Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2018 - 8 ZB 18.30248

bei uns veröffentlicht am31.01.2018
vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RO 2 K 17.33566, 02.11.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nicht in einer Weise dargetan, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 91 Abs. 1 BV) hat eine zweifache Ausprägung: Zum einen untersagt es dem Gericht, seiner Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten. Zum anderen gibt es den Beteiligten einen Anspruch darauf, dass rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird, soweit es aus verfahrens- oder materiell-rechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (vgl. BayVerfGH, E.v. 25.8.2016 – Vf. 2-VI-15 – juris Rn. 34 f.; BVerfG, B.v. 5.4.2012 – 2 BvR 2126/11 – NJW 2012, 2262 = juris Rn. 18; BVerwG, B.v. 17.6.2011 – 8 C 3.11 u.a. – juris Rn. 3). Das rechtliche Gehör ist allerdings erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Die Gerichte sind nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung der Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Vielmehr müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – NVwZ 2016, 238 = juris Rn. 45). Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, zeigt der Zulassungsantrag nicht auf.

Die Klägerinnen rügen, das Ersturteil setze sich nicht mit ihrem Vorbringen auseinander, dass der äthiopische Staat nicht in der Lage sei, das Verbot der Genitalverstümmelung zu kontrollieren und zu verfolgen sowie dass die Eltern der Klägerinnen aus Oromia stammten, wo die Beschneidungsquote am höchsten sei. Zudem lasse das Ersturteil unberücksichtigt, dass eine theoretisch denkbare alleinige Rückkehr der Klägerinnen ohne ihre Eltern oder auch nur mit ihrer Mutter dazu führen würde, dass sie von der Großfamilie aufgenommen werden müssten und sich dann deren Forderung nach einer Genitalverstümmelung nicht entziehen könnten.

Dieser Vortrag vermag eine Gehörsverletzung wegen der fehlenden Kenntnisnahme und Berücksichtigung klägerischen Vorbringens nicht zu begründen. Das Verwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil eingehend mit der Frage befasst, ob den Klägerinnen in Äthiopien die Genitalverstümmelung konkret droht. Dabei hat es berücksichtigt, dass die Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung – trotz des strafrechtlichen Verbots und staatlicher Aufklärungskampagnen – vor allem in ländlichen Gegenden Äthiopiens immer noch weit verbreitet ist. Gleichwohl ist es im Fall der Klägerinnen zu der Überzeugung gelangt, dass deren Eltern dies verhindern könnten, gegebenenfalls indem sie dem familiären Druck durch einen Umzug nach Addis Abeba entgehen. Demnach kann nicht angenommen werden, dass sich das Verwaltungsgericht nicht mit dem klägerischen Vortrag einer mangelnden staatlichen Kontrolle und Verfolgung des Verbots von Genitalverstümmelung befasst hätte.

Soweit die Klägerinnen einen Gehörsverstoß auf die Nichterwägung einer alleinigen Rückkehr ohne ihre Eltern oder nur mit ihrer Mutter stützen, zeigen sie ebenfalls keinen Verstoß gegen den Gehörsanspruch auf. Der Zulassungsantrag legt nicht dar, dass das Erstgericht entscheidungserhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hätte. Im Übrigen lässt sich weder der Klagebegründung vom 20. Oktober 2017 (S. 37 der Akte des Verwaltungsgerichts) noch der Niederschrift über die mündliche Verhandlung des Erstgerichts (S. 41 ff. der Akte des Verwaltungsgerichts) entnehmen, dass die Klägerinnen eine alleinige Rückkehr bzw. eine Rückkehr nur mit ihrer Mutter befürchten. Diesbezüglich hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 31. Mai 2017 zu Recht darauf abgestellt, dass minderjährige Kinder, die grundsätzlich das „aufenthaltsrechtliche Schicksal“ ihrer Erziehungsberechtigten teilen (vgl. BVerwG, U.v. 26.10.2010 – 1 C 18.09 – BayVBl 2011, 346 = juris Rn. 15), nicht getrennt von ihren Eltern abgeschoben werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2018 - 8 ZB 18.30248

Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2018 - 8 ZB 18.30248

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di
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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

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(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 05. Apr. 2012 - 2 BvR 2126/11

bei uns veröffentlicht am 05.04.2012

Tenor 1. Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 18. August 2011 - 715 C 85/11 - verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes und wird aufg
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2018 - 8 ZB 18.30248.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2018 - 15 ZB 18.31366

bei uns veröffentlicht am 08.10.2018

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gründe I. Der Kläger - ein malischer Staatsangehöriger - wendet sich ge

Referenzen

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

1. Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 18. August 2011 - 715 C 85/11 - verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes und wird aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek zurückverwiesen.

2. Der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 8. September 2011 - 715 C 85/11 - ist damit gegenstandslos.

3. ...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen Entscheidungen, die im amtsgerichtlichen Verfahren nach billigem Ermessen (§ 495a ZPO) ohne Durchführung einer - vom Beschwerdeführer zuvor beantragten - mündlichen Verhandlung ergangen sind.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer erwarb am 6. Juni 2009 bei der "Telekom Shop Vertriebsgesellschaft mbH, Hamburg" ein "iPhone 3G". Da das Gerät zu diesem Zeitpunkt nur in Verbindung mit einem Vertrag über Telekommunikationsdienste der "T-Mobile Deutschland GmbH" verkauft wurde, schloss der Beschwerdeführer gleichzeitig einen Nutzungsvertrag mit der "T-Mobile Deutschland GmbH" zum Tarif "Complete XS" mit einer vereinbarten Laufzeit von 24 Monaten.

3

2. Mit Telefax vom 1. Juni 2011 erklärte der Beschwerdeführer, "den zum 06.06.2011 auslaufenden Vertrag" zu kündigen. Mit Schreiben vom 8. Juni 2011 teilte die "Telekom Deutschland GmbH" dem Beschwerdeführer jedoch mit, dass eine Kündigung erst zum 6. Juni 2012 möglich sei. Da der Beschwerdeführer die dreimonatige Kündigungsfrist vor Ablauf der "Mindestlaufzeit" (6. Juni 2011) nicht eingehalten habe, habe sich der Vertrag inzwischen um weitere zwölf Monate verlängert.

4

3. Am 13. Juni 2011 erhob der Beschwerdeführer Klage beim Amtsgericht Hamburg-Wandsbek gegen die "Telekom Shop Vertriebsgesellschaft mbH" mit dem Antrag festzustellen, dass die Laufzeit seines "Telekom Deutschland Handy-Vertrages" vom 6. Juni 2009 mit Ablauf des 6. Juni 2011 beendet sei und nicht bis zum 6. Juni 2012 fortbestehe. Dies ergebe sich aus der ausdrücklich vereinbarten Vertragslaufzeit von 24 Monaten. Etwa entgegenstehende allgemeine Geschäftsbedingungen seien nicht erkennbar, wären angesichts der individualvertraglich vereinbarten Befristung auf 24 Monate aber jedenfalls nicht wirksam einbezogen worden. Bei Vertragsschluss am 6. Juni 2009 habe der "Beauftragte der Beklagten" die Vertragslaufzeit von 24 Monaten auf ausdrücklichen Wunsch des Beschwerdeführers in den Vertrag aufgenommen, da dieser die monatliche Belastung mit einem Benutzungsentgelt von 24,95 Euro nur so lange wie nach den Kaufbedingungen unbedingt erforderlich habe akzeptieren wollen.

5

4. Mit Verfügung vom 24. Juni 2011 ordnete das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nach § 495a ZPO an und teilte den Parteien zugleich mit, ein Termin zur mündlichen Verhandlung werde nur dann anberaumt, wenn eine der Prozessparteien dies ausdrücklich unter Hinweis auf § 495a ZPO beantrage oder das Gericht dies für erforderlich halte.

6

5. Die Beklagte rügte mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 8. Juli 2011 die fehlende örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek, da die Beklagte ihren allgemeinen Gerichtsstand am Konzernsitz in Bonn habe.

7

Mit Schreiben vom 13. Juli 2011 beantragte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 495a Satz 2 ZPO die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Zur Sache replizierte er, die Zuständigkeit des Gerichts sei gegeben, da der streitgegenständliche Kaufvertrag nicht mit der "Telekom Deutschland GmbH" als Konzernmutter, sondern mit der rechtlich selbstständigen "Telekom Shop Vertriebsgesellschaft mbH" abgeschlossen worden sei, die ihren Geschäftssitz im Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek habe. Selbst wenn aber für die vorliegende Klage die "Telekom Deutschland GmbH" in Anspruch zu nehmen sei, bliebe es bei der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts unter dem Gesichtspunkt des besonderen Gerichtsstands der Niederlassung nach § 21 ZPO.

8

Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2011 hielt der Prozessbevollmächtigte der beklagten "Telekom Shop Vertriebsgesellschaft mbH" seine Rüge der örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek aufrecht. Die Beklagte unterhalte im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek weder ihren Hauptsitz noch Niederlassungen im Sinne des § 21 ZPO. Darüber hinaus sei die Beklagte nicht passivlegitimiert: Der streitgegenständliche Mobilfunkvertrag sei mit der "T-Mobile Deutschland GmbH", inzwischen aufgegangen in der "Telekom Deutschland GmbH", abgeschlossen worden. In dem Vertragsformular über Telekommunikationsdienstleistungen sei stets von der "T-Mobile Deutschland GmbH" als Vertragspartnerin die Rede. Die Klage sei auch im Übrigen unbegründet. Bei den im Vertrag genannten 24 Monaten handle es sich um eine "Mindestvertragslaufzeit". Gemäß Ziffer 11 der vom Beschwerdeführer akzeptierten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen Mobilfunk-Dienst (Privatkunden)" gelte für Vertragsverhältnisse mit einer vereinbarten Mindestlaufzeit von 24 Monaten für beide Vertragspartner eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten, soweit schriftlich mit einer Frist von drei Monaten frühestens zum Ablauf der Mindestvertragslaufzeit gekündigt werde. Eine individualvertragliche Abrede dahingehend, dass das Vertragsverhältnis fix nach 24 Monaten ende, werde bestritten.

9

6. Durch Urteil vom 18. August 2011 wies das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek die Klage ohne mündliche Verhandlung ab. Die Klage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig und zudem unbegründet. Ein Rechtsschutzinteresse für das Feststellungsbegehren bestehe nur gegenüber dem Vertragspartner hinsichtlich des Vertrags über Telekommunikationsdienstleistungen. Dies sei aber nicht die Beklagte, sondern vielmehr die vormalige "T-Mobile Deutschland GmbH", inzwischen "Telekom Deutschland GmbH". Mit der Beklagten habe der Beschwerdeführer lediglich den Handy-Kaufvertrag abgeschlossen. Ob die Beklagte eine selbstständige Niederlassung im Bezirk des Gerichts habe, sei deshalb nicht entscheidungserheblich.

10

Das Urteil vom 18. August 2011 wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 26. August 2011, dem Beschwerdeführer am 29. August 2011 zugestellt.

11

Vor Zustellung des Urteils machten die Parteien jeweils noch schriftsätzlich Ausführungen zur Sache (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 22. August 2011; Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 28. August 2011).

12

7. Mit Schreiben vom 29. August 2011 erhob der Beschwerdeführer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO und rügte die unterlassene Durchführung der von ihm beantragten mündlichen Verhandlung. In der mündlichen Verhandlung wäre er entsprechenden Hinweisen des Gerichts gefolgt und hätte die Klage auf die "Telekom Deutschland GmbH" als Zweitbeklagte erstreckt und hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Bonn beantragt.

13

8. Mit Beschluss vom 8. September 2011wies das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek die Anhörungsrüge zurück. Der Beschwerdeführer mache zwar zutreffend geltend, dass auf seinen Antrag hin nach § 495a Satz 2 ZPO mündlich hätte verhandelt werden müssen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei jedoch nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden, da das Vorbringen nichts dafür hergebe, dass das Gericht in einer mündlichen Verhandlung zu einer anderen Entscheidung hätte gelangen können. Dem für den Fall einer mündlichen Verhandlung in Aussicht gestellten Hilfsantrag auf Verweisung an das Amtsgericht Bonn wäre nicht stattzugeben gewesen. Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek ergebe sich aus § 21 ZPO, da es sich bei dem Telekom Shop, in dem der Beschwerdeführer das iPhone erworben habe, um eine selbstständige Niederlassung handele. Abschließend führte das Gericht aus: "Auch eine Klageerweiterung hätte die Erfolgsaussicht der vorliegenden Klage nicht verbessert. Eine etwaige örtliche Unzuständigkeit des Gerichts hinsichtlich der eventuellen weiteren Beklagtenpartei hätte sich nicht auf die Beklagte erstreckt."

II.

14

Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 103 Abs. 1 GG. Das Amtsgericht habe entgegen der zwingenden Vorschrift des § 495a Satz 2 ZPO keine mündliche Verhandlung durchgeführt und damit seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Auf die im Urteil des Amtsgerichts vom 18. August 2011 dargelegten Bedenken gegen die Zulässigkeit und Begründetheit der Feststellungsklage hätte das Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung nach § 139 ZPO im Rahmen der materiellen Prozessleitung hinweisen und dem Beschwerdeführer damit Gelegenheit geben müssen, die Klage zu erweitern sowie - hilfsweise - einen Verweisungsantrag nach § 281 ZPO zu stellen. Eine Abweisung der Klage als unzulässig und unbegründet hätte insoweit vermieden werden können. Ferner hätte im Rahmen einer mündlichen Verhandlung eine Beweisaufnahme über das Zustandekommen des streitgegenständlichen Vertrags und über das Vorliegen einer Individualabrede stattfinden können.

III.

15

Die Behörde für Justiz und Gleichstellung der Freien und Hansestadt Hamburg sowie die "Telekom Shop Vertriebsgesellschaft mbH" hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Dem Bundesverfassungsgericht hat die Verfahrensakte des Amtsgerichts vorgelegen.

IV.

16

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), und gibt ihr statt. Zu dieser Entscheidung ist sie berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

17

1. Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen gegen Art. 103 Abs. 1 GG.

18

a) aa) Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör steht in einem funktionalen Zusammenhang mit der Rechtsschutzgarantie und der Justizgewährungspflicht des Staates (vgl. BVerfGE 81, 123 <129>). Der "Mehrwert" der Verbürgung besteht darin, einen angemessenen Ablauf des Verfahrens zu sichern (BVerfGE 119, 292 <296>). Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein, sondern er soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 ff.>). Die Garantie rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 96, 205 <216>; BVerfGK 10, 41 <45>, stRspr). Eng damit zusammen hängt das ebenfalls aus Art. 103 Abs. 1 GG folgende Verbot von "Überraschungsentscheidungen". Von einer solchen ist auszugehen, wenn sich eine Entscheidung ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; 98, 218 <263>).

19

bb) Die einfachrechtlichen Gewährleistungendes rechtlichen Gehörs in den Verfahrensordnungen können über das spezifisch verfassungsrechtlich gewährleistete Ausmaß an rechtlichem Gehör hinausreichen. Insoweit stellt eine Verletzung einfachrechtlicher Bestimmungen nicht zugleich einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar, es sei denn, das Gericht hätte bei der Auslegung oder Anwendung der einfachrechtlichen Vorschriften die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf rechtliches Gehör verkannt. Danach bedarf es bei der Verletzung solcher Vorschriften im Einzelfall der Prüfung, ob dadurch zugleich das unabdingbare Maß verfassungsrechtlich verbürgten rechtlichen Gehörs verkürzt worden ist (BVerfGE 60, 305 <310>; vgl. auch BVerfGE 54, 94 <97, 99>; 74, 228 <233 f.>).

20

cc) Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt nicht unmittelbar ein verfassungskräftiger Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. BVerfGE 5, 9 <11>). Es ist vielmehr Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, in welcher Weise das rechtliche Gehör gewährt werden soll (vgl. BVerfGE 9, 89 <95 f.>; 67, 208 <211>; 74, 1 <5>; 89, 381 <391>; BVerfGK 4, 83 <86>; zur Diskussion der Anforderungen, die im Hinblick auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus Art. 6 EMRK folgen, vgl. Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl. 2011, Art. 6 Rn. 169 ff. m.w.N.).

21

Für den Fall, dass eine mündliche Verhandlung stattfindet, begründet aber der Anspruch auf rechtliches Gehör das Recht der Partei auf Äußerung in dieser Verhandlung (BVerfGE 42, 364 <370>). Jedenfalls für den Fall, dass eine mündliche Verhandlung von Gesetzes wegen stattzufinden hat, einem Verfahrensbeteiligten aber die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit zur Äußerung in dieser Verhandlung dadurch versagt wird, dass das Gericht überraschend ohne mündliche Verhandlung entscheidet, kann nichts anderes gelten (vgl. BFH, Urteil vom 5. November 1991 - VII R 64/90 -, juris; so auch Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 103 Rn. 52). Eine derartige Anwendung der Verfahrensbestimmung, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorschreibt, verkennt die Bedeutung oder Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör schon deshalb, weil in einem solchen Fall die Verfahrensbeteiligten darauf vertrauen durften, ihr von Art. 103 Abs. 1 GG geschütztes Äußerungsrecht noch in der mündlichen Verhandlung wahrnehmen zu können. Dieses prozessuale Vertrauen wird in grober Weise enttäuscht (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29. März 2007 - 2 BvR 547/07 -, juris), wenn das Gericht Verfahrensbeteiligten die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Äußerung in einer mündlichen Verhandlung unversehens dadurch abschneidet, dass es seine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung trifft.

22

b) Gemessen an diesen Maßstäben verletzen die angegriffenen Entscheidungen den in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör.

23

Stellt ein Verfahrensbeteiligter in einem Verfahren, in dem der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt und das Gericht daher sein Verfahren gemäß § 495a Satz 1 ZPO nach billigem Ermessen bestimmen kann, einen Antrag auf mündliche Verhandlung, muss diese durchgeführt werden (§ 495a Satz 2 ZPO). Einen solchen Antrag hatte der Beschwerdeführer hier gestellt. Das Gericht hat darauf nicht reagiert, sondern ohne weiteres entschieden, ohne die gesetzlich vorgesehene mündliche Verhandlung durchzuführen. Mit dieser Verfahrensweise hat es das rechtlich geschützte Vertrauen des Beschwerdeführers, Tatsachen und Rechtsauffassungen noch im Rahmen einer mündlichen Verhandlung unterbreiten zu können, in überraschender Weise enttäuscht und die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf rechtliches Gehör verkannt.

24

2. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auch auf dem Gehörsverstoß. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Amtsgericht anders entschieden hätte, wenn es dem Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge geleistet hätte. Dass der Beschwerdeführer seine Klage erweitert und - gegebenenfalls nach einer beantragten Verweisung des Rechtsstreits - obsiegt hätte, erscheint zumindest denkbar.

25

3. Ob - etwa unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Hinweispflichten (vgl. BVerfGE 42, 64 <72 ff.>; 84, 188 <189 f.>) - Art. 103 Abs. 1 GG noch in weiteren Hinsichten verletzt ist und neben der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auch ein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren oder gegen das allgemeine Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) vorliegt, bedarf keiner Entscheidung.

26

4. Gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG ist das angegriffene Urteil vom 18. August 2011 aufzuheben und das Verfahren zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 8. September 2011 ist damit gegenstandslos.

27

5. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

28

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.