Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 19. März 2014 - 22 B 13.2021

bei uns veröffentlicht am19.03.2014
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, 5 K 12.325, 07.03.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. März 2013 wird geändert.

II.

Die Klage wird abgewiesen.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der 1959 geborene Kläger begehrt von der Beklagten die Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7 b HwO für das Maler- und Lackiererhandwerk.

Nach einer Lehrzeit vom 1. Februar 1985 bis zum 4. Juli 1986 legte der Kläger die Gesellenprüfung im Maler- und Lackiererhandwerk am 4. Juli 1986 mit der Note „befriedigend“ ab. Anschließend war er als Malergeselle in verschiedenen Betrieben tätig. Er legte ein Arbeitszeugnis vor, wonach er vom 18. November 1991 bis zum 31. Januar 1998 als Maler und Lackierer tätig war und alle Arbeiten völlig selbstständig erledigt hatte, die im Maler- und Lackiererhandwerk anfallen. Einem weiteren vorgelegten Arbeitszeugnis zufolge war er vom 13. Februar 2001 bis zum 31. Januar 2003 als Malergeselle tätig und mit allen in der Praxis eines kleineren Malerbetriebs anfallenden Arbeiten vertraut. Seinen ursprünglichen Angaben gegenüber der Beklagten zufolge ist er seit 2005 selbstständig als Raumausstatter tätig (Bl. 5 der Behördenakten). Seiner Gewerbeanmeldung zufolge ist er seit 1. Oktober 2005 als Raumausstatter und als Parkettleger, Fliesenleger, Plattenleger und Mosaikleger und Bodenleger tätig sowie mit dem Einbau von genormten Baufertigteilen beschäftigt.

Unter dem 27. August 2007 und dem 5. März 2009 erließ das Landratsamt G. Bußgeldbescheide gegen den Kläger. Der Kläger habe in der Zeit von Anfang Juni bis Ende August 2006 sowie für einen unbestimmten späteren Zeitraum einen unzulässigen Gewerbebetrieb ausgeübt. Er habe 2006 Elektrotechnikerarbeiten durchgeführt und später klassische Maler- und Lackierertätigkeiten, insbesondere das Streichen von Fassaden und das Lackieren von Fenstern und Türen. Diese Bußgeldbescheide sind rechtskräftig.

Der Kläger legte der Beklagten eine Bestätigung seiner Ehefrau ohne Datum vor. Der Kläger sei seit 2005 selbstständig im Malerhandwerk tätig. Seine Ehefrau erledige für ihn die Büroarbeiten und die Vorbereitung der Buchungsunterlagen, nehme Telefonate entgegen, schreibe Rechnungen und Angebote. Diese Arbeiten müsse seine Ehefrau ausführen, da er selbst ständig auf Baustellen unterwegs sei. Der Kläger legte sodann sechs Rechnungen aus dem Zeitraum vom 5. September 2011 bis zum 5. Oktober 2011 vor: 850 Euro für Malerarbeiten in einer Wohnung, 1.000 Euro für Malerarbeiten in einer Wohnung, 238 Euro für Tapezierarbeiten in einer Wohnung, 512 Euro für Anstricharbeiten in einer Wohnung, 850 Euro für Lackierarbeiten an Türen, 650 Euro für Lackierarbeiten an Hoftor und Schaufensterkästen.

Der Kläger legte eine weitere Bestätigung seiner Ehefrau vom 5. Dezember 2011 vor. Die übersandten Rechnungen würden das typische berufliche Leistungsbild des Klägers wiedergeben. Diese Arbeiten verrichte er das ganze Jahr über in vollschichtiger Tätigkeit. Er arbeite hierbei alleine. Er arbeite also selbstständig und eigenverantwortlich, sei der Inhaber des Betriebs und leite damit auch sein Ein-Mann-Unternehmen. In diesem Bereich und in diesem Umfang arbeite er seit 2005 selbstständig.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Die vorgeschriebene mindestens vierjährige Tätigkeit in leitender Stellung sei nicht nachgewiesen. Die Gewerbeanmeldung des Klägers spreche gegen eine solche Tätigkeit; sie beziehe sich auf zulassungsfreie Handwerke. Der zeitliche Umfang der behaupteten Gewerbeausübung im Maler- und Lackiererhandwerk sei nicht nachgewiesen. Die vorgelegten Rechnungen deckten kaum mehr als einen Monat ab; teilweise seien die Adressenfelder gelöscht. Abgesehen davon seien ohne erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle ausgeübte Tätigkeiten im Rahmen des § 7 b HwO nicht berücksichtigungsfähig.

Der Kläger erhob Verpflichtungsklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7 b HwO. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt (Urteil vom 7.3.2013). Eine Tätigkeit in leitender Stellung sei auch in Kleinstbetrieben wie dem Ein-Mann-Unternehmen des Klägers möglich. Der Kläger habe glaubhaft versichert, dass er neben der eigentlichen handwerklichen Tätigkeit auf den Baustellen auch die Auswahl der von ihm zu übernehmenden Aufträge, deren Akquisition und nach Abschluss der Arbeiten die Rechnungstellung zumindest veranlasse. Seine Ehefrau, die seit vielen Jahren Hausfrau sei, übernehme aufgrund besserer Fertigkeiten im Umgang mit dem PC die Rechnungstellung für ihn. Die Rechnungstellung erfolge aber nach genauen Vorgaben des Klägers, der die jeweils dafür nötigen Angaben liefere (Zahl der aufgewendeten Arbeitsstunden, Art der ausgeübten Tätigkeit, anzusetzende Fahrtkosten). Umfang und Art der auszuführenden Tätigkeiten würden ausschließlich durch den Kläger bestimmt. Die Tätigkeit seiner Ehefrau beschränke sich neben der tatsächlichen Rechnungserstellung auf die Sichtung möglicher Aufträge auf der Internetplattform des Klägers. Welche Aufträge der Kläger hiervon letztlich annehme, obliege ausschließlich seiner eigenen Einschätzung nach Machbarkeitskriterien. Die handwerkliche Ausführung der Arbeiten auf den Baustellen obliege ebenfalls ausschließlich dem Kläger. Lediglich bei Bedarf ziehe er insoweit einen mitarbeitenden Kollegen zur Ausführung hinzu. Diese Ausführungen stimmten mit dem Auftritt des Klägers auf seiner Internetplattform überein (S. 9 des Urteilsabdrucks). Der Kläger habe glaubhaft versichert, dass er sein Ein-Mann-Unternehmen seit 2005 in dieser Form führe (S. 10 des Urteilsabdrucks). Der Kläger habe ferner glaubhaft ausgeführt, dass sich die von ihm ausgeführten Arbeiten nahezu vollständig auf Malertätigkeiten beschränkten. Fußbodenarbeiten habe er nur zweimal 2011 und einmal 2012 durchgeführt. Dies stimme mit dem Auftritt des Klägers auf seiner Internetplattform überein. Weiter habe der Kläger erklärt, dass er sowohl in Innenräumen als auch an Außenfassaden arbeite. Der Kläger habe glaubhaft vorgetragen, dass er seit Gründung seines Unternehmens durchgängig auch Außenarbeiten durchgeführt habe. Die vom Kläger vorgetragenen Verputzarbeiten an Außenfassaden stellten neben dem Streichen von Innenräumen wesentliche Elemente aus dem Kernbereich des Maler- und Lackiererhandwerks dar (S. 11 f. des Urteilsabdrucks).

Die Beklagte hat die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung eingelegt.

Sie beantragt die Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 7. März 2013 und die Abweisung der Klage.

Sie macht geltend: Zwar könne auch bei sog. Ein-Mann-Betrieben grundsätzlich unter bestimmten Voraussetzungen „eine leitende Stellung“ im Sinn des § 7 b Abs. 1 Nr. 2 HwO angenommen werden. Doch müsse der Kläger dann nachweisen, dass er in dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk insgesamt vier Jahre in leitender Stellung tätig gewesen sei und dass die ausgeübte Tätigkeit zumindest eine wesentliche Tätigkeit des zulassungspflichtigen Handwerks umfasse, für das die Ausübungsberechtigung beantragt werde. Die Nichterweislichkeit der Voraussetzungen gehe zulasten des jeweiligen Antragstellers. Der Nachweis müsse nach dem Gesetz durch Arbeitszeugnisse, Stellenbeschreibungen oder in anderer Weise erfolgen; die andere Weise müsse in etwa der inhaltlichen Qualität von Arbeitszeugnissen oder Stellenbeschreibungen entsprechen. Eigene Erklärungen des Klägers, Internetauftritte des Klägers sowie sehr pauschale Bestätigungen der Ehefrau des Klägers, die bei der beruflichen Tätigkeit des Klägers nicht anwesend gewesen und im Maler- und Lackiererhandwerk nicht ausgebildet sei, reichten nicht aus. Rechnungen, die lediglich einen Zeitraum von kaum mehr als einem Monat abdeckten und nur ungenaue Beschreibungen der erbrachten Leistung enthielten, reichten nicht aus. Aus den Äußerungen des Klägers ergebe sich nicht, welche Zahl von Aufträgen im Maler- und Lackiererhandwerk der Kläger ausgeführt habe und welchen zeitlichen Rahmen diese eingenommen hätten.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Das Gesetz lasse ausdrücklich jeden Nachweis und jede Nachweisform der praktisch ausgeübten Tätigkeit in leitender Stellung zu. Es gebe keinen intensiveren Nachweis der Qualifizierungszeit nach § 7 b HwO als den der Führung des gesamten Betriebs und der Ausführung sämtlicher in dem Betrieb anfallenden handwerklichen Arbeiten, wie dies für einen Ein-Mann-Betrieb typisch sei. Die Bußgeldbescheide des Landratsamts G. von 2007 und 2009 seien Beweis dafür, dass der Kläger ein eintragungspflichtiges Malerhandwerk betrieben habe. Die tägliche Arbeitszeit des Klägers liege zwischen sechs und zwölf Stunden, und dies an fünf Tagen pro Woche. Auch bei den Tätigkeiten des Klägers innerhalb von Wohnungen handle es sich um wesentliche Tätigkeiten des Malerhandwerks.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses beteiligte sich am Verfahren. Die Berufstätigkeit des Klägers im Maler- und Lackiererhandwerk in seinem Ein-Mann-Betrieb ohne erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle sei illegal gewesen und daher nicht berücksichtigungsfähig.

Der Kläger hat auf Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofs weitere Rechnungen vorgelegt, die die Monate Oktober 2008 (3), Oktober 2009 (4), September 2010 (4), September/Oktober 2011 (12) und Oktober 2012 (3) betreffen. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof die Ehefrau des Klägers als Zeugin vernommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Verpflichtungsklage des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Ausübungsberechtigung nach § 7 b HwO113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Strittig zwischen den Beteiligten ist allein die Frage, ob das Tatbestandsmerkmal des § 7 b Abs. 1 Nr. 2 HwO „davon insgesamt vier Jahre in leitender Stellung“ erfüllt ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der hier zu beurteilenden Verpflichtungsklage auf Erlass eines gebundenen Verwaltungsakts der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 113 Rn. 217 m. w. N.), hier also März 2014. Die gesamte bisherige Entwicklung muss daher berücksichtigt werden.

Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass seine selbstständige handwerkliche Tätigkeit seit 1. Oktober 2005 zumindest eine wesentliche Tätigkeit des zulassungspflichtigen Maler- und Lackiererhandwerks (Anlage A Nr. 10 zur HwO) umfasst hat (§ 7 b Abs. 1 Nr. 3 HwO). Die von ihm ausweislich der vorgelegten Rechnungen vielfach ausgeübten Tätigkeiten des Anstreichens von Wohnungen, des Lackierens von Türen und Fenstern und des Anstreichens von Fassaden stellen, wie es der Bevollmächtigte des Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof formuliert hat, klassische Malertätigkeiten dar. Es handelt sich hierbei nicht um Tätigkeiten, die zum Berufsbild des zulassungsfreien Raumausstatterhandwerks (Anlage B Abschnitt 1 Nr. 27 zur HwO) gehören (vgl. zu diesem Kriterium OVG RhPf, U. v. 30.10.2012 - 6 A 10702/12 - Rn. 52 m. w. N.). Die vom Raumausstatterhandwerk umfassten Tätigkeiten wie das Behandeln von Oberflächen (§ 4 Nr. 14 RaumAAusbV vom 18.5.2004, BGBl. I S. 980) und das Gestalten, Bekleiden und Beschichten von Wand- und Deckenflächen (§ 4 Nr. 19 RaumAAusbV) umfassen grundsätzlich keine großflächigen Anstricharbeiten an Wänden und Decken und keine Lackierarbeiten an Türen und Fenstern. Dies ergibt sich eindeutig aus den Spezifizierungen des Ausbildungsrahmenplans nach § 5 RaumAAusbV (vgl. lfd. Nrn. 14 und 19 der Anlage zu § 5 RaumAAusbV). Demgegenüber erfasst § 2 Abs. 3 Nr. 1 c MuLMstrV vom 13. Juni 2005 (BGBl. I S. 1659) Beschichtungen, Applikationen, Bekleidungen, Beläge und Dekorationen in Räumen, an Fassaden und Objekten unter Beachtung der Alterungsästhetik und historischer Gegebenheiten sowie physikalischer und chemischer Anforderungen; damit wird das Tätigkeitsspektrum des Klägers zutreffend abgebildet.

Dem Kläger ist auch einzuräumen, dass er eine derartige Tätigkeit in ausreichendem Umfang nachgewiesen hat. Bedenkt man den zwischen dem Beginn der selbstständigen handwerklichen Tätigkeit des Klägers am 1. Oktober 2005 und der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof am 13. März 2014 verstrichenen Zeitraum, so bedarf es hierzu nicht notwendig einer Vollzeittätigkeit (vgl. auch BayVGH, B. v. 2.5.2012 - 22 ZB 11.884). Der Nachweis kann im vorliegenden Fall durch die vorgelegten Rechnungen für repräsentative Monate geführt werden; in welchem Umfang solche Nachweise nötig sind, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Hier ergibt sich aus Zahl und Umfang der vorgelegten Rechnungen und auch aus der glaubwürdigen Zeugenaussage der Ehefrau des Klägers, dass der Kläger seit dem 1. Oktober 2005 ohne Unterbrechung wenn schon nicht in Vollzeit, dann doch mit einem überwiegenden Teil der üblichen Arbeitszeit einschlägig tätig war.

Gleichwohl kann das Tatbestandsmerkmal der „leitenden Stellung“ nicht bejaht werden. Eine leitende Stellung hat ein Geselle, wenn ihm eigenverantwortliche Entscheidungsbefugnisse in einem Betrieb oder in einem Betriebszweig übertragen worden sind (§ 7 b Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 HwO). Die Amtliche Begründung nennt als Beispiele die Funktion eines Poliers oder Ausbildungsfunktionen (BT-Drs. 15/2006, S. 28). Eine Tätigkeit in leitender Stellung im Sinne des § 7 b HwO muss sich qualitativ deutlich von den Tätigkeiten von Durchschnittsgesellen abheben (Nds OVG, B. v. 4.7.2011 - 8 LA 288/10 - GewArch 2011, 494 ff.; Günther GewArch 2011, 189/192; Detterbeck, HwO, 4. Aufl. 2008, § 7 b Rn. 22 m. w. N.).

Eine Tätigkeit in leitender Stellung im Sinn von § 7 b Abs. 1 Nr. 2 HwO ist in Ein-Mann-Betrieben allenfalls in Ausnahmefällen rechtlich denkbar. In Ein-Mann-Betrieben ist der vom Gesetzgeber vorausgesetzte Erfahrungsaustausch mit einem Meister nicht vorhanden. Wenn vom Gesetz die „Übertragung“ eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnisse verlangt wird (§ 7 b Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 HwO), meint es in erster Linie die Zuweisung von Entscheidungsbefugnissen durch einen Meister (VG Gelsenkirchen, U. v. 31.1.2012 - 19 K 1479/10 - GewArch 2012, 325/327). Richtig ist zwar, dass der Gesetzgeber gleichwohl in § 7 b Abs. 1 Nr. 2 HwO nicht zwischen größeren, kleineren und Ein-Mann-Betrieben unterschieden hat, so dass Art. 12 Abs. 1 GG mangels hinreichend bestimmter gesetzlicher Einschränkung für die Berücksichtigung einer leitenden Stellung in Ein-Mann-Betrieben Raum lässt. Andererseits entspricht es aber auch nicht den Intentionen des Gesetzgebers, im Falle von Ein-Mann-Betrieben generell von einer Tätigkeit in leitender Stellung auszugehen, weil sozusagen der Inhaber eines Ein-Mann-Betriebs notwendigerweise sein eigener Chef ist. Der Gesetzgeber hat auch insofern eine Nachweisführung vorgeschrieben. Diese ist umso ernster zu nehmen, als es hier jedenfalls nach dem Leitbild des Gesetzgebers nicht um den typischen Fall eines „Altgesellen“ geht. Im vorliegenden Fall kommt eine solche Ausnahme jedenfalls nicht in Betracht, weil die genannte klassische Malertätigkeit des Klägers rechtlich nicht zulässig war.

Es können jedenfalls bei Ein-Mann-Betrieben keine solchen Tätigkeiten berücksichtigt werden, die illegal ohne erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle durchgeführt worden sind. § 7 b HwO lässt sich zwar unmittelbar nur ein qualifikationsbezogener Prüfungsmaßstab entnehmen, unabhängig davon, auf welche legale oder illegale Weise die Qualifikation erworben wurde. Im Hinblick auf die in § 8 Abs. 1 Satz 1 HwO geforderten notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten wurde seit jeher angenommen, dass die Handwerksordnung keinen Rechtssatz kennt, dass nur die rechtmäßige Gewerbeausübung bei der Ermittlung der Befähigung eines Bewerbers beachtet werden darf (BVerwG, U. v. 8.6.1962 - VII C 244/59 - GewArch 1962, 251/252; Detterbeck, HwO, 4. Aufl. 2008, § 8 Rn. 21 m. w. N.; zurückhaltend BVerwG, B. v. 1.4.2004 - 6 B 5.04 - GewArch 2004, 488/489). Die Amtliche Begründung lässt zunächst unter ausdrücklicher Bezugnahme auf alle Fälle des § 8 HwO jede Art der Tätigkeit als Qualifikationsnachweis genügen (S. 28), um dann allerdings im Hinblick auf die Gefahrgeneigtheit zulassungspflichtiger Handwerke eine langjährige unselbstständige Tätigkeit in qualifizierter Funktion zu verlangen (S. 29), was jedenfalls die Tätigkeit im eigenen illegalen Ein-Mann-Betrieb ausschließt und das Leitbild des Erfahrungsaustausches mit einem Meister widerspiegelt. Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie versteht dies in ständiger Praxis so, dass Gesellen, die in einem illegal arbeitenden Betrieb abhängig beschäftigt sind und sich nicht selbst ordnungswidrig verhalten haben, begünstigt sein sollen, nicht aber Gesellen, die selbst in unzulässiger Weise selbstständig tätig werden (Schreiben vom 7.10.2004, Bl. 58 der VG-Akte, und vom 14.2.2014, Bl. 133 der VGH-Akte). Ein mehrjähriger Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe ohne erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HwO) kann in der Regel nur dann praktiziert werden, wenn nach außen hin der Standpunkt vertreten wird, dass keine wesentlichen Tätigkeiten des zulassungspflichtigen Handwerks ausgeübt werden (§ 1 Abs. 2 HwO). Für die spätere Geltendmachung der Ansprüche nach § 7 b HwO muss die Argumentation gewissermaßen umgedreht werden und auf Ausübung zumindest einer wesentlichen Tätigkeit des zulassungspflichtigen Handwerks (§ 7 b Abs. 2 Nr. 3 HwO) plädiert werden. Es ist aber nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber ein derart widersprüchliches Verhalten den Bewerbern nach § 7 b HwO ansinnen oder den Handwerkskammern insofern die Wahrheitsfindung zumuten wollte. Letztlich ausschlaggebend spricht gegen die Berücksichtigungsfähigkeit solcher Tätigkeiten der Gedanke der Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, nämlich dass illegales, bußgeldbewehrtes Verhalten nicht belohnt werden soll, dass hierfür keine Anreize geschaffen werden sollen, sondern dass der Präventionsgedanke Vorrang hat (VG Köln, U. v. 28.10.2010 - 1 K 1419/10 - GewArch 2011, 444/445; Günther, GewArch, 2011, 189/191; Zimmermann, GewArch 2008, 334/337; Kormann/Hüpers, GewArch 2004, 354/358). Diese Grundsätze gelten rechtsgebietsübergreifend. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Zusammenhang mit einer ohne erforderliche Erlaubnis ausgeübten psychotherapeutischen Vortätigkeit ebenfalls darauf erkannt, dass diese bei der Einleitung der Approbation als psychologischer Psychotherapeut im Rahmen einer Übergangsregelung nicht berücksichtigt werden kann. Das Bundesverwaltungsgericht sah einen Wertungswiderspruch, wenn der Gesetzgeber eine bisherige rechtswidrige Tätigkeit durch die Zuweisung eines neuen herausgehobenen Status honorieren würde (BVerwG, U. v. 28.11.2002 - 3 C 44/01 - Rn. 23).

Der wegen unzulässiger Ausübung des Maler- und Lackiererhandwerks unter dem 5. März 2009 erlassene Bußgeldbescheid des Landratsamts G. ändert an dieser rechtlichen Beurteilung nichts. Durch diese Sanktionierung (insofern werden 300 Euro Geldbuße verhängt) wird das geahndete Verhalten nicht rechtmäßig; die Sanktionierung erfasst zudem allenfalls einen nicht näher genannten Zeitraum nach dem Erlass eines früheren, nicht das Maler- und Lackiererhandwerk betreffenden Bußgeldbescheides vom 27. August 2007 und vor dem 5. März 2009. § 8 HwO enthält deshalb keine vergleichbare Problematik, weil die Vorschrift entscheidend auf den Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten abstellt, nicht aber auf die Dauer einer qualifizierten Tätigkeit, und zudem im Gegensatz zu § 7 b HwO das Vorliegen eines Ausnahmefalls voraussetzt. Der Begriff des Ausnahmefalls lässt unter Umständen Raum für die Bewertung der Illegalität einer bisherigen Tätigkeit (vgl. Günther, Urteilsanmerkung, GewArch 2011, 446 m. w. N.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen, dass die selbstständige handwerkliche Tätigkeit des Klägers im Sinn des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HwO nicht wesentlich und deshalb erlaubt gewesen sein könnte (falls Wesentlichkeit hier eine andere Bedeutung haben könnte als in § 7 b Abs. 1 Nr. 3 HwO). Der Verwaltungsgerichtshof sieht diese Voraussetzung nicht als gegeben an. Die Ausbildung allein im Prüfen, Bewerten und Vorbereiten von Untergründen sowie im Herstellen, Bearbeiten, Behandeln und Gestalten von Oberflächen (§ 5 Nrn. 11 und 12 MalerLackAusbV vom 3.7.2003, BGBl. I S. 1064 i. V. m. der Anlage zu § 7 dieser Verordnung) dauert schon fast sechs Monate. Die Beweisaufnahme hat zudem nicht ergeben, dass der Kläger sich auf besonders einfache Tätigkeiten beschränkt hat.

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Zulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO: Bedeutung einer handwerklichen Tätigkeit im Ein-Mann-Betrieb ohne erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle bei der Anwendung von § 7 b HwO.

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 19. März 2014 - 22 B 13.2021

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 19. März 2014 - 22 B 13.2021 zitiert 13 §§.

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Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.


Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Feststellung, er sei ohne Eintragung in die Handwerksrolle zur Ausübung verschiedener Tätigkeiten aus dem Bereich des Maler- und Lackiererhandwerks als stehendes Gewerbe berechtigt.

2

Er bestand im Jahr 1997 seine Gesellenprüfung im Maler- und Lackiererhandwerk und war anschließend mehrerer Jahre lang als angestellter Geselle tätig. Im Mai 2007 meldete er in R… ein Gewerbe des Holz- und Bautenschutzes an und erhielt im Februar 2008 eine Reisegewerbekarte für das Maler- und Lackiererhandwerk.

3

Seinen Antrag auf Erteilung der Ausübungsberechtigung (§ 7b der Handwerksordnung, im Folgenden: HandwO) für das Maler- und Lackiererhandwerk lehnte die Handwerkskammer der Pfalz ab; seine diesbezügliche Klage und der anschließende Antrag auf Zulassung der Berufung hatten keinen Erfolg (vgl. VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 3. November 2011 - 4 K 880/11.NW -, OVG RP, Beschluss vom 19. April 2012 - 6 A 11422/11.OVG -).

4

Mit einem weiteren Antrag begehrte er im April 2011 zunächst eine Auskunft seitens der Handwerkskammer, ob er verschiedene im Einzelnen benannte Tätigkeiten mit Bezug zum Maler- und Lackiererhandwerk ohne Eintragung in die Handwerksrolle im stehenden Gewerbe ausüben dürfe, und erhob am 23. Mai 2011 beim Verwaltungsgericht eine dahingehende Feststellungsklage (Aktenzeichen: 4 K 478/11.NW). Im September 2011 wandte er sich mit einem inhaltsgleichen Auskunftsbegehren an den beklagten Landkreis. In seinem Antwortschreiben wies der Beklagte unter anderem darauf hin, nach § 117 Abs. 1 HandwO begehe eine Ordnungswidrigkeit, wer entgegen § 1 Abs. 1 S. 1 HandwO ohne Eintragung in die Handwerksrolle ein dort genanntes Gewerbe als stehendes Gewerbe betreibe; er sei für deren Ahndung zuständig. Daraufhin hat der Kläger am 6. Oktober 2011 seine bereits erhobene Feststellungsklage auf den beklagten Landkreis erweitert und nach Abtrennung dieses Verfahrens die gegen die Handwerkskammer gerichtete Klage zurückgenommen.

5

Das Verwaltungsgericht hat die gegen den beklagten Landkreis gerichtete Klage durch Urteil vom 9. Februar 2012 als unbegründet abgewiesen. Bei den vom Klageantrag erfassten Tätigkeiten handele es sich um wesentliche Teiltätigkeiten des Maler- und Lackiererhandwerks, die in ihrer Gesamtheit nicht einem anderen Handwerk oder einem sonstigen eintragungsfreien Gewerbe zuzuordnen seien, keine minderhandwerkliche Betätigung i. S. v. § 1 Abs. 2 Satz 2 HwO darstellten und deswegen nach § 1 Abs. 2 S. 1 GewO der Eintragungspflicht unterlägen. Die Ausübung dieser Tätigkeiten im stehenden Gewerbe ohne entsprechende Eintragung in die Handwerksrolle verstoße daher gegen § 1 Abs. 1 HwO.

6

Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor:

7

Anlässlich der Handwerksnovelle 2004 seien sich alle Sachbearbeiter darin einig gewesen, der Beruf des Malers und Lackierers solle aus der Anlage A zur Handwerksordnung herausfallen. Dass es hierzu nicht gekommen sei, beruhe auf persönlichem und politischem Geschachere. Es sei auch kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass er seine Tätigkeiten als Reisegewerbe ausüben dürfe, nicht aber als stehendes Gewerbe. Wenn man darüber hinaus der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vom 1. April 2004 folge, wonach eine abweichende Kombination von Tätigkeiten einen anderen Beruf darstelle, übe er nicht den Malerberuf im Sinne der Anlage A zur Handwerksordnung aus.

8

Jede einzelne seiner Tätigkeiten müsse darauf überprüft werden, ob sie minderhandwerklicher Art sei beziehungsweise auch in frei ausübbaren Berufen vorkomme. Dies treffe auf alle genannten Tätigkeiten zu. Die auf Fassaden bezogenen Tätigkeiten einschließlich der Anbringung von Vollwärmeschutz seien in den zulassungsfreien Berufen des Fassadenmonteurs und des Verputzers enthalten. Vollwärmeschutz gehöre zudem zu den Ausbildungsberufen Bauwerksabdichter, Fassadenmonteur, Ausbaufacharbeiter und Trockenbauer. Alles, was mit Tapezieren zu tun habe, insbesondere Wände spachteln und Streicharbeiten jeder Art innerhalb von Gebäuden, sowie das Lackieren von Türen und Fenstern werde vollständig von dem Beruf des Raumausstatters erfasst. Zudem stellten das Tapezieren, Wändestreichen und Lackieren minderhandwerkliche Tätigkeiten dar. Er habe in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung insbesondere klargestellt, dass die Tätigkeiten „Fassaden streichen“ und „Streicharbeiten im Gebäudeinnenbereich“ sich nicht auf eine gestalterische Betätigung erstreckten. Das habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht berücksichtigt.

9

Die Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 3 HandwO, wonach die Ausübung mehrerer zulassungsfreier Tätigkeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 2 Nrn. 1 und 2 HandwO unzulässig sei, wenn eine Gesamtbetrachtung ergebe, dass sie für ein bestimmtes zulassungspflichtiges Handwerk wesentlich seien, müsse im Hinblick auf die Berufsfreiheit daran gemessen werden, ob sie zur Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter oder zum Erhalt der Ausbildungsleistung des Handwerks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sei. Das sei nicht der Fall. Gefahrlose Tätigkeiten würden nicht dadurch gefährlich, dass mehrere gefahrlose Tätigkeiten nebeneinander ausgeübt würden, und hinsichtlich der Ausbildungsleistung des Handwerks habe bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 5. Dezember 2005 Zweifel geäußert, ob dieses Ziel die Einschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigen könne. Die Qualität der Ausbildung werde zudem auch von den Berufsschulen und den überbetrieblichen Ausbildungsstätten sichergestellt. Vielfach bilde auch die Industrie in großer Zahl Facharbeiter aus, deren Tätigkeitsbereiche denen des Handwerks ähnlich und teilweise nahezu identisch seien. Hinsichtlich der Quantität sei anzumerken, dass das Handwerk mittlerweile über fehlende Auszubildende klage, es also keiner Regelung bedürfe, um zu einer Erhöhung der Ausbildungsleistung beizutragen. Hinsichtlich der Ausbildungsleistung des Handwerks für die Wirtschaft insgesamt fehle es im Übrigen an ausreichendem Zahlenmaterial. Die von dem vorliegenden Feststellungsantrag umfassten Tätigkeiten deckten zudem allenfalls 10 Prozent der wesentlichen Tätigkeiten des Malerberufs ab und könnten bereits deshalb nicht wesentlich im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 3 HandwO sein.

10

Aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Mai 2012 - 22 ZB 11.884 - zu den Qualifizierungszeiten nach § 7b HandwO folge, dass ein Betrieb nur dann eintragungspflichtig sei, wenn eintragungspflichtige Tätigkeiten wenigstens im Rahmen eines Ein-Mann-Betriebs vollschichtig ausgeübt würden, wobei für die technischen Ausführungen 1.600 bis 1.700 Jahresstunden anzusetzen seien. Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht hätten bereits in dem auf die Erteilung einer Ausübungsberechtigung gerichteten Verfahren entschieden, dass diese Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Da der Feststellungsantrag sich auf dieselben Tätigkeiten beziehe, könne somit auch keine Eintragungspflicht bestehen.

11

Der Kläger beantragt,

12

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 9. Februar 2012 festzustellen, dass er berechtigt ist, die Tätigkeiten

13

- Fassaden streichen mit mineralischer Fassadenfarbe, Silikat-Fassadenfarbe oder Silikonharzfassadenfarbe,

- Fassaden verputzen mit Mineralputz, Silikatputz oder Silikonharzputz,

- Fassaden mit Vollwärmeschutz dämmen,

- Tapezieren mit Mustertapeten,

- Tapezieren mit Rauhfaser,

- Tapezieren mit Glasgewebe,

- Wände im Innengereich mit Füll- und Glättspachtel erspachteln,

- Streicharbeiten im Gebäudeinnenbereich mit Dispersionsfarbe, Silikatfarbe oder Latexfarbe,

- Lackieren von Türen und Fenstern mit Acryllack oder lösemittelhaltigem Lack,

- Lackieren von Türen und Fenstern mit Acryllasur oder lösemittelhaltiger Lasur

14

ohne Eintragung in die Handwerksrolle selbständig und im stehenden Gewerbebetrieb auszuüben.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:

18

Da der Kläger verschiedene Tätigkeiten ohne Eintragung in die Handwerksrolle ausüben wolle, müsse eine Gesamtbetrachtung erfolgen, um die Umgehung der gesetzlichen Eintragungspflicht zu verhindern. Darauf lasse auch § 1 Abs. 2 S. 3 HandwO schließen. Bei einer isolierten Prüfung jeder einzelnen Tätigkeit liefe diese Regelung leer. Wie das Verwaltungsgericht in korrekter Anwendung der Aliud-Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend festgestellt habe, werde der Kernbereich des Handwerks durch die Tätigkeiten des Klägers nicht verlassen, da sie wesentliche Tätigkeiten des Maler- und Lackiererhandwerks beinhalteten. Die Obergrenze der Ausbildungszeit, für welche noch Minderhandwerk anzunehmen sei, ergebe sich abschließend aus § 1 Abs. 2 S. 2 Ziff. 1 HandwO.

19

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die zum Gegenstand der mündlichen Berufungsverhandlung gemachten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Berufung ist unbegründet, da das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.

21

Die Klage ist zulässig, da jedenfalls zwischen dem beklagten Landkreis und dem Kläger ein konkretes Rechtsverhältnis besteht und dieser ein berechtigtes Feststellungsinteresse hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. August 2011 - 8 C 8.10 -, BVerwGE 140, 267). Ob, wie der Kläger meint, entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) eine solche Klage gegen die Handwerkskammer ebenfalls zulässig wäre, kann für die vorliegende Entscheidung dahingestellt bleiben.

22

Die Klage ist aber unbegründet, da ein Teil der im Feststellungsantrag aufgeführten Tätigkeiten für das zulassungspflichtige Maler- und Lackiererhandwerk wesentlich sind (§ 1 Abs. 1 und 2 i.V.m. Anlage A Nr. 10 HandwO in der Fassung vom 24. September 1998 [BGBl. I S. 3074, ber. BGBl. 2006 I S. 2095], zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2954] - im Folgenden: HandwO -) und ihre selbständige Ausübung im Rahmen eines stehenden Gewerbes somit die Eintragung in die Handwerksrolle voraussetzt (§ 1 Abs. 1 HandwO).

23

Das gesetzliche Erfordernis der Eintragung in die Handwerksrolle verstößt, jedenfalls soweit es um das Maler- und Lackiererhandwerk geht, weder gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (I.) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (II.) oder die Niederlassungsfreiheit (III.). Die im Feststellungsantrag genannten Tätigkeiten Streichen und Verputzen von Fassaden mit mineralischer Fassadenfarbe, Silikat-Fassadenfarbe oder Silikonharzfassadenfarbe bzw. mit Mineralputz, Silikatputz oder Silikonharzputz sowie das ebenfalls aufgeführte Lackieren und Lasieren von Türen und Fenstern mit Acryllack oder lösemittelhaltigem Lack bzw. ebensolcher Lasur stellen wesentliche Tätigkeiten dieses Handwerks im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 HandwO dar(IV.). Zumindest sind sie sowie das ebenfalls vom Kläger beabsichtigte Tapezieren mit Muster- und Rauhfasertapeten sowie Glasgewebe, das Erspachteln von Wänden im Innengereich mit Füll- und Glättspachtel und Streicharbeiten im Gebäudeinnenbereich mit Dispersionsfarbe, Silikatfarbe oder Latexfarbe bei der nach § 1 Abs. 2 S. 3 HandwO vorzunehmenden Gesamtbetrachtung als für das Maler- und Lackiererhandwerk wesentlich zu beachten(V.).

I.

24

Es verstößt nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, dass die selbständige Ausübung des Maler- und Lackiererhandwerks die Eintragung in die Handwerksrolle erfordert und damit im Regelfall vom Bestehen der Meisterprüfung abhängt (§ 1 Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 7 ff. HandwO).

25

1. Ursprünglich konnten nach § 7 HandwO in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung (vom 29. Oktober 2001, BGBl. I S. 2785) natürliche Personen grundsätzlich nur dann in die Handwerksrolle eingetragen werden, wenn sie die Meisterprüfung in dem zu betreibenden oder mit diesem verwandten Handwerk bestanden hatten. Dieses Erfordernis wurde als subjektive Berufszulassungsschranke verstanden (vgl. BVerfGE, Beschluss vom 17. Juli 1961 - 1 BvL 44/55 -, BVerfGE 13, 97 [106]; Beschluss vom 5. Dezember 2005 - 1 BvR 1730/02 -, GewArch 2006, 71). Ob das weiterhin gilt, nachdem die Eintragungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 HandwO in dessen aktueller Fassung nicht mehr in der Person des einzutragenden Betriebsinhabers vorliegen müssen, sondern es ausreicht, dass der Betriebsleiter sie erfüllt, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn man aus diesem Grunde lediglich von einer Berufsausübungsregelung ausginge, wäre deren Eingriffsintensität mit der einer subjektiven Berufszugangsschranke gleichzusetzen, so dass keine Unterschiede hinsichtlich der Anforderungen an die Rechtfertigung des Eingriffs bestünden (BVerwG, Urteile vom 31. August 2011 - 8 C 8.10 -, a.a.O., - 8 C 9.10 -, BVerwGE 140, 276).

26

2. Eingriffe in die Freiheit der Berufswahlfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies setzt eine kompetenzmäßig erlassene Norm voraus, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2005, a.a.O.). Auf der Ebene der subjektiven Berufszulassungsregelungen - bzw. bei Berufsausübungsregelungen mit vergleichbarer Eingriffsintensität - sind sie nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter gerechtfertigt (BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596, 56 -, BVerfGE 7, 377 [397 ff.]; Beschluss vom17. Juli 1961, a.a.O. [107]).

27

3. Der grundsätzliche Meisterzwang diente nach der ursprünglichen Fassung der Handwerksordnung vom 17. September 1953 der Erhaltung des Leistungsstandes und der Leistungsfähigkeit des Handwerks und der Sicherung des Nachwuchses für die gesamte gewerbliche Wirtschaft. Aufgrund dieser Zielsetzung hat das Bundesverfassungsgericht den Meisterzwang zunächst als zulässige Beschränkung der Berufsfreiheit verstanden, wobei es insbesondere auch auf die dem Berufsbewerber durch § 7 Abs. 2 und § 8 HandwO a.F. eröffnete Möglichkeit hingewiesen hat, den Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten auf andere Weise als durch die Meisterprüfung zu erbringen (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1961, a.a.O., [108 ff.]). In seinem Beschluss vom 5. Dezember 2005 (a.a.O.) hat es allerdings Zweifel geäußert, ob die bis Ende 2003 geltenden Regelungen über die Ausgestaltung des Meisterzwangs in dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitraum von 1998 bis 2001 dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch gerecht geworden seien. Die wachsende Konkurrenz aus dem EU-Ausland lasse daran zweifeln, ob der große Befähigungsnachweis zur Sicherung der Qualität der in Deutschland angebotenen Handwerksleistungen noch zumutbar und geeignet gewesen sei. Auch für das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel der Ausbildungssicherung stehe die Erforderlichkeit des Meisterzwangs nicht außerhalb jeden Zweifels, da nach den ab 2004 geltenden Regelungen unter bestimmten Voraussetzungen auch berufserfahrene Gesellen zur Ausbildung geeignet seien.

28

4. Abweichend von der ursprünglichen Zielsetzung der Handwerksordnung sollte nach den Entwürfen eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften (BT-Drs. 15/1206, 15/1481) der grundsätzliche Meisterzwang auf den Kreis der Handwerke beschränkt werden, bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter entstehen können (a.a.O. S. 1 f.). Die Zahl der in Anlage A aufzunehmenden zulassungspflichtigen Handwerksgewerbe sollte 29 betragen, wozu das Maler- und Lackierergewerbe zunächst nicht zählte. Der Bundesrat sah diese Beschränkung als zu weitgehend an und forderte, bei der Festlegung eintragungspflichtiger Gewerbe die Ausbildungsleistung, die Gefahrengeneigtheit und den Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter zu berücksichtigen, wobei er ausdrücklich auf den Erhalt der Qualität handwerklicher Leistungen und der wirtschaftlichen Stabilität der Betriebe sowie die Sicherung eines gut ausgebildeten Nachwuchses hinwies (BT-Drs. 15/1481 S. 8). Im Vermittlungsausschuss wurde schließlich eine Einigung dahingehend erzielt, das Kriterium der Gefahrgeneigtheit um dasjenige der Ausbildungsleistung zu ergänzen und 41 Handwerksberufe unter Einschluss des Maler- und Lackiererhandwerks (Nr. 10) in Anlage A der Handwerksordnung aufzunehmen (Bericht von Staatsminister Huber, BR-Prot., 795. Sitzung vom 19. Dezember 2003 S. 502 f., 517; Verhandlungen des Vermittlungsausschusses vom 10. Dezember 2003 [Prot. S. 50 ff.], und 14. Dezember 2003 [Prot. S. 56 ff.]).

29

5. Möglicherweise kann das Eintragungserfordernis hinsichtlich des Maler- und Lackiererhandwerks bereits aufgrund möglicher Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter gerechtfertigt werden (vgl. Stober, GewArch 2003, 393 [395]). Das ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil es erst im Vermittlungsverfahren Aufnahme in Anlage A HandwO gefunden hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. August 2011 - 8 C 9.10 - [Friseurhandwerk]). Es unterliegt entgegen der Auffassung des Klägers auch keinem Zweifel, dass die Gefahrgeneigtheit eines Handwerks - insbesondere im Hinblick auf die sogenannte „Altgesellenregelung“ in § 7b HandwO - die Einschränkung der Berufsfreiheit durch die Pflicht zur Eintragung in die Handwerksrolle und die hierfür erforderlichen Voraussetzungen rechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteile vom 31. August 2011, a.a.O.). Die Frage kann hier jedoch dahingestellt bleiben, weil jedenfalls die Bedeutung des Maler- und Lackiererhandwerks für die Ausbildung von Nachwuchskräften es rechtfertigt, seine selbständige Ausübung in einem stehenden Gewerbe an die Voraussetzung der Eintragung in die Handwerksrolle zu knüpfen.

30

6. Die tatsächlich vorhandene bzw. vom Gesetzgeber als erstrebenswert angesehene Bedeutung von Handwerksbetrieben für die Ausbildung von Nachwuchskräften stellt einen Gemeinschaftswert dar, der es rechtfertigen kann, die selbständige Führung solcher Betriebe von einer Eintragung in die Handwerksrolle und damit grundsätzlich von der Meisterprüfung bzw. einer vergleichbaren Qualifikation des Betriebsinhabers oder Betriebsleiters abhängig zu machen (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1961, a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 31. August 2011, a.a.O.). Zum Schutz dieses Gemeinschaftswertes ist die Eintragungspflicht als Voraussetzung für die selbständige Ausübung des Maler- und Lackiererhandwerks geeignet, erforderlich und angemessen.

31

a) Es bedarf für die vorliegende Entscheidung keiner Klärung, ob sämtliche in Anlage A der Handwerksordnung aufgenommenen Gewerbe eine so gewichtige Rolle für die Ausbildung von Nachwuchskräften spielen, dass es aus diesem Grund gerechtfertigt ist, die selbständige Ausübung dieser Berufe von der Eintragung in die Handwerksrolle abhängig zu machen und damit - im Regelfall - dem Erfordernis einer Meisterprüfung zu unterwerfen. Hinsichtlich des hier maßgeblichen Maler- und Lackiererhandwerks belegen jedenfalls die verfügbaren Statistiken, dass diesem Handwerk für die Ausbildung von Nachwuchs immer noch eine bedeutsame Rolle zukommt, die von vergleichbaren zulassungsfreien Berufen auch nicht annähernd in diesem Umfang wahrgenommen wird.

32

So gab es nach den vom Zentralinstitut des Deutschen Handwerks veröffentlichten Daten der Handwerksorganisationen, der Statistischen Ämter der Länder und des Statistischen Bundesamtes (www.ddh-statistik.de, Bl. 251 ff. der Gerichtsakte) am 1. Januar 2012 42.754 Betriebe des Maler- und Lackiererhandwerks. Auf diese entfielen zum Stichtag 31. Dezember 2011 29.614 Ausbildungsverhältnisse in den verschiedenen zu diesem Gewerbe gehörenden Berufsbildern Maler- und Lackierer (20.825), Bauten- und Objektbeschichter (2.573) und Fahrzeuglackierer (6.216; vgl. § 1 der Verordnung über die Berufsausbildung im Maler- und Lackierergewerbe vom 3. Juli 2003 [BGBl. I S. 1064] - im Folgenden: MalerLackAusbV -; § 1 Nr. 1 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fahrzeuglackierer/zur Fahrzeuglackiererin vom 3. Juli 2003 [BGBl. I S. 1083]). Das ergibt eine Ausbildungsquote von fast 70 Prozent. In den im vorliegenden Zusammenhang interessierenden und am 1. Januar 2012 vorhandenen 25.457 Raumausstatterbetrieben (zulassungsfreies Handwerk nach Anlage B Abschnitt 1 Nr. 27 HandwO) und den 22.372 Betrieben des Holz- und Bautenschutzgewerbes (handwerkähnliches Gewerbe nach Anlage B Abschnitt 2 Nr. 6 HandwO) gab es hingegen zum Stichtag 31. Dezember 2011 lediglich 2.175 bzw. 112 Ausbildungsverhältnisse, somit Ausbildungsquoten von rund 9 Prozent bzw. weniger als 1 Prozent. Diese Zahlen bestätigen die allgemein feststellbare Diskrepanz zwischen der Ausbildungsleistung zulassungspflichtiger und der zulassungsfreier Handwerksbetriebe (siehe hierzu auch Bulla, Freiheit der Berufswahl, 1. Aufl. 2009, 278 ff.).

33

b) Gegen die Eignung des Zulassungserfordernisses zur Sicherung der Ausbildungsfunktion des Handwerks spricht nicht, dass die insoweit bedeutsame Rolle zulassungspflichtiger Handwerksbetriebe insbesondere, wenn nicht sogar entscheidend auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dieser Betriebe zurückzuführen sein dürfte (so auch Bulla, a.a.O., S. 280 f., trotz seiner im Übrigen geäußerten Kritik).

34

Hierin liegt auch kein Widerspruch zu den Motiven des Gesetzgebers, die dem Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und zur Förderung von Kleinunternehmen vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2933) und dem Dritten Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) zugrunde lagen. Die Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drs. 15/1481 S. 8) sowie die Diskussionen im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens über die Ausweitung der Anlage-A-Gewerbe, die Anforderungen an die Eintragung von Alt-Gesellen sowie die Einführung des § 1 Abs. 2 Satz 3 HandwO (BR-Prot. 790. Sitzung vom 11. Juli 2003, S. 221 ff.; Protokolle des Vermittlungsausschusses, a.a.O.) zeigen nämlich, dass im Gesetzgebungsprozess insbesondere auch solche Strömungen Einfluss gewannen, die darauf abzielten, jedenfalls in gefahrträchtigen und/oder ausbildungsrelevanten Bereichen unter grundsätzlicher Beibehaltung des Meisterzwangs bzw. vergleichbarer Eignungsvoraussetzungen ein leistungsfähiges Handwerk zu erhalten, dessen Betriebe in der Lage sind, sich am Markt zu behaupten.

35

So sollte gerade die Altgesellenregelung - sie gilt im Übrigen nicht für bestimmte besonders gefahrgeneigte Tätigkeiten - nicht eine von ihren Kritikern befürchtete schlichte Ersitzung der Eintragungsberechtigung durch Zeitablauf ermöglichen. Das Erfordernis einer mehrjährigen Tätigkeit in leitender Stellung wurde deshalb gerade mit dem Ziel eingeführt, Altgesellen aufgrund praktischer Tätigkeit zur erfolgreichen selbständigen Führung eines Handwerksbetriebs zu befähigen. § 7 Abs. 2 HandwO, wonach bestimmte Hochschul- bzw. Fachschulabschlüsse oder sonstige mit der Meisterprüfung gleichwertige Prüfungen ebenfalls zur Eintragung in die Handwerksrolle führen, lässt ebenfalls erkennen, dass der Gesetzgeber zwar eine gewisse Lockerung des Meisterzwangs vornehmen, aber dennoch sicherstellen wollte, dass zulassungspflichtige Handwerksbetriebe durch solche Personen verantwortlich geleitet werden, die über mit einem Handwerksmeister vergleichbare Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen bzw. in der Lage sind, sich fehlende Teile hiervon aufgrund eines gehobenen Berufsabschlusses selbst anzueignen.

36

In eine ähnliche Richtung weist auch der Regelungszweck des § 1 Abs. 2 Satz 3 HandwO, wonach die Ausübung mehrerer - nicht wesentlicher - Tätigkeiten im Sinne des Satzes 2 Nr. 1 und 2 unzulässig ist, wenn eine Gesamtbetrachtung ihre Wesentlichkeit für ein bestimmtes Handwerk ergibt. Diese Vorschrift wurde geschaffen, um eine Umgehung oder Aushöhlung des Eintragungserfordernisses und damit des grundsätzlichen Meisterzwangs zu verhindern (vgl. BT-Drs. 15/1422; Protokoll der Sitzung des Vermittlungsausschusses vom 10. Dezember 2003, S. 49 f., 53, 55; Kormann/Hülpers, GewArch 2004, 353 ff.) und dient damit ebenfalls dazu, den eintragungspflichtigen Handwerksbetrieben auch weiterhin ein erfolgreiches Agieren am Markt zu ermöglichen.

37

c) Zwar hat das Bundeverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 5. Dezember 2005 (a.a.O.) die verfassungsrechtliche Erforderlichkeit des Meisterzwangs nach der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Rechtslage im Hinblick auf die ab 2004 geltenden geringeren Anforderungen an die Ausbildungseignung in eintragungspflichtigen Handwerken (§ 22b Abs. 2 HandwO) infrage gestellt. Für die seither geltende Rechtslage greift dieser Einwand jedoch nicht mehr durch, da die Regelungen zur Ausbildungseignung in einem eintragungspflichtigen Handwerk an die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle angeglichen sind (§ 22b Abs. 2 i. V. m. §§ 7, 7a, 7b, 8 und 9 Abs. 1 Nr. 1 HandwO). Die früher mögliche Diskrepanz, dass eine Person zur Ausbildung in einem zulassungspflichtigen Handwerk geeignet ist, nicht jedoch die Voraussetzungen für die Eintragungen in die Handwerksrolle erfüllt, besteht somit nicht mehr.

38

d) Darüber hinaus ist angesichts des Gewichts, das dem Gemeinwohlbelang der Sicherung der Ausbildungsleistung des Handwerks zukommt, das Eintragungserfordernis auch angemessen (verhältnismäßig im engeren Sinne). Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der ehemals strenge Meisterzwang durch die seit dem Jahr 2004 geltenden Änderungen der §§ 7 ff. HandwO gelockert worden ist.

II.

39

Das Eintragungserfordernis als Voraussetzung für die selbständige Ausübung des Maler- und Lackiererhandwerks verstößt zudem nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), der gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dabei obliegt es dem Normgeber zu entscheiden, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse er als maßgebend dafür ansieht, sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist nur verletzt, wenn sich - bezogen auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs - ein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonst wie einleuchtender Grund für die betreffende Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 2005 - 2 BvR 167/02 -, BVerfGE 112, 164 [174]).

40

1. Dass das Eintragungserfordernis nicht für eine handwerkliche Betätigung im Reisegewerbe (§ 55 ff. GewO) gilt, sondern nur für eine solche als stehendes Gewerbe, ist wegen der strukturellen Unterschiede zwischen beiden Betätigungsformen nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz unbedenklich. Wegen der nur begrenzt möglichen personellen und sachlichen Ausstattung im Reisegewerbe ist nach Einschätzung des Gesetzgebers insbesondere nicht davon auszugehen, dort würden gefahrgeneigte Arbeiten in größerem Umfang ausgeführt (BVerwG, Urteil vom 31. August 2011 - 8 C 9.10 -, a.a.O. m.w.N.). Aus denselben Gründen ist auch auszuschließen, dem Reisegewerbe könne eine nennenswerte Bedeutung bei der Ausbildung von Nachwuchs zukommen.

41

2. Im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz ist es ebenfalls unbedenklich, dass der Gesetzgeber das Maler- und Lackiererhandwerk weiterhin dem Zulassungserfordernis unterworfen hat, nicht hingegen Berufe wie den des Raumausstatters bzw. den des Holz- und Bautenschützers. Angesichts der oben (I.6.a) dargelegten erheblichen Unterschiede in der Bedeutung dieser Gewerbe für die Ausbildung von Nachwuchs besteht nämlich ein gewichtiger sachlicher Grund für die vom Kläger beanstandete Ungleichbehandlung.

42

3. Die Differenzierung der Regelungen über die Eintragungspflicht danach, ob die zur Berufsausübung berechtigende Qualifikation im Inland oder im EU- bzw. EWR-Ausland erworben wurde, stellt auch keine unzulässige Inländerdiskriminierung dar. Das gilt zumindest angesichts der Altgesellenregelung (§ 7b HandwO), die der Ausnahmebewilligung aufgrund einer EU bzw. EWR-Qualifikation (§ 9 HandwO) derart angenähert ist, dass die verbleibenden Unterschiede verfassungsrechtlich nicht ins Gewicht fallen (vgl. - mit eingehender Begründung - BVerwG, Urteile vom 31. August 2011, a.a.O.).

III.

43

Die Differenzierung nach dem Erwerb der Berufsqualifikation im Inland oder im EU- bzw. EWR-Ausland verstößt schließlich nicht gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV), da es an dem erforderlichen grenzüberschreitenden Sachverhalt fehlt (BVerwG, Urteile vom 31. August 2011, a.a.O.).

IV.

44

Der Feststellungsantrag des Klägers umfasst unter anderem das Streichen und Verputzen von Fassaden mit mineralischer Fassadenfarbe, Silikatfassadenfarbe oder Silikonharzfassadenfarbe bzw. mit Mineralputz, Silikatputz oder Silikonharzputz, sowie das Lackieren und Lasieren von Türen und Fenstern mit Acryllack oder lösemittelhaltigem Lack bzw. ebensolcher Lasur. Diese Tätigkeiten sind für das Maler- und Lackiererhandwerk wesentlich im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1 und 2 HandwO, so dass der Gewerbebetrieb, den der Kläger zu führen beabsichtigt, der Eintragungspflicht unterliegt.

45

1. Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Frage nach dem Erfordernis der Eintragung in die Handwerksrolle ist die Gesamtheit der im Feststellungsantrag aufgeführten Tätigkeiten, da nur insoweit ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis in Bezug auf einen konkreten Lebenssachverhalt besteht. Die Zulassungspflicht nach § 1 Abs. 2 Satz 1 HandwO betrifft nämlich die Handwerksausübung in einem bestimmten Gewerbebetrieb. Es obliegt daher dem Kläger, die einzelnen Tätigkeiten zu benennen, die er im Rahmen seines Gewerbebetriebs ausüben möchte. Dabei kann er zwar Gewerbebetriebe unterschiedlichen Zuschnitts zum Gegenstand verschiedener Haupt- und Hilfsanträge machen. Hingegen ist es nicht Aufgabe des Gerichts, zu ermitteln, ob die einzelnen im Feststellungsantrag benannten Tätigkeiten alternativ oder in beliebiger Kombination das Eintragungserfordernis auslösen (vgl. BVerwG, Urteile vom 31. August 2012, a.a.O.). Somit kommt es für die vorliegende Entscheidung nicht darauf an, ob der mit dem Feststellungsantrag beschriebene Gewerbebetrieb nicht der Eintragungspflicht unterläge, wenn der Kläger ihn auf einen Teil der von ihm angegebenen Tätigkeiten beschränken würde.

46

2. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die in den einschlägigen Ausbildungsverordnungen vorgestellten (Ausbildungs-)Berufsbilder für die Frage der fachlichen Zugehörigkeit einer Tätigkeit zu einem handwerksfähigen Gewerbe herangezogen werden. Sie enthalten erläuternde Einzelheiten über das jeweilige Arbeitsgebiet und die zu dessen Bewältigung benötigten Fertigkeiten und Kenntnisse sowie die hierauf entfallenden Ausbildungszeiten (vgl. BVerwG, Urteile vom 31. August 2011, a.a.O.; zur Befugnis des Gesetzgebers zur Festlegung von Berufsbildern siehe bereits BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1961, a.a.O. [117 f.]).

47

Die hier in Rede stehenden Tätigkeiten unterfallen nach § 5 Nrn. 10, 11 und 12 MalerLackAusbV dem zum Maler- und Lackiererhandwerk gehörenden Berufsbild des Bauten- und Objektbeschichters (§ 1 MalerLackAusbV). Gegenstand der Berufsausbildung sind danach unter anderem das Be- und Verarbeiten von Werk-, Hilfs- und Beschichtungsstoffen sowie von Bauteilen (Nr. 10), das Prüfen, Bewerten und Vorbereiten von Untergründen (Nr. 11) und das Herstellen, Bearbeiten, Behandeln und Gestalten von Oberflächen (Nr. 12). Die zeitlichen Richtwerte für die Ausbildung in diesen Bereichen betragen nach dem einschlägigen Ausbildungsrahmenplan (Anlage 1 MalerLackAusbV) für das Be- und Verarbeiten von Werk-, Hilfs-, und Beschichtungsstoffen sowie Bauteilen 18 Wochen - mehr als 4 Monate - (I Nr. 10, II Nr. 6), für und das Prüfen, Bewerten und Vorbereiten von Untergründen 20 Wochen - rund 4 ½ Monate - (I Nr. 11, II Nr. 7) und für das Herstellen, Bearbeiten, Behandeln und Gestalten von Oberflächen 29 Wochen - mehr als 6 ½ Monate - (I Nr. 12, II Nr. 8). Somit handelt es sich hierbei nicht um nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HandwO unwesentliche Tätigkeiten, da sie jeweils nicht in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden können.

48

Der Feststellungsantrag lässt auch nicht erkennen, dass der Kläger sich auf einfache Tätigkeiten beschränken möchte, für deren einwandfreie Ausführung keine qualifizierten handwerklichen Kennnisse und Fertigkeiten nötig sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. August 2011 - 8 C 9.10 -, a.a.O. -). So hat der Kläger zwar beanstandet, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass er in der mündlichen Verhandlung klargestellt habe, die Tätigkeiten „Fassaden streichen“ und „Streicharbeiten im Gebäudeinnenbereich“ bezögen sich nicht auf eine gestalterische Betätigung. Obwohl ihm somit bewusst war, dass der Wortlaut seines Antrags auch solche Tätigkeiten umfasst, hat er sich jedoch nicht veranlasst gesehen, sein Feststellungsbegehren im Berufungsverfahren entsprechend einzuschränken bzw. zu präzisieren. Ob eine solche Herausnahme „gestalterischer Tätigkeiten“ allein ausreichend wäre, um die Wesentlichkeit für das Maler- und Lackiererhandwerk zu verneinen, kann daher dahingestellt bleiben.

49

Entgegen der Auffassung des Klägers entfällt die Eintragungspflicht auch nicht bereits deshalb, weil er - wie er meint - durch die Kombination unterschiedlicher Tätigkeiten nicht den Beruf des Malers und Lackierers im Sinne der Anlage A der Handwerksordnung, sondern einen anderen Beruf ausübe. Nach § 1 Abs. 2 HandwO unterliegt ein stehendes Gewerbe bereits dann der Eintragungspflicht, wenn wesentliche Tätigkeiten eines in Anlage A aufgeführten Handwerks ausgeübt werden. Ob und in welcher Form sie mit sonstigen Tätigkeiten kombiniert werden, ist irrelevant. Die Auffassung des Klägers findet in dem von ihm benannten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2004 (- 6 B 5.04, 6 B 5.04 [6 PKH 1.04] -, GewArch 2004, 488) keine Stütze. Darin heißt es in Übereinstimmung mit den vorstehenden Ausführungen lediglich, durch Reduzierung auf einzelne Betätigungen könne der Kernbereich eines Handwerks verlassen werden, so dass eine minderhandwerkliche Tätigkeit vorliegen könne. Das bedeutet gerade nicht, jede von dem Berufsbild eines zulassungspflichtigen Handwerks abweichende Kombination von Tätigkeiten habe zur Folge, dass für dieses Gewerbe keine Eintragungspflicht mehr besteht.

50

3. Die vorgenannten Tätigkeiten sind auch nicht nach § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 HandwO unwesentlich, da sie für das Maler- und Lackiererhandwerk nicht nebensächlich, sondern prägend sind und deswegen die Fertigkeiten und Kenntnisse erfordern, auf die die Ausbildung in diesem Handwerk hauptsächlich ausgerichtet ist. Auch insoweit liefern die auf der Grundlage von § 25 HandwO erlassenen Ausbildungsordnungen Anhaltspunkte. Erfordert eine Tätigkeit lediglich solche Fertigkeiten und Kenntnisse, die nicht im Ausbildungsberufsbild enthalten oder nur randständig und zur Abrundung genannt sind, stellt sie keine wesentliche Tätigkeit im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 HandwO dar (Detterbeck, Handwerksordnung, 4. Aufl. 2008, § 1 Rn. 75). Bei den in § 5 Nrn. 10 bis 12 MalerLackAusbV genannten Tätigkeiten, deren Ausübung der Kläger beabsichtigt, handelt es sich aber um solche, die dem Maler- und Lackiererhandwerk sein wesentliches Gepräge geben, die also in der Terminologie neuerer Ausbildungsverordnungen berufsprofilgebend sind (so Grunwald, Gutachten für das Amtsgericht München vom 22. Juni 2010, S. 10 f.). Sie sind somit nicht nach § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 HandwO unwesentlich.

51

4. Die genannten Tätigkeiten sind auch nicht nach § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 HandwO unwesentlich, da sie gerade den Kernbereich des Maler- und Lackiererhandwerks darstellen und somit nicht aus einem nicht zulassungspflichtigen Handwerk entstanden sind.

52

5. Darüber hinaus sind - aus Gründen der Regelungssystematik - Tätigkeiten auch dann nicht wesentlich für ein zulassungspflichtiges Handwerk, wenn sie zum Berufsbild eines zulassungsfreien Berufs gehören (BVerwG, Urteil vom 31. August 2011 - 8 C 8.10 -, a.a.O.; Detterbeck, a.a.O. § 1 Rn. 71; Honig, HWO, 3. Aufl. 2004, § 1 Rn. 54). Die unter Nrn. 10 – 12 MalerLackAusbV aufgeführten Tätigkeiten weisen zwar Übereinstimmungen mit zulassungsfreien Berufen auf. Diese reichen jedoch nicht so weit, dass die zum Kernbereich des Maler- und Lackiererhandwerk gehörenden Tätigkeiten des Klägers - zumindest annähernd - vollständig erfasst wären.

53

a) Das (Ausbildungs-)Berufsbild des zulassungsfreien Handwerks des Raumausstatters (§ 18 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Anl. B Abschn. I Nr. 27 HandwO) umfasst nach § 4 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Raumausstatter/zur Raumausstatterin vom 18. Mai 2004, (BGBl. I S. 980, im Folgenden: RaumAAusbV) insbesondere das Be- und Verarbeiten von Werk- und Hilfsstoffen (Nr. 10), das Prüfen, Vorbereiten und Bearbeiten von Untergründen (Nr. 12), das Behandeln von Oberflächen (Nr. 14) und das Gestalten, Bekleiden und Beschichten von Wand- und Deckenflächen (Nr. 19). Diese Fertigkeiten und Kenntnisse sind schon deshalb nicht mit denen nach § 5 Nrn. 10 – 12 MalerLackAusbV identisch, weil sie - anders als beim Maler- und Lackiererhandwerk - ausschließlich auf Tätigkeiten in Innenräumen zugeschnitten sind. Es liegt auf der Hand, dass an Maler- und Lackiererarbeiten und die hiermit notwendigerweise verbundenen vorbereitenden Maßnahmen im Außenbereich andere Anforderungen zu stellen sind als an vergleichbare Arbeiten im Innenbereich, auf die die Tätigkeit eines Raumausstatters beschränkt ist.

54

Das findet seinen Niederschlag nicht zuletzt darin, dass die in dem für Raumausstatter geltenden Ausbildungsrahmenplan (Anlage zur RaumAAusbV) festgelegten Richtwerte z. T. deutlich hinter denen für die vergleichbaren Fertigkeiten und Kenntnisse nach § 5 Nrn. 10 – 12 MalerLackAusbV zurückbleiben. So sind für das Be- und Verarbeiten von Werk- und Hilfsstoffen nach Nr. I.10 der Anlage zur RaumAAusbV 5 Wochen vorgesehen, während der Richtwert für den - etwas weiter gefassten - Bereich Be- und Verarbeiten von Werk-, Hilfs-, und Beschichtungsstoffen sowie Bauteilen nach Anlage 1 MalerLackAusbV 18 Wochen beträgt (s.o. IV.2.). Auf das Prüfen, Vorbereiten und Bearbeiten von Untergründen entfällt nach Nr. II.12 der Anlage zur RaumAAusbV eine Ausbildungszeit von 14 Wochen, nach Anlage 1 MalerLackAusbV 20 Wochen (s. ebd.). Schließlich beträgt der Richtwert für das Behandeln von Oberflächen sowie das Gestalten, Bekleiden und Beschichten von Wand- und Deckenflächen nach Nr. I.14 und 1.19 der Anlage zur RaumAAusbV insgesamt lediglich 16 Wochen, nach Anlage 1 der MalerLackAusbV hingegen 29 Wochen (s. ebd.).

55

b) Überschneidungen bestehen auch zwischen den unter § 5 Nrn. 10 – 12 MalerLackAusbV fallenden Tätigkeiten des Klägers und den Berufsbildern des Hochbau- bzw. Ausbaufacharbeiters. Diese Berufsbilder sind nach § 1 der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 2. Juni 1999 (BGBl. I S. 1102, zul. geändert durch Verordnung vom 20. Februar 2009, BGBl. I S. 399, im Folgenden: BauWiAusbV) nicht nur Grundlage für die Ausbildung in zulassungspflichtigen Handwerksberufen, sondern auch in zulassungsfreien Handwerks- und sonstigen Berufen. Die Berufe des Hochbau- bzw. Ausbaufacharbeiter selbst stellen daher keine zulassungspflichtigen Handwerke dar. Überschneidungen mit den genannten Tätigkeiten Klägers bestehen allerdings nur insoweit, als das Herstellen von Putzen zu den Ausbildungsberufsbildern des Hochbau- bzw. Ausbaufacharbeiters gehört (§ 5 Nr. 14 BauWiAusbV i.V.m. Anlage 1, I.14, II.A.9., § 11 Nr. 15 BauWiAusbV i.V.m. Anlage 2, II.B.8). Weder das Anstreichen von Fassaden noch die spezifisch gestalterischen Aspekte des Maler- und Lackiererberufs werden hiervon abgedeckt. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang den Beruf des Verputzers anspricht, ist darauf hinzuweisen, dass es ein solches eigenständig geregeltes Berufsbild nicht gibt, sondern die Verputzertätigkeit verschiedenen Bauberufen - unter anderem dem zulassungspflichtigen Stukkateurhandwerk (Anlage A Nr. 9 HandwO) - zugeordnet ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 10. April 2006 - 22 ZB 05.2620 -, juris).

56

c) Das nach § 18 Abs. 2 S. 2, Anl. B2 Nr. 6 HandwO zulassungsfreie Holz- u. Bautenschutzgewerbe weist nach der Verordnung über die Berufsausbildung im Holz- und Bautenschutzgewerbe vom 2. Mai 2007 (BGBl. I S. 610) ebenfalls gewisse Bezüge zum Maler- und Lackiererhandwerk auf, da es auch hierbei unter anderem um die Behandlung von Oberflächen geht. Anders als beim Maler- und Lackiererhandwerk steht hier jedoch die Beseitigung von Schäden bzw. die Vorbeugung gegen Schäden im Vordergrund, während gestalterische Gesichtspunkte eine allenfalls untergeordnete Rolle spielen.

57

d) Ähnliches gilt auch hinsichtlich des aufgrund des Berufsbildungsgesetzes anerkannten und somit nicht der Handwerksordnung unterliegenden Berufsbildes des Fassadenmonteurs. Zwar gehören das Behandeln von Oberflächen und das Auftragen von Putzen nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fassadenmonteur/zur Fassadenmonteurin vom 19. Mai 1999 (BGBl. I S. 997, im Folgenden: FMontAusbV) auch zu diesem Berufsbild (§ 5 Nr. 14 i.V.m. Anl. II Nr. 5, § 5 Nr. 13 i.V.m. Anl. I Nr. 13 f. FMontAusbV). Hierbei geht es jedoch zum einen um die Oberflächenbehandlung von später zu montierenden Fassadenelementen und zum andern um die Vorbereitung von Fassaden für die spätere Montage von Elementen. Nicht zum Ausbildungsberufsbild gehört hingegen das für das Maler- und Lackiererhandwerk prägende Anstreichen bzw. die sonstige Oberflächenbehandlung von Fassaden, insbesondere unter Beachtung gestalterischer Gesichtspunkte.

58

6. Die in § 1 Abs. 2 S. 2 Nrn. 1 bis 3 HandwO enthaltenen Regelbeispiele - „insbesondere“ - legen zwar nicht abschließend fest, unter welchen Voraussetzungen eine Tätigkeit für ein Handwerk als unwesentlich anzusehen ist (Detterbeck, a.a.O., § 1 Rn. 72). Es sind im vorliegenden Fall jedoch keine über die Darlegungen zu den Regelbeispielen sowie Überschneidungen mit zulassungsfreien Berufen hinausgehenden Aspekte erkennbar, aufgrund derer die genannten Tätigkeiten als nicht wesentlich für das Maler- und Lackiererhandwerk qualifiziert werden könnten.

59

7. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es für die Frage nach der Wesentlichkeit seiner Tätigkeiten auch nicht darauf an, ob sie während eines Jahres die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte Vollzeit arbeitenden Betriebs übersteigen. Anhand dieses quantitativen Kriteriums ist nach § 3 Abs. 2 HandwO zu ermitteln, ob ein Handwerksbetrieb, der mit einem anderen Betrieb verbunden ist, noch als Nebenbetrieb im Sinne von § 2 Nr. 2 und Nr. 3 und § 3 Abs. 1 HandwO anzusehen ist. Die Wesentlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 2 HandwO ist hingegen ein qualitatives Kriterium, da dort lediglich auf die Art der jeweiligen Tätigkeiten abgestellt wird (BVerwG, Urteil vom 31. August 2011 - 8 C 9.10 -, a.a.O.). Daher kommt der Erheblichkeitsgrenze nach § 3 Abs. 2 HandwO für die Frage nach der Wesentlichkeit einer Tätigkeit für ein zulassungspflichtiges Handwerk keine Bedeutung zu (Honig, a.a.O. Rn. 11 m.w.N.).

60

8. Die hier vertretenen Auffassung steht auch - anders als der Kläger meint - nicht im Widerspruch zum Beschluss des Senats vom 19. April 2012 - 6 A 11422/11.OVG -. In ihm wurde die Ausübungsberechtigung des Klägers nach § 7b HandwO entgegen der Darstellung seines Bevollmächtigten in der mündlichen Berufungsverhandlung gerade nicht mit der Begründung verneint, er habe keine wesentlichen Tätigkeiten des Maler- und Lackiererhandwerks ausgeübt, sondern aufgrund der Erwägung, er habe die erforderliche vierjährige Tätigkeit in leitender Stellung nicht nachgewiesen.

V.

61

Selbst wenn man der hier vertretenen Auffassung, die Tätigkeiten des Klägers seien bereits nach § 1 Abs. 2 S. 1 und 2 HandwO wesentlich für das Maler- und Lackiererhandwerk, nicht folgt, so führt jedenfalls eine Gesamtbetrachtung nach § 1 Abs. 2 S. 3 HandwO unter Einbeziehung der anderen zum Maler- und Lackiererhandwerk gehörenden Tätigkeiten des Klägers zu demselben Ergebnis.

62

1. Auch diese Regelung stellt eine nicht zu beanstandende Beschränkung der Berufswahl- bzw. -ausübungsfreiheit dar. Sie dient ersichtlich dem Zweck, eine Umgehung der Eintragungspflicht und damit des zwar gelockerten, aber grundsätzlich weiterhin bestehenden Meisterzwangs zu verhindern und so den eintragungspflichtigen Handwerksbetrieben ein erfolgreiches Agieren am Markt zu ermöglichen. Sie ist geeignet, erforderlich sowie angemessen, um diesem gewichtigen Gemeinwohlbelang Rechnung zu tragen (vgl. o. I.6.).

63

Da diese Intention erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens Berücksichtigung gefunden hat (s. ebd.), kann die z.T. heftige Kritik an dieser Regelung sich nicht auf die ursprüngliche Gesetzesbegründung berufen (so aber Detterbeck, a.a.O., § 1 Rn. 79). Auch die scheinbare Widersprüchlichkeit der Regelung, die darin zu bestehen scheint, dass einzelne für sich genommen unwesentliche Tätigkeiten durch bloße Kumulierung wesentlich werden können (vgl. Detterbeck, a.a.O.), löst sich auf, wenn man den Begriff der Wesentlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 3 HandwO entsprechend dem Sinn dieser Vorschrift anders versteht als nach § 1 Abs. 2 S. 2 HandwO. Deshalb sind mehrere zum Berufsbild eines eintragungspflichtigen Handwerks gehörende Tätigkeiten bei einer Gesamtbetrachtung dann als wesentlich im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 3 HandwO zu erachten, wenn sie einen erheblichen Teil der Tätigkeiten abdecken, auf denen die erfolgreiche Teilnahme eintragungspflichtiger Handwerksbetriebe am Marktgeschehen typischerweise beruht. Aus systematischen Gründen kann allerdings auch eine solche Gesamtbetrachtung nicht dazu führen, dass mehrere Tätigkeiten als wesentlich anzusehen sind, wenn es sich ausschließlich um solche handelt, die auch zulassungsfreien Berufen zuzuordnen sind (vgl. o. IV.5.).

64

2. Das Verputzen von Fassaden mit mineralischer Fassadenfarbe, Silikat-Fassadenfarbe oder Silikonharzfassadenfarbe bzw. mit Mineralputz, Silikatputz oder Silikonharzputz, sowie das Lackieren und Lasieren von Türen und Fenstern mit Acryllack oder lösemittelhaltigem Lack bzw. ebensolcher Lasur, das Tapezieren mit Muster- und Rauhfasertapeten sowie Glasgewebe, das Erspachteln von Wänden im Innengereich mit Füll- und Glättspachtel und Streicharbeiten im Gebäudeinnenbereich mit Dispersionsfarbe, Silikatfarbe oder Latexfarbe sind bei einer Gesamtbetrachtung wesentliche Tätigkeiten des Maler- und Lackiererhandwerks. Sie stellen - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - das typische Betätigungsfeld von Maler- und Lackiererbetrieben und damit auch ihre wirtschaftliche Basis dar, auf der ihre erfolgreiche Behauptung am Markt beruht. Da das mit dem Feststellungsantrag umschriebene Gewerbe des Klägers nicht nur Tätigkeiten umfasst, die auch zulassungsfreien Berufen zuzuordnen sind (vgl. o. IV.5.), sind die Tätigkeiten bei einer Gesamtbetrachtung somit wesentlich im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 3 HandwO.

VI.

65

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

66

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

67

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf Auslegung von § 1 Abs. 2 S. 2 und 3 HandwO grundsätzliche Bedeutung hat.

68

Beschluss

69

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,-- € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) In Ausnahmefällen ist eine Bewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle (Ausnahmebewilligung) zu erteilen, wenn die zur selbständigen Ausübung des von dem Antragsteller zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerks notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen sind; dabei sind auch seine bisherigen beruflichen Erfahrungen und Tätigkeiten zu berücksichtigen. Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn die Ablegung einer Meisterprüfung zum Zeitpunkt der Antragstellung oder danach für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde. Ein Ausnahmefall liegt auch dann vor, wenn der Antragsteller eine Prüfung auf Grund einer nach § 42 dieses Gesetzes oder § 53 des Berufsbildungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung bestanden hat.

(2) Die Ausnahmebewilligung kann unter Auflagen oder Bedingungen oder befristet erteilt und auf einen wesentlichen Teil der Tätigkeiten beschränkt werden, die zu einem in der Anlage A zu diesem Gesetz aufgeführten Gewerbe gehören; in diesem Fall genügt der Nachweis der hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten.

(3) Die Ausnahmebewilligung wird auf Antrag des Gewerbetreibenden von der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Handwerkskammer zu den Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 und des § 1 Abs. 2 erteilt. Die Handwerkskammer kann eine Stellungnahme der fachlich zuständigen Innung oder Berufsvereinigung einholen, wenn der Antragsteller ausdrücklich zustimmt. Sie hat ihre Stellungnahme einzuholen, wenn der Antragsteller es verlangt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß abweichend von Satz 1 an Stelle der höheren Verwaltungsbehörde eine andere Behörde zuständig ist. Sie können diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(4) Gegen die Entscheidung steht neben dem Antragsteller auch der Handwerkskammer der Verwaltungsrechtsweg offen; die Handwerkskammer ist beizuladen.

(1) Der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe ist nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften gestattet. Personengesellschaften im Sinne dieses Gesetzes sind Personenhandelsgesellschaften und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts.

(2) Ein Gewerbebetrieb ist ein Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und ein Gewerbe vollständig umfaßt, das in der Anlage A aufgeführt ist, oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind (wesentliche Tätigkeiten). Keine wesentlichen Tätigkeiten sind insbesondere solche, die

1.
in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden können,
2.
zwar eine längere Anlernzeit verlangen, aber für das Gesamtbild des betreffenden zulassungspflichtigen Handwerks nebensächlich sind und deswegen nicht die Fertigkeiten und Kenntnisse erfordern, auf die die Ausbildung in diesem Handwerk hauptsächlich ausgerichtet ist, oder
3.
nicht aus einem zulassungspflichtigen Handwerk entstanden sind.
Die Ausübung mehrerer Tätigkeiten im Sinne des Satzes 2 Nr. 1 und 2 ist zulässig, es sei denn, die Gesamtbetrachtung ergibt, dass sie für ein bestimmtes zulassungspflichtiges Handwerk wesentlich sind.

(3) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlage A zu diesem Gesetz dadurch zu ändern, daß es darin aufgeführte Gewerbe streicht, ganz oder teilweise zusammenfaßt oder trennt oder Bezeichnungen für sie festsetzt, soweit es die technische und wirtschaftliche Entwicklung erfordert.

(1) In Ausnahmefällen ist eine Bewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle (Ausnahmebewilligung) zu erteilen, wenn die zur selbständigen Ausübung des von dem Antragsteller zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerks notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen sind; dabei sind auch seine bisherigen beruflichen Erfahrungen und Tätigkeiten zu berücksichtigen. Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn die Ablegung einer Meisterprüfung zum Zeitpunkt der Antragstellung oder danach für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde. Ein Ausnahmefall liegt auch dann vor, wenn der Antragsteller eine Prüfung auf Grund einer nach § 42 dieses Gesetzes oder § 53 des Berufsbildungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung bestanden hat.

(2) Die Ausnahmebewilligung kann unter Auflagen oder Bedingungen oder befristet erteilt und auf einen wesentlichen Teil der Tätigkeiten beschränkt werden, die zu einem in der Anlage A zu diesem Gesetz aufgeführten Gewerbe gehören; in diesem Fall genügt der Nachweis der hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten.

(3) Die Ausnahmebewilligung wird auf Antrag des Gewerbetreibenden von der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Handwerkskammer zu den Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 und des § 1 Abs. 2 erteilt. Die Handwerkskammer kann eine Stellungnahme der fachlich zuständigen Innung oder Berufsvereinigung einholen, wenn der Antragsteller ausdrücklich zustimmt. Sie hat ihre Stellungnahme einzuholen, wenn der Antragsteller es verlangt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß abweichend von Satz 1 an Stelle der höheren Verwaltungsbehörde eine andere Behörde zuständig ist. Sie können diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(4) Gegen die Entscheidung steht neben dem Antragsteller auch der Handwerkskammer der Verwaltungsrechtsweg offen; die Handwerkskammer ist beizuladen.

(1) Der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe ist nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften gestattet. Personengesellschaften im Sinne dieses Gesetzes sind Personenhandelsgesellschaften und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts.

(2) Ein Gewerbebetrieb ist ein Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und ein Gewerbe vollständig umfaßt, das in der Anlage A aufgeführt ist, oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind (wesentliche Tätigkeiten). Keine wesentlichen Tätigkeiten sind insbesondere solche, die

1.
in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden können,
2.
zwar eine längere Anlernzeit verlangen, aber für das Gesamtbild des betreffenden zulassungspflichtigen Handwerks nebensächlich sind und deswegen nicht die Fertigkeiten und Kenntnisse erfordern, auf die die Ausbildung in diesem Handwerk hauptsächlich ausgerichtet ist, oder
3.
nicht aus einem zulassungspflichtigen Handwerk entstanden sind.
Die Ausübung mehrerer Tätigkeiten im Sinne des Satzes 2 Nr. 1 und 2 ist zulässig, es sei denn, die Gesamtbetrachtung ergibt, dass sie für ein bestimmtes zulassungspflichtiges Handwerk wesentlich sind.

(3) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlage A zu diesem Gesetz dadurch zu ändern, daß es darin aufgeführte Gewerbe streicht, ganz oder teilweise zusammenfaßt oder trennt oder Bezeichnungen für sie festsetzt, soweit es die technische und wirtschaftliche Entwicklung erfordert.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.