch den angestrebten Ausschluss der Abbaumöglichkeiten betroffenen Grundstücke ignoriert, erschöpft sich in einer nicht näher erläuterten Behauptung und genügt damit nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

II)

Ebenso wenig bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Klägerin nicht deswegen ein Rechtsanspruch auf Erteilung des beantragten abgrabungsrechtlichen Vorbescheids zusteht, weil die Abwägung im Einzelfall ergäbe, dass dem Kiesabbauvorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB öffentliche Belange trotz der mit der wirksamen Aufstellung der Flächennutzungsplanänderung verbundenen Ausschlusswirkung nicht entgegenstehen.

§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stellt kein absolutes Zulassungshindernis auf, sondern beinhaltet einen Ausnahmevorbehalt für atypische Einzelfälle („in der Regel“). Dies läuft, in ähnlicher Weise wie bei § 35 Abs. 1 BauGB, auf eine nachvollziehende Abwägung hinaus, jedoch unter umgekehrten Vorzeichen. Während der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal „entgegenstehen“ die besondere Bedeutung der Privilegierung hervorhebt, die tendenziell zugunsten des Vorhabens zu Buche schlägt, bringt er mit der Regel-Ausnahme-Formel in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zum Ausdruck, dass außerhalb der Konzentrationsflächen grundsätzlich dem Freihalteinteresse der Vorrang gebührt. Diese Wertung darf im Genehmigungsverfahren nicht konterkariert werden. Eine Abweichung im Einzelfall ist zwar möglich, steht aber unter dem Vorbehalt, dass die Konzeption, die der Planung zugrunde liegt, als solche nicht in Frage gestellt wird. Der zur Genehmigung gestellte Standort darf das gesamträumliche Planungskonzept der Gemeinde nicht in Frage stellen; es muss sich um eine vom Plangeber so nicht vorhergesehene (atypische) Fallkonstellation handeln (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2002 - 4 C 15/01 - BVerwGE 117, 287 Rn. 48; U.v. 26.4.2007 - 4 CN 3/06 - BVerwGE 128, 382 Rn. 17; NdsOVG, B.v. 12.10.2011 - 12 LA 219/10 - ZfBR 2012, 55 = juris Rn. 12).

Dass eine solche atypische Sondersituation, die dem Vorhaben der Klägerin hier entgegen der Regel des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB den Vorrang gegenüber dem Freihaltungsinteresse der Beigeladenen einräumt, gegeben wäre, hat die Klägerin im Zulassungsantrag nicht aufgezeigt. Insbesondere erscheint aufgrund der angeführten Umstände, dass die streitgegenständliche Abbaufläche auf dem Grundstück FlNr. 148 über eine hinreichende Erschließung durch eine Staatsstraße verfügt, baulich bereits durch ein landwirtschaftliche Nutzung vorgeprägt und Teil der von der Beigeladenen vorgesehene gewerblichen Erweiterungsfläche ist, ebenso wenig wie aufgrund der Tatsache, dass der Gewerbebetrieb der Klägerin ortsansässig ist, eine atypische Sonderkonstellation gegeben, die das Abbauinteresse der Klägerin auf diesem Grundstück gewichtiger erscheinen lässt als das grundsätzlich vorrangige Freihaltungsinteresse der Beigeladenen und die das Vorhaben der Klägerin aus dem Kreis anderer Vorhaben heraushebt, deren Zulassung die Beigeladene hat steuern wollen.

B. Die Berufung ist nicht wegen des gerügten Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) infolge eines Verstoßes gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) zuzulassen.

Die Klägerin macht geltend, das Verwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt, weil es sich die einschlägigen Normaufstellungsakten der Beigeladenen nicht habe vorlegen zu lassen. Wäre das geschehen, hätte sich ergeben, dass die Behandlung der betroffenen Eigentümerbelange auch und gerade der Klägerin in der Abwägung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei; die Vornahme dieser Ermittlungen hätte sich auch ohne ein entsprechendes Hinwirken durch die Klägerin durch Stellen eines Beweisantrags von sich aus aufdrängen müssen.

Der Einwand greift nicht durch, weil - wie sich aus Vorstehendem ergibt (vgl. oben I 4. b) - im Hinblick auf die Eigentumsbelange der Klägerin keine beachtlichen Abwägungsmängel vorliegen. Ist ein gerügter Verfahrensmangel aber für den Ausgang des Berufungsverfahrens nicht oder nicht mehr von Bedeutung, kann die Berufung schon aus diesem Grund nicht zugelassen werden (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.2008 - 1 ZB 06.2294 - juris Rn. 46; Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 101, 125, 154, 182, 224; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 124 Rn. 51).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), dass die Beigeladene trotz ihres erfolgreichen Gegenantrags ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Sie hat sich mit ihrem Antrag keinem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt, weil auch bei einem erfolgreichen Zulassungsantrag keine Kosten angefallen wären. Die Kosten eines erfolgreichen Zulassungsverfahrens sind nämlich Teil der Kosten des Berufungsverfahrens. Im Zulassungsverfahren bleibt es deshalb in aller Regel bei dem kostenrechtlichen Grundsatz, dass ein Beigeladener seine Kosten selbst trägt (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378; B.v. 11.4.2002 - 1 ZS 01.3179 - BayVBl 2003, 58).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 9.2 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl-Beilage 1/2014).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Feb. 2015 - 15 ZB 13.1578

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
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Tenor I. Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt. II. Von den Kosten des Zulassungsverfahrens haben die Kläger zu 1 und 2 (Au 4 K 14.83) als Gesamtschuldner, der Kläger zu 3 (Au 4 K 14.84), die Klägerin zu 4

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von fünf Windenergieanlagen auf Grundstücken im Stadtgebiet der Beigeladenen.

2

Die Klägerin, ein Unternehmen der Windenergiebranche, beantragte am 18. November 2002 beim Regierungspräsidium Darmstadt (im Folgenden: Beklagter) die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von fünf Windenergieanlagen mit je einer Gesamthöhe von 133 m auf verschiedenen Grundstücken im Gemeindegebiet der Beigeladenen. Die Baugrundstücke lagen zum Zeitpunkt der Antragstellung in einem Gebiet, das im Flächennutzungsplan vom 20. März 1998 unter der Bezeichnung WE II als Vorranggebiet für die Windenergienutzung dargestellt war. Zwei weitere Vorranggebiete waren als WE I und WE III ausgewiesen. Die Vorrangflächen, deren Darstellung auf den Ergebnissen einer Raumanalyse vom Februar 1997 basiert, hatten nach den vorinstanzlichen Feststellungen eine Größe von insgesamt ca. 500 ha. Mit Ausnahme eines Teilbereichs, in dem sich das für die Windenergieanlage 1 vorgesehene Baugrundstück befindet, wurde die Vorrangzone WE II als Bereich für die Windenergienutzung in den Regionalen Raumordnungsplan Südhessen übernommen. Der gesamte Vorrangbereich ist im Regionalen Raumordnungsplan Südhessen mit den Darstellungen "Regionaler Grünzug" und "Bereich für die Landwirtschaft" unterlegt.

3

Im Rahmen ihrer Beteiligung am Genehmigungsverfahren wies die Beigeladene den Beklagten mit Schreiben vom 5. Februar 2003 darauf hin, dass ihre Stadtverordnetenversammlung am 21. September 2001 einen Beschluss zur Aufstellung von Bebauungsplänen, darunter für die Fläche WE II, sowie zum Erlass einer hierauf bezogenen Veränderungssperre gefasst habe, "um die weitere Entwicklung zu ordnen und Fehlentwicklungen - insbesondere bezüglich des Landschaftsbildes und der Naherholungsfunktion - zu vermeiden", die Veränderungssperre die Genehmigung von Windenergieanlagen ausschließe und das Einvernehmen zu den Vorhaben deshalb nicht erteilt werden könne. Der Beklagte stellte daraufhin die Entscheidung über den Genehmigungsantrag der Klägerin zurück. Von der in Aussicht genommenen Bebauungsplanung nahm die Beigeladene später Abstand.

4

Die Stellungnahmen und Anregungen von Trägern öffentlicher Belange zu den Vorentwürfen der Bebauungspläne für die Vorrangzonen WE I bis III veranlassten die Beigeladene, auch eine Änderung des Flächennutzungsplans in Erwägung zu ziehen. Nachdem sie im Juni 2004 ein ornithologisches Gutachten zu der Fragestellung eingeholt hatte, welche Flächen der Vorrangzone WE II für die Errichtung von Windenergieanlagen am besten geeignet und welche ungeeignet seien, und auf der Grundlage einer im März 2005 erfolgten Aktualisierung der Raumanalyse 1997 beschloss ihre Stadtverordnetenversammlung am 21. Juli 2005 die 2. Änderung des Flächennutzungsplans. Unter der Bezeichnung WE ist nunmehr für die Nutzung der Windenergie eine 34,7 ha große Vorrangfläche vorgesehen, die nach den vorinstanzlichen Feststellungen vier Windenergieanlagen Platz bietet und auf der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits zwei Windenergieanlagen errichtet waren. Die Fläche erfasst die Baugrundstücke der Klägerin nicht. Am 7. März 2006 genehmigte der Beklagte die 2. Änderung des Flächennutzungsplans; die öffentliche Bekanntmachung der Genehmigung erfolgte am 18. März 2006.

5

Während des Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplans teilte die Beigeladene dem Beklagten wiederholt mit, dass sie ihr Einvernehmen weiterhin nicht erteile; der Kreisausschuss des Wetteraukreises ersetzte das Einvernehmen nicht. Mit Bescheid vom 4. Oktober 2005 lehnte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin unter Hinweis auf das versagte und nicht ersetzte Einvernehmen ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin bereits Untätigkeitsklage erhoben. Ihr Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid blieb unbeschieden.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Hauptantrag auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten Genehmigung abgewiesen, auf den Hilfsantrag jedoch festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt war, den Antrag der Klägerin wegen Fehlens des Einvernehmens der Beigeladenen nach § 36 BauGB abzulehnen.

7

Die im Umfang der Klagestattgabe zugelassene Berufung der Beigeladenen hat der Verwaltungsgerichtshof mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Rechtswidrigkeit des Bescheides des Beklagten vom 4. Oktober 2005 festgestellt wird. Die Anschlussberufung der Klägerin blieb ebenfalls ohne Erfolg. Zur Begründung heißt es zusammengefasst: Der Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung stünden nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB die Darstellungen des Flächennutzungsplans der Beigeladenen in der Fassung der 2. Änderung entgegen. Da alle Baugrundstücke außerhalb der Vorrangfläche WE für die Nutzung der Windenergie lägen, scheitere die Realisierung der Vorhaben an § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Die Konzentrationsflächenplanung in der Gestalt der 2. Änderung des Flächennutzungsplans leide an keinen zur Unwirksamkeit führenden formellen oder materiellen Mängeln. Namentlich sei sie nicht mit beachtlichen Fehlern im Abwägungsvorgang behaftet. Die Klägerin dringe allerdings mit ihrem erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag durch, soweit dieser auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides des Beklagten vom 4. Oktober 2005 gerichtet sei. Die allein auf die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens gestützte Ablehnung des Genehmigungsantrags sei rechtswidrig gewesen, weil keiner der von der Beigeladenen angeführten Gründe - mangelnde Sicherung einer ausreichenden Erschließung, die Ausweisung des für die Errichtung der Anlagen vorgesehenen Bereichs als "Regionaler Grünzug" im Regionalen Raumordnungsplan Südhessen, eine nach dem Flächennutzungsplan 1998 bestehende Höhenbegrenzung der Anlagen sowie Vorwirkungen des mit der 2. Änderung des Flächennutzungsplans einhergehenden Ausschlusses der betroffenen Grundstücke von der Windenergienutzung - die Verweigerung des Einvernehmens gerechtfertigt hätten. Andere Versagungsgründe als diejenigen, auf die sich die Beigeladene bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses, dem Wirksamwerden der 2. Änderung des Flächennutzungsplans am 18. März 2006 berufen habe, seien nicht zu prüfen.

8

Gegen das Urteil haben die Klägerin und die Beigeladene die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet; die Revision der Beigeladenen ist begründet.

10

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass die Klägerin seit dem 18. März 2006, dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der 2. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 BauGB), die beantragte Genehmigung nicht mehr beanspruchen kann. Dagegen ist revisionsgerichtlich nichts zu erinnern.

11

Die Genehmigungsfähigkeit der umstrittenen Windenergieanlagen richtet sich nach § 6 Abs. 1 BImSchG. Hiernach ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2). Zu den anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehören auch die Bestimmungen des Baugesetzbuchs. Maßgeblich ist vorliegend § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, wonach Vorhaben zur Nutzung der Windenergie im Außenbereich zulässig sind, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs stehen den zur Genehmigung gestellten Windenergieanlagen öffentliche Belange entgegen. Das ist aus Sicht des Bundesrechts nicht zu beanstanden.

12

a) Zweifelhaft ist allerdings, ob - wie die Vorinstanz meint - den Vorhaben der Klägerin die Darstellungen des Flächennutzungsplans in der Fassung der 2. Änderung (im Folgenden: Flächennutzungsplan 2006) als öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB entgegenstehen. Sollten die Baugrundstücke als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt sein, dürfte das die Zulassung von Windenergieanlagen nicht hindern; denn Flächen, die für die Landwirtschaft vorgesehen sind, sind in der Regel nicht in dem Sinne anderweitig verplant, dass die dargestellte Nutzung privilegierte Vorhaben ausschließen könnte (Urteil vom 6. Oktober 1989 - BVerwG 4 C 28.86 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 258). Den geplanten Anlagen stehen jedoch öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen, weil hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan 2006 eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Das hat der Verwaltungsgerichtshof richtig erkannt. Unrichtig, aber im Ergebnis unschädlich ist nur die Verknüpfung, die er zwischen § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB und § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB hergestellt hat. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB errichtet eine eigenständige Zulassungshürde. Die Ausschlusswirkung, die § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erzeugt, ist nämlich die gesetzliche Rechtsfolge der Darstellung von Konzentrationsflächen im Flächennutzungsplan und leitet sich nicht aus einer "negativen", über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlichen Darstellung im Flächennutzungsplan ab. Die Ausschussflächen sind im Flächennutzungsplan nicht "dargestellt".

13

b) Die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB tritt nur ein, wenn die Konzentrationsflächenplanung wirksam ist. Das ist hier der Fall.

14

aa) Dem Flächennutzungsplan 2006 mangelt es nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Nach der Rechtsprechung des Senats sind solche Bauleitpläne nicht erforderlich, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Davon ist auszugehen, wenn eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken (Urteile vom 14. Juli 1972 - BVerwG 4 C 8.70 - BVerwGE 40, 258 und vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Beschlüsse vom 18. Dezember 1990 - BVerwG 4 NB 8.90 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 47 und vom 11. Mai 1999 - BVerwG 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338). Aus dieser Rechtsprechung kann die Klägerin nichts für sich herleiten. Das Ziel, im Vorranggebiet WE die Windenergienutzung zu ermöglichen, entspricht dem Planungswillen der Beigeladenen. Das Vorranggebiet hat die Beigeladene nicht dargestellt, um in Wahrheit eine andere Nutzung der Vorrangflächen zu verhindern. Planerische Festsetzung und planerischer Wille stimmen überein. Der Umstand, dass die ursprünglich dargestellten Vorrangflächen durch die Änderungsplanung deutlich eingeschränkt wurden, nimmt der Planung nicht ihre positive Zielsetzung.

15

Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit richtet eine Planungsschranke ferner für den Fall auf, dass sich eine Planung als nicht vollzugsfähig erweist, weil ihr auf unabsehbare Zeit unüberwindbare rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. Urteile vom 12. August 1999 - BVerwG 4 CN 4.98 - BVerwGE 109, 246, vom 21. März 2002 - BVerwG 4 CN 14.00 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 110 = DVBl 2002, 1469, vom 30. Januar 2003 - BVerwG 4 CN 14.01 - BVerwGE 117, 351 und vom 18. März 2004 - BVerwG 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239). Nach den tatrichterlichen, den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden und von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen der Vorinstanz bietet das Vorranggebiet WE Raum für den technisch und wirtschaftlich sinnvollen Betrieb von vier Windenergieanlagen (UA S. 27). Sollte das Vorranggebiet eine geringere Aufnahmekapazität haben als von der Beigeladenen angenommen, wäre das kein Umstand, der geeignet wäre, die städtebauliche Erforderlichkeit des Flächennutzungsplans 2006 in Frage zu stellen.

16

bb) Die Konzentrationsflächenplanung der Beigeladenen leidet nicht an beachtlichen Verstößen gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB.

17

(1) Die Anforderungen, die das Abwägungsgebot an eine wirksame Konzentrationsflächenplanung stellt, sind in der Rechtsprechung des Senats geklärt (Urteile vom 17. Dezember 2002 a.a.O., vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 4.02 - BVerwGE 118, 33 und - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261, vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <111> und vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559). Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Rechtssätze formuliert, die der Senatsrechtsprechung widersprechen. Seine anlässlich dieses Falles geäußerte Auffassung, dass die Reduzierung mehrerer und größerer Konzentrationszonen auf eine einzelne Konzentrationszone mit geringeren Ausmaßen nicht zwingend auf eine zu missbilligende Verhinderungsplanung führt, dass aber die Gemeinde unter einem besonderen Rechtfertigungszwang steht und an die Vollständigkeit der Ermittlung des Abwägungsmaterials sowie an die Tragfähigkeit der in den Abwägungsprozess einfließenden Aspekte und Überlegungen besondere Anforderungen zu stellen sind, ist mit Bundesrecht vereinbar.

18

(2) Die Angriffe der Klägerin gegen die berufungsgerichtliche Sachverhaltswürdigung bleiben ohne Erfolg. Das Revisionsgericht ist nicht befugt, die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts durch eine eigene Tatsachenwürdigung zu ersetzen (§ 137 Abs. 2 VwGO). Nur wenn die Tatsachenfeststellung und -würdigung mit zulässigen und begründeten Revisionsgründen erschüttert wird oder die Würdigung gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt, ist sie revisionsgerichtlich zu beanstanden (vgl. Urteil vom 13. Dezember 1988 - BVerwG 1 C 44.86 - BVerwGE 81, 74 <76>). Ein solcher Verstoß liegt hier aber nicht vor.

19

(a) Die Klägerin wirft dem Verwaltungsgerichtshof vor, das Planungskonzept der Beigeladenen zu Unrecht gebilligt zu haben. Die Beigeladene habe es versäumt, sämtliche Außenbereichsflächen ihres Stadtgebiets in ihre Standortanalyse einzubeziehen. Sie habe im Verfahren zur 2. Änderung des Flächennutzungsplans neue Ausschluss- und Restriktionskriterien aufgestellt (Mindestabstände zu benachbarten Wohnbauflächen, gemischten Bauflächen, landwirtschaftlichen Gebäuden im Außenbereich, gewerblichen Flächen, Straßen und Freileitungen; Schutz der örtlichen, regionalen und überregionalen Avifauna; Freiraum- und Biotopschutz), anhand dieser Kriterien aber nicht das gesamte Stadtgebiet auf die Eignung für die Nutzung der Windenergie untersucht, sondern die Kriterien lediglich auf die bereits ausgewiesenen Vorranggebiete WE I bis III angewandt. Das genüge nicht den Grundsätzen einer gesamträumlichen schlüssigen Planung.

20

Die Kritik der Klägerin geht an den vorinstanzlichen Feststellungen vorbei. Danach hat die Beigeladene fünf mögliche Flächen (A bis F) im Gemeindegebiet ermittelt (UA S. 28) und davon drei Flächen (B, C und E) - die Fläche E entspricht der jetzigen Konzentrationszone WE - innerhalb der früheren Zone WE II als künftige Flächen für die Windenergienutzung ins Auge gefasst. Diese Feststellungen, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, widersprechen der Behauptung der Klägerin, die Beigeladene habe allein die ursprünglich dargestellten Vorranggebiete WE I bis III den neu gebildeten Ausschluss- und Restriktionskriterien unterworfen.

21

(b) Die Klägerin bemängelt ferner, dass der Verwaltungsgerichtshof die Gründe als plausibel und gewichtig akzeptiert hat, die die Beigeladene zur Verkleinerung der Vorrangzone WE II und zur Streichung der Vorrangzone WE III veranlasst haben. Auch diese Kritik ist unberechtigt.

22

(aa) Die Beigeladene hat nach den tatrichterlichen Feststellungen im Berufungsurteil die ehemalige Vorrangzone WE III und den westlich der Hochspannungstrasse befindlichen Abschnitt der vormaligen Vorrangzone WE II nicht mehr als Positivfläche für die Windkraft vorgesehen, weil der Bereich im Regionalplan Südhessen 2000 als Regionaler Grünzug ausgewiesen ist und es in der Nähe schutzwürdige Waldgebiete gibt (UA S. 31 f.).

23

Die Klägerin wendet ein, zwischen der Windenergienutzung und der Ausweisung des Regionalen Grünzugs im Regionalplan bestehe kein Zielkonflikt. Die Ausweisung des Regionalen Grünzugs verhindere nicht die Darstellung einer Konzentrationszone für die Windenergienutzung. Dies sehe der Verwaltungsgerichtshof ebenso, sei er doch bei der Prüfung des Hilfsantrags zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene im Genehmigungsverfahren nicht berechtigt gewesen sei, mit dem Hinweis auf den Regionalen Grünzug ihr Einvernehmen zu versagen. Die Klägerin übersieht, dass die Befugnis, einen regionalplanerisch ausgewiesenen Grünzug mit einem Vorranggebiet für die Windenergienutzung zu überplanen, die Gemeinde nicht daran hindert, dem Interesse, den Grünzug von Windenergieanlagen freizuhalten, den Vorzug zu geben. Dass der Verwaltungsgerichtshof die Vorzugswürdigkeit des Freihaltebelangs mit der Beigeladenen unzutreffend eingeschätzt hat, macht die Klägerin nicht geltend. Die Absicht der Beigeladenen, im Ballungsraum Rhein-Main die raren Möglichkeiten der Freiraumsicherung zu nutzen, missbilligt sie nicht.

24

Auch mit der Anerkennung des Kriteriums "Waldabstand" ist die Klägerin nicht einverstanden. Sie geht davon aus, dass das Kriterium willkürlich gewählt worden sei, weil es der Beklagte während des Verfahrens auf Genehmigung der umstrittenen Windenergieanlagen nicht zur Sprache gebracht habe. Mit den tatrichterlichen Feststellungen stimmt das nicht überein. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Bestreben der Beigeladenen, die Waldflächen zu schützen, als sachlich gerechtfertigt angesehen, weil sie für Zwecke der Naherholung und als Kompensationsflächen für die ICE-Trasse Frankfurt-Köln gebraucht würden (UA S. 31 f.). An diese Würdigung ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

25

(bb) Die nördlich bzw. östlich der Zone WE gelegenen Flächen hat die Beigeladene zum Schutz der Vogelwelt von der Nutzung der Windenergie ausgeschlossen. Das hat die Zustimmung der Vorinstanz gefunden, weil die in Rede stehenden Flächen nach Aussagen eines Gutachters für die Errichtung von Windenergieanlagen hochsensibel bzw. sensibel seien (UA S. 30 f.). Zwar seien sensible Bereiche - anders als hochsensible Bereiche - aus fachlicher Sicht keine (unbedingten) Ausschlussgebiete für die Errichtung von Windenergieanlagen. Es werde jedoch - so der Gutachter - empfohlen, diese hochwertigen Räume möglichst störungsfrei zu halten. Abgesehen von diesen fachlichen Bedenken, die deutlich gegen die Einbeziehung der ornithologisch sensiblen Bereiche in die Flächen für die Nutzung der Windenergie sprächen, scheitere eine Nutzung dieser Flächen jedenfalls am Artenschutz. Mit der Behauptung, die Empfehlung des Gutachters sei unbegründet, setzt die Klägerin der Einschätzung der avifaunistischen Schutzwürdigkeit der Flächen durch den Gutachter und den Verwaltungsgerichtshof ihre davon abweichende Einschätzung entgegen. Der Bindung des Senats an die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung kann sie sich dadurch nicht entziehen. Die Tatsache, dass sensible Landschaftsräume aus fachlicher Sicht für Windenergieanlagen nicht zwingend gesperrt werden müssen, bedeutet nicht, dass die Gemeinde sie nicht für die Nutzung der Windenergie sperren darf. Sich im Konfliktfall zwischen der Windenergienutzung und dem Vogelschutz für den Vogelschutz zu entscheiden, hält sich im Rahmen des Spielraums, den das Abwägungsgebot der Gemeinde einräumt. Ob das Artenschutzrecht, namentlich das Störungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG, der Nutzung der Flächen für die Windenergie zwingend entgegensteht, kann an dieser Stelle offen bleiben. Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, hätten dem Verwaltungsgerichtshof die "fachlichen Bedenken, die deutlich gegen die Einbeziehung der ornithologisch sensiblen Bereiche in die Flächen für die Windenergienutzung sprechen", ersichtlich genügt, um der Beigeladenen zu attestieren, die Flächen nördlich und östlich der Vorrangzone WE fehlerfrei als Ausschlussflächen eingestuft zu haben.

26

(c) Die Klägerin rügt als weiteren Fehler im Abwägungsvorgang, dass die Beigeladene bei der Ermittlung der Potenzialflächen ein Raster mit pauschalen Mindestabständen zu schutzwürdigen Nutzungen über das Gemeindegebiet gelegt und auf eine Korrektur des Rasters verzichtet habe, obwohl sie hätte erkennen müssen, dass sie bei einem Festhalten an den Mindestabständen der Windenergie nicht mehr, wie vom Bundesverwaltungsgericht gefordert (Urteil vom 17. Dezember 2002 a.a.O. S. 295), in substanzieller Weise Raum verschaffen werde.

27

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass die Beigeladene um Wohnbebauung (Bauflächen und Gebäude) Schutzkorridore mit einer Breite von 1.100 m herumgelegt und einen Mindestabstand zu den vorhandenen Aussiedlerhöfen von 300 m angesetzt hat (UA S. 30). Diese Abstandsgrößen erschienen plausibel und sachgerecht. Die im Vergleich zu den im Jahre 1997 gewählten wesentlich größeren Abstandswerte bezüglich benachbarter Wohnbebauung (Schutzkorridor 1.100 m gegenüber 400 m) entsprächen der technischen Weiterentwicklung der Windenergieanlagen, die nunmehr eine Gesamthöhe von ca. 140 m aufwiesen, während die Beigeladene bei ihrer Vorgängerplanung noch von einer maximalen Anlagenhöhe von 85 m ausgegangen sei. Ob die von der Beigeladenen gewählten Abstandswerte das Minimum dessen darstellen, was zur Verhinderung unzumutbarer Lärmimmissionen, von Beeinträchtigungen durch Schattenwurf und von optischer Bedrängung notwendig ist, lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Daraus mag geschlossen werden, dass sich die Beigeladene auch mit kleiner dimensionierten Pufferzonen hätte zufrieden geben können. Eine Überarbeitung des Auswahlkonzepts war aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs nicht erforderlich, weil das Vorranggebiet WE - noch - groß genug sei, um der Windenergie ausreichend, d.h. substanziell, Raum zu geben (UA S. 27). Das hält der revisionsgerichtlichen Kontrolle stand.

28

Wo die Grenze zur Verhinderungsplanung verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Beschränkt sich die Gemeinde darauf, ein einziges Konzentrationsgebiet auszuweisen, ist dies, für sich genommen, noch kein Indiz für einen fehlerhaften Gebrauch der Planungsermächtigung. Auch Größenangaben sind, isoliert betrachtet, als Kriterium ungeeignet. Wenn die Grenze zur Verhinderungsplanung überschritten ist, kann erst nach einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum beurteilt werden (Urteil vom 24. Januar 2008 a.a.O. Rn. 11). Die Einschätzung, ob die Gemeinde der Windenergie substanziell Raum verschafft hat, ist das Ergebnis einer wertenden Betrachtung. Da diese Wertung maßgebend auf der Würdigung der örtlichen Gegebenheiten in tatsächlicher Hinsicht beruht, kann sie revisionsgerichtlich nur darauf überprüft werden, ob sie auf einem Rechtsirrtum beruht, insbesondere weil der Tatrichter eine irrige Vorstellung davon hatte, wann eine Verhinderungsplanung vorliegt, oder ob sie gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze verstößt (vgl. Urteil vom 13. Juli 2006 - BVerwG 4 C 2.05 - BVerwGE 126, 233 Rn. 17). Hieran gemessen ist die vorinstanzliche Entscheidung nicht zu bemängeln. Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich nicht abstrakt bestimmen lässt, wo die Grenze zur Verhinderungsplanung verläuft - insbesondere hat er nicht auf allgemein verbindliche Größenordnungen abgestellt -, sondern dass es auf die Gegebenheiten der konkreten Verhältnisse im Plangebiet ankommt (UA S. 25). Diese Verhältnisse hat er vorliegend im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gewürdigt, in die sowohl verschiedene Relationen (Größe der Konzentrationsfläche im Vergleich zur Gemeindegebietsgröße, zur Größe der im Regionalplan Südhessen vorgesehenen Mindestgröße für Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen und zur Größe der für die Nutzung der Windenergie reservierten Flächen in den Nachbargemeinden; Anzahl und Energiemenge der Windenergieanlagen) als auch andere Gesichtspunkte wie etwa das Gewicht der Ausschlusskriterien eingeflossen sind. Seine Erwägungen lassen ebenso wie seine Einschätzung, der Nutzung der Windenergie werde - noch - ausreichend Raum gegeben, Rechtsfehler nicht erkennen.

29

Zu Unrecht sieht die Klägerin darin einen entscheidungserheblichen Verfahrensfehler, dass der Verwaltungsgerichtshof in den Entscheidungsgründen seines Urteils die Größe der Vorrangfläche WE fälschlich mit 43,7 ha angegeben hat (UA S. 27), während der richtige Wert, der im Tatbestand des Urteils auch genannt ist (UA S. 7), 34,7 ha beträgt. Mit dem Beklagten und der Beigeladenen ist der Senat der Auffassung, dass das Berufungsurteil auf dem Fehler nicht beruht. Einem isolierten oder einseitigen Abstellen auf Größenangaben eine Absage erteilend hat der Verwaltungsgerichtshof nicht nur auf das Verhältnis zwischen der Größe der Zone WE und der im Regionalplan Südhessen vorgesehenen Mindestgröße für Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen abgestellt, sondern auch und in erster Linie darauf, dass die Vorrangzone WE vier Windenergieanlagen aufnehmen kann, mit deren Stromausbeute sich der Bedarf von ca. 4 000 Haushalten decken lässt (UA S. 28 f.). Es bestehen keine ernstlichen Zweifel, dass der Verwaltungsgerichtshof den Flächennutzungsplan 2006 auch dann als wirksam angesehen hätte, wenn er von der zutreffenden Größe der Vorrangzone WE ausgegangen wäre.

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(d) Auf einen Abwägungsfehler führt es nicht, dass in der Vorrangzone WE eine nach der Planung der Beigeladenen mögliche fünfte Windenergieanlage mangels ausreichenden Abstands zu den benachbarten Aussiedlerhöfen nicht errichtet worden ist (UA S. 27). Der Verwaltungsgerichtshof hat aus diesem Umstand nicht den Schluss gezogen, dass die Beigeladene die Aufnahmekapazität der Vorrangzone überschätzt hätte. Zu beanstanden ist das nicht. Das Berufungsurteil enthält keine Feststellungen, aus denen sich ableiten ließe, dass fünf Anlagen mit einer von der Beigeladenen angenommenen Höhe (85 m) und bei einer aufeinander abgestimmten Gruppierung nicht in der Vorrangzone hätten Platz finden können.

31

(e) Einen Abwägungsfehler hat der Verwaltungsgerichtshof darin gesehen, dass die Beigeladene die Nachteile, die mit der Änderung des Flächennutzungsplans zu Lasten der Eigentümer der nunmehr in die Ausschlusszone für die Windenergienutzung fallenden Grundstücke verbunden sind, und die privaten Interessen der von dem Ausschluss betroffenen Personen und Unternehmen mit konkreten Absichten zur Errichtung von Windenergieanlagen auf den betroffenen Grundstücken nicht in die Abwägung einbezogen hat (UA S. 20). Diesen Fehler hat er jedoch nach § 214 Abs. 3 Satz 3 (richtig: § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2) BauGB als unbeachtlich gewertet. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Offen bleiben kann, ob § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB oder § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB die vorliegend maßgebliche Planerhaltungsvorschrift ist (vgl. zum Verhältnis der beiden Bestimmungen Uechtritz, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, § 214 Rn. 120); denn beide Vorschriften machen die Beachtlichkeit von Mängeln im Abwägungsvorgang trotz sprachlicher Unterschiede (vgl. Urteil vom 9. April 2008 - BVerwG 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 18 ff. zum Merkmal "in wesentlichen Punkten") von denselben Voraussetzungen abhängig.

32

Der Verwaltungsgerichtshof hat den von ihm markierten Abwägungsfehler als unbeachtlich gewertet, weil er nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sei (UA S. 20). Im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Beschlüsse vom 9. Oktober 2003 - BVerwG 4 BN 47.03 - BRS 66 Nr. 65 und vom 20. Januar 1992 - BVerwG 4 B 71.90 - Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 5 = NVwZ 1992, 663) ist er davon ausgegangen, dass Mängel im Abwägungsvorgang das Abwägungsergebnis beeinflusst haben, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder erkennbarer oder nahe liegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat die konkrete Möglichkeit, dass bei Einstellung der betroffenen privaten Interessen von der Änderung der Flächennutzungsplanung Abstand genommen worden wäre oder zu Gunsten der Grundstückseigentümer und Bauinteressenten Modifikationen an der Änderungsplanung vorgenommen worden wären, "in Anbetracht des in der mündlichen Verhandlung seitens der Beigeladenen nochmals hervorgehobenen Gewichts, das den öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Freiraums, dem Schutz der Avifauna und dem Schutz vor allem der umliegenden Wohnbebauung zugemessen worden ist", verneint. Die von der Klägerin geäußerte Vermutung, dass die Beschlussfassung "bei Einbeziehung der Privatinteressen" und "etwaiger Entschädigungsansprüche" anders ausgefallen wäre, reiche zur Annahme einer Auswirkung auf das Abwägungsergebnis nicht aus. An die tatrichterliche Würdigung der Vorinstanz ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

33

2. Der Ausspruch des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Bescheid des Beklagten vom 4. Oktober 2005 rechtswidrig war, hält der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Da die Feststellungen im Berufungsurteil nicht ausreichen, um dem Senat eine abschließende Entscheidung zu ermöglichen, ist die Sache nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

34

Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass ein Kläger die Feststellung verlangen kann, zu einem von ihm selbst bestimmten Zeitpunkt habe ein materieller Anspruch bestanden. Das stimmt mit der Rechtsprechung des Senats überein (Urteil vom 28. April 1999 - BVerwG 4 C 4.98 - BVerwGE 109, 74). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ferner erkennbar davon leiten lassen, dass auf die Berufung einer beigeladenen Gemeinde gegen die erstinstanzliche Feststellung, der Kläger habe eine beantragte Genehmigung beanspruchen können, materielles Recht nur insoweit zu prüfen ist, als es auch dem Schutz der Beigeladenen zu dienen bestimmt ist. Dieser Prüfungsansatz ist ebenfalls zutreffend (Urteil vom 31. Oktober 1990 - BVerwG 4 C 45.88 - BRS 50 Nr. 86). Dem Schutz der gemeindlichen Planungshoheit dient die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Sie bestimmt u.a., dass für die Zulassung eines Vorhabens im Außenbereich das Einvernehmen mit der Gemeinde erforderlich ist. Die Gemeinde darf ihr Einvernehmen nur aus den sich aus § 35 BauGB ergebenden Gründen versagen (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Das bedeutet im Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 BauGB auf das Rechtsmittel der Gemeinde hin in vollem Umfang nachzuprüfen sind (Urteile vom 31. Oktober 1990 a.a.O. und vom 14. April 2000 - BVerwG 4 C 5.99 - NVwZ 2000, 1048 <1049>). Unvereinbar mit Bundesrecht ist die einschränkende Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass § 35 BauGB nur mit Blick auf diejenigen Gründe zu prüfen ist, auf die die beigeladene Gemeinde die Versagung ihres Einvernehmens gestützt hat. Das Recht der Gemeinde, ihr Einvernehmen zu einem Außenbereichsvorhaben zu verweigern, ist nicht mit der Obliegenheit verbunden, die Entscheidung zu begründen (vgl. BTDrucks 13/6392 S. 60 zu Nr. 29 und Buchst. b). Der Bestimmung des § 36 BauGB kann deshalb auch nicht entnommen werden, dass in den Fällen, in denen - wie hier - das Einvernehmen rechtzeitig verweigert wurde, die Gemeinde mit Gründen, die sie bei ihrer Verweigerung nicht angeführt hat, in einem späteren Rechtsbehelfsverfahren präkludiert ist (so zutreffend OVG Weimar, Beschluss vom 29. Januar 2009 - 1 EO 346/08 - juris Rn. 50).

35

a) Die Beschränkung, die sich der Verwaltungsgerichtshof auferlegt hat, mag der Grund dafür sein, dass im Berufungsverfahren nicht geprüft worden ist, ob den Vorhaben der Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt das artenschutzrechtliche Störungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG in der seinerzeit geltenden Fassung entgegenstand, das sich zugleich als ein nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beachtlicher Belang des Naturschutzes darstellt (vgl. Urteil vom 24. Februar 1978 - BVerwG 4 C 12.76 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 61 S. 29). Nach § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. war es verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten an ihren Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten durch Aufsuchen, Fotografieren oder ähnliche Handlungen zu stören.

36

Ob durch die Errichtung und den Betrieb der zur Genehmigung gestellten Anlagen der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. erfüllt worden wäre, ist ungeklärt. Der Verwaltungsgerichtshof ist zwar in anderem Zusammenhang zu der Einschätzung gelangt, dass u.a. die Nutzung des Antragsgebiets für die Windenergie "am Artenschutzrecht scheitert" (UA S. 31). Mit dem von ihm für "bedeutsam" gehaltenen Störungsverbot hat er sich jedoch nur kursorisch befasst. Da das Berufungsurteil nicht die tatsächlichen Feststellungen enthält, die notwendig wären, um dem Senat eine Subsumtion unter § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. zu ermöglichen, muss der Verwaltungsgerichtshof die Prüfung nachholen. Ihr wird er zugrunde zu legen haben, dass zu den "ähnlichen Handlungen", durch die europäische Vogelarten an ihren Nist-, Brut-, Wohn- und Zufluchtsstätten gestört werden, auch bau- oder betriebsbedingte Störungen gehörten (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116), weil andernfalls den europarechtlichen Vorgaben, insbesondere dem weit gefassten Störungsverbot des Art. 5 Buchst. d VRL, dessen Umsetzung § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. jedenfalls auch diente, nicht hinreichend Rechnung getragen worden wäre (Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 34). Andererseits ist nicht jede Störung untersagt, sondern nur eine erhebliche Störung, die vorliegt, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das bundesrechtlich geregelte Störungsverbot nämlich nicht weiter reichen, als dies unionsrechtlich gefordert ist (vgl. BTDrucks 16/5100 S. 11 zu Nr. 7). Dies kommt im geänderten Wortlaut zum Ausdruck, den das Störungsverbot in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 und in § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG in der Fassung des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2542) erhalten hat.

37

b) Im Übrigen ist das vorinstanzliche Urteil - jedenfalls im Ergebnis - mit Bundesrecht vereinbar.

38

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat sich entgegen der Ansicht der Beigeladenen nicht dadurch über § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB hinweggesetzt, dass er die Erschließung der umstrittenen Außenbereichsvorhaben als gesichert angesehen hat.

39

Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass bis zum 4. Oktober 2005 die umstrittenen Bauvorhaben tatsächlich nicht erschlossen waren. Er hat das für unschädlich gehalten, weil die Klägerin der Beigeladenen mit Schreiben vom 6. Mai 2005 ein Erschließungsangebot unterbreitet habe, dem ein Ausbauplan und eine Aufstellung der einzelnen Erschließungsmaßnahmen als Anlagen beigefügt gewesen seien. Damit habe die Klägerin die ihr als erschließungswillige Bauherrin obliegenden Pflichten zunächst erfüllt. Es wäre dann Sache der Beigeladenen gewesen, die Klägerin auf Mängel in dem Angebot - die die Beigeladene erst im gerichtlichen Verfahren gerügt habe - aufmerksam zu machen und ihr Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben; die Klägerin sei ohne erkennbare positive Reaktion der Gemeinde nicht verpflichtet gewesen, von sich aus weitere Vorschläge zu machen und das Erschließungsangebot nachzubessern (UA S. 40). Dagegen ist bundesrechtlich nichts zu erinnern.

40

Es entspricht der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 30. August 1985 - BVerwG 4 C 48.81 - BRS 44 Nr. 75), dass die Erschließungsmaßnahmen, die im Einzelfall erforderlich sind, nicht schon bei Vorlage des Genehmigungsantrags oder, wenn sich ein gerichtliches Verfahren anschließt, bis zu dessen Abschluss verwirklicht sein müssen. Gesichert ist die Erschließung, wenn damit gerechnet werden kann, dass sie bis zur Herstellung des Bauwerks (spätestens bis zur Gebrauchsabnahme) funktionsfähig angelegt ist, und wenn ferner damit zu rechnen ist, dass sie auf Dauer zur Verfügung stehen wird. Die Erschließung muss nicht notwendig von der Gemeinde, sondern darf auch durch den Bauherrn oder einen Dritten vorgenommen werden. Von einer gesicherten Erschließung ist nicht erst dann auszugehen, wenn der Bauinteressent oder Dritte die Erschließungsaufgabe vertraglich übernommen hat. Vielmehr genügt es, dass der Gemeinde ein zumutbares Erschließungsangebot vorgelegen hat. Ein solches Angebot hat eine Ersetzungsfunktion. Schon mit seiner Hilfe kann sich der Bauherr die Möglichkeit verschaffen, das Genehmigungshindernis der fehlenden Erschließung zu überwinden (Beschluss vom 18. Mai 1993 - BVerwG 4 B 65.93 - BRS 55 Nr. 105). Für ein zumutbares Erschließungsangebot genügt es freilich nicht, wenn der Bauinteressent lediglich seine Bereitschaft erklärt, in Vertragsverhandlungen einzutreten. Vielmehr muss das Angebot so konkret sein, dass es auf seine Eignung überprüft werden kann, einen Zustand herbeizuführen, der die gleiche Gewähr der Verlässlichkeit bietet, wie wenn das Baugrundstück bereits erschlossen wäre. Hiervon kann auch dann nicht gänzlich abgesehen werden, wenn die Gemeinde sich so unnachgiebig zeigt, dass Vertragsverhandlungen keinen Erfolg versprechen. Vom Grad der Kooperationsbereitschaft der Gemeinde hängt allenfalls ab, welchen Substanziierungsanforderungen das Angebot gerecht werden muss. Lässt die Gemeinde keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie bereit ist, aktiv am Zustandekommen eines Erschließungsvertrages mitzuwirken, so hat der Bauinteressent seinerseits durch ein entsprechend detailliertes Angebot eine möglichst breite Verhandlungsgrundlage als Voraussetzung dafür zu schaffen, dass eine Übereinstimmung in sämtlichen Fragen erzielt werden kann, die einer Regelung bedürfen. Verharrt die Gemeinde dagegen in einem Zustand der Passivität, so kann es der Bauherr im allgemeinen fürs Erste damit bewenden lassen, ihr ein Angebot zu unterbreiten, durch das sie in die Lage versetzt wird, sich über den Umfang seiner Leistungsbereitschaft ein Urteil zu bilden.

41

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass das Erschließungsangebot der Klägerin vom 6. Mai 2005 den Umständen, die durch eine grundsätzliche Ablehnung der Vorhaben der Klägerin durch die Beigeladene gekennzeichnet seien, angepasst und dass es angesichts der ablehnenden Haltung der Beigeladenen gegenüber den umstrittenen Vorhaben fürs Erste ausreichend substanziiert gewesen sei. An diese vorinstanzliche Würdigung ist der Senat gebunden. Die Beigeladene zeigt nicht auf, dass der Würdigung eine irrige Rechtsauffassung zugrunde liegt. Vielmehr stellt sie ihrerseits überzogene rechtliche Anforderungen an das Erschließungsangebot. Entgegen ihrer Ansicht müssen einem Erschließungsangebot, das die Gemeinde von vornherein nicht annehmen will, nicht alle Belege beigefügt sein, die für den Nachweis der gesicherten Erschließung notwendig sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner nicht zu geringe Anforderungen an den Nachweis der Zuverlässigkeit der Eigenleistungen gestellt, die auch die Übernahme des durch den Ausbau entstehenden Unterhaltungsaufwandes einschließen müssen, weil nur auf diese Weise die Gemeinde unwirtschaftliche Aufwendungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB vermeiden kann. Die Klägerin hat sich in § 3 des Vertragsentwurfs verpflichtet, den durch die Ausbaumaßnahmen und den Betrieb der Windenergieanlagen bedingten erhöhten Erhaltungsaufwand vom Beginn des Ausbaus der Wege bis zur endgültigen Einstellung des Betriebs der Windenergieanlagen zu tragen. Mit dem Angebot, der Beigeladenen einen einklagbaren Anspruch auf Übernahme der Unterhaltungskosten zu verschaffen, hat sie ihre Bereitschaft dokumentiert, die im konkreten Fall erforderlichen Mittel aufzubringen. Dass sie die Bereitschaft noch durch den Nachweis liquider Mittel hätte untermauern müssen, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht nicht verlangt.

42

bb) Die Beigeladene beanstandet des Weiteren die vorinstanzliche Auffassung, dass die Genehmigung der umstrittenen Windenergieanlagen nicht an der Ausweisung der Standortflächen als Regionaler Grünzug im Regionalen Raumordnungsplan Südhessen hätte scheitern müssen. Ihrer Ansicht nach ist das nicht mit § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BauGB vereinbar, wonach raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen dürfen. Dass die Ausweisung als Regionaler Grünzug teilweise durch diejenige als Vorrangflächen für Windenergie überlagert sei, komme der Klägerin nicht nach § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB zugute - hiernach stehen öffentliche Belange raumbedeutsamen privilegierten Vorhaben nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind -, weil die konkurrierende Darstellung wegen eines Abwägungsmangels unwirksam sei. Die Argumentation der Beigeladenen greift nicht durch.

43

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Festlegung "Regionaler Grünzug" im Regionalen Raumordnungsplan als Ziel behandelt, von dem - wiederum mit der Qualität eines Ziels der Raumordnung - nach Abschnitt 3.1-2 des Textteils des Programms ausdrücklich Abweichungen aus Gründen des öffentlichen Wohls zugelassen sind (UA S. 42). Zu den Vorhaben, die aus Gründen des öffentlichen Wohls zulässig sind, hat er Windenergienanlagen gezählt. Hieran ist der Senat gebunden, da es sich bei den Bestimmungen des Regionalen Raumordnungsplans um irrevisibles Landesrecht (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) handelt. Steht die Errichtung von Windenergieanlagen im Regionalen Grünzug mit den Zielen der Raumordnung im Einklang, liegt ein Verstoß gegen § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BauGB nicht vor. Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob die Ausweisung der Vorrangflächen für Windenergie im Regionalen Raumordnungsplan wirksam ist und damit in der Lage gewesen wäre, zu Gunsten der Klägerin die positive Wirkung des § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB zu entfalten, und braucht der darauf bezogenen Verfahrensrüge der Beigeladenen nicht nachgegangen zu werden, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren Vortrag zum Abwägungsdefizit ignoriert und dadurch gegen § 108 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen.

44

cc) Zu Unrecht moniert die Beigeladene, dass der Verwaltungsgerichtshof der Klägerin den geltend gemachten Genehmigungsanspruch nicht deshalb gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB abgesprochen hat, weil ihre Anlagen höher als 85 m hätten sein sollen. Nach den tatrichterlichen Feststellungen im Berufungsurteil sah der Flächennutzungsplan 1998 eine Höhenbegrenzung für Windenergieanlagen nicht vor (UA S. 43). Dass eine Höhenbegrenzung (auf 85 m) bei der Aufstellung des Plans vorausgesetzt oder als Planmotiv für eine großzügigere Dimensionierung der Vorrangflächen mitbestimmend war, hat der Verwaltungsgerichtshof als rechtlich belanglos erachtet. Das ist bundesrechtlich zutreffend. Aus der Planbegründung ersichtliche Überlegungen der Entscheidungsträger der Gemeinde können zwar zur Auslegung und Erläuterung unklarer Darstellungen herangezogen werden; sind die Aussagen in der Planurkunde aber eindeutig, hat es mit ihnen sein Bewenden und ist ein Rückgriff auf außerhalb der Urkunde liegende Beweismittel unzulässig (vgl. Urteil vom 18. März 2004 - BVerwG 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239 <244>).

45

dd) Mit dem Argument der Beigeladenen, der öffentliche Belang der Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes hätte der Erteilung der beantragten Genehmigung entgegengestanden, hat sich der Verwaltungsgerichtshof nicht auseinandergesetzt. Seine Begründung, er habe nur diejenigen öffentlichen Belange prüfen dürfen, mit denen die Beigeladene die Versagung ihres Einvernehmens begründet habe, ist zwar, wie bereits dargelegt, mit Bundesrecht nicht vereinbar. Gleichwohl ist das Urteil im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

46

Die Baugrundstücke lagen am 4. Oktober 2005 im Vorranggebiet WE II, das die Beigeladene im Flächennutzungsplan dargestellt hatte, um die Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeizuführen. Die Vorschrift versetzt die Gemeinde in die Lage, die bauliche Entwicklung privilegierter Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB im Außenbereich planerisch zu steuern. Die Vorhaben sind nicht mehr nur dann unzulässig, wenn ihnen öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegenstehen, sondern auch dann, wenn für sie durch Darstellungen in einem Flächennutzungsplan eine wirksame Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Die gesetzgeberische Privilegierungsentscheidung kommt zwar weiterhin, aber nur mehr nach Maßgabe der gemeindlichen Planungsvorstellungen zum Tragen. Das bedeutet, dass den öffentlichen Belangen, denen an sich erst auf der Stufe der Vorhabenzulassung Rechnung zu tragen ist, schon auf der Ebene der Flächennutzungsplanung rechtliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <300>). Die Gemeinde, die von der Ermächtigung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Gebrauch macht, hat die öffentlichen Belange, die nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB erheblich sind und nicht zugleich zwingende, im Wege der Ausnahme oder Befreiung nicht überwindbare Verbotstatbestände nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllen, bei der Bauleitplanung nach Maßgabe des § 1 Abs. 7 BauGB gegen das Interesse Bauwilliger abzuwägen, den Außenbereich für die Errichtung von Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB in Anspruch zu nehmen. Mit der Darstellung von Konzentrationsflächen bringt sie zum Ausdruck, dass sie die der Abwägung zugänglichen öffentlichen Belange geringer gewichtet hat als die Nutzerinteressen. Ist die Planung wirksam, weil die Abwägung frei von Fehlern ist oder Abwägungsmängel nach dem Fehlerfolgenregime des § 214 BauGB unbeachtlich sind, dürfen diese Belange bei der Entscheidung über die Vorhabenzulassung nicht wieder als Genehmigungshindernis aktiviert werden (Urteil vom 18. August 2005 - BVerwG 4 C 13.04 - BVerwGE 124, 132 <144>). Nach dem Modell des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bedingen die positive und negative Komponente der Darstellung von Konzentrationsflächen einander und lässt sich das Zurücktreten der Privilegierung in Teilen des Plangebiets nur dann rechtfertigen, wenn die Gemeinde sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen (Urteil vom 17. Dezember 2002 a.a.O. S. 294).

47

Die Beigeladene stellt nicht in Abrede, dass sie bei der Festlegung der Vorrangzonen WE I bis III im Flächennutzungsplan 1998 dem Schutz des Orts- und Landschaftsbildes einen geringeren Wert beigemessen hat als dem Belang der Nutzung der zur Verfügung gestellten Flächen für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen. Ihr Einwand geht dahin, sie sei im Abwägungsprozess von einer Anlagenhöhe bis 85 m ausgegangen. Größere Anlagen, wie sie die Klägerin zur Genehmigung gestellt habe, entsprächen nicht ihren planerischen Vorstellungen, weil sie das Orts- und Landschaftsbild verunstalteten. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB habe dem Genehmigungsantrag daher entgegengehalten werden dürfen. Dem ist zu widersprechen. Die Stadtverordnetenversammlung der Beigeladenen hat im Flächennutzungsplan 1998 eine Höhenbegrenzung nicht festgeschrieben und damit die Folgen - die Zulässigkeit von Windenergieanlagen mit einer Höhe über 85 m - in Kauf genommen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Gremium sich irrig für nicht befugt gehalten hat, im Flächennutzungsplan eine Höhenbeschränkung festzusetzen, oder etwas anderes beschlossen hat, als der Inhalt der Planurkunde belegt.

48

ee) Die Beigeladene beanstandet schließlich als weiteren Bundesrechtsverstoß, dass es der Verwaltungsgerichtshof abgelehnt hat, den planreifen Entwurf der 2. Änderung des Flächennutzungsplans, die die Baugrundstücke den Ausschlussflächen zuordnet, als öffentlichen Belang anzuerkennen. Auch damit bleibt sie ohne Erfolg.

49

Der Senat lässt offen, ob ein planreifer Entwurf eines Flächennutzungsplans, dem nach seinem Inkrafttreten die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zukommen sollen, einem Außenbereichsvorhaben generell nicht als öffentlicher Belang entgegenstehen kann. Eine "Vorwirkung" scheidet jedenfalls für den Fall aus, dass die künftigen Ausschlussflächen nach dem aktuellen Flächennutzungsplan noch in einer Konzentrationsfläche liegen. Nach der Rechtsprechung des Senats erfüllt der Flächennutzungsplan im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, d.h. soweit es um die Ausschlusswirkung geht, eine dem Bebauungsplan vergleichbare Funktion (Urteil vom 26. April 2007 - BVerwG 4 CN 3.06 - BVerwGE 128, 382 Rn. 16). Hinsichtlich der Konzentrationsflächen gilt nichts entscheidend anderes. Zwar tritt der Flächennutzungsplan nicht an die Stelle eines Bebauungsplans - die Gemeinde ist nicht gehindert, die Positivflächen zum Zwecke der Feinsteuerung noch mit einem Bebauungsplan zu überplanen, in dem beispielsweise die Vorhabenstandorte durch die Festsetzung von Baugrenzen (§ 23 BauNVO) vorgegeben werden (vgl. dazu Urteil vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 3.04 - BVerwGE 122, 117) -, er bestimmt aber, in der Bindungswirkung einem Bebauungsplan vergleichbar, dass in den dargestellten Konzentrationsflächen die bevorzugten Vorhaben ihrer Art nach zulässig sind. Solange die Darstellung Bestand hat, kann ihnen eine nur in Aufstellung befindliche anderweitige Flächennutzungsplanung nicht als öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegengehalten werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Im Flächennutzungsplan ist für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Aus dem Flächennutzungsplan können Flächen und sonstige Darstellungen ausgenommen werden, wenn dadurch die nach Satz 1 darzustellenden Grundzüge nicht berührt werden und die Gemeinde beabsichtigt, die Darstellung zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen; in der Begründung sind die Gründe hierfür darzulegen.

(2) Im Flächennutzungsplan können insbesondere dargestellt werden:

1.
die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen), nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) sowie nach dem allgemeinen Maß der baulichen Nutzung; Bauflächen, für die eine zentrale Abwasserbeseitigung nicht vorgesehen ist, sind zu kennzeichnen;
2.
die Ausstattung des Gemeindegebiets
a)
mit Anlagen und Einrichtungen zur Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des öffentlichen und privaten Bereichs, insbesondere mit der Allgemeinheit dienenden baulichen Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs, wie mit Schulen und Kirchen sowie mit sonstigen kirchlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Zwecken dienenden Gebäuden und Einrichtungen, sowie mit Flächen für Sport- und Spielanlagen,
b)
mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, insbesondere zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung,
c)
mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen,
d)
mit zentralen Versorgungsbereichen;
3.
die Flächen für den überörtlichen Verkehr und für die örtlichen Hauptverkehrszüge;
4.
die Flächen für Versorgungsanlagen, für die Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung, für Ablagerungen sowie für Hauptversorgungs- und Hauptabwasserleitungen;
5.
die Grünflächen, wie Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
6.
die Flächen für Nutzungsbeschränkungen oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes;
7.
die Wasserflächen, Häfen und die für die Wasserwirtschaft vorgesehenen Flächen sowie die Flächen, die im Interesse des Hochwasserschutzes und der Regelung des Wasserabflusses freizuhalten sind;
8.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
9.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
10.
die Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft.

(2a) Flächen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Abs. 3 im Geltungsbereich des Flächennutzungsplans können den Flächen, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden.

(2b) Für die Zwecke des § 35 Absatz 3 Satz 3 oder des § 249 Absatz 2 können sachliche Teilflächennutzungspläne aufgestellt werden; sie können auch für Teile des Gemeindegebiets aufgestellt werden.

(3) Im Flächennutzungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
für bauliche Nutzungen vorgesehene Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(4) Planungen und sonstige Nutzungsregelungen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften festgesetzt sind, sowie nach Landesrecht denkmalgeschützte Mehrheiten von baulichen Anlagen sollen nachrichtlich übernommen werden. Sind derartige Festsetzungen in Aussicht genommen, sollen sie im Flächennutzungsplan vermerkt werden.

(4a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Flächennutzungsplan vermerkt werden.

(5) Dem Flächennutzungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von fünf Windenergieanlagen auf Grundstücken im Stadtgebiet der Beigeladenen.

2

Die Klägerin, ein Unternehmen der Windenergiebranche, beantragte am 18. November 2002 beim Regierungspräsidium Darmstadt (im Folgenden: Beklagter) die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von fünf Windenergieanlagen mit je einer Gesamthöhe von 133 m auf verschiedenen Grundstücken im Gemeindegebiet der Beigeladenen. Die Baugrundstücke lagen zum Zeitpunkt der Antragstellung in einem Gebiet, das im Flächennutzungsplan vom 20. März 1998 unter der Bezeichnung WE II als Vorranggebiet für die Windenergienutzung dargestellt war. Zwei weitere Vorranggebiete waren als WE I und WE III ausgewiesen. Die Vorrangflächen, deren Darstellung auf den Ergebnissen einer Raumanalyse vom Februar 1997 basiert, hatten nach den vorinstanzlichen Feststellungen eine Größe von insgesamt ca. 500 ha. Mit Ausnahme eines Teilbereichs, in dem sich das für die Windenergieanlage 1 vorgesehene Baugrundstück befindet, wurde die Vorrangzone WE II als Bereich für die Windenergienutzung in den Regionalen Raumordnungsplan Südhessen übernommen. Der gesamte Vorrangbereich ist im Regionalen Raumordnungsplan Südhessen mit den Darstellungen "Regionaler Grünzug" und "Bereich für die Landwirtschaft" unterlegt.

3

Im Rahmen ihrer Beteiligung am Genehmigungsverfahren wies die Beigeladene den Beklagten mit Schreiben vom 5. Februar 2003 darauf hin, dass ihre Stadtverordnetenversammlung am 21. September 2001 einen Beschluss zur Aufstellung von Bebauungsplänen, darunter für die Fläche WE II, sowie zum Erlass einer hierauf bezogenen Veränderungssperre gefasst habe, "um die weitere Entwicklung zu ordnen und Fehlentwicklungen - insbesondere bezüglich des Landschaftsbildes und der Naherholungsfunktion - zu vermeiden", die Veränderungssperre die Genehmigung von Windenergieanlagen ausschließe und das Einvernehmen zu den Vorhaben deshalb nicht erteilt werden könne. Der Beklagte stellte daraufhin die Entscheidung über den Genehmigungsantrag der Klägerin zurück. Von der in Aussicht genommenen Bebauungsplanung nahm die Beigeladene später Abstand.

4

Die Stellungnahmen und Anregungen von Trägern öffentlicher Belange zu den Vorentwürfen der Bebauungspläne für die Vorrangzonen WE I bis III veranlassten die Beigeladene, auch eine Änderung des Flächennutzungsplans in Erwägung zu ziehen. Nachdem sie im Juni 2004 ein ornithologisches Gutachten zu der Fragestellung eingeholt hatte, welche Flächen der Vorrangzone WE II für die Errichtung von Windenergieanlagen am besten geeignet und welche ungeeignet seien, und auf der Grundlage einer im März 2005 erfolgten Aktualisierung der Raumanalyse 1997 beschloss ihre Stadtverordnetenversammlung am 21. Juli 2005 die 2. Änderung des Flächennutzungsplans. Unter der Bezeichnung WE ist nunmehr für die Nutzung der Windenergie eine 34,7 ha große Vorrangfläche vorgesehen, die nach den vorinstanzlichen Feststellungen vier Windenergieanlagen Platz bietet und auf der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits zwei Windenergieanlagen errichtet waren. Die Fläche erfasst die Baugrundstücke der Klägerin nicht. Am 7. März 2006 genehmigte der Beklagte die 2. Änderung des Flächennutzungsplans; die öffentliche Bekanntmachung der Genehmigung erfolgte am 18. März 2006.

5

Während des Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplans teilte die Beigeladene dem Beklagten wiederholt mit, dass sie ihr Einvernehmen weiterhin nicht erteile; der Kreisausschuss des Wetteraukreises ersetzte das Einvernehmen nicht. Mit Bescheid vom 4. Oktober 2005 lehnte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin unter Hinweis auf das versagte und nicht ersetzte Einvernehmen ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin bereits Untätigkeitsklage erhoben. Ihr Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid blieb unbeschieden.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Hauptantrag auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten Genehmigung abgewiesen, auf den Hilfsantrag jedoch festgestellt, dass der Beklagte nicht berechtigt war, den Antrag der Klägerin wegen Fehlens des Einvernehmens der Beigeladenen nach § 36 BauGB abzulehnen.

7

Die im Umfang der Klagestattgabe zugelassene Berufung der Beigeladenen hat der Verwaltungsgerichtshof mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Rechtswidrigkeit des Bescheides des Beklagten vom 4. Oktober 2005 festgestellt wird. Die Anschlussberufung der Klägerin blieb ebenfalls ohne Erfolg. Zur Begründung heißt es zusammengefasst: Der Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung stünden nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB die Darstellungen des Flächennutzungsplans der Beigeladenen in der Fassung der 2. Änderung entgegen. Da alle Baugrundstücke außerhalb der Vorrangfläche WE für die Nutzung der Windenergie lägen, scheitere die Realisierung der Vorhaben an § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Die Konzentrationsflächenplanung in der Gestalt der 2. Änderung des Flächennutzungsplans leide an keinen zur Unwirksamkeit führenden formellen oder materiellen Mängeln. Namentlich sei sie nicht mit beachtlichen Fehlern im Abwägungsvorgang behaftet. Die Klägerin dringe allerdings mit ihrem erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag durch, soweit dieser auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides des Beklagten vom 4. Oktober 2005 gerichtet sei. Die allein auf die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens gestützte Ablehnung des Genehmigungsantrags sei rechtswidrig gewesen, weil keiner der von der Beigeladenen angeführten Gründe - mangelnde Sicherung einer ausreichenden Erschließung, die Ausweisung des für die Errichtung der Anlagen vorgesehenen Bereichs als "Regionaler Grünzug" im Regionalen Raumordnungsplan Südhessen, eine nach dem Flächennutzungsplan 1998 bestehende Höhenbegrenzung der Anlagen sowie Vorwirkungen des mit der 2. Änderung des Flächennutzungsplans einhergehenden Ausschlusses der betroffenen Grundstücke von der Windenergienutzung - die Verweigerung des Einvernehmens gerechtfertigt hätten. Andere Versagungsgründe als diejenigen, auf die sich die Beigeladene bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses, dem Wirksamwerden der 2. Änderung des Flächennutzungsplans am 18. März 2006 berufen habe, seien nicht zu prüfen.

8

Gegen das Urteil haben die Klägerin und die Beigeladene die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet; die Revision der Beigeladenen ist begründet.

10

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass die Klägerin seit dem 18. März 2006, dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der 2. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 BauGB), die beantragte Genehmigung nicht mehr beanspruchen kann. Dagegen ist revisionsgerichtlich nichts zu erinnern.

11

Die Genehmigungsfähigkeit der umstrittenen Windenergieanlagen richtet sich nach § 6 Abs. 1 BImSchG. Hiernach ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2). Zu den anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehören auch die Bestimmungen des Baugesetzbuchs. Maßgeblich ist vorliegend § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, wonach Vorhaben zur Nutzung der Windenergie im Außenbereich zulässig sind, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs stehen den zur Genehmigung gestellten Windenergieanlagen öffentliche Belange entgegen. Das ist aus Sicht des Bundesrechts nicht zu beanstanden.

12

a) Zweifelhaft ist allerdings, ob - wie die Vorinstanz meint - den Vorhaben der Klägerin die Darstellungen des Flächennutzungsplans in der Fassung der 2. Änderung (im Folgenden: Flächennutzungsplan 2006) als öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB entgegenstehen. Sollten die Baugrundstücke als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt sein, dürfte das die Zulassung von Windenergieanlagen nicht hindern; denn Flächen, die für die Landwirtschaft vorgesehen sind, sind in der Regel nicht in dem Sinne anderweitig verplant, dass die dargestellte Nutzung privilegierte Vorhaben ausschließen könnte (Urteil vom 6. Oktober 1989 - BVerwG 4 C 28.86 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 258). Den geplanten Anlagen stehen jedoch öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen, weil hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan 2006 eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Das hat der Verwaltungsgerichtshof richtig erkannt. Unrichtig, aber im Ergebnis unschädlich ist nur die Verknüpfung, die er zwischen § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB und § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB hergestellt hat. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB errichtet eine eigenständige Zulassungshürde. Die Ausschlusswirkung, die § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erzeugt, ist nämlich die gesetzliche Rechtsfolge der Darstellung von Konzentrationsflächen im Flächennutzungsplan und leitet sich nicht aus einer "negativen", über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlichen Darstellung im Flächennutzungsplan ab. Die Ausschussflächen sind im Flächennutzungsplan nicht "dargestellt".

13

b) Die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB tritt nur ein, wenn die Konzentrationsflächenplanung wirksam ist. Das ist hier der Fall.

14

aa) Dem Flächennutzungsplan 2006 mangelt es nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Nach der Rechtsprechung des Senats sind solche Bauleitpläne nicht erforderlich, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Davon ist auszugehen, wenn eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken (Urteile vom 14. Juli 1972 - BVerwG 4 C 8.70 - BVerwGE 40, 258 und vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Beschlüsse vom 18. Dezember 1990 - BVerwG 4 NB 8.90 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 47 und vom 11. Mai 1999 - BVerwG 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338). Aus dieser Rechtsprechung kann die Klägerin nichts für sich herleiten. Das Ziel, im Vorranggebiet WE die Windenergienutzung zu ermöglichen, entspricht dem Planungswillen der Beigeladenen. Das Vorranggebiet hat die Beigeladene nicht dargestellt, um in Wahrheit eine andere Nutzung der Vorrangflächen zu verhindern. Planerische Festsetzung und planerischer Wille stimmen überein. Der Umstand, dass die ursprünglich dargestellten Vorrangflächen durch die Änderungsplanung deutlich eingeschränkt wurden, nimmt der Planung nicht ihre positive Zielsetzung.

15

Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit richtet eine Planungsschranke ferner für den Fall auf, dass sich eine Planung als nicht vollzugsfähig erweist, weil ihr auf unabsehbare Zeit unüberwindbare rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. Urteile vom 12. August 1999 - BVerwG 4 CN 4.98 - BVerwGE 109, 246, vom 21. März 2002 - BVerwG 4 CN 14.00 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 110 = DVBl 2002, 1469, vom 30. Januar 2003 - BVerwG 4 CN 14.01 - BVerwGE 117, 351 und vom 18. März 2004 - BVerwG 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239). Nach den tatrichterlichen, den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden und von der Klägerin nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen der Vorinstanz bietet das Vorranggebiet WE Raum für den technisch und wirtschaftlich sinnvollen Betrieb von vier Windenergieanlagen (UA S. 27). Sollte das Vorranggebiet eine geringere Aufnahmekapazität haben als von der Beigeladenen angenommen, wäre das kein Umstand, der geeignet wäre, die städtebauliche Erforderlichkeit des Flächennutzungsplans 2006 in Frage zu stellen.

16

bb) Die Konzentrationsflächenplanung der Beigeladenen leidet nicht an beachtlichen Verstößen gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB.

17

(1) Die Anforderungen, die das Abwägungsgebot an eine wirksame Konzentrationsflächenplanung stellt, sind in der Rechtsprechung des Senats geklärt (Urteile vom 17. Dezember 2002 a.a.O., vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 4.02 - BVerwGE 118, 33 und - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261, vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <111> und vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559). Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Rechtssätze formuliert, die der Senatsrechtsprechung widersprechen. Seine anlässlich dieses Falles geäußerte Auffassung, dass die Reduzierung mehrerer und größerer Konzentrationszonen auf eine einzelne Konzentrationszone mit geringeren Ausmaßen nicht zwingend auf eine zu missbilligende Verhinderungsplanung führt, dass aber die Gemeinde unter einem besonderen Rechtfertigungszwang steht und an die Vollständigkeit der Ermittlung des Abwägungsmaterials sowie an die Tragfähigkeit der in den Abwägungsprozess einfließenden Aspekte und Überlegungen besondere Anforderungen zu stellen sind, ist mit Bundesrecht vereinbar.

18

(2) Die Angriffe der Klägerin gegen die berufungsgerichtliche Sachverhaltswürdigung bleiben ohne Erfolg. Das Revisionsgericht ist nicht befugt, die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts durch eine eigene Tatsachenwürdigung zu ersetzen (§ 137 Abs. 2 VwGO). Nur wenn die Tatsachenfeststellung und -würdigung mit zulässigen und begründeten Revisionsgründen erschüttert wird oder die Würdigung gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt, ist sie revisionsgerichtlich zu beanstanden (vgl. Urteil vom 13. Dezember 1988 - BVerwG 1 C 44.86 - BVerwGE 81, 74 <76>). Ein solcher Verstoß liegt hier aber nicht vor.

19

(a) Die Klägerin wirft dem Verwaltungsgerichtshof vor, das Planungskonzept der Beigeladenen zu Unrecht gebilligt zu haben. Die Beigeladene habe es versäumt, sämtliche Außenbereichsflächen ihres Stadtgebiets in ihre Standortanalyse einzubeziehen. Sie habe im Verfahren zur 2. Änderung des Flächennutzungsplans neue Ausschluss- und Restriktionskriterien aufgestellt (Mindestabstände zu benachbarten Wohnbauflächen, gemischten Bauflächen, landwirtschaftlichen Gebäuden im Außenbereich, gewerblichen Flächen, Straßen und Freileitungen; Schutz der örtlichen, regionalen und überregionalen Avifauna; Freiraum- und Biotopschutz), anhand dieser Kriterien aber nicht das gesamte Stadtgebiet auf die Eignung für die Nutzung der Windenergie untersucht, sondern die Kriterien lediglich auf die bereits ausgewiesenen Vorranggebiete WE I bis III angewandt. Das genüge nicht den Grundsätzen einer gesamträumlichen schlüssigen Planung.

20

Die Kritik der Klägerin geht an den vorinstanzlichen Feststellungen vorbei. Danach hat die Beigeladene fünf mögliche Flächen (A bis F) im Gemeindegebiet ermittelt (UA S. 28) und davon drei Flächen (B, C und E) - die Fläche E entspricht der jetzigen Konzentrationszone WE - innerhalb der früheren Zone WE II als künftige Flächen für die Windenergienutzung ins Auge gefasst. Diese Feststellungen, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, widersprechen der Behauptung der Klägerin, die Beigeladene habe allein die ursprünglich dargestellten Vorranggebiete WE I bis III den neu gebildeten Ausschluss- und Restriktionskriterien unterworfen.

21

(b) Die Klägerin bemängelt ferner, dass der Verwaltungsgerichtshof die Gründe als plausibel und gewichtig akzeptiert hat, die die Beigeladene zur Verkleinerung der Vorrangzone WE II und zur Streichung der Vorrangzone WE III veranlasst haben. Auch diese Kritik ist unberechtigt.

22

(aa) Die Beigeladene hat nach den tatrichterlichen Feststellungen im Berufungsurteil die ehemalige Vorrangzone WE III und den westlich der Hochspannungstrasse befindlichen Abschnitt der vormaligen Vorrangzone WE II nicht mehr als Positivfläche für die Windkraft vorgesehen, weil der Bereich im Regionalplan Südhessen 2000 als Regionaler Grünzug ausgewiesen ist und es in der Nähe schutzwürdige Waldgebiete gibt (UA S. 31 f.).

23

Die Klägerin wendet ein, zwischen der Windenergienutzung und der Ausweisung des Regionalen Grünzugs im Regionalplan bestehe kein Zielkonflikt. Die Ausweisung des Regionalen Grünzugs verhindere nicht die Darstellung einer Konzentrationszone für die Windenergienutzung. Dies sehe der Verwaltungsgerichtshof ebenso, sei er doch bei der Prüfung des Hilfsantrags zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene im Genehmigungsverfahren nicht berechtigt gewesen sei, mit dem Hinweis auf den Regionalen Grünzug ihr Einvernehmen zu versagen. Die Klägerin übersieht, dass die Befugnis, einen regionalplanerisch ausgewiesenen Grünzug mit einem Vorranggebiet für die Windenergienutzung zu überplanen, die Gemeinde nicht daran hindert, dem Interesse, den Grünzug von Windenergieanlagen freizuhalten, den Vorzug zu geben. Dass der Verwaltungsgerichtshof die Vorzugswürdigkeit des Freihaltebelangs mit der Beigeladenen unzutreffend eingeschätzt hat, macht die Klägerin nicht geltend. Die Absicht der Beigeladenen, im Ballungsraum Rhein-Main die raren Möglichkeiten der Freiraumsicherung zu nutzen, missbilligt sie nicht.

24

Auch mit der Anerkennung des Kriteriums "Waldabstand" ist die Klägerin nicht einverstanden. Sie geht davon aus, dass das Kriterium willkürlich gewählt worden sei, weil es der Beklagte während des Verfahrens auf Genehmigung der umstrittenen Windenergieanlagen nicht zur Sprache gebracht habe. Mit den tatrichterlichen Feststellungen stimmt das nicht überein. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Bestreben der Beigeladenen, die Waldflächen zu schützen, als sachlich gerechtfertigt angesehen, weil sie für Zwecke der Naherholung und als Kompensationsflächen für die ICE-Trasse Frankfurt-Köln gebraucht würden (UA S. 31 f.). An diese Würdigung ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

25

(bb) Die nördlich bzw. östlich der Zone WE gelegenen Flächen hat die Beigeladene zum Schutz der Vogelwelt von der Nutzung der Windenergie ausgeschlossen. Das hat die Zustimmung der Vorinstanz gefunden, weil die in Rede stehenden Flächen nach Aussagen eines Gutachters für die Errichtung von Windenergieanlagen hochsensibel bzw. sensibel seien (UA S. 30 f.). Zwar seien sensible Bereiche - anders als hochsensible Bereiche - aus fachlicher Sicht keine (unbedingten) Ausschlussgebiete für die Errichtung von Windenergieanlagen. Es werde jedoch - so der Gutachter - empfohlen, diese hochwertigen Räume möglichst störungsfrei zu halten. Abgesehen von diesen fachlichen Bedenken, die deutlich gegen die Einbeziehung der ornithologisch sensiblen Bereiche in die Flächen für die Nutzung der Windenergie sprächen, scheitere eine Nutzung dieser Flächen jedenfalls am Artenschutz. Mit der Behauptung, die Empfehlung des Gutachters sei unbegründet, setzt die Klägerin der Einschätzung der avifaunistischen Schutzwürdigkeit der Flächen durch den Gutachter und den Verwaltungsgerichtshof ihre davon abweichende Einschätzung entgegen. Der Bindung des Senats an die vorinstanzliche Sachverhaltswürdigung kann sie sich dadurch nicht entziehen. Die Tatsache, dass sensible Landschaftsräume aus fachlicher Sicht für Windenergieanlagen nicht zwingend gesperrt werden müssen, bedeutet nicht, dass die Gemeinde sie nicht für die Nutzung der Windenergie sperren darf. Sich im Konfliktfall zwischen der Windenergienutzung und dem Vogelschutz für den Vogelschutz zu entscheiden, hält sich im Rahmen des Spielraums, den das Abwägungsgebot der Gemeinde einräumt. Ob das Artenschutzrecht, namentlich das Störungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG, der Nutzung der Flächen für die Windenergie zwingend entgegensteht, kann an dieser Stelle offen bleiben. Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, hätten dem Verwaltungsgerichtshof die "fachlichen Bedenken, die deutlich gegen die Einbeziehung der ornithologisch sensiblen Bereiche in die Flächen für die Windenergienutzung sprechen", ersichtlich genügt, um der Beigeladenen zu attestieren, die Flächen nördlich und östlich der Vorrangzone WE fehlerfrei als Ausschlussflächen eingestuft zu haben.

26

(c) Die Klägerin rügt als weiteren Fehler im Abwägungsvorgang, dass die Beigeladene bei der Ermittlung der Potenzialflächen ein Raster mit pauschalen Mindestabständen zu schutzwürdigen Nutzungen über das Gemeindegebiet gelegt und auf eine Korrektur des Rasters verzichtet habe, obwohl sie hätte erkennen müssen, dass sie bei einem Festhalten an den Mindestabständen der Windenergie nicht mehr, wie vom Bundesverwaltungsgericht gefordert (Urteil vom 17. Dezember 2002 a.a.O. S. 295), in substanzieller Weise Raum verschaffen werde.

27

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass die Beigeladene um Wohnbebauung (Bauflächen und Gebäude) Schutzkorridore mit einer Breite von 1.100 m herumgelegt und einen Mindestabstand zu den vorhandenen Aussiedlerhöfen von 300 m angesetzt hat (UA S. 30). Diese Abstandsgrößen erschienen plausibel und sachgerecht. Die im Vergleich zu den im Jahre 1997 gewählten wesentlich größeren Abstandswerte bezüglich benachbarter Wohnbebauung (Schutzkorridor 1.100 m gegenüber 400 m) entsprächen der technischen Weiterentwicklung der Windenergieanlagen, die nunmehr eine Gesamthöhe von ca. 140 m aufwiesen, während die Beigeladene bei ihrer Vorgängerplanung noch von einer maximalen Anlagenhöhe von 85 m ausgegangen sei. Ob die von der Beigeladenen gewählten Abstandswerte das Minimum dessen darstellen, was zur Verhinderung unzumutbarer Lärmimmissionen, von Beeinträchtigungen durch Schattenwurf und von optischer Bedrängung notwendig ist, lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Daraus mag geschlossen werden, dass sich die Beigeladene auch mit kleiner dimensionierten Pufferzonen hätte zufrieden geben können. Eine Überarbeitung des Auswahlkonzepts war aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs nicht erforderlich, weil das Vorranggebiet WE - noch - groß genug sei, um der Windenergie ausreichend, d.h. substanziell, Raum zu geben (UA S. 27). Das hält der revisionsgerichtlichen Kontrolle stand.

28

Wo die Grenze zur Verhinderungsplanung verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Beschränkt sich die Gemeinde darauf, ein einziges Konzentrationsgebiet auszuweisen, ist dies, für sich genommen, noch kein Indiz für einen fehlerhaften Gebrauch der Planungsermächtigung. Auch Größenangaben sind, isoliert betrachtet, als Kriterium ungeeignet. Wenn die Grenze zur Verhinderungsplanung überschritten ist, kann erst nach einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum beurteilt werden (Urteil vom 24. Januar 2008 a.a.O. Rn. 11). Die Einschätzung, ob die Gemeinde der Windenergie substanziell Raum verschafft hat, ist das Ergebnis einer wertenden Betrachtung. Da diese Wertung maßgebend auf der Würdigung der örtlichen Gegebenheiten in tatsächlicher Hinsicht beruht, kann sie revisionsgerichtlich nur darauf überprüft werden, ob sie auf einem Rechtsirrtum beruht, insbesondere weil der Tatrichter eine irrige Vorstellung davon hatte, wann eine Verhinderungsplanung vorliegt, oder ob sie gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze verstößt (vgl. Urteil vom 13. Juli 2006 - BVerwG 4 C 2.05 - BVerwGE 126, 233 Rn. 17). Hieran gemessen ist die vorinstanzliche Entscheidung nicht zu bemängeln. Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich nicht abstrakt bestimmen lässt, wo die Grenze zur Verhinderungsplanung verläuft - insbesondere hat er nicht auf allgemein verbindliche Größenordnungen abgestellt -, sondern dass es auf die Gegebenheiten der konkreten Verhältnisse im Plangebiet ankommt (UA S. 25). Diese Verhältnisse hat er vorliegend im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gewürdigt, in die sowohl verschiedene Relationen (Größe der Konzentrationsfläche im Vergleich zur Gemeindegebietsgröße, zur Größe der im Regionalplan Südhessen vorgesehenen Mindestgröße für Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen und zur Größe der für die Nutzung der Windenergie reservierten Flächen in den Nachbargemeinden; Anzahl und Energiemenge der Windenergieanlagen) als auch andere Gesichtspunkte wie etwa das Gewicht der Ausschlusskriterien eingeflossen sind. Seine Erwägungen lassen ebenso wie seine Einschätzung, der Nutzung der Windenergie werde - noch - ausreichend Raum gegeben, Rechtsfehler nicht erkennen.

29

Zu Unrecht sieht die Klägerin darin einen entscheidungserheblichen Verfahrensfehler, dass der Verwaltungsgerichtshof in den Entscheidungsgründen seines Urteils die Größe der Vorrangfläche WE fälschlich mit 43,7 ha angegeben hat (UA S. 27), während der richtige Wert, der im Tatbestand des Urteils auch genannt ist (UA S. 7), 34,7 ha beträgt. Mit dem Beklagten und der Beigeladenen ist der Senat der Auffassung, dass das Berufungsurteil auf dem Fehler nicht beruht. Einem isolierten oder einseitigen Abstellen auf Größenangaben eine Absage erteilend hat der Verwaltungsgerichtshof nicht nur auf das Verhältnis zwischen der Größe der Zone WE und der im Regionalplan Südhessen vorgesehenen Mindestgröße für Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen abgestellt, sondern auch und in erster Linie darauf, dass die Vorrangzone WE vier Windenergieanlagen aufnehmen kann, mit deren Stromausbeute sich der Bedarf von ca. 4 000 Haushalten decken lässt (UA S. 28 f.). Es bestehen keine ernstlichen Zweifel, dass der Verwaltungsgerichtshof den Flächennutzungsplan 2006 auch dann als wirksam angesehen hätte, wenn er von der zutreffenden Größe der Vorrangzone WE ausgegangen wäre.

30

(d) Auf einen Abwägungsfehler führt es nicht, dass in der Vorrangzone WE eine nach der Planung der Beigeladenen mögliche fünfte Windenergieanlage mangels ausreichenden Abstands zu den benachbarten Aussiedlerhöfen nicht errichtet worden ist (UA S. 27). Der Verwaltungsgerichtshof hat aus diesem Umstand nicht den Schluss gezogen, dass die Beigeladene die Aufnahmekapazität der Vorrangzone überschätzt hätte. Zu beanstanden ist das nicht. Das Berufungsurteil enthält keine Feststellungen, aus denen sich ableiten ließe, dass fünf Anlagen mit einer von der Beigeladenen angenommenen Höhe (85 m) und bei einer aufeinander abgestimmten Gruppierung nicht in der Vorrangzone hätten Platz finden können.

31

(e) Einen Abwägungsfehler hat der Verwaltungsgerichtshof darin gesehen, dass die Beigeladene die Nachteile, die mit der Änderung des Flächennutzungsplans zu Lasten der Eigentümer der nunmehr in die Ausschlusszone für die Windenergienutzung fallenden Grundstücke verbunden sind, und die privaten Interessen der von dem Ausschluss betroffenen Personen und Unternehmen mit konkreten Absichten zur Errichtung von Windenergieanlagen auf den betroffenen Grundstücken nicht in die Abwägung einbezogen hat (UA S. 20). Diesen Fehler hat er jedoch nach § 214 Abs. 3 Satz 3 (richtig: § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2) BauGB als unbeachtlich gewertet. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Offen bleiben kann, ob § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB oder § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB die vorliegend maßgebliche Planerhaltungsvorschrift ist (vgl. zum Verhältnis der beiden Bestimmungen Uechtritz, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, § 214 Rn. 120); denn beide Vorschriften machen die Beachtlichkeit von Mängeln im Abwägungsvorgang trotz sprachlicher Unterschiede (vgl. Urteil vom 9. April 2008 - BVerwG 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 18 ff. zum Merkmal "in wesentlichen Punkten") von denselben Voraussetzungen abhängig.

32

Der Verwaltungsgerichtshof hat den von ihm markierten Abwägungsfehler als unbeachtlich gewertet, weil er nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sei (UA S. 20). Im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Beschlüsse vom 9. Oktober 2003 - BVerwG 4 BN 47.03 - BRS 66 Nr. 65 und vom 20. Januar 1992 - BVerwG 4 B 71.90 - Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 5 = NVwZ 1992, 663) ist er davon ausgegangen, dass Mängel im Abwägungsvorgang das Abwägungsergebnis beeinflusst haben, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder erkennbarer oder nahe liegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat die konkrete Möglichkeit, dass bei Einstellung der betroffenen privaten Interessen von der Änderung der Flächennutzungsplanung Abstand genommen worden wäre oder zu Gunsten der Grundstückseigentümer und Bauinteressenten Modifikationen an der Änderungsplanung vorgenommen worden wären, "in Anbetracht des in der mündlichen Verhandlung seitens der Beigeladenen nochmals hervorgehobenen Gewichts, das den öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Freiraums, dem Schutz der Avifauna und dem Schutz vor allem der umliegenden Wohnbebauung zugemessen worden ist", verneint. Die von der Klägerin geäußerte Vermutung, dass die Beschlussfassung "bei Einbeziehung der Privatinteressen" und "etwaiger Entschädigungsansprüche" anders ausgefallen wäre, reiche zur Annahme einer Auswirkung auf das Abwägungsergebnis nicht aus. An die tatrichterliche Würdigung der Vorinstanz ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

33

2. Der Ausspruch des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Bescheid des Beklagten vom 4. Oktober 2005 rechtswidrig war, hält der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Da die Feststellungen im Berufungsurteil nicht ausreichen, um dem Senat eine abschließende Entscheidung zu ermöglichen, ist die Sache nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

34

Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass ein Kläger die Feststellung verlangen kann, zu einem von ihm selbst bestimmten Zeitpunkt habe ein materieller Anspruch bestanden. Das stimmt mit der Rechtsprechung des Senats überein (Urteil vom 28. April 1999 - BVerwG 4 C 4.98 - BVerwGE 109, 74). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ferner erkennbar davon leiten lassen, dass auf die Berufung einer beigeladenen Gemeinde gegen die erstinstanzliche Feststellung, der Kläger habe eine beantragte Genehmigung beanspruchen können, materielles Recht nur insoweit zu prüfen ist, als es auch dem Schutz der Beigeladenen zu dienen bestimmt ist. Dieser Prüfungsansatz ist ebenfalls zutreffend (Urteil vom 31. Oktober 1990 - BVerwG 4 C 45.88 - BRS 50 Nr. 86). Dem Schutz der gemeindlichen Planungshoheit dient die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Sie bestimmt u.a., dass für die Zulassung eines Vorhabens im Außenbereich das Einvernehmen mit der Gemeinde erforderlich ist. Die Gemeinde darf ihr Einvernehmen nur aus den sich aus § 35 BauGB ergebenden Gründen versagen (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Das bedeutet im Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 BauGB auf das Rechtsmittel der Gemeinde hin in vollem Umfang nachzuprüfen sind (Urteile vom 31. Oktober 1990 a.a.O. und vom 14. April 2000 - BVerwG 4 C 5.99 - NVwZ 2000, 1048 <1049>). Unvereinbar mit Bundesrecht ist die einschränkende Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass § 35 BauGB nur mit Blick auf diejenigen Gründe zu prüfen ist, auf die die beigeladene Gemeinde die Versagung ihres Einvernehmens gestützt hat. Das Recht der Gemeinde, ihr Einvernehmen zu einem Außenbereichsvorhaben zu verweigern, ist nicht mit der Obliegenheit verbunden, die Entscheidung zu begründen (vgl. BTDrucks 13/6392 S. 60 zu Nr. 29 und Buchst. b). Der Bestimmung des § 36 BauGB kann deshalb auch nicht entnommen werden, dass in den Fällen, in denen - wie hier - das Einvernehmen rechtzeitig verweigert wurde, die Gemeinde mit Gründen, die sie bei ihrer Verweigerung nicht angeführt hat, in einem späteren Rechtsbehelfsverfahren präkludiert ist (so zutreffend OVG Weimar, Beschluss vom 29. Januar 2009 - 1 EO 346/08 - juris Rn. 50).

35

a) Die Beschränkung, die sich der Verwaltungsgerichtshof auferlegt hat, mag der Grund dafür sein, dass im Berufungsverfahren nicht geprüft worden ist, ob den Vorhaben der Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt das artenschutzrechtliche Störungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG in der seinerzeit geltenden Fassung entgegenstand, das sich zugleich als ein nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beachtlicher Belang des Naturschutzes darstellt (vgl. Urteil vom 24. Februar 1978 - BVerwG 4 C 12.76 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 61 S. 29). Nach § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. war es verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten an ihren Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten durch Aufsuchen, Fotografieren oder ähnliche Handlungen zu stören.

36

Ob durch die Errichtung und den Betrieb der zur Genehmigung gestellten Anlagen der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. erfüllt worden wäre, ist ungeklärt. Der Verwaltungsgerichtshof ist zwar in anderem Zusammenhang zu der Einschätzung gelangt, dass u.a. die Nutzung des Antragsgebiets für die Windenergie "am Artenschutzrecht scheitert" (UA S. 31). Mit dem von ihm für "bedeutsam" gehaltenen Störungsverbot hat er sich jedoch nur kursorisch befasst. Da das Berufungsurteil nicht die tatsächlichen Feststellungen enthält, die notwendig wären, um dem Senat eine Subsumtion unter § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. zu ermöglichen, muss der Verwaltungsgerichtshof die Prüfung nachholen. Ihr wird er zugrunde zu legen haben, dass zu den "ähnlichen Handlungen", durch die europäische Vogelarten an ihren Nist-, Brut-, Wohn- und Zufluchtsstätten gestört werden, auch bau- oder betriebsbedingte Störungen gehörten (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116), weil andernfalls den europarechtlichen Vorgaben, insbesondere dem weit gefassten Störungsverbot des Art. 5 Buchst. d VRL, dessen Umsetzung § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. jedenfalls auch diente, nicht hinreichend Rechnung getragen worden wäre (Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 34). Andererseits ist nicht jede Störung untersagt, sondern nur eine erhebliche Störung, die vorliegt, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das bundesrechtlich geregelte Störungsverbot nämlich nicht weiter reichen, als dies unionsrechtlich gefordert ist (vgl. BTDrucks 16/5100 S. 11 zu Nr. 7). Dies kommt im geänderten Wortlaut zum Ausdruck, den das Störungsverbot in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 und in § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG in der Fassung des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2542) erhalten hat.

37

b) Im Übrigen ist das vorinstanzliche Urteil - jedenfalls im Ergebnis - mit Bundesrecht vereinbar.

38

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat sich entgegen der Ansicht der Beigeladenen nicht dadurch über § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB hinweggesetzt, dass er die Erschließung der umstrittenen Außenbereichsvorhaben als gesichert angesehen hat.

39

Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass bis zum 4. Oktober 2005 die umstrittenen Bauvorhaben tatsächlich nicht erschlossen waren. Er hat das für unschädlich gehalten, weil die Klägerin der Beigeladenen mit Schreiben vom 6. Mai 2005 ein Erschließungsangebot unterbreitet habe, dem ein Ausbauplan und eine Aufstellung der einzelnen Erschließungsmaßnahmen als Anlagen beigefügt gewesen seien. Damit habe die Klägerin die ihr als erschließungswillige Bauherrin obliegenden Pflichten zunächst erfüllt. Es wäre dann Sache der Beigeladenen gewesen, die Klägerin auf Mängel in dem Angebot - die die Beigeladene erst im gerichtlichen Verfahren gerügt habe - aufmerksam zu machen und ihr Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben; die Klägerin sei ohne erkennbare positive Reaktion der Gemeinde nicht verpflichtet gewesen, von sich aus weitere Vorschläge zu machen und das Erschließungsangebot nachzubessern (UA S. 40). Dagegen ist bundesrechtlich nichts zu erinnern.

40

Es entspricht der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 30. August 1985 - BVerwG 4 C 48.81 - BRS 44 Nr. 75), dass die Erschließungsmaßnahmen, die im Einzelfall erforderlich sind, nicht schon bei Vorlage des Genehmigungsantrags oder, wenn sich ein gerichtliches Verfahren anschließt, bis zu dessen Abschluss verwirklicht sein müssen. Gesichert ist die Erschließung, wenn damit gerechnet werden kann, dass sie bis zur Herstellung des Bauwerks (spätestens bis zur Gebrauchsabnahme) funktionsfähig angelegt ist, und wenn ferner damit zu rechnen ist, dass sie auf Dauer zur Verfügung stehen wird. Die Erschließung muss nicht notwendig von der Gemeinde, sondern darf auch durch den Bauherrn oder einen Dritten vorgenommen werden. Von einer gesicherten Erschließung ist nicht erst dann auszugehen, wenn der Bauinteressent oder Dritte die Erschließungsaufgabe vertraglich übernommen hat. Vielmehr genügt es, dass der Gemeinde ein zumutbares Erschließungsangebot vorgelegen hat. Ein solches Angebot hat eine Ersetzungsfunktion. Schon mit seiner Hilfe kann sich der Bauherr die Möglichkeit verschaffen, das Genehmigungshindernis der fehlenden Erschließung zu überwinden (Beschluss vom 18. Mai 1993 - BVerwG 4 B 65.93 - BRS 55 Nr. 105). Für ein zumutbares Erschließungsangebot genügt es freilich nicht, wenn der Bauinteressent lediglich seine Bereitschaft erklärt, in Vertragsverhandlungen einzutreten. Vielmehr muss das Angebot so konkret sein, dass es auf seine Eignung überprüft werden kann, einen Zustand herbeizuführen, der die gleiche Gewähr der Verlässlichkeit bietet, wie wenn das Baugrundstück bereits erschlossen wäre. Hiervon kann auch dann nicht gänzlich abgesehen werden, wenn die Gemeinde sich so unnachgiebig zeigt, dass Vertragsverhandlungen keinen Erfolg versprechen. Vom Grad der Kooperationsbereitschaft der Gemeinde hängt allenfalls ab, welchen Substanziierungsanforderungen das Angebot gerecht werden muss. Lässt die Gemeinde keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie bereit ist, aktiv am Zustandekommen eines Erschließungsvertrages mitzuwirken, so hat der Bauinteressent seinerseits durch ein entsprechend detailliertes Angebot eine möglichst breite Verhandlungsgrundlage als Voraussetzung dafür zu schaffen, dass eine Übereinstimmung in sämtlichen Fragen erzielt werden kann, die einer Regelung bedürfen. Verharrt die Gemeinde dagegen in einem Zustand der Passivität, so kann es der Bauherr im allgemeinen fürs Erste damit bewenden lassen, ihr ein Angebot zu unterbreiten, durch das sie in die Lage versetzt wird, sich über den Umfang seiner Leistungsbereitschaft ein Urteil zu bilden.

41

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass das Erschließungsangebot der Klägerin vom 6. Mai 2005 den Umständen, die durch eine grundsätzliche Ablehnung der Vorhaben der Klägerin durch die Beigeladene gekennzeichnet seien, angepasst und dass es angesichts der ablehnenden Haltung der Beigeladenen gegenüber den umstrittenen Vorhaben fürs Erste ausreichend substanziiert gewesen sei. An diese vorinstanzliche Würdigung ist der Senat gebunden. Die Beigeladene zeigt nicht auf, dass der Würdigung eine irrige Rechtsauffassung zugrunde liegt. Vielmehr stellt sie ihrerseits überzogene rechtliche Anforderungen an das Erschließungsangebot. Entgegen ihrer Ansicht müssen einem Erschließungsangebot, das die Gemeinde von vornherein nicht annehmen will, nicht alle Belege beigefügt sein, die für den Nachweis der gesicherten Erschließung notwendig sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner nicht zu geringe Anforderungen an den Nachweis der Zuverlässigkeit der Eigenleistungen gestellt, die auch die Übernahme des durch den Ausbau entstehenden Unterhaltungsaufwandes einschließen müssen, weil nur auf diese Weise die Gemeinde unwirtschaftliche Aufwendungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB vermeiden kann. Die Klägerin hat sich in § 3 des Vertragsentwurfs verpflichtet, den durch die Ausbaumaßnahmen und den Betrieb der Windenergieanlagen bedingten erhöhten Erhaltungsaufwand vom Beginn des Ausbaus der Wege bis zur endgültigen Einstellung des Betriebs der Windenergieanlagen zu tragen. Mit dem Angebot, der Beigeladenen einen einklagbaren Anspruch auf Übernahme der Unterhaltungskosten zu verschaffen, hat sie ihre Bereitschaft dokumentiert, die im konkreten Fall erforderlichen Mittel aufzubringen. Dass sie die Bereitschaft noch durch den Nachweis liquider Mittel hätte untermauern müssen, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht nicht verlangt.

42

bb) Die Beigeladene beanstandet des Weiteren die vorinstanzliche Auffassung, dass die Genehmigung der umstrittenen Windenergieanlagen nicht an der Ausweisung der Standortflächen als Regionaler Grünzug im Regionalen Raumordnungsplan Südhessen hätte scheitern müssen. Ihrer Ansicht nach ist das nicht mit § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BauGB vereinbar, wonach raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen dürfen. Dass die Ausweisung als Regionaler Grünzug teilweise durch diejenige als Vorrangflächen für Windenergie überlagert sei, komme der Klägerin nicht nach § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB zugute - hiernach stehen öffentliche Belange raumbedeutsamen privilegierten Vorhaben nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind -, weil die konkurrierende Darstellung wegen eines Abwägungsmangels unwirksam sei. Die Argumentation der Beigeladenen greift nicht durch.

43

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Festlegung "Regionaler Grünzug" im Regionalen Raumordnungsplan als Ziel behandelt, von dem - wiederum mit der Qualität eines Ziels der Raumordnung - nach Abschnitt 3.1-2 des Textteils des Programms ausdrücklich Abweichungen aus Gründen des öffentlichen Wohls zugelassen sind (UA S. 42). Zu den Vorhaben, die aus Gründen des öffentlichen Wohls zulässig sind, hat er Windenergienanlagen gezählt. Hieran ist der Senat gebunden, da es sich bei den Bestimmungen des Regionalen Raumordnungsplans um irrevisibles Landesrecht (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) handelt. Steht die Errichtung von Windenergieanlagen im Regionalen Grünzug mit den Zielen der Raumordnung im Einklang, liegt ein Verstoß gegen § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 BauGB nicht vor. Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob die Ausweisung der Vorrangflächen für Windenergie im Regionalen Raumordnungsplan wirksam ist und damit in der Lage gewesen wäre, zu Gunsten der Klägerin die positive Wirkung des § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB zu entfalten, und braucht der darauf bezogenen Verfahrensrüge der Beigeladenen nicht nachgegangen zu werden, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren Vortrag zum Abwägungsdefizit ignoriert und dadurch gegen § 108 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen.

44

cc) Zu Unrecht moniert die Beigeladene, dass der Verwaltungsgerichtshof der Klägerin den geltend gemachten Genehmigungsanspruch nicht deshalb gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB abgesprochen hat, weil ihre Anlagen höher als 85 m hätten sein sollen. Nach den tatrichterlichen Feststellungen im Berufungsurteil sah der Flächennutzungsplan 1998 eine Höhenbegrenzung für Windenergieanlagen nicht vor (UA S. 43). Dass eine Höhenbegrenzung (auf 85 m) bei der Aufstellung des Plans vorausgesetzt oder als Planmotiv für eine großzügigere Dimensionierung der Vorrangflächen mitbestimmend war, hat der Verwaltungsgerichtshof als rechtlich belanglos erachtet. Das ist bundesrechtlich zutreffend. Aus der Planbegründung ersichtliche Überlegungen der Entscheidungsträger der Gemeinde können zwar zur Auslegung und Erläuterung unklarer Darstellungen herangezogen werden; sind die Aussagen in der Planurkunde aber eindeutig, hat es mit ihnen sein Bewenden und ist ein Rückgriff auf außerhalb der Urkunde liegende Beweismittel unzulässig (vgl. Urteil vom 18. März 2004 - BVerwG 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239 <244>).

45

dd) Mit dem Argument der Beigeladenen, der öffentliche Belang der Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes hätte der Erteilung der beantragten Genehmigung entgegengestanden, hat sich der Verwaltungsgerichtshof nicht auseinandergesetzt. Seine Begründung, er habe nur diejenigen öffentlichen Belange prüfen dürfen, mit denen die Beigeladene die Versagung ihres Einvernehmens begründet habe, ist zwar, wie bereits dargelegt, mit Bundesrecht nicht vereinbar. Gleichwohl ist das Urteil im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

46

Die Baugrundstücke lagen am 4. Oktober 2005 im Vorranggebiet WE II, das die Beigeladene im Flächennutzungsplan dargestellt hatte, um die Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeizuführen. Die Vorschrift versetzt die Gemeinde in die Lage, die bauliche Entwicklung privilegierter Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB im Außenbereich planerisch zu steuern. Die Vorhaben sind nicht mehr nur dann unzulässig, wenn ihnen öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegenstehen, sondern auch dann, wenn für sie durch Darstellungen in einem Flächennutzungsplan eine wirksame Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Die gesetzgeberische Privilegierungsentscheidung kommt zwar weiterhin, aber nur mehr nach Maßgabe der gemeindlichen Planungsvorstellungen zum Tragen. Das bedeutet, dass den öffentlichen Belangen, denen an sich erst auf der Stufe der Vorhabenzulassung Rechnung zu tragen ist, schon auf der Ebene der Flächennutzungsplanung rechtliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <300>). Die Gemeinde, die von der Ermächtigung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Gebrauch macht, hat die öffentlichen Belange, die nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB erheblich sind und nicht zugleich zwingende, im Wege der Ausnahme oder Befreiung nicht überwindbare Verbotstatbestände nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllen, bei der Bauleitplanung nach Maßgabe des § 1 Abs. 7 BauGB gegen das Interesse Bauwilliger abzuwägen, den Außenbereich für die Errichtung von Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB in Anspruch zu nehmen. Mit der Darstellung von Konzentrationsflächen bringt sie zum Ausdruck, dass sie die der Abwägung zugänglichen öffentlichen Belange geringer gewichtet hat als die Nutzerinteressen. Ist die Planung wirksam, weil die Abwägung frei von Fehlern ist oder Abwägungsmängel nach dem Fehlerfolgenregime des § 214 BauGB unbeachtlich sind, dürfen diese Belange bei der Entscheidung über die Vorhabenzulassung nicht wieder als Genehmigungshindernis aktiviert werden (Urteil vom 18. August 2005 - BVerwG 4 C 13.04 - BVerwGE 124, 132 <144>). Nach dem Modell des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bedingen die positive und negative Komponente der Darstellung von Konzentrationsflächen einander und lässt sich das Zurücktreten der Privilegierung in Teilen des Plangebiets nur dann rechtfertigen, wenn die Gemeinde sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen (Urteil vom 17. Dezember 2002 a.a.O. S. 294).

47

Die Beigeladene stellt nicht in Abrede, dass sie bei der Festlegung der Vorrangzonen WE I bis III im Flächennutzungsplan 1998 dem Schutz des Orts- und Landschaftsbildes einen geringeren Wert beigemessen hat als dem Belang der Nutzung der zur Verfügung gestellten Flächen für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen. Ihr Einwand geht dahin, sie sei im Abwägungsprozess von einer Anlagenhöhe bis 85 m ausgegangen. Größere Anlagen, wie sie die Klägerin zur Genehmigung gestellt habe, entsprächen nicht ihren planerischen Vorstellungen, weil sie das Orts- und Landschaftsbild verunstalteten. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB habe dem Genehmigungsantrag daher entgegengehalten werden dürfen. Dem ist zu widersprechen. Die Stadtverordnetenversammlung der Beigeladenen hat im Flächennutzungsplan 1998 eine Höhenbegrenzung nicht festgeschrieben und damit die Folgen - die Zulässigkeit von Windenergieanlagen mit einer Höhe über 85 m - in Kauf genommen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Gremium sich irrig für nicht befugt gehalten hat, im Flächennutzungsplan eine Höhenbeschränkung festzusetzen, oder etwas anderes beschlossen hat, als der Inhalt der Planurkunde belegt.

48

ee) Die Beigeladene beanstandet schließlich als weiteren Bundesrechtsverstoß, dass es der Verwaltungsgerichtshof abgelehnt hat, den planreifen Entwurf der 2. Änderung des Flächennutzungsplans, die die Baugrundstücke den Ausschlussflächen zuordnet, als öffentlichen Belang anzuerkennen. Auch damit bleibt sie ohne Erfolg.

49

Der Senat lässt offen, ob ein planreifer Entwurf eines Flächennutzungsplans, dem nach seinem Inkrafttreten die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zukommen sollen, einem Außenbereichsvorhaben generell nicht als öffentlicher Belang entgegenstehen kann. Eine "Vorwirkung" scheidet jedenfalls für den Fall aus, dass die künftigen Ausschlussflächen nach dem aktuellen Flächennutzungsplan noch in einer Konzentrationsfläche liegen. Nach der Rechtsprechung des Senats erfüllt der Flächennutzungsplan im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, d.h. soweit es um die Ausschlusswirkung geht, eine dem Bebauungsplan vergleichbare Funktion (Urteil vom 26. April 2007 - BVerwG 4 CN 3.06 - BVerwGE 128, 382 Rn. 16). Hinsichtlich der Konzentrationsflächen gilt nichts entscheidend anderes. Zwar tritt der Flächennutzungsplan nicht an die Stelle eines Bebauungsplans - die Gemeinde ist nicht gehindert, die Positivflächen zum Zwecke der Feinsteuerung noch mit einem Bebauungsplan zu überplanen, in dem beispielsweise die Vorhabenstandorte durch die Festsetzung von Baugrenzen (§ 23 BauNVO) vorgegeben werden (vgl. dazu Urteil vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 3.04 - BVerwGE 122, 117) -, er bestimmt aber, in der Bindungswirkung einem Bebauungsplan vergleichbar, dass in den dargestellten Konzentrationsflächen die bevorzugten Vorhaben ihrer Art nach zulässig sind. Solange die Darstellung Bestand hat, kann ihnen eine nur in Aufstellung befindliche anderweitige Flächennutzungsplanung nicht als öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegengehalten werden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit des sachlichen Teilflächennutzungsplans "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin.

2

Der Plan stellt am nordwestlichen Rand des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin insgesamt vier Sonderbauflächen für Windenergie (SO Wind) zeichnerisch dar. Die textliche Darstellung Nr. 1 hat zum Inhalt, dass die Sonderbauflächen Konzentrationsflächen bilden, auf die Vorhaben von Windenergieanlagen/Windparks gelenkt werden sollen, und ein Entgegenstehen öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB im übrigen Gemeindegebiet begründen, das keine Darstellung aufweist.

3

Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der Windenergiebranche. Sie beabsichtigt die Errichtung eines Windparks mit 14 Windkraftanlagen im Ortsteil H. der Antragsgegnerin. Der in Aussicht genommene Standort des Vorhabens liegt außerhalb der im sachlichen Teilflächennutzungsplan "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin dargestellten Sonderbauflächen für Windenergie.

4

Auf den Normenkontrollantrag der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht den sachlichen Teilflächennutzungsplan "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin für unwirksam erklärt (NuR 2011, 794). Der Plan beruhe auf einem Verstoß gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB.

5

Das Abwägungsgebot stelle an einen Flächennutzungsplan, mit dem die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden solle, die folgenden Anforderungen: Erforderlich sei die Entwicklung eines schlüssigen Planungskonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich erstrecke. Die planerische Entscheidung müsse nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen werde, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigten, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten. Die auf der Ebene des Abwägungsvorgangs angesiedelte Ausarbeitung eines Planungskonzepts vollziehe sich abschnittsweise. Zunächst seien diejenigen Außenbereichsflächen auszuscheiden, auf denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen seien ("harte" Tabuzonen), und anschließend nach Maßgabe einheitlich angewandter Kriterien diejenigen Flächen zu ermitteln, auf denen nach den städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinde keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollten ("weiche" Tabuzonen). Die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleibenden sog. Potenzialflächen seien in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprächen, seien mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht werde. Diese Prüfungsreihenfolge sei zwingend. Als Ergebnis der Abwägung müsse der Windenergie in substanzieller Weise Raum geschaffen werden. Mit einer bloßen "Feigenblatt"-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinauslaufe, dürfe es nicht sein Bewenden haben. Die demnach im letzten Arbeitsschritt erforderliche Prüfung, ob der Plan ein hinreichendes Flächenpotenzial für die Windenergienutzung gewährleiste und der Windenergie damit "substanziell" Raum verschaffe, setze die Ermittlung und Bewertung des Größenverhältnisses zwischen der Gesamtfläche der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszonen und derjenigen Potenzialflächen voraus, die sich nach Abzug der "harten" Tabuzonen ergäben. Im Rahmen der Ausarbeitung ihres Planungskonzepts müsse die planende Gemeinde daher - nach Maßgabe dessen, was auf der Ebene des Flächennutzungsplans angemessenerweise verlangt werden könne - die harten von den weichen Tabuzonen abgrenzen und dies nachvollziehbar dokumentieren.

6

Der Abwägungsfehler liege darin, dass die Antragsgegnerin bei der Erarbeitung des Planungskonzepts nicht zwischen den unterschiedlichen Kategorien der Tabuzonen unterschieden habe. Sowohl die Planbegründung (§ 5 Abs. 5 BauGB) als auch die zusammenfassende Erklärung (§ 6 Abs. 5 BauGB) erweckten den Eindruck, als habe die Antragsgegnerin durchweg harte Ausschlusskriterien angewandt. Dass sie sich bewusst gewesen sei, durch die Festlegung von Abstandszonen zu schutzbedürftigen Nutzungen auch weiche Ausschlusskriterien angewandt zu haben, habe sie nicht offengelegt. Für die Gemeindevertretung als Beschlussorgan habe daher ebenso wie für die im Aufstellungsverfahren beteiligte Öffentlichkeit zwangsläufig die Fehlvorstellung entstehen müssen, dass es schon aus rechtlichen Gründen keine Alternativen zu den gewählten Abstandszonen gebe. Der Fehler sei nicht nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB unbeachtlich. Er sei offensichtlich, weil er sich aus der Planbegründung und den Aufstellungsvorgängen ergebe, und habe sich auch auf das Abwägungsergebnis ausgewirkt. Da sich bei der gebotenen Bewertung anhand der maßgeblichen Bezugsgröße (Größe der Außenbereichsflächen nach Abzug der "harten" Tabuzonen) voraussichtlich gezeigt hätte, dass deutlich mehr Flächen für die Windenergienutzung zur Verfügung stünden als angenommen, bestehe die konkrete Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin die Darstellung des sachlichen Teilflächennutzungsplans in Bezug auf Anzahl und Größe der Sonderbauflächen für Windenergie geändert hätte.

7

Die Antragsgegnerin hat gegen das Normenkontrollurteil die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass eine Verpflichtung zu einer gestuften Vorgehensweise bei der Ermittlung der Potenzialflächen durch die vom Oberverwaltungsgericht geforderte Trennung in harte und weiche Tabuzonen weder bundesrechtlich geboten sei noch sachgerecht erfüllt werden könne. Die Gemeinde dürfe im Rahmen der Standortanalyse diejenige unter mehreren sachgerechten Methoden wählen, die ihr am zweckmäßigsten erscheine. Dem vorinstanzlich angewandten Prüfungsschema liege die unzutreffende Prämisse zugrunde, dass die Frage, ob der Windenergie substanziell Raum verschafft werde, nur nach dem Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsfläche und der Größe derjenigen Potenzialflächen beantwortet werden könne, die sich nach Abzug der harten Tabuzonen von der Gesamtheit der gemeindlichen Außenbereichsflächen ergebe. Das Oberverwaltungsgericht habe verkannt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Bewertung, ob der Windenergie substanziell Raum gegeben werde, anhand einer Gesamtbetrachtung unterschiedlicher Gesichtspunkte vorgenommen werden dürfe. Losgelöst von den rechtlichen Fehlvorstellungen, denen das Oberverwaltungsgericht erlegen sei, sei das Urteil auch deshalb unrichtig, weil sie, die Antragsgegnerin, entgegen der vorinstanzlichen Würdigung keinen Zweifel habe aufkommen lassen, welche abstrakten und einheitlich angewandten Kriterien im Einzelnen zu den ermittelten Potenzialflächen geführt hätten und ob die Kriterien rechtlich geboten oder selbst gewählt gewesen seien.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet, weil das angefochtene Urteil mit Bundesrecht im Einklang steht. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der sachliche Teilflächennutzungsplan "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin an einem beachtlichen Mangel im Abwägungsvorgang leidet und deshalb unwirksam ist.

9

1. Die Anforderungen an den Abwägungsvorgang ergeben sich aus den verfahrensrechtlichen Vorgaben des § 2 Abs. 3 BauGB, die sich mit den Anforderungen decken, die die Rechtsprechung aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB entwickelt hat (Urteil vom 9. April 2008 - BVerwG 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 20). Soll eine planerische Entscheidung die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen - hiernach stehen öffentliche Belange einem Vorhaben zur Nutzung der Windenergie in der Regel entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist -, verlangt das Abwägungsgebot die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt. Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten (vgl. Urteile vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <298> und vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261).

10

Nach der Rechtsprechung des Senats vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise (vgl. Beschluss vom 15. September 2009 - BVerwG 4 BN 25.09 - BRS 74 Nr. 112). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als "Tabuzonen" zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in "harte" und "weiche" untergliedern (Beschluss vom 15. September 2009 a.a.O.). Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Gemeindegebietsteilen, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung "schlechthin" ungeeignet sind (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 a.a.O. S. 295, 299), mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen der Gemeinde aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen "von vornherein" ausgeschlossen werden "soll" (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <112>). Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird (vgl. auch OVG Koblenz, Urteil vom 26. November 2003 - 8 A 10814/03 - ZNER 2004, 82 <83>).

11

Das Oberverwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Gemeinde - auf der ersten Stufe des Planungsprozesses - den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren muss. Das stimmt mit Bundesrecht überein und ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen.

12

Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB scheitert. Danach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bauleitplan, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. Urteil vom 18. März 2004 - BVerwG 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239 <240 f.>). Harte Tabuflächen sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen (§ 1 Abs. 7 BauGB) entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie keine eigenständige Kategorie im System des Rechts der Bauleitplanung bilden, sondern der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass städtebauliche Gesichtspunkte hier - anders als die Antragsgegnerin meint - nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen, einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft (vgl. Urteil vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560>).

13

Während harte Tabuzonen kraft Gesetzes als Konzentrationsflächen für die Windenergienutzung ausscheiden, muss der Plangeber eine Entscheidung für weiche Tabuzonen rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d.h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen. Andernfalls scheitert seine Planung unabhängig davon, welche Maßstäbe an die Kontrolle des Abwägungsergebnisses anzulegen sind, schon an dem fehlenden Nachweis, dass er die weichen Tabukriterien auf der Stufe der Abwägung in die Planung eingestellt hat.

14

Dem Plangeber wird mit der Unterteilung in harte und weiche Tabuzonen nichts Unmögliches abverlangt. An der Vereinbarkeit mit § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB und § 1 Abs. 7 BauGB muss sich jede Planung messen lassen. Der Senat verkennt ebenso wenig wie die Vorinstanz, dass die Abgrenzung zwischen harten und weichen Tabuzonen in der Planungspraxis mit Schwierigkeiten verbunden sein kann. Dem kann jedoch dadurch Rechnung getragen werden, dass vom Plangeber nicht mehr gefordert wird, als was er "angemessenerweise" leisten kann (UA S. 30). Die Grenzen des ihm Möglichen hat das Oberverwaltungsgericht anschaulich aufgezeigt (UA S. 31 ff.).

15

Das Oberverwaltungsgericht hat unter Auswertung der Planbegründung (§ 5 Abs. 5 BauGB) und der zusammenfassenden Erklärung (§ 6 Abs. 5 Satz 2 BauGB) festgestellt, dass die Antragsgegnerin zwischen harten und weichen Tabuzonen nicht differenziert hat (UA S. 34). An die getroffenen Feststellungen ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil die Antragsgegnerin in Bezug auf sie keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorbringt, sondern sich darauf beschränkt, der tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz ihre eigene, davon abweichende Würdigung entgegenzusetzen. Der Verzicht auf die Unterscheidung zwischen beiden Arten der Tabuzonen wäre allerdings unbeachtlich, wenn feststünde, dass die Antragsgegnerin nur harte Tabuzonen zu den Ausschlussgebieten gezählt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung für den Senat festgestellt, dass die Antragsgegnerin auch solche Landschaftsteile in den Umgriff der Ausschlussgebiete einbezogen hat, in denen nach ihren eigenen Kriterien keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen (UA S. 35 ff.).

16

2. Ebenfalls ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass der Mangel im Abwägungsvorgang nicht gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB unbeachtlich ist (UA S. 37 f.). Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Mangel offensichtlich ist, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Rates über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (Urteil vom 21. August 1981 - BVerwG 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 <38>), und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre (Beschluss vom 9. Oktober 2003 - BVerwG 4 BN 47.03 - BauR 2004, 1130). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat es, für den Senat bindend, bejaht.

17

Der Senat hat die Anforderungen an die Voraussetzungen des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB im Urteil vom 22. September 2010 - BVerwG 4 CN 2.10 - (BVerwGE 138, 12 Rn. 21 f.) entgegen der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht der Antragsgegnerin nicht dahingehend geändert, dass ein Fehler im Abwägungsvorgang erst dann erheblich ist, wenn eine Fehlerkorrektur schlechterdings nicht zum selben Abwägungsergebnis führen könnte. Das Urteil hält daran fest, dass der Abwägungsvorgang fehlerhaft ist, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung ohne den Fehler anders ausgefallen wäre, und trifft die Aussage, dass das Abwägungsergebnis nicht unter denselben Voraussetzungen, sondern erst dann zu beanstanden ist, wenn eine fehlerfreie Nachholung der Abwägung schlechterdings nicht dasselbe Ergebnis haben dürfte (a.a.O. Rn. 22). Das Abwägungsergebnis, das im angefochtenen Teilflächennutzungsplan seinen Niederschlag gefunden hat, ist vorliegend aber nicht Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle.

18

3. Nicht entscheidungserheblich ist die Frage, nach welchem Vergleichsmaßstab zu beurteilen ist, ob das Planungsergebnis der Windenergie substanziell Raum verschafft (vgl. zu diesem Erfordernis als Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Abwägungsergebnisses Urteile vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <295>, vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261 und - BVerwG 4 C 4.02 - NVwZ 2003, 738 <739>, vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <111> und vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560>). Im Interesse der Rechtssicherheit und Berechenbarkeit der Rechtsprechung nimmt der Senat gleichwohl zu ihr Stellung. Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts lässt sie sich nicht ausschließlich nach dem Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsfläche und der Größe derjenigen Potenzialflächen beantworten, die sich nach Abzug der harten Tabuzonen von der Gesamtheit der gemeindlichen Außenbereichsflächen ergibt. Der von der Vorinstanz entwickelte Maßstab für die Kontrolle des Abwägungsergebnisses kann keine "Exklusivität" für sich beanspruchen. Der Senat hat die Entscheidung, anhand welcher Kriterien sich beantworten lässt, ob eine Konzentrationsflächenplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für die Nutzung der Windenergie in substanzieller Weise Raum schafft, den Tatsachengerichten vorbehalten (Beschluss vom 29. März 2010 - BVerwG 4 BN 65.09 - BauR 2010, 2074) und verschiedene Modelle gebilligt (vgl. Beschluss vom 22. April 2010 - BVerwG 4 B 68.09 - juris Rn. 6 f. und Urteil vom 20. Mai 2010 - BVerwG 4 C 7.09 - NVwZ 2010, 1561 Rn. 28). Daran hält er mit dem Zusatz fest, dass die von den Tatsachengerichten entwickelten Kriterien revisionsrechtlich hinzunehmen sind, wenn sie nicht von einem Rechtsirrtum infiziert sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder ansonsten für die Beurteilung des Sachverhalts schlechthin ungeeignet sind (vgl. auch Urteil vom 11. Oktober 2007 - BVerwG 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307 Rn. 22).

19

Der Senat sieht keinen Anlass, den vom Oberverwaltungsgericht gewählten Ansatz zu beanstanden. Er selbst hat bereits im Urteil vom 17. Dezember 2002 (a.a.O. S. 295) einem, wenn auch anders gearteten, Flächenvergleich das Wort geredet. Nicht zulässig wäre allerdings die Festlegung eines bestimmten (prozentualen) Anteils, den die Konzentrationsflächen im Vergleich zu den Potenzialflächen erreichen müssen, damit die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eintritt. Dagegen darf dem Verhältnis dieser Flächen zueinander Indizwirkung beigemessen werden und ist nichts gegen einen Rechtssatz des Inhalts zu erinnern, dass, je geringer der Anteil der ausgewiesenen Konzentrationsflächen ist, desto gewichtiger die gegen eine weitere Ausweisung von Vorranggebieten sprechenden Gesichtspunkte sein müssen, damit es sich nicht um eine unzulässige "Feigenblattplanung" handelt (so VG Hannover, Urteil vom 24. November 2011 - 4 A 4927/09 - juris Rn. 66).

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit des sachlichen Teilflächennutzungsplans "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin.

2

Der Plan stellt am nordwestlichen Rand des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin insgesamt vier Sonderbauflächen für Windenergie (SO Wind) zeichnerisch dar. Die textliche Darstellung Nr. 1 hat zum Inhalt, dass die Sonderbauflächen Konzentrationsflächen bilden, auf die Vorhaben von Windenergieanlagen/Windparks gelenkt werden sollen, und ein Entgegenstehen öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB im übrigen Gemeindegebiet begründen, das keine Darstellung aufweist.

3

Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der Windenergiebranche. Sie beabsichtigt die Errichtung eines Windparks mit 14 Windkraftanlagen im Ortsteil H. der Antragsgegnerin. Der in Aussicht genommene Standort des Vorhabens liegt außerhalb der im sachlichen Teilflächennutzungsplan "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin dargestellten Sonderbauflächen für Windenergie.

4

Auf den Normenkontrollantrag der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht den sachlichen Teilflächennutzungsplan "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin für unwirksam erklärt (NuR 2011, 794). Der Plan beruhe auf einem Verstoß gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB.

5

Das Abwägungsgebot stelle an einen Flächennutzungsplan, mit dem die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden solle, die folgenden Anforderungen: Erforderlich sei die Entwicklung eines schlüssigen Planungskonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich erstrecke. Die planerische Entscheidung müsse nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen werde, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigten, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten. Die auf der Ebene des Abwägungsvorgangs angesiedelte Ausarbeitung eines Planungskonzepts vollziehe sich abschnittsweise. Zunächst seien diejenigen Außenbereichsflächen auszuscheiden, auf denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen seien ("harte" Tabuzonen), und anschließend nach Maßgabe einheitlich angewandter Kriterien diejenigen Flächen zu ermitteln, auf denen nach den städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinde keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollten ("weiche" Tabuzonen). Die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleibenden sog. Potenzialflächen seien in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprächen, seien mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht werde. Diese Prüfungsreihenfolge sei zwingend. Als Ergebnis der Abwägung müsse der Windenergie in substanzieller Weise Raum geschaffen werden. Mit einer bloßen "Feigenblatt"-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinauslaufe, dürfe es nicht sein Bewenden haben. Die demnach im letzten Arbeitsschritt erforderliche Prüfung, ob der Plan ein hinreichendes Flächenpotenzial für die Windenergienutzung gewährleiste und der Windenergie damit "substanziell" Raum verschaffe, setze die Ermittlung und Bewertung des Größenverhältnisses zwischen der Gesamtfläche der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszonen und derjenigen Potenzialflächen voraus, die sich nach Abzug der "harten" Tabuzonen ergäben. Im Rahmen der Ausarbeitung ihres Planungskonzepts müsse die planende Gemeinde daher - nach Maßgabe dessen, was auf der Ebene des Flächennutzungsplans angemessenerweise verlangt werden könne - die harten von den weichen Tabuzonen abgrenzen und dies nachvollziehbar dokumentieren.

6

Der Abwägungsfehler liege darin, dass die Antragsgegnerin bei der Erarbeitung des Planungskonzepts nicht zwischen den unterschiedlichen Kategorien der Tabuzonen unterschieden habe. Sowohl die Planbegründung (§ 5 Abs. 5 BauGB) als auch die zusammenfassende Erklärung (§ 6 Abs. 5 BauGB) erweckten den Eindruck, als habe die Antragsgegnerin durchweg harte Ausschlusskriterien angewandt. Dass sie sich bewusst gewesen sei, durch die Festlegung von Abstandszonen zu schutzbedürftigen Nutzungen auch weiche Ausschlusskriterien angewandt zu haben, habe sie nicht offengelegt. Für die Gemeindevertretung als Beschlussorgan habe daher ebenso wie für die im Aufstellungsverfahren beteiligte Öffentlichkeit zwangsläufig die Fehlvorstellung entstehen müssen, dass es schon aus rechtlichen Gründen keine Alternativen zu den gewählten Abstandszonen gebe. Der Fehler sei nicht nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB unbeachtlich. Er sei offensichtlich, weil er sich aus der Planbegründung und den Aufstellungsvorgängen ergebe, und habe sich auch auf das Abwägungsergebnis ausgewirkt. Da sich bei der gebotenen Bewertung anhand der maßgeblichen Bezugsgröße (Größe der Außenbereichsflächen nach Abzug der "harten" Tabuzonen) voraussichtlich gezeigt hätte, dass deutlich mehr Flächen für die Windenergienutzung zur Verfügung stünden als angenommen, bestehe die konkrete Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin die Darstellung des sachlichen Teilflächennutzungsplans in Bezug auf Anzahl und Größe der Sonderbauflächen für Windenergie geändert hätte.

7

Die Antragsgegnerin hat gegen das Normenkontrollurteil die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass eine Verpflichtung zu einer gestuften Vorgehensweise bei der Ermittlung der Potenzialflächen durch die vom Oberverwaltungsgericht geforderte Trennung in harte und weiche Tabuzonen weder bundesrechtlich geboten sei noch sachgerecht erfüllt werden könne. Die Gemeinde dürfe im Rahmen der Standortanalyse diejenige unter mehreren sachgerechten Methoden wählen, die ihr am zweckmäßigsten erscheine. Dem vorinstanzlich angewandten Prüfungsschema liege die unzutreffende Prämisse zugrunde, dass die Frage, ob der Windenergie substanziell Raum verschafft werde, nur nach dem Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsfläche und der Größe derjenigen Potenzialflächen beantwortet werden könne, die sich nach Abzug der harten Tabuzonen von der Gesamtheit der gemeindlichen Außenbereichsflächen ergebe. Das Oberverwaltungsgericht habe verkannt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Bewertung, ob der Windenergie substanziell Raum gegeben werde, anhand einer Gesamtbetrachtung unterschiedlicher Gesichtspunkte vorgenommen werden dürfe. Losgelöst von den rechtlichen Fehlvorstellungen, denen das Oberverwaltungsgericht erlegen sei, sei das Urteil auch deshalb unrichtig, weil sie, die Antragsgegnerin, entgegen der vorinstanzlichen Würdigung keinen Zweifel habe aufkommen lassen, welche abstrakten und einheitlich angewandten Kriterien im Einzelnen zu den ermittelten Potenzialflächen geführt hätten und ob die Kriterien rechtlich geboten oder selbst gewählt gewesen seien.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet, weil das angefochtene Urteil mit Bundesrecht im Einklang steht. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der sachliche Teilflächennutzungsplan "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin an einem beachtlichen Mangel im Abwägungsvorgang leidet und deshalb unwirksam ist.

9

1. Die Anforderungen an den Abwägungsvorgang ergeben sich aus den verfahrensrechtlichen Vorgaben des § 2 Abs. 3 BauGB, die sich mit den Anforderungen decken, die die Rechtsprechung aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB entwickelt hat (Urteil vom 9. April 2008 - BVerwG 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 20). Soll eine planerische Entscheidung die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen - hiernach stehen öffentliche Belange einem Vorhaben zur Nutzung der Windenergie in der Regel entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist -, verlangt das Abwägungsgebot die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt. Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten (vgl. Urteile vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <298> und vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261).

10

Nach der Rechtsprechung des Senats vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise (vgl. Beschluss vom 15. September 2009 - BVerwG 4 BN 25.09 - BRS 74 Nr. 112). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als "Tabuzonen" zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in "harte" und "weiche" untergliedern (Beschluss vom 15. September 2009 a.a.O.). Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Gemeindegebietsteilen, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung "schlechthin" ungeeignet sind (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 a.a.O. S. 295, 299), mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen der Gemeinde aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen "von vornherein" ausgeschlossen werden "soll" (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <112>). Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird (vgl. auch OVG Koblenz, Urteil vom 26. November 2003 - 8 A 10814/03 - ZNER 2004, 82 <83>).

11

Das Oberverwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Gemeinde - auf der ersten Stufe des Planungsprozesses - den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren muss. Das stimmt mit Bundesrecht überein und ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen.

12

Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB scheitert. Danach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bauleitplan, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. Urteil vom 18. März 2004 - BVerwG 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239 <240 f.>). Harte Tabuflächen sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen (§ 1 Abs. 7 BauGB) entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie keine eigenständige Kategorie im System des Rechts der Bauleitplanung bilden, sondern der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass städtebauliche Gesichtspunkte hier - anders als die Antragsgegnerin meint - nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen, einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft (vgl. Urteil vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560>).

13

Während harte Tabuzonen kraft Gesetzes als Konzentrationsflächen für die Windenergienutzung ausscheiden, muss der Plangeber eine Entscheidung für weiche Tabuzonen rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d.h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen. Andernfalls scheitert seine Planung unabhängig davon, welche Maßstäbe an die Kontrolle des Abwägungsergebnisses anzulegen sind, schon an dem fehlenden Nachweis, dass er die weichen Tabukriterien auf der Stufe der Abwägung in die Planung eingestellt hat.

14

Dem Plangeber wird mit der Unterteilung in harte und weiche Tabuzonen nichts Unmögliches abverlangt. An der Vereinbarkeit mit § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB und § 1 Abs. 7 BauGB muss sich jede Planung messen lassen. Der Senat verkennt ebenso wenig wie die Vorinstanz, dass die Abgrenzung zwischen harten und weichen Tabuzonen in der Planungspraxis mit Schwierigkeiten verbunden sein kann. Dem kann jedoch dadurch Rechnung getragen werden, dass vom Plangeber nicht mehr gefordert wird, als was er "angemessenerweise" leisten kann (UA S. 30). Die Grenzen des ihm Möglichen hat das Oberverwaltungsgericht anschaulich aufgezeigt (UA S. 31 ff.).

15

Das Oberverwaltungsgericht hat unter Auswertung der Planbegründung (§ 5 Abs. 5 BauGB) und der zusammenfassenden Erklärung (§ 6 Abs. 5 Satz 2 BauGB) festgestellt, dass die Antragsgegnerin zwischen harten und weichen Tabuzonen nicht differenziert hat (UA S. 34). An die getroffenen Feststellungen ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil die Antragsgegnerin in Bezug auf sie keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorbringt, sondern sich darauf beschränkt, der tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz ihre eigene, davon abweichende Würdigung entgegenzusetzen. Der Verzicht auf die Unterscheidung zwischen beiden Arten der Tabuzonen wäre allerdings unbeachtlich, wenn feststünde, dass die Antragsgegnerin nur harte Tabuzonen zu den Ausschlussgebieten gezählt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung für den Senat festgestellt, dass die Antragsgegnerin auch solche Landschaftsteile in den Umgriff der Ausschlussgebiete einbezogen hat, in denen nach ihren eigenen Kriterien keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen (UA S. 35 ff.).

16

2. Ebenfalls ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass der Mangel im Abwägungsvorgang nicht gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB unbeachtlich ist (UA S. 37 f.). Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Mangel offensichtlich ist, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Rates über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (Urteil vom 21. August 1981 - BVerwG 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 <38>), und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre (Beschluss vom 9. Oktober 2003 - BVerwG 4 BN 47.03 - BauR 2004, 1130). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat es, für den Senat bindend, bejaht.

17

Der Senat hat die Anforderungen an die Voraussetzungen des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB im Urteil vom 22. September 2010 - BVerwG 4 CN 2.10 - (BVerwGE 138, 12 Rn. 21 f.) entgegen der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht der Antragsgegnerin nicht dahingehend geändert, dass ein Fehler im Abwägungsvorgang erst dann erheblich ist, wenn eine Fehlerkorrektur schlechterdings nicht zum selben Abwägungsergebnis führen könnte. Das Urteil hält daran fest, dass der Abwägungsvorgang fehlerhaft ist, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung ohne den Fehler anders ausgefallen wäre, und trifft die Aussage, dass das Abwägungsergebnis nicht unter denselben Voraussetzungen, sondern erst dann zu beanstanden ist, wenn eine fehlerfreie Nachholung der Abwägung schlechterdings nicht dasselbe Ergebnis haben dürfte (a.a.O. Rn. 22). Das Abwägungsergebnis, das im angefochtenen Teilflächennutzungsplan seinen Niederschlag gefunden hat, ist vorliegend aber nicht Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle.

18

3. Nicht entscheidungserheblich ist die Frage, nach welchem Vergleichsmaßstab zu beurteilen ist, ob das Planungsergebnis der Windenergie substanziell Raum verschafft (vgl. zu diesem Erfordernis als Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Abwägungsergebnisses Urteile vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <295>, vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261 und - BVerwG 4 C 4.02 - NVwZ 2003, 738 <739>, vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <111> und vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560>). Im Interesse der Rechtssicherheit und Berechenbarkeit der Rechtsprechung nimmt der Senat gleichwohl zu ihr Stellung. Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts lässt sie sich nicht ausschließlich nach dem Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsfläche und der Größe derjenigen Potenzialflächen beantworten, die sich nach Abzug der harten Tabuzonen von der Gesamtheit der gemeindlichen Außenbereichsflächen ergibt. Der von der Vorinstanz entwickelte Maßstab für die Kontrolle des Abwägungsergebnisses kann keine "Exklusivität" für sich beanspruchen. Der Senat hat die Entscheidung, anhand welcher Kriterien sich beantworten lässt, ob eine Konzentrationsflächenplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für die Nutzung der Windenergie in substanzieller Weise Raum schafft, den Tatsachengerichten vorbehalten (Beschluss vom 29. März 2010 - BVerwG 4 BN 65.09 - BauR 2010, 2074) und verschiedene Modelle gebilligt (vgl. Beschluss vom 22. April 2010 - BVerwG 4 B 68.09 - juris Rn. 6 f. und Urteil vom 20. Mai 2010 - BVerwG 4 C 7.09 - NVwZ 2010, 1561 Rn. 28). Daran hält er mit dem Zusatz fest, dass die von den Tatsachengerichten entwickelten Kriterien revisionsrechtlich hinzunehmen sind, wenn sie nicht von einem Rechtsirrtum infiziert sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder ansonsten für die Beurteilung des Sachverhalts schlechthin ungeeignet sind (vgl. auch Urteil vom 11. Oktober 2007 - BVerwG 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307 Rn. 22).

19

Der Senat sieht keinen Anlass, den vom Oberverwaltungsgericht gewählten Ansatz zu beanstanden. Er selbst hat bereits im Urteil vom 17. Dezember 2002 (a.a.O. S. 295) einem, wenn auch anders gearteten, Flächenvergleich das Wort geredet. Nicht zulässig wäre allerdings die Festlegung eines bestimmten (prozentualen) Anteils, den die Konzentrationsflächen im Vergleich zu den Potenzialflächen erreichen müssen, damit die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eintritt. Dagegen darf dem Verhältnis dieser Flächen zueinander Indizwirkung beigemessen werden und ist nichts gegen einen Rechtssatz des Inhalts zu erinnern, dass, je geringer der Anteil der ausgewiesenen Konzentrationsflächen ist, desto gewichtiger die gegen eine weitere Ausweisung von Vorranggebieten sprechenden Gesichtspunkte sein müssen, damit es sich nicht um eine unzulässige "Feigenblattplanung" handelt (so VG Hannover, Urteil vom 24. November 2011 - 4 A 4927/09 - juris Rn. 66).

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Bei

1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,
3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt entsprechend bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen, wenn öffentliche Stellen an den Personen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Weitergehende Bindungswirkungen von Erfordernissen der Raumordnung nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tatbestand

1

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist Kapitel 11.3 "Energetische Windnutzung" des Regionalplans Westsachsen 2008 des Antragsgegners vom 23. Mai 2008, in dem durch Bezugnahme auf eine Karte Vorrang- und Eignungsgebiete für die Windenergienutzung zeichnerisch dargestellt sind und textlich als Ziel bestimmt ist, dass die Errichtung von Windenergieanlagen ausschließlich in den Vorrang- und Eignungsgebieten zulässig ist.

2

Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der Windenergiebranche. Sie ist Inhaberin einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, auf deren Grundlage sie zwei Windenergieanlagen errichtet und in Betrieb genommen hat. Der Standort der Anlagen liegt im Plangebiet außerhalb der für die Windenergienutzung dargestellten Vorrang- und Eignungsgebiete.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die Konzentrationsflächenplanung nicht beanstandet. Sie beruhe namentlich nicht auf einem beachtlichen Verstoß gegen das Abwägungsgebot. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision ist begründet, weil das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht mit Bundesrecht vereinbar ist. Ob Kapitel 11.3 des Regionalplans Westsachsen 2008 des Antragsgegners wirksam ist, kann mangels erforderlicher Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilt werden. Das nötigt zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

5

1. Eine planerische Entscheidung zur Herbeiführung der Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB - hiernach stehen öffentliche Belange u.a. einem Vorhaben zur Nutzung der Windenergie in der Regel entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist - bedarf zu ihrer Wirksamkeit eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts (Urteil vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261). Um den Anforderungen gerecht zu werden, die an den Abwägungsvorgang zu stellen sind, muss das Konzept nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch die Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums von Windenergieanlagen aufzeigen. Nach der Rechtsprechung des Senats, die das Oberverwaltungsgericht zutreffend referiert hat, vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise (vgl. Beschluss vom 15. September 2009 - BVerwG 4 BN 25.09 - BRS 74 Nr. 112): In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als "Tabuzonen" zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in "harte" und "weiche" untergliedern (Beschluss vom 15. September 2009 a.a.O.). Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung "schlechthin" ungeeignet sind (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <295, 299>), mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen "von vornherein" ausgeschlossen werden "soll" (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <112>). Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird.

6

Das Oberverwaltungsgericht ist der Ansicht, dass - auf der ersten Stufe des Planungsprozesses - eine Aufschlüsselung in harte und weiche Tabuzonen und deren Dokumentation nicht erforderlich sei. Diese Auffassung steht mit Bundesrecht nicht im Einklang. Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 4 CN 1.11 - NVwZ 2013, 519; zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen), muss sich der Plangeber zur Vermeidung eines Fehlers im Abwägungsvorgang den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen. Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, auf denen die Windenergienutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Sie sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass raumplanerische Gesichtspunkte hier nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft (vgl. Urteil vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560>). Seine Entscheidung für weiche Tabuzonen muss der Plangeber rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d.h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen.

7

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, hat der Antragsgegner zwischen harten und weichen Tabuzonen nicht differenziert, sondern sie als Bereiche zusammengefasst, die für eine Windenergienutzung aus tatsächlichen, rechtlichen oder planerischen Gründen ausscheiden (UA Rn. 25). Der Umweltbericht, dem das Oberverwaltungsgericht die vom Antragsgegner der Planung zugrunde gelegten Tabuzonen entnommen hat, ordnet diese nicht der jeweiligen Unterart zu, sondern beschränkt sich auf eine bloße Auflistung (Vorranggebiete Natur und Landschaft, Naturschutzgebiete, Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und europäische Vogelschutzgebiete, d.h. FFH- und SPA-Gebiete, aber auch Rastgebiete, Zugbahnen, Brut- und Nahrungsgebiete, offene Wasserflächen einschließlich der bis 2015 entstehenden Seen, Heidelandschaften, landschaftsprägende Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen, regional bedeutsame Belange des Denkmalschutzes, regionale Schwerpunkte des archäologischen Kulturdenkmalschutzes, Rohstoffabbaugebiete, Waldgebiete mit einer Pufferzone von 200 m, Siedlungsabstände von 1 200 m zu Kur- und Klinikbereichen sowie Pflegeeinrichtungen, 1 000 m zu Wohngebieten innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile, 500 m zu Gewerbegebieten). Die Einzelfallbetrachtung, von der im angefochtenen Urteil die Rede ist (UA Rn. 28), hat erst - auf der zweiten Planungsstufe - stattgefunden, nachdem die harten und weichen Tabuzonen als Negativflächen in Abzug gebracht worden waren.

8

Aus dem Normenkontrollurteil ergibt sich allerdings, dass der Antragsgegner bei der Festlegung der Siedlungsabstände zwischen harten und weichen Tabuzonen unterschieden hat. Ihm ist bekannt, dass die Abstandsflächen, die aus Gründen des Immissionsschutzes von Windenergieanlagen freigehalten werden müssen, zu den harten Tabuzonen gehören. Die Abstandsflächen jenseits des immissionsschutzrechtlich gebotenen Minimums hat er den weichen Tabuzonen zugeschlagen; denn er hat sie für die Windenergienutzung zur Verfügung gestellt, soweit sie bereits in dem früheren bestandskräftigen Regionalplan in Vorrang- und Eignungsgebiete einbezogen worden waren (UA Rn. 27), sie ansonsten aber als Ausschlussflächen behandelt. Aus dem Umgang mit dem Kriterium der Siedlungsabstände ergibt sich freilich nicht, dass er auch die anderen Tabukriterien seines Katalogs in harte und weiche unterteilt hat.

9

Der Mangel im Abwägungsvorgang ist nach § 12 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ROG nur erheblich, wenn er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Offensichtlich ist ein Mangel, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Entscheidungsträger über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (Urteil vom 21. August 1981 - BVerwG 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 <38>). Auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist der Mangel, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne ihn die Planung anders ausgefallen wäre (Beschluss vom 9. Oktober 2003 - BVerwG 4 BN 47.03 - BauR 2004, 1130), d.h. vorliegend, dass mehr und/oder größere Vorrang- und Eignungsgebiete für die Windenergienutzung ausgewiesen worden wären. Ob die letztgenannte Voraussetzung erfüllt ist, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Normenkontrollurteil nicht beurteilen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Planerhaltungsvorschrift - von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent - nicht im Hinblick auf den Mangel der fehlenden Differenzierung zwischen den harten und weichen Tabuzonen geprüft. Das wird es nachzuholen haben. Bejaht es die Erheblichkeit des Abwägungsmangels, wird es außerdem der Frage nachzugehen haben, ob der Mangel nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ROG i.V.m. § 8 Abs. 3 SächsLPlG in der bei Inkrafttreten des Regionalplans 2008 geltenden Fassung wegen Versäumung der Rügefrist unbeachtlich geworden ist.

10

2. An weiteren Bundesrechtsverstößen leidet das Normenkontrollurteil nicht.

11

a) Das Oberverwaltungsgericht hat dem Antragsgegner bescheinigt, die allgemeinen Interessen der Betreiber genehmigter Alt- und Bestandsanlagen außerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete für die Windenergienutzung in die Abwägung eingestellt zu haben (UA Rn. 30). In der Planbegründung zu Kapitel 11.3 werde darauf hingewiesen, dass für solche Windenergieanlagen die Regelung des baurechtlichen Bestandsschutzes gelten solle. Das bedeute, dass eine Genehmigung von Ersatzbauten oder Änderungen nicht erteilt werden könne. Die Antragstellerin bemängelt zwar, dass ihr Interesse an einer Gewährung auch materiellen Bestandsschutzes durch Einbeziehung der Standorte ihrer Anlagen in ein Vorrang- und Eignungsgebiet für die Windenergienutzung nicht ausdrücklich berücksichtigt worden sei. Sie legt jedoch nicht dar, dass dieses Interesse über die Interessen anderer Betreiber genehmigter Windenergieanlagen außerhalb einer Vorrang- und Eignungszone hinausgeht. Es geht vielmehr in den allgemeinen Belangen der Betreiber genehmigter Alt- oder Bestandsanlagen auf und ist damit im Abwägungsvorgang erfasst worden.

12

Im Einklang mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht auch darin keinen Fehler im Abwägungsvorgang gesehen, dass der Antragsgegner mögliche Entschädigungsansprüche nach dem Planungsschadensrecht nicht in seine Überlegungen einbezogen hat (UA Rn. 32). Zwar sind die Nachteile einer Planung für Planunterworfene sowie die Tatsache und der mögliche Umfang hierfür zu leistender Entschädigungen im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (vgl. Beschluss vom 21. Februar 1991 - BVerwG 4 NB 16.90 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 51). Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht aber mögliche Entschädigungsansprüche in entsprechender Anwendung der §§ 39 und 42 BauGB verneint. Mit Kapitel 11.3 des Regionalplans 2008 sind keine Vorrang- und Eignungsgebiete aus einem früheren Regionalplan "weggeplant" worden. § 39 BauGB scheidet damit als Anspruchsgrundlage von vornherein aus, da er den Entzug eines Baurechts voraussetzt, das durch einen Plan gewährt worden ist. Auch § 42 BauGB ist unergiebig, weil die Nutzungsmöglichkeiten, die § 35 BauGB eröffnet, nicht die in der Vorschrift vorausgesetzte Qualität einer eigentumsrechtlichen Rechtsposition haben (BTDrucks 15/2996, S. 62 unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. April 1997 - III ZR 104/96 - BGHZ 135, 192; Urteil vom 27. Januar 2005 - BVerwG 4 C 5.04 - BVerwGE 122, 364 <369 f.>). Vorhaben im Außenbereich sind nicht ohne Weiteres zulässig, sondern stehen unter dem Vorbehalt der Nichtbeeinträchtigung (§ 35 Abs. 2 BauGB) bzw. des Nichtentgegenstehens (§ 35 Abs. 1 BauGB) öffentlicher Belange. Windenergieanlagen weisen überdies die Besonderheit auf, dass sie zwar seit dem 1. Januar 1997 privilegiert zulässig, seit diesem Zeitpunkt aber auch dem Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unterworfen sind.

13

Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das Oberverwaltungsgericht die möglicherweise irrige Einschätzung des Antragsgegners, die Standorte der beiden Windenergieanlagen der Antragstellerin lägen in einem Tourismusgebiet, als unbeachtlich behandelt hat. Die Vorinstanz hat, einen Fehler im Abwägungsvorgang inzident unterstellend, dessen Kausalität für das Abwägungsergebnis verneint, weil der Antragsgegner für Vorrang- und Eignungsgebiete aus "sachorientierten und nachvollziehbaren" Gründen eine Mindestgröße von 10 ha veranschlagt habe (UA Rn. 31) und die von der Antragstellerin beanspruchte Fläche wegen ihrer geringen Größe von 3 ha nicht zum Vorrang- und Eignungsgebiet gemacht hätte (UA Rn. 35). Dieser Würdigung liegt kein Fehlverständnis des § 12 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ROG zugrunde.

14

b) Die vorinstanzliche Kontrolle des Abwägungsergebnisses lässt ebenfalls keinen Bundesrechtsverstoß erkennen.

15

Das Oberverwaltungsgericht billigt die Entscheidung des Antragsgegners, eine Ersetzung genehmigter Anlagen außerhalb von Vorrang- und Eignungsgebieten nicht zuzulassen, als "nachvollziehbar", weil es Ziel der Raumordnung sei, Windenergieanlagen zu konzentrieren, um sie effizient nutzen zu können und um andere Bereiche, die schutzbedürftig seien, zu schonen und eine sog. "Verspargelung" des Außenbereichs zu vermeiden (UA Rn. 30). Aus revisionsrechtlicher Sicht böte diese Würdigung nur Anlass zur Kritik, wenn sie gegen revisible Rechtssätze, allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstieße (vgl. Urteil vom 13. Dezember 1988 - BVerwG 1 C 44.86 - BVerwGE 81, 74 <76>). Das ist nicht der Fall. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich der Plangeber im Rahmen seines Spielraums hält, wenn er sich in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet, und das Abwägungsergebnis erst dann zu missbilligen ist, wenn der Ausgleich der berührten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (UA Rn. 22). Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats zum Abwägungsgebot (grundlegend: Urteil vom 12. Dezember 1969 - BVerwG 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301 <309>). Revisionsrechtlich unerheblich ist, dass die Antragstellerin dem Oberverwaltungsgericht in der Würdigung des Abwägungsergebnisses nicht folgt.

16

Auch die Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts, die Vorrang- und Eignungsgebiete für die Windenergienutzung seien ausreichend dimensioniert, um der Windenergie substanziell Raum zu verschaffen, ist nicht mit einem Bundesrechtsverstoß behaftet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Größe der Vorrang- und Eignungsflächen für die Windenergienutzung mit der Regionsfläche verglichen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Quotient von 0,26 % ausreichend ist (UA Rn. 28). Durch Bezugnahme auf das Urteil vom 7. April (nicht: Juli) 2005 - 1 D 2.03 - hat es hinzugefügt, dass der der Windnutzung zur Verfügung stehende flächenmäßige Anteil größer wird, wenn diejenigen Gebiete, die für eine Windenergienutzung nicht in Betracht kommen, wie z.B. besiedelte Flächen, von der Gesamtfläche des Plangebiets abgezogen werden. Die Vergleichsmaßstäbe, die das Oberverwaltungsgericht angelegt hat, sind nicht zu beanstanden. Sie stehen mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <295>). An die vorinstanzliche Würdigung, dass die Vorrang- und Eignungsflächen im Vergleich nicht unverhältnismäßig klein seien und sich die Konzentrationsflächenplanung des Antragsgegners deshalb nicht als unzulässige "Verhinderungsplanung" darstelle, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tatbestand

1

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist Kapitel 11.3 "Energetische Windnutzung" des Regionalplans Westsachsen 2008 des Antragsgegners vom 23. Mai 2008, in dem durch Bezugnahme auf eine Karte Vorrang- und Eignungsgebiete für die Windenergienutzung zeichnerisch dargestellt sind und textlich als Ziel bestimmt ist, dass die Errichtung von Windenergieanlagen ausschließlich in den Vorrang- und Eignungsgebieten zulässig ist.

2

Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der Windenergiebranche. Sie ist Inhaberin einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, auf deren Grundlage sie zwei Windenergieanlagen errichtet und in Betrieb genommen hat. Der Standort der Anlagen liegt im Plangebiet außerhalb der für die Windenergienutzung dargestellten Vorrang- und Eignungsgebiete.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die Konzentrationsflächenplanung nicht beanstandet. Sie beruhe namentlich nicht auf einem beachtlichen Verstoß gegen das Abwägungsgebot. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist begründet, weil das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht mit Bundesrecht vereinbar ist. Ob Kapitel 11.3 des Regionalplans Westsachsen 2008 des Antragsgegners wirksam ist, kann mangels erforderlicher Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilt werden. Das nötigt zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

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1. Eine planerische Entscheidung zur Herbeiführung der Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB - hiernach stehen öffentliche Belange u.a. einem Vorhaben zur Nutzung der Windenergie in der Regel entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist - bedarf zu ihrer Wirksamkeit eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts (Urteil vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261). Um den Anforderungen gerecht zu werden, die an den Abwägungsvorgang zu stellen sind, muss das Konzept nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch die Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums von Windenergieanlagen aufzeigen. Nach der Rechtsprechung des Senats, die das Oberverwaltungsgericht zutreffend referiert hat, vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise (vgl. Beschluss vom 15. September 2009 - BVerwG 4 BN 25.09 - BRS 74 Nr. 112): In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als "Tabuzonen" zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in "harte" und "weiche" untergliedern (Beschluss vom 15. September 2009 a.a.O.). Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung "schlechthin" ungeeignet sind (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <295, 299>), mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen "von vornherein" ausgeschlossen werden "soll" (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <112>). Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird.

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Das Oberverwaltungsgericht ist der Ansicht, dass - auf der ersten Stufe des Planungsprozesses - eine Aufschlüsselung in harte und weiche Tabuzonen und deren Dokumentation nicht erforderlich sei. Diese Auffassung steht mit Bundesrecht nicht im Einklang. Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 4 CN 1.11 - NVwZ 2013, 519; zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen), muss sich der Plangeber zur Vermeidung eines Fehlers im Abwägungsvorgang den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen. Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, auf denen die Windenergienutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Sie sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass raumplanerische Gesichtspunkte hier nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft (vgl. Urteil vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560>). Seine Entscheidung für weiche Tabuzonen muss der Plangeber rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d.h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen.

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Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, hat der Antragsgegner zwischen harten und weichen Tabuzonen nicht differenziert, sondern sie als Bereiche zusammengefasst, die für eine Windenergienutzung aus tatsächlichen, rechtlichen oder planerischen Gründen ausscheiden (UA Rn. 25). Der Umweltbericht, dem das Oberverwaltungsgericht die vom Antragsgegner der Planung zugrunde gelegten Tabuzonen entnommen hat, ordnet diese nicht der jeweiligen Unterart zu, sondern beschränkt sich auf eine bloße Auflistung (Vorranggebiete Natur und Landschaft, Naturschutzgebiete, Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und europäische Vogelschutzgebiete, d.h. FFH- und SPA-Gebiete, aber auch Rastgebiete, Zugbahnen, Brut- und Nahrungsgebiete, offene Wasserflächen einschließlich der bis 2015 entstehenden Seen, Heidelandschaften, landschaftsprägende Höhenrücken, Kuppen und Hanglagen, regional bedeutsame Belange des Denkmalschutzes, regionale Schwerpunkte des archäologischen Kulturdenkmalschutzes, Rohstoffabbaugebiete, Waldgebiete mit einer Pufferzone von 200 m, Siedlungsabstände von 1 200 m zu Kur- und Klinikbereichen sowie Pflegeeinrichtungen, 1 000 m zu Wohngebieten innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile, 500 m zu Gewerbegebieten). Die Einzelfallbetrachtung, von der im angefochtenen Urteil die Rede ist (UA Rn. 28), hat erst - auf der zweiten Planungsstufe - stattgefunden, nachdem die harten und weichen Tabuzonen als Negativflächen in Abzug gebracht worden waren.

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Aus dem Normenkontrollurteil ergibt sich allerdings, dass der Antragsgegner bei der Festlegung der Siedlungsabstände zwischen harten und weichen Tabuzonen unterschieden hat. Ihm ist bekannt, dass die Abstandsflächen, die aus Gründen des Immissionsschutzes von Windenergieanlagen freigehalten werden müssen, zu den harten Tabuzonen gehören. Die Abstandsflächen jenseits des immissionsschutzrechtlich gebotenen Minimums hat er den weichen Tabuzonen zugeschlagen; denn er hat sie für die Windenergienutzung zur Verfügung gestellt, soweit sie bereits in dem früheren bestandskräftigen Regionalplan in Vorrang- und Eignungsgebiete einbezogen worden waren (UA Rn. 27), sie ansonsten aber als Ausschlussflächen behandelt. Aus dem Umgang mit dem Kriterium der Siedlungsabstände ergibt sich freilich nicht, dass er auch die anderen Tabukriterien seines Katalogs in harte und weiche unterteilt hat.

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Der Mangel im Abwägungsvorgang ist nach § 12 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ROG nur erheblich, wenn er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Offensichtlich ist ein Mangel, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Entscheidungsträger über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (Urteil vom 21. August 1981 - BVerwG 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 <38>). Auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist der Mangel, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne ihn die Planung anders ausgefallen wäre (Beschluss vom 9. Oktober 2003 - BVerwG 4 BN 47.03 - BauR 2004, 1130), d.h. vorliegend, dass mehr und/oder größere Vorrang- und Eignungsgebiete für die Windenergienutzung ausgewiesen worden wären. Ob die letztgenannte Voraussetzung erfüllt ist, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Normenkontrollurteil nicht beurteilen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Planerhaltungsvorschrift - von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent - nicht im Hinblick auf den Mangel der fehlenden Differenzierung zwischen den harten und weichen Tabuzonen geprüft. Das wird es nachzuholen haben. Bejaht es die Erheblichkeit des Abwägungsmangels, wird es außerdem der Frage nachzugehen haben, ob der Mangel nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ROG i.V.m. § 8 Abs. 3 SächsLPlG in der bei Inkrafttreten des Regionalplans 2008 geltenden Fassung wegen Versäumung der Rügefrist unbeachtlich geworden ist.

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2. An weiteren Bundesrechtsverstößen leidet das Normenkontrollurteil nicht.

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a) Das Oberverwaltungsgericht hat dem Antragsgegner bescheinigt, die allgemeinen Interessen der Betreiber genehmigter Alt- und Bestandsanlagen außerhalb der Vorrang- und Eignungsgebiete für die Windenergienutzung in die Abwägung eingestellt zu haben (UA Rn. 30). In der Planbegründung zu Kapitel 11.3 werde darauf hingewiesen, dass für solche Windenergieanlagen die Regelung des baurechtlichen Bestandsschutzes gelten solle. Das bedeute, dass eine Genehmigung von Ersatzbauten oder Änderungen nicht erteilt werden könne. Die Antragstellerin bemängelt zwar, dass ihr Interesse an einer Gewährung auch materiellen Bestandsschutzes durch Einbeziehung der Standorte ihrer Anlagen in ein Vorrang- und Eignungsgebiet für die Windenergienutzung nicht ausdrücklich berücksichtigt worden sei. Sie legt jedoch nicht dar, dass dieses Interesse über die Interessen anderer Betreiber genehmigter Windenergieanlagen außerhalb einer Vorrang- und Eignungszone hinausgeht. Es geht vielmehr in den allgemeinen Belangen der Betreiber genehmigter Alt- oder Bestandsanlagen auf und ist damit im Abwägungsvorgang erfasst worden.

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Im Einklang mit Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht auch darin keinen Fehler im Abwägungsvorgang gesehen, dass der Antragsgegner mögliche Entschädigungsansprüche nach dem Planungsschadensrecht nicht in seine Überlegungen einbezogen hat (UA Rn. 32). Zwar sind die Nachteile einer Planung für Planunterworfene sowie die Tatsache und der mögliche Umfang hierfür zu leistender Entschädigungen im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (vgl. Beschluss vom 21. Februar 1991 - BVerwG 4 NB 16.90 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 51). Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht aber mögliche Entschädigungsansprüche in entsprechender Anwendung der §§ 39 und 42 BauGB verneint. Mit Kapitel 11.3 des Regionalplans 2008 sind keine Vorrang- und Eignungsgebiete aus einem früheren Regionalplan "weggeplant" worden. § 39 BauGB scheidet damit als Anspruchsgrundlage von vornherein aus, da er den Entzug eines Baurechts voraussetzt, das durch einen Plan gewährt worden ist. Auch § 42 BauGB ist unergiebig, weil die Nutzungsmöglichkeiten, die § 35 BauGB eröffnet, nicht die in der Vorschrift vorausgesetzte Qualität einer eigentumsrechtlichen Rechtsposition haben (BTDrucks 15/2996, S. 62 unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. April 1997 - III ZR 104/96 - BGHZ 135, 192; Urteil vom 27. Januar 2005 - BVerwG 4 C 5.04 - BVerwGE 122, 364 <369 f.>). Vorhaben im Außenbereich sind nicht ohne Weiteres zulässig, sondern stehen unter dem Vorbehalt der Nichtbeeinträchtigung (§ 35 Abs. 2 BauGB) bzw. des Nichtentgegenstehens (§ 35 Abs. 1 BauGB) öffentlicher Belange. Windenergieanlagen weisen überdies die Besonderheit auf, dass sie zwar seit dem 1. Januar 1997 privilegiert zulässig, seit diesem Zeitpunkt aber auch dem Planvorbehalt des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unterworfen sind.

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Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das Oberverwaltungsgericht die möglicherweise irrige Einschätzung des Antragsgegners, die Standorte der beiden Windenergieanlagen der Antragstellerin lägen in einem Tourismusgebiet, als unbeachtlich behandelt hat. Die Vorinstanz hat, einen Fehler im Abwägungsvorgang inzident unterstellend, dessen Kausalität für das Abwägungsergebnis verneint, weil der Antragsgegner für Vorrang- und Eignungsgebiete aus "sachorientierten und nachvollziehbaren" Gründen eine Mindestgröße von 10 ha veranschlagt habe (UA Rn. 31) und die von der Antragstellerin beanspruchte Fläche wegen ihrer geringen Größe von 3 ha nicht zum Vorrang- und Eignungsgebiet gemacht hätte (UA Rn. 35). Dieser Würdigung liegt kein Fehlverständnis des § 12 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ROG zugrunde.

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b) Die vorinstanzliche Kontrolle des Abwägungsergebnisses lässt ebenfalls keinen Bundesrechtsverstoß erkennen.

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Das Oberverwaltungsgericht billigt die Entscheidung des Antragsgegners, eine Ersetzung genehmigter Anlagen außerhalb von Vorrang- und Eignungsgebieten nicht zuzulassen, als "nachvollziehbar", weil es Ziel der Raumordnung sei, Windenergieanlagen zu konzentrieren, um sie effizient nutzen zu können und um andere Bereiche, die schutzbedürftig seien, zu schonen und eine sog. "Verspargelung" des Außenbereichs zu vermeiden (UA Rn. 30). Aus revisionsrechtlicher Sicht böte diese Würdigung nur Anlass zur Kritik, wenn sie gegen revisible Rechtssätze, allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstieße (vgl. Urteil vom 13. Dezember 1988 - BVerwG 1 C 44.86 - BVerwGE 81, 74 <76>). Das ist nicht der Fall. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich der Plangeber im Rahmen seines Spielraums hält, wenn er sich in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet, und das Abwägungsergebnis erst dann zu missbilligen ist, wenn der Ausgleich der berührten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (UA Rn. 22). Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats zum Abwägungsgebot (grundlegend: Urteil vom 12. Dezember 1969 - BVerwG 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301 <309>). Revisionsrechtlich unerheblich ist, dass die Antragstellerin dem Oberverwaltungsgericht in der Würdigung des Abwägungsergebnisses nicht folgt.

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Auch die Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts, die Vorrang- und Eignungsgebiete für die Windenergienutzung seien ausreichend dimensioniert, um der Windenergie substanziell Raum zu verschaffen, ist nicht mit einem Bundesrechtsverstoß behaftet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Größe der Vorrang- und Eignungsflächen für die Windenergienutzung mit der Regionsfläche verglichen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Quotient von 0,26 % ausreichend ist (UA Rn. 28). Durch Bezugnahme auf das Urteil vom 7. April (nicht: Juli) 2005 - 1 D 2.03 - hat es hinzugefügt, dass der der Windnutzung zur Verfügung stehende flächenmäßige Anteil größer wird, wenn diejenigen Gebiete, die für eine Windenergienutzung nicht in Betracht kommen, wie z.B. besiedelte Flächen, von der Gesamtfläche des Plangebiets abgezogen werden. Die Vergleichsmaßstäbe, die das Oberverwaltungsgericht angelegt hat, sind nicht zu beanstanden. Sie stehen mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <295>). An die vorinstanzliche Würdigung, dass die Vorrang- und Eignungsflächen im Vergleich nicht unverhältnismäßig klein seien und sich die Konzentrationsflächenplanung des Antragsgegners deshalb nicht als unzulässige "Verhinderungsplanung" darstelle, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Teilregionalplan "Erneuerbare Energien" des Antragsgegners vom 19.4.2004.
Die Antragstellerin beantragte am 8.12.2003 gemeinsam mit der Firma p. eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Bau und Betrieb einer Windfarm mit fünf Windkraftanlagen am Standort „Teufelsmühle“, auf den Grundstücken Flst.-Nr. 2962 der Gemarkung Gernsbach-Lautenbach und Flst.-Nr. 3378 der Gemarkung Loffenau. Für diese Grundstücke hatten die Betreiberfirmen mit der Stadt Gernsbach und der Gemeinde Loffenau entsprechende Nutzungsverträge abgeschlossen. Am 22.7.2004 trat die Gemeinde Loffenau von dem Nutzungsvertrag zurück. Der gemeinsame Antrag der Betreiberfirmen wurde mit Entscheidung des Landratsamts Rastatt vom 28.7.2004 abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, wegen ihrer besonders exponierten Lage seien die Anlagen aus der entfernten Umgebung deutlich wahrnehmbar und verunstalteten das Landschaftsbild. Darüber hinaus stünden dem Vorhaben Belange des Naturschutzes entgegen, da der Standort in zwei Landschaftsschutzgebieten liege. Zwar könnte im Einzelfall eine Befreiung erteilt werden. Da es sich jedoch bei dem Plangebiet um einen nach dem Landesentwicklungsplan „überregional bedeutsamen naturnahen Landschaftsraum“ handele, der zu den wenigen „unzerschnittenen Räumen mit einer Größe von über 100 km² und mit hohem Wald- und Biotopanteil“ gehöre, scheide dies hier aus. Die Aussage des Landesentwicklungsplans sei ein wesentlicher Grund dafür gewesen, dass der Regionalverband Mittlerer Oberrhein im Teilregionalplan "Erneuerbare Energien" die Teufelsmühle als Standort für die Gewinnung von Windenergie ausgeschlossen habe. Das geplante Vorhaben verstoße daher auch gegen Belange der Raumordnung. Hiergegen legten die Betreiberfirmen Widersprüche ein, über die bislang noch nicht entschieden ist. Derzeit ruht das Verfahren im Hinblick auf den vorliegenden Normenkontrollantrag.
Dem angegriffenen Teilregionalplan liegt folgendes Verfahren zugrunde:
Der ursprüngliche Entwurf des Regionalplans, Stand April 2001, sah eine Aufteilung in Vorrang-, Ausschluss- und neutrale Flächen vor. Mit diesem Entwurf wurde die erste Anhörung mit 9 Standorten eingeleitet. Da bereits abzusehen war, dass das Land Baden-Württemberg die Regionalverbände verpflichten würde, in den Regionalplänen nur noch Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen, beschloss die Verbandsversammlung des Antragsgegners in ihrer Sitzung vom 13.2.2002, das Kapitel 4.2.5 "Erneuerbare Energien" von der Gesamtfortschreibung des Regionalplans abzukoppeln und es in einem separaten Verfahren fortzuschreiben. Die in Frage kommenden Standorte ermittelte der Antragsgegner mittels eines Suchlaufes, bei dem zunächst in sechs Schritten die Flächen ausgeschieden wurden, die für eine Windenergienutzung nicht in Frage kamen. Als erstes wurden Flächen anhand gesetzlicher und planerischer Tabukriterien ausgesondert. In einem zweiten Schritt erfolgte der Ausschluss von landschaftlich sensiblen Bereichen. Hierbei handelte es sich zum einen um „regionalprägende und identitätsstiftende Landschaftsformen mit hoher visueller Verletzbarkeit und hoher Fernwirkung" und zum anderen um „große unzerschnittene Räume mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“. Als drittes wurden Flächen mit einer jährlichen mittleren Windgeschwindigkeit von weniger als 4,2 m/sec. in 50 m über Grund ausgeschlossen. In einem vierten Schritt wurde in den verbleibenden Räumen das Konfliktpotenzial mit Hilfe von Konfliktkriterien ermittelt. Dabei wurde eine höhere Konfliktschwelle akzeptiert, wenn die Windhöffigkeit mindestens 4,9 m/sec. betrug. Diese Flächen schieden ab einer Überlagerung von drei und mehr Konflikten bei der weiteren Standortsuche aus. Flächen mit einer niedrigeren Windhöffigkeit von 4,2 bis 4,8 m/sec. wurden bereits ab zwei und mehr Konflikten ausgeklammert. In einem fünften Schritt erfolgte die Herausnahme von Suchräumen, die deutlich kleiner als 20 ha waren. Als letztes fand in einem sechsten Schritt eine Einzelfallbetrachtung der Suchräume und sowie eine Abgrenzung der Vorranggebiete nach a) technischer und wirtschaftlicher Machbarkeit sowie b) Konfliktpotenzial (Kleinräumige Konflikte, Landschaftsbild, Erholung, Betroffenheit von Ortslagen) statt. Nach Abarbeitung dieser 6 Schritte verblieben 19 Vorrangstandorte. In ihrer Sitzung vom 12.3.2003 leitete die Verbandsversammlung des Antragsgegners die zweite Anhörung mit diesen Standorten in „Schwarz-Weiß-Planung“ ein, d.h. das gesamte Gebiet des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein außerhalb der Vorrangstandorte war als Ausschlussgebiet vorgesehen. Für diesen Bereich sollte die bisher im Außenbereich privilegierte Zulässigkeit von raumbedeutsamen Windenergieanlagen entfallen. Im Vorgriff auf das neue Landesplanungsgesetz wurde in der Zeit vom 13.3. bis 13.6.2003 eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt. Am 17.6.2003 fand ein Erörterungstermin statt.
In der Verwaltungsvorlage für die nachfolgende Sitzung des Planungsausschusses am 9.7.2003 heißt es: Als Ergebnis der Erörterung seien die Standorte in Malsch, Ötigheim und Steinmauern entfallen und die drei Standorte in Rhein- stetten und Durmersheim optimiert und zusammengefasst worden, sodass zwei weitere Standorte entfielen. Insgesamt sind 14 Vorranggebiete für die Windkraftnutzung mit einer Fläche von 1.020 ha für ca. 76 Windkraftanlagen verblieben. Da die Verbandsversammlung in ihrer Sitzung vom 12.3.2003 die Verwaltung beauftragt habe, Kriterien zu erarbeiten, die zu einer deutlichen Reduzierung der Zahl der Standorte führe, schlage die Verwaltung vor, einen Überlastungsschutz entsprechend der Empfindlichkeit des Landschaftsraumes von 3 km in der Rheinebene, von 4 km im Kraichgau sowie von 5 km im Schwarzwald als Schritt 7 in die Planungssystematik aufzunehmen. Zudem solle Baden-Baden auf Grund seiner hervorragenden Tourismus-, Kultur- und Medienfunktion in der Region Mittlerer Oberrhein und in ganz Baden-Württemberg einen Puffer von 5 km um den zentralen Tourismusbereich als Überlastungsschutz erhalten. Bei Anwendung dieses Planungsschrittes würden 9 Standorte für die Windkraftnutzung mit einer Fläche von ca. 535 ha für ca. 50 Windkraftanlagen verbleiben. Es würden die Standorte „Eulenberg“ und „Rotes Kreuz“ in Östringen, „Kornberg/Pfaffengrund“ im Kraichtal sowie „Steinberg“ und „Götzenbuckel“ in Baden-Baden entfallen. In seiner Sitzung vom 9.7.2003 beschloss der Planungsausschuss des Antragsgegners den Überlastungsschutz als weiteres Kriterium anzuwenden und leitete die dritte Anhörung mit 9 Standorten ein, die vom 10.7. bis 10.10.2003 stattfand. Einem Aktenvermerk über ein Arbeitsgespräch vom 29.10.2003 zwischen dem Landratsamt Rastatt und dem Antragsgegner ist zu entnehmen, dass man sich aus Sicht des Regionalverbandes mit den noch verbliebenen 9 Standorten im Grenzbereich zu einer Negativplanung befinde, währenddessen das Landratsamt noch einen Spielraum nach unten sah. Nach Auffassung des Regionalverbands sei das Vorkommen bestimmter Vogelarten nur als Verdacht geäußert worden, während in die Schlussabwägung nur belegbare und räumlich konkretisierte Aspekte einfließen dürften. Auch die starke Beeinträchtigung der charakteristischen Eigenart und Schönheit der Landschaft im Schwarzwald durch Windeenergieanlagen müsste nach Ansicht des Antragsgegners noch spezifiziert werden, denn grundsätzlich habe dieser die Erholung und das Landschaftsbild berücksichtigt, beschrieben und abgewogen.
Der Entwurf des Regionalplans, Stand November 2003, enthielt danach nur noch 7 Standorte, da die Standorte „Schwalster“ (Philippsburg) und „Neulang, Steinrott“ (Ottersweier-Unzhurst) zusätzlich aus Vogelschutzgründen weggefallen waren. Schließlich besichtigte der Planungsausschuss des Antragsgegners am 10.12.2003 die verbliebenen Potenzialflächen. In der Sitzungsvorlage für die nachfolgende Sitzung des Planungsausschuss ist zusammenfassend ausgeführt: Die Anhörungsergebnisse hätten eine Verkleinerung der Standorte Nr. 4 „Lange Herrenstücker“ (300 Puffer für den Erdbeerhof und Modifizierung grenzwertiger Teilflächen), Nr. 5 „Hohe Wanne/Mauzenberg“ (wegen Bodenschutzwald) und Nr. 6 „Hummelsberg/Webersberg“ (wegen erweiterten Immissionsschutzpuffers für den Siedlungssplitter Schmalbach/Baden-Baden) ergeben. Die in den Anhörungen vorgebrachten Bedenken zur Vogelschutzproblematik hätten zu einer Herausnahme der Standorte bei Philippsburg wegen der Probleme mit dem Vogelschutz auf der Rheinschanzinsel und bei Ottersweier zur Sicherung eines ausreichend großen Lebensraumverbunds für die Vogelwelt geführt. Es sind 7 Standorte mit einer Gesamtfläche von ca. 450 ha und 43 möglichen Referenzanlagen in der Region verblieben. In seiner Sitzung vom 21.1.2004 beschloss der Planungsausschuss des Antragsgegners zusätzlich die Standorte Nr. 3 „Nonnenberg/Hühnerbüschle“ (Kraichtal) wegen erheblicher Eingriffe in das Landschaftsbild, Nr. 4 „Lange Herrenstücker/ Buhlacher Eck/Leonharder Weg“ (Rheinstetten/Durmersheim) wegen zu geringem Windpotenzial im Verhältnis zu der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sowie Nr. 6 „Hummelsberg“ (Baden-Baden) und „Webersberg/Breitfeld“ (Gernsbach) wegen erheblicher Eingriffe in das Landschaftsbild zu streichen und beim Standort Nr. 5 das Gebiet „Mauzenberg/Hohe Wanne“ nicht als Doppelstandort, sondern als zwei getrennte Bereiche anzusehen und wegen des Eingriffs des Standorts „Mauzenberg“ in das Landschaftsbild dem Standort Hohe Wanne einen Überlastungsschutz von 5 km zu gewähren, wodurch die Teilfläche „Mauzenberg“ (Gaggenau) entfiel. Er empfahl der Verbandsversammlung, 4 Standorte als Satzung zu beschließen. In der Zeit vom 29.1. bis 10.2.2004 fand eine vierte Anhörung zu diesen vier Standorten statt, beschränkt auf die betroffenen Kommunen und Planungsträger. Für die Sitzung der Verbandsversammlung des Antragsgegners vom 11.2.2004 sah die Vorlage der Verwaltung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der Windenergie substanziell Raum zu verschaffen, wiederum 7 Standorte vor. Dieser Vorschlag fand jedoch keine Mehrheit, vielmehr billigte die Verbandsversammlung die am 21.1.2004 vom Planungsausschuss vorberatene Vorlage mit vier Standorten. Wegen der Befangenheit eines Mitglieds der Verbandsversammlung wurde eine erneute Beschlussfassung nötig, die mit gleichem Inhalt in der Sitzung vom 19.4.2004 erfolgte. Hierbei lag der Verbandsversammlung auch eine Tischvorlage zur Novellierung des EEG vor, wonach nach dem aktuellen Stand der Gesetzesnovelle die Standorte im Kraichgau und im Rheingraben durch die Förderung des EEG weiterhin wirtschaftlich zu betreiben seien.
Am 19.4.2004 beschloss die Verbandsversammlung die Teilfortschreibung des Kapitels 4.2.5. „Erneuerbare Energien“ des Regionalplans Mittlerer Oberrhein mit vier Vorrangstandorten, nämlich den Standorten „Armenberg“ (Östringen), „Kleisenberg, Neuenberg“ (Kraichtal/Östringen), „Hohe Wanne“ (Loffenau) und „Urberg“ (Baden-Baden) als Satzung. Auf der Gesamtfläche des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein mit 2.137 km² können danach auf ca. 200 ha Fläche 18 Anlagen errichtet werden.
Der Teilregionalplan „Erneuerbare Energien“ des Antragsgegners wurde vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg mit Bescheid vom 26.5.2004 gemäß § 13 Abs. 1 LplG i.d.F. vom 10.7.2003 (GBl. S. 385) genehmigt. Entsprechend § 13 Abs. 2 LplG wurde die Erteilung der Genehmigung im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg am 7.6.2004 bekannt gemacht.
Am 28.6.2004 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren mit dem Antrag eingeleitet,
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den Teilregionalplan „Erneuerbare Energien“ des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein vom 19.4.2004 für unwirksam zu erklären.
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Sie macht geltend: Der Teilregionalplan beruhe auf einer verfassungswidrigen Gesetzesgrundlage, sei außerdem verfahrensfehlerhaft zustande gekommen und widerspreche im Hinblick darauf, was inhaltlich von der „Vorrangplanung“ übrig geblieben sei, den vom Bundesverwaltungsgericht in seinen zwei Urteilen für die Regionalplanung aufgestellten Grundsätzen, wonach eine gezielte (rein negative) Verhinderungsplanung dem Plangeber verwehrt sei, dieser die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren, zu beachten habe und deshalb für die Windenergienutzung im Plangebiet in substanzieller Weise Raum schaffen müsse.
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Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sei ihre Antragsbefugnis gegeben. Bei den mit den Gemeinden Loffenau und Gernsbach geschlossenen Verträgen handle es sich um die in der Planungspraxis üblichen Nutzungsverträge, die u.a. mit Rücktrittsklauseln versehen seien. Als nach Inkrafttreten des Regionalplans erkennbar gewesen sei, dass das Landratsamt Rastatt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung versagen werde, habe die Gemeinde Loffenau von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht, um dadurch den Weg für eine „kleine Lösung“ vorzubereiten, mit der die Elektrifizierung der Gaststätte „Teufelsmühle“ auf jeden Fall gewährleistet werden solle. Die Nutzung der Windkraft am Standort „Teufelsmühle“ werde also auch weiterhin von der Gemeinde Loffenau unterstützt. Es sei auch bereits abzusehen, dass die Gemeinde Loffenau sich zum erneuten Abschluss eines Nutzungsvertrages zur Verwirklichung der sogenannten großen Lösung an der Teufelsmühle spätestens dann bereit finden werde, wenn der Teilregionalplan vor Gericht keinen Bestand haben sollte. Im Übrigen habe der Nutzungsvertrag mit der Stadt Gernsbach weiterhin Bestand.
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§ 11 Abs. 7 Satz 1, 2. Hs. LplG n.F. sei verfassungswidrig, weil Festsetzungen von Vorbehaltsgebieten bei regionalbedeutsamen Windkraftanlagen ausdrücklich ausgeschlossen seien. Diese „Schwarz-Weiß-Planung“ entspreche nicht mehr den differenzierten Anforderungen an die Zulässigkeit von Flächennutzungen im dicht besiedelten Mitteleuropa. Gegenüber den grundrechtlich durch Art. 12 und 14 GG geschützten Betreiberinteressen sowie gegenüber der durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten gemeindlichen Planungshoheit werde dem Landschaftsschutz durch diese rigide Regelung ein unverhältnismäßiger Vorrang gegenüber der regenerativen Energiegewinnung ungeachtet des Umstands eingeräumt, dass diese nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB a.F. bzw. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F. im Außenbereich privilegiert zulässig und ihre Wirtschaftlichkeit allein an windhöffigen Standorten gewährleistet sei. Dem Widerspruch zum rechtsstaatlichen Übermaßverbot könne auch nicht entgegengehalten werden, dass die Ausschlusswirkung der in einem Regionalplan festgelegten Gebiete der Zulassung einer regionalbedeutsamen Windkraftanlage nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (nur) „in der Regel“ entgegenstehe und die Möglichkeit zur Abweichung in atypischen Einzelfällen eröffnet sei. Selbst wenn Vorbehaltsgebiete nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine geringere Steuerungskraft entfalteten und dementsprechend bei der Bilanzierung von Positiv- und Negativflächen nicht ohne weiteres als Positivausweisung zu werten seien, seien sie in differenzierterem Maße als die reine „Schwarz-Weiß-Planung“ geeignet, den Nutzungsinteressen der Betreiber von Windenergieanlagen, der ökologischen bzw. privilegierten Zielsetzung sowie schließlich der gemeindlichen Planungshoheit zu entsprechen.
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Außerdem sei der Beschluss der Verbandsversammlung vom 19.4.2004 verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, weil die vierte Anhörung nur auf die betroffenen Kommunen und Planungsträger beschränkt worden und hinsichtlich dieser eingeschränkten Anhörung auch keine Beschlussfassung seitens des Planungsausschusses erfolgt sei, sondern direkt die Verbandsversammlung darüber befunden habe. Die nachträgliche Reduzierung der Vorrangstandorte um mehr als 50 % gegenüber der dritten Anhörung bzw. um nahezu 50 % gegenüber dem Vorschlag der Verwaltung stelle eine erhebliche Änderung der Planung dar, die auch in Ansehung des § 9 Abs. 3 LplG a.F. eine erneute Anhörung aller betroffenen Träger öffentlicher Belange erforderlich gemacht hätte. Eine erneute umfassende Anhörung sei nicht nur wegen der Halbierung der Vorrangstandorte, sondern auch deshalb nötig gewesen, weil sich nunmehr tatsächlich die Frage der Sinnhaftigkeit der Planung überhaupt und die Frage, ob eine unzulässige Negativplanung vorliege, gestellt hätten. Aus den gleichen Gründen hätte darüber hinaus erneut eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne des § 12 Abs. 3 LplG n.F. stattfinden müssen. Zwar räume Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes und anderer Gesetze vom 8.5.2003 (GBl. S. 205, berichtigt S. 320) die Befugnis ein, das Verfahren zur Fortschreibung des Regionalplans noch bis zum 19.5.2004 nach altem Recht, also grundsätzlich ohne zwingende Öffentlichkeitsbeteiligung fortzuführen. Da der Antragsgegner jedoch bereits die zweite und dritte Anhörung im Jahre 2003 freiwillig im Vorgriff auf die Neufassung des Landesplanungsgesetzes unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt habe, hätte es die Amtspflicht zu konsequentem, widerspruchsfreiem Verhalten und die sich daraus ergebende Selbstbindung, auf diesem Wege fortzufahren, geboten, auch bei entsprechenden wesentlichen Änderungen der Planung eine weitere Offenlage auch unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen. Dieser formelle Mangel sei weder unbeachtlich noch sei nach § 5 LplG n.F. eine Heilung vorgesehen. Auch beruhe der Satzungsbeschluss auf diesem Mangel, denn ein Absehen vom Satzungsbeschluss oder zumindest seine Modifizierung habe nicht ausgeschlossen werden können.
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Schließlich stelle der Regionalplan eine mit der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr zu vereinbarende Negativplanung dar. Von den ursprünglich 19 Vorrangstandorten, die mit dem im Jahre 2001 begonnenen Suchlauf ermittelt worden waren, seien nur 4 übrig geblieben. Hinzu komme, dass die Gemeinde Östringen, auf deren Gemarkung zwei der vorgesehenen Vorranggebiete lägen, nicht zuletzt mangels hinreichender Windhöffigkeit grundsätzlich die Regionalplanung ablehne und deshalb einen entsprechenden Normenkontrollantrag gestellt habe. Die beiden verbliebenen Standorte „Hohe Wanne“ bei Loffenau und „Urberg“ bei Baden-Baden stünden interessierten Betreibern nicht zur Verfügung, da sie sich im kommunalen Eigentum befänden; die Gemeinde Loffenau habe den Standort „Hohe Wanne“ als „Pseudostandort“ bezeichnet. Sie sei keinesfalls gewillt, die dortigen Flächen zur Errichtung von Windenergieanlagen zur Verfügung zu stellen, sondern favorisiere den Standort „Teufelsmühle“. Die Stadt Baden-Baden habe den Standort „Urberg“ nur aus Gründen der regionalen Solidarität in dem Wissen akzeptiert, dass sie auf Grund ihres dortigen kommunalen Eigentums die Ausnutzung dieses Vorrangstandorts von vornherein unterbinden könne. Die Reduzierung der Standorte habe nicht auf der Auswertung der den jeweiligen Planungsvarianten zugrunde gelegten Suchkriterien beruht, sondern sei ausschließlich aus politischen Gründen erfolgt. So seien der Mehrheitsfraktion in der Verbandsversammlung die „19 Standorte zu viel“ gewesen und die Verwaltung sei in der Sitzung der Verbandsversammlung am 12.3.2003 beauftragt worden, Kriterien zu erarbeiten, die zu einer deutlichen Reduzierung führe. Im weiteren Verlauf der Beratung auf der Grundlage von 9 Standorten, nach Streichung von zwei Standorten aus Vogelschutzgründen, habe trotz des Umstandes, dass die verbliebenen 7 Standorte sämtliche Kriterien des „verschärften“ Kriterienkatalogs erfüllten, wiederum die Mehrheitsfraktion in der Verbandsversammlung bzw. im Planungsausschuss aus Gründen der Landschaftsästhetik die Herausnahme von drei weiteren Standorten und die flächenmäßige Reduzierung eines weiteren Standorts durchgesetzt. Die Planung sei hier nicht durch Abwägungsoffenheit, sondern durch eine ganz bestimmte Richtung bzw. durch eine ganz bestimmte zahlenmäßige Vorgabe vorgeprägt gewesen, so dass ihr der Mangel des Abwägungsdefizits gewissermaßen auf die Stirn geschrieben sei.
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Darüber hinaus sei der Teilregionalplan abwägungsfehlerhaft, weil er noch schnell vor Inkrafttreten des EEG 2004 verabschiedet worden sei. Zwar habe der Verbandsversammlung zu der Sitzung am 19.4.2004 eine Tischvorlage vorgelegen, mit der sie von der Verwaltung kurz darüber informiert worden sei, dass die Standorte im Kraichgau und im Rheingraben nach dem aktuellen Stand der Novelle zum EEG weiterhin wirtschaftlich zu betreiben seien. Nach Durchführung des Vermittlungsverfahrens sei das EEG 2004 am 21.7.2004 jedoch schließlich wieder mit der Maßgabe endgültig vom Deutschen Bundestag verabschiedet worden, dass Strom aus Anlagen, die nicht mindestens 60 % des sog. Referenzertrages erzielen könnten, von den Netzbetreibern künftig nicht mehr vergütet werden müssten (vgl. § 10 Abs. 4 EEG 2004). Nach § 21 Abs. 4 EEG 2004 gelte diese Regelung für Anlagen die nach dem 31.7.2005 in Betrieb genommen würden. Damit sei unbestritten, dass die auf der Gemarkung Östringen/Kraichtal vorgesehenen Windkraftanlagen mangels hinreichender Windgeschwindigkeit einen entsprechenden Mindestprozentsatz des Referenzertrages nicht erzielen könnten und deshalb vollkommen unwirtschaftlich seien. Der Satzungsgeber könne sich auch nicht auf den Rechtsgedanken des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB berufen, wonach für die Abwägung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung maßgebend sei, denn diese entbinde ihn nicht davon, absehbare Entwicklungen abwägend in den Blick zu nehmen. Vorliegend hätte nämlich ganz und gar nicht ausgeschlossen werden können, dass im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat der ursprünglich schon einmal vorgesehene Ausschluss der Vergütung von windschwachen Standorten im Binnenland doch noch Gesetz werden könne. Ein Abwägungsmangel liege auch darin, dass der Standort „Teufelsmühle“ von vornherein nie Bestandteil der Überlegungen des Antragsgegners zur Auswahl der Vorrangstandorte gewesen sei, obwohl er sich nachweislich in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Konfliktpotenzial im Vergleich zu den in Betracht gezogenen Standorten regelrecht aufgedrängt habe bzw. hätte aufdrängen müssen und sich darüber hinaus die betroffenen Gemeinden für eine Verwirklichung des Projekts eingesetzt hätten. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte Abwägungsoffenheit sei bei der Ausweisung entsprechender Vorranggebiete bereits im Ansatz nicht gegeben gewesen. Dieses Defizit lasse sich auch nicht mit dem Argument des „großen, unzerschnittenen Raums mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ im Nordschwarzwald rechtfertigen. Dieses Kriterium möge für die Beurteilung der Landschaftsbild-Verträglichkeit von linienhaften Zerschneidungen der Landschaft durch Verkehrsinfrastruktureinrichtungen ein relevantes Kriterium sein. Für die Beurteilung, ob sich punktuelle Flächenbeanspruchungen durch Windenergieanlagen als Verunstaltung des Landschaftsbildes darstellen, gebe der „große unzerschnittene Raum“ demgegenüber gar nichts oder wenig her. Jedenfalls aber wirkten sich entsprechende Einrichtungen auf den „großen, unzerschnittenen Raum“ bei wertender Betrachtungsweise so wenig aus, dass dieser nicht von vornherein zu einem Ausschlusskriterium bei der Beurteilung der Landschaftsbild-Verträglichkeit von Windenergieanlagen hätte gemacht werden dürfen. Auch das Argument, große technische Anlagen mit erheblicher Geräuschentwicklung an exponierten Lagen zerstörten weiträumig den Naturgenuss könne schon deshalb nicht zum Tragen kommen, weil sich nicht nur die Lärm-, sondern auch die Lichtimmissionen (Schattenwurf) der von der Antragstellerin geplanten Anlagen innerhalb der hier zu beachtenden Toleranzen halten würden und immissionsschutzrechtlich nicht zu beanstanden seien. Im Übrigen belaste derzeit am Standort „Teufelsmühle“ der Betrieb von Dieselgeneratoren zur Stromversorgung des dortigen Gasthauses nicht nur die Umwelt, sondern auch Erholungssuchende. Auch sei nicht zutreffend, dass das Landschaftsbild auf unabsehbare Zeit und weiträumig beeinträchtigt sei, denn die Betriebs- bzw. Vertragslaufzeit von Windenergieanlagen betrage regelmäßig höchstens 25 Jahre. Danach könnten und müssten diese Anlagen vollständig abgebaut werden.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
19 
Er erwidert: Der Antrag sei bereits wegen fehlender Antragsbefugnis als unzulässig abzuweisen. In den letzten Jahren sei zwar verstärkt eine Antragsbefugnis von Bürgern bei fachgesetzlichen Regelungen nach § 4 Abs. 5 ROG bejaht worden, die über die regelmäßigen Bindungswirkungen nach § 4 Abs. 1 bis Abs. 3 ROG hinausgingen. Als Grund hierfür seien die Auswirkungen auf das Eigentumsrecht gemäß Art. 14 Abs. 1 GG genannt worden. Zweifelhaft sei aber nach wie vor, ob lediglich obligatorisch Berechtigte eine Antragsbefugnis besitzen würden. Selbst bei einer rechtsschutzintensiveren Auffassung sei aber höchst fraglich, ob die Antragstellerin die für eine Antragstellung notwendig gesicherte Position innehabe, denn sie besitze lediglich Optionspachtverträge, die von dem Grundstückseigentümer jederzeit kündbar seien. Die Gemeinde Loffenau habe zudem ihr Rücktrittsrecht am 22.7.2004 ausgeübt.
20 
§ 11 Abs. 7 Satz 1, 2. Hs. LplG n.F. sei nicht verfassungswidrig. Mit § 11 LplG n.F. (vormals gleichlautend: § 8) und der Anordnung in Art. 4 Abs. 3 des Artikelgesetzes vom 8.5.2003, unverzüglich die erforderlichen Regionalplanverfahren einzuleiten, habe der Gesetzgeber durch diese Planungspflicht in der Kombination Vorrang-/Ausschlussgebiet einer „ungeordneten oder ausschließlich durch örtliche Interessen bestimmten Nutzung“ der Windenergie entgegenwirken wollen, so die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drs. 13/1883, S. 35). Auf diese Weise habe das Parlament die „raumordnerische Erforderlichkeit“ im Landesplanungsgesetz selbst festgelegt. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 12, 14 GG oder in die kommunale Planungshoheit sei damit nicht verbunden. Im Außenbereich sei die Baufreiheit erheblich beschränkt, und die Privilegierung der Windkraftnutzung sei von Anfang an mit einem Planungsvorbehalt verbunden worden. Ohnehin sehe § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur eine Regel-Ausschlusswirkung vor. Durch die Steuerung von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen im Außenbereich werde der Kernbereich der durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten Planungshoheit nicht berührt. Den Kommunen blieben noch substanzielle Gestaltungsmöglichkeiten. Zudem sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Wegen der weit über die Gemeinde hinausreichenden Auswirkungen stehe die Windkraftplanung eher am Rande der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und damit am Rande des Normbereichs von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Auf der anderen Seite gebe es überörtliche Interessen von bedeutenderem Gewicht. Dazu gehörten der großräumige Landschaftsschutz, die Gestaltung, Gliederung und generelle Entwicklung der Siedlungs- und Freiraumstruktur, die Investitionssicherheit für die Betreiber, der übergemeindliche Abstimmungsbedarf und die Ausweisung von Ausschlussgebieten über das gesamte Gemeindegebiet hinweg, die nur die Regionalplanung angemessen berücksichtigen könne. Im Gegenzug könnten die Gemeinden nach dem sogenannten Gegenstromprinzip ein wirkungsvolles Beteiligungsrecht und die Berücksichtigung ihrer Interessen bei der Erarbeitung der Raumordnungsziele verlangen. Außerdem verbliebe den Gemeinden die Steuerung nicht regionalbedeutsamer Windkraftanlagen und die Konkretisierung der raumordnerischen Vorgaben im Rahmen des Anpassungsgebots des § 1 Abs. 4 BauGB.
21 
Dem Antragsgegner sei kein Verfahrensfehler unterlaufen, denn er habe die Übergangsregelung in Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des LplG und anderer Gesetze genutzt, wonach laufende Regionalplanänderungen nach dem bisherigen Recht weitergeführt werden könnten, wenn sie innerhalb eines Jahres abgeschlossen würden. Das Änderungsverfahren für den Teilregionalplan sei mit dem Satzungsbeschluss vom 19.4.2004 und damit noch rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist (20.5.2004: Inkrafttreten des Gesetzes) abgeschlossen worden. Die Beteiligung habe sich deshalb nach § 9 Abs. 2 LplG 1992 i.d.F. vom 8.4.1992 mit letzter Änderung durch das Regionen-Weiterentwicklungsgesetz vom 14.3.2001 gerichtet. Dort sei nur eine Beteiligung der berührten Träger öffentlicher Belange und keine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen. Aus Kulanzgründen und wegen der intensiven Zusammenarbeit seien auch noch die Antragstellerin und die Firma p. einbezogen worden. Im Übrigen sei eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nach dem Grundsatz der Planerhaltung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LplG 2003 unerheblich, wenn sie ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sei. Bei der Kausalitätsbetrachtung könnten die Grundsätze zu § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB herangezogen werden, wonach eine konkrete Möglichkeit notwendig sei, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Davon könne nicht ausgegangen werden. Ein formeller Offenlagebeschluss sei von dem Planungsausschuss in seiner Sitzung vom 21.1.2004 nicht gefasst worden, was auch nicht durch § 9 LplG 1992 geboten gewesen sei.
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Der Teilregionalplan halte sich außerdem innerhalb der vom Bundesverwaltungsgericht in drei Grundsatzentscheidungen gezogenen Grenzen und stelle keine Negativplanung dar. Er basiere auf einer regionsweiten und ausgefeilten planerischen Systematik, die sich in sieben Stufen zu einer Entscheidung verdichtet habe. Besonderen Wert habe der Plangeber auf den großräumigen Landschaftsschutz (Schritt 2 der Suchmethodik) gelegt. Denn große unzerschnittene Räume, d.h. Bereiche mit mehr als 100 km² unzerschnittener Fläche, mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung, in die auch der Standort „Teufelsmühle“ falle, seien in Baden-Württemberg äußerst selten. Deshalb hätten sie Eingang in den Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 2002 gefunden. Diese Bereiche habe die Region für die naturgebundene stille Erholung vorgesehen. Große technische Anlagen mit erheblicher Geräuschentwicklung an exponierten Lagen zerstörten weiträumig den Naturgenuss. Aus diesem Grunde sei der Standort „Teufelsmühle“ trotz wiederholter Anläufe stets abgelehnt worden. Auch die Reduzierung der Vorrangstandorte in der Endphase der Planung von 7 auf 4 bei weiterer Beschränkung des Standorts „Hohe Wanne, Mauzenberg“ habe sich innerhalb der einheitlichen Planungssystematik bewegt. Die Standorte seien nicht einfach „politisch“ entfallen, sondern auf Grund einer eingehenden Einzelfallbetrachtung planerisch korrekt ausgesondert worden. Der Abstimmung sei eine ganztätige Bereisung und Besichtigung der Potenzialflächen durch den Planungsausschuss am 10.12.2003 vorausgegangen. Danach sei der Standort Nr. 3 „Nonnenberg/Hühnerbüschle“ im Kraichtal wegen eines Eingriffs in das Landschaftsbild, der Standort Nr. 4 „Lange Herrenstücker/ Buhlacher Eck/Leonharder Weg“ in Durmersheim/Rheinstetten wegen zu geringen Windpotenzials im Verhältnis zur Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der Standort Nr. 6 „Hummelsberg“ in Baden-Baden sowie „Webersberg/Breitfeld“ in Gernsbach wegen eines Eingriffs in das Landschaftsbild ausgeschieden worden. Außerdem sei bei dem Standort Nr. 5 der Bereich „Mauzenberg“ und „Hohe Wanne“ als getrennter Doppelstandort angesehen und wegen des Eingriffs am Standort „Mauzenberg“ in das Landschaftsbild und des Kriteriums „Überlastungsschutz" dem Standort „Hohe Wanne“ der Vorrang eingeräumt worden. Schließlich dürften bei der Beurteilung, ob die Windkraft im Planungsraum eine substanzielle Chance erhalten habe, die Besonderheiten des Plangebiets nicht außer Betracht gelassen werden. So sei die Region Mittlerer Oberrhein gekennzeichnet durch eine kleine Fläche und eine hohe Bevölkerungsdichte. Zudem enthalte er viele Naturschutz- und Natura-2000-Gebiete. Besonders die windhöffigen Schwarzwaldhöhen seien an vielen Stellen mit Schutzgebieten belegt.
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Die verbliebenen 4 Standorte seien auch keine vorgeschützten „Pseudoflächen“, denn rechtliche Hindernisse stünden einer Bebauung nicht entgegen. Soweit die Standorte in Landschaftsschutzgebieten lägen, sei im Einvernehmen mit den zuständigen Naturschutzbehörden die objektive Befreiungslage festgestellt worden. Die Planung sei ohne Berücksichtigung der zivilrechtlichen Grundstückssituation durchgeführt worden, denn nur auf diese Weise lasse sich der geforderte regionsweite und flächendeckende Ansatz realisieren. Der Regionalverband habe aber die Umsetzungsproblematik gesehen und bewältigt, indem er ca. 2 bis 3 Jahre nach Planerlass eine Zwischenbilanz und eine planerische Nachsteuerung unter den dann vorliegenden Rahmenbedingungen vorgesehen habe. Daneben habe der Normgeber die aktuellen Entwicklungen zur Novellierung des EEG stets beobachtet. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 19.4.2004 habe die Beurteilung des weiteren Fortgangs der EEG-Novelle in den Bereich der Vorhersage gehört. Ein Zuwarten auf eine Beruhigung der Situation hätte den Abschluss des Verfahrens unabsehbar verzögert. Auch die bereits abgelaufene Umsetzungsfrist der EG-Richtlinie 2001/77 ändere daran nichts, denn die Bundesrepublik Deutschland habe schon mehrfach EG-Richtlinien nicht fristgerecht umgesetzt. Die nunmehr Gesetz gewordene Regelung des § 10 EEG, wonach Anlagen, die nicht mindestens 60 % der Referenzmenge Strom erzeugten, nicht mehr in den Genuss der Garantievergütung kämen, werde erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit von Windfarmen besitzen. Deshalb habe der Planungsausschuss des Antragsgegners mit Beschluss vom 10.11.2004 die Verwaltung mit der Untersuchung der Auswirkungen der Kappungsgrenze auf die Wirtschaftlichkeit der Vorrangstandorte im Plangebiet beauftragt. Der Normgeber habe die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung des Regelungsgegenstands im Blick; für eine abgewogene planerische Nachsteuerung bleibe ein angemessener Zeitraum.
24 
In der mündlichen Verhandlung ist ein Mitarbeiter der Landesanstalt für Umweltschutz als amtliche Auskunftsperson zur Bedeutung der im Landesentwicklungsplan aufgeführten „unzerschnittenen Räume mit hohem Wald- und Biotopanteil mit einer Größe von über 100 km²“ angehört worden.
25 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Antragsgegners (19 Aktenordner) und der Landesentwicklungsplan 2002 sowie die Akten des Verfahrens des VGH Bad.-Württ. 5 S 2124/04 vor. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf diese Akten und die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
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1. Der - fristgerecht erhobene - Antrag ist statthaft, weil es sich bei dem Regionalplan um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt, die nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein kann. Der Regionalplan wurde gemäß § 12 Abs. 7 LplG n.F. als Satzung beschlossen und durch die Veröffentlichung der Erteilung der Genehmigung im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg verbindlich (§ 13 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 LplG n.F.). In der Rechtsprechung ist mittlerweile geklärt, dass in einem Regionalplan enthaltene Ziele der Raumordnung Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sind und vom Zieladressaten zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden können (BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6/03 -, BVerwGE 119, 217 - 229) und dass ihnen nicht mangels Außenwirksamkeit Rechtssatzcharakter abgesprochen werden kann. Ziele der Raumordnung besitzen zwar grundsätzlich keine rechtliche Außenwirkung gegenüber Privaten; ihr Geltungsanspruch richtet sich an öffentliche Planungsträger und Personen des Privatrechts, die raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben vornehmen (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 ROG 1998). Durch die Neufassung des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB haben die raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen indessen einen Bedeutungszuwachs erfahren. Der Gesetzgeber verleiht ihnen mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen und damit auch Rechtswirkung gegenüber Privaten entfalten. Das steht im Einklang mit § 4 Abs. 5 ROG 1998, wonach weitergehende Bindungswirkungen der Erfordernisse der Raumordnung auf Grund von Fachgesetzen unberührt bleiben, und wirkt sich auf das raumordnerische Abwägungsprogramm aus (so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 28.10.2004, NVwZ-RR 2005, 162).
28 
2. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Das ist hier der Fall. Die Antragsbefugnis ist in den Fällen zu bejahen, in denen der Antragsteller die ernsthafte Absicht dartut, in dem von der Zielfestlegung betroffenen Gebiet eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Windenergieanlagen zu beantragen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4.6.2003, BauR 2003, 1696 - 1701). Dies gilt umso mehr, wenn - wie vorliegend - bereits ein immissionsschutzrechtlicher Antrag gestellt und im Hinblick auf entgegenstehende Ziele der Raumordnung abgelehnt wurde (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 26.11.2002, Sächs.VBl. 2003, 84 - 92 unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.5.1994, NVwZ 1995, 264). Denn in einem solchen Fall gehören die Betriebsinteressen zum notwendigen Abwägungsmaterial des Regionalplans und kann deshalb ein Antragsteller in seinem Recht auf gerechte Abwägung verletzt sein (BVerwG, Urteil vom 5.11.1999, BVerwGE 110, 36 - 40; BVerwG, Urteil vom 24.9.1998, NVwZ 1999, 592 = BVerwGE 107, 215). Hinsichtlich des Windfarmvorhabens „Teufelsmühle“, das nach der Regionalplanung im Ausschlussgebiet liegt, hat die Antragstellerin in Kooperation mit der Firma p. mit der Stadt Gernsbach am 26.5.2003 und mit der Gemeinde Loffenau am 12.5.2003 einen Pachtvertrag für die Dauer von 25 Jahren geschlossen. Davon abgesehen, dass der Pachtvertrag zur Nutzung der Flächen auf Gernsbacher Gemarkung für die Errichtung von Windenergieanlagen, die den Raumordnungszielen des angefochtenen Regionalplans widersprechen würden, nach wie vor Bestand hat und deshalb schon aus diesem Grunde die Antragsbefugnis gegeben ist, ist es auch unschädlich, dass die Gemeinde Loffenau entsprechend des Beschlusses des Gemeinderats vom 20.7.2004 mittlerweile vom Vertrag zurückgetreten ist. Denn zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 19.4.2004 hätten die Interessen der Antragstellerin auch im Hinblick auf die Standorte in der Gemeinde Loffenau als abwägungsbeachtlicher Belang in die Abwägung eingestellt werden müssen, woraus sich auch in Bezug auf diese Standorte ihre Antragsbefugnis ergibt.
29 
3. Es fehlt auch nicht am Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin. Zum Einen ist es nach ihrem Vortrag im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren im Widerspruchsschreiben vom 5.10.2004 nicht ausgeschlossen, dass die Gemeinde Loffenau zum erneuten Abschluss eines Nutzungsvertrags bereit ist, sollte es der Antragstellerin gelingen, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erstreiten. Zum Anderen haben die Betreiberfirmen auch ein Interesse an der Verwirklichung der drei auf Gernsbacher Gemarkung geplanten Windkraftanlagen dargetan.
30 
II. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Teilregionalplan verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
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1. Unschädlich ist, dass die 4. Anhörung nicht durch Beschluss des Planungsausschusses oder der Verbandsversammlung eingeleitet, sondern von der Verwaltung veranlasst wurde. Denn das Landesplanungsgesetz enthält keine Vorschrift darüber, wer das Anhörungsverfahren einzuleiten hat.
32 
Verfahrensfehlerhaft ist indessen, dass der Antragsgegner die 4. Anhörung nur noch beschränkt auf die durch die Änderung betroffenen Kommunen und Planungsträger sowie die Firma p. und damit nicht entsprechend § 12 Abs. 3 LplG i.d.F. vom 10.7.2003, zuletzt geändert am 14.12.2004 - n.F. - durchgeführt hat. Diese Vorschrift, nach der eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben ist, ist nach Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes und anderer Gesetze vom 8.5.2003 (GBl. S. 205 und 213; Berichtigung S. 320) auf den angefochtenen Regionalplan bereits anzuwenden. Danach können bei Inkrafttreten dieses Gesetzes laufende Verfahren zur Aufstellung, Fortschreibung oder sonstigen Änderungen eines Regionalplans nach den bisher geltenden Vorschriften weitergeführt werden. Sie sind innerhalb eines Jahres, beginnend am 20.5.2003, abzuschließen. Die Verbandsversammlung des Antragsgegners hat zwar den Regionalplan am 19.4.2004 und damit noch vor Ablauf eines Jahres seit Inkrafttreten des Landesplanungsgesetzes n.F. als Satzung beschlossen. Ein Verfahren ist indessen erst mit dem letzten Verfahrensschritt „abgeschlossen“, nämlich hier mit der Veröffentlichung der Genehmigung im Staatsanzeiger (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB zu § 244 RdNr. 23).
33 
Hätte danach eine umfassende, den Anforderungen des § 12 LplG n.F. entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden müssen, so ist dieser Verfahrensfehler jedoch nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 LplG n.F. unbeachtlich. Denn nach dieser Vorschrift ist es für die Rechtswirksamkeit eines Regionalplans unerheblich, wenn die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen ist. Diese Verknüpfung von Verfahrensvorschriften mit der Abwägung ist in dieser Form neu und den Planerhaltungsvorschriften des Baugesetzbuches fremd. Vorliegend kann indessen offen bleiben, ob auch für die Regionalplanung die im Baurecht entwickelten Grundsätze Anwendung finden, d.h. ob diese nur dann zur Unwirksamkeit des Planes führen, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass das Ergebnis ohne den Mangel anders ausgefallen wäre. Denn es sprechen folgende Gründe dafür, dass die nicht der Vorschrift des § 12 LplG n.F. entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung auf das Abwägungsergebnis ohne Folgen war: Zum Einen hat der Antragsgegner bei der 4. Anhörung eine Öffentlichkeitsbeteiligung nicht völlig unterlassen, sondern die betroffenen Kommunen und Planungsträger sowie die Betreiberfirma p. angehört. Zum Anderen ist anläßlich der 2. und 3. Anhörung eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt, bei der zahlreiche Einwendungen eingegangen sind. Zwar wurde vor der 4. Anhörung die Zahl der vorgesehenen Vorrangstandorte noch einmal nahezu halbiert, jedoch ist nicht erkennbar, was hierzu seitens einer zu beteiligenden Öffentlichkeit noch hätte vorgetragen werden können, das nicht schon Gegenstand der Erörterungen gewesen war. Vor allem ist davon auszugehen, dass die Verbandsversammlung des Antragsgegners trotz weiterer Stellungnahmen seitens einer etwa beteiligten Öffentlichkeit an der vorgesehenen Reduktion der Vorrangstandorte festgehalten hätte. Denn die Verbandsversammlung war mehrheitlich ersichtlich zur Reduktion der Vorrangstandorte fest entschlossen, was allein der Umstand zeigt, dass sie entgegen der Vorlage der eigenen Verwaltung und trotz deren Warnung, die Grenze zur Negativplanung nicht zu überschreiten, an ihrem letztlich beschlossenen Konzept festgehalten hat.
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2. Der Regionalplan ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
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a.) Maßgebliche Rechtsgrundlage ist vorliegend § 11 Abs. 3 LplG n.F.. Dort heißt es: Soweit es für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich ist (Regionalbedeutsamkeit), enthält der Regionalplan Festlegungen zur anzustrebenden Siedlungsstruktur, zur anzustrebenden Freiraumstruktur und zu den zu sichernden Standorten und Trassen für die Infrastruktur der Region. Dazu sind im Regionalplan nach § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 LplG n.F. Standorte und Trassen für Infrastrukturvorhaben, insbesondere Gebiete für Standorte regionalbedeutsamer Windkraftanlagen festzulegen. Nach § 11 Abs. 7 kann der Regionalplan diese Festlegungen grundsätzlich in der Form von Vorranggebieten, Vorbehaltsgebieten sowie Ausschlussgebieten treffen; Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen nach Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 müssen indessen als Vorranggebiete, die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete festgelegt werden, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen nicht zulässig sind. Der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. (gleichlautend: § 8 Abs. 3 Ziff. 11 LplG a.F.) für die Festlegung von „Zielen mit negativ-planerischer Funktion“ bedarf es, denn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vermag die erforderliche raumordnungsrechtliche Ermächtigung zur Festlegung von Konzentrationsflächen nicht zu ersetzen (BVerwG, Urteil vom 13.3.2003, NVwZ 2003, 738).
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b.) Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1, 2.HS LplG n.F., die den Regionalverbänden die Verpflichtung auferlegt, im Hinblick auf die Festlegung von Standorten für die Windenergienutzung nur Vorranggebiete und Ausschlussgebiete und keine Vorbehaltsgebiete festzulegen, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht verfassungswidrig. Die Ausweisung von Vorbehalts- und Ausschlussgebieten hat zur Folge, dass sowohl für betroffene Gemeinden als auch für Private verbindliche Festlegungen getroffen werden. Zweifelsohne wird mit der Ausweisung der Standorte für die in § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. genannten Vorhaben in die zum gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht gehörende Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) eingegriffen, da die Gemeinden durch § 4 Abs. 1 LplG n.F., § 1 Abs. 4 BauGB verpflichtet sind, diese Ausweisung als Ziele der Raumordnung und Landesplanung bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten und ihre Bauleitpläne an sie anzupassen. Das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, steht den Gemeinden jedoch nur „im Rahmen der Gesetze“ zu. Seine nähere Ausgestaltung ist daher dem Gesetzgeber überlassen. Gesetzlichen Eingriffen sind allerdings Grenzen gesetzt: Sie dürfen den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie nicht antasten und haben außerhalb des Kernbereichs den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot zu beachten (BVerfG, Beschluss vom 23.6.1987 - 2 BvR 826/83 -, BVerfGE 76, 107, 119 f.; Beschluss vom 7.10.1980 - 2 BvR 584/76 -, BVerfGE 56, 298, 313 f.; VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -).
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Ob und inwieweit die Planungshoheit zu dem unantastbaren Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie gehört, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung offen gelassen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 23.6.1987, a.a.O., S. 118 f.; Beschluss v. 7.10.1980, a.a.O., S. 312 f.; ebenso VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 a.a.O.). Auch vorliegend kann diese Frage offen bleiben, denn ein etwaiger mit der gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben verbundener Eingriff in die kommunale Planungshoheit ist durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.5.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 191). Insgesamt beurteilen sich danach die Zulässigkeit und Grenzen gebietsscharfer Standortentscheidungen stets nach der Aufgabenstellung der Raumordnungsplanung sowie - im Hinblick auf die kommunale Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) - nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in mehrstufigen Planungsprozessen. Innerhalb dieses rechtlichen Rahmens darf der Landesgesetzgeber einen Träger der Regionalplanung zur gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben ermächtigen, soweit die vorstehend dargelegten verfassungsrechtlichen Grenzen nicht überschritten werden.
38 
Die in § 11 Abs. 3 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1, 2. HS LplG n.F. getroffene Regel beachtet diese Grundsätze. Der mit ihr verbundene Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit ist durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt. Ausweislich der Begründung zur Neufassung des Landesplanungsgesetzes (LT-Drs. 13/1883) sollte mit dem Gesetz der Anpassungsverpflichtung des § 22 ROG 1998 nachgekommen und eine Anpassung an das Raumordnungsgesetz des Bundes erreicht werden. Die Begründung zu der Neufassung des § 8, jetzt § 11 LplG n.F., lautet dementsprechend, dass die Neufassung zur Anpassung der bisherigen Regelung an § 7 ROG erfolgt. In dieser Bestimmung enthalte das Rahmenrecht des Bundes erstmals Vorgaben für den Inhalt insbesondere der Regionalpläne. Die Neufassung bringe keine Erweiterung der regionalen Planungskompetenz über die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes hinaus. Sie schaffe im Wesentlichen nur die konkretisierte Rechtsgrundlage für die bestehende, auf die regionalen Entwicklungserfordernisse abgestimmte, bewährte Planungspraxis in Baden-Württemberg. Im Rahmen der Kompetenz für die Festlegung von Standorten für Infrastrukturvorhaben sei die Festlegung von Standorten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen von besonderer Bedeutung. Die Kompetenz zur Festlegung von Vorranggebieten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen sei nach Abs. 7 Satz 1 Hs. 2 ROG unlösbar mit der Verpflichtung verbunden, regionsweit flächendeckend die übrigen Gebiete als Ausschlussgebiete festzulegen, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen unzulässig seien. Seien die Voraussetzungen der Raumbedeutsamkeit zu bejahen, seien in der Regel Standortfestlegungen des Regionalplans für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich. Durch die Verpflichtung zur kombinierten Festlegung könnten die Regionalverbände einer ungeordneten oder ausschließlich durch örtliche Interessen bestimmten Nutzung der Windenergie entgegenwirken. Für die Standorte von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen sei die Kombination von Vorranggebieten und Ausschlussgebieten gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Durch diese Kombination werde bei der Nutzung der Windenergie erreicht, dass in allen Regionen auf Grund einer regionsweiten Prüfung die Standorte festgelegt würden, in denen eine vor allem landschaftsverträgliche Nutzung der Windenergie möglich sei, und zugleich die Gebiete bestimmt wurden, in denen die Aufstellung von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen unzulässig sei. Durch die regionsweite flächendeckende Standortplanung werde ein einheitliches Konzept verwirklicht und letztlich eine „Verspargelung“ der Landschaft vermieden (LT-Drs. 13/1883, S. 35/36).
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Diese Erwägungen rechtfertigen die Beschränkung der gemeindlichen Planungshoheit. Die Belange der Gemeinden werden dadurch hinreichend gewahrt, dass § 12 Abs. 2 Nr. 1 LplG n.F. vor der gebietsscharfen Ausweisung eines Standortes für ein regionalbedeutsames Vorhaben zu einer umfassenden Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange verpflichtet, soweit diese Ausweisung für nachfolgende Planungsentscheidungen bindend ist (vgl. Runkel in: Bielenberg/Erbguth/Runkel, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, § 3 RdNr. 56 ff., 74). Im Rahmen des so genannten Gegenstromprinzips sind in dieser Abwägung auch die Vorstellungen der betroffenen Gemeinde über die Nutzung des für das Vorhaben vorgesehenen Bereichs zu berücksichtigen (vgl. die rahmenrechtlichen Vorgaben in § 7 Abs. 7 und § 9 Abs. 2 S. 2 ROG). § 12 Abs. 2 Nr. 1 LplG n.F. verlangt dementsprechend, dass bei der Ausarbeitung der Regionalpläne außer den anderen Planungsträgern auch die Gemeinden und die übrigen Träger der Bauleitplanung zu beteiligen sind, soweit sie in ihren Aufgaben berührt sind. Hierdurch wird ihnen die Möglichkeit eröffnet, auf die Regionalplanung Einfluss zu nehmen und ihre eigenen Planungsvorstellungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329, 335 = PBauE § 1 Abs. 4 BauGB Nr. 1; vgl. auch VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 a.a.O.).
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Eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, denn die Ausweisung von Vorrangstandorten für Windenergieanlagen hat zum Einen überregionale Bedeutung, und wirkt sich auch außerhalb des Planungsgebiets einer Gemeinde aus. Zum Anderen hat bereits der Bundesgesetzgeber in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorgesehen, dass auch der Regionalplanung das Recht eingeräumt wird, durch verbindliche Festlegungen mit Zielwirkung die Ausschlusswirkung für das übrige Plangebiet zu bewirken. Da diese Wirkung durch die Festlegung von Vorbehaltsgebieten nicht erreicht werden kann, kann es dem Landesgesetzgeber nicht verwehrt sein, von vornherein den Regionalverbänden die Aufgabe zuzuweisen, bei ihrer Planung nur Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen. Im Übrigen zeigt auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Regionalplänen, in denen Vorbehalts-, Vorrang- und Ausschlussgebiete festgelegt wurden, die Schwierigkeiten auf, in diesen Fällen die Frage zu beurteilen, ob in dem entsprechenden Planungsraum der Windkraft die von der Rechtsprechung geforderte Chance eingeräumt wurde und Standorte ausgewiesen wurden, die substanziell von einigem Gewicht sind. Im Übrigen werden durch die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. lediglich raumbedeutsame Anlagen erfasst. Für sonstige Anlagen verbleibt es bei der Planungshoheit der Gemeinde.
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Auch im Hinblick auf Art. 12 und 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 17.12.2002 und 13.3.2003 (4 C 15.01, NVwZ 2003, 733 und 4 C 4.02, NVwZ 2003, 738) bereits festgehalten, dass der Gesetzgeber den raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften verleiht, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen. In die Abwägung sind alle öffentlichen und privaten Belange einzustellen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene (Landes- oder Regionalplanung) erkennbar und von Bedeutung sind (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 2 ROG 1998). Bei der Festlegung von Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung für die Windenergienutzung gehören zum Abwägungsmaterial auch die privaten Belange der Eigentümer von zur Windenergienutzung geeigneten Flächen. Die Aufgaben der Raumordnung als einer zusammenfassenden, übergeordneten Planung, ihre weiträumige Sichtweise und ihr Rahmencharakter berechtigen den Planungsträger allerdings dazu, das Privatinteresse an der Nutzung der Windenergie auf geeigneten Flächen im Planungsraum verallgemeinernd zu unterstellen und als typisierte Größe in die Abwägung einzustellen. Dabei darf der Träger der Regionalplanung berücksichtigen, dass die Privatnützigkeit der Flächen, die von der Ausschlusswirkung der Konzentrationsentscheidung erfasst werden, zwar eingeschränkt, aber nicht beseitigt wird. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine möglicherweise rentablere Nutzung seines Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (BVerfGE 100, 226<242 f.>). Die Ausschlusswirkung der in einem Regionalplan festgelegten Vorranggebiete steht einem gebietsexternen Windenergievorhaben überdies nicht strikt und unabdingbar, sondern nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (nur) "in der Regel" entgegen. Der Planungsvorbehalt steht also unter einem gesetzlichen "Ausnahmevorbehalt", der die Möglichkeit zur Abweichung in atypischen Einzelfällen eröffnet (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.) Dieser "Ausnahmevorbehalt" stellt ein Korrektiv dar, das unverhältnismäßigen (unzumutbaren) Beschränkungen des Grundeigentümers in Sonderfällen vorbeugt, ohne dass die Grundzüge der Planung in Frage gestellt werden. Diese Grundsätze berechtigen auch vorliegend den Landesgesetzgeber, den Regionalverbänden die Pflicht zur Planung aufzuerlegen mit der Vorgabe, nur Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen.
42 
c.) Die Festlegung der Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung als Ziele der Raumordnung genügt auch dem für Ziele der Raumordnung geltenden Gebot der Erforderlichkeit (BVerwG, Beschluss vom 7.2.2005 - 4 BN 1.05 -; vgl. auch BVerwGE 118, 181 <187, 189>, Gaentzsch, in: Berliner Komm. zum BauGB, § 1 RdNr. 32, 35; Gierke/Brügelmann, BauGB, § 1 RdNr. 381). Zu § 1 Abs. 3 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 (a.a.O.) ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit u.a. eine Planungsschranke für den Fall aufgerichtet habe, dass sich eine Planung als nicht vollzugsfähig erweise, weil ihr auf unabsehbare Zeit unüberwindbare rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt eine Darstellung voraus, bei der eine positive Standortzuweisung mit einer Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet verknüpft wird. Das mit dieser Regelung verfolgte Ziel wird von vornherein verfehlt, wenn die Fläche, die für die vorgesehene Nutzung zur Verfügung stehen soll, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für eine Windenergienutzung schlechthin ungeeignet ist. Anders als Bauleitpläne müssen Ziele der Raumordnung nicht aus städtebaulichen Gründen (§ 1 Abs. 3 BauGB), sondern aus überörtlichen Raumordnungsinteressen erforderlich sein. Auch ihnen fehlt jedoch die Erforderlichkeit, wenn ihrer Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen (BVerwG, Beschluss vom 7.2.2005, a.a.O.).
43 
aa) Aus tatsächlichen Gründen muss die Fläche, die der Errichtung von Windenergieanlagen vorbehalten ist, nicht so beschaffen sein, dass sie eine bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Es reicht aus, wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben ist. Im vorliegenden Fall war zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung für die Standorte Nr. 1 „Armenberg“ (Östringen) und Nr. 2 „Pfaffengrund“ (Kraichtal) mit einer Windgeschwindigkeit von jeweils 4,2 m/sec. und damit einer ausreichenden Windgeschwindigkeit zu rechnen. Auf nachfolgende Entwicklungen kommt es jedenfalls im Hinblick auf die Erforderlichkeit, vergleichbar der Erforderlichkeit für Bebauungspläne nach § 1 Abs. 3 BauGB, nicht an.
44 
bb) Ein rechtliches Hindernis steht den festgelegten Vorrangflächen nicht entgegen, obwohl diese zum Teil in Landschaftsschutzgebieten und Naturschutzgebieten liegen. Denn von den Verbotsvorschriften, die sich in naturschutzrechtlichen Regelungen finden, kann unter Beachtung bestimmter gesetzlicher Vorgaben eine Befreiung gewährt werden. Zeichnet sich die Erteilung einer Befreiung für die Zukunft ab, weil eine Befreiungslage objektiv gegeben ist und einer Überwindung der Verbotsregelung auch sonst nichts im Wege steht, so darf der Plangeber dies im Rahmen der Prognose, vergleichbar der nach § 1 Abs. 3 BauGB gebotenen Erforderlichkeitsprüfung, berücksichtigen. Ein gewichtiges Indiz bildet hierfür die Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.). Vorliegend hat der Antragsgegner für die in Betracht kommenden Vorbehaltsgebiete jeweils eine entsprechende Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde eingeholt.
45 
d.) Die windenergiebezogene Teilfortschreibung des angefochtenen Regionalplans erfüllt auch die rechtlichen Anforderungen an Ziele der Raumordnung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 (a.a.O.) aufgestellt hat.
46 
Danach bedingen die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen einander. Der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird. Die Abwägung aller beachtlichen Belange muss sich auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte erstrecken. Eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen hat, ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen. Eine gezielte (rein negative) "Verhinderungsplanung" ist dem Plangeber jedoch verwehrt. Er muss die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F.), beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substanzieller Weise Raum schaffen. Nur auf diese Weise kann er den Vorwurf einer unzulässigen „Negativplanung“ entkräften. Wo die Grenze zur unzulässigen „Negativplanung“ verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Ob diese Grenze überschritten ist, kann nur angesichts der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum entschieden werden. Dabei kann die Sperrung eines oder mehrerer Außenbereiche für die Windenergienutzung aus Sicht des Regionalplans, welcher der großräumigen Entwicklung verpflichtet ist, gerechtfertigt sein, um die Errichtung von Windkraftanlagen im Planungsraum zu steuern. Eine "Verhinderungsplanung" liegt nicht schon dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der Anlagenstandorte führt.
47 
Dabei sind Abwägungen bei der Erstellung von Raumordnungsplänen an ähnlichen Maßstäben zu messen wie Abwägungen in der Bauleitplanung. Es muss überhaupt eine Abwägung stattfinden, es ist an Belangen einzustellen, was nach Lage der Dinge zu berücksichtigen ist, diese Belange sind zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Bei der Aufstellung eines Raumordnungsplanes müssen sowohl die betroffenen gemeindlichen Planungsbelange eingestellt wie auch die Belange betroffener Privater in der Abwägung berücksichtigt werden. Mit welcher Detailgenauigkeit diese Belange in die Abwägung einzustellen sind, hängt davon ab, ob ein Plansatz strikte Bindungswirkung haben wird oder ob bei seiner Anwendung Nachkorrekturen möglich sind. Eine solche strikte Bindung kommt insbesondere für die Negativwirkung von Raumordnungszielen über § 35 Abs. 3 Satz 2, 1. HS. BauGB in Betracht (vgl. hierzu OVG Greifswald, Urteil vom 7.9.2000, NVwZ-RR 2001, 565; OVG Lüneburg, Urteil vom 28.10.2004, NVwZ-RR 2005, 162). Dies bedeutet, dass das in die Abwägung einzustellende Abwägungsmaterial je nach Grad der Konkretheit der raumordnungsrechtlichen Zielbestimmung in unterschiedlichem Maße einzelne Belange zusammenfassend und vergröbert darstellen darf. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass bei einer abschließenden konkreten raumordnungsrechtlichen Zielsetzung, die für die Fachplanung verbindliche Ausschlusswirkungen hervorruft, die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials und der Abwägungsvorgang selbst sich den Anforderungen an die Abwägung bei Fachplanungen annähert. Das Maß der Abwägung muss daher für die einzelnen raumordnerischen Festlegungen jeweils konkret ermittelt werden (OVG Greifswald, Urteil vom 7.9.2000, a.a.O.). § 3 Nr. 2 ROG n.F. enthält eine Definition der Ziele der Raumordnung, wonach es sich dabei um verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes handelt. Die Festlegung der Vorrangstandorte und der Ausschlussgebiete im angefochtenen Raumordnungsplan sind daher Ziele der Raumordnung in dem Sinne, dass damit verbindlich Standortentscheidungen getroffen werden, welche die Fachbehörde binden und dieser keine Entscheidungsspielräume mehr einräumen.
48 
Nach diesen Grundsätzen ist der Abwägungsvorgang vorliegend nicht zu beanstanden.
49 
aa) Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Regionalplan am 19.4.2003 sah die Regelung des EEG keine Beschränkung der Abnahmeverpflichtung hinsichtlich einer bestimmten Windhöffigkeit vor. Zwar hatte der Bundesrat in seiner Sitzung am 14.5.2004 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 2.4.2004 verabschiedeten Gesetz zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich den Vermittlungsausschuss anzurufen, um eine Kappungsgrenze einzuführen. Netzbetreiber sollten nicht verpflichtet sein, Strom aus Anlagen zu vergüten, für die nicht vor Inbetriebnahme nachgewiesen sei, dass sie an dem geplanten Standort mindestens 65 von 100 des Referenzertrages erzielen könnten mit dem Ziel, die Errichtung von Windenergieanlagen an schlechten Standorten im Binnenland nicht durch das EEG voranzubringen (BT-Drs. 15/3162, S. 2 rechte Spalte). Diese Entwicklung musste der Antragsgegner jedoch nicht berücksichtigen. Nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB, dessen Rechtsgedanke auch für die Beschlussfassung über Regionalpläne herangezogen werden kann, ist für die Abwägung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Regionalplan maßgeblich, hier also der 19.4.2004. Zu diesem Zeitpunkt sah die Regelung des EEG keine Abhängigkeit der Abnahmeverpflichtung von einer bestimmten Windhöffigkeit vor. Dem entsprach auch die Tischvorlage zur Sitzung vom 19.4.2004. Andererseits ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dieser Grundsatz nicht ausnahmslos gilt. Ändern sich zwischen der Abwägungsentscheidung und dem Inkrafttreten des Bauleitplans die abwägungsrelevanten Umstände so gravierend, dass sich das Abwägungsergebnis trotz eines korrekten Abwägungsvorgangs nachträglich als untragbar erweist, ist eine Neubewertung der Entscheidung zwingend. Denn auch im Zeitpunkt seines Inkrafttretens muss ein Bauleitplan noch den Anforderungen des § 1 Abs. 6 BauGB entsprechen. Die Gemeinde bzw. der Plangeber ist daher gehalten, den bereits beschlossenen Plan bis zu seiner Bekanntmachung nicht völlig aus den Augen zu verlieren. Nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verschiebt sich daher bei einer wesentlichen Veränderung der Sach- und Rechtslage und damit einhergehend der abwägungserheblichen Belange der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Bauleitplans auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens (vgl. BVerwGE 56, 283/288; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, RdNr. 132 f.; Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, RdNr. 44 zu § 214, BayVGH, Beschluss vom 10.4.2003, BayVBl. 2003, 568 m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt auch für Regionalpläne. Auf Grund der Anrufung des Vermittlungsausschusses musste der Antragsgegners zwar in Betracht ziehen, dass wieder eine Kappungsgrenze für windarme Standorte in das Gesetzgebungsvorhaben eingefügt werden würde, indessen war er nicht gehalten, den ungewissen Ausgang des Vermittlungsverfahrens abzuwarten und das Inkrafttreten des Regionalplans zunächst nicht weiter zu betreiben. Vielmehr ist hier allein formal darauf abzustellen, dass jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Regionalplans am 7.6.2004 ein EEG, das die Förderung von einer bestimmten Windhöffigkeit abhängig macht, noch nicht in Kraft war.
50 
bb) Dem Teilregionalplan liegt ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde. Die sieben Schritte, mit denen der Antragsgegner in einem Suchlauf Ausschlussflächen ermittelt hat, sind nicht zu beanstanden. Denn in zulässiger Weise hat der Antragsgegner im zweiten Schritt unter dem Gesichtspunkt „regionalprägender und identitätsstiftender Landschaftsformen mit hoher visueller Verletzbarkeit und mit hoher Fernwirkung“ den gesamten Westrand des Schwarzwaldes und des Kraichgauer Hügellandes ausgeschlossen. Hierbei hat er mit Hilfe von Höhenprofilen, die für repräsentative Sichtachsen von den Gebirgsräumen zum Rheintal gebildet worden sind, die Abgrenzung nach Osten hin vorgenommen. Ergab ein Höhenprofil, dass die Referenzanlage mit einer Gesamthöhe von 133 m vom Rheintal aus sichtbar ist und die Distanz vom Rheintal aus weniger als 10 km beträgt, wurde der Gebirgsbereich als Ausschlussgebiet definiert. Denn bis zu einer Entfernung von 10 km sei, sofern die Anlage nicht sichtverschattet ist, bei raumbedeutsamen Windkraftanlagen mit erheblichen Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds zu rechnen. Die Wahl dieses Kriteriums als Ausschlusskriterium, liegt im planerischen Ermessen des Antragsgegners und ist nicht zu beanstanden. Dabei war der Antragsgegner auch nicht gehalten, etwa in dem Bereich, in dem die Autobahn A 8 diesen Bereich schneidet, im Hinblick auf eine etwaige Vorbelastung eine geringere Schutzwürdigkeit anzunehmen und von diesem Kriterium eine Ausnahme zu machen, denn einem Regionalverband ist es als Plangeber gestattet, im Hinblick auf die eine gesamte Region erfassende Planung zunächst einen gröberen und pauschaleren Maßstab anzulegen. Insoweit hat der Antragsgegner nach Durchführung des Suchlaufs noch einmal überprüft, welche Standorte bei Wegfall dieses Kriteriums zusätzlich in Betracht gekommen wären, hat im Einzelfall eine Prüfung im Hinblick auf die Sichtbarkeit der Standorte von der Rheinebene aus vorgenommen und unter diesem Gesichtspunkt die Standorte erneut ausgeschlossen. Dieses differenzierte Vorgehen ist nicht zu beanstanden.
51 
cc) Gleichfalls nicht zu beanstanden ist, dass der Antragsgegner als weiteres Kriterium im zweiten Schritt des Suchlaufs „große unzerschnittene Räume mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ als Ausschlusskriterium gewählt hat. Nach Aussage des als amtliche Auskunftsperson in der mündlichen Verhandlung angehörten Mitarbeiters der Landesanstalt für Umweltschutz handelt es sich bei diesen „großen unzerschnittenen Räumen mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ um sogenannte „Filet-Stücke“ des Naturschutzes, die unabhängig von einer zerschneidenden Wirkung einer Windenergieanlage möglichst von jedweden Eingriffen freigehalten werden sollen. Von den in Baden-Württemberg befindlichen sechs derartigen Räumen liegen zwei Räume im Planungsgebiet des Antragsgegners. Auch insoweit hält sich die Entscheidung, dieses Kriterium als Ausschlusskriterium festzulegen, im Rahmen des planerischen Ermessens des Antragsgegners.
52 
dd) Dementsprechend liegt auch kein Abwägungsmangel darin, dass der von der Antragstellerin favorisierte Standort „Teufelsmühle“ von vornherein nie Bestandteil der Überlegungen des Antragsgegners zur Auswahl der Vorrangstandorte gewesen ist. Zu Recht hat der Antragsgegner den Standort „Teufelsmühle“ im Hinblick auf seine Lage in einem „großen unzerschnittenen Raum“ abgelehnt. Im Übrigen ist auch dieser Standort im Nachhinein noch einmal daraufhin überprüft worden, ob er wegen seiner Lage in der Randzone dieses unzerschnittenen Raums dennoch in Betracht gezogen werden kann. Jedoch ist er im Hinblick auf seine Exponiertheit im konkreten Einzelfall wiederum abgelehnt worden, wie der Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung bekundet hat. Auch dies ist nicht zu beanstanden.
53 
ee) Schließlich war es dem Planungsausschuss des Antragsgegners nicht verwehrt, mittels einer Ortsbesichtigung die nach der 3. Anhörung verbliebenen neun Standorte zu besichtigen und jeden Einzelfall einer konkreten Bewertung zu unterziehen. Nicht zu beanstanden ist insofern auch, dass der Planungsausschuss und ihm folgend später die Verbandsversammlung im Hinblick auf die Abwägung Landschaftsbild einerseits und Förderung erneuerbarer Energien andererseits zu einer anderen Wertung gelangt ist, als die Vorlage der Verwaltung des Antragsgegners. Denn zuständiges und letztentscheidendes Gremium ist die Verbandsversammlung, die den Teilregionalplan „Erneuerbare Energien“ als Satzung beschlossen hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner die Erholung und das Landschaftsbild bereits unter Punkt 6 berücksichtigt, beschrieben und abgewogen hatte, denn wie bereits ausgeführt, stand es der Verbandsversammlung frei, die Standorte nochmals einer strengeren Beurteilung nach den selbst gewählten Kriterien zu unterwerfen.
54 
e.) Sind demnach die einzelnen Abwägungsschritte nicht zu beanstanden und liegt der Planung ein schlüssiges gesamträumliches Konzept zugrunde, so ist auch das Abwägungsergebnis nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat mit der Ausweisung von vier Vorrangstandorten mit einer Fläche von ca. 2 km² (200 ha) gegenüber der Gesamtfläche des Regionalverbands von 2.137 km² der Windenergienutzung im Plangebiet - noch - in substanzieller Weise Raum geschaffen. Mit dem Ergebnis, dass auf 1 Promille der Fläche die Nutzung der Windenergie möglich ist, überschreitet der Antragsgegner noch nicht die Grenze zur Negativplanung. Er war nicht gehalten, im Hinblick auf dieses Ergebnis die einzelnen Planungsschritte erneut nachzujustieren, auch wenn insbesondere durch Schritt 2 mit dem Ausschluss des gesamten Westrandes des Schwarzwaldes und des Kraichgauer Hügellandes sowie der „großen, unzerschnittenen Räume“ große Teile des Plangebiets von vornherein außer Betracht geblieben sind. Dass an den nunmehr festgelegten Vorrangstandorten auf Grund der Eigentumsverhältnisse vor Ort die Errichtung von Windenergieanlagen möglicherweise nicht zu verwirklichen ist, brauchte der Antragsgegner bei seiner Planungsentscheidung nicht weiter zu berücksichtigen, denn insofern durfte er eine grobe, auf das gesamte Planungsgebiet bezogene Suche durchführen, ohne hierbei die einzelnen Eigentumsverhältnisse an den vorgesehenen Standorten in den Blick zu nehmen. Im Hinblick auf das Abwägungsergebnis ist daher von 4 Vorrangstandorten auszugehen, auf denen insgesamt 18 Anlagen errichtet werden können. Dies kann nicht als rechtswidrig bewertet werden.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
26 
I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
27 
1. Der - fristgerecht erhobene - Antrag ist statthaft, weil es sich bei dem Regionalplan um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt, die nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein kann. Der Regionalplan wurde gemäß § 12 Abs. 7 LplG n.F. als Satzung beschlossen und durch die Veröffentlichung der Erteilung der Genehmigung im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg verbindlich (§ 13 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 LplG n.F.). In der Rechtsprechung ist mittlerweile geklärt, dass in einem Regionalplan enthaltene Ziele der Raumordnung Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sind und vom Zieladressaten zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden können (BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 4 CN 6/03 -, BVerwGE 119, 217 - 229) und dass ihnen nicht mangels Außenwirksamkeit Rechtssatzcharakter abgesprochen werden kann. Ziele der Raumordnung besitzen zwar grundsätzlich keine rechtliche Außenwirkung gegenüber Privaten; ihr Geltungsanspruch richtet sich an öffentliche Planungsträger und Personen des Privatrechts, die raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben vornehmen (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 ROG 1998). Durch die Neufassung des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB haben die raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen indessen einen Bedeutungszuwachs erfahren. Der Gesetzgeber verleiht ihnen mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen und damit auch Rechtswirkung gegenüber Privaten entfalten. Das steht im Einklang mit § 4 Abs. 5 ROG 1998, wonach weitergehende Bindungswirkungen der Erfordernisse der Raumordnung auf Grund von Fachgesetzen unberührt bleiben, und wirkt sich auf das raumordnerische Abwägungsprogramm aus (so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 28.10.2004, NVwZ-RR 2005, 162).
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2. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Das ist hier der Fall. Die Antragsbefugnis ist in den Fällen zu bejahen, in denen der Antragsteller die ernsthafte Absicht dartut, in dem von der Zielfestlegung betroffenen Gebiet eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Windenergieanlagen zu beantragen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4.6.2003, BauR 2003, 1696 - 1701). Dies gilt umso mehr, wenn - wie vorliegend - bereits ein immissionsschutzrechtlicher Antrag gestellt und im Hinblick auf entgegenstehende Ziele der Raumordnung abgelehnt wurde (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 26.11.2002, Sächs.VBl. 2003, 84 - 92 unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.5.1994, NVwZ 1995, 264). Denn in einem solchen Fall gehören die Betriebsinteressen zum notwendigen Abwägungsmaterial des Regionalplans und kann deshalb ein Antragsteller in seinem Recht auf gerechte Abwägung verletzt sein (BVerwG, Urteil vom 5.11.1999, BVerwGE 110, 36 - 40; BVerwG, Urteil vom 24.9.1998, NVwZ 1999, 592 = BVerwGE 107, 215). Hinsichtlich des Windfarmvorhabens „Teufelsmühle“, das nach der Regionalplanung im Ausschlussgebiet liegt, hat die Antragstellerin in Kooperation mit der Firma p. mit der Stadt Gernsbach am 26.5.2003 und mit der Gemeinde Loffenau am 12.5.2003 einen Pachtvertrag für die Dauer von 25 Jahren geschlossen. Davon abgesehen, dass der Pachtvertrag zur Nutzung der Flächen auf Gernsbacher Gemarkung für die Errichtung von Windenergieanlagen, die den Raumordnungszielen des angefochtenen Regionalplans widersprechen würden, nach wie vor Bestand hat und deshalb schon aus diesem Grunde die Antragsbefugnis gegeben ist, ist es auch unschädlich, dass die Gemeinde Loffenau entsprechend des Beschlusses des Gemeinderats vom 20.7.2004 mittlerweile vom Vertrag zurückgetreten ist. Denn zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 19.4.2004 hätten die Interessen der Antragstellerin auch im Hinblick auf die Standorte in der Gemeinde Loffenau als abwägungsbeachtlicher Belang in die Abwägung eingestellt werden müssen, woraus sich auch in Bezug auf diese Standorte ihre Antragsbefugnis ergibt.
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3. Es fehlt auch nicht am Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin. Zum Einen ist es nach ihrem Vortrag im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren im Widerspruchsschreiben vom 5.10.2004 nicht ausgeschlossen, dass die Gemeinde Loffenau zum erneuten Abschluss eines Nutzungsvertrags bereit ist, sollte es der Antragstellerin gelingen, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erstreiten. Zum Anderen haben die Betreiberfirmen auch ein Interesse an der Verwirklichung der drei auf Gernsbacher Gemarkung geplanten Windkraftanlagen dargetan.
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II. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Teilregionalplan verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
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1. Unschädlich ist, dass die 4. Anhörung nicht durch Beschluss des Planungsausschusses oder der Verbandsversammlung eingeleitet, sondern von der Verwaltung veranlasst wurde. Denn das Landesplanungsgesetz enthält keine Vorschrift darüber, wer das Anhörungsverfahren einzuleiten hat.
32 
Verfahrensfehlerhaft ist indessen, dass der Antragsgegner die 4. Anhörung nur noch beschränkt auf die durch die Änderung betroffenen Kommunen und Planungsträger sowie die Firma p. und damit nicht entsprechend § 12 Abs. 3 LplG i.d.F. vom 10.7.2003, zuletzt geändert am 14.12.2004 - n.F. - durchgeführt hat. Diese Vorschrift, nach der eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben ist, ist nach Art. 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes und anderer Gesetze vom 8.5.2003 (GBl. S. 205 und 213; Berichtigung S. 320) auf den angefochtenen Regionalplan bereits anzuwenden. Danach können bei Inkrafttreten dieses Gesetzes laufende Verfahren zur Aufstellung, Fortschreibung oder sonstigen Änderungen eines Regionalplans nach den bisher geltenden Vorschriften weitergeführt werden. Sie sind innerhalb eines Jahres, beginnend am 20.5.2003, abzuschließen. Die Verbandsversammlung des Antragsgegners hat zwar den Regionalplan am 19.4.2004 und damit noch vor Ablauf eines Jahres seit Inkrafttreten des Landesplanungsgesetzes n.F. als Satzung beschlossen. Ein Verfahren ist indessen erst mit dem letzten Verfahrensschritt „abgeschlossen“, nämlich hier mit der Veröffentlichung der Genehmigung im Staatsanzeiger (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB zu § 244 RdNr. 23).
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Hätte danach eine umfassende, den Anforderungen des § 12 LplG n.F. entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden müssen, so ist dieser Verfahrensfehler jedoch nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 LplG n.F. unbeachtlich. Denn nach dieser Vorschrift ist es für die Rechtswirksamkeit eines Regionalplans unerheblich, wenn die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen ist. Diese Verknüpfung von Verfahrensvorschriften mit der Abwägung ist in dieser Form neu und den Planerhaltungsvorschriften des Baugesetzbuches fremd. Vorliegend kann indessen offen bleiben, ob auch für die Regionalplanung die im Baurecht entwickelten Grundsätze Anwendung finden, d.h. ob diese nur dann zur Unwirksamkeit des Planes führen, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass das Ergebnis ohne den Mangel anders ausgefallen wäre. Denn es sprechen folgende Gründe dafür, dass die nicht der Vorschrift des § 12 LplG n.F. entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung auf das Abwägungsergebnis ohne Folgen war: Zum Einen hat der Antragsgegner bei der 4. Anhörung eine Öffentlichkeitsbeteiligung nicht völlig unterlassen, sondern die betroffenen Kommunen und Planungsträger sowie die Betreiberfirma p. angehört. Zum Anderen ist anläßlich der 2. und 3. Anhörung eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt, bei der zahlreiche Einwendungen eingegangen sind. Zwar wurde vor der 4. Anhörung die Zahl der vorgesehenen Vorrangstandorte noch einmal nahezu halbiert, jedoch ist nicht erkennbar, was hierzu seitens einer zu beteiligenden Öffentlichkeit noch hätte vorgetragen werden können, das nicht schon Gegenstand der Erörterungen gewesen war. Vor allem ist davon auszugehen, dass die Verbandsversammlung des Antragsgegners trotz weiterer Stellungnahmen seitens einer etwa beteiligten Öffentlichkeit an der vorgesehenen Reduktion der Vorrangstandorte festgehalten hätte. Denn die Verbandsversammlung war mehrheitlich ersichtlich zur Reduktion der Vorrangstandorte fest entschlossen, was allein der Umstand zeigt, dass sie entgegen der Vorlage der eigenen Verwaltung und trotz deren Warnung, die Grenze zur Negativplanung nicht zu überschreiten, an ihrem letztlich beschlossenen Konzept festgehalten hat.
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2. Der Regionalplan ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
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a.) Maßgebliche Rechtsgrundlage ist vorliegend § 11 Abs. 3 LplG n.F.. Dort heißt es: Soweit es für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich ist (Regionalbedeutsamkeit), enthält der Regionalplan Festlegungen zur anzustrebenden Siedlungsstruktur, zur anzustrebenden Freiraumstruktur und zu den zu sichernden Standorten und Trassen für die Infrastruktur der Region. Dazu sind im Regionalplan nach § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 LplG n.F. Standorte und Trassen für Infrastrukturvorhaben, insbesondere Gebiete für Standorte regionalbedeutsamer Windkraftanlagen festzulegen. Nach § 11 Abs. 7 kann der Regionalplan diese Festlegungen grundsätzlich in der Form von Vorranggebieten, Vorbehaltsgebieten sowie Ausschlussgebieten treffen; Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen nach Abs. 3 Satz 2 Nr. 11 müssen indessen als Vorranggebiete, die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete festgelegt werden, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen nicht zulässig sind. Der Ermächtigungsgrundlage des § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. (gleichlautend: § 8 Abs. 3 Ziff. 11 LplG a.F.) für die Festlegung von „Zielen mit negativ-planerischer Funktion“ bedarf es, denn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vermag die erforderliche raumordnungsrechtliche Ermächtigung zur Festlegung von Konzentrationsflächen nicht zu ersetzen (BVerwG, Urteil vom 13.3.2003, NVwZ 2003, 738).
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b.) Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1, 2.HS LplG n.F., die den Regionalverbänden die Verpflichtung auferlegt, im Hinblick auf die Festlegung von Standorten für die Windenergienutzung nur Vorranggebiete und Ausschlussgebiete und keine Vorbehaltsgebiete festzulegen, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht verfassungswidrig. Die Ausweisung von Vorbehalts- und Ausschlussgebieten hat zur Folge, dass sowohl für betroffene Gemeinden als auch für Private verbindliche Festlegungen getroffen werden. Zweifelsohne wird mit der Ausweisung der Standorte für die in § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. genannten Vorhaben in die zum gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht gehörende Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) eingegriffen, da die Gemeinden durch § 4 Abs. 1 LplG n.F., § 1 Abs. 4 BauGB verpflichtet sind, diese Ausweisung als Ziele der Raumordnung und Landesplanung bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten und ihre Bauleitpläne an sie anzupassen. Das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln, steht den Gemeinden jedoch nur „im Rahmen der Gesetze“ zu. Seine nähere Ausgestaltung ist daher dem Gesetzgeber überlassen. Gesetzlichen Eingriffen sind allerdings Grenzen gesetzt: Sie dürfen den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie nicht antasten und haben außerhalb des Kernbereichs den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Willkürverbot zu beachten (BVerfG, Beschluss vom 23.6.1987 - 2 BvR 826/83 -, BVerfGE 76, 107, 119 f.; Beschluss vom 7.10.1980 - 2 BvR 584/76 -, BVerfGE 56, 298, 313 f.; VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 - 8 S 2477/99 -).
37 
Ob und inwieweit die Planungshoheit zu dem unantastbaren Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie gehört, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung offen gelassen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 23.6.1987, a.a.O., S. 118 f.; Beschluss v. 7.10.1980, a.a.O., S. 312 f.; ebenso VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 a.a.O.). Auch vorliegend kann diese Frage offen bleiben, denn ein etwaiger mit der gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben verbundener Eingriff in die kommunale Planungshoheit ist durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.5.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 191). Insgesamt beurteilen sich danach die Zulässigkeit und Grenzen gebietsscharfer Standortentscheidungen stets nach der Aufgabenstellung der Raumordnungsplanung sowie - im Hinblick auf die kommunale Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) - nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in mehrstufigen Planungsprozessen. Innerhalb dieses rechtlichen Rahmens darf der Landesgesetzgeber einen Träger der Regionalplanung zur gebietsscharfen Ausweisung von Infrastrukturvorhaben ermächtigen, soweit die vorstehend dargelegten verfassungsrechtlichen Grenzen nicht überschritten werden.
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Die in § 11 Abs. 3 Nr. 11 i.V.m. Abs. 7 Satz 1, 2. HS LplG n.F. getroffene Regel beachtet diese Grundsätze. Der mit ihr verbundene Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit ist durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht gerechtfertigt. Ausweislich der Begründung zur Neufassung des Landesplanungsgesetzes (LT-Drs. 13/1883) sollte mit dem Gesetz der Anpassungsverpflichtung des § 22 ROG 1998 nachgekommen und eine Anpassung an das Raumordnungsgesetz des Bundes erreicht werden. Die Begründung zu der Neufassung des § 8, jetzt § 11 LplG n.F., lautet dementsprechend, dass die Neufassung zur Anpassung der bisherigen Regelung an § 7 ROG erfolgt. In dieser Bestimmung enthalte das Rahmenrecht des Bundes erstmals Vorgaben für den Inhalt insbesondere der Regionalpläne. Die Neufassung bringe keine Erweiterung der regionalen Planungskompetenz über die Vorgaben des Raumordnungsgesetzes hinaus. Sie schaffe im Wesentlichen nur die konkretisierte Rechtsgrundlage für die bestehende, auf die regionalen Entwicklungserfordernisse abgestimmte, bewährte Planungspraxis in Baden-Württemberg. Im Rahmen der Kompetenz für die Festlegung von Standorten für Infrastrukturvorhaben sei die Festlegung von Standorten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen von besonderer Bedeutung. Die Kompetenz zur Festlegung von Vorranggebieten für regionalbedeutsame Windkraftanlagen sei nach Abs. 7 Satz 1 Hs. 2 ROG unlösbar mit der Verpflichtung verbunden, regionsweit flächendeckend die übrigen Gebiete als Ausschlussgebiete festzulegen, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen unzulässig seien. Seien die Voraussetzungen der Raumbedeutsamkeit zu bejahen, seien in der Regel Standortfestlegungen des Regionalplans für die Entwicklung und Ordnung der räumlichen Struktur der Region erforderlich. Durch die Verpflichtung zur kombinierten Festlegung könnten die Regionalverbände einer ungeordneten oder ausschließlich durch örtliche Interessen bestimmten Nutzung der Windenergie entgegenwirken. Für die Standorte von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen sei die Kombination von Vorranggebieten und Ausschlussgebieten gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Durch diese Kombination werde bei der Nutzung der Windenergie erreicht, dass in allen Regionen auf Grund einer regionsweiten Prüfung die Standorte festgelegt würden, in denen eine vor allem landschaftsverträgliche Nutzung der Windenergie möglich sei, und zugleich die Gebiete bestimmt wurden, in denen die Aufstellung von regionalbedeutsamen Windkraftanlagen unzulässig sei. Durch die regionsweite flächendeckende Standortplanung werde ein einheitliches Konzept verwirklicht und letztlich eine „Verspargelung“ der Landschaft vermieden (LT-Drs. 13/1883, S. 35/36).
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Diese Erwägungen rechtfertigen die Beschränkung der gemeindlichen Planungshoheit. Die Belange der Gemeinden werden dadurch hinreichend gewahrt, dass § 12 Abs. 2 Nr. 1 LplG n.F. vor der gebietsscharfen Ausweisung eines Standortes für ein regionalbedeutsames Vorhaben zu einer umfassenden Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange verpflichtet, soweit diese Ausweisung für nachfolgende Planungsentscheidungen bindend ist (vgl. Runkel in: Bielenberg/Erbguth/Runkel, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, § 3 RdNr. 56 ff., 74). Im Rahmen des so genannten Gegenstromprinzips sind in dieser Abwägung auch die Vorstellungen der betroffenen Gemeinde über die Nutzung des für das Vorhaben vorgesehenen Bereichs zu berücksichtigen (vgl. die rahmenrechtlichen Vorgaben in § 7 Abs. 7 und § 9 Abs. 2 S. 2 ROG). § 12 Abs. 2 Nr. 1 LplG n.F. verlangt dementsprechend, dass bei der Ausarbeitung der Regionalpläne außer den anderen Planungsträgern auch die Gemeinden und die übrigen Träger der Bauleitplanung zu beteiligen sind, soweit sie in ihren Aufgaben berührt sind. Hierdurch wird ihnen die Möglichkeit eröffnet, auf die Regionalplanung Einfluss zu nehmen und ihre eigenen Planungsvorstellungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 - 4 NB 20.91 -, BVerwGE 90, 329, 335 = PBauE § 1 Abs. 4 BauGB Nr. 1; vgl. auch VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 19.12.2000 a.a.O.).
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Eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, denn die Ausweisung von Vorrangstandorten für Windenergieanlagen hat zum Einen überregionale Bedeutung, und wirkt sich auch außerhalb des Planungsgebiets einer Gemeinde aus. Zum Anderen hat bereits der Bundesgesetzgeber in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorgesehen, dass auch der Regionalplanung das Recht eingeräumt wird, durch verbindliche Festlegungen mit Zielwirkung die Ausschlusswirkung für das übrige Plangebiet zu bewirken. Da diese Wirkung durch die Festlegung von Vorbehaltsgebieten nicht erreicht werden kann, kann es dem Landesgesetzgeber nicht verwehrt sein, von vornherein den Regionalverbänden die Aufgabe zuzuweisen, bei ihrer Planung nur Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen. Im Übrigen zeigt auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Regionalplänen, in denen Vorbehalts-, Vorrang- und Ausschlussgebiete festgelegt wurden, die Schwierigkeiten auf, in diesen Fällen die Frage zu beurteilen, ob in dem entsprechenden Planungsraum der Windkraft die von der Rechtsprechung geforderte Chance eingeräumt wurde und Standorte ausgewiesen wurden, die substanziell von einigem Gewicht sind. Im Übrigen werden durch die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 11 LplG n.F. lediglich raumbedeutsame Anlagen erfasst. Für sonstige Anlagen verbleibt es bei der Planungshoheit der Gemeinde.
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Auch im Hinblick auf Art. 12 und 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 17.12.2002 und 13.3.2003 (4 C 15.01, NVwZ 2003, 733 und 4 C 4.02, NVwZ 2003, 738) bereits festgehalten, dass der Gesetzgeber den raumordnerischen Konzentrationsentscheidungen mit der Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB über ihren raumordnungsrechtlichen Wirkungsbereich hinaus die Bindungskraft von Vorschriften verleiht, die Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG näher bestimmen. In die Abwägung sind alle öffentlichen und privaten Belange einzustellen, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene (Landes- oder Regionalplanung) erkennbar und von Bedeutung sind (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 2 ROG 1998). Bei der Festlegung von Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung für die Windenergienutzung gehören zum Abwägungsmaterial auch die privaten Belange der Eigentümer von zur Windenergienutzung geeigneten Flächen. Die Aufgaben der Raumordnung als einer zusammenfassenden, übergeordneten Planung, ihre weiträumige Sichtweise und ihr Rahmencharakter berechtigen den Planungsträger allerdings dazu, das Privatinteresse an der Nutzung der Windenergie auf geeigneten Flächen im Planungsraum verallgemeinernd zu unterstellen und als typisierte Größe in die Abwägung einzustellen. Dabei darf der Träger der Regionalplanung berücksichtigen, dass die Privatnützigkeit der Flächen, die von der Ausschlusswirkung der Konzentrationsentscheidung erfasst werden, zwar eingeschränkt, aber nicht beseitigt wird. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine möglicherweise rentablere Nutzung seines Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (BVerfGE 100, 226<242 f.>). Die Ausschlusswirkung der in einem Regionalplan festgelegten Vorranggebiete steht einem gebietsexternen Windenergievorhaben überdies nicht strikt und unabdingbar, sondern nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (nur) "in der Regel" entgegen. Der Planungsvorbehalt steht also unter einem gesetzlichen "Ausnahmevorbehalt", der die Möglichkeit zur Abweichung in atypischen Einzelfällen eröffnet (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.) Dieser "Ausnahmevorbehalt" stellt ein Korrektiv dar, das unverhältnismäßigen (unzumutbaren) Beschränkungen des Grundeigentümers in Sonderfällen vorbeugt, ohne dass die Grundzüge der Planung in Frage gestellt werden. Diese Grundsätze berechtigen auch vorliegend den Landesgesetzgeber, den Regionalverbänden die Pflicht zur Planung aufzuerlegen mit der Vorgabe, nur Vorrang- und Ausschlussgebiete festzulegen.
42 
c.) Die Festlegung der Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung als Ziele der Raumordnung genügt auch dem für Ziele der Raumordnung geltenden Gebot der Erforderlichkeit (BVerwG, Beschluss vom 7.2.2005 - 4 BN 1.05 -; vgl. auch BVerwGE 118, 181 <187, 189>, Gaentzsch, in: Berliner Komm. zum BauGB, § 1 RdNr. 32, 35; Gierke/Brügelmann, BauGB, § 1 RdNr. 381). Zu § 1 Abs. 3 BauGB hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 17.12.2002 (a.a.O.) ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit u.a. eine Planungsschranke für den Fall aufgerichtet habe, dass sich eine Planung als nicht vollzugsfähig erweise, weil ihr auf unabsehbare Zeit unüberwindbare rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB setzt eine Darstellung voraus, bei der eine positive Standortzuweisung mit einer Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet verknüpft wird. Das mit dieser Regelung verfolgte Ziel wird von vornherein verfehlt, wenn die Fläche, die für die vorgesehene Nutzung zur Verfügung stehen soll, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für eine Windenergienutzung schlechthin ungeeignet ist. Anders als Bauleitpläne müssen Ziele der Raumordnung nicht aus städtebaulichen Gründen (§ 1 Abs. 3 BauGB), sondern aus überörtlichen Raumordnungsinteressen erforderlich sein. Auch ihnen fehlt jedoch die Erforderlichkeit, wenn ihrer Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen (BVerwG, Beschluss vom 7.2.2005, a.a.O.).
43 
aa) Aus tatsächlichen Gründen muss die Fläche, die der Errichtung von Windenergieanlagen vorbehalten ist, nicht so beschaffen sein, dass sie eine bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Es reicht aus, wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben ist. Im vorliegenden Fall war zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung für die Standorte Nr. 1 „Armenberg“ (Östringen) und Nr. 2 „Pfaffengrund“ (Kraichtal) mit einer Windgeschwindigkeit von jeweils 4,2 m/sec. und damit einer ausreichenden Windgeschwindigkeit zu rechnen. Auf nachfolgende Entwicklungen kommt es jedenfalls im Hinblick auf die Erforderlichkeit, vergleichbar der Erforderlichkeit für Bebauungspläne nach § 1 Abs. 3 BauGB, nicht an.
44 
bb) Ein rechtliches Hindernis steht den festgelegten Vorrangflächen nicht entgegen, obwohl diese zum Teil in Landschaftsschutzgebieten und Naturschutzgebieten liegen. Denn von den Verbotsvorschriften, die sich in naturschutzrechtlichen Regelungen finden, kann unter Beachtung bestimmter gesetzlicher Vorgaben eine Befreiung gewährt werden. Zeichnet sich die Erteilung einer Befreiung für die Zukunft ab, weil eine Befreiungslage objektiv gegeben ist und einer Überwindung der Verbotsregelung auch sonst nichts im Wege steht, so darf der Plangeber dies im Rahmen der Prognose, vergleichbar der nach § 1 Abs. 3 BauGB gebotenen Erforderlichkeitsprüfung, berücksichtigen. Ein gewichtiges Indiz bildet hierfür die Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, a.a.O.). Vorliegend hat der Antragsgegner für die in Betracht kommenden Vorbehaltsgebiete jeweils eine entsprechende Stellungnahme der zuständigen Naturschutzbehörde eingeholt.
45 
d.) Die windenergiebezogene Teilfortschreibung des angefochtenen Regionalplans erfüllt auch die rechtlichen Anforderungen an Ziele der Raumordnung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2002 (a.a.O.) aufgestellt hat.
46 
Danach bedingen die negative und die positive Komponente der festgelegten Konzentrationszonen einander. Der Ausschluss der Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird. Die Abwägung aller beachtlichen Belange muss sich auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte erstrecken. Eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen hat, ist der gesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen. Eine gezielte (rein negative) "Verhinderungsplanung" ist dem Plangeber jedoch verwehrt. Er muss die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F.), beachten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substanzieller Weise Raum schaffen. Nur auf diese Weise kann er den Vorwurf einer unzulässigen „Negativplanung“ entkräften. Wo die Grenze zur unzulässigen „Negativplanung“ verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Ob diese Grenze überschritten ist, kann nur angesichts der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum entschieden werden. Dabei kann die Sperrung eines oder mehrerer Außenbereiche für die Windenergienutzung aus Sicht des Regionalplans, welcher der großräumigen Entwicklung verpflichtet ist, gerechtfertigt sein, um die Errichtung von Windkraftanlagen im Planungsraum zu steuern. Eine "Verhinderungsplanung" liegt nicht schon dann vor, wenn die Festlegung von Konzentrationsflächen im Ergebnis zu einer Art Kontingentierung der Anlagenstandorte führt.
47 
Dabei sind Abwägungen bei der Erstellung von Raumordnungsplänen an ähnlichen Maßstäben zu messen wie Abwägungen in der Bauleitplanung. Es muss überhaupt eine Abwägung stattfinden, es ist an Belangen einzustellen, was nach Lage der Dinge zu berücksichtigen ist, diese Belange sind zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Bei der Aufstellung eines Raumordnungsplanes müssen sowohl die betroffenen gemeindlichen Planungsbelange eingestellt wie auch die Belange betroffener Privater in der Abwägung berücksichtigt werden. Mit welcher Detailgenauigkeit diese Belange in die Abwägung einzustellen sind, hängt davon ab, ob ein Plansatz strikte Bindungswirkung haben wird oder ob bei seiner Anwendung Nachkorrekturen möglich sind. Eine solche strikte Bindung kommt insbesondere für die Negativwirkung von Raumordnungszielen über § 35 Abs. 3 Satz 2, 1. HS. BauGB in Betracht (vgl. hierzu OVG Greifswald, Urteil vom 7.9.2000, NVwZ-RR 2001, 565; OVG Lüneburg, Urteil vom 28.10.2004, NVwZ-RR 2005, 162). Dies bedeutet, dass das in die Abwägung einzustellende Abwägungsmaterial je nach Grad der Konkretheit der raumordnungsrechtlichen Zielbestimmung in unterschiedlichem Maße einzelne Belange zusammenfassend und vergröbert darstellen darf. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass bei einer abschließenden konkreten raumordnungsrechtlichen Zielsetzung, die für die Fachplanung verbindliche Ausschlusswirkungen hervorruft, die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials und der Abwägungsvorgang selbst sich den Anforderungen an die Abwägung bei Fachplanungen annähert. Das Maß der Abwägung muss daher für die einzelnen raumordnerischen Festlegungen jeweils konkret ermittelt werden (OVG Greifswald, Urteil vom 7.9.2000, a.a.O.). § 3 Nr. 2 ROG n.F. enthält eine Definition der Ziele der Raumordnung, wonach es sich dabei um verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes handelt. Die Festlegung der Vorrangstandorte und der Ausschlussgebiete im angefochtenen Raumordnungsplan sind daher Ziele der Raumordnung in dem Sinne, dass damit verbindlich Standortentscheidungen getroffen werden, welche die Fachbehörde binden und dieser keine Entscheidungsspielräume mehr einräumen.
48 
Nach diesen Grundsätzen ist der Abwägungsvorgang vorliegend nicht zu beanstanden.
49 
aa) Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Regionalplan am 19.4.2003 sah die Regelung des EEG keine Beschränkung der Abnahmeverpflichtung hinsichtlich einer bestimmten Windhöffigkeit vor. Zwar hatte der Bundesrat in seiner Sitzung am 14.5.2004 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 2.4.2004 verabschiedeten Gesetz zur Neuregelung des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich den Vermittlungsausschuss anzurufen, um eine Kappungsgrenze einzuführen. Netzbetreiber sollten nicht verpflichtet sein, Strom aus Anlagen zu vergüten, für die nicht vor Inbetriebnahme nachgewiesen sei, dass sie an dem geplanten Standort mindestens 65 von 100 des Referenzertrages erzielen könnten mit dem Ziel, die Errichtung von Windenergieanlagen an schlechten Standorten im Binnenland nicht durch das EEG voranzubringen (BT-Drs. 15/3162, S. 2 rechte Spalte). Diese Entwicklung musste der Antragsgegner jedoch nicht berücksichtigen. Nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB, dessen Rechtsgedanke auch für die Beschlussfassung über Regionalpläne herangezogen werden kann, ist für die Abwägung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Regionalplan maßgeblich, hier also der 19.4.2004. Zu diesem Zeitpunkt sah die Regelung des EEG keine Abhängigkeit der Abnahmeverpflichtung von einer bestimmten Windhöffigkeit vor. Dem entsprach auch die Tischvorlage zur Sitzung vom 19.4.2004. Andererseits ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dieser Grundsatz nicht ausnahmslos gilt. Ändern sich zwischen der Abwägungsentscheidung und dem Inkrafttreten des Bauleitplans die abwägungsrelevanten Umstände so gravierend, dass sich das Abwägungsergebnis trotz eines korrekten Abwägungsvorgangs nachträglich als untragbar erweist, ist eine Neubewertung der Entscheidung zwingend. Denn auch im Zeitpunkt seines Inkrafttretens muss ein Bauleitplan noch den Anforderungen des § 1 Abs. 6 BauGB entsprechen. Die Gemeinde bzw. der Plangeber ist daher gehalten, den bereits beschlossenen Plan bis zu seiner Bekanntmachung nicht völlig aus den Augen zu verlieren. Nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verschiebt sich daher bei einer wesentlichen Veränderung der Sach- und Rechtslage und damit einhergehend der abwägungserheblichen Belange der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Bauleitplans auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens (vgl. BVerwGE 56, 283/288; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, RdNr. 132 f.; Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, RdNr. 44 zu § 214, BayVGH, Beschluss vom 10.4.2003, BayVBl. 2003, 568 m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt auch für Regionalpläne. Auf Grund der Anrufung des Vermittlungsausschusses musste der Antragsgegners zwar in Betracht ziehen, dass wieder eine Kappungsgrenze für windarme Standorte in das Gesetzgebungsvorhaben eingefügt werden würde, indessen war er nicht gehalten, den ungewissen Ausgang des Vermittlungsverfahrens abzuwarten und das Inkrafttreten des Regionalplans zunächst nicht weiter zu betreiben. Vielmehr ist hier allein formal darauf abzustellen, dass jedenfalls zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Regionalplans am 7.6.2004 ein EEG, das die Förderung von einer bestimmten Windhöffigkeit abhängig macht, noch nicht in Kraft war.
50 
bb) Dem Teilregionalplan liegt ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde. Die sieben Schritte, mit denen der Antragsgegner in einem Suchlauf Ausschlussflächen ermittelt hat, sind nicht zu beanstanden. Denn in zulässiger Weise hat der Antragsgegner im zweiten Schritt unter dem Gesichtspunkt „regionalprägender und identitätsstiftender Landschaftsformen mit hoher visueller Verletzbarkeit und mit hoher Fernwirkung“ den gesamten Westrand des Schwarzwaldes und des Kraichgauer Hügellandes ausgeschlossen. Hierbei hat er mit Hilfe von Höhenprofilen, die für repräsentative Sichtachsen von den Gebirgsräumen zum Rheintal gebildet worden sind, die Abgrenzung nach Osten hin vorgenommen. Ergab ein Höhenprofil, dass die Referenzanlage mit einer Gesamthöhe von 133 m vom Rheintal aus sichtbar ist und die Distanz vom Rheintal aus weniger als 10 km beträgt, wurde der Gebirgsbereich als Ausschlussgebiet definiert. Denn bis zu einer Entfernung von 10 km sei, sofern die Anlage nicht sichtverschattet ist, bei raumbedeutsamen Windkraftanlagen mit erheblichen Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds zu rechnen. Die Wahl dieses Kriteriums als Ausschlusskriterium, liegt im planerischen Ermessen des Antragsgegners und ist nicht zu beanstanden. Dabei war der Antragsgegner auch nicht gehalten, etwa in dem Bereich, in dem die Autobahn A 8 diesen Bereich schneidet, im Hinblick auf eine etwaige Vorbelastung eine geringere Schutzwürdigkeit anzunehmen und von diesem Kriterium eine Ausnahme zu machen, denn einem Regionalverband ist es als Plangeber gestattet, im Hinblick auf die eine gesamte Region erfassende Planung zunächst einen gröberen und pauschaleren Maßstab anzulegen. Insoweit hat der Antragsgegner nach Durchführung des Suchlaufs noch einmal überprüft, welche Standorte bei Wegfall dieses Kriteriums zusätzlich in Betracht gekommen wären, hat im Einzelfall eine Prüfung im Hinblick auf die Sichtbarkeit der Standorte von der Rheinebene aus vorgenommen und unter diesem Gesichtspunkt die Standorte erneut ausgeschlossen. Dieses differenzierte Vorgehen ist nicht zu beanstanden.
51 
cc) Gleichfalls nicht zu beanstanden ist, dass der Antragsgegner als weiteres Kriterium im zweiten Schritt des Suchlaufs „große unzerschnittene Räume mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ als Ausschlusskriterium gewählt hat. Nach Aussage des als amtliche Auskunftsperson in der mündlichen Verhandlung angehörten Mitarbeiters der Landesanstalt für Umweltschutz handelt es sich bei diesen „großen unzerschnittenen Räumen mit hoher Eignung für die landschaftsgebundene, stille Erholung“ um sogenannte „Filet-Stücke“ des Naturschutzes, die unabhängig von einer zerschneidenden Wirkung einer Windenergieanlage möglichst von jedweden Eingriffen freigehalten werden sollen. Von den in Baden-Württemberg befindlichen sechs derartigen Räumen liegen zwei Räume im Planungsgebiet des Antragsgegners. Auch insoweit hält sich die Entscheidung, dieses Kriterium als Ausschlusskriterium festzulegen, im Rahmen des planerischen Ermessens des Antragsgegners.
52 
dd) Dementsprechend liegt auch kein Abwägungsmangel darin, dass der von der Antragstellerin favorisierte Standort „Teufelsmühle“ von vornherein nie Bestandteil der Überlegungen des Antragsgegners zur Auswahl der Vorrangstandorte gewesen ist. Zu Recht hat der Antragsgegner den Standort „Teufelsmühle“ im Hinblick auf seine Lage in einem „großen unzerschnittenen Raum“ abgelehnt. Im Übrigen ist auch dieser Standort im Nachhinein noch einmal daraufhin überprüft worden, ob er wegen seiner Lage in der Randzone dieses unzerschnittenen Raums dennoch in Betracht gezogen werden kann. Jedoch ist er im Hinblick auf seine Exponiertheit im konkreten Einzelfall wiederum abgelehnt worden, wie der Vertreter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung bekundet hat. Auch dies ist nicht zu beanstanden.
53 
ee) Schließlich war es dem Planungsausschuss des Antragsgegners nicht verwehrt, mittels einer Ortsbesichtigung die nach der 3. Anhörung verbliebenen neun Standorte zu besichtigen und jeden Einzelfall einer konkreten Bewertung zu unterziehen. Nicht zu beanstanden ist insofern auch, dass der Planungsausschuss und ihm folgend später die Verbandsversammlung im Hinblick auf die Abwägung Landschaftsbild einerseits und Förderung erneuerbarer Energien andererseits zu einer anderen Wertung gelangt ist, als die Vorlage der Verwaltung des Antragsgegners. Denn zuständiges und letztentscheidendes Gremium ist die Verbandsversammlung, die den Teilregionalplan „Erneuerbare Energien“ als Satzung beschlossen hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner die Erholung und das Landschaftsbild bereits unter Punkt 6 berücksichtigt, beschrieben und abgewogen hatte, denn wie bereits ausgeführt, stand es der Verbandsversammlung frei, die Standorte nochmals einer strengeren Beurteilung nach den selbst gewählten Kriterien zu unterwerfen.
54 
e.) Sind demnach die einzelnen Abwägungsschritte nicht zu beanstanden und liegt der Planung ein schlüssiges gesamträumliches Konzept zugrunde, so ist auch das Abwägungsergebnis nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat mit der Ausweisung von vier Vorrangstandorten mit einer Fläche von ca. 2 km² (200 ha) gegenüber der Gesamtfläche des Regionalverbands von 2.137 km² der Windenergienutzung im Plangebiet - noch - in substanzieller Weise Raum geschaffen. Mit dem Ergebnis, dass auf 1 Promille der Fläche die Nutzung der Windenergie möglich ist, überschreitet der Antragsgegner noch nicht die Grenze zur Negativplanung. Er war nicht gehalten, im Hinblick auf dieses Ergebnis die einzelnen Planungsschritte erneut nachzujustieren, auch wenn insbesondere durch Schritt 2 mit dem Ausschluss des gesamten Westrandes des Schwarzwaldes und des Kraichgauer Hügellandes sowie der „großen, unzerschnittenen Räume“ große Teile des Plangebiets von vornherein außer Betracht geblieben sind. Dass an den nunmehr festgelegten Vorrangstandorten auf Grund der Eigentumsverhältnisse vor Ort die Errichtung von Windenergieanlagen möglicherweise nicht zu verwirklichen ist, brauchte der Antragsgegner bei seiner Planungsentscheidung nicht weiter zu berücksichtigen, denn insofern durfte er eine grobe, auf das gesamte Planungsgebiet bezogene Suche durchführen, ohne hierbei die einzelnen Eigentumsverhältnisse an den vorgesehenen Standorten in den Blick zu nehmen. Im Hinblick auf das Abwägungsergebnis ist daher von 4 Vorrangstandorten auszugehen, auf denen insgesamt 18 Anlagen errichtet werden können. Dies kann nicht als rechtswidrig bewertet werden.
55 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
56 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Sonstige Literatur

 
57 
Rechtsmittelbelehrung
58 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
59 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
60 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
61 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
62 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
63 
Beschluss
64 
Der Streitwert wird auf 30.000,-- EUR festgesetzt (§ 13 Abs. 1 GKG a.F.).
65 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Widerruf einer betrieblichen Altersversorgung über eine Unterstützungskasse.

I.

2

Die Beschwerdeführerin zu 2) betreibt eine Spinnerei. Sie gewährt ihren Arbeitnehmern betriebliche Altersversorgung über die Beschwerdeführerin zu 1) als Unterstützungskasse, deren Trägerin sie - die Beschwerdeführerin zu 2) - ist.

3

Der am 2. Juli 1929 geborene Kläger des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Versorgungsempfänger) war vom 26. April 1965 bis zum 17. September 1982 bei der Beschwerdeführerin zu 2) beziehungsweise deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war mit einer Versorgungszusage über die Beschwerdeführerin zu 1) beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin unterlegt. Die Beschwerdeführerin zu 1) zahlte an den Versorgungsempfänger eine Betriebsrente ab dem 1. August 1988 in Höhe von ursprünglich 61,00 DM, später 31,19 €. Das entsprechende Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin zu 1) vom 23. November 1988 verweist auf eine Freiwilligkeit der Rentenzahlungen und deren jederzeitige Änderungsmöglichkeit sowie einen Widerrufsvorbehalt.

4

Die Satzung der Beschwerdeführerin zu 1) lautet in der Fassung vom 27. Oktober 2000 wie folgt:

5

(…)

6

  § 2 Zweck des Vereins 

7

Zweck des Vereins ist:

8

(…)

9

(3) die freiwillige einmalige, wiederholte oder laufende Unterstützung von Betriebsangehörigen der Firma T… GmbH und deren Angehörige bei Hilfsbedürftigkeit, Dienstunfähigkeit und im Alter.

10

(…)

11

  § 4 Vereinsvermögen 

12

(1) Die Erfüllung der Zwecke des Vereins sollen durch Zuwendungen seitens der Firma T… GmbH und durch Erträge hieraus ermöglicht werden. Der Betrieb beabsichtigt, soweit die finanzielle Lage es gestattet, jährliche Zuwendungen an den Verein zu machen, die jedoch freiwilliger Art sind. Die Zuwendungen des Betriebs an den Verein sind unwiderruflich. Ein Forderungsrecht besteht nicht.

13

(…)

14

  § 6 Leistungen 

15

(1) Der Verein gewährt Altersrenten, Witwenrenten und einmalige Beihilfen in Fällen besonderer Not- lage.

16

(2) Die Höhe der Leistungen richtet sich nach der jeweiligen Kassenlage und den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen der Leistungsempfänger. Die Leistungen dürfen die steuerlichen Höchstbeträge nicht überschreiten.

17

(3) Der Vorstand stellt jeweils nach Anhörung des Ausschusses die Richtlinien auf, nach denen die Leistungen des Vereins gewährt werden (Leistungsplan). Der Leistungsplan bedarf der Zustimmung der in § 4 Abs. 1 genannten Firmen.

18

  § 7 Freiwilligkeit der Leistungen 

19

(1) Die Leistungsempfänger haben keinen Rechtsanspruch auf Leistungen des Vereins. Auch durch wiederholte oder regelmäßige Leistungen kann weder ein Rechtsanspruch gegen den Verein noch gegen die in § 4 Abs. 1 genannten Firmen begründet werden. Alle Zahlungen erfolgen freiwillig mit der Möglichkeit jederzeitigen Widerrufs.

20

(2) Jeder Leistungsempfänger hat eine schriftliche Erklärung mit folgendem Wortlaut abzugeben:

21

'Es ist mir bekannt, dass alle Leistungen der Unterstützungskasse der T… GmbH, freiwillig gewährt werden. Es ist mir ferner bekannt, dass mir auch durch wiederholte oder regelmäßige laufende Leistungen weder ein Anspruch gegen die Unterstützungskasse, noch gegen die Firma T… GmbH erwächst. Mit dieser Regelung bin ich einverstanden.'

22

Datum: Unterschrift

23

(…)

24

Der von der Mitgliederversammlung der Beschwerdeführerin zu 1) am 27. Oktober 2000 genehmigte Leistungsplan vom 26. März 2001 enthält unter anderem in § 12 eine Regelung über eine "Freiwilligkeit der Leistungen", deren Abs. 1 wie folgt lautet:

25

Die Leistungen der Unterstützungskasse erfolgen freiwillig nach Maßgabe der vorhandenen Mittel der Unterstützungskasse. Auch durch wiederholte oder regelmäßige Leistungen kann weder ein Rechtsanspruch gegen die Unterstützungskasse, noch gegen die in der Satzung Abs. 1 genannten Firmen begründet werden. Die Renten und Rentenanwartschaften können jederzeit ohne besondere Begründung vom Vorstand gekürzt oder ganz gestrichen werden.

26

§ 12 Abs. 2 des Leistungsplans enthält dieselbe Regelung wie § 7 Abs. 2 der Satzung. Der Versorgungsempfänger gab auf einem vorgedruckten Formular die in Satzung und Leistungsplan vorgesehene Erklärung ab.

27

Mit Schreiben vom 12. November 2003 stellte die Beschwerdeführerin zu 1) die Betriebsrentenzahlungen ab Dezember 2003 unter Hinweis auf deren Freiwilligkeit und der Möglichkeit des Widerrufs ein. Verhandlungen der Beschwerdeführerinnen und des Versorgungsempfängers mit dem Pensions-Sicherungs-Verein über die Übernahme der Betriebsrentenzahlungen scheiterten.

28

Der Versorgungsempfänger hat die Beschwerdeführerinnen gesamtschuldnerisch auf Zahlung der Betriebsrente für die Zeiträume ab Januar 2006 beim Arbeitsgericht Radolfzell verklagt.

29

Dagegen haben die Beschwerdeführerinnen eingewendet, sie hätten die Betriebsrente wegen wirtschaftlicher Notlage wirksam widerrufen.

30

Das Arbeitsgericht hat der Klage unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil des 3. Senats vom 17. Juni 2003 - 3 AZR 396/02 -, AP Nr. 24 zu § 7 BetrAVG Widerruf, B II 3 b bb 7; Urteil des 3. Senats vom 31. Juli 2007 - 3 AZR 373/06 -, AP Nr. 27 zu § 7 BetrAVG Widerruf, Rn. 30 f.; Urteil des 3. Senats vom 18. November 2008 - 3 AZR 417/07 -, juris, Rn. 29 f.) stattgegeben. Danach hätten beide Beschwerdeführerinnen den unstreitigen Anspruch auf Betriebsrente nicht wirksam wegen wirtschaftlicher Notlage widerrufen können; ein solcher Widerruf sei nach der Streichung des damit korrespondierenden Sicherungsfalls in § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. durch Art. 91 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl 1994 I S. 2947) mit Wirkung zum 1. Januar 1999 (§ 31 BetrAVG) nicht mehr zulässig.

31

Die dagegen erhobene Berufung hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zurückgewiesen unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts und die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Revision hat es nicht zugelassen.

32

Das Bundesarbeitsgericht hat die Nichtzulassungsbeschwerde dagegen zurückgewiesen.

II.

33

Mit der vorliegenden Verfassungsbeschwerde gegen die Urteile des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts rügt die Beschwerdeführerin zu 2) eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und aus Art. 14 Abs. 1 GG. Beide Beschwerdeführerinnen berufen sich auf Art. 2 Abs. 1 GG.

34

Die Urteile griffen wegen der Nichtanerkennung des Widerrufs zumindest mittelbar in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin zu 2) aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Dazu bedürfe es keiner berufsregelnden Tendenz, denn das werde der großen Bedeutung der Berufsfreiheit nicht gerecht. Zudem werde wegen der erdrosselnden Wirkung der Leistungspflicht der Beschwerdeführerin zu 2) in deren Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 Abs. 1 GG eingegriffen. Jedenfalls griffen die Urteile in die in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit beider Beschwerdeführerinnen unter den Gesichtspunkten der Freiheit im wirtschaftlichen Verkehr und der Vertragsfreiheit ein.

35

Die Eingriffe seien verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Sie verstießen gegen das auf dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG beruhende Verbot der unechten Rückwirkung. Zum Zeitpunkt der Begründung der Altersversorgungszusage bei Eintritt des Versorgungsempfängers im Jahr 1965 habe es weder eine rechtliche Verpflichtung der Beschwerdeführerin zu 2) auf Zahlung einer Betriebsrente noch irgendeine Einschränkung in Bezug auf das Widerrufsrecht gegeben. Die Anforderungen an das Widerrufsrecht seien durch die Rechtsprechung im Laufe der Jahre erhöht worden. Wegen der unechten Rückwirkung sei das Widerrufsrecht auch nach der Neufassung des Betriebsrentengesetzes aus Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht für Übergangsfälle weggefallen, bei denen schon vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes die Grundlage für die Betriebsrente gelegt worden sei. Für diese habe es weiterhin ein Widerrufsrecht aus sachlichen Gründen gegeben. Wenn wegen der unechten Rückwirkung die Einführung von § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. nicht zu Lasten der Arbeitgeber habe gehen können, könne im Wege des Umkehrschlusses erst recht nicht dessen Streichung zu deren Lasten gehen. Da sich eine Versorgungszusage nicht ändern ließe, könne die vergleichsweise lange Übergangszeit bis zum Inkrafttreten der Neuregelung nichts an deren Verfassungswidrigkeit ändern. Eine vom Vertrauensschutz der Arbeitgeber zu trennende Frage sei es, ob die Streichung des Sicherungsfalls in § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. den Vertrauensschutz der Versorgungsempfänger verletze, weil dieser in Übergangsfällen bei Widerruf nicht mehr verfassungskonform zu deren Gunsten angewendet werden könne. Eine mögliche Verletzung von Grundrechten der Versorgungsempfänger könne jedenfalls nicht zu Lasten der Grundrechte der Beschwerdeführerinnen gehen. Außerdem würden Versorgungsempfänger bei Beibehaltung des Widerrufsrechts nur verhältnismäßig geringe Beträge verlieren, während sie - die Beschwerdeführerinnen - bei Fortbestehen der Weiterzahlungspflicht in ihrer Substanz gefährdet würden. Das schlage auf den Bestandsschutz der Rechte der aktuell beschäftigten Arbeitnehmer bei der Beschwerdeführerin zu 2) durch. Daher würden selbst bei einer Gesamtbetrachtung ihre Interessen denen der Versorgungsempfänger überwiegen. Ein Rückgriff auf die mit Streichung des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. neu geschaffene Insolvenzordnung gleiche das nicht aus. Ebenso wenig reiche die spekulative Möglichkeit einer außergerichtlichen Regelung mit dem Pensions-Sicherungs-Verein. An dieser verfassungsrechtlichen Beurteilung ändere sich nichts, wenn man den Wegfall des Widerrufsrechts wegen wirtschaftlicher Notlage nicht als vom Willen des Gesetzgebers getragene Folge der Streichung des damit korrespondierenden Sicherungsfalls auffasse, sondern als richterliche Rechtsfortbildung verstehe.

III.

36

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Dafür liegen keine Gründe im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG vor.

37

1. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde nicht zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Sie wirft keine Fragen auf, die sich nicht ohne Weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lassen oder die noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt sind (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.>). Die verfassungsrechtliche Problematik des Vertrauensschutzes bei Änderung einer konsistenten höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Widerruf einer betrieblichen Altersversorgungszusage in Übergangsfällen ist durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 1987 - 1 BvR 1052/79 - (BVerfGE 74, 129) geklärt.

38

2. Eine Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten der Beschwerdeführerinnen angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Denn die zulässige Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, weil sie unbegründet ist. Die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen, mit denen die Beschwerdeführerinnen zur Zahlung einer Betriebsrente unter Versagung des Rechts zum Widerruf der betrieblichen Altersversorgung verurteilt wurden, lassen keinen Verfassungsverstoß erkennen. Die Gerichte haben weder Bedeutung noch Tragweite der Grundrechte der Beschwerdeführerinnen verkannt.

39

a) Die Urteile, mit denen die Beschwerdeführerin zu 2) zur Zahlung einer Betriebsrente verurteilt wurde, greifen nicht in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ein.

40

aa) Das Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG schützt durch die Rechtsordnung anerkannte einzelne Vermögensrechte, nicht aber das Vermögen als solches (BVerfGE 65, 196<209>; 74, 129 <148>; 95, 267 <300>). Nur dieses ist durch die gerichtliche Feststellung einer Zahlungspflicht der Beschwerdeführerin zu 2) betroffen.

41

Die Verurteilung zur Zahlung ist kein Eingriff in ein (etwaiges) Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, so dass offen bleiben kann, ob sich der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG darauf erstreckt (BVerfGE 96, 375<397>).

42

bb) Ein Eingriff kommt nicht unter dem Gesichtspunkt der erdrosselnden Wirkung in Betracht. Eine solche liegt nicht schon vor, wenn eine Geldleistungspflicht die Fortführung einzelner Unternehmen aufgrund ihrer besonderen Lage unmöglich macht. Sie muss diese Wirkung vielmehr regelmäßig haben (BVerfGE 95, 267 <301>). Die Verpflichtung zur Zahlung einer Betriebsrente hat jedoch nicht regelmäßig zur Folge, dass eine Fortführung eines Unternehmens finanziell unmöglich wird.

43

b) Die angegriffenen Urteile verletzen nicht das Grundrecht der Beschwerdeführerin zu 2) aus Art. 12 Abs. 1 GG.

44

aa) Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst bei juristischen Personen im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG die Freiheit, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe, zu betreiben, soweit diese Tätigkeit ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden kann (BVerfGE 74, 129<148, 149>).

45

bb) Die Verurteilungen der Beschwerdeführerin zu 2) zur Zahlung der Betriebsrente unter Versagung des Widerrufsrechts greifen in diesen Schutzbereich nicht unmittelbar ein. Mangels berufsregelnder Tendenz ist außerdem kein mittelbarer Eingriff zu erkennen (BVerfGE 74, 129 <149>; 96, 375 <397>). Das Erfordernis der berufsregelnden Tendenz ist zwar nicht unumstritten (vgl. Breuer, in: Isensee/Kirchhof, HStR VI, 2. Auflage, 2001, § 148 Rn. 31, 32; Cremer, DÖV 2003, S. 921 <928>; Papier, Deutsches Verwaltungsblatt 1984, S. 804 <805, 806>; Manssen, Staatsrecht II, Grundrechte, 7. Auflage, 2010, § 26 Rn. 581). Im vorliegenden Fall geht es aber selbst bei einem weiten Verständnis nicht um den Beruf, sondern um das Vermögen.

46

c) Die gerichtlichen Entscheidungen greifen aber in das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG beider Beschwerdeführerinnen ein, indem sie beide gesamtschuldnerisch zu Betriebsrentenzahlungen verpflichten, ohne ihnen ein Widerrufsrecht zuzugestehen. Dies ist jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sowohl die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, auf denen die angegriffenen Urteile beruhen, wie auch die dem zugrunde liegende Entscheidung des Gesetzgebers sind als Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG gerechtfertigt.

47

aa) Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit in einem umfassenden Sinn. Davon werden die Freiheit im wirtschaftlichen Verkehr und die Vertragsfreiheit erfasst, soweit sie nicht durch besondere Bestimmungen geschützt sind (BVerfGE 65, 196 <210>; 74, 129 <151, 152>; 95, 267 <303>). Doch ist die Handlungsfreiheit - auch die auf wirtschaftlichem Gebiet - nur in den durch das Grundgesetz bezeichneten Schranken garantiert, vor allem denen der verfassungsmäßigen Ordnung (BVerfGE 65, 196 <210>; 74, 129 <152>). Zu dieser Ordnung gehören nicht nur verfassungsmäßige Rechtsvorschriften, sondern auch deren Auslegung durch Gerichte und richterliche Rechtsfortbildung (BVerfGE 74, 129 <152>). Die mit einer Änderung von Rechtsvorschriften oder einer konsistenten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerfGE 74, 129 <152 f.>) verbundene Rückwirkung zu Lasten Einzelner kann deren Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Rechtslage enttäuschen.

48

Dem setzt das in Art. 20 Abs. 3 GG normierte Rechtsstaatsprinzip durch das ihm innewohnende Teilgebot der Rechtssicherheit Grenzen (BVerfGE 105, 48<57>). Dabei ist zwischen echter und unechter Rückwirkung zu unterscheiden (BVerfGE 98, 17 <39>; 101, 239 <263>; stRspr). Eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung ist gegeben, wenn nachträglich ändernd in einen abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen wird (BVerfGE 101, 239 <263>), wenn also ein von der Rückwirkung betroffener Tatbestand in der Vergangenheit nicht nur begonnen hat, sondern bereits abgewickelt war (BVerfGE 89, 48 <66>). Eine grundsätzlich zulässige unechte Rückwirkung liegt vor, wenn auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft eingewirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet wird (BVerfGE 101, 239 <263>).

49

bb) Die angegriffenen Urteile beziehen sich auf eine Änderung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der das Widerrufsrecht einer betrieblichen Altersversorgung wegen wirtschaftlicher Notlage mit der Streichung des damit korrespondierenden Sicherungsfalls in § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. künftig wegfällt. Soweit diese Rechtsprechungsänderung auch Übergangsfälle erfasst, in denen - wie hier - eine Versorgungszusage vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes begründet wurde und das Arbeitsverhältnis erst nach dessen Inkrafttreten geendet hat, nimmt sie den Versorgungsschuldnern nicht nur ein Widerrufsrecht wegen wirtschaftlicher Notlage. Vielmehr nimmt sie den Versorgungsschuldnern auch ein weitergehendes Widerrufsrecht aus sachlichen Gründen, das nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 74, 129 f.) in der Ausprägung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt worden war. Die Rechtsprechungsänderung greift somit in Übergangsfällen auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft ein. Ob diese unechte Rückwirkung letztlich auf einer Rechtsprechungsänderung oder - wie das Bundesarbeitsgericht meint - auf einer Gesetzesänderung beruht (BAG, Urteil des 3. Senats vom 31. Juli 2007 - 3 AZR 373/06 -, AP Nr. 27 zu § 7 BetrAVG Widerruf, Rn. 33 f.; auch Boemke, in: RdA 2010, S. 10 <14 f.>), kann hier dahinstehen. Denn die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rückwirkung sind in beiden Konstellationen dieselben. Das Bundesarbeitsgericht hat das Vorliegen einer unechten Rückwirkung jedenfalls erkannt und geprüft (BAG, Urteil des 3. Senats vom 17. Juni 2003 - 3 AZR 396/02 -, AP Nr. 24 zu § 7 BetrAVG Widerruf, B II 3 b bb 7; Urteil des 3. Senats vom 31. Juli 2007 - 3 AZR 373/06 -, AP Nr. 27 zu § 7 BetrAVG Widerruf, Rn. 30 f.; Urteil des 3. Senats vom 18. November 2008 - 3 AZR 417/07 -, juris, Rn. 29 f.).

50

Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Bundesarbeitsgericht die unechte Rückwirkung für verfassungsrechtlich zulässig hält. Denn eine grundsätzlich zulässige unechte Rückwirkung ist nur ausnahmsweise unzulässig, wenn kein angemessener Ausgleich zwischen dem Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage, der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit und der grundrechtsgemäßen Ausgewogenheit zwischen den Beteiligten des Arbeitsverhältnisses erfolgt (BVerfGE 74, 129 <155>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Februar 1987 - 1 BvR 957/79 -, AP Nr. 12 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen II 2 a der Gründe). Diese Grundsätze hat das Bundesarbeitsgericht gesehen, seiner Prüfung zugrunde gelegt und dabei insbesondere den gebotenen Ausgleich zwischen allen an einem Arbeitsverhältnis Beteiligten in nachvollziehbarer Weise bejaht (vgl. BAG, Urteil des 3. Senats vom 31. Juli 2007 - 3 AZR 373/06 -, AP Nr. 27 zu § 7 BetrAVG Widerruf, Rn. 30 f.; Urteil des 3. Senats vom 18. November 2008 - 3 AZR 417/07 -, juris, Rn. 29 f.).

51

(1) Das Bundesarbeitsgericht hat den Vertrauensschutz der Versorgungsschuldner nicht verkannt, deren Handlungsspielraum durch den Wegfall des einseitigen Widerrufsrechts noch weiter eingeschränkt wird als durch dessen Einschränkung auf Fälle der wirtschaftlichen Notlage mit Inkrafttreten des Sicherungsfalls in § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. Schon letzteres war für die davon betroffenen Versorgungsschuldner nicht vorhersehbar, als sie Versorgungszusagen vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes begründet haben (vgl. BVerfGE 74, 129 <158, 159>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Februar 1987 - 1 BvR 957/79 -, AP Nr. 12 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen, II 2 a der Gründe). Das gilt für den hier zu beurteilenden vollständigen Wegfall des Widerrufsrechts erst recht. Jedoch wird die mit diesem Wegfall des Widerrufsrechts verbundene, unvorhergesehene Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten der Versorgungsschuldner durch das gleichzeitig mit der Streichung des Sicherungsfalls eingeführte Insolvenzverfahren abgefedert. Im Gegensatz zum bisherigen Konkursverfahren dient das neue Insolvenzverfahren nicht nur der Abwicklung zahlungsunfähiger Unternehmen, sondern auch deren Sanierung und damit der Sicherung von Arbeitsplätzen; es gibt mithin den Schutzinteressen der Versorgungsschuldner und der bei diesen aktuell Beschäftigten mehr Gewicht (BTDrucks 12/2443, S. 73, 96; Urteil des 3. Senats vom 31. Juli 2007 - 3 AZR 373/06 -, AP Nr. 27 zu § 7 BetrAVG Widerruf, Rn. 34). Nach § 18 InsO ist es daher auch erstmals möglich, das Insolvenzverfahren auf Antrag des Insolvenzschuldners bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit zu eröffnen (BTDrucks 12/2443, S. 84); §§ 217 ff. InsO sehen dazu einen Insolvenzplan vor. Dies ist eine nach Wegfall des Widerrufsrechts gesetzgeberisch gewollte - wenn auch nicht ganz gleichwertige - Handlungsalternative zur Sanierung von Unternehmen (so auch: Griebeling, Betriebliche Altersversorgung, 2. Auflage, 2003, Rn. 856). Jedenfalls liegt darin ein wesentlicher Unterschied zu den Gegebenheiten zur Zeit der vorherigen einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 74, 129 f.; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Februar 1987 - 1 BvR 957/79 -, AP Nr. 12 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen). Auch das hat das Bundesarbeitsgericht zutreffend gesehen und in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Weise gewürdigt (BAG, Urteil des 3. Senats vom 31. Juli 2007 - 3 AZR 373/06 -, AP Nr. 27 zu § 7 BetrAVG, Rn. 34).

52

(2) Weiterhin haben Versorgungsschuldner die Möglichkeit, mit Zustimmung des Pensions-Sicherungs-Vereins einen außergerichtlichen Vergleich mit den Versorgungsempfängern zu schließen (BAG, Urteil des 3. Senats vom 31. Juli 2007 - 3 AZR 373/06 -, AP Nr. 27 zu § 7 BetrAVG Widerruf, Rn. 34). Solche Vergleiche haben in der Vergangenheit auch stets eine größere Rolle gespielt als der Widerruf (BTDrucks 12/3803, S. 111). Zwar liegt darin wegen des notwendigen Einverständnisses der Versorgungsempfänger und des Pensions-Sicherungs-Vereins kein einseitiges Gestaltungsrecht (vgl. Boemke, in: RdA 2010, S. 10 <14> und in: NJW 2009, S. 2491 <2492>). Doch bietet die Möglichkeit des Vergleichs den Versorgungsschuldnern einen gewissen Schutz. Der Pensions-Sicherungs-Verein hat bei einer echten Sanierungschance ein Interesse an dem Abschluss eines Vergleichs, weil bei erfolgreicher Sanierung später wieder Versorgungsleistungen aus den Erträgen des sanierten Unternehmens erbracht werden können (BAG, Urteil des 3. Senats vom 31. Juli 2007 - 3 AZR 373/06 -, AP Nr. 27 zu § 7 BetrAVG Widerruf, Rn. 34). Mit dem Vergleich und dem Insolvenzverfahren verbleiben den Versorgungsschuldnern, hier der Beschwerdeführerin zu 2), nach Wegfall des Widerrufsrechts also durchaus noch Möglichkeiten zur Sanierung (BAG, Urteil des 3. Senats vom 31. Juli 2007 - 3 AZR 373/06 -, AP Nr. 27 zu § 7 BetrAVG, Rn. 34; a.A. Boemke, in: RdA 2010, S. 10 <20>).

53

(3) Im Ergebnis entspricht dies auch dem Willen des Gesetzgebers, der die hier begehrte Sicherung wegen wirtschaftlicher Notlage auch angesichts der Folgen für die Betroffenen für entbehrlich hielt (BTDrucks 12/3803, S. 110, 111). Dem widersprach zwar der Bundesrat (BTDrucks 12/3803, S. 128). Die Bundesregierung entgegnete darauf jedoch, dass für eine Beibehaltung des Sicherungsfalls der wirtschaftlichen Notlage im Hinblick auf das neue Insolvenzverfahren kein Bedarf bestehe (BTDrucks 12/3803, S. 137, 138).

54

(4) Das Bundesarbeitsgericht hat in der Abwägung zwischen den Schutzinteressen der Unternehmen als Versorgungsschuldner und der Beschäftigten auch die lange Übergangsfrist einbezogen, die der Gesetzgeber mit über vier Jahren festgelegt hatte (BAG, Urteil des 3. Senats vom 17. Juni 2003 - 3 AZR 396/02 -, AP Nr. 24 Widerruf zu § 7 BetrAVG, B II 2 b bb 7). Der Wegfall des Widerrufsrechts nach § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. wurde aufgrund der Gesetzesänderung vom 5. Oktober 1994 in Art. 91 InsO erst zum 1. Januar 1999 wirksam. Seit Beginn der Diskussionen über Änderungen dieser Regeln waren fast zehn Jahre vergangen. Die vom Wegfall des Widerrufsrechts betroffenen Versorgungsschuldner hatten entsprechend viel Zeit, sich auf die Veränderung einzustellen und rechtliche und wirtschaftliche Dispositionen zu treffen. So hatten Versorgungsschuldner in Übergangsfällen bis zur Neuregelung auch noch die Möglichkeit, ihr Widerrufsrecht aus sachlichen Gründen unter den dafür gerichtlich geklärten Voraussetzungen auszuüben und damit ihre betriebliche Altersversorgung für die Zukunft anzupassen.

55

(5) Durch das neu geschaffene Insolvenzverfahren und die weiterhin bestehende Möglichkeit des Vergleichs werden die Interessen der bei den Versorgungsschuldnern aktuell Beschäftigten wie auch die Interessen der weiteren Gläubiger der Versorgungsschuldner und des Pensions-Sicherungs-Vereins ausreichend gewahrt (BAG, Urteil des 3. Senats vom 31. Juli 2007 - 3 AZR 373/06 -, AP Nr. 27 zu § 7 BetrAVG Widerruf, Rn. 39; a.A. Boemke, in: RdA 2010, S. 10 <22>).

56

(6) Eine Aufrechterhaltung des Widerrufsrechts würde demgegenüber die Beschäftigten als Versorgungsempfänger völlig schutzlos stellen. Bliebe das einseitige Widerrufsrecht trotz Streichung des damit korrespondierenden Sicherungsfalls in § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. bestehen, wären die Rechtspositionen der Versorgungsempfänger und der Inhaber unverfallbarer Anwartschaften vollständig entwertet. Das ist im Rahmen einer Abwägung, in der Interessen beider Seiten eingestellt werden müssen, verfassungsrechtlich nicht tragbar. Es ist insbesondere im Hinblick auf den Entgelt- und Versorgungscharakter (BVerfGE 65, 196 <212 f.>) von Versorgungsleistungen nicht zu rechtfertigen. Sie sind Gegenleistung aus dem Arbeitsvertrag und damit eine besondere Form der Vergütung. Versorgungsempfänger haben dafür mit ihrer Betriebstreue vorgeleistet. Die Beschwerdeführerin zu 2) hat zu einem Zeitpunkt, als der Widerruf noch rechtlich möglich war, die Betriebsrentenzusagen aufrechterhalten und damit Beschäftigte an sich gebunden. Die mit dem Verbleib im Arbeitsverhältnis bei der Beschwerdeführerin zu 2) somit erbrachte Vorleistung ginge bei Beibehaltung des Widerrufrechts des Arbeitgebers unwiederbringlich verloren. Das Vertrauen der Beschäftigten auf ihre betriebliche Altersversorgung wäre durch deren ersatzlosen vollständigen Verlust restlos enttäuscht. Sie sind regelmäßig auch nicht in der Lage, einen nach dem Versorgungsfall eintretenden Ausfall ihrer betrieblichen Altersversorgung zu kompensieren (vgl. BAG, Urteil des 3. Senats vom 17. Mai 1973 - 3 AZR 381/72 -, AP Nr. 6 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Unterstützungskassen, II 1 a der Gründe).

57

cc) Eine verfassungskonforme Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. kommt - anders als zum Zeitpunkt der einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1987 (BVerfGE 74, 129 <161 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Februar 1987 - 1 BvR 957/79 -, AP Nr. 12 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen, II 2 b der Gründe) - nicht in Betracht. Zwischenzeitlich hat der Gesetzgeber den Sicherungsfall in § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. gestrichen (BAG, Urteil des 3. Senats vom 31. Juli 2007 - 3 AZR 373/06 -, AP Nr. 27 zu § 7 BetrAVG, Rn. 37; Urteil des 3. Senats vom 18. November 2008 - 3 AZR 417/07 -, juris, Rn. 33; a.A. Boemke, in: RdA 2010, S. 10 <21>). Er hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er den Sicherungsfall wegen wirtschaftlicher Notlage nicht mehr anerkennen will. Darüber können und dürfen sich die Instanzgerichte nicht hinwegsetzen.

58

d) Auch die Entscheidung des Gesetzgebers stößt auf keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Bundesarbeitsgericht dem Bundesverfassungsgericht Art. 91 EGInsO nicht zur Normenkontrolle vorgelegt hat, denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, Art. 91 EGInsO, durch den § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG a.F. weggefallen ist, für verfassungswidrig zu erklären.

59

aa) Grundsätzlich gelten für eine mit der Gesetzesänderung verbundene unechte Rückwirkung die bereits geprüften Maßstäbe, wobei hier zudem der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu beachten ist. Mit Blick auf die grundrechtlich geschützten Rechtspositionen aller Beteiligten hatte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts das (damals noch zugelassene) Widerrufsrecht zwingend mit einer Sicherung der Betriebsrenten der Beschäftigten verknüpft. Das Widerrufsrecht müsse die Folge der Sicherung haben; eine Zusammenschaltung sei unverzichtbar (BVerfGE 74, 129 <161>). Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei es erforderlich, die Betriebsrentenansprüche der Beschäftigten ausreichend zu sichern, da diese weder vom Zufall abhängen noch als "zweite Säule" der Altersversorgung erodieren dürften. Der Senat verwies ausdrücklich auf die "sorgfältige Regelung des Insolvenzschutzes", wonach der Gesetzgeber die "Sanierungsmaßnahmen auf Kosten der Versorgungsberechtigten" nur in gesetzlich geregelten Sicherungsfällen zulasse (BVerfGE 74, 129 <161>). Die Zulassung weiterer Fälle unter weniger gravierenden Voraussetzungen sei "mit dem gesetzgeberischen Anliegen [des Betriebsrentengesetzes zum Schutz der Versorgungsempfänger und Inhaber unverfallbarer Anwartschaften vor Zahlungsunfähigkeit] und mit dem Gleichheitssatz unvereinbar" (BVerfGE 74, 129 <161 f.>; vgl. auch Griebeling, Betriebliche Altersversorgung, 2. Auflage, 2003, Rn. 856). Desgleichen hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts es für verfassungsrechtlich zulässig gehalten, dass das Bundesarbeitsgericht die Einschaltung des Pensions-Sicherungs-Vereins vor Ausübung eines Widerrufsrechts fordert, weil auch hier das Vertrauen der Beschäftigten auf kontinuierlichen Rentenbezug in der Abwägung mit dem Vertrauen der Arbeitgeber und der Unterstützungskassen auf sofortigen Widerruf überwiege (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. Januar 1990 - 1 BvR 622/89 -, juris).

60

bb) Diese Anforderungen hat der Gesetzgeber beachtet. Er hat weder das Widerrufsrecht entfallen lassen noch die Betriebsrenten schutzlos gestellt, sondern mit einer langen Übergangsfrist sowohl das Betriebsrentenrecht als auch das Insolvenzschutzrecht neu gefasst, um den Interessen beider Seiten gerecht zu werden.

61

cc) Der Gesetzgeber hat damit jedenfalls auch die Anforderungen beachtet, die sich im Hinblick auf den Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG im Lichte von Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention für Betriebsrenten (BGH, Hinweisbeschluss vom 25. November 2009 - IV ZR 340/07- , NZA-RR 2010, S. 208 m.w.N. zu BAG und BGH; EGMR , Entscheidung vom 2. Februar 2006 - 51466/99, 70130/01 - , NVwZ 2006, S. 1274 <1275>) und unverfallbare Anwartschaften (BGHZ 174, 127 <141 f.>) ergeben.

62

dd) Desgleichen wird der Gesetzgeber so der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union gerecht, sich nach Art. 8 der RL 2008/94/EG (ABl. EU 2008 Nr. L 283, S. 36 f.)über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers darüber zu "vergewissern, dass die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer sowie der Personen, die zum Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers aus dessen Unternehmen oder Betrieb bereits ausgeschieden sind, hinsichtlich ihrer erworbenen Rechte oder Anwartschaftsrechte auf Leistungen bei Alter, einschließlich Leistungen für Hinterbliebene, aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen außerhalb der einzelstaatlichen gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit getroffen werden."

63

ee) Folglich sind sowohl die gesetzgeberische Weichenstellung, auf der die Rechtsprechungsänderung des Bundesarbeitsgerichts beruht, als auch die sich darauf stützenden Entscheidungen der Arbeitsgerichte mit dem Grundgesetz vereinbar.

64

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

65

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 21. Oktober 1999 für den Bau der U-Bahnlinie 5 im Bezirk Berlin-Mitte in der Fassung des 2. Änderungsbeschlusses vom 27. Juni 2011 (2. Bauabschnitt zwischen Alexanderplatz und U-Bahnhof Brandenburger Tor).

2

Der Planfeststellungsbeschluss von 1999 ist in wesentlichen Teilen bereits umgesetzt worden. Der Streckenteil zwischen dem Hauptbahnhof und dem U-Bahnhof Brandenburger Tor wurde 2008 fertig gestellt und in Betrieb genommen. Im November 2008 beantragte die Beigeladene die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens zur 2. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses. Die 2. Planänderung betrifft den Lückenschluss der U-Bahnlinie U5 zwischen den U-Bahnhöfen Brandenburger Tor und Alexanderplatz. Im Zuge dieser Baumaßnahme werden u.a. drei Bahnhöfe (Berliner Rathaus, Museumsinsel und Unter den Linden) errichtet. Die Gesamttunnellänge zwischen den U-Bahnhöfen Brandenburger Tor und Alexanderplatz beträgt circa 2,2 km.

3

Streitgegenständlich ist vorliegend allein die Errichtung des unterirdischen Bahnhofs Unter den Linden. Der Bahnhof wird als Kreuzungsbahnhof der U-Bahnlinien 5 und 6 gestaltet. Er befindet sich im Schnittpunkt des Boulevards Unter den Linden mit der Friedrichstraße. Im Vergleich zur Planung aus dem Jahr 1999 werden durch die 2. Planänderung der Bahnsteig der U5 nach Osten und der Bahnsteig der U6 einschließlich der südlichen Zugänge um circa 15 m nach Süden verschoben. Die Zugänge und Aufzüge im Kreuzungsbereich werden auf der Mittelpromenade Unter den Linden angeordnet; zudem wird das Bahnhofsbauwerk um einen neuen Ausgang zur Charlottenstraße erweitert. Im Gegensatz zur ursprünglichen Planung werden Baumaßnahmen auf der nördlichen Seite der Mittelpromenade Unter den Linden nicht mehr erforderlich, so dass der Verkehr während der Bauzeit über die Nordfahrbahn der Straße Unter den Linden geführt werden kann. Der Beklagte hat die Planänderung überdies zum Anlass genommen, die im Bereich der Bahnhofsbaustellen baubedingt auftretenden Beeinträchtigungen der Nachbarschaft neu zu bewerten.

4

Der Bahnhof Unter den Linden wird in vier Baufeldern teils in offener und teils in geschlossener Bauweise unterhalb der Deckelung errichtet. In der Friedrichstraße soll der Abschlussdeckel im Baufeld IV circa 10 Monate nach Baubeginn im April/Mai 2013 erstellt sein. In der Straße Unter den Linden soll der letzte Deckel im Baufeld II nach circa 15 Monaten im September 2013 verschlossen werden. Nach der Deckelung werden die Friedrichstraße und die südliche Fahrbahn der Straße Unter den Linden wieder für den Verkehr freigegeben. Die Gesamtdauer der Baumaßnahmen soll vier bis fünf Jahre betragen.

5

Die Klägerinnen sind Eigentümer bzw. Betreiber des im Kreuzungsbereich der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden mit der Friedrichstraße in unmittelbarer Nähe der Bahnhofsbaustelle gelegenen Hotels W.. Sie haben nach Auslegung der Planunterlagen fristgerecht Einwendungen erhoben. Das Hotel wurde 1985 bis 1987 errichtet, 2006 an die jetzige Eigentümerin verkauft und mit erheblichem finanziellen Aufwand modernisiert. Es verfügt über insgesamt 400 Zimmer, davon liegen 155 Zimmer zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße. Das Hotel ist nicht offiziell klassifiziert, weist aber nach den Angaben der Klägerinnen die Ausstattung eines Fünf-Sterne-Superior-Hotels auf.

6

Mit Beschluss vom 27. Juni 2011 stellte der Beklagte die Planänderung fest und wies die Einwendungen der Klägerinnen im Wesentlichen zurück. Nach der Begründung des Planänderungsbeschlusses werden sich beim Bau des Bahnhofs Unter den Linden wesentliche Beeinträchtigungen durch Baulärm ergeben, der vor allem durch den Abbruch der Fahrbahndecken, den Erdaushub, die Herstellung von Schlitzwänden und Dichtungssohlen sowie den Abbruch der Tunneldecke der U6 und die Wiederherstellung des Tunnelabschnitts im Baufeld IV verursacht wird. Die Friedrichstraße ist aufgrund der örtlichen Gegebenheiten besonders betroffen, weil der Abstand zwischen den Hausfassaden östlich und westlich der Friedrichstraße nur 22 m beträgt. Die Gesamtdauer der Phase mit den lärmrelevanten Tätigkeiten ist auf 305 Arbeitstage veranschlagt, für die Durchführung dieser Arbeiten ist ein Zeitraum von 12 Monaten vorgesehen.

7

Der Planänderungsbeschluss sieht in den Nebenbestimmungen eine Reihe von Vorkehrungen zum Immissionsschutz während der Bauarbeiten vor, u.a. den Einsatz lärmarmer Bauverfahren und Baugeräte, eine zeitliche Beschränkung der Bauarbeiten, die Verkleidung der Arkaden bis zur Deckelung der Baustelle bzw. auf Wunsch der Klägerinnen auch darüber hinaus bis zum vollständigen Abschluss der Bauarbeiten sowie ein umfassendes Monitoring zur Ermittlung und zur Dokumentation des durch die Bahnhofsbaustelle verursachten Lärms und der Erschütterungen. Ferner sind eine Beweissicherung und verschiedene sonstige Maßnahmen angeordnet worden, die die Staubentwicklung, den Spritzschutz, die Fassadenreinhaltung etc. betreffen.

8

Für gleichwohl verbleibende unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen während der Bauzeit ist den Klägerinnen im Planänderungsbeschluss ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zugesprochen worden. Für Außenwohnbereiche besteht der Entschädigungsanspruch bei einer Überschreitung von 68 dB(A), für Innenräume, sofern die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 für Innenschalldruckpegel von 40 dB(A) für Hotelzimmer und Vortragsräume sowie 50 dB(A) für Ladengeschäfte und Restaurants/Gaststätten überschritten werden.

9

Die Klägerinnen haben Ende Juli 2011 ein gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 21. Oktober 1999 gerichtetes, ruhend gestelltes Klageverfahren wiederaufgerufen und den Planänderungsbeschluss einbezogen. Sie begehren zusätzliche aktive und passive Schallschutzmaßnahmen sowie ergänzende Regelungen zum Umfang und zu den Modalitäten der Entschädigung. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor:

10

Die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle sei im Planänderungsbeschluss fehlerhaft auf 68 dB(A) tags festgesetzt worden. Der Beklagte habe den Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße zu Unrecht als Gebiet mit vorwiegend gewerblichen Anlagen im Sinne von Nr. 3.1.1. Buchst. b) der AVV Baulärm eingestuft. Die gewerbliche Nutzung überwiege nicht, zumal die Hotelnutzung unter dem Gesichtspunkt Schutzbedürftigkeit als Wohnnutzung anzusehen sei. Der maßgebliche Immissionsrichtwert betrage daher nicht 65, sondern nur 60 dB(A) tags. Zudem sei rechtsfehlerhaft nicht der Immissionsrichtwert, sondern der um 5 dB(A) höhere sogenannte Eingreifwert nach Nr. 4.1. der AVV Baulärm als maßgeblich erachtet worden. Der Zuschlag in Nr. 4.1. sei der bei Erlass der AVV Baulärm im Jahre 1970 noch bestehenden Messungenauigkeit geschuldet und inzwischen obsolet.

11

Bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsschwelle sei zu Unrecht die Vorbelastung durch den Verkehrslärm einbezogen worden. Der Verkehrslärm dürfe nicht berücksichtigt werden, weil er die verfassungsrechtliche Grenze zur Gesundheitsgefährdung von 70 dB(A) tags überschreite. Zudem seien Verkehrslärm und Baulärm nicht vergleichbar. Der Informationsgehalt sei völlig verschieden, Verkehrslärm sei sozial akzeptierter. Abgesehen davon nehme die Vorbelastung durch Verkehrslärm in der Friedrichstraße zur Behrenstraße hin auf 66 dB(A) ab.

12

Die der Planfeststellung zugrunde liegende Lärmprognose sei fehlerhaft, weil darin nur auf den Baustellenlärm abgestellt und der Umgebungslärm nicht einbezogen werde. Das sei mit dem akzeptorbezogenen Ansatz des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht vereinbar. Die Maschinenlärmwerte seien zu Unrecht pauschal um 3 dB(A) gemindert worden. Der Lärmprognose liege ein idealisierter Bauablauf zugrunde, die Einsatzzeiten der Baugeräte seien zu optimistisch kalkuliert. Zudem seien keine Impulszuschläge berücksichtigt worden, so dass eigentlich um 3 bis 5 dB(A) höhere Geräuschimmissionen zu erwarten seien. Kurzzeitige Geräuschspitzen würden von der AVV Baulärm "weggemittelt", insoweit fehle es im Planänderungsbeschluss an einem Maximalpegelkriterium.

13

Die Entschädigung für unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen in Innenräumen dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, dass im Rauminneren die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 überschritten werden. Die VDI-Richtlinie 2719 sei auf temporäre Ereignisse wie Baustellen nicht zugeschnitten. Die allein maßgebliche AVV Baulärm hebe nur auf Außenpegel ab und sehe ein einheitliches Schutzniveau für die Außen- und Innenkontaktbereiche vor. Hinzu komme, dass die Innenschallpegel zurzeit deutlich unter 40 dB(A) lägen, der Ist-Zustand also weitaus besser sei als der für die Bauzeit als zumutbar festgelegte Zustand. Die Vorhabenträgerin dürfe nicht von einer vorhandenen besseren Schalldämmung profitieren, die die Betroffenen auf eigene Kosten vorgenommen hätten.

14

Der Planänderungsbeschluss sei schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte weitergehende Entschädigungsansprüche pauschal abgelehnt habe. Der Begriff der nachteiligen Wirkungen im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG müsse weit verstanden werden. Er umfasse auch Umsatzeinbußen, Mietausfälle und andere, nicht nur physisch, sondern auch psychisch vermittelte Auswirkungen wie etwa die gerechtfertigte Furcht vor unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen. Touristen würden das Hotel wegen der Baustelle meiden, Stammkunden gingen verloren. Die Entschädigung müsse daher auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller baustellenbedingten Auswirkungen auf den Hotelbetrieb bemessen werden.

15

Das Hotel habe einen Buchungsvorlauf von 18 Monaten und sei durchschnittlich zwischen 60 bis 80 % ausgelastet. Mangels detaillierter Lärmprognose könne nicht im Voraus steuernd auf die Hotelbelegung eingewirkt werden. Es bleibe nur die Möglichkeit, die lärmbetroffenen Zimmer an den Straßenfronten zur Baustelle nicht mehr anzubieten. Für die Dauer der Baustelle sei ein Umsatzrückgang von 35 bis 40 % zu erwarten, das Hotel gerate damit in die Verlustzone. Die baustellenbedingten Umsatzeinbußen könnten nicht durch organisatorische Maßnahmen kompensiert werden. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die Beeinträchtigungen erst mit dem Abschluss aller Bauarbeiten beendet seien und auch danach noch fortwirkten.

16

In der mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2012 hat der Beklagte den Planänderungsbeschluss teilweise berichtigt und ergänzt.

17

Die Klägerinnen beantragen,

den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Berlin vom 21. Oktober 1999 für den Bau der U-Bahnlinie 5 in der Fassung des 2. Änderungsbeschlusses vom 27. Juni 2011 in der Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen rechtzeitig vor Baubeginn wie folgt zu ändern:

1. Die Auflage A II.3.1.1. wird dahingehend präzisiert, dass nur Baumaschinen mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" oder entsprechender anderer Zertifizierungen eingesetzt werden dürfen.

2. Die Verkleidung zum Schutz der Arkaden muss gewährleisten, dass in den Arkadengängen der Immissionswert von 60 dB(A) nicht überschritten wird.

3. Der Außenbereich der Galerie und des Restaurants N. im Hotel W. zur Straße Unter den Linden ist durch Lärmschutzwände an der Baustelle so zu schützen, dass die Zumutbarkeitsgrenze auf dem Gehweg von 60 dB(A) nicht überschritten wird.

4. Die Baustelle in der Friedrichstraße ist nach Herstellung der Schlitzwände und vor weiterem Abtrag der Straßendecke einzuhausen mit einer Schalldämmung von mindestens 20 dB.

5. Die Beigeladene wird verpflichtet, der Klägerin zu 1 (G. GmbH) die Kosten für Schallschutzfenster an Hotelzimmern Unter den Linden sowie in der Friedrichstraße einschließlich Lobby, Frühstücks- und Hotelrestaurant zu erstatten, die erforderlich sind, um bei einem zulässigen Grenzwert von 60 dB(A), zulässigen Maximalpegeln von 70 dB(A) einen Innenraumpegel in den Hotelzimmern von 31 dB(A) zu gewährleisten.

6. Die Vorhabenträgerin wird verpflichtet, den Gehweg Unter den Linden vor dem Hotel während der gesamten Bauzeit täglich zu reinigen.

7. Die Auflage A II.3.1.8. wird wie folgt ergänzt: "Rechtzeitig vor Baubeginn ist die Beweissicherung gemäß Konzept der GuD vom 26. August 2010 mit den Maßnahmen S1 - S7 durchzuführen".

8. Die Beigeladene wird verpflichtet, eine Lärmprognose mit detailliertem Bauablauf für die Baufelder II - IV vorzulegen und anzugeben, wann der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) überschritten wird und welche Maximalpegel in den einzelnen Bauabschnitten täglich zu erwarten sind.

9.

a) Zugunsten der Klägerinnen sind die durch die Baustelle verursachten Ertragseinbußen zu entschädigen, die dadurch entstehen, dass die Zimmer an der Straße Unter den Linden und in der Friedrichstraße für die Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben nicht vermietet werden. Hilfsweise falls weitere aktive und passive Schallschutzmaßnahmen angeordnet werden: Zugunsten der Klägerinnen sind die verbleibenden Ertragseinbußen in der Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben zu entschädigen.

b) Die Ertragseinbußen bis zu zwei Jahre nach Abschluss der Deckelung sind zu entschädigen.

c) Die Ertragseinbußen sind zu ermitteln durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit Fachkunde des Enteignungs- und Entschädigungsrechts sowie des Hotelbetriebs, der mit Zustimmung der Klägerinnen ausgewählt wurde.

d) Die Ertragseinbußen sind nach Maßgabe der Erträge des Hotels 2011 bis Baubeginn zu ermitteln. Als durch die Baustelle verursacht gilt eine Minderung des RevPar des W. im Unterschied zum RevPar des Vergleichsmarktes der Fünf-Sterne Hotels in Berlin Mitte.

e) Die Entschädigungen sind innerhalb von zwei Wochen nach Abschluss eines Monats zu ermitteln und in der ersten Woche des Folgemonats auszugleichen.

10. Den Klägerinnen sind die durch die Baustelle verursachten Mietminderungen der Ladengeschäfte und des Restaurants N. zu entschädigen. Die Angemessenheit der Entschädigung ist durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen unter Berücksichtigung des Bauablaufes und vergleichbarer Mieten jeweils nach Ablauf eines Monats zu ermitteln.

18

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

19

Sie treten dem Vortrag der Klägerinnen im Einzelnen entgegen.

Entscheidungsgründe

20

Die nach der mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2012 gewechselten Schriftsätze geben dem Senat keine Veranlassung, nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die begehrten Planergänzungen. Das im Planänderungsbeschluss festgesetzte Schutz- und Entschädigungskonzept in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die Betroffenheit der Klägerinnen durch die Baustelle, namentlich den Baustellenlärm, fehlerfrei abgewogen und der beigeladenen Vorhabenträgerin die zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erforderlichen Schutzmaßnahmen auferlegt (1) bzw. ihnen eine Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG zugesprochen (2).

22

1. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Ergänzung des Planänderungsbeschlusses um weitere Schutzvorkehrungen gegen die von der Bahnhofsbaustelle Unter den Linden ausgehenden Beeinträchtigungen durch Lärm, Staub und Erschütterungen. Das planfestgestellte Schutzkonzept beruht weder auf einer rechtsfehlerhaft zu hoch festgesetzten fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle (a) noch auf einer mängelbehafteten Lärmprognose (b). Die Klageanträge Nr. 1 bis 8 können daher keinen Erfolg haben (c).

23

a) Die in den Auflagen A II.3.1.1. bis 3.2.3. festgesetzten Schutzmaßnahmen finden ihre rechtliche Grundlage in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Danach hat die Planfeststellungsbehörde dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind.

24

§ 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erfasst auch solche nachteiligen Wirkungen, die durch Lärm, Erschütterungen und Staub aufgrund der Bauarbeiten für das planfestgestellte Vorhaben entstehen (Beschluss vom 27. Januar 1988 - BVerwG 4 B 7.88 - Buchholz 442.01 § 29 PBefG Nr. 1 S. 1<2>). § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG differenziert nicht nach den einzelnen Abschnitten zur Realisierung des Vorhabens. Die durch den Planfeststellungsbeschluss begründete Duldungspflicht des Nachbarn umfasst daher auch die während der Bauphase entstehenden Immissionen (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09 - MDR 2010, 142 Rn. 18).

25

aa) Ob nachteilige Wirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorliegen, beurteilt sich bei Baulärm nach § 22 Abs. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit der gemäß § 66 Abs. 2 BImSchG maßgeblichen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm - AVV Baulärm - vom 19. August 1970 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 160 vom 1. September 1970). Auf die TA Lärm kann selbst bei mehrjähriger Dauer einer Baustelle nicht zurückgegriffen werden; Baustellen sind vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausdrücklich ausgeschlossen (Nr. 1 Buchst. f) TA Lärm).

26

(1) Die AVV Baulärm konkretisiert für Geräuschimmissionen von Baustellen den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen. Die zur Annahme der normkonkretisierenden Wirkung einer Verwaltungsvorschrift erforderlichen formellen Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 8 C 16.96 - BVerwGE 107, 338 = Buchholz 401.64 § 4 AbwAG Nr. 6 S. 22<25 f.>) liegen vor. Ermächtigungsgrundlage für die AVV Baulärm war § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965 (BGBl I S. 1214, außer Kraft getreten zum 1. April 1974). Danach erlässt die Bundesregierung zur Durchführung des Absatzes 1 nach Anhörung des technischen Ausschusses (§ 8) mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über 1. Richtwerte für die von Baumaschinen bei bestimmten Betriebsvorgängen ausgehenden Geräusche, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist (Emissionsrichtwerte), 2. Richtwerte für die von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen, bei deren Überschreiten Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen der Allgemeinheit zu besorgen sind (Immissionsrichtwerte), und 3. das Verfahren für die Messung der Geräuschemissionen und der von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen. Der anzuhörende technische Ausschuss nach § 8 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm setzte sich aus Vertretern verschiedener Bundesministerien und Bundesanstalten, der Landesregierungen, der Gewerkschaften, der Technischen Überwachung sowie Vertretern aus Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen.

27

(2) Die AVV Baulärm konkretisiert das vom Normgeber für erforderlich gehaltene Schutzniveau in Nr. 3 differenzierend nach dem Gebietscharakter und nach Tages- und Nachtzeiten durch Festlegung bestimmter Immissionsrichtwerte. In Nr. 6 enthält sie Regelungen zur Ermittlung des Beurteilungspegels im Wege eines Messverfahrens. Dafür, dass die Regelungen zum Schutzniveau durch neue, gesicherte Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung überholt wären, ist nichts ersichtlich. Das gilt sowohl für die Gebietseinteilung der AVV Baulärm als auch für die festgelegten Immissionsrichtwerte. Zwar stimmt die Gebietszuordnung der AVV Baulärm noch mit derjenigen der Baunutzungsverordnung von 1968 überein, während neuere Regelwerke, etwa die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) und die TA Lärm die Gebietsbezeichnungen der Baunutzungsverordnung von 1990 verwenden. Allein daraus folgt aber nicht, dass die Gebietseinteilung der AVV Baulärm nicht mehr geeignet oder zweckmäßig ist. Denn anders als bei den vorgenannten Regelwerken geht es im Anwendungsbereich der AVV Baulärm nicht um eine dauerhafte Gebietsverträglichkeit der Lärmeinwirkungen, sondern um vorübergehende Lärmeinwirkungen durch eine Baustelle. Zu deren Bewältigung reicht der gröbere Differenzierungsgrad der Gebietseinteilung der AVV Baulärm aus. Zugleich rechtfertigt der Umstand, dass Baustellenlärm - auch bei mehrjährigen Baustellen - vorübergehend ist, es auch heute noch, Immissionsrichtwerte festzulegen, die über den in verschiedenen anderen Regelwerken zu dauerhaften Lärmeinwirkungen - etwa in § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV oder Nr. 6.1 der TA Lärm - vorgesehenen Werten liegen. Hinsichtlich der Regelungen zum Messverfahren fehlt es ebenfalls an Anhaltspunkten dafür, dass diese inzwischen derart veraltet sind, dass der Beurteilungspegel damit nicht mehr hinreichend verlässlich ermittelt werden kann. Dies gilt umso mehr, als die Bestimmungen der AVV Baulärm zum Messverfahren nicht so eng gefasst sind, dass sie etwa die Heranziehung modernerer Regelwerke (VDI-Richtlinien oder DIN-Vorschriften), die erst nach der AVV Baulärm erlassen worden sind, ausschließen.

28

Auch der Gesetzgeber ist offensichtlich davon ausgegangen, dass die AVV Baulärm trotz des seit ihrem Erlass eingetretenen Zeitablaufs nicht als überholt anzusehen ist. Der Umstand, dass er anlässlich der letzten Änderung des § 66 BImSchG durch das Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm vom 24. Juni 2005 (BGBl I S. 1794, in Kraft getreten mit Wirkung vom 30. Juni 2005; vgl. BTDrucks 15/3782 S. 10 und S. 37 f.) in § 66 Abs. 2 BImSchG bis zum Inkrafttreten von entsprechenden Rechtsverordnungen oder allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz die Fortgeltung der AVV Baulärm vom 19. August 1970 angeordnet hat, zeigt, dass es nach der Vorstellung des Gesetzgebers für Baustellenlärm bei der Anwendbarkeit der im Vergleich zur TA Lärm zwar wesentlich älteren, aber sachnäheren AVV Baulärm bleiben sollte (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 8. Februar 2007 - 5 S 2257/05 - ZuR 2007, 427, Rn. 131; Dziallas/Kullick, NZBau 2011, 544).

29

Dafür, dass der Gesetzgeber die Fortgeltung der AVV Baulärm ausdrücklich in seinen Willen aufgenommen hat, spricht zudem, dass die bis zu diesem Zeitpunkt in § 66 Abs. 2 BImSchG a.F. neben der AVV Baulärm als maßgebend aufgeführten (acht) allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Schutz gegen Baulärm, die wie die AVV Baulärm auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm erlassen worden waren und das Emissionsmessverfahren sowie Emissionsrichtwerte für verschiedene Baugeräte/-maschinen bestimmten, gestrichen wurden.

30

(3) Die in der AVV Baulärm in Nr. 3.1.1. festgelegten Immissionsrichtwerte entfalten nur für den Regelfall Bindungswirkung. Die Bindungswirkung einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift wird durch ihren Anwendungsbereich bzw. ihren Aussagegehalt bestimmt. Dabei wird die Auslegung solcher Verwaltungsvorschriften in besonderer Weise durch die Entstehungsgeschichte beeinflusst (Urteil vom 20. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 15.98 - BVerwGE 110, 216 <219> = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 7 S. 2<4 f.>). Aus den Gesetzgebungsmaterialien zur Ermächtigungsgrundlage der AVV Baulärm in § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm ergibt sich, dass der Normgeber bewusst zwischen Richtwerten und Grenzwerten differenziert hat. So enthielt etwa der Entwurf des Gesetzes (BTDrucks IV/3142 S. 1) in § 2 Abs. 3 eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Bestimmung von Immissionsrichtwerten für die von Baustellen ausgehenden Geräusche, bei deren Überschreitung Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit zu besorgen sind, sowie das Verfahren für die Messung der Geräuschimmissionen. Ausweislich der Begründung zu § 2 Abs. 3 war es das Anliegen des Gesetzgebers, den Verwaltungsbehörden in der Form allgemeiner Verwaltungsvorschriften Immissionsrichtwerte an die Hand zu geben, bei deren Überschreitung der Lärm der Baumaschinen in der Regel als unzumutbar anzusehen ist (BTDrucks IV/3142 S. 5). Ergänzend dazu sah § 3 Abs. 1 des Entwurfs eine Ermächtigung vor, durch Rechtsverordnung Emissionsgrenzwerte festzusetzen, die beim Betrieb von Baumaschinen auf Baustellen nicht überschritten werden dürfen, und Vorschriften über das Verfahren für die Messung der Geräuschemissionen zu erlassen. Auf Vorschlag der Bundesregierung und des Ausschusses für Gesundheitswesen wurde der Gesetzentwurf in §§ 2 und 3 dahingehend geändert, dass nicht mehr zur Festlegung von Emissionsgrenzwerten und Immissionsrichtwerten, sondern in § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 zur Festlegung von Immissions- und Emissionsrichtwerten ermächtigt wurde. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Festsetzung von Emissionsgrenzwerten durch Rechtsverordnung nicht die Möglichkeit biete, die besonderen Verhältnisse, unter denen Baumaschinen eingesetzt werden, zu berücksichtigen. Der Ausschuss schlug deshalb die Festsetzung von Richtwerten durch allgemeine Verwaltungsvorschriften vor, die eine elastischere Handhabung ermöglichten. Dabei ging er davon aus, dass die zuständigen Verwaltungsbehörden bei Überschreiten der Immissions- und Emissionsrichtwerte grundsätzlich verpflichtet sind, die notwendigen Maßnahmen zur Lärmminderung anzuordnen (BTDrucks IV/3584 S. 2).

31

Der Begriff "Immissionsrichtwert" ist danach im Anwendungsbereich der AVV Baulärm weiter zu verstehen als etwa im Anwendungsbereich der TA Lärm, die diesen Begriff in Nr. 6 ebenfalls verwendet, Überschreitungen aber nur in ausdrücklich geregelten Fällen (vgl. z.B. Nr. 3.2.1 2. bis 6. Absatz sowie Nr. 3.2.2) zulässt und ansonsten von einer strikten Pflicht zur Einhaltung der Richtwerte ausgeht, die für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung keinen Raum lässt (Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 Rn. 12; Beschluss vom 8. November 1994 - BVerwG 7 B 73.94 - Buchholz 406.25 § 3 BImSchG Nr. 10 S. 2<3>). Dabei ist das engere Begriffsverständnis der TA Lärm schon in der Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG angelegt, die auf "Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen", abhebt. In der Ermächtigungsgrundlage in § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm war dagegen - weniger strikt - von "Richtwerte(n) für die von Baustellen ausgehenden Geräuschimmissionen, bei deren Überschreiten Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen der Allgemeinheit zu besorgen sind", die Rede.

32

Der Normzweck der AVV Baulärm, eine gleichmäßige Rechtsanwendung sicherzustellen und damit Rechtssicherheit zu schaffen, wird auch dann nicht in Frage gestellt, wenn die Immissionsrichtwerte nur für den Regelfall als bindend betrachtet werden. Der verbleibende Spielraum für Ausnahmen von der Bindungswirkung ist eng, namentlich ist Nr. 3.1. nicht dahingehend zu verstehen, dass der gemäß Gebietszuordnung maßgebliche Immissionsrichtwert nur als Orientierungswert betrachtet und ergänzend eine Einzelfallbetrachtung angestellt wird. Da die AVV Baulärm als Maßstab für die Zumutbarkeit von Baustellenlärm auf die abstrakt bestimmte Schutzwürdigkeit von Gebieten abhebt, kommen Abweichungen vom Immissionsrichtwert nach oben vielmehr nur dann in Frage, wenn die Schutzwürdigkeit des Einwirkungsbereichs der Baustelle im konkreten Fall ausnahmsweise geringer zu bemessen ist als in den gebietsbezogen festgelegten Immissionsrichtwerten. Dies entspricht auch dem Anliegen des Gesetzgebers, die besonderen Verhältnisse berücksichtigen zu können, unter denen Baumaschinen zum Einsatz kommen (vgl. BTDrucks IV/3584 S. 2). Eine Abweichung von den Immissionsrichtwerten kann danach etwa dann in Betracht kommen, wenn im Einwirkungsbereich der Baustelle eine tatsächliche Lärmvorbelastung vorhanden ist, die über dem maßgeblichen Richtwert der AVV Baulärm liegt. Dabei ist der Begriff Vorbelastung hier nicht einschränkend in dem Sinne zu verstehen, dass nur Vorbelastungen durch andere Baustellen erfasst werden (vgl. etwa die einschränkende Definition in Nr. 2.4 1. Absatz Satz 1 TA Lärm). Maßgeblich ist vielmehr die Vorbelastung im natürlichen Wortsinn. "Nachteilige Wirkungen" im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG gehen nur von solchen baustellenbedingten Geräuschimmissionen aus, die dem Einwirkungsbereich mit Rücksicht auf dessen durch die Gebietsart und die konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können. Für die Gebietsart ist dabei von der bebauungsrechtlich geprägten Situation der betroffenen Grundstücke (im Einwirkungsbereich) auszugehen, für die tatsächlichen Verhältnisse spielen insbesondere Geräuschvorbelastungen eine wesentliche Rolle (vgl. Urteil vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <131> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 2 S. 1<22>). Daraus folgt zugleich, dass eine verminderte Schutzwürdigkeit nicht schon dann angenommen werden kann, wenn es etwa um die Errichtung wichtiger Verkehrsinfrastrukturvorhaben im öffentlichen Interesse geht. Zwar mag es Planbetroffenen als Ausdruck der Sozialbindung zumutbar sein, mehr an Baulärm hinzunehmen, wenn ein Vorhaben dem allgemeinen Verkehr gewidmet ist und insofern dem Wohl der Allgemeinheit dient. Dies mit bindender Wirkung entsprechend zu regeln, muss aber dem Normgeber vorbehalten bleiben.

33

(4) Entgegen der Auffassung der Klägerinnen erstreckt sich der Anwendungsbereich der AVV Baulärm nicht auf den Schutz der Außenkontaktbereiche vor Ladengeschäften. Die AVV Baulärm zielt auf den Schutz der Nachbarschaft. Zwar war in §§ 2, 3 Abs. 2 Nr. 2 und § 5 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm, auf dessen Grundlage die AVV Baulärm erlassen worden ist, nur von Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen der Allgemeinheit die Rede. Aus den Materialien ergibt sich aber, dass die in der Nachbarschaft von Baustellen wohnenden oder arbeitenden Personen geschützt werden sollten (BTDrucks IV/3142 S. 5, linke Spalte und BTDrucks IV/3584 S. 1). Zur Nachbarschaft in diesem Sinne gehören nur diejenigen Personen, die sich dem Baulärm jedenfalls nicht nachhaltig entziehen können, weil sie nach ihren Lebensumständen, die durch den Wohnort, den Arbeitsplatz oder die Ausbildungsstätte vermittelt werden können, den Einwirkungen dauerhaft ausgesetzt und daher qualifiziert betroffen sind (vgl. Urteil vom 22. Oktober 1982 - BVerwG 7 C 50.78 - Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 6 S. 17<19 f.>). Hierzu gehören etwa die Eigentümer und Bewohner der im Einwirkungsbereich gelegenen Grundstücke und alle Personen, die im Einwirkungsbereich arbeiten. Keine Nachbarn sind dagegen Personen, die sich nur zufällig bzw. gelegentlich, d.h. ohne besondere persönliche oder sachliche Bindungen, etwa aufgrund von Ausflügen oder Reisen oder als Kunden, im Einwirkungsbereich aufhalten. Solche Personen sind als "Publikum" Teil der "Allgemeinheit" (Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 35 ff.; Kutscheidt in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand Juli 2011, § 3 Rn. 6a f.).

34

Der Schutz der Nachbarschaft erfasst auch die zum Wohnen im Freien geeigneten und bestimmten unbebauten Flächen eines Wohngrundstücks. Der Schutzgegenstand des "Wohnens" kennzeichnet einen einheitlichen Lebensvorgang, der die Nutzung des Grundstücks insgesamt umfasst (Urteil vom 29. Januar 1991 - BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <387> = Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 7 S. 26<52 f.>). Voraussetzung für einen Anspruch auf Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG (bzw. einen Ausgleich in Geld nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG) ist insoweit, dass die gebietsspezifische Zumutbarkeitsgrenze für die Lärmimmissionen überschritten wird und die konkrete Fläche wegen ihrer besonderen Funktion und Lärmbetroffenheit schutzwürdig ist (Urteile vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 11.87 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 6 S. 7 und vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197 = Buchholz 406.25 § 22 BImSchG Nr. 6 S. 11).

35

Bei den Außenkontaktbereichen vor Ladengeschäften handelt es sich nicht um Flächen, die wegen ihrer besonderen Funktion und Lärmbetroffenheit schutzwürdig sind. Zwar gehört zu dem durch Art. 14 GG geschützten Bestand eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs auch die besondere Lage an der Straße (Kontakt nach außen), die dem Betrieb den Zugang zur Straße sowie die Zugänglichkeit von der Straße her gewährt und dem Inhaber die Einwirkung durch Werbung auf den fließenden Verkehr und damit das Gewinnen von Laufkundschaft ermöglicht (BGH, Urteil vom 7. Juli 1980 - III ZR 32/79 - NJW 1980, 2703, Rn. 17). Der Zugang zu Ladengeschäften wird aber nicht durch den Baulärm als solchen, sondern allenfalls durch bauliche Anlagen zu dessen Abschirmung beeinträchtigt. Abweichendes folgt nicht daraus, dass - wie die Klägerinnen meinen - die Möglichkeit zur Aufnahme von Außenkontakten durch Verweilen vor den Schaufenstern durch den Baulärm behindert wird. Passanten und Laufkundschaft werden vom Baulärm nicht qualifiziert betroffen, weil sie sich - auch beim Verweilen vor Schaufenstern - nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend im Einwirkungsbereich des Baulärms aufhalten. Anders verhält sich dies etwa bei den Freisitzen von Restaurants und Gaststätten, die grundsätzlich zu den schutzwürdigen Außenbereichen gehören können.

36

bb) Ausgehend von den vorgenannten Maßstäben hat der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG im Ergebnis zu Recht auf 68 dB(A) tags bestimmt. Die dagegen erhobenen Einwände der Klägerinnen greifen nicht durch.

37

(1) Der Beklagte hat das Gebiet um die Bahnhofsbaustelle Unter den Linden/Friedrichstraße zutreffend als "Gebiet, in dem vorwiegend gewerbliche Anlagen untergebracht sind" nach Nr. 3.1.1. Buchst. b) der AVV Baulärm eingestuft und demgemäß im Ausgangspunkt den Immissionsrichtwert von 65 dB(A) tags zugrunde gelegt. Für die Gebietszuordnung nach Nr. 3.1.1. der AVV Baulärm, die wie oben bereits ausgeführt nicht an die Gebietseinteilung der Baunutzungsverordnung 1990 angepasst werden muss, ist nicht auf den konkreten Immissionsort, sondern - wie sich aus Nr. 3.2.2. ergibt - auf den Einwirkungsbereich der Anlage abzustellen. Der Einwirkungsbereich der Bahnhofsbaustelle Unter den Linden ist in der richterlichen Aufklärungsverfügung vom 3. April 2012 dahingehend umrissen worden, dass er das Gebiet nördlich und südlich der Straße Unter den Linden vom Kreuzungsbereich Neustädtische Kirchstraße/Unter den Linden sowie Glinkastraße/Unter den Linden jeweils bis zur Kreuzung Unter den Linden/Charlottenstraße sowie beidseits der Friedrichstraße vom Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße bis zum Kreuzungsbereich Friedrichstraße/Behrenstraße (einschließlich der Gebäude Friedrichstraße 168-170 und Friedrichstraße 81-82) umfasst. Die Rüge der Klägerinnen, damit sei der Einwirkungsbereich zu eng gezogen, weil der Lärm auch in die Rosmarinstraße hineinwirke, greift schon deshalb nicht durch, weil die Rosmarinstraße zwischen dem Lindencorso und dem Rosmarin Karree verläuft und damit erfasst wird.

38

Der so bestimmte Einwirkungsbereich der Baustelle liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, so dass gemäß Nr. 3.2.3. der AVV Baulärm für die Gebietszuordnung die tatsächliche bauliche Nutzung zugrunde zu legen ist. Die tatsächliche bauliche Nutzung im Einwirkungsbereich der Baustelle ist in Anbetracht der vom Beklagten auf die Aufklärungsverfügung vom 3. April 2012 hin mit Schriftsatz vom 20. April 2012 vorgelegten Übersicht als vorwiegend gewerblich einzustufen. Die vorhandenen Gebäude werden weit überwiegend als Geschäfts- und Bürogebäude genutzt, der Anteil der Wohnnutzung ist - auch unter Berücksichtigung der im Rosmarin Karree vorhandenen Wohnungen und Apartments, die nicht zur Friedrichstraße hin gelegen sind - zahlenmäßig deutlich untergeordnet, er liegt bei maximal 20 %. Dabei ist eine Hotelnutzung entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht wie eine Wohnnutzung zu behandeln, sondern als gewerbliche Nutzung zu qualifizieren. Zwar mag eine Hotelnutzung im Hinblick auf Lärm schutzbedürftiger sein als andere gewerbliche Nutzungen. Gleichwohl unterscheiden sich Wohnnutzung und Beherbergungsbetrieb - wovon im Übrigen auch die von den Klägerinnen herangezogene Baunutzungsverordnung 1990 in § 3 Abs. 1 und 2 sowie § 3 Abs. 3 Nr. 1 ausgeht - grundlegend. So liegt ein Beherbergungsbetrieb in Abgrenzung zur Wohnnutzung nur dann vor, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können (Beschluss vom 8. Mai 1989 - BVerwG 4 B 78.89 - Buchholz 406.11 § 31 BBauG/BauGB Nr. 27 S. 1<2>). Insbesondere der Gesichtspunkt des nur vorübergehenden Aufenthalts rechtfertigt die Annahme einer im Vergleich zur Wohnnutzung geminderten Schutzwürdigkeit der Hotelnutzung.

39

(2) Der Beklagte durfte den danach maßgeblichen Immissionsrichtwert von 65 dB(A) wegen der im Einwirkungsbereich der Baustelle vorhandenen tatsächlichen Vorbelastung durch Verkehrslärm um 3 dB(A) auf 68 dB(A) erhöhen.

40

Nach der messtechnischen Bestandsaufnahme der B. GmbH zur Geräusch- und Erschütterungssituation in der Umgebung der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße vom 11. November 2009 treten im Kreuzungsbereich Unter den Linden/Friedrichstraße im Bereich bis zur Traufhöhe (22 m) an Werktagen (Montag bis Samstag) während der Tageszeit gemäß AVV Baulärm (07:00 bis 20:00 Uhr) energieäquivalente Dauerschallpegel von circa 70 dB(A) auf. Dabei sind die Unterschiede zwischen den unteren und den oberen Stockwerken mit maximal 0,5 dB sehr gering. Südlich der Straße Unter den Linden nehmen die Geräuschimmissionen in der Friedrichstraße bis zur Behrenstraße hin auf 66 dB(A) ab. Die auftretenden Geräusche weisen von Tag zu Tag nur geringe Unterschiede auf, ein Einfluss der Ferienzeit auf die Messergebnisse ist nicht erkennbar. An Werktagen ist der energieäquivalente Dauerschallpegel während der Nachtzeit nur 4 dB geringer als während der Tageszeit. In den Nächten von Freitag auf Samstag sowie Samstag auf Sonntag ist ein deutliches Absinken des Geräuschniveaus erst ab circa 02.00 Uhr nachts zu beobachten. Maximalpegel von 80 dB(A) treten im Untersuchungsgebiet so häufig auf, dass sie als typische Alltagsgeräusche anzusehen sind. Auch Maximalpegel über 90 dB(A) treten im Untersuchungsgebiet an allen Tagen regelmäßig auf (S. 10).

41

Die Klägerinnen haben diese Befunde nicht in Abrede gestellt. Ihr Einwand, die Vorbelastung dürfe nicht berücksichtigt werden, weil sie wegen Überschreitung der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle von 70 dB(A) rechtswidrig sei und eine Verpflichtung zur Lärmsanierung begründe, greift nicht durch. Dass die Vorbelastung durch den Verkehrslärm sich im Bereich der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze von 70 dB(A) bewegt, hat - ungeachtet der Frage, ob diese Grenze auch für innerstädtische Lagen wie hier einschlägig ist - nicht zur Folge, dass die Vorbelastung keinerlei Berücksichtigung finden darf (vgl. Beschluss vom 23. Juni 1989 - BVerwG 4 B 100.89 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 8 S. 12<13>).

42

Die Vorbelastung durch den Verkehrslärm musste nicht deshalb außer Betracht bleiben, weil Verkehrslärm und Baulärm nicht von den gleichen Lärmquellen herrühren. Wie oben ausgeführt ist der Begriff der Vorbelastung im Anwendungsbereich der AVV Baulärm im natürlichen Wortsinn zu verstehen. Darauf, von welcher Lärmquelle die tatsächliche Vorbelastung verursacht wird, kommt es daher nicht an. Folglich stellt sich auch die Frage nach der Vergleichbarkeit von Verkehrs- und Baulärm nicht.

43

Selbst wenn man dies anders sehen wollte, könnten die Klägerinnen sich vorliegend auf die mangelnde Vergleichbarkeit nicht berufen. Die Frage, ob der Geräuschcharakter des vorhandenen Verkehrslärms und des zu erwartenden Baulärms vergleichbar sind, war Gegenstand gutachterlicher Untersuchungen. Nach den gutachterlichen Stellungnahmen der B. GmbH vom 22. Juli 2010 und vom 20. Oktober 2010 ist die Vergleichbarkeit nur an den Tagen nicht gegeben, an denen beim Abbruch der Fahrbahnen ein Fugenschneider mit einer Schallleistung von 115 dB(A) sowie beim Betonieren der Tunneldecke ein Verdichter (Rüttelflasche) zum Einsatz kommt, der ein stark tonhaltiges Geräusch erzeugt, das auch bei parallelem Betrieb mit Betonmischfahrzeugen und Autobetonpumpen jederzeit wahrgenommen werden kann. Diese Tage machen nur einen geringen Anteil an den Gesamtbautagen (305) aus. Für alle anderen Bauphasen - auch die besonders lärmintensiven Bauphasen "Erstellung der Schlitzwände und Erstellung der HDI-Sohlen" - gelangen die Gutachter dagegen zu dem Ergebnis, dass die Geräusche vergleichbar seien, weil in diesen Bauphasen die Baugeräusche durch die Geräusche der Antriebsmotoren der Baugeräte bestimmt würden. Die Klägerinnen haben diese gutachterlichen Stellungnahmen nicht substantiiert in Zweifel gezogen, sondern sich damit begnügt, die Vergleichbarkeit von Bau- und Verkehrslärm pauschal zu bestreiten.

44

Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle für die Baustelle Unter den Linden/Friedrichstraße einheitlich auf 68 dB(A) bestimmt hat, obwohl - was er ausweislich der Begründung des Planänderungsbeschlusses zur Kenntnis genommen hat (S. 34) - die Vorbelastung durch den Verkehrslärm zur Behrenstraße hin von circa 70 dB(A) auf circa 66 dB(A) abnimmt. Die Zumutbarkeitsschwelle muss, zumal bei Baustellen von räumlich begrenzter Ausdehnung, weder geschossbezogen noch für jedes einzelne Gebäude gesondert festgelegt werden. Vielmehr war es vorliegend sachgerecht, einen Mittelwert zu bilden.

45

(3) Dagegen darf der nach Nr. 3.1.1. der AVV Baulärm maßgebliche Immissionsrichtwert im Planfeststellungsverfahren nicht unter Rückgriff auf den sogenannten Eingreifwert nach Nr. 4.1. noch (um bis zu) 5 dB(A) erhöht werden. Nach Nr. 4.1. sollen Maßnahmen zur Minderung der Geräusche angeordnet werden, wenn der nach Nr. 6. ermittelte Beurteilungspegel des von Baumaschinen hervorgerufenen Geräusches den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB(A) überschreitet. Eine ähnliche Regelung findet sich etwa in Nr. 5.1 3. Absatz TA Lärm 1998. Diese Vorschrift befasst sich mit immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an bestehende Anlagen und legt fest, dass - neben weiteren Voraussetzungen - erst bei Überschreitung der Richtwerte um 5 dB(A) eingeschritten werden darf. Der Sache nach wirkt sich der Zuschlag in Nr. 4.1. der AVV Baulärm wie ein Messabschlag zugunsten des Bauunternehmers aus. Ein solcher Messabschlag, dort um jeweils 3 dB(A), ist auch in anderen Regelwerken anerkannt (vgl. etwa Anhang Nr. 1.6 Abs. 2 der 18. BImSchV und Nr. 6.9 TA Lärm 1998). Messabschläge sind wegen der Interdependenzen zwischen Immissionswerten und dem für ihre Ermittlung festgelegten Mess- und Beurteilungsverfahren untrennbarer Bestandteil dieser Verfahren. Sie sind trotz der Fortentwicklung der Messtechnik wegen verbleibender Unsicherheiten bei der messtechnischen Überprüfung der Einhaltung der Immissionswerte auch heute noch gerechtfertigt (vgl. Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 = Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 9 Rn. 18; Feldhaus/Tegeder, UPR 2005, 208 <209 f.>). Allerdings kommen Messabschläge bei prognostischen Einschätzungen in Genehmigungsverfahren nicht zum Tragen, weil dort nachzuweisen ist, dass die Zumutbarkeitskriterien eingehalten werden. Überträgt man diese Erwägungen auf den Eingreifwert nach Nr. 4.1. der AVV Baulärm, kann der Messabschlag bei der Bestimmung der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle im Planfeststellungsverfahren keine Anwendung finden. Nach dem Wortlaut der Nr. 4.1. und ihrer systematischen Stellung innerhalb der AVV Baulärm dürfte es sich dabei vielmehr um eine Regelung handeln, die das behördliche Handlungsermessen steuern soll. Dafür spricht u.a., dass sie sich nicht im Abschnitt Nr. 6. "Ermittlung des Beurteilungspegels", sondern im Abschnitt Nr. 4. "Maßnahmen zur Minderung des Baulärms" findet.

46

(4) Der Beklagte hat eine Entschädigung für unzumutbare Lärmeinwirkungen in Innenräumen zwar von der Überschreitung der oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 abhängig gemacht, was ausgehend von dem im Planänderungsbeschluss unterstellten Schalldämmmaß der Außenfassaden des Hotels (vorbehaltlich des Nachweises einer geringeren Schalldämmung) nur bei einem Außenpegel ab 71 dB(A) der Fall ist. Das führt aber nicht dazu, dass die auf einen Außenpegel von 68 dB(A) festgelegte Zumutbarkeitsschwelle damit faktisch auf 71 dB(A) erhöht wird. Der Außenpegel beschreibt den Wert, ab dem aktiver Schallschutz erforderlich wird. Hiervon ist erkennbar auch der Beklagte ausgegangen, indem er die der Beigeladenen aufgegebenen Vorkehrungen zum Schutz vor Baulärm auf diesen Wert hin ausgerichtet hat. Davon zu unterscheiden ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Entschädigung für baulärmbedingte Nutzungsbeeinträchtigungen in Innenräumen besteht.

47

b) Die dem planfestgestellten Schutzkonzept zugrunde liegende Lärmprognose leidet nicht an den von den Klägerinnen geltend gemachten Mängeln.

48

aa) Die Rügen der Klägerinnen, bei der Lärmprognose sei hinsichtlich der im Katalog der 32. BImSchV aufgeführten Baumaschinen pauschal ein Geräteabschlag von 3 dB vorgenommen worden, überdies seien keine Impulszuschläge berücksichtigt und sei ein idealisierter Bauablauf zugrunde gelegt worden, greifen nicht durch.

49

Nach dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010 haben die Gutachter - den Vorgaben in I. der Anlage 5 zur AVV Baulärm entsprechend - zunächst für jede der Bauphasen, die in allen Baufeldern durchlaufen werden (Baufeldfreimachung und Abbruch der vorhandenen Straße; Erdaushub und Erstellung der Führungen für den Schlitzwandgreifer, Erstellung der Schlitzwände, Erstellung der HDI-Sohlen, Abbruch des vorhandenen Tunnels , Betonieren der Tunneldecke, Bauarbeiten unter der Tunneldecke , Wiederherstellung des Straßenpflasters ), die maßgeblichen Eingangsdaten (Geräuschemissionen der eingesetzten Baugeräte bzw. Bauverfahren, tägliche Einsatzzeiten der verwendeten Baugeräte bzw. Bauverfahren, Dauer der Bauphase, geometrische Anordnung der Baugeräte während der Bauphase) ermittelt. Aufbauend auf diesen Angaben ist für jede Bauphase ein eigenes Berechnungsfile erstellt worden. Dabei ist im Sinne einer worst-case-Annahme unterstellt worden, dass die Bauarbeiten während der im Massenlogistikkonzept beschriebenen Zeitdauer permanent stattfinden; Einrichtungszeiten für die Baustelle sowie Abbauzeiten und eventuelle Stillstandzeiten, die als Pufferzeiten in die Bauzeit mit eingerechnet sind, wurden nicht berücksichtigt (S. 25/26).

50

Die für die Berechnungen verwendeten Geräuschemissionsansätze der Baugeräte (Schallleistungspegel) sind in der Tabelle 8 des Gutachtens vom 2. März 2010 (S. 28) angegeben. In der Tabelle findet sich auch eine Autobetonpumpe mit einer Antriebsleistung von 272 kW. Der Einwand der Klägerinnen, die Hochdruckpumpe sei nicht einbezogen worden, ist daher nicht begründet. Sofern die Geräuschemissionen der eingesetzten Baumaschinen impulshaltig und/oder tonhaltig sind, ist ein entsprechender Zuschlag in der Spalte KI (Impulszuschlag) bzw. KT (Tonzuschlag) vermerkt, so für den Einsatz des Radladers beim Aufheben des Asphalts wegen der Stoßgeräusche beim Aufnehmen und Abkippen in den LKW sowie für den Einsatz des Kettenbaggers beim Abbrechen der Tunneldecke wegen der Stoßgeräusche beim Abladen in den LKW (vgl. S. 28 Tabelle 8, Spalte Bemerkungen). Hinsichtlich der Geräuschemissionen der Baugeräte geht das Gutachten davon aus, dass die Baugeräte mindestens die derzeitigen Anforderungen an das Inverkehrbringen erfüllen. Für die in der 32. BImSchV aufgeführten Baugeräte sind dies die Anforderungen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG, Phase 2 (S. 26). Für die Baumaschinen, die im Katalog der 32. BImSchV aufgeführt sind, haben die Gutachter den Grenzwert für das Inverkehrbringen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG, Phase 2, abzüglich 3 dB angesetzt. Für Baugeräte, die im Katalog der 32. BImSchV nicht aufgeführt werden, wurde auf verschiedene Literaturquellen zurückgegriffen (S. 27).

51

Gegen diese Verfahrensweise ist nichts zu erinnern. Die Anforderungen der EU-Richtlinie 2000/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über umweltbelastende Geräuschemissionen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und Maschinen (ABl EG Nr. L 162 S. 1), zu deren Umsetzung die 32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung) - 32. BImSchV - vom 29. August 2002 (BGBl I S. 3478, zuletzt geändert durch Verordnung zur Umsetzung der EG-Richtlinien 2002/44/EG und 2003/10/EG zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen vom 6. März 2007, BGBl I S. 261 <277>) dient, sind als garantierte Schallleistungspegel zu verstehen (vgl. Art. 3 Buchst. f der Richtlinie und § 2 Nr. 6 der 32. BImSchV). Der garantierte Schallleistungspegel liegt nach den Erläuterungen im Gutachten vom 2. März 2010 stets oberhalb des im Einsatz erzeugten Schallleistungspegels, weil er alle eventuellen Unsicherheiten (auch solche, die durch das Messverfahren bedingt sind) mit abdecken muss. Mit welchem Sicherheitszuschlag die einzelnen Hersteller rechnen, bleibe ihnen selbst überlassen. Zumindest müssten sie aber den offiziellen Wert für die Messunsicherheit des Verfahrens (3 dB) berücksichtigen. Den Messungen der Gutachter zufolge werden zum Teil wesentlich größere Unsicherheitsaufschläge bis zu 6 dB aufgeschlagen. Dies rechtfertigt es auch nach der Auffassung des Senats, von den Grenzwerten für das Inverkehrbringen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG für die im Katalog der 32. BImSchV aufgeführten Baumaschinen im Rahmen der Lärmprognose 3 dB abzuziehen.

52

Worauf die Klägerinnen ihre nicht näher begründete Behauptung stützen, dass der Lärmprognose ein idealisierter Bauablauf zugrunde liege, erschließt sich nicht. Die für die jeweiligen Bauphasen zugrunde gelegten Zeiträume und Einsatzzeiten der Baumaschinen können den Tabellen Nr. 9 bis 15 des Gutachtens (S. 30 bis 36) entnommen werden. Substantielle Einwände gegen die dort angesetzten Einsatzzeiten und Zeiträume haben die Klägerinnen nicht erhoben.

53

bb) Die Lärmprognose erweist sich auch nicht deshalb als unzulänglich, weil kein Summenpegel aus Verkehrslärm und Baustellenlärm gebildet worden ist. Die AVV Baulärm enthält keine Regelung zur Berücksichtigung bereits vorhandener Geräusche bei der Ermittlung der Gesamtbelastung. Das ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Zwar liegt dem Bundes-Immissionsschutzgesetz in § 3 Abs. 1 für die Definition der schädlichen Umwelteinwirkungen eine akzeptorbezogene Betrachtungsweise zugrunde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Geräuschimmissionen aber maßgeblich vom "Anlagenbezug" des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auszugehen, wie er auch in § 22 Abs. 1 BImSchG und den daran ausgerichteten, nach Anlagenarten differenzierenden Verordnungen und Regelwerken zum Ausdruck kommt. Gesamtbetrachtungen sind nur nach Maßgabe dessen erlaubt, was gesetzliche Vorgaben und die daran anknüpfenden Regelwerke zulassen. Selbst wenn man anerkennt, dass es für die Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen nach der Definition des § 3 Abs. 2 BImSchG nicht darauf ankommt, woher, insbesondere aus wie vielen Quellen, die zu beurteilende Beeinträchtigung stammt (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 9.95 - BVerwGE 101, 1 <7> = Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 12 S. 23<27>) und daher bei der immissionsschutzrechtlichen Beurteilung von Anlagen die vorhandene Geräuschvorbelastung grundsätzlich zu berücksichtigen ist, folgt daraus nicht, dass dem nur durch die Bildung eines alle Geräusche erfassenden Summenpegels Rechnung getragen werden kann. Das gilt selbst dann, wenn der Lärm einzelner Anlagen dominiert. Die Frage, wie der Lärmbeitrag anderer, insbesondere andersartiger Anlagen zu berücksichtigen ist, ist vielmehr vorrangig nach dem für die jeweilige Anlagenart einschlägigen Regelwerk zu beantworten. Die Bildung eines Summenpegels ist zulässig, wenn es sich um gleichartige, durch dasselbe Regelwerk erfasste Anlagen handelt (Urteil vom 16. Mai 2001 - BVerwG 7 C 16.00 - Buchholz 406.25 § 3 BImSchG Nr. 16 Rn. 12 und 16). Abweichendes gilt im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dann, wenn die Gesamtbelastung der Geräuschimmissionen aus verschiedenen Lärmquellen die Grenze zur Gesundheitsgefährdung übersteigt.

54

Dafür ist hier nichts ersichtlich. Der Verkehrslärm im Bereich der Baustelle Unter den Linden/Friedrichstraße wird aufgrund der Sperrung der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden sowie der Friedrichstraße von der südlichen Fahrbahn der Straße Unter den Linden bis zur Kreuzung mit der Behrenstraße während der offenen Bauphase weitgehend entfallen. Nach dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010 ist der Anteil der Verkehrsgeräusche während der Bauphase ermittelt und in Relation zu den durch den Baubetrieb erzeugten Geräuschimmissionen gestellt worden. Danach ist ein nennenswerter Einfluss der Verkehrsgeräusche nur für die - hier nicht relevanten - Bereiche nördlich der Straße Unter den Linden (Haus der Schweiz) zu erwarten. Auch dort würde aber ein Anteil von 5 % überdurchschnittlich lauter Tage während der Bauzeit selbst bei Berücksichtigung der Verkehrsgeräusche nicht überschritten werden (S. 45 bis 48). Für den Immissionspunkt H (Ecke Friedrichstraße/Behrenstraße, Rosmarin Karree) und die dem gegenüberliegende Fassade des Hotels ist für die Bauphase ein Verkehrslärm von circa 44 dB(A) ermittelt worden (S. 47, Tabelle 25 und Anhang, letztes Blatt). Ein gesundheitsgefährdender Summenpegel ist demnach nicht zu besorgen.

55

Der Einwand der Klägerinnen, die Verkehrsbelastung auf der Behrenstraße werde während der Bauzeit aufgrund der vorgesehenen Umleitungen erheblich steigen, greift nicht durch. Abgesehen davon, dass die Behrenstraße an den der Baustelle abgewandten Fassaden des Hotels entlang verläuft, ist schon nicht substantiiert dargetan, dass es auf der Behrenstraße tatsächlich zu einer Verkehrszunahme kommt. Nach dem von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 14. Juni 2012 vorgelegten aktuellen Verkehrsführungskonzept vom 25. Mai 2012 wird der Fahrzeugverkehr (Kfz-Verkehr, Radverkehr, ÖPNV) mithilfe eines komplexen Umleitungssystems an den Sperrungen im Bereich Unter den Linden/Friedrichstraße vorbeigeführt. Über die Behrenstraße wird lediglich der Verkehr in Richtung Süden geführt. Für eine wesentliche Erhöhung des Verkehrs auf der Behrenstraße ist danach nichts ersichtlich.

56

cc) Weitere substantielle Einwände gegen die Lärmprognose haben die Klägerinnen nicht erhoben. Ihre Rüge, es fehle im Planänderungsbeschluss an der Festlegung eines Maximalpegelkriteriums, greift nicht durch. Die AVV Baulärm stellt für die Tagzeit auf den gemittelten Pegel ab, die Zahl der Überschreitungen eines bestimmten Maximalpegels ist nicht entscheidend. Eine Art Maximalpegelregelung findet sich in Nr. 3.1.3. der AVV Baulärm nur für die Nachtzeit. Dagegen ist nichts zu erinnern, zumal auch der von einer über mehrere Jahre hinweg betriebenen Baustelle ausgehende Lärm im Gegensatz zu Gewerbe- und Verkehrslärm zeitlich begrenzt ist und jedem Grundstückseigentümer und erst recht dem Träger eines im öffentlichen Interesse stehenden (Groß-)Vorhabens die Möglichkeit zustehen muss, seine ansonsten zulässigen Vorhaben unter auch ihm zumutbaren Bedingungen zu verwirklichen (VGH Mannheim, Urteil vom 8. Februar 2007 - 5 S 2257/05 - ZUR 2007, 427 Rn. 131; vgl. zur Zulässigkeit des Dauerschallkriteriums für die Bewertung von Fluglärm während des Tags, BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2008 - BVerwG 4 B 50.07 - BauR 2008, 2030).

57

Im Übrigen ergibt sich aus dem Gutachten der B. GmbH vom 2. März 2010, dass die der Lärmprognose zugrunde liegenden Berechnungen mithilfe der Prognosesoftware CADNA/A, Version 3.7, durchgeführt wurden und der Beurteilungspegel gemäß DIN-Vorschrift 45645-2 ermittelt wurde (S. 37 f.). In die Berechnungen sind die Geräuschemissionen und Einsatzzeiten der Geräte sowie die veranschlagte Dauer der Bauphase eingegangen (S. 36). Zudem sind in die Lärmprognose sowohl der über die einzelnen Bauphasen bzw. über die gesamte Bauzeit prognostizierte und gemittelte Beurteilungspegel als auch die Anzahl der Tage eingestellt worden, an denen ein Beurteilungspegel von 72 dB(A) überschritten wird (S. 11). Maximalpegel über 72 dB(A) sind damit in der Lärmprognose berücksichtigt worden.

58

c) Die im Wesentlichen auf Ergänzung des Planänderungsbeschlusses um weitere Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes gerichteten Anträge Nr. 1 bis 8 haben keinen Erfolg.

59

aa) Der Antrag Nr. 1, die Auflage A II.3.1.1. dahingehend zu ergänzen, dass nur Baumaschinen mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" oder entsprechender anderer Zertifizierung eingesetzt werden dürfen, kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten und der Beigeladenen auf der Baustelle auch Baumaschinen zum Einsatz kommen, für die es solche Umweltzeichen nicht gibt. Vor diesem Hintergrund reicht es aus, dass der Beklagte der Beigeladenen in dieser Nebenbestimmung aufgegeben hat, sicherzustellen, dass ausschließlich Bauverfahren und Baugeräte eingesetzt werden, die hinsichtlich ihrer Schall- und Erschütterungsemissionen lärmarm arbeiten. Soweit die Klägerinnen darauf verweisen, dass das von der Beigeladenen ursprünglich vorgelegte Gutachten Nr. N454113h des Ing.-Büro Dr.-Ing. M. den Einsatz geräuscharmer Baugeräte mit dem Umweltzeichen RAL-UZ 53 "Blauer Engel" empfehle, weil damit eine Reduktion um 5 bis 10 dB(A) möglich sei, folgt daraus nichts anderes. Aus dem - knapp gehaltenen - Gutachten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gutachter sich mit dem Gesichtspunkt der Verfügbarkeit solcher Baumaschinen und -geräte überhaupt näher befasst hat.

60

bb) Eine Verkleidung, die sicherstellt, dass in den Arkaden ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nicht überschritten wird (Antrag Nr. 2), können die Klägerinnen - von allem anderen abgesehen - schon deshalb nicht beanspruchen, weil der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle zu Recht auf 68 dB(A) festgelegt hat.

61

cc) Der Antrag Nr. 3, den Außenbereich der Galerie und des Restaurants Nante-Eck zur Straße Unter den Linden durch Lärmschutzwände an der Baustelle so zu schützen, dass auf dem Gehweg ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nicht überschritten wird, bleibt ebenfalls erfolglos. Die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle ist zu Recht auf 68 dB(A) festgesetzt worden. Die Klägerinnen haben daher ungeachtet dessen, dass Außenkontaktbereiche vor Ladengeschäften dem Anwendungsbereich der AVV Baulärm ohnehin nicht unterfallen, keinen Anspruch auf Einhaltung eines Beurteilungspegels von 60 dB(A). Hinzu kommt, dass die Aufstellung von Fassadenschutzwänden im Planaufstellungsverfahren geprüft, aber wegen des geringen Nutzens und der weit überwiegenden Nachteile sowie technischer Schwierigkeiten verworfen worden ist (S. 36 PÄB). Diese Überlegungen betreffen zwar in erster Linie die Friedrichstraße, sind aber auf die Straße Unter den Linden weitgehend übertragbar. Die Beigeladene hat im gerichtlichen Verfahren zu diesem Thema ergänzend ausgeführt, dass die Wirkung einer solchen Abschirmwand aufgrund der Reflexionen der Gebäudefassaden stark reduziert wäre. Selbst bei einer sehr hohen Abschirmwand von 8 m sei eine Geräuschreduktion von mehr als 5 dB nicht zu erreichen. Zudem seien solche Lärmschutzwände technisch nicht verfügbar. Bei der Errichtung einer so hohen, freistehenden Abschirmwand bestünden wegen auftretender Windlasten konstruktive Schwierigkeiten. In jedem Fall müssten zunächst tiefe Fundamente im Straßengrund errichtet werden. Hierfür sei im Bereich zwischen der Baustelle und den Gehwegen kein Platz. Abgesehen davon sei die Errichtung solcher Abschirmwände mit erheblichen Geräuschemissionen verbunden, die angesichts der in diesem Bereich nur während eines vergleichsweise kurzen Zeitraums auftretenden Lärmbeeinträchtigungen nicht zu rechtfertigen wären. Hiergegen haben die Klägerinnen keine substantiellen Einwände erhoben. Sie verweisen zwar auf die Empfehlung des Ing.-Büros M. im Gutachten vom 15. August 2008, mobile Schallschutzwände einzusetzen. Dieses Gutachten verhält sich aber nicht dazu, inwieweit der Einsatz mobiler Schallschutzwände vorliegend technisch überhaupt möglich und unter Lärmschutzgesichtspunkten sinnvoll wäre.

62

dd) Es kann dahinstehen, ob der Antrag Nr. 4, die Baustelle in der Friedrichstraße nach Herstellung der Schlitzwände und vor weiterem Abtrag der Straßendecke mit einer Schalldämmung von 20 dB(A) einzuhausen, schon deshalb keinen Erfolg haben kann, weil die Klägerinnen dies im Einwendungsverfahren nicht gefordert haben. Sie können eine Einhausung der Baustelle auch deshalb nicht beanspruchen, weil diese Maßnahme - sofern überhaupt technisch realisierbar - nach den von den Klägerinnen nicht bestrittenen Darlegungen des Beklagten und der Beigeladenen unverhältnismäßig wäre. Nach dem Lärm- und Erschütterungsgutachten der BeSB GmbH vom 2. März 2010 treten am lautesten Immissionsort im Mittelbereich der Friedrichstraße an maximal 16 % aller Bautage Geräuschimmissionen auf, die das derzeitige Geräuschniveau deutlich übersteigen. Vor den Fassaden in der Straße Unter den Linden sowie im Südbereich der Friedrichstraße beträgt dieser Anteil maximal circa 5 % aller Bautage. Circa die Hälfte aller überdurchschnittlich lauten Tage tritt während der Phase der Schlitzwanderstellung auf (S. 5/6). Die Einhausung würde demnach weder die längsten noch die lautesten Bauphasen erfassen. Ausgenommen blieben insbesondere die Arbeiten zur Herstellung der Schlitzwände und der HDI-Sohlen. Die hierzu eingesetzten Bohrgeräte haben eine Höhe von über 15 m und lassen sich daher nicht einhausen. Lediglich für die Herstellung der neuen Tunneldecke und die Wiederherstellung der Oberfläche käme eine Einhausung jedenfalls theoretisch in Betracht. Um das von den Klägerinnen geforderte Schalldämmmaß von 20 dB zu erzielen, müsste eine feste Abdeckung errichtet werden, die zudem stützfrei ist, weil ansonsten die Bautätigkeit behindert würde. Die Einhausung müsste eine Höhe von mindestens 6 m über Straßenniveau aufweisen, um Hebezugarbeiten zu ermöglichen. Sie würde somit die Fensterfront des ersten Obergeschosses des Hotels verdecken bzw. einschließen. Zudem müsste die Konstruktion fest im Boden verankert werden. Die im Boden zu verankernden Stützen müssten zwischen der Schlitzwand und der Fassade in die Erde eingebracht werden. Auf dem dort ohnehin nur begrenzt zur Verfügung stehenden Raum befinden sich bereits die für die Bauzeit verlegten Leitungen der Versorgungsunternehmen. Zudem müsste die Einhausung zum Großteil direkt vor Ort gefertigt (zugesägt) und dann montiert werden. Hierdurch würden genau die Schlag- und Sägegeräusche auftreten, die durch die Einhausung gerade vermieden werden sollen. Die Anzahl besonders lauter Tage würde sich durch die Arbeiten zur Errichtung der Einhausung damit voraussichtlich erhöhen. In Anbetracht dieser Umstände durfte der Beklagte eine Einhausung zu Recht verwerfen.

63

ee) Der Antrag Nr. 5, der Beigeladenen aufzugeben, der Klägerin zu 1 die Kosten für Schallschutzfenster in den Hotelzimmern, im Frühstücks- und Hotelrestaurant sowie in der Lobby zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße zu erstatten, die erforderlich sind, um bei einem zulässigen Grenzwert von 60 dB(A) und zulässigen Maximalpegeln von 70 dB(A) einen Innenpegel von 31 dB(A) zu gewährleisten, bleibt ebenfalls erfolglos. Die Klägerin zu 1 hat schon keinen Anspruch darauf, dass die Schallschutzmaßnahmen an einem Außenpegel von 60 dB(A) und einem Innenpegel von 31 dB(A) ausgerichtet werden. Zudem hat der Beklagte den Einbau von Schallschutzfenstern, der nach einer von der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 27. August 2010 gemäß Kostenschätzung vom 18. Juni 2010 circa 1 200 000 € kosten würde, zu Recht mit der Erwägung als unverhältnismäßig verworfen, dass in den Nachtstunden keine Bautätigkeit stattfinden wird, in den Tagstunden wegen der Sperrung der Friedrichstraße die hohe Vorbelastung durch Verkehrslärm entfällt und die baubedingte Lärmbelastung sich an der Mehrzahl der Bautage wegen des bereits vorhandenen hochwertigen Schallschutzes sogar unterhalb des Niveaus der Vorbelastung durch den Verkehrslärm bewegen wird. Zudem würde der Einbau bzw. die Auswechselung von Schallschutzfenstern ebenfalls zu Beeinträchtigungen in der Nutzbarkeit der Objekte führen, die in Relation zu den erzielbaren Erfolgen gestellt werden müssten. So sei beim Hotel W. davon auszugehen, dass eine Auswechselung der Fenster zu Beeinträchtigungen führen würde, die nicht weniger schwer wögen als die verbleibenden Beeinträchtigungen ohne die Maßnahme (S. 36-38 PÄB). Diesen Erwägungen sind die Klägerinnen nicht entgegengetreten.

64

Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern folgt auch nicht daraus, dass nach der Stellungnahme der Akustik-Inge-nieurbüro M. GmbH vom 4. Mai 2010 der mittlere Innenpegel in den Hotelzimmern 31 dB(A) betragen soll, eine Erhöhung der Lautstärke um 3 dB(A) als wesentlich und somit störend wahrgenommen werde und ein Hotelbetrieb mit dem hier gebotenen hohen Komfort bei einem Innenpegel von mehr als 35 dB(A) nicht mehr möglich sei, zumal ein ungestörter Schlaf ein wichtiges Qualitätsmerkmal eines Hotels und lauter Baulärm zwischen 07:00 und 10:00 Uhr daher auch dann besonders störend sei, wenn der über den ganzen Tag gemittelte Beurteilungspegel von 35 dB(A) noch nicht überschritten werde. Setzt man die prognostizierte Zahl der Tage, an denen es durch den Baulärm außen vor der Fassade des Hotels lauter wird als durch den vorhandenen Verkehrslärm bzw. als 71 dB(A) (52 Tage) in Relation zu den Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern, die eine Beibehaltung des bisherigen Lärmniveaus in den Zimmern auch an diesen Tagen ermöglichen, erweist sich der Einbau als unverhältnismäßig. Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch die TA Lärm in Nr. 6.5 nur für Gebiete nach Nr. 6.1 Buchst. d bis f (allgemeine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, Kurgebiete sowie Krankenhäuser und Pflegeanstalten) Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit vorsieht (an Werktagen 06.00-07.00 Uhr und 20.00-22.00 Uhr), die in der Tagzeit der AVV Baulärm (07.00 bis 20.00 Uhr) bereits berücksichtigt sind.

65

Die Klägerin zu 1 kann auch nicht den Ersatz der Kosten verlangen, die bei der Sanierung 2006 bis 2008 für den Einbau von Schallschutzfenstern der Klasse 3 im Lindenflügel des Hotels aufgewandt wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Schallschutzfenster seinerzeit nicht zum Schutz der Hotelgäste vor Verkehrslärm, sondern zur Abwehr der Lärmeinwirkungen des streitgegenständlichen Bauvorhabens eingebaut worden sind, hat die Klägerin zu 1 nicht dargetan.

66

ff) Der Antrag Nr. 6, die Beigeladene zu verpflichten, den Gehweg Unter den Linden vor dem Hotel während der gesamten Bauzeit täglich zu reinigen, bleibt erfolglos. Die Straße Unter den Linden ist in der bei Erlass des Planänderungsbeschlusses geltenden Verordnung über die Straßenreinigungsverzeichnisse und die Einteilung in Reinigungsklassen vom 29. Oktober 2009 (GVOBl Bln S. 505 <545>) im Straßenreinigungsverzeichnis A, Reinigungsklasse 1 (= 7x/Woche), verzeichnet und wird demnach täglich gereinigt. Dass diese Reinigung, die auch den Gehweg umfasst, während der Bauarbeiten unterbleibt, haben die Klägerinnen nicht vorgetragen.

67

gg) Der Antrag Nr. 7, die Auflage A II.3.1.8. dahingehend zu ergänzen, dass die Beweissicherung gemäß dem Konzept der GuD vom 26. August 2010 rechtzeitig vor Baubeginn durchzuführen ist, hat keinen Erfolg. Das Beweissicherungskonzept der GuD ist nach der Regelung in A I. des Planänderungsbeschlusses als Anlage 5 vollumfänglich planfestgestellt worden. Wie Ziff. 4.9 (S. 8/9) des Konzepts entnommen werden kann, soll eine Erstbeweissicherung hinsichtlich der Beweissicherungsarten S1 bis S6 vor Beginn der Bauarbeiten erfolgen. Dass die Beweissicherungsart S7 (visuelle Beweissicherung durch einen Sachverständigen) insoweit ausgenommen ist, begegnet keinen Bedenken, weil sie nach den Erläuterungen auf S. 8 des Konzepts im Zuge der Baumaßnahme ggf. bei besonderen Bedingungen und Schadensfällen vorgenommen werden muss, wenn andere Arten der Beweissicherung nicht bzw. nicht mehr möglich sind und es in Anbetracht des Schadens besonderen Sachverstands bedarf.

68

hh) Schließlich ist auch dem Antrag Nr. 8, der Beigeladenen aufzugeben, eine Lärmprognose mit detailliertem Bauablauf für die Baufelder II - IV vorzulegen und anzugeben, wann der Immissionsrichtwert von 60 dB(A) überschritten wird und welche Maximalpegel in den einzelnen Bauabschnitten täglich zu erwarten sind, nicht zu entsprechen. Die Klägerinnen können die Vorlage einer solchermaßen detaillierten Lärmprognose nicht verlangen. Der durch Bauarbeiten ausgelöste Lärm ist unregelmäßig und entzieht sich einer noch genaueren Prognose (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 111 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 215 S. 196; VGH Kassel, Urteil vom 17. November 2011 - 2 C 2165/09.T - juris Rn. 272). Soweit möglich hat der Beklagte dem Interesse der Klägerinnen an einer frühzeitigen Information über die zu erwartenden Bauarbeiten durch die Regelung in A II.3.2.1. des Planänderungsbeschlusses Rechnung getragen.

69

2. Die im Planänderungsbeschluss in Gestalt der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen getroffenen Festsetzungen zum Grund (a) und zu den Bemessungsgrundlagen (b) der Entschädigung sind nicht zu beanstanden. Die weitergehenden Klageanträge Nr. 9a) bis e) und 10 sind nicht begründet (c).

70

a) Rechtsgrundlage für Entschädigungsansprüche wegen unzumutbarer Beeinträchtigungen durch die Errichtung eines planfestgestellten Vorhabens ist § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG. Danach hat - sofern Vorkehrungen oder Anlagen zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind - der Betroffene einen Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Der Entschädigungsanspruch ist dem Grunde nach im Planfeststellungsbeschluss festzustellen, zudem sind die Bemessungsgrundlagen für die Höhe anzugeben (Urteile vom 11. November 1988 - BVerwG 4 C 11.87 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 6 S. 7<9> und vom 31. Januar 2001 - BVerwG 11 A 6.00 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 56 S. 20<32>).

71

aa) Der Ausgleichsanspruch nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG gewährt einen finanziellen Ausgleich für einen anderenfalls unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentum. Es handelt sich dabei nicht um eine Enteignungsentschädigung, sondern um einen Ausgleichsanspruch eigener Art. § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG bestimmen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums. Wird der Eigentümer in der Nutzung seines Grundstücks durch nachteilige Einwirkungen des Vorhabens unzumutbar gestört und können diese Störungen aus den Gründen des Satzes 3 nicht durch physisch-reale Schutzmaßnahmen ausgeglichen werden, muss der Eigentümer die Einwirkungen auf sein Eigentum trotz deren Unzumutbarkeit zwar hinnehmen, wenn in der Abwägung hinreichend gewichtige Belange des Allgemeinwohls für die Verwirklichung des Vorhabens sprechen. Die darin liegende Beschränkung seines Eigentums ist aber nur verhältnismäßig, wenn er finanziell entschädigt wird (Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 74 Rn. 195 m.w.N.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226 <245 f.>).

72

Entschädigungsansprüche aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff bestehen neben dem Entschädigungsanspruch aus § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht. Auch für einen Anspruch aus § 906 Abs. 2 BGB bleibt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs neben den im Planfeststellungsverfahren eröffneten Rechtsbehelfen grundsätzlich kein Raum (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 17/09 - MDR 2010, 142 ).

73

bb) § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG hat Surrogatcharakter. Sein Anwendungsbereich reicht nicht weiter als die Primärregelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Greift § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG, der den Anspruch auf Schutzvorkehrungen regelt, tatbestandlich nicht ein, so ist auch für die Anwendung von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG kein Raum (stRspr, vgl. Urteile vom 27. Juni 2007 - BVerwG 4 A 2004.05 - BVerwGE 129, 83 ff. = Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 71 Rn. 12 und vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 5.04 - BVerwGE 123, 23 = Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 18 S. 93 <103>; BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 - 1 BvR 2736/08 - NVwZ 2010, 512 ). § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG eröffnet keinen Anspruch auf einen Ausgleich aller Nachteile, die ein Planvorhaben auslöst. Auszugleichen sind nur die Nachteile, die die Grenze des Zumutbaren überschreiten und nicht durch physisch-reale Maßnahmen abgewendet werden (Bonk/Neumann, a.a.O. § 74 Rn. 197).

74

Keine Schutzvorkehrungen und demgemäß auch keine Entschädigung können wegen einer Beeinträchtigung von rechtlich nicht geschützten wirtschaftlichen oder sonstigen Belangen verlangt werden, auch wenn diese bei der Abwägung grundsätzlich zu berücksichtigen sind. Derartige Belange können durch gegenläufige öffentliche Belange ohne finanziellen Ausgleich überwunden werden. Aus dem Gewährleistungsgehalt der Eigentumsgarantie lässt sich kein Recht auf bestmögliche Nutzung des Eigentums ableiten. Eine Minderung der Wirtschaftlichkeit ist grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie eine Verschlechterung der Verwertungsaussichten. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht bloße Umsatz- und Gewinnchancen und tatsächliche Gegebenheiten, auch wenn diese für das Unternehmen von erheblicher Bedeutung sind, weil sie nicht zum Bestand des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs gehören. Ein Eigentümer muss es grundsätzlich hinnehmen, wenn sich eine Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten und der damit verbundene Verlust der Lagegunst auf den Bestand des Kundenkreises negativ auswirkt. Nicht geschützt ist insbesondere der Verlust an Stammkunden und die Erhaltung einer optisch ansprechenden Umgebungsbebauung, der über die einfachgesetzlich geregelten Rechte hinausgehende Anliegergebrauch, der Fortbestand einer bestimmten Anbindung an das öffentliche Wegesystem, wenn kein besonderer Vertrauensschutz besteht, und entstehende Lagenachteile, die zu einer Minderung des Grundstückswertes führen. Auch Ertragseinbußen, z.B. durch die Furcht der Kunden vor unzumutbarem Lärm, sind nicht nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ersatzfähig, denn § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG dient dem Schutz vor tatsächlichen und nicht vor vermeintlichen Lärmbelastungen (Urteile vom 27. Juni 2007 a.a.O. Rn. 12 ff. und vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <260> = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23 S. 2<104>; Beschlüsse vom 21. Oktober 2003 - BVerwG 4 B 93.03 - juris und vom 8. September 2004 - BVerwG 4 B 42.04 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 66 S. 51<52 f.>).

75

cc) Bei Anlegung dieser Maßstäbe hat der Beklagte den Klägerinnen eine Entschädigung dem Grunde nach zu Recht nur für die verbleibenden unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Baulärm (und etwaige Erschütterungs- und Setzungsschäden, A II.3.1.8.), nicht aber für alle Auswirkungen der Baustelle auf den Hotelbetrieb zugesprochen. Die gegenteilige Auffassung der Klägerinnen, die Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG sei als "Ausgleich für das Ertragen einer Belastung zu Gunsten einer Baumaßnahme für den öffentlichen Personennahverkehr" zu sehen, geht am gestuften Regelungskonzept des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG vorbei. Da der Ausgleichsanspruch nur der Kompensation eines gleichheitswidrigen Sonderopfers dient, muss er grundsätzlich auch nur diejenige Belastung ausgleichen, die die von der Sozialgebundenheit gerechtfertigte Belastung des Eigentums übersteigt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 a.a.O. Rn. 43). Die Klägerinnen übersehen, dass der Beklagte der Beigeladenen zum Schutz der Baustellenanlieger vor Beeinträchtigungen durch Baulärm, Staub und Erschütterungen entsprechend der Vorrangregelung in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG eine Reihe von Schutzvorkehrungen auferlegt hat. Dazu gehören etwa die Auflagen, lärmarme Bauverfahren und Baugeräte einzusetzen (A II.3.1.1.), die zeitliche Beschränkung der Bauarbeiten auf die Zeit zwischen 07:00 und 20:00 Uhr (A II.3.1.2.), die Arkadenverkleidung (A II.3.2.3.), die Regelungen zum Einsatz von Schlitzwandbaggern (A II.3.1.4.) und zur Schlitzwanderstellung (A II.3.2.2.) sowie zur Einhaltung der Anhaltswerte der DIN-Vorschrift 4150-2 und 3 und der VDI-Richtlinie 2719 hinsichtlich Erschütterungen und sekundärem Luftschall (A II.3.1.5.). Zudem sind Auflagen im Hinblick auf die Staubentwicklung, die Verschmutzung bzw. Reinhaltung der Fassaden, zur Fußgängerquerung Unter den Linden und zum Erscheinungsbild der Baustelle erteilt worden (A II.3.2.7. bis 3.2.10.). Schließlich hat sich der Beklagte unter A II.3.2.6.2. die Anordnung weiterer Maßnahmen für den Fall vorbehalten, dass sich nach der konkretisierten Bauablaufplanung oder den Ergebnissen der angeordneten kontinuierlichen Kontrollmessungen abzeichnet, dass der Beurteilungspegel an mehr als den prognostizierten Tagen einen Wert von 68 dB(A) überschreitet oder sich die vorgesehene Gesamtbauzeit der lärmintensiven Arbeiten (12 Monate) um mehr als einen Monat erhöht. Gleiches gilt in Bezug auf Erschütterungen und sekundären Luftschall, falls sich herausstellt, dass entgegen der Prognose die vorgegebenen Anhaltswerte nicht eingehalten werden.

76

Unzumutbare, die Grenze der Sozialbindung übersteigende nachteilige Auswirkungen werden aufgrund der getroffenen Schutzvorkehrungen im Ergebnis nur (noch) durch den Baustellenlärm ausgelöst, weil weitere Schutzauflagen zu dessen Abwehr oder Reduzierung untunlich bzw. mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Dagegen kommt dem Umstand, dass - wie die Klägerinnen vortragen - Stammkunden und Touristen das Hotel unabhängig von der tatsächlichen Lärmbelastung durch die Baustelle schon deshalb meiden, weil es bis zur Deckelung im Umfeld einer Baustelle liegt, im Rahmen von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG keine Bedeutung zu. Dieser Effekt ließe sich durch keinerlei wie auch immer geartete Schutzmaßnahmen verhindern, namentlich stellt entgegen der Auffassung der Klägerinnen das "Unterlassen" der Baustelle keine Schutzvorkehrung im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG dar.

77

dd) Dass der Beklagte eine Entschädigung für die Beeinträchtigung von Innenräumen dem Grunde nach davon abhängig gemacht hat, dass die oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 "Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen" für Innenschallpegel von 40 dB(A) für Hotelzimmer und Vortragsräume sowie 50 dB(A) für Restaurants/Gaststätten/Läden überschritten werden, ist nicht zu beanstanden. Abweichendes folgt nicht daraus, dass nach dem Inhalt eines in den Planunterlagen befindlichen Prüfberichts der Akustik-Ingenieurbüro M. GmbH vom 11. Dezember 2009 und einer ergänzenden Stellungnahme vom 4. Mai 2010 trotz der unterschiedlichen Fensterschalldämmungen in den Hotelzimmern (von FSSK 1 bis FSSK 3) in allen Zimmern ein Schalldruckpegel in der Größenordnung von circa 31 dB(A) gemessen worden ist.

78

Es spricht nichts dagegen, die Zumutbarkeitsgrenze für Innengeräuschpegel an den oberen Anhaltswerten der VDI-Richtlinie 2719 zu orientieren. Die VDI-Richtlinie 2719 gilt grundsätzlich nur für dauerhafte Lärmeinwirkungen, kann aber auch bei länger andauernden stationären Großbaustellen herangezogen werden. Dabei rechtfertigt es die begrenzte Dauer solcher Baustellen, sich an den oberen Anhaltswerten zu orientieren. Zwar mag der VDI-Richtlinie 2719 in Nr. 6.3 Tabelle 6 die Vorstellung zugrunde liegen, dass bei einem dauerhaften Schallschutz innerhalb der Anhaltswerte je nach Empfindlichkeit einzelner Nutzungsarten weiter differenziert werden soll. Im Hinblick auf die letztlich begrenzte Zeitdauer der sehr lauten Bauphasen konnte hier aber pauschalierend vorgegangen werden, zumal auch die Ausschöpfung der oberen Anhaltswerte der VDI-Richtlinie 2719 für die Tagzeit nicht zu unzumutbaren Zuständen führt.

79

Innenschallpegel von 40 dB(A) in Hotelzimmern und Vortragsräumen und 50 dB(A) in Gaststätten/Restaurants/Läden stellen keine unzumutbare Belastung dar. Bei Wohnnutzungen ist Schutzziel für die - hier allein relevante - Tagzeit der AVV Baulärm (07.00-20.00 Uhr), unzumutbare Kommunikationsbeeinträchtigungen im Gebäudeinneren zu vermeiden. Nach dem Stand der aktuellen Lärmwirkungsforschung sind tagsüber zur Vermeidung von Kommunikationsstörungen in geschlossenen Wohnräumen Mittelungspegel von 45 dB(A) innen einzuhalten ("Sprachverständlichkeit"; Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116. = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 23; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, Stand Juli 2011, Vorbem. 18. BImSchV Rn. 14; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 15 Rn. 19.1). Für Räume, die als Gaststätte, Restaurant oder Ladengeschäft genutzt werden, und deren Schutzwürdigkeit gegenüber Wohnräumen, Tagungsräumen etc. daher gemindert ist, beträgt der obere Anhaltswert der VDI-Richtlinie 2719 50 dB(A).

80

Der Einwand der Klägerinnen, der Planänderungsbeschluss gehe von zu optimistischen Schalldämmmaßen der Außenfassaden des Hotels W. aus, ist angesichts der vorgetragenen aktuellen Innenschallpegel von circa 31 dB(A) und des vorhandenen Verkehrslärms kaum nachzuvollziehen. Ungeachtet dessen übersehen die Klägerinnen, dass der Planänderungsbeschluss auch den Fall, dass die Eigentümer ein geringeres Schalldämmmaß geltend machen und nachweisen, regelt. In A II.3.2.4. ist festgelegt, dass in einem solchen Fall die entsprechend geringeren Werte zugrunde zu legen sind. Die Kosten für den Nachweis und die Einzelfalluntersuchung trägt die Vorhabenträgerin (S. 10 PÄB). Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 6. Juli 2012 ausdrücklich und mit bindender Wirkung für ein etwaiges Entschädigungsverfahren klargestellt, dass diese Regelung ungeachtet der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Änderungen und Streichungen auf S. 42 des Planänderungsbeschlusses uneingeschränkt Anwendung findet.

81

b) Die zur Bemessung der Höhe der Entschädigung maßgeblichen Faktoren sind im Planänderungsbeschluss in Gestalt der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärungen in ausreichender Weise festgelegt.

82

aa) Nach der Grundregelung in A II.3.2.4. des Planänderungsbeschlusses ist die Entschädigung zu leisten für die Beeinträchtigung von Hotelzimmern, Tagungsräumen, Restaurants, Läden und Außenwohnbereichen bezogen auf die Tage, an denen die festgelegten Pegel (68 dB(A) für Außenwohnbereiche, 40 bzw. 50 dB(A) für Innenräume) überschritten werden. Die Höhe der Entschädigung für das Hotel richtet sich gemäß der ergänzenden Regelung auf S. 42 des Planänderungsbeschlusses nach dem Ertragsausfall zwischen Baubeginn und Deckelung der Baugruben in der Friedrichstraße und der Straße Unter den Linden, der darauf zurückzuführen ist, dass es in diesem Zeitraum vor den Fassaden zur Friedrichstraße und Unter den Linden zu Überschreitungen eines Beurteilungspegels von 71 dB(A) kommt. Für vermietete Restaurants und Ladengeschäfte richtet sich die Entschädigung nach dem Maß der zulässigen Mietminderung bezogen auf die Tage, an denen vor den Fassaden zur Friedrichstraße und zur Straße Unter den Linden ein Beurteilungspegel von 81 dB(A) überschritten wird. Für den Fall, dass geringere Schalldämmmaße nachgewiesen werden, sind die entsprechend niedrigeren Werte maßgeblich (A II.3.2.4. S. 10 PÄB).

83

bb) Diese Festlegungen begegnen keinen Bedenken. Bei nur vorübergehenden Beeinträchtigungen von Gewerbebetrieben bzw. gewerblich genutzten Grundstücken durch eine Baustelle kommt es in der Regel nicht zu dauerhaften Verkehrswertminderungen, sondern zu Ertragsverlusten. Diese sind auszugleichen, soweit sie auf dem Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle beruhen. Dabei dürfen keine Nachteile von der Entschädigungspflicht ausgeschlossen werden, deren Entschädigung für einen adäquaten Ausgleich erforderlich ist (Bonk/Neumann, a.a.O. § 74 Rn. 198). Hierauf zielt die in der mündlichen Verhandlung in A II.3.2.4. sowie in B IV.2.1.4.3. neu eingefügte Formulierung "bezogen auf die Tage", die weiter gefasst ist als die ursprüngliche Formulierung "an den Tagen". Sie soll sicherstellen, dass Bemessungsgrundlage für die Entschädigung nicht nur die konkreten Tage sind, an denen es zu Überschreitungen der maßgeblichen Pegel gekommen ist, sondern diese Tage zu übergeordneten Zeitabschnitten in Beziehung gesetzt werden.

84

Im Hinblick auf den Hotelbetrieb als solchen ist dieser übergeordnete Zeitabschnitt der Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung (S. 42 PÄB). Diese Festlegung trägt zum einen den Besonderheiten des Hotelbetriebs, insbesondere dem notwendigen Buchungsvorlauf in allen drei Marktsegmenten, und zum anderen dem Umstand Rechnung, dass die Tage mit unzumutbaren Lärmeinwirkungen nicht mit der für eine sinnvolle Belegungsplanung erforderlichen Präzision vorausgesagt werden können. Eine Regelung, die nur auf die konkreten Tage mit Überschreitungen des Beurteilungspegels abhebt, ist daher nicht sachgerecht. Ein Hotelbetrieb ist in besonderem Maße auf eine antizipierende Planung angewiesen, auf tagesaktuelle Entwicklungen und Ereignisse in seinem Umfeld kann er - wenn überhaupt - allenfalls bedingt reagieren. Es erscheint daher als durchaus denkbar, dass eine Gesamtschau der Ergebnisse des in A II.3.2.5. angeordneten Lärmmonitorings, der dem Hotelbetrieb gemäß A II.3.2.1. übermittelten Informationen über den Bauablauf und der Entwicklung der Ertragslage des Hotels im Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung zu dem Ergebnis führt, dass eine Vermietung von zur Friedrichstraße und zur Straße Unter den Linden hin gelegenen Hotelzimmern, Tagungsräumen etc. auch an den Tagen bzw. in den Zeiträumen ohne unzumutbarem Baulärm nicht sinnvoll möglich war und dies daher an mehr als den prognostizierten 52 Tagen mit einer Überschreitung der Zumutbarkeitsschwelle zu einer Unterauslastung des Hotels geführt hat.

85

Für die vermieteten Räume (Restaurants, Ladengeschäfte, Galerie) schließt die Formulierung "bezogen auf die Tage" aus, dass die nach Maßgabe der zivilgerichtlichen Rechtsprechung bei Baulärm je nach Art und Dauer der Beeinträchtigung angemessene Mietminderung, deren Bezugsgröße in der Regel die monatsweise zu entrichtende Miete ist, im Entschädigungsverfahren auf die Tage "heruntergerechnet" wird, an denen der Baulärm die Zumutbarkeitsschwelle überschritten hat.

86

Weitergehende Festsetzungen mussten im Planfeststellungsverfahren, das von seiner Aufgabenstellung und seiner herkömmlichen Gestaltung her nicht die Voraussetzungen für eine detaillierte Berechnung von Geldentschädigungen bietet, nicht getroffen werden (Urteil vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C 15.83 - BVerwGE 71, 166 <175> = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 59 S. 59<67>). Es ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, im Planfeststellungsbeschluss Regelungen zum Ablauf des nachfolgenden Entschädigungsverfahrens oder zur methodischen Ermittlung der Entschädigungshöhe festzulegen. Das gilt umso mehr, wenn es - wie hier - um eine Entschädigung für vorübergehende Beeinträchtigungen geht. Die Angemessenheit der Entschädigung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dazu gehören bei vorübergehenden Beeinträchtigungen regelmäßig auch solche Umstände, die erst rückblickend nach Abschluss der Baumaßnahmen festgestellt werden können. Dies trifft vorliegend etwa auf die für die Bemessung der Entschädigung zwingend erforderliche Auswertung des Lärmmonitorings und der Entwicklung der Ertragslage des Hotels zu.

87

Die Rüge der Klägerinnen, auch mithilfe der vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen des Planänderungsbeschlusses werde das Problem, einen Kausalzusammenhang zwischen den unzumutbaren Lärmeinwirkungen und den Ertragseinbußen feststellen zu können, nicht gelöst, sondern in das Entschädigungsverfahren verlagert, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Frage, inwieweit Ertragseinbußen des Hotels auf unzumutbare Lärmeinwirkungen durch die Baustelle zurückzuführen sind, kann ungeachtet methodischer Einzelfragen schlechterdings nicht unabhängig von den Ergebnissen des Lärmmonitorings und der Ertragsentwicklung des Hotels beantwortet werden. Die Entscheidung darüber kann und muss daher - sofern die Beteiligten keine Einigung erzielen - dem Entschädigungsverfahren vorbehalten bleiben (vgl. A II.3.2.4. Satz 5). Den Klägerinnen werden dadurch keine Rechte abgeschnitten.

88

c) Die mit den weitergehenden Anträgen Nr. 9 und 10 begehrten Änderungen und Ergänzungen der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Festlegungen zu Grund und Bemessung der Entschädigung bleiben erfolglos.

89

aa) Einen Ausgleich derjenigen Ertragseinbußen, die dadurch entstehen, dass die zur Straße Unter den Linden und zur Friedrichstraße hin gelegenen Hotelzimmer für die Zeit vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben nicht vermietet werden (Antrag Nr. 9a, 1. Variante), können die Klägerinnen nicht beanspruchen. § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG gewährt einen Ausgleich nur für die Nachteile, die auf dem Überschreiten der Zumutbarkeitsschwelle beruhen.

90

Der Hilfsantrag Nr. 9a, 2. Variante, den Klägerinnen die nach Anordnung weiterer aktiver und passiver Schallschutzmaßnahmen im Zeitraum vom Baubeginn bis zur Deckelung der Baugruben verbleibenden Ertragseinbußen zu entschädigen, wird nicht relevant, weil die Klägerinnen weitere Schallschutzmaßnahmen nicht beanspruchen können (s.o. unter 1.c). Im Übrigen kann auf die Ausführungen unter aa) verwiesen werden.

91

Einen Anspruch auf Entschädigung der Ertragseinbußen bis zu zwei Jahre nach Abschluss der Deckelung (Antrag Nr. 9b) haben die Klägerinnen - von allem anderen abgesehen - schon deshalb nicht, weil das Hotel nach der Deckelung der Baugruben keinen unzumutbaren (Lärm)Beeinträchtigungen mehr ausgesetzt sein wird. Andere Nachteile werden über § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht ausgeglichen.

92

Die Klägerinnen können nicht verlangen, dass der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss dahingehend ergänzt, dass die Ertragseinbußen durch einen mit ihrem Einverständnis ausgewählten Sachverständigen ermittelt werden (Antrag Nr. 9c). Ob - wofür vorliegend Einiges spricht - zum Entschädigungsverfahren ein Sachverständiger beigezogen wird, hat nicht die Planfeststellungs-, sondern die Entschädigungsbehörde zu entscheiden.

93

Die Klägerinnen können auch keine Regelung des Inhalts beanspruchen, dass als durch die Baustelle verursacht eine Minderung des RevPar des W. im Unterschied zum RevPar des Vergleichsmarktes der Fünf-Sterne-Hotels in Berlin-Mitte gilt (Antrag Nr. 9d). Dieser Antrag zielt darauf, die Methode zur Ermittlung des Ertragsausfalls im Planfeststellungsbeschluss festzulegen. Das ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde.

94

Die Klägerinnen haben überdies keinen Anspruch darauf, dass im Planfeststellungsbeschluss geregelt wird, dass die Entschädigung monatlich ermittelt und ausgeglichen wird (Antrag Nr. 9e). Über die Modalitäten der Ermittlung, Festsetzung und der Auszahlung der Entschädigung hat nicht die Planfeststellungsbehörde zu entscheiden.

95

bb) Schließlich bleibt auch der Antrag Nr. 10, den Klägerinnen die durch die Baustelle verursachten Mietminderungen der Ladengeschäfte und des Restaurants N. zu entschädigen und die Angemessenheit der Entschädigung durch einen Sachverständigen unter Berücksichtigung des Bauablaufs und vergleichbarer Mieten jeweils nach Ablauf eines Monats zu ermitteln, erfolglos. Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Ausgleich der baustellenbedingten Mietminderungen, sondern nur auf Ausgleich der aufgrund unzumutbarer Beeinträchtigungen durch Baulärm gerechtfertigten Mietminderungen. Auch insoweit ist es nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, Regelungen zum Verfahren zu treffen. Über das Maß der zulässigen Mietminderung hat zunächst die Entschädigungsbehörde zu entscheiden, die insoweit ggf. einen Sachverständigen zu Rate ziehen wird.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Gründe

I.

1

Die Vorlage betrifft die Verfassungsmäßigkeit der Erlaubnispflicht für die private Vermittlung unmittelbar oder mittelbar staatlich veranstalteter Glücksspiele (Toto, Lotto usw.) gemäß § 13 Abs. 1 des Glücksspielgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (Glücksspielgesetz - GlüG LSA) vom 22. Dezember 2004 (GVBl LSA S. 846), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 5. Dezember 2005 (GVBl LSA S. 715), ohne Übergangsregelung für bestehende private Vermittlungsaktivitäten.

2

1. Die Klägerinnen der drei verbundenen Ausgangsverfahren (im Folgenden: Klägerinnen) sind private Unternehmen, die seit den 1990er Jahren in Sachsen-Anhalt gewerblich die Teilnahme an mittelbar oder unmittelbar durch die Bundesländer veranstalteten Glücksspiele (Toto, Lotto usw.) vorwiegend über das Internet vermitteln. Sie wenden sich in dem Verfahren gegen die Untersagung ihrer Tätigkeit durch den Beklagten der Ausgangsverfahren, das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt (im Folgenden: Beklagter).

3

Das beklagte Landesverwaltungsamt untersagte den Klägerinnen die Vermittlung der Beteiligung an Glücksspielen in Sachsen-Anhalt, und zwar der Klägerin zu 1) im November 2006, der Klägerin zu 2) im November 2008 und der Klägerin zu 3) im Dezember 2006. Es stützte die Untersagung auf § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (Anlage 1 des Gesetzes zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland und zum Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen vom 18. Juni 2004, GVBl LSA S. 328 - LottoStV) in Verbindung mit § 13 GlüG LSA, §§ 284, 287 Strafgesetzbuch (StGB) und § 18 GlüG LSA. Das beklagte Amt begründete die Untersagungen damit, die Klägerinnen hätten Glücksspiel ohne die entsprechende Erlaubnis vermittelt. Hilfsweise stützte es die Untersagung auf die Generalklausel des § 13 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt vom 23. September 2003, in Kraft getreten am 8. Oktober 2003.

4

Die Vermittlung von Glücksspiel in Sachsen-Anhalt stelle eine nach § 13 GlüG LSA erlaubnispflichtige Tätigkeit dar. Die Ausübung der Vermittlungstätigkeit ohne die entsprechende Erlaubnis sei gemäß § 284 StGB sowie § 18 GlüG LSA strafbar. Die Untersagung betreffe das Angebot der Klägerinnen in Sachsen-Anhalt, im Auftrag von Spielinteressenten einzelne Spielverträge an im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengeschlossene Anbieter für Lotterien wie Lotto, KENO, Spiel 77, Super 6, Oddset-Sportwetten und Glücksspirale sowie andere Glücksspiele im Sinne von § 284 StGB insbesondere per Internet zu vermitteln. Zugleich untersagte das beklagte Amt ihnen die Werbung für in Sachsen-Anhalt illegale Glücksspiele, die im Gebiet des Bundeslandes über das Internet aufgerufen werden können. Die genannten Tätigkeiten seien ab Bekanntgabe des Bescheides zu unterlassen.

5

Die Klägerinnen vertreten in dem Ausgangsverfahren im Wesentlichen die Ansicht, dass für ihre Vermittlungstätigkeit keine Erlaubnispflicht bestehe. Ihre Tätigkeit sei als "Altgewerbe" geschützt, da sie bereits vor Inkrafttreten des § 13 Abs. 1 GlüG LSA legal Glücksspiele vermittelt hätten. Die Erlaubnispflicht nach § 13 Abs. 1 GlüG LSA sei im Jahre 2004 eingeführt worden. Zu diesem Zeitpunkt hätten sie bereits legal gewerblich Spiele vermittelt und seien vorher durch die zuständigen Behörden niemals auf eine landes- oder bundesrechtliche Erlaubnispflichtigkeit oder Widerrechtlichkeit ihrer Tätigkeit hingewiesen worden. Als Gewerbetreibende, die ein Gewerbe vor dem Zeitpunkt, in dem die Gewerbeausübung erlaubnispflichtig geworden ist, bereits betrieben hätten, bedürften sie nach § 1 Abs. 2 Gewerbeordnung (GewO) bei schlichter Fortsetzung ihrer Tätigkeit keiner Erlaubnis.

6

Keines der beiden im Jahre 2004 gemäß § 24 Abs. 1 GlüG LSA durch das GlüG LSA ersetzten Gesetze, weder das frühere Gesetz über das Zahlenlotto und über Sportwetten im Lande Sachsen-Anhalt (Lotto-Toto-G LSA) vom 16. August 1991 (GVBl LSA S. 266), geändert durch § 14 des Gesetzes vom 15. Oktober 2004 (GVBl LSA S. 744 <746>), noch das Lotteriegesetz vom 27. April 1993 (GVBl LSA S. 200), geändert durch Artikel 3 des Gesetzes zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland und zum Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen vom 18. Juni 2004 (Lotto StV-G), habe eine Erlaubnispflicht für die gewerbliche Vermittlung vorgesehen. Ihre Tätigkeit habe auch nicht gegen strafrechtliche Normen verstoßen.

7

Die Untersagungsverfügungen und die §§ 13, 18 GlüG LSA verletzten sie in ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) und in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) sowie im Vergleich zur Behandlung privater Annahmestellenbetreiber in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG. Fasse man die Erlaubnispflicht nach § 13 Abs. 1 GlüG LSA und die Strafnorm des § 18 GlüG LSA so auf, dass die bereits ausgeübte Vermittlungstätigkeit hierunter falle, so müsse man zu dem Ergebnis gelangen, dass die Normen verfassungswidrig seien.

8

2. In den Jahren 1992 bis 2004 war das Glücksspielwesen in Sachsen-Anhalt durch das Lotto-Toto-G LSA vom 16. August 1991, geändert durch § 14 des Gesetzes vom 15. Oktober 2004, sowie durch das Lotteriegesetz vom 27. April 1993, geändert durch Artikel 3 Lotto StV-G, geregelt.

9

§ 1 Lotto-Toto-G LSA bestimmte, dass in Sachsen-Anhalt Unternehmen zur Entgegennahme von Wetten über die Ziehung von Zahlen (Zahlenlotto) und über sportliche Wettkämpfe durch die Landesregierung zugelassen werden konnten. Gemäß § 2 Abs. 1 Lotto-Toto-G LSA durfte Träger einer Konzession nur ein Unternehmen sein, dessen sämtliche Anteile dem Land gehörten. § 14 Lotto-Toto-G LSA enthielt eine Strafbestimmung für diejenigen Personen, die für ein Unternehmen, das in Sachsen-Anhalt nicht nach § 1 Lotto-Toto-G LSA zugelassen war, gewerbsmäßig Wetten über die Ziehung von Zahlen oder über sportliche Wettkämpfe entgegennahmen oder vermittelten. Die Tat wurde mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, sofern sie nicht schon nach den Vorschriften des Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht war. Weitere Bestimmungen über die Vermittlung enthielt das Gesetz nicht.

10

Nach der allgemeinen Begründung der Landesregierung zum Lotto-Toto-G LSA (LT-LSA Drucksache 1/352 vom 17. April 1991, S. 9) entsprach der Gesetzentwurf in wesentlichen Teilen dem niedersächsischen Recht (vgl. Gesetz über das Zahlenlotto in der Fassung vom 19. August 1970 , zuletzt geändert durch Artikel I des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Zahlenlotto und des Gesetzes über Sportwetten vom 16. Dezember 1983 , und Gesetz über Sportwetten in der Fassung vom 19. August 1970 , zuletzt geändert durch Artikel II des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Zahlenlotto und des Gesetzes über Sportwetten vom 16. Dezember 1983). Der Begründung des Entwurfs zu § 14 Lotto-Toto-G LSA zufolge sind über §§ 284-287 StGB hinaus nur die gewerbsmäßige Entgegennahme oder Vermittlung von Wetten über die Ziehung von Zahlen oder über sportliche Wettkämpfe strafbewehrt (LT-LSA Drucksache 1/352, S. 12).

11

Am 1. Juli 2004 trat der Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland in Kraft. In § 14 LottoStV wurde die gewerbliche Vermittlung von Lotterien geregelt. Gewerbliche Spielvermittlung betrieb gemäß § 14 Abs. 1 LottoStV, wer im Auftrag von Spielinteressenten einzelne Spielverträge an einen Veranstalter vermittelte (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 LottoStV) oder Spielinteressenten zu Spielgemeinschaften zusammenführte und deren Spielbeteiligung dem Veranstalter - selbst oder über Dritte - vermittelte (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 LottoStV), sofern dies jeweils in der Absicht geschah, durch diese Tätigkeit nachhaltig Gewinn zu erzielen. Für die Tätigkeit des gewerblichen Spielvermittlers galten unbeschadet sonstiger gesetzlicher Regelungen die Anforderungen des § 14 Abs. 2 LottoStV. Gemäß Art. 3 und Art. 4 Lotto StV-G fand der Staatsvertrag ergänzend zu den bisherigen landesrechtlichen Regelungen des Lotto-Toto-G LSA und des Lotteriegesetzes des Landes Sachsen-Anhalt Anwendung.

12

In § 2 des am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Staatsvertrags über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen (Anlage 2 Lotto StV-G, GVBl LSA S. 333) wurde ebenfalls die gewerbliche Spielvermittlung geregelt. Danach betrieb gewerbliche Spielvermittlung, wer im Auftrag der Spielinteressenten (1.) einzelne Spielverträge an einen Veranstalter vermittelt oder (2.) Spielinteressenten zu Spielgemeinschaften zusammenführt und deren Spielbeteiligung dem Veranstalter - selbst oder über Dritte - vermittelt, sofern dies in der Absicht geschieht, durch diese Tätigkeit nachhaltige Gewinne zu erzielen.

13

Am 30. Dezember 2004 trat gemäß § 1 GlüG LSA in Ergänzung zum Lottostaatsvertrag das Glücksspielgesetz des Landes Sachsen-Anhalt in Kraft. Gleichzeitig traten das Lotto-Toto-Gesetz und das Lotteriegesetz gemäß § 24 Abs. 1 GlüG LSA außer Kraft. In § 13 GlüG LSA wurde ein Erlaubnisvorbehalt für die Vermittlung von Glücksspielen eingeführt. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GlüG LSA bedarf die gewerbliche Vermittlung von Glücksspielen außerhalb von Wettannahmestellen, die von Wetteinnehmern im Auftrag eines zur Veranstaltung und Durchführung von Wetten über die Ziehung von Zahlen (Zahlenlotto) und über sportliche Wettkämpfe (Sportwetten) in Sachsen-Anhalt zugelassenen Wettunternehmens betrieben werden, einer Erlaubnis. Ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Erlaubnis besteht nicht. § 21 GlüG LSA enthielt eine Übergangsvorschrift, wonach aufgrund des Gesetzes über das Zahlenlotto und über Sportwetten im Lande Sachsen-Anhalt erteilte Konzessionen, Zustimmungen und Genehmigungen bis zum 31. Dezember 2005 fortgalten, sofern sie nicht vorher nach dem Glücksspielgesetz ersetzt werden konnten. Eine weitere Übergangsvorschrift war in § 24 Abs. 3 GlüG LSA enthalten. Danach war die Vermittlung von Glücksspiel für eine Übergangszeit von drei Jahren erlaubnisfrei, wenn sie im Auftrag eines im Land zugelassenen Wettunternehmers erfolgte und die von Spielern vereinnahmten Beträge für die Teilnahme am Spiel vollständig weitergeleitet wurden (§ 13 Abs. 7 GlüG LSA). Die Vermittlung von Wetten für ein in Sachsen-Anhalt nicht zugelassenes Unternehmen wurde gemäß § 18 GlüG LSA unter Strafe gestellt. Die Vermittlung von Wetten an ein in dem Land zugelassenes Wettunternehmen ohne die Erlaubnis zur Vermittlung nach § 13 Abs. 1 GlüG LSA stellte demgegenüber gemäß § 19 GlüG LSA eine Ordnungswidrigkeit dar.

14

In der allgemeinen Begründung der Gesetzesmaterialien (Drucksache des Landtages LSA 4/1863 vom 1. November 2004, S. 14) heißt es, dass mit dem neuen Glücksspielgesetz die Anpassung des Landesrechts an den Lottostaatsvertrag fortgeführt werden solle. Hierzu sei vorgesehen, die Regelungen des Lotteriegesetzes und des Lotto-Toto-Gesetzes in einem Gesetz zusammenzufassen und dabei solche Vorschriften zu streichen, die durch die Zusammenfassung in einem Gesetz oder aufgrund des Lottostaatsvertrages verzichtbar seien. Ferner würden besondere rechtliche Regelungen getroffen beziehungsweise beibehalten. Dies betreffe insbesondere den vorgesehenen Erlaubnisvorbehalt für die gewerbliche Spielvermittlung.

15

Die gewerbliche Spielvermittlung ist in der Begründung des Gesetzesentwurfs an zwei Stellen ausdrücklich erwähnt. In der Begründung zu § 5 GlüG LSA heißt es, § 5 Abs. 1 GlüG LSA übernehme im Wesentlichen die Regelungen des § 4 Lotto-Toto-G und grenze die Tätigkeit der Wetteinnehmer in Wettannahmestellen von der gewerblichen Spielvermittlung nach § 14 LottoStV ab. § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüG LSA sei wortgleich mit § 4 Abs. 2 Lotto-Toto-G LSA. § 5 Abs. 2 Satz 2 GlüG LSA enthalte entsprechend dem Erlaubnisvorbehalt für die gewerbliche Spielvermittlung einen Zustimmungsvorbehalt. Zu § 13 Gesetzentwurf GlüG LSA heißt es, die Vorschrift regele ergänzend zu § 14 LottoStV die Vermittlung von Glücksspielen, die nicht durch Wettannahmestellen (§ 5) erfolge. § 13 Abs. 1 GlüG LSA stelle diese Vermittlung im Gegensatz zum bisherigen Recht, wonach die Vermittlung grundsätzlich verboten gewesen sei (§§ 284 ff. StGB, § 14 Lotto-Toto-G LSA), unter einen Erlaubnisvorbehalt. § 13 Abs. 7 GlüG LSA befreie die Vermittlung im Auftrage von Wettunternehmen, bei der die von Spielern vereinnahmten Beträge für die Teilnahme am Spiel vollständig weitergeleitet werden, von der Erlaubnispflicht. § 18 GlüG LSA übernehme § 14 Lotto-Toto-G LSA. § 19 GlüG LSA übernehme die Regelungen des § 15 Lotto-Toto-G LSA und des § 5a LottoG. Zusätzlich in den Katalog der Ordnungswidrigkeitstatbestände seien Verstöße gegen den Lottostaatsvertrag und das Glücksspielgesetz aufgenommen worden.

16

In der Ersten Beratung zum Entwurf des Glücksspielgesetzes trug der Minister des Innern des Landes Sachsen-Anhalt im Landtag vor, dass im Unterschied zum geltenden strafbewehrten Verbot ein Erlaubnisvorbehalt für die Vermittlung von Glücksspiel vorgesehen sei (Plenarprotokoll 4/49 vom 11. November 2004, S. 3628 <3629>), während ein Abgeordneter des Landtags Klärungsbedarf anmeldete, ob eine Erlaubnis für die gewerbliche Spielvermittlung notwendig und in anderen Bundesländern eingeführt sei oder werden solle (a.a.O., S. 3631).

17

Das Glücksspielgesetz ist im Zuge des Inkrafttretens des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV, Anlage zum Gesetz zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften vom 18. Dezember 2007, GVBl LSA S. 425) durch Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften vom 18. Dezember 2007 (GVBl LSA S. 412) neu gefasst worden. Es gilt gemäß § 1 GlüG LSA nunmehr ergänzend zu dem Glücksspielstaatsvertrag. § 13 Abs. 1 GlüG LSA regelt weiterhin die Erlaubnispflicht für die Vermittlung von Glücksspielen. Auch die übrigen Bestimmungen des Gesetzes sind weitgehend gleich geblieben. Die Übergangsbestimmung in § 13 Abs. 7 GlüG LSA ist außer Kraft getreten.

18

3. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 26. April 2007 gemäß Art. 100 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 1 BVerfGG das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Frage vorgelegt, ob § 13 Abs. 1 GlüG LSA mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 GG insoweit unvereinbar ist, als die Bestimmung eine Erlaubnispflicht für die private Vermittlung unmittelbar oder mittelbar staatlich veranstalteter Glücksspiele (Toto, Lotto usw.) einführt, ohne dass zugleich für bereits bestehende Vermittlungsaktivitäten eine Übergangsfrist bestimmt wurde.

19

4. Das Verwaltungsgericht erwähnt eingangs in seinem Beschluss das Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - (BVerfGE 115, 276 "Sportwettenurteil") und das Urteil des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 8. Februar 2007 (LVG LSA 19/05, LVerfGE 18, 521). Die vorgelegte Rechtsfrage der Verfassungsmäßigkeit der "übergangslosen Legalentziehung" bei der Einführung der Erlaubnispflicht für die Vermittlung von Glücksspielen sei nicht bereits Gegenstand der genannten Urteile gewesen.

20

Das Urteil des Verfassungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt habe zwar auch die in dem Vorlagenbeschluss aufgeworfene Frage der Einführung der Erlaubnispflicht ohne Übergangsregelung zum Gegenstand gehabt. Das Verfahren habe jedoch im Unterschied zu den hier zu entscheidenden Fällen die Verfassungsbeschwerde eines privaten Vermittlers von privat veranstalteten Glücksspielen betroffen, dessen Tätigkeit auch schon vor dem Inkrafttreten des Glücksspielgesetzes verboten gewesen sei. Demgegenüber habe die Vermittlungstätigkeit der Klägerinnen bisher keiner besonderen Erlaubnis bedurft. Sie hätten diese im Rahmen der allgemeinen Gewerbefreiheit und des Grundrechts auf Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ausgeübt.

21

Die Vermittlungstätigkeit der Klägerinnen sei sowohl nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 GlüG LSA als auch nach der Praxis des Innenministeriums des Landes Sachsen-Anhalt nicht genehmigungsfähig. Das Verwaltungsgericht sei überzeugt davon, dass die Regelung des § 13 Abs. 1 GlüG LSA, auf die die streitbefangenen Untersagungsverfügungen zurückzuführen seien, die Klägerinnen in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 GG verletze. Das Übermaßverbot sei verletzt. Das Verwaltungsgericht sei im Übrigen davon überzeugt, dass der Gesetzgeber Übergangsfristen hätte einräumen müssen.

22

Eine verfassungskonforme Auslegung von § 13 Abs. 1 GlüG LSA dahingehend, dass die Vorschrift die Vermittlungstätigkeit der Klägerinnen erlaube, sei schon nach dem klaren Wortlaut nicht möglich. Außerdem sehe das Gesetz in § 13 Abs. 7 in Verbindung mit § 24 Abs. 3 GlüG LSA eigene Übergangsregelungen für den eng begrenzten Ausnahmefall vor, dass bei der von einem zugelassenen Unternehmen beauftragten Vermittlung die von den Spielern vereinnahmten Beträge für die Teilnahme am Spiel vollständig an den staatlichen Glücksspielveranstalter weitergeleitet würden. Dies treffe auf die gewerbliche und gewinnorientierte Vermittlungstätigkeit der Klägerinnen jedoch nicht zu. Diese Fallgruppe sei in der Ersten Beratung zum Glücksspielgesetz im Landtag auch ausdrücklich angesprochen worden, ohne dass ihre Einbeziehung in die Übergangsregelung erwogen worden sei.

23

Den Klägerinnen werde damit ohne Einräumung einer angemessenen Übergangsfrist mit dem Inkrafttreten des Landesgesetzes ihre Tätigkeit in Sachsen-Anhalt untersagt. Eine solche übergangslose Entziehung einer bislang innegehabten Rechtsposition sei, wenn nicht ausschließlich aus überragenden Gründen des Gemeinwohls, dann nur unter Beachtung der Grundsätze des Übermaßverbotes zulässig. Der in § 13 Abs. 1 GlüG LSA eingeführte Erlaubnisvorbehalt erfülle die Voraussetzungen für eine übergangslose Rechtsentziehung jedoch nicht.

24

Der Landesgesetzgeber sei zu Unrecht bei Erlass des Glücksspielgesetzes davon ausgegangen, dass die gewerbliche Vermittlungstätigkeit der Klägerinnen schon auf der Grundlage des früheren Rechts, insbesondere des Bundesstrafrechts (§§ 284, 287 StGB), ohne weiteres rechtswidrig und strafbar gewesen sei. Aus diesem Grund habe er die Voraussetzungen nicht geprüft, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Ad-hoc-Entziehung von Rechtspositionen ohne Einräumung von Übergangsfristen zu erfüllen seien.

25

Das Fehlen jeglicher, auf die Fallgruppe der Klägerinnen bezogener Übergangsregelung werde auch nicht dadurch kompensiert, dass der Beklagte die Vermittlungstätigkeit zunächst geduldet habe und erst nach etwa zwei Jahren eingeschritten sei. Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerinnen aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG sei bereits durch den Landesgesetzgeber unmittelbar erfolgt, als dieser die Rechtsqualität der Vermittlungstätigkeit von "erlaubt" in "verboten" geändert habe.

26

Die Verfassungsmäßigkeit des Eingriffs hänge im Übrigen nicht davon ab, ob und in welcher Intensität sich dieser Eingriff bereits verwirklicht habe, etwa durch eine entsprechende Praxis der Ordnungsbehörden. Nur durch eine gesetzlich geregelte und damit verlässliche Übergangsfrist könne diejenige Rechtssicherheit erreicht werden, auf die der Rechtsbetroffene im Rechtsverkehr angewiesen sei und die ihm einen von staatlichen Eingriffen möglichst freien Übergang (etwa zu einer anderen Betätigung) ermögliche. Mit einer bloß faktischen ordnungsbehördlichen Duldung eines Verhaltens, das staatlicherseits bereits als verboten und strafbar angesehen werde, werde dagegen kein Übergangsrecht erreicht, welches der bisherigen Rechtsposition des Betroffenen Rechnung trage. Denn jeder, der sich während der ihrer Dauer nach nicht bestimmten Duldungszeit auf Vermittlungsgeschäfte mit den Klägerinnen einlasse, müsse sich vor Augen führen, dass es sich um verbotene und unter Umständen auch für ihn selbst strafbare Geschäftstätigkeiten handele.

27

Das Verwaltungsgericht hat unter Auseinandersetzung mit Literatur und Rechtsprechung dargelegt, dass für den Fall, dass die Vermittlungstätigkeit der Klägerinnen bereits aufgrund der bundesrechtlichen Strafbestimmungen strafbar gewesen sei, die in allen übrigen fünfzehn Bundesländern stattfindende Vermittlungstätigkeit gleichfalls als verboten angesehen werden müsse. Außerdem stelle sich die Frage, wieso der Landesgesetzgeber es für erforderlich gehalten habe, mit den Regelungen der §§ 18, 19 GlüG LSA landesrechtliche Sanktionsbestimmungen in das Glücksspielgesetz aufzunehmen. Angesichts dieses Befundes lasse sich die Einschätzung im Gesetzgebungsverfahren, dass die Vermittlung staatlicher Glücksspiele vor Einführung des § 13 Abs. 1 GlüG LSA eindeutig als verboten und strafbar anzusehen gewesen sei, nicht halten.

28

Darüber hinaus hat sich das Verwaltungsgericht mit der Rückwirkungsproblematik in Rechtsprechung und Literatur auseinandergesetzt (insbes. BVerfGE 31, 275; 36, 281; 43, 242; 58, 300; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Dezember 2006 - 2 BvR 1339/06 -, juris).

29

Das Verwaltungsgericht geht auch von einer Verletzung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG aus. Die Entziehung der Möglichkeit, staatliche Glücksspiele zu vermitteln, stelle einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, der die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verletze. Es fehle an der notwendigen Übergangsregelung. Die völlige Entziehung einer Rechtsposition sei an strenge Anforderungen geknüpft (unter Verweis auf BVerfGE 83, 201 <211 f.>; BVerwG, Urteil vom 14. April 2005 - BVerwG 7 C 16.04 -, NVwZ 2005, S. 1076), denen § 13 Abs. 1 Satz 1 GlüG LSA nicht genüge.

30

Art. 2 Abs. 1 GG sei verletzt, weil den Klägerinnen zustehende unternehmerische Handlungsspielräume (z.B. Ort der wirtschaftlichen Betätigung, Art und Weise des wirtschaftlichen Engagements etc.) entzogen würden, die nicht bereits von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 oder Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt seien (Verweis auf BVerfGE 105, 252<278>; BVerfGK 3, 337).

31

Die Gültigkeit von § 13 Abs. 1 GlüG LSA sei auch entscheidungserheblich. Für den Fall der Verfassungsmäßigkeit der Norm seien beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand alle Klagen abzuweisen, weil die Tätigkeit der Klägerinnen dann als unmittelbar verboten gelte. Sei § 13 Abs. 1 GlüG LSA dagegen verfassungswidrig, stünden die Vermittlungstätigkeiten der Klägerinnen im Einklang mit dem geltenden Recht. In diesem Fall seien die Untersagungsverfügungen des Beklagten rechtswidrig und verletzten die Klägerinnen in ihren Rechten aus § 1 Abs. 1 GewO, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 GG. Die Verfügungen seien dann gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben.

II.

32

Die Vorlage ist unzulässig. Es fehlt an einer hinreichenden Darlegung der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift und ihrer Entscheidungserheblichkeit für das Ausgangsverfahren.

33

1. Dem vorlegenden Gericht obliegt es gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, in seinem Vorlagebeschluss umfassend darzutun, weshalb es von der Verfassungswidrigkeit der zur Überprüfung gestellten Norm überzeugt ist und inwiefern die Entscheidung des Gerichts von ihrer Gültigkeit abhängig ist (vgl. BVerfGE 77, 259 <261>; 97, 49 <60>; 98, 169 <199>; 105, 61 <67>; stRspr).

34

Dabei muss es die für seine Überzeugung der Verfassungswidrigkeit der fraglichen Norm maßgeblichen Erwägungen umfassend und nachvollziehbar ausführen, insbesondere alle hierfür maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte erschöpfend und nachvollziehbar darlegen (BVerfGE 93, 121 <132>). Zugleich muss es verdeutlichen, dass die Beantwortung der gestellten Verfassungsfrage sich als unerlässlich darstellt, damit es das Ausgangsverfahren fortführen und abschließend entscheiden kann (vgl. BVerfGE 11, 330 <335>; 42, 42 <50>; 50, 108 <113>; 63, 1 <22>). Dies ist der Fall, wenn das Gericht im Ausgangsverfahren bei Ungültigkeit der Norm anders entscheiden müsste als bei deren Gültigkeit (BVerfGE 22, 175 <176>; 84, 233 <237>). Das Bundesverfassungsgericht legt in ständiger Rechtsprechung einen strengen Maßstab an die Begründungsanforderungen an, der gewährleistet, dass der Grundsatz der Subsidiarität des verfassungsgerichtlichen gegenüber dem fachgerichtlichen Verfahren gewahrt wird, und der damit auch der Entlastung des Bundesverfassungsgerichts dient (BVerfGE 65, 265 <277>).

35

Daraus folgt, dass im Vorlagebeschluss dargelegt sein muss, dass das vorlegende Gericht die Verfassungsmäßigkeit in rechtlicher Hinsicht sorgfältig geprüft und sich mit den hierzu vertretenen Auffassungen befasst und dargelegt hat, weshalb eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift nicht in Betracht kommt (BVerfGE 86, 71 <78>; 88, 198 <201>; 93, 121 <132>; BVerfGK 10, 171). Das Bundesverfassungsgericht ist nicht an die vom vorlegenden Gericht zugrunde gelegte Deutung der zu überprüfenden Norm gebunden, sondern kann seinerseits die angezweifelte Norm auslegen und über die Richtigkeit und Maßgeblichkeit der vom vorlegenden Gericht ermittelten Deutung entscheiden (BVerfGE 7, 45 <50>; 10, 340 <345>; 78, 20 <24>; 80, 54 <58 f.>). Denn nach dem Grundgedanken der Subsidiarität kann eine verfassungsgerichtliche Überprüfung dann nicht erfolgen, wenn zumindest eine verfassungskonforme Auslegung der Streitnorm in Betracht kommt (BVerfGE 86, 71 <78>).

36

2. Diesen Anforderungen wird die Vorlage in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.

37

Das Verwaltungsgericht hat sich nicht hinreichend mit den in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Rechtsauffassungen auseinandergesetzt und seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 13 GlüG LSA wegen eines Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht hinreichend begründet. Das vorlegende Gericht hat zudem die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Verfassungsfrage nicht hinreichend dargelegt.

38

a) Hinsichtlich einer Verletzung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG hat das vorlegende Gericht bereits nicht hinreichend dargelegt, dass es sich bei der gewerblichen Vermittlung von Glücksspiel um eine geschützte Eigentumsposition handelt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung bisher offen gelassen, ob der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb zu den schutzfähigen Rechtspositionen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gehört (BVerfGE 66, 116<145>; 68, 193 <222 f.>; 77, 84 <118>; 81, 208 <227 f.>; 96, 375 <397>; vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 1984 - III ZR 35/83 -, juris; Jarass, in: Jarass/Pieroth [Hrsg.], GG, 11. Aufl. 2011, Art. 14 Rn. 11; H.-J. Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 95 m.w.N.). Wird dagegen in die Freiheit der individuellen Erwerbs- und Leistungstätigkeit eingegriffen, so wird auch nach dieser Auffassung jedoch nicht der Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, sondern der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG als betroffen angesehen (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - III ZR 263/04 -, juris). Das Verwaltungsgericht hat nicht hinreichend dargelegt, weshalb die Erlaubnispflicht gleichwohl durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sein soll.

39

b) Das Verwaltungsgericht meint ferner, § 13 Abs. 1 GlüG LSA verletze die nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Berufsfreiheit der gewerblichen Vermittler von Glücksspielen. Seine Ausführungen reichen aber zur Darlegung einer Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG nicht aus. Das Verwaltungsgericht hat keine ausreichende Grundrechtsprüfung vorgenommen. Es hat zum einen nicht hinreichend dargelegt, in welcher Intensität durch die Einführung der Erlaubnispflicht in § 13 Abs. 1 GlüG LSA ein Eingriff in die Berufsfreiheit erfolgt ist. Es hat zudem nicht hinreichend dargelegt und begründet, dass der Eingriff in die Berufsfreiheit unverhältnismäßig und damit verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt war.

40

aa) Das Verwaltungsgericht hat zwar hinreichend dargelegt, dass die Tätigkeit der Klägerinnen durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt ist. Art. 12 Abs. 1 GG schützt neben der freien Berufsausübung auch das Recht, einen Beruf frei zu wählen. Unter Beruf ist dabei jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit zu verstehen, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient (BVerfGE 105, 252 <265> m.w.N.). Das Vermitteln von Lotterien über das Internet erfüllt diese Merkmale und steht daher als berufliche Tätigkeit unter dem Schutz des Grundrechts der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG.

41

Wie das Verwaltungsgericht insoweit zu Recht angenommen hat, steht der Qualifizierung als Beruf nach Art. 12 Abs. 1 GG hier nicht entgegen, dass diese Tätigkeit möglicherweise nach §§ 284, 287 StGB und § 18 GlüG LSA strafbar ist beziehungsweise gemäß § 14 Lotto-Toto-G LSA strafbar war. Einer die Merkmale des Berufsbegriffs grundsätzlich erfüllenden Tätigkeit ist der Schutz durch das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht schon dann versagt, wenn das einfache Recht die gewerbliche Ausübung dieser Tätigkeit verbietet. Eine Begrenzung des Schutzbereichs von Art. 12 Abs. 1 GG in dem Sinne, dass dessen Gewährleistung von vornherein nur erlaubte Tätigkeiten umfasst, kommt allenfalls hinsichtlich solcher Tätigkeiten in Betracht, die schon ihrem Wesen nach als verboten anzusehen sind, weil sie aufgrund ihrer Sozial- und Gemeinschaftsschädlichkeit schlechthin nicht am Schutz durch das Grundrecht der Berufsfreiheit teilhaben können (BVerfGE 115, 276 <303> m.w.N.). Dies ist bei der gewerblichen Vermittlung von unmittelbar oder mittelbar staatlich veranstalteten Lotterien nicht der Fall. Die Rechtsordnung kennt die gewerbliche Vermittlung von solchen Lotterien als erlaubte Betätigung. Bereits in § 14 LottoStV und § 3 Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen war der Beruf des gewerblichen Vermittlers von Lotterien als privates Gewerbe ausgestaltet.

42

bb) Ferner hat das Verwaltungsgericht überzeugend dargetan, dass die Einführung des Erlaubnisvorbehalts in § 13 Abs. 1 GlüG LSA wegen des mit ihm einhergehenden Ausschlusses der gewerblichen Vermittlung ohne entsprechende Genehmigung einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellt.

43

cc) Das vorlegende Gericht hat jedoch nicht hinreichend dargelegt, dass der Eingriff in die Berufsfreiheit verfassungswidrig ist.

44

(1) Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt (BVerfGE 7, 377 <399 ff.>; 86, 28 <40>). Dies ist der Fall, wenn die eingreifende Norm kompetenzmäßig erlassen wurde, durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (vgl. BVerfGE 95, 193 <214>; 102, 197 <212 f.>).

45

Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit werden im Rahmen der Berufsfreiheit durch die sogenannte "Stufenlehre" näher konkretisiert (BVerfGE 25, 1 <11 f.>). Danach ist zu unterscheiden, auf welcher Stufe der Berufsfreiheit die Regelung ansetzt. Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden (BVerfGE 103, 1 <10>). Allerdings müssen Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen (BVerfGE 108, 150 <160>). Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen - mit Abstufungen im Einzelnen - sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (BVerfGE 7, 377 <406 f.>; 102, 197 <214>; 123, 186 <238 f.>).

46

(2) Das Verwaltungsgericht hat zur Eingriffsintensität nicht Stellung genommen. Es hat nicht dargelegt, ob es sich bei § 13 Abs. 1 GlüG LSA um eine Maßnahme mit Auswirkungen auf die Berufswahl- oder Berufsausübung handelt und ob die Norm unter Gemeinwohlaspekten verfassungsrechtlich zu rechtfertigen ist. Eine Qualifizierung der Eingriffsintensität wäre hier jedoch notwendig gewesen, um den Rechtfertigungsmaßstab festzulegen und anhand dessen zu bestimmen, ob der vorliegende Eingriff in die Berufsfreiheit verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Auch für die Feststellung der Anforderungen, die an die Zulässigkeit der von dem vorlegenden Gericht angenommenen unechten Rückwirkung zu stellen sind, hätte es zunächst einer Qualifizierung der Eingriffsintensität bedurft.

47

(3) Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht auch nicht ausreichend dargelegt, dass tatbestandlich überhaupt eine unechte Rückwirkung gegeben ist. Diese würde voraussetzen, dass die Tätigkeit nach altem Recht erlaubt gewesen ist.

48

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die gewerbliche Vermittlung von Lotterien in Sachsen-Anhalt vor Inkrafttreten des § 13 Abs. 1 GlüG LSA erlaubnisfrei zulässig gewesen. Durch die Erlaubnispflicht werde eine gesicherte Rechtsposition der gewerblichen Vermittler übergangslos entzogen.

49

(a) Die Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sind wesentliche Bestandteile des Rechtsstaatsprinzips (BVerfGE 30, 392 <403>; 43, 242 <286>). Hieraus ergeben sich verfassungsrechtliche Grenzen für belastende Gesetze auch in Fällen einer sogenannten unechten Rückwirkung. Eine solche liegt vor, wenn ein Gesetz auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffenen Rechtspositionen nachträglich entwertet. Derartige Gesetze sind grundsätzlich zulässig. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes kann aber je nach Lage der Verhältnisse im einzelnen Fall der Regelungsbefugnis Schranken setzen (BVerfGE 30, 392 <402>; 39, 128 <143 ff.>; 43, 242 <286>). Bei der Aufhebung und Modifizierung geschützter Rechtspositionen hat der Gesetzgeber auch dann, wenn der Eingriff an sich verfassungsrechtlich zulässig ist, aufgrund des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine angemessene Übergangsregelung zu treffen (BVerfGE 21, 173 <183>; 22, 275 <276>; 25, 236 <248>; 31, 275 <284>; 32, 1 <22 f.>; 36, 281 <293>; 43, 242 <288>). Für die Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse steht dem Gesetzgeber ein breiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Zwischen der sofortigen, übergangslosen Inkraftsetzung des neuen Rechts und dem ungeschmälerten Fortbestand begründeter subjektiver Rechtspositionen sind vielfache Abstufungen denkbar. Der Nachprüfung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat (BVerfGE 43, 242 <288 f.>).

50

(b) Nach Auffassung des vorlegenden Verwaltungsgerichts war die gewerbliche Vermittlung von Glücksspiel vor Einführung der Erlaubnispflicht in § 13 Abs. 1 GlüG LSA ein zulässiges Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung. Das Verwaltungsgericht geht jedoch überhaupt nicht darauf ein, warum die streitgegenständliche Tätigkeit nicht nach § 33h GewO vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgeschlossen sein soll. Dafür hätte das Verwaltungsgericht sich mit dem Verhältnis von § 33h GewO zu der gewerblichen Vermittlung von Lotterien auseinandersetzen müssen. Es hätte sich auch mit den in der verwaltungsrechtlichen Literatur existierenden Meinungen auseinandersetzen und diese in seinem Vorlagebeschluss darlegen müssen. Dies hat das Verwaltungsgericht nicht getan. Dabei wird die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts durchaus auch in Teilen der Literatur vertreten (vgl. Stober, Zur staatlichen Regulierung der gewerblichen Spielevermittlung, GewArch 2003, S. 305 <307>; Pieroth/Görisch, Gewerbliche Lotteriespielvermittlung als Gegenstand der konkurrierenden Bundesgesetzgebungskompetenz, NVwZ 2005, S. 1225 <1228>).

51

(c) Das Verwaltungsgericht setzt sich nicht ausreichend mit dem strafbewehrten Verbot der Vermittlung von Wetten im Lotto-Toto-Gesetz auseinander. Bei seinen Darlegungen hinsichtlich der erlaubnisfreien Zulässigkeit der gewerblichen Vermittlung von Glücksspiel und zur Gesetzeslage vor dem Inkrafttreten des § 13 Abs. 1 GlüG LSA stellt das vorlegende Gericht lediglich auf den Willen des Gesetzgebers des Glücksspielgesetzes für Sachsen-Anhalt im Jahr 2004 ab. Dabei kommt es für die Erlaubnispflicht auf den Willen des Gesetzgebers des vor Dezember 2004 gültigen Lotto-Toto-Gesetzes des Landes Sachsen-Anhalt aus dem Jahr 1991 und des Lotteriegesetzes von Sachsen-Anhalt aus dem Jahr 1993 an. Hierzu hätte es insbesondere einer Auseinandersetzung mit § 14 Lotto-Toto-G LSA bedurft, der eine Strafbestimmung für diejenigen Personen enthielt, die für ein Unternehmen, das in Sachsen-Anhalt nicht nach § 1 Lotto-Toto-G LSA zugelassen war, gewerbsmäßig Wetten über die Ziehung von Zahlen entgegennahmen oder vermittelten. Zu diesem Zweck hätte das Verwaltungsgericht nachvollziehbar darlegen müssen, wie es die Begründung zu § 14 Lotto-Toto-G LSA versteht, wonach nur die gewerbsmäßige Entgegennahme oder Vermittlung von Wetten über die Ziehung von Zahlen oder über sportliche Wettkämpfe strafbewehrt seien.

52

Da sich aus der allgemeinen Begründung des Gesetzesentwurfs zum Lotto-Toto-G LSA (Entwurf eines Gesetzes über das Zahlenlotto und über Sportwetten im Lande Sachsen-Anhalt, LT-LSA Drucksache 1/352 vom 17. April 1991) zudem ergibt, dass dieser in wesentlichen Teilen dem in Niedersachsen geltenden Gesetz über das Zahlenlotto und dem Gesetz über Sportwetten entspricht, hätte sich das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Auslegung zur Orientierung gegebenenfalls auch mit der früheren Rechtslage in Niedersachsen auseinandersetzen können.

53

Mit der amtlichen Begründung zu § 13 GlüG LSA hat sich das Verwaltungsgericht im Gegensatz zu den Gesetzesberatungen ebenfalls nicht auseinandergesetzt. Nach dieser soll § 13 Abs. 1 GlüG LSA die Vermittlung unter einen Erlaubnisvorbehalt stellen, während nach bisherigem Recht die Vermittlung grundsätzlich verboten gewesen sei (§§ 284 ff. StGB, § 14 Lotto-Toto-G LSA).

54

(d) Die Vorlage befasst sich zudem nicht hinreichend mit der Strafbarkeit der gewerblichen Vermittlung. Soweit das Verwaltungsgericht für die erlaubnisfreie Zulässigkeit der gewerblichen Vermittlung von Glücksspielen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2006 (1 Ss 296/05, NJW 2006, S. 2422) und eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. November 2006 (2 StR 55/06, juris) heranzieht, verkennt es, dass die Zulässigkeit der gewerblichen Vermittlung aufgrund der Gesetzeskompetenz des Landes Sachsen-Anhalt im Kontext der jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen zu sehen ist. Den zitierten gerichtlichen Entscheidungen liegen jedoch keine Sachverhalte zugrunde, die sich unmittelbar auf die Zulässigkeit der gewerblichen Vermittlung von Glücksspiel in Sachsen-Anhalt beziehen. Aus ihnen ergibt sich daher nicht unmittelbar die von dem Verwaltungsgericht angenommene Erlaubnisfreiheit der Tätigkeit.

55

Auch aus der durch das Verwaltungsgericht zitierten Literatur (Lüderssen, Die Aufhebung der Straflosigkeit gewerblicher Spielvermittler durch den neuen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland?, NStZ 2007, S. 15; ders., Keine Strafdrohungen für gewerbliche Spielvermittler, 2006, S. 9 ff.; Eser/Heine  , in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, § 284 Rn. 12a ff. und § 287 Rn. 13b m.w.N.) ergibt sich nicht, dass die gewerbliche Vermittlung von unmittelbar oder mittelbar staatlich veranstalteten Lotterien in Sachsen-Anhalt straffrei und zulässig war. Vielmehr war die Strafbarkeit der gewerblichen Vermittlung von Glücksspielen umstritten (vgl. Eser/Heine, in: Schönke/Schröder, a.a.O., § 284 Rn. 12a, 17a; § 287 Rn. 13b). In der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Literatur wird zudem vertreten, dass auch die behördliche Duldung einer genehmigungspflichtigen Tätigkeit, wie sie möglicherweise durch die Behörden in Sachsen-Anhalt in Bezug auf die Tätigkeit der Klägerinnen erfolgt war, die betroffene Handlung nicht zu legalisieren vermochte beziehungsweise dies jedenfalls umstritten war (vgl. Lenckner, in: Schönke/Schröder, a.a.O., Vorbem. §§ 32 ff. Rn. 62 und Cramer/Heine, Vorbem. §§ 324 ff. Rn. 20).

56

c) Eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG in Form der Freiheit zur wirtschaftlichen Betätigung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Art. 2 Abs. 1 GG scheidet als Maßstab bereits deshalb aus, weil die aufgeworfenen Fragen des Schutzes gewerblicher Vermittler von Glücksspielen an unmittelbar oder mittelbar staatlich veranstalteten Lotterien thematisch von der sachlich speziellen Grundrechtsnorm des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst werden (BVerfGE 59, 128; 105, 252 <279>; BVerfGK 3, 337).

57

d) Die Vorlage ist darüber hinaus unzulässig, weil das Verwaltungsgericht die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 BVerfGG nicht hinreichend dargelegt hat.

58

Das Verwaltungsgericht setzt sich mit der objektiven Rechtslage auseinander. Es erklärt aber nicht, inwiefern die seines Erachtens unzureichende Übergangsvorschrift in § 13 Abs. 7 GlüG LSA für seine Entscheidung erheblich sein soll. Entscheidungserheblich für den Ausgang eines Rechtsstreits ist ein formelles Gesetz nur dann, wenn es auf seine Gültigkeit für die Entscheidung ankommt (BVerfGE 104, 74 <82>) und damit ein konkretes Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zur abschließenden Beurteilung des Ausgangsrechtsstreits unerlässlich ist (BVerfGE 50, 108 <113>; 76, 100 <104>; 85, 337 <343>; 90, 145 <170>). Das ist dann der Fall, wenn das vorlegende Gericht bei Gültigkeit des formellen Gesetzes im Ergebnis anders entscheiden müsste als bei dessen Ungültigkeit (BVerfGE 22, 175 <176 f.>; 84, 233 <236 f.>; 91, 118 <121>; 98, 169 <199>; 105, 61 <67>).

59

Das Verwaltungsgericht legt nicht dar, inwiefern die Klägerinnen auch mehr als zwei Jahre nach Inkrafttreten der Regelung noch Vertrauensschutz genießen. § 13 Abs. 1 GlüG LSA ist im Dezember 2004 in Kraft getreten. Die Untersagungsverfügungen gegen die Klägerinnen sind mehr als zwei Jahre nach Inkrafttreten der Norm ergangen. Zwar war in § 13 Abs. 7 GlüG LSA geregelt, dass die Vermittlung von Glücksspiel für eine Übergangszeit von drei Jahren erlaubnisfrei sein sollte, wenn sie im Auftrag eines in dem Land zugelassenen Wettunternehmers erfolgte und die von Spielern vereinnahmten Beträge für die Teilnahme am Spiel vollständig weitergeleitet wurden. Hieraus ergibt sich jedoch nicht zwangsläufig, dass die von dem Verwaltungsgericht als notwendig erachtete Übergangsregelung für gewerbliche Vermittler automatisch ebenso lang hätte ausfallen müssen. So hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - (BVerfGE 115, 276 <319>) für eine Neuregelung des Glücksspielrechts eine Übergangsfrist von etwas mehr als einem Jahr als angemessen angesehen (bis zum 31. Dezember 2007). Auch die Übergangsregelungen in § 25 GlüStV sehen lediglich eine Frist von einem Jahr für die Geltungsdauer von bereits erteilten Konzessionen, Genehmigungen und Erlaubnissen vor.

60

Selbst wenn man hier mit dem Verwaltungsgericht davon ausginge, dass § 13 Abs. 7 GlüG LSA eine mit Blick auf die gewerbliche Glücksspielvermittlung nicht ausreichende Übergangsregelung enthielt, hat das Gericht die unzumutbare Benachteiligung der Klägerinnen und damit die Entscheidungserheblichkeit nicht hinreichend dargelegt. Die Klägerinnen sind ihrer Tätigkeit als gewerbliche Vermittler auch nach dem Inkrafttreten der Erlaubnispflicht nach § 13 Abs. 1 GlüG LSA nachgegangen. Für die Entscheidungserheblichkeit ist maßgeblich, ob sich das Vertrauen der Klägerinnen bei Abwägung ihrer Interessen gegenüber dem Anliegen des Gesetzgebers als vorrangig erweisen würde.

61

Bei der Aufhebung oder Modifizierung geschützter Rechtspositionen hat der Gesetzgeber - auch dann, wenn der Eingriff an sich verfassungsrechtlich zulässig ist - aufgrund des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine angemessene Übergangsregelung zu treffen (BVerfGE 21, 173 <183>; 22, 275 <276>; 25, 236 <248>; 31, 275 <284>; 32, 1 <22 f.>; 36, 281 <293>; 43, 242 <288>). Für die Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse steht dem Gesetzgeber ein breiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Zwischen der sofortigen, übergangslosen Inkraftsetzung des neuen Rechts und dem ungeschmälerten Fortbestand begründeter subjektiver Rechtspositionen sind vielfache Abstufungen denkbar. Der Nachprüfung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat (BVerfGE 43, 242 <288 f.>).

62

Vorliegend sind keine Gesichtspunkte dafür ersichtlich, dass eine den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit voll berücksichtigende Übergangsregelung den Klägerinnen eine günstigere Position hätte einräumen müssen als sie tatsächlich innehatten (vgl. BVerfGE 43, 242 <290>).

63

Das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich lediglich dargelegt, dass mit der bloß faktischen ordnungsbehördlichen Duldung eines Verhaltens, das staatlicherseits bereits als verboten und strafbar angesehen werde, kein Übergangsrecht erreicht werde, welches der bislang innegehabten Rechtsposition des Betroffenen Rechnung trage. Denn jeder, der sich während der ihrer Dauer nach nicht bestimmten Duldungszeit auf Vermittlungsgeschäfte mit den Klägerinnen einlasse, müsse sich vor Augen führen, dass es sich um verbotene und unter Umständen auch für ihn selbst strafbare Geschäftstätigkeiten handele. Diese abstrakten Ausführungen zur objektiven Rechtslage erklären jedoch nicht, warum eine mögliche Übergangsregelung auf die in der Zwischenzeit weiterhin gewerblich vermittelnd tätigen Klägerinnen auch über zwei Jahre nach Inkrafttreten der Erlaubnispflicht in § 13 Abs. 1 GlüG LSA noch hätte angewandt werden müssen.

64

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Wird eine Veränderungssperre nach § 14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Wird kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt, wird auf Antrag der Gemeinde anstelle der Aussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit eine vorläufige Untersagung innerhalb einer durch Landesrecht festgesetzten Frist ausgesprochen. Die vorläufige Untersagung steht der Zurückstellung nach Satz 1 gleich.

(2) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Zurückstellung von Baugesuchen nicht anzuwenden; mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs wird ein Bescheid über die Zurückstellung des Baugesuchs nach Absatz 1 unwirksam.

(3) Auf Antrag der Gemeinde hat die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 für einen Zeitraum bis zu längstens einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 erreicht werden sollen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Auf diesen Zeitraum ist die Zeit zwischen dem Eingang des Baugesuchs bei der zuständigen Behörde bis zur Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs nicht anzurechnen, soweit der Zeitraum für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich ist. Der Antrag der Gemeinde nach Satz 1 ist nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Gemeinde in einem Verwaltungsverfahren von dem Bauvorhaben förmlich Kenntnis erhalten hat, zulässig. Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung nach Satz 1 um höchstens ein weiteres Jahr aussetzen.

(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn

1.
ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder
2.
die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind.
An die Unterrichtung und Erörterung schließt sich das Verfahren nach Absatz 2 auch an, wenn die Erörterung zu einer Änderung der Planung führt.

(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet zu veröffentlichen. Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet nach Satz 1 sind eine oder mehrere andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch öffentlich zugängliche Lesegeräte oder durch eine öffentliche Auslegung der in Satz 1 genannten Unterlagen, zur Verfügung zu stellen. Die nach § 4 Absatz 2 Beteiligten sollen von der Veröffentlichung im Internet auf elektronischem Weg benachrichtigt werden. Die Internetseite oder Internetadresse, unter der die in Satz 1 genannten Unterlagen eingesehen werden können, die Dauer der Veröffentlichungsfrist sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind vor Beginn der Veröffentlichungsfrist ortsüblich bekannt zu machen; in der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
dass Stellungnahmen während der Dauer der Veröffentlichungsfrist abgegeben werden können,
2.
dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Weg abgegeben werden können,
3.
dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und
4.
welche anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten nach Satz 2 bestehen.
Der Inhalt der Bekanntmachung ist zusätzlich in das Internet einzustellen; die nach Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen und der Inhalt der Bekanntmachung sind über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich zu machen. Die fristgemäß abgegebenen Stellungnahmen sind zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. Haben mehr als 50 Personen Stellungnahmen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt abgegeben, kann die Mitteilung dadurch ersetzt werden, dass diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht wird; die Stelle, bei der das Ergebnis der Prüfung während der Dienststunden eingesehen werden kann, ist ortsüblich und über das Internet bekannt zu machen. Bei der Vorlage der Bauleitpläne nach § 6 oder § 10 Absatz 2 sind die nicht berücksichtigten Stellungnahmen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen.

(3) Bei Flächennutzungsplänen ist ergänzend zu dem Hinweis nach Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in einem Rechtsbehelfsverfahren nach § 7 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Veröffentlichungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit des sachlichen Teilflächennutzungsplans "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin.

2

Der Plan stellt am nordwestlichen Rand des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin insgesamt vier Sonderbauflächen für Windenergie (SO Wind) zeichnerisch dar. Die textliche Darstellung Nr. 1 hat zum Inhalt, dass die Sonderbauflächen Konzentrationsflächen bilden, auf die Vorhaben von Windenergieanlagen/Windparks gelenkt werden sollen, und ein Entgegenstehen öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB im übrigen Gemeindegebiet begründen, das keine Darstellung aufweist.

3

Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der Windenergiebranche. Sie beabsichtigt die Errichtung eines Windparks mit 14 Windkraftanlagen im Ortsteil H. der Antragsgegnerin. Der in Aussicht genommene Standort des Vorhabens liegt außerhalb der im sachlichen Teilflächennutzungsplan "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin dargestellten Sonderbauflächen für Windenergie.

4

Auf den Normenkontrollantrag der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht den sachlichen Teilflächennutzungsplan "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin für unwirksam erklärt (NuR 2011, 794). Der Plan beruhe auf einem Verstoß gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB.

5

Das Abwägungsgebot stelle an einen Flächennutzungsplan, mit dem die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden solle, die folgenden Anforderungen: Erforderlich sei die Entwicklung eines schlüssigen Planungskonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich erstrecke. Die planerische Entscheidung müsse nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen werde, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigten, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten. Die auf der Ebene des Abwägungsvorgangs angesiedelte Ausarbeitung eines Planungskonzepts vollziehe sich abschnittsweise. Zunächst seien diejenigen Außenbereichsflächen auszuscheiden, auf denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen seien ("harte" Tabuzonen), und anschließend nach Maßgabe einheitlich angewandter Kriterien diejenigen Flächen zu ermitteln, auf denen nach den städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinde keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollten ("weiche" Tabuzonen). Die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleibenden sog. Potenzialflächen seien in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprächen, seien mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht werde. Diese Prüfungsreihenfolge sei zwingend. Als Ergebnis der Abwägung müsse der Windenergie in substanzieller Weise Raum geschaffen werden. Mit einer bloßen "Feigenblatt"-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinauslaufe, dürfe es nicht sein Bewenden haben. Die demnach im letzten Arbeitsschritt erforderliche Prüfung, ob der Plan ein hinreichendes Flächenpotenzial für die Windenergienutzung gewährleiste und der Windenergie damit "substanziell" Raum verschaffe, setze die Ermittlung und Bewertung des Größenverhältnisses zwischen der Gesamtfläche der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszonen und derjenigen Potenzialflächen voraus, die sich nach Abzug der "harten" Tabuzonen ergäben. Im Rahmen der Ausarbeitung ihres Planungskonzepts müsse die planende Gemeinde daher - nach Maßgabe dessen, was auf der Ebene des Flächennutzungsplans angemessenerweise verlangt werden könne - die harten von den weichen Tabuzonen abgrenzen und dies nachvollziehbar dokumentieren.

6

Der Abwägungsfehler liege darin, dass die Antragsgegnerin bei der Erarbeitung des Planungskonzepts nicht zwischen den unterschiedlichen Kategorien der Tabuzonen unterschieden habe. Sowohl die Planbegründung (§ 5 Abs. 5 BauGB) als auch die zusammenfassende Erklärung (§ 6 Abs. 5 BauGB) erweckten den Eindruck, als habe die Antragsgegnerin durchweg harte Ausschlusskriterien angewandt. Dass sie sich bewusst gewesen sei, durch die Festlegung von Abstandszonen zu schutzbedürftigen Nutzungen auch weiche Ausschlusskriterien angewandt zu haben, habe sie nicht offengelegt. Für die Gemeindevertretung als Beschlussorgan habe daher ebenso wie für die im Aufstellungsverfahren beteiligte Öffentlichkeit zwangsläufig die Fehlvorstellung entstehen müssen, dass es schon aus rechtlichen Gründen keine Alternativen zu den gewählten Abstandszonen gebe. Der Fehler sei nicht nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB unbeachtlich. Er sei offensichtlich, weil er sich aus der Planbegründung und den Aufstellungsvorgängen ergebe, und habe sich auch auf das Abwägungsergebnis ausgewirkt. Da sich bei der gebotenen Bewertung anhand der maßgeblichen Bezugsgröße (Größe der Außenbereichsflächen nach Abzug der "harten" Tabuzonen) voraussichtlich gezeigt hätte, dass deutlich mehr Flächen für die Windenergienutzung zur Verfügung stünden als angenommen, bestehe die konkrete Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin die Darstellung des sachlichen Teilflächennutzungsplans in Bezug auf Anzahl und Größe der Sonderbauflächen für Windenergie geändert hätte.

7

Die Antragsgegnerin hat gegen das Normenkontrollurteil die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass eine Verpflichtung zu einer gestuften Vorgehensweise bei der Ermittlung der Potenzialflächen durch die vom Oberverwaltungsgericht geforderte Trennung in harte und weiche Tabuzonen weder bundesrechtlich geboten sei noch sachgerecht erfüllt werden könne. Die Gemeinde dürfe im Rahmen der Standortanalyse diejenige unter mehreren sachgerechten Methoden wählen, die ihr am zweckmäßigsten erscheine. Dem vorinstanzlich angewandten Prüfungsschema liege die unzutreffende Prämisse zugrunde, dass die Frage, ob der Windenergie substanziell Raum verschafft werde, nur nach dem Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsfläche und der Größe derjenigen Potenzialflächen beantwortet werden könne, die sich nach Abzug der harten Tabuzonen von der Gesamtheit der gemeindlichen Außenbereichsflächen ergebe. Das Oberverwaltungsgericht habe verkannt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Bewertung, ob der Windenergie substanziell Raum gegeben werde, anhand einer Gesamtbetrachtung unterschiedlicher Gesichtspunkte vorgenommen werden dürfe. Losgelöst von den rechtlichen Fehlvorstellungen, denen das Oberverwaltungsgericht erlegen sei, sei das Urteil auch deshalb unrichtig, weil sie, die Antragsgegnerin, entgegen der vorinstanzlichen Würdigung keinen Zweifel habe aufkommen lassen, welche abstrakten und einheitlich angewandten Kriterien im Einzelnen zu den ermittelten Potenzialflächen geführt hätten und ob die Kriterien rechtlich geboten oder selbst gewählt gewesen seien.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet, weil das angefochtene Urteil mit Bundesrecht im Einklang steht. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der sachliche Teilflächennutzungsplan "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin an einem beachtlichen Mangel im Abwägungsvorgang leidet und deshalb unwirksam ist.

9

1. Die Anforderungen an den Abwägungsvorgang ergeben sich aus den verfahrensrechtlichen Vorgaben des § 2 Abs. 3 BauGB, die sich mit den Anforderungen decken, die die Rechtsprechung aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB entwickelt hat (Urteil vom 9. April 2008 - BVerwG 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 20). Soll eine planerische Entscheidung die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen - hiernach stehen öffentliche Belange einem Vorhaben zur Nutzung der Windenergie in der Regel entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist -, verlangt das Abwägungsgebot die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt. Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten (vgl. Urteile vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <298> und vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261).

10

Nach der Rechtsprechung des Senats vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise (vgl. Beschluss vom 15. September 2009 - BVerwG 4 BN 25.09 - BRS 74 Nr. 112). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als "Tabuzonen" zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in "harte" und "weiche" untergliedern (Beschluss vom 15. September 2009 a.a.O.). Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Gemeindegebietsteilen, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung "schlechthin" ungeeignet sind (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 a.a.O. S. 295, 299), mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen der Gemeinde aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen "von vornherein" ausgeschlossen werden "soll" (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <112>). Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird (vgl. auch OVG Koblenz, Urteil vom 26. November 2003 - 8 A 10814/03 - ZNER 2004, 82 <83>).

11

Das Oberverwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Gemeinde - auf der ersten Stufe des Planungsprozesses - den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren muss. Das stimmt mit Bundesrecht überein und ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen.

12

Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB scheitert. Danach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bauleitplan, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. Urteil vom 18. März 2004 - BVerwG 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239 <240 f.>). Harte Tabuflächen sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen (§ 1 Abs. 7 BauGB) entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie keine eigenständige Kategorie im System des Rechts der Bauleitplanung bilden, sondern der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass städtebauliche Gesichtspunkte hier - anders als die Antragsgegnerin meint - nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen, einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft (vgl. Urteil vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560>).

13

Während harte Tabuzonen kraft Gesetzes als Konzentrationsflächen für die Windenergienutzung ausscheiden, muss der Plangeber eine Entscheidung für weiche Tabuzonen rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d.h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen. Andernfalls scheitert seine Planung unabhängig davon, welche Maßstäbe an die Kontrolle des Abwägungsergebnisses anzulegen sind, schon an dem fehlenden Nachweis, dass er die weichen Tabukriterien auf der Stufe der Abwägung in die Planung eingestellt hat.

14

Dem Plangeber wird mit der Unterteilung in harte und weiche Tabuzonen nichts Unmögliches abverlangt. An der Vereinbarkeit mit § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB und § 1 Abs. 7 BauGB muss sich jede Planung messen lassen. Der Senat verkennt ebenso wenig wie die Vorinstanz, dass die Abgrenzung zwischen harten und weichen Tabuzonen in der Planungspraxis mit Schwierigkeiten verbunden sein kann. Dem kann jedoch dadurch Rechnung getragen werden, dass vom Plangeber nicht mehr gefordert wird, als was er "angemessenerweise" leisten kann (UA S. 30). Die Grenzen des ihm Möglichen hat das Oberverwaltungsgericht anschaulich aufgezeigt (UA S. 31 ff.).

15

Das Oberverwaltungsgericht hat unter Auswertung der Planbegründung (§ 5 Abs. 5 BauGB) und der zusammenfassenden Erklärung (§ 6 Abs. 5 Satz 2 BauGB) festgestellt, dass die Antragsgegnerin zwischen harten und weichen Tabuzonen nicht differenziert hat (UA S. 34). An die getroffenen Feststellungen ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil die Antragsgegnerin in Bezug auf sie keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorbringt, sondern sich darauf beschränkt, der tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz ihre eigene, davon abweichende Würdigung entgegenzusetzen. Der Verzicht auf die Unterscheidung zwischen beiden Arten der Tabuzonen wäre allerdings unbeachtlich, wenn feststünde, dass die Antragsgegnerin nur harte Tabuzonen zu den Ausschlussgebieten gezählt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung für den Senat festgestellt, dass die Antragsgegnerin auch solche Landschaftsteile in den Umgriff der Ausschlussgebiete einbezogen hat, in denen nach ihren eigenen Kriterien keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen (UA S. 35 ff.).

16

2. Ebenfalls ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass der Mangel im Abwägungsvorgang nicht gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB unbeachtlich ist (UA S. 37 f.). Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Mangel offensichtlich ist, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Rates über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (Urteil vom 21. August 1981 - BVerwG 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 <38>), und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre (Beschluss vom 9. Oktober 2003 - BVerwG 4 BN 47.03 - BauR 2004, 1130). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat es, für den Senat bindend, bejaht.

17

Der Senat hat die Anforderungen an die Voraussetzungen des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB im Urteil vom 22. September 2010 - BVerwG 4 CN 2.10 - (BVerwGE 138, 12 Rn. 21 f.) entgegen der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht der Antragsgegnerin nicht dahingehend geändert, dass ein Fehler im Abwägungsvorgang erst dann erheblich ist, wenn eine Fehlerkorrektur schlechterdings nicht zum selben Abwägungsergebnis führen könnte. Das Urteil hält daran fest, dass der Abwägungsvorgang fehlerhaft ist, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung ohne den Fehler anders ausgefallen wäre, und trifft die Aussage, dass das Abwägungsergebnis nicht unter denselben Voraussetzungen, sondern erst dann zu beanstanden ist, wenn eine fehlerfreie Nachholung der Abwägung schlechterdings nicht dasselbe Ergebnis haben dürfte (a.a.O. Rn. 22). Das Abwägungsergebnis, das im angefochtenen Teilflächennutzungsplan seinen Niederschlag gefunden hat, ist vorliegend aber nicht Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle.

18

3. Nicht entscheidungserheblich ist die Frage, nach welchem Vergleichsmaßstab zu beurteilen ist, ob das Planungsergebnis der Windenergie substanziell Raum verschafft (vgl. zu diesem Erfordernis als Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Abwägungsergebnisses Urteile vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <295>, vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261 und - BVerwG 4 C 4.02 - NVwZ 2003, 738 <739>, vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <111> und vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560>). Im Interesse der Rechtssicherheit und Berechenbarkeit der Rechtsprechung nimmt der Senat gleichwohl zu ihr Stellung. Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts lässt sie sich nicht ausschließlich nach dem Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsfläche und der Größe derjenigen Potenzialflächen beantworten, die sich nach Abzug der harten Tabuzonen von der Gesamtheit der gemeindlichen Außenbereichsflächen ergibt. Der von der Vorinstanz entwickelte Maßstab für die Kontrolle des Abwägungsergebnisses kann keine "Exklusivität" für sich beanspruchen. Der Senat hat die Entscheidung, anhand welcher Kriterien sich beantworten lässt, ob eine Konzentrationsflächenplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für die Nutzung der Windenergie in substanzieller Weise Raum schafft, den Tatsachengerichten vorbehalten (Beschluss vom 29. März 2010 - BVerwG 4 BN 65.09 - BauR 2010, 2074) und verschiedene Modelle gebilligt (vgl. Beschluss vom 22. April 2010 - BVerwG 4 B 68.09 - juris Rn. 6 f. und Urteil vom 20. Mai 2010 - BVerwG 4 C 7.09 - NVwZ 2010, 1561 Rn. 28). Daran hält er mit dem Zusatz fest, dass die von den Tatsachengerichten entwickelten Kriterien revisionsrechtlich hinzunehmen sind, wenn sie nicht von einem Rechtsirrtum infiziert sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder ansonsten für die Beurteilung des Sachverhalts schlechthin ungeeignet sind (vgl. auch Urteil vom 11. Oktober 2007 - BVerwG 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307 Rn. 22).

19

Der Senat sieht keinen Anlass, den vom Oberverwaltungsgericht gewählten Ansatz zu beanstanden. Er selbst hat bereits im Urteil vom 17. Dezember 2002 (a.a.O. S. 295) einem, wenn auch anders gearteten, Flächenvergleich das Wort geredet. Nicht zulässig wäre allerdings die Festlegung eines bestimmten (prozentualen) Anteils, den die Konzentrationsflächen im Vergleich zu den Potenzialflächen erreichen müssen, damit die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eintritt. Dagegen darf dem Verhältnis dieser Flächen zueinander Indizwirkung beigemessen werden und ist nichts gegen einen Rechtssatz des Inhalts zu erinnern, dass, je geringer der Anteil der ausgewiesenen Konzentrationsflächen ist, desto gewichtiger die gegen eine weitere Ausweisung von Vorranggebieten sprechenden Gesichtspunkte sein müssen, damit es sich nicht um eine unzulässige "Feigenblattplanung" handelt (so VG Hannover, Urteil vom 24. November 2011 - 4 A 4927/09 - juris Rn. 66).

Gründe

1

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Das angefochtene Urteil weicht nicht von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ab.

3

a) Im Urteil vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 48.86 - (BVerwGE 81, 111 <117>) hat der Senat den Rechtssatz formuliert, dass einander widersprechende planerische Aussagen verschiedener Planungsträger in Bezug auf ein und dieselbe Fläche rechtlich ebenso wenig zulässig sind wie Festsetzungen, deren Gültigkeit unter einem Vorbehalt steht. Einen Rechtssatz, der dazu in Widerspruch steht, hat das Oberverwaltungsgericht weder ausdrücklich noch sinngemäß aufgestellt. Es hat das Vorliegen einer Planung, die der Bauleitplanung der Antragsgegnerin widerspricht, verneint, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses das bergrechtliche Planfeststellungsverfahren zur Zulassung des Rahmenbetriebsplans "Großgarten/Kappesheck" noch nicht abgeschlossen war (UA S. 28 f.).

4

b) Im Beschluss vom 13. November 2001 - BVerwG 9 B 57.01 - (NVwZ-RR 2002, 178) findet sich der Rechtssatz, dass eine kommunale Bauleitplanung auf hinreichend konkretisierte und verfestigte Planungsabsichten der konkurrierenden Fachplanung Rücksicht nehmen muss, auch wenn diese noch nicht rechtsverbindlich sind. Auch diesem Rechtssatz hat sich das Oberverwaltungsgericht nicht widersetzt, sondern ist ihm im Gegenteil ausdrücklich gefolgt (UA S. 53 f.).

5

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragstellerin beimisst.

6

a) Die Antragstellerin möchte grundsätzlich geklärt wissen, ob

- § 38 BauGB auch im Rahmen eines Planfeststellungsbeschlusses über einen bergrechtlichen Rahmenbetriebsplan Anwendung findet, wenn dieser noch nicht erlassen ist, das Planungsziel sich jedoch in dieser Fachplanung so weit konkretisiert hat, dass mit der Zulassung zu rechnen ist,

- ein bergrechtlicher Rahmenbetriebsplan, der eine gebundene Entscheidung ohne planerischen Gestaltungsspielraum darstellt, in den Anwendungsbereich des § 38 BauGB fällt.

7

Die erste Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision bereits deshalb nicht, weil sie auf einen anderen Sachverhalt gemünzt ist, als ihn das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat. Nach Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts war zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über den Bebauungsplan der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nicht zu erwarten, sondern noch offen, ob und in welchem Umfang der Rahmenbetriebsplan der Antragstellerin im Planfeststellungsverfahren festgestellt würde (UA S. 29).

8

Die zweite Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Sie kann im Sinne der Antragstellerin beantwortet werden, ohne dass die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts korrigiert werden müsste. Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu bekräftigen, dass ein wirksamer Planfeststellungsbeschluss als bestandskräftiger Verwaltungsakt mit planerischen Festsetzungen gegenüber einem späteren Bebauungsplan nach § 38 Satz 1 BauGB Vorrang genießt (Runkel; in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Juni 2012, § 38 Rn. 92; Stüer/Probstfeld, Die Planfeststellung, S. 58 Rn. 100). In der Konkurrenz zwischen hinreichend konkretisierter und verfestigter, aber noch nicht rechtsverbindlicher Fachplanung und Bauleitplanung muss letztere im Rahmen der Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) auf die in Aussicht genommene Fachplanung Rücksicht nehmen. Das ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. nur Beschluss vom 5. November 2002 - BVerwG 9 VR 14.02 - BauR 2003, 205 <206>). Das Oberverwaltungsgericht hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (UA S. 53 f.) und ist in Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass unterstellte Abwägungsfehler in Bezug auf das eingeleitete bergrechtliche Planfeststellungsverfahren nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 BauGB unbeachtlich sind (UA S. 53). Daran ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO mangels durchgreifender Revisionsgründe gebunden.

9

b) Die Antragstellerin wirft zu § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 BauGB die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage auf, ob und bis zu welchem Punkt das Oberverwaltungsgericht selbst Abwägungsdefizite, insbesondere einen vollständigen Ausfall der Abwägung zu einem entscheidenden Belang, ausfüllen und eine Unbeachtlichkeit annehmen darf.

10

Die Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie zu einem anderen Sachverhalt gestellt ist, als ihn das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Antragsgegnerin eine entgegenstehende Fachplanung "völlig unbeachtet" gelassen hat. Es hat der Antragsgegnerin vielmehr attestiert, sich bei ihrer Abwägung bewusst gewesen zu sein, dass für große Teile des Plangebiets, das sie als Naherholungsgebiet und - künftige - Ausgleichsflächen habe ausweisen wollen, ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren eingeleitet worden war, durch das der Rahmenbetriebsplan der Antragstellerin für den Abbau von Rohstoffen zugelassen werden sollte, und insoweit die bauplanerischen Festsetzungen mit den bergrechtlichen Abbauabsichten kollidierten (UA S. 49).

11

Unabhängig davon lässt sich die Frage auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats beantworten ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Mängel, die unter § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB fallen, und sonstige Abwägungsmängel, zu denen auch ein Abwägungsausfall gehört (Lemmel, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: Mai 2012, § 214 Rn. 61), sind im einen Fall nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, im anderen Fall nach § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Durch das Urteil des Senats vom 21. August 1981 - BVerwG 4 C 57.80 - (BVerwGE 61, 33 <38>) ist geklärt, dass mit dem Attribut "offensichtlich" nur Mängel für beachtlich erklärt werden, die objektiv erfassbar sind ("äußere" Seite des Abwägungsvorgangs), und es nicht darauf ankommt, welche Motive und Vorstellungen die einzelnen an der Abstimmung beteiligten Ratsmitglieder hatten ("innere" Seite des Abwägungsvorgangs). Ebenfalls durch das Urteil vom 21. August 1981 (a.a.O. S. 39 f.) geklärt und durch das Urteil vom 9. April 2008 - BVerwG 4 CN 1.07 - (BVerwGE 131, 100 <107 f.>) bestätigt ist, dass ein Mangel auf das Ergebnis von Einfluss ist, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre, und eine konkrete Möglichkeit immer dann besteht, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sein kann. Dass ein Normenkontrollgericht die Fehlerfolgenregelung des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB nicht zum Anlass nehmen darf, eine eigene Abwägungsentscheidung zu treffen, wie die Antragstellerin dem Oberverwaltungsgericht - übrigens zu Unrecht - vorhält, versteht sich von selbst.

12

3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Dabei kann offenbleiben, ob sich das Oberverwaltungsgericht über § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO hinweggesetzt hat, wonach das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht; denn sein Urteil beruht jedenfalls nicht auf dem Verstoß. Die Antragstellerin wirft dem Oberverwaltungsgericht vor, das Schreiben der Antragsgegnerin an die Antragstellerin vom 6. April 2009 übergangen zu haben, aus dem sich ergebe, dass die Antragsgegnerin eine Planungsschranke durch die konkurrierende Fachplanung zumindest in Erwägung gezogen habe. Die Rüge ist nicht geeignet, den vorinstanzlichen Befund in Frage zu stellen, dass ein möglicher Abwägungsfehler unbeachtlich ist. Das Oberverwaltungsgericht hat nämlich auch für den von der Antragstellerin als erwiesen erachteten und von ihm unterstellten Fall, dass die bergrechtliche Planung nach § 38 BauGB privilegiert sei und die Antragsgegnerin dies zutreffend erkannt hätte, verneint, dass die Antragsgegnerin von ihrer Bauleitplanung Abstand genommen hätte (UA S. 55).

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit des sachlichen Teilflächennutzungsplans "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin.

2

Der Plan stellt am nordwestlichen Rand des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin insgesamt vier Sonderbauflächen für Windenergie (SO Wind) zeichnerisch dar. Die textliche Darstellung Nr. 1 hat zum Inhalt, dass die Sonderbauflächen Konzentrationsflächen bilden, auf die Vorhaben von Windenergieanlagen/Windparks gelenkt werden sollen, und ein Entgegenstehen öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB im übrigen Gemeindegebiet begründen, das keine Darstellung aufweist.

3

Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der Windenergiebranche. Sie beabsichtigt die Errichtung eines Windparks mit 14 Windkraftanlagen im Ortsteil H. der Antragsgegnerin. Der in Aussicht genommene Standort des Vorhabens liegt außerhalb der im sachlichen Teilflächennutzungsplan "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin dargestellten Sonderbauflächen für Windenergie.

4

Auf den Normenkontrollantrag der Antragstellerin hat das Oberverwaltungsgericht den sachlichen Teilflächennutzungsplan "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin für unwirksam erklärt (NuR 2011, 794). Der Plan beruhe auf einem Verstoß gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB.

5

Das Abwägungsgebot stelle an einen Flächennutzungsplan, mit dem die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden solle, die folgenden Anforderungen: Erforderlich sei die Entwicklung eines schlüssigen Planungskonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich erstrecke. Die planerische Entscheidung müsse nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen werde, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigten, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten. Die auf der Ebene des Abwägungsvorgangs angesiedelte Ausarbeitung eines Planungskonzepts vollziehe sich abschnittsweise. Zunächst seien diejenigen Außenbereichsflächen auszuscheiden, auf denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen seien ("harte" Tabuzonen), und anschließend nach Maßgabe einheitlich angewandter Kriterien diejenigen Flächen zu ermitteln, auf denen nach den städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinde keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollten ("weiche" Tabuzonen). Die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleibenden sog. Potenzialflächen seien in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprächen, seien mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht werde. Diese Prüfungsreihenfolge sei zwingend. Als Ergebnis der Abwägung müsse der Windenergie in substanzieller Weise Raum geschaffen werden. Mit einer bloßen "Feigenblatt"-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinauslaufe, dürfe es nicht sein Bewenden haben. Die demnach im letzten Arbeitsschritt erforderliche Prüfung, ob der Plan ein hinreichendes Flächenpotenzial für die Windenergienutzung gewährleiste und der Windenergie damit "substanziell" Raum verschaffe, setze die Ermittlung und Bewertung des Größenverhältnisses zwischen der Gesamtfläche der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszonen und derjenigen Potenzialflächen voraus, die sich nach Abzug der "harten" Tabuzonen ergäben. Im Rahmen der Ausarbeitung ihres Planungskonzepts müsse die planende Gemeinde daher - nach Maßgabe dessen, was auf der Ebene des Flächennutzungsplans angemessenerweise verlangt werden könne - die harten von den weichen Tabuzonen abgrenzen und dies nachvollziehbar dokumentieren.

6

Der Abwägungsfehler liege darin, dass die Antragsgegnerin bei der Erarbeitung des Planungskonzepts nicht zwischen den unterschiedlichen Kategorien der Tabuzonen unterschieden habe. Sowohl die Planbegründung (§ 5 Abs. 5 BauGB) als auch die zusammenfassende Erklärung (§ 6 Abs. 5 BauGB) erweckten den Eindruck, als habe die Antragsgegnerin durchweg harte Ausschlusskriterien angewandt. Dass sie sich bewusst gewesen sei, durch die Festlegung von Abstandszonen zu schutzbedürftigen Nutzungen auch weiche Ausschlusskriterien angewandt zu haben, habe sie nicht offengelegt. Für die Gemeindevertretung als Beschlussorgan habe daher ebenso wie für die im Aufstellungsverfahren beteiligte Öffentlichkeit zwangsläufig die Fehlvorstellung entstehen müssen, dass es schon aus rechtlichen Gründen keine Alternativen zu den gewählten Abstandszonen gebe. Der Fehler sei nicht nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB unbeachtlich. Er sei offensichtlich, weil er sich aus der Planbegründung und den Aufstellungsvorgängen ergebe, und habe sich auch auf das Abwägungsergebnis ausgewirkt. Da sich bei der gebotenen Bewertung anhand der maßgeblichen Bezugsgröße (Größe der Außenbereichsflächen nach Abzug der "harten" Tabuzonen) voraussichtlich gezeigt hätte, dass deutlich mehr Flächen für die Windenergienutzung zur Verfügung stünden als angenommen, bestehe die konkrete Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin die Darstellung des sachlichen Teilflächennutzungsplans in Bezug auf Anzahl und Größe der Sonderbauflächen für Windenergie geändert hätte.

7

Die Antragsgegnerin hat gegen das Normenkontrollurteil die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass eine Verpflichtung zu einer gestuften Vorgehensweise bei der Ermittlung der Potenzialflächen durch die vom Oberverwaltungsgericht geforderte Trennung in harte und weiche Tabuzonen weder bundesrechtlich geboten sei noch sachgerecht erfüllt werden könne. Die Gemeinde dürfe im Rahmen der Standortanalyse diejenige unter mehreren sachgerechten Methoden wählen, die ihr am zweckmäßigsten erscheine. Dem vorinstanzlich angewandten Prüfungsschema liege die unzutreffende Prämisse zugrunde, dass die Frage, ob der Windenergie substanziell Raum verschafft werde, nur nach dem Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsfläche und der Größe derjenigen Potenzialflächen beantwortet werden könne, die sich nach Abzug der harten Tabuzonen von der Gesamtheit der gemeindlichen Außenbereichsflächen ergebe. Das Oberverwaltungsgericht habe verkannt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Bewertung, ob der Windenergie substanziell Raum gegeben werde, anhand einer Gesamtbetrachtung unterschiedlicher Gesichtspunkte vorgenommen werden dürfe. Losgelöst von den rechtlichen Fehlvorstellungen, denen das Oberverwaltungsgericht erlegen sei, sei das Urteil auch deshalb unrichtig, weil sie, die Antragsgegnerin, entgegen der vorinstanzlichen Würdigung keinen Zweifel habe aufkommen lassen, welche abstrakten und einheitlich angewandten Kriterien im Einzelnen zu den ermittelten Potenzialflächen geführt hätten und ob die Kriterien rechtlich geboten oder selbst gewählt gewesen seien.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet, weil das angefochtene Urteil mit Bundesrecht im Einklang steht. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der sachliche Teilflächennutzungsplan "Windenergienutzung" der Antragsgegnerin an einem beachtlichen Mangel im Abwägungsvorgang leidet und deshalb unwirksam ist.

9

1. Die Anforderungen an den Abwägungsvorgang ergeben sich aus den verfahrensrechtlichen Vorgaben des § 2 Abs. 3 BauGB, die sich mit den Anforderungen decken, die die Rechtsprechung aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB entwickelt hat (Urteil vom 9. April 2008 - BVerwG 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 20). Soll eine planerische Entscheidung die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen - hiernach stehen öffentliche Belange einem Vorhaben zur Nutzung der Windenergie in der Regel entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist -, verlangt das Abwägungsgebot die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt. Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten (vgl. Urteile vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <298> und vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261).

10

Nach der Rechtsprechung des Senats vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise (vgl. Beschluss vom 15. September 2009 - BVerwG 4 BN 25.09 - BRS 74 Nr. 112). In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als "Tabuzonen" zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in "harte" und "weiche" untergliedern (Beschluss vom 15. September 2009 a.a.O.). Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Gemeindegebietsteilen, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung "schlechthin" ungeeignet sind (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 a.a.O. S. 295, 299), mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen der Gemeinde aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen "von vornherein" ausgeschlossen werden "soll" (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <112>). Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird (vgl. auch OVG Koblenz, Urteil vom 26. November 2003 - 8 A 10814/03 - ZNER 2004, 82 <83>).

11

Das Oberverwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Gemeinde - auf der ersten Stufe des Planungsprozesses - den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren muss. Das stimmt mit Bundesrecht überein und ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen.

12

Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB scheitert. Danach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bauleitplan, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen (vgl. Urteil vom 18. März 2004 - BVerwG 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239 <240 f.>). Harte Tabuflächen sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen (§ 1 Abs. 7 BauGB) entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie keine eigenständige Kategorie im System des Rechts der Bauleitplanung bilden, sondern der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass städtebauliche Gesichtspunkte hier - anders als die Antragsgegnerin meint - nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen, einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft (vgl. Urteil vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560>).

13

Während harte Tabuzonen kraft Gesetzes als Konzentrationsflächen für die Windenergienutzung ausscheiden, muss der Plangeber eine Entscheidung für weiche Tabuzonen rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d.h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen. Andernfalls scheitert seine Planung unabhängig davon, welche Maßstäbe an die Kontrolle des Abwägungsergebnisses anzulegen sind, schon an dem fehlenden Nachweis, dass er die weichen Tabukriterien auf der Stufe der Abwägung in die Planung eingestellt hat.

14

Dem Plangeber wird mit der Unterteilung in harte und weiche Tabuzonen nichts Unmögliches abverlangt. An der Vereinbarkeit mit § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB und § 1 Abs. 7 BauGB muss sich jede Planung messen lassen. Der Senat verkennt ebenso wenig wie die Vorinstanz, dass die Abgrenzung zwischen harten und weichen Tabuzonen in der Planungspraxis mit Schwierigkeiten verbunden sein kann. Dem kann jedoch dadurch Rechnung getragen werden, dass vom Plangeber nicht mehr gefordert wird, als was er "angemessenerweise" leisten kann (UA S. 30). Die Grenzen des ihm Möglichen hat das Oberverwaltungsgericht anschaulich aufgezeigt (UA S. 31 ff.).

15

Das Oberverwaltungsgericht hat unter Auswertung der Planbegründung (§ 5 Abs. 5 BauGB) und der zusammenfassenden Erklärung (§ 6 Abs. 5 Satz 2 BauGB) festgestellt, dass die Antragsgegnerin zwischen harten und weichen Tabuzonen nicht differenziert hat (UA S. 34). An die getroffenen Feststellungen ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil die Antragsgegnerin in Bezug auf sie keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorbringt, sondern sich darauf beschränkt, der tatrichterlichen Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz ihre eigene, davon abweichende Würdigung entgegenzusetzen. Der Verzicht auf die Unterscheidung zwischen beiden Arten der Tabuzonen wäre allerdings unbeachtlich, wenn feststünde, dass die Antragsgegnerin nur harte Tabuzonen zu den Ausschlussgebieten gezählt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung für den Senat festgestellt, dass die Antragsgegnerin auch solche Landschaftsteile in den Umgriff der Ausschlussgebiete einbezogen hat, in denen nach ihren eigenen Kriterien keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen (UA S. 35 ff.).

16

2. Ebenfalls ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass der Mangel im Abwägungsvorgang nicht gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB unbeachtlich ist (UA S. 37 f.). Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Mangel offensichtlich ist, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Rates über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (Urteil vom 21. August 1981 - BVerwG 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 <38>), und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre (Beschluss vom 9. Oktober 2003 - BVerwG 4 BN 47.03 - BauR 2004, 1130). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat es, für den Senat bindend, bejaht.

17

Der Senat hat die Anforderungen an die Voraussetzungen des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB im Urteil vom 22. September 2010 - BVerwG 4 CN 2.10 - (BVerwGE 138, 12 Rn. 21 f.) entgegen der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht der Antragsgegnerin nicht dahingehend geändert, dass ein Fehler im Abwägungsvorgang erst dann erheblich ist, wenn eine Fehlerkorrektur schlechterdings nicht zum selben Abwägungsergebnis führen könnte. Das Urteil hält daran fest, dass der Abwägungsvorgang fehlerhaft ist, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung ohne den Fehler anders ausgefallen wäre, und trifft die Aussage, dass das Abwägungsergebnis nicht unter denselben Voraussetzungen, sondern erst dann zu beanstanden ist, wenn eine fehlerfreie Nachholung der Abwägung schlechterdings nicht dasselbe Ergebnis haben dürfte (a.a.O. Rn. 22). Das Abwägungsergebnis, das im angefochtenen Teilflächennutzungsplan seinen Niederschlag gefunden hat, ist vorliegend aber nicht Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle.

18

3. Nicht entscheidungserheblich ist die Frage, nach welchem Vergleichsmaßstab zu beurteilen ist, ob das Planungsergebnis der Windenergie substanziell Raum verschafft (vgl. zu diesem Erfordernis als Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Abwägungsergebnisses Urteile vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <295>, vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261 und - BVerwG 4 C 4.02 - NVwZ 2003, 738 <739>, vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <111> und vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560>). Im Interesse der Rechtssicherheit und Berechenbarkeit der Rechtsprechung nimmt der Senat gleichwohl zu ihr Stellung. Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts lässt sie sich nicht ausschließlich nach dem Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsfläche und der Größe derjenigen Potenzialflächen beantworten, die sich nach Abzug der harten Tabuzonen von der Gesamtheit der gemeindlichen Außenbereichsflächen ergibt. Der von der Vorinstanz entwickelte Maßstab für die Kontrolle des Abwägungsergebnisses kann keine "Exklusivität" für sich beanspruchen. Der Senat hat die Entscheidung, anhand welcher Kriterien sich beantworten lässt, ob eine Konzentrationsflächenplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für die Nutzung der Windenergie in substanzieller Weise Raum schafft, den Tatsachengerichten vorbehalten (Beschluss vom 29. März 2010 - BVerwG 4 BN 65.09 - BauR 2010, 2074) und verschiedene Modelle gebilligt (vgl. Beschluss vom 22. April 2010 - BVerwG 4 B 68.09 - juris Rn. 6 f. und Urteil vom 20. Mai 2010 - BVerwG 4 C 7.09 - NVwZ 2010, 1561 Rn. 28). Daran hält er mit dem Zusatz fest, dass die von den Tatsachengerichten entwickelten Kriterien revisionsrechtlich hinzunehmen sind, wenn sie nicht von einem Rechtsirrtum infiziert sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder ansonsten für die Beurteilung des Sachverhalts schlechthin ungeeignet sind (vgl. auch Urteil vom 11. Oktober 2007 - BVerwG 4 C 7.07 - BVerwGE 129, 307 Rn. 22).

19

Der Senat sieht keinen Anlass, den vom Oberverwaltungsgericht gewählten Ansatz zu beanstanden. Er selbst hat bereits im Urteil vom 17. Dezember 2002 (a.a.O. S. 295) einem, wenn auch anders gearteten, Flächenvergleich das Wort geredet. Nicht zulässig wäre allerdings die Festlegung eines bestimmten (prozentualen) Anteils, den die Konzentrationsflächen im Vergleich zu den Potenzialflächen erreichen müssen, damit die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eintritt. Dagegen darf dem Verhältnis dieser Flächen zueinander Indizwirkung beigemessen werden und ist nichts gegen einen Rechtssatz des Inhalts zu erinnern, dass, je geringer der Anteil der ausgewiesenen Konzentrationsflächen ist, desto gewichtiger die gegen eine weitere Ausweisung von Vorranggebieten sprechenden Gesichtspunkte sein müssen, damit es sich nicht um eine unzulässige "Feigenblattplanung" handelt (so VG Hannover, Urteil vom 24. November 2011 - 4 A 4927/09 - juris Rn. 66).

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.