Bundesfinanzhof Urteil, 22. Feb. 2018 - III R 10/17

ECLI:ECLI:DE:BFH:2018:U.220218.IIIR10.17.0
bei uns veröffentlicht am22.02.2018

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 15. Februar 2017  3 K 1601/14 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Nürnberg zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist die Höhe des Kindergeldanspruchs für den Zeitraum Januar 2013 bis November 2014.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und seine Ehefrau sind Eltern von zwei im Juli 2001 und im Oktober 2003 geborenen Kindern. Der Kläger ist seit 2006 als Arzt an einer Klinik in Großbritannien tätig und wohnt seither dort auch mit seiner Familie.

3

Im Frühjahr 2012 war der Kläger Eigentümer und Vermieter eines Hauses in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) und hielt sich dort vornehmlich in den Schulferien --teilweise mit seiner Familie-- auch auf.

4

Laut einer Bescheinigung des Finanzamts (FA) X vom 12. April 2012 gilt der Kläger nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab dem Jahr 2011 antragsgemäß als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

5

Mit Bescheid vom 17. April 2012 setzte die Familienkasse Y ab Januar 2011 zugunsten des Klägers Kindergeld für die beiden Kinder in Höhe von 193,08 € pro Monat fest. Der Betrag errechnete sich aus der Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld (2 x 184 € = 368 €) und dem in Großbritannien bestehenden Anspruch auf Familienleistungen (umgerechnet 174,92 € pro Monat).

6

Am 12. Februar 2013 reichte der Kläger bei der Familienkasse Y eine Bescheinigung der HM Revenue Customs (Child Benefit Customs) ein, aus der hervorgeht, dass dort die Auszahlung des Child Benefit ab 7. Januar 2013 eingestellt wird. Mit Schreiben vom 2. Mai 2013 reichte der Kläger einen Kindergeldantrag für seine beiden Kinder ein und wies darauf hin, dass aufgrund einer Gesetzesänderung in Großbritannien Erwerbstätige, die über ein Jahreseinkommen von über 60.000 Pfund verfügen, kein Kindergeld mehr erhalten.

7

Mit Wechsel der Zuständigkeit zur Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) stellte die Familienkasse Y die Zahlung des Kindergeldes ab April 2013 zunächst ein. Mit Schreiben vom 7. August 2013 teilte die beklagte Familienkasse mit, dass ab Mai 2013 weiterhin Differenzkindergeld in der bisherigen Höhe ausgezahlt werde, da der Anspruch auf Kindergeld in Großbritannien weiterhin dem Grunde nach bestehe.

8

Mit Bescheid vom 28. Februar 2014 lehnte die Familienkasse eine über den Differenzbetrag hinausgehende, die vollen gesetzlichen Kindergeldsätze umfassende Festsetzung von Kindergeld ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 13. November 2014 als unbegründet zurück.

9

Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage in vollem Umfang statt und verpflichtete die Familienkasse, für den Zeitraum Januar 2013 bis November 2014 Kindergeld für die beiden Kinder in voller Höhe und damit in Höhe von insgesamt zusätzlich 174,92 € pro Monat festzusetzen.

10

Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.

11

Die Familienkasse beantragt,
das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

13

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu Unrecht entschieden, dass dem Kläger für den Zeitraum Januar 2013 bis November 2014 ein Anspruch auf Kindergeld in Höhe der vollen gesetzlichen Beträge zusteht.

14

1. Das FG ist auf der Grundlage der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger im Streitzeitraum Januar 2013 bis November 2014 die nationalrechtlichen Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch erfüllt hat.

15

a) Nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG hat Anspruch auf Kindergeld, wer nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Nach der Rechtsprechung des Senats macht das Gesetz die Anspruchsberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG --anders als in den Fällen des § 62 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a EStG-- von der einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Antragstellers abhängig (Senatsurteil vom 24. Mai 2012 III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897, Rz 13 ff.). Eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG setzt daher voraus, dass das FA in dem maßgeblichen Einkommensteuerbescheid dem Antrag des Steuerpflichtigen entsprochen und ihn demnach gemäß § 1 Abs. 3 EStG veranlagt hat (Senatsurteil vom 18. Juli 2013 III R 59/11, BFHE 242, 228, BStBl II 2014, 843, Rz 46). Lässt sich eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG dem Steuerbescheid nicht eindeutig entnehmen, ist maßgebend auf seinen durch Auslegung (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs analog) zu ermittelnden objektiven Erklärungsinhalt abzustellen. Ein Verwaltungsakt wird gegenüber dem Betroffenen mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekanntgegeben wird (§ 124 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung). Bei der Auslegung sind der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte, entscheidend. Es können auch außerhalb des Bescheids liegende Umstände zu berücksichtigen sein (Senatsurteil in BFHE 242, 228, BStBl II 2014, 843, Rz 46, m.w.N.).

16

b) Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze hat das FG im Streitfall zu Unrecht aus einer Bescheinigung des FA X vom 12. April 2012, wonach der Kläger ab dem Jahr 2011 antragsgemäß als nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gilt, den Schluss gezogen, dass der Kläger im Streitzeitraum Januar 2013 bis November 2014 nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wurde.

17

Als Nachweis für eine Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG sind nur Beweismittel geeignet, aus denen sich ergibt, dass für den betreffenden Anspruchszeitraum bereits eine entsprechende steuerliche Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG durch das zuständige FA vorgenommen wurde. Da der nach § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG erforderliche Antrag für jeden Veranlagungszeitraum neu zu stellen ist (Tiede in Herrmann/Heuer/Raupach, § 1 EStG Rz 255; Blümich/Rauch, § 1 EStG Rz 261) --in der Regel nach dessen Ablauf (Gosch in Kirchhof, EStG, 16. Aufl., § 1 Rz 25)--, kann die vom FG herangezogene Bescheinigung aus dem Jahr 2012 daher möglicherweise Auskunft darüber geben, wie das FA einen Steuerfall des Veranlagungszeitraums 2011 behandelt hat, nicht aber darüber, ob es bei einem Steuerpflichtigen in den Veranlagungszeiträumen 2013 und 2014 die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG bejaht hat. Die fraglichen Veranlagungszeiträume hatten im Zeitpunkt der Erteilung der Bescheinigung noch nicht einmal begonnen. Damit ist es ausgeschlossen, dass das zuständige FA für diese Veranlagungszeiträume bereits einen auf § 1 Abs. 3 EStG gestützten Einkommensteuerbescheid erlassen oder den Steuerpflichtigen anderweitig nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt haben kann.

18

Dies gilt umso mehr, als die bislang getroffenen weiteren Feststellungen des FG nicht dafür sprechen, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG im Streitzeitraum erfüllt hat. Denn dies würde nach § 1 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 1a Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG voraussetzen, dass die Einkünfte des Klägers und seiner Ehefrau zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben. Das bedeutet zugleich, dass die der Versteuerung in Großbritannien unterliegenden nichtselbständigen Einkünfte des Klägers maximal 10 % der Welteinkünfte der Eheleute umfasst haben dürfen.

19

Der Senat ist auch nicht nach § 118 Abs. 2 FGO an die abweichende Auslegung der Bescheinigung durch das FG gebunden, da die Auslegung des in einer Urkunde Erklärten nicht zu den Tatsachenfeststellungen, sondern zur Rechtsanwendung gehört (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. Mai 2010 IV R 52/08, BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261, Rz 15; Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 118 FGO Rz 213).

20

c) Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang anhand der für die Veranlagungszeiträume 2013 und 2014 ergangenen Einkommensteuerbescheide unter ergänzender Heranziehung der Einkommensteuerakten einschließlich der Einkommensteuererklärungen zu ermitteln haben, ob das zuständige FA den Kläger tatsächlich aufgrund eines entsprechenden Antrags nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt hat. Dabei wäre gegebenenfalls auch zu beachten, dass eine Bindungswirkung der Behandlung des Steuerfalls durch das FA dann entfallen kann, wenn der Steuerbescheid auf unzutreffenden Tatsachenangaben des Antragstellers beruht (vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 2002 VIII R 67/01, BFH/NV 2002, 1294, Rz 22).

21

2. Sollte sich im zweiten Rechtsgang ergeben, dass das FA den Kläger nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt hat, weist der Senat im Hinblick auf die sich dann ergebenden weiteren Fragen zur Verfahrensbeschleunigung auf Folgendes hin:

22

a) Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- 2004 Nr. L 166, S. 1) in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung --VO Nr. 883/2004 (Grundverordnung)-- der persönliche und nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. j i.V.m. Art. 1 Buchst. z auch der sachliche Anwendungsbereich der VO Nr. 883/2004 eröffnet ist.

23

Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Annahme, dass der Kläger aufgrund seiner in Großbritannien ausgeübten Beschäftigung den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats unterliegt (Art. 11 Abs. 3 Buchst. a der VO Nr. 883/2004).

24

b) Hinsichtlich der nach Art. 68 der VO Nr. 883/2004 weiter zu prüfenden Frage, ob es für die beiden Kinder des Klägers aufgrund eines Leistungsanspruchs in Großbritannien zu einem Zusammentreffen von Leistungen für denselben Zeitraum kommt, hat das FG jedoch zu Unrecht nicht auf eine Entscheidung der zuständigen Behörde in Großbritannien abgestellt.

25

Anders als im Falle der Anwendbarkeit der Konkurrenzregelung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (dazu Senatsurteile vom 13. Juni 2013 III R 63/11, BFHE 242, 34, BStBl II 2014, 711, Rz 17 ff., und vom 13. Juni 2013 III R 10/11, BFHE 241, 562, BStBl II 2014, 706, Rz 22 ff.) bedarf es im Anwendungsbereich des Art. 68 der VO Nr. 883/2004 regelmäßig keiner eigenen Feststellungen des FG zum Inhalt des ausländischen Rechts. Denn insoweit ist vorrangig das auf dem Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten basierende Koordinierungsverfahren (dazu insbesondere Art. 60 Abs. 3 der VO Nr. 883/2004 und Art. 59 f. der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABlEU 2009 Nr. L 284, S. 1) in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung --VO Nr. 987/2009 (Durchführungsverordnung)--) zwischen den jeweils zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten durchzuführen (im Einzelnen Senatsurteil vom 26. Juli 2017 III R 18/16, BFHE 259, 98, BStBl II 2017, 1237, Rz 18 ff.). Dies bedeutet, dass mittels eines Auskunftsersuchens gegenüber der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats Großbritannien zu klären ist, ob und in welchem Umfang dort ein Anspruch auf Familienleistungen für die Kinder des Klägers bestand. Dabei wäre auch einer rechtlichen Bewertung der zuständigen ausländischen Stelle über das Verhältnis zwischen der Besteuerung der Familienleistung ("Higher Income Child Benefit Charge ...") und dem Anspruch auf die Familienleistung ("... has no effect on UK Child Benefit Entitlement"), wie sie in dem von der Familienkasse im Revisionsverfahren vorgelegten Schreiben des HM Revenue & Customs vom 20. Februar 2013 zum Ausdruck kommt, zu folgen.

26

c) Ergibt sich danach ein konkurrierender Anspruch auf Familienleistungen in Großbritannien, ist dieser Anspruch --wovon auch das FG ausgegangen ist-- nach Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 883/2004 vorrangig. Besteht hingegen kein konkurrierender Anspruch in Großbritannien, ist Deutschland als allein zuständiger Mitgliedstaat zur Zahlung von Kindergeld in Höhe der vollen in § 66 Abs. 1 EStG vorgesehenen Beträge verpflichtet.

27

d) Besteht ein vorrangiger Anspruch in Großbritannien, würde dieser im Streitfall nach Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 883/2004 auch einen Anspruch auf die Zahlung eines Unterschiedsbetrags in Deutschland ausschließen.

28

aa) Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 883/2004 werden die Familienleistungen bei Zusammentreffen von Ansprüchen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren (Art. 68 Abs. 2 Satz 2 der VO Nr. 883/2004). Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird (Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 883/2004).

29

bb) Im Streitfall wären die Voraussetzungen des Art. 68 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 883/2004 erfüllt; insoweit schließt sich der Senat der Rechtsprechung mehrerer Finanzgerichte an (Niedersächsisches FG, Urteil vom 15. Dezember 2011  3 K 154/11, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1071, Rz 29; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Mai 2012  12 K 12134/11, juris, Rz 20; FG Köln, Urteil vom 30. Januar 2013  15 K 3230/11, EFG 2013, 795, Rz 24; Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 21. Juni 2017  5 K 179/16, juris, Rz 38). Denn die Kinder wohnen in dem anderen (vorrangigen) Mitgliedstaat Großbritannien. Zudem wird der (nachrangige) Leistungsanspruch in Deutschland durch den Wohnort ausgelöst.

30

Letzterem steht nicht entgegen, dass die Anspruchsberechtigung nicht auf § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sondern auf § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG gestützt wird. Denn zum einen ersetzt die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG in nationalrechtlicher Hinsicht nur das Kriterium des Wohnsitzes, an dem sich die grundsätzliche Ausrichtung der Kindergeldberechtigung nach dem Territorialitätsprinzip widerspiegelt. Zum anderen unterscheidet auch das EU-Recht in Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 883/2004 nur zwischen den vier Anknüpfungspunkten Beschäftigung, selbständige Erwerbstätigkeit, Rente und Wohnsitz. Da der Kläger in Deutschland keiner Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit nachging und er auch keine Rente bezog, kommt auch in unionsrechtlicher Hinsicht nur eine Zuordnung zur Anspruchsauslösung durch den Wohnort in Betracht.

31

e) Soweit das FG einen Anspruch auf Kindergeld in voller Höhe daraus ableiten will, dass die Familienkasse eine Verpflichtung zur Weiterleitung des Antrags an die für Familienleistungen zuständige Behörde in Großbritannien verletzt hat, wäre Folgendes zu beachten:

32

aa) Art. 68 Abs. 3 der VO Nr. 883/2004 enthält eine Bestimmung für den Fall, dass nach Art. 67 der VO Nr. 883/2004 beim zuständigen Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften gelten, aber nach den Prioritätsregeln des Art. 68 Abs. 1 und 2 der VO Nr. 883/2004 des vorliegenden Artikels nachrangig sind, ein Antrag auf Familienleistungen gestellt wird. Danach leitet der nachrangig zuständige Träger den Antrag unverzüglich an den vorrangig zuständigen Träger des Mitgliedstaats weiter, teilt dies der betroffenen Person mit und zahlt unbeschadet der Bestimmungen der Durchführungsverordnung über die vorläufige Gewährung von Leistungen erforderlichenfalls den in Art. 68 Abs. 2 der VO Nr. 883/2004 genannten Unterschiedsbetrag. Der zuständige Träger des vorrangigen Mitgliedstaats bearbeitet den Antrag, als ob er direkt bei ihm gestellt worden wäre; der Tag der Einreichung des Antrags beim ersten Träger gilt als der Tag der Einreichung bei dem Träger, der vorrangig zuständig ist.

33

Näheres hinsichtlich des Verfahrens bei der Anwendung von Art. 68 der Grundverordnung enthält Art. 60 der Durchführungsverordnung. Danach werden die Familienleistungen bei dem zuständigen Träger beantragt (Art. 60 Abs. 1 Satz 1 der VO Nr. 987/2009). Der nach Art. 60 Abs. 1 der VO Nr. 987/2009 in Anspruch genommene Träger prüft den Antrag anhand der detaillierten Angaben des Antragstellers und berücksichtigt dabei die gesamten tatsächlichen und rechtlichen Umstände, die die familiäre Situation des Antragstellers ausmachen (Art. 60 Abs. 2 Satz 1 der VO Nr. 987/2009). Kommt dieser Träger zu dem Schluss, dass seine Rechtsvorschriften nach Art. 68 Abs. 1 und 2 der Grundverordnung prioritär anzuwenden sind, so zahlt er die Familienleistungen nach den von ihm angewandten Rechtsvorschriften (Art. 60 Abs. 2 Satz 2 der VO Nr. 987/2009). Ist dieser Träger der Meinung, dass aufgrund der Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats ein Anspruch auf einen Unterschiedsbetrag nach Art. 68 Abs. 2 der Grundverordnung bestehen könnte, so übermittelt er den Antrag unverzüglich dem zuständigen Träger des anderen Mitgliedstaats und informiert die betreffende Person; außerdem unterrichtet er den Träger des anderen Mitgliedstaats darüber, wie er über den Antrag entschieden hat und in welcher Höhe Familienleistungen gezahlt wurden (Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der VO Nr. 987/2009).

34

bb) Aus der Gesamtschau dieser Regelungen ergibt sich, dass die in Art. 68 Abs. 3 Buchst. a der VO Nr. 883/2004 bestimmte Verpflichtung des nachrangig zuständigen Trägers zur Weiterleitung des Antrags an den Träger des vorrangig zuständigen Mitgliedstaats auf den Fall ausgerichtet ist, dass der Anspruchsteller den Antrag nur beim nachrangig zuständigen Träger, nicht hingegen beim vorrangig zuständigen Träger gestellt hat. Hat der Anspruchsteller den Antrag beim nachrangig zuständigen Träger dagegen zu einem Zeitpunkt gestellt, zu dem er bereits einen Antrag beim vorrangig zuständigen Träger gestellt hat, bedarf es der Antragsweiterleitung weder im Hinblick darauf, dass dem vorrangig zuständigen Träger die Antragsbearbeitung ermöglicht wird, noch im Hinblick darauf, dass ein Antragseingang beim vorrangig zuständigen Träger und der Eingangszeitpunkt gemäß Art. 68 Abs. 3 Buchst. b der VO Nr. 883/2004 fingiert werden. Denn der Zweck der Regelung über die Antragsweiterleitung durch den nachrangigen Träger besteht darin, den Antragsteller davor zu bewahren, dass ihm durch die Antragstellung bei der nur nachrangig zuständigen Stelle und durch die sich aus der Weiterleitung ergebende zeitliche Verzögerung des Antragseingangs bei der vorrangig zuständigen Behörde materielle Nachteile entstehen. Das Koordinierungsverfahren erfordert in dieser Konstellation vielmehr nur für den Fall eines möglichen Differenzanspruchs eine Mitteilung des vorrangig zuständigen Trägers an den nachrangigen Träger, wie er über den Antrag entschieden hat und in welcher Höhe Familienleistungen gezahlt wurden (Art. 60 Abs. 2 Satz 3 der VO Nr. 987/2009).

35

cc) Nichts anderes ergibt sich in diesem Zusammenhang aus der vom FG herangezogenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des BFH. Der EuGH hat zwar im Urteil Schwemmer vom 14. Oktober 2010 C-16/09 (EU:C:2010:605, Rz 52) entschieden, dass eine Kumulierung von Ansprüchen auf Familienleistungen nicht schon dann vorliegt, wenn derartige Leistungen in dem Mitgliedstaat, in dem das Kind wohnt, geschuldet werden und zugleich in einem anderen Mitgliedstaat, in dem ein Elternteil dieses Kindes arbeitet, lediglich geschuldet werden können. Er begründete dies damit, dass Familienleistungen nur dann als nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats geschuldet gelten können, wenn das Recht dieses Staats dem Familienangehörigen, der dort arbeitet, einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen verleiht. Der Betroffene muss folglich alle in den internen Rechtsvorschriften dieses Staats aufgestellten --formellen und materiellen-- Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, zu denen gegebenenfalls auch die Voraussetzung gehören kann, dass ein Antrag auf Gewährung dieser Leistungen gestellt wird (EuGH-Urteil Schwemmer, EU:C:2010:605, Rz 53).

36

Zum einen betraf diese Entscheidung aber nicht den Fall, dass der Antragsteller in beiden Mitgliedstaaten einen Antrag auf Familienleistungen gestellt hat. Zum anderen erging diese Entscheidung noch zur Regelung des Art. 10 der VO (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der VO (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern. Im zeitlichen Anwendungsbereich dieser Regelung galt aber noch nicht eine Regelung wie die des Art. 68 Abs. 3 Buchst. b der VO Nr. 883/2004, die dazu führt, dass ohnehin bereits die Antragstellung in einem Mitgliedstaat die entsprechende formelle Anspruchsvoraussetzung im anderen Mitgliedstaat wahrt. Entsprechendes gilt für den Hinweis des BFH in den Urteilen vom 5. September 2013 XI R 52/10 (BFH/NV 2014, 33, Rz 43) und vom 18. Juli 2013 III R 51/09 (BFHE 242, 222, BStBl II 2016, 947, Rz 24). Soweit der EuGH im Urteil Trapkowski vom 22. Oktober 2015 C-378/14 (EU:C:2015:720, Rz 32) ebenfalls auf diese Aussage aus dem Urteil Schwemmer Bezug nimmt, betraf dies hingegen --wie sich aus dem Vorlagebeschluss des Senats vom 8. Mai 2014 III R 17/13 (BFHE 245, 522, BStBl II 2015, 329, Rz 1) ergibt-- nicht den Fall einer fehlenden formellen, sondern den Fall einer --in Form der Überschreitung der Einkommensgrenze-- fehlenden materiellen Voraussetzung des Anspruchs auf Familienleistungen.

37

dd) Übertragen auf die Verhältnisse des Streitfalls bedeutet dies, dass die deutsche Familienkasse nicht zu einer Antragsweiterleitung an die Familienkasse in Großbritannien verpflichtet ist, wenn sie davon ausgehen kann, dass bereits ein Antrag auf Familienleistungen im vorrangig zuständigen Mitgliedstaat gestellt wurde. Hierfür könnten nach Aktenlage die entsprechenden Angaben des Klägers zum Vorliegen eines Verfahrens auf Gewährung von Familienleistungen in Großbritannien in den Kindergeldanträgen vom 25. August 2011 und 6. März 2012, das Schreiben der HM Revenue vom 5. Dezember 2012 und die Angaben des Klägers im Fragebogen vom 2. Mai 2013 sprechen.

38

ee) Im Übrigen könnte sich der Senat auch nicht der Auffassung anschließen, dass die Verletzung einer Verfahrensvorschrift zur Begründung eines materiellen Anspruchs führen kann. Denn dies liefe auf die Anerkennung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs hinaus, dessen Geltung der Senat für das Kindergeldrecht nach den §§ 62 ff. EStG in ständiger Rechtsprechung abgelehnt hat (Senatsurteil vom 9. Februar 2012 III R 68/10, BFHE 236, 421, BStBl II 2012, 686, Rz 14 f., m.w.N.).

39

3. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Urteil, 22. Feb. 2018 - III R 10/17

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Finanzgericht Nürnberg Urteil, 19. März 2019 - 6 K 508/18

bei uns veröffentlicht am 19.03.2019

Tenor 1. Der Bescheid vom 05.12.2017 und die Einspruchsentscheidung vom 19.03.2018 werden aufgehoben. 2. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. 3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird

Finanzgericht Nürnberg Urteil, 21. März 2019 - 6 K 1373/18

bei uns veröffentlicht am 21.03.2019

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Tatbestand Streitig ist, ob die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung von Kindergeld rechtmä

Finanzgericht Nürnberg Urteil, 08. Mai 2019 - 3 K 193/19

bei uns veröffentlicht am 08.05.2019

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. 3. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand Streitig ist die Festsetzung von Kindergeld für das Kind K für

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Tenor

1. Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 28.02.2014 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 13.11.2014 wird die Familienkasse verpflichtet, dem Kläger Kindergeld für seine beiden Kinder im Zeitraum Januar 2013 bis November 2014 in voller gesetzlicher Höhe und damit i.H.v. zusätzlich 174,92 € monatlich zu bewilligen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der zu erstattenden Aufwendungen des Klägers vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Aufwendungen des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, in welcher Höhe der Kläger Anspruch auf Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) für seine Kinder C und D im Zeitraum Januar 2013 bis November 2014 hat.

Der Kläger und seine Ehefrau sind Eltern von C (geb. ...2001) und D (geb. ...2003).

Er ist seit 2006 als Arzt bei der … in England tätig und lebt seitdem mit seiner Familie schwerpunktmäßig in England.

Aus Vermerken der Familienkasse 1 ist ersichtlich, dass nach Feststellungen der Familienkasse im Frühjahr 2012 der Kläger in 2 (BRD) gemeldet war. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt Eigentümer und Vermieter des Hauses und hielt sich vornehmlich in den Schulferien – teilweise mit seiner Familie – auch dort auf.

Laut Bescheinigung des Finanzamts 1 vom 12.04.2012 gilt er nach § 1 Abs. 3 EStG ab dem Jahr 2011 antragsgemäß als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

Der Kläger bezog mit Zustimmung seiner Ehefrau zunächst von der Familienkasse 1 laufend Kindergeld für seine beiden Kinder in Höhe von monatlich 193,08 €. Laut Bescheid der Familienkasse 1 vom 17.04.2012 errechnete sich der Betrag ab Januar 2011 aus dem Anspruch in Deutschland (2 x 184 € für beide Kinder monatlich) unter Anrechnung des Anspruchs auf Familienleistungen in England (umgerechnet 174,92 € monatlich). Der Bescheid erging nach § 165 AO vorläufig.

Am 12.02.2013 reichte der Kläger noch bei der Familienkasse 1 eine Bescheinigung der Child Benefit Office in 3, England vom 05.12.2012 ein, aus der hervorgeht, dass dort die Auszahlung des Child Benefit ab 07. Januar 2013 eingestellt würde. Mit Schreiben vom 02.05.2013 (Eingang 07.05.2013) reichte er dann einen Kindergeldantrag für seine beiden Kinder ein und wies darauf hin, dass aufgrund einer Gesetzesänderung in England Erwerbstätige, die über ein Jahreseinkommen von über 60.000 Pfund verfügten, kein Kindergeld mehr erhielten.

Mit Wechsel der Zuständigkeit zur beklagten Familienkasse stellte die Familienkasse 1 die Zahlung des Kindergeldes ab April 2013 zunächst gänzlich ein.

Mit Schreiben vom 07.08.2013 teilte die beklagte Familienkasse dann mit, dass ab Mai 2013 weiterhin Kindergeld in der bisherigen Höhe ausgezahlt werde und wies darauf hin, dass nach ihrer Auffassung der Anspruch auf Kindergeld in England weiterhin dem Grundsatz nach bestehe. Von der Gesetzänderung betroffene Gutverdiener könnten wählen, ob sie zunächst Kindergeld beziehen würden und dann entsprechende Steuern darauf zahlen müssen oder – wie der Kläger – auf die Leistung verzichteten.

Mit Bescheid vom 28.02.2014 lehnte die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld ab Januar 2013 in voller Höhe ab, da ein Anspruch auf Kindergeld in England dem Grund nach gegeben sei.

Gegen diese Ablehnung legte der Kläger Einspruch ein und begründete diesen damit, dass er in England kein Kindergeld mehr bezöge. Nach der Gesetzesänderung in England würde in Anbetracht des Einkommens des Klägers bezogenes Kindergeld in voller Höhe zurückgezahlt werden müssen. Nur aus diesem Grund hätte der Kläger auf die Auszahlung des Child Benefit in England verzichtet. Nach Auffassung des Klägers stehe ihm daher in Deutschland das volle Kindergeld zu. Er kenne vergleichbare Konstellationen, in denen Betroffene – bei Antragstellung durch die Mutter (als Hausfrau und in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig) in Deutschland das volle Kindergeld erhielten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13.11.2014 hat die beklagte Familienkasse den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Sie führt zur Begründung aus, dass im Streitfall zwar der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen für einen Kindergeldanspruch in Deutschland nach § 62 Abs. 1 EStG erfülle. Er habe jedoch auch einen Kindergeldanspruch in Großbritannien. Diese Konkurrenzsituation sei durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (VO) und der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung Nr. 987/2009 (DVO) zu lösen.

Im Streitfall ergebe sich durch die Ausübung der Tätigkeit als Arbeitnehmer in England und den Wohnort der Kinder nach Art. 68 Abs. 1a) und b) VO, dass England vorrangig für die Gewährung von Familienleistungen zuständig sei. In diesen Fällen werde der deutsche Anspruch in Höhe der ausländischen Leistung ausgesetzt. Es bestehe nur ein Anspruch auf Differenzkindergeld.

Ein Verzicht auf Familienleistungen habe für die Frage von Anspruchskonkurrenzen grundsätzlich keine Bedeutung, da sonst eine Umgehung der Vorschriften möglich sei.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 15.12.2014 Klage erhoben.

Der Prozessbevollmächtigte beantragt, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 28.02.2014 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 13.11.2014 die Familienkasse zu verpflichten, dem Kläger Kindergeld für seine beiden Kinder im Zeitraum Januar 2013 bis November 2014 in voller gesetzlicher Höhe und damit i.H.v. zusätzlich 174,92 € monatlich zu bewilligen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen vorgetragen, dass in England seit Januar 2013 eine Gesetzesänderung in Kraft getreten sei. Zwar stünde dem Kläger für seine Kinder grundsätzlich weiter Kindergeld zu. Für Besserverdienende gelte aber nunmehr, dass bei einem Verdienst von mehr als 50.000 englische Pfund im Jahr das Kindergeld anteilig und bei einem Verdienst von mehr als 60.000 englische Pfund im Jahr das Kindergeld gänzlich mit der Steuererklärung zurückzuzahlen sei. Da der Kläger aufgrund seines Jahresgehaltes laut Arbeitsvertrag in Höhe von mindestens 69.991 englische Pfund das Kindergeld ohnehin zurückzahlen müsse, habe er aus verwaltungsökonomischen Gründen bereits auf die Auszahlung verzichtet. Über die gesetzliche Änderung und die entsprechenden Verfahrensweisen sei er durch die zuständige Behörde „HM Revenue & Customs“ mit Schreiben vom 02.11.2012 informiert worden und habe sich entsprechend verhalten. Eine etwaige Umgehung rechtlicher Bestimmungen sei damit nicht verbunden.

Der Kläger erfülle die Anspruchsvoraussetzungen nach dem EStG; für die von der beklagten Familienkasse vorgenommene Kürzung fehle es insoweit an einer Rechtsgrundlage; insbesondere sei der von der Familienkasse genannte § 65 Abs. 2 EStG nicht einschlägig.

Auch der Rückgriff auf die europäischen Regelungen vermöge die Handhabung der Familienkasse nicht zu stützen. Auch wenn der Kläger vorrangig in England einen Kindergeldanspruch geltend machen müsse, könne nicht unbeachtet bleiben, dass er im Ergebnis kein Geld bleibend beanspruchen könne. Dies sei entscheidend und alles andere Förmelei.

Die beklagte Familienkasse beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen. Weiter wird ausgeführt, dass der Kläger in Großbritannien eine Beschäftigung ausübe und seine Kinder dort lebten. Damit sei der Kindergeldanspruch in Großbritannien vorrangig. Der nachrangige Anspruch des Klägers in Deutschland ruhe nach Art. 68 Abs. 2 Satz 2 der VO (EG) 883/2004 bis zur Höhe der Leistungen, die nach den Rechtsvorschriften des anderen Mitgliedstaates vorgesehen seien. Da der Kindergeldanspruch in Großbritannien dem Grunde nach gegeben sei, erfolge die Anrechnung zu Recht.

Bei den Familienkassen bestehe zur Behandlung dieser Fälle eine entsprechende Weisungslage.

Hinsichtlich des weitergehenden Kindergeldanspruchs für Folgezeiträume werde entsprechend des richterlichen Hinweises auf die BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 22.12.2011 III R 41/07) die Antragstellung für Folgezeiträume vorgemerkt.

Die Berichterstatterin hat den Beteiligten den Hinweis erteilt, dass entscheidend im Streitfall möglicherweise nicht die „Verzichtserklärung“ des Klägers ist, sondern die Frage der gegebenenfalls erfolgende „Abschöpfung“ aufgrund zu hoher Einkünfte. Die Einkünfte des Klägers müssten gegebenenfalls nachgewiesen werden.

Dem Gericht wurden durch die Familienkasse die „Social Security Contributiones and Benefits Act“, die die gesetzlichen Bestimmungen zum Child Benefit enthalten, und der „Finance Akt 2012“, der die Regelungen zum „High income child benefit charge“ enthält, vorgelegt.

Die zuständige Behörde in Großbritannien hat Kindergeldleistungen nur bis 12/2012 bescheinigt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen, den dem Gericht vorgelegten Ausdruck der elektronisch geführten Kindergeldakte und die Sitzungsniederschrift vom 15.02.2017 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Dem Kläger steht für den streitigen Zeitraum Kindergeld nach dem EStG für seine beiden Kinder in voller Höhe zu.

1. Streitzeitraum sind entsprechend dem zuletzt präzisierten Antrag des Klägervertreters die Monate Januar 2013 bis November 2014 (Monat der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung; vgl. Urteil des BFH vom 25.09.2014 III R 36/12, BStBl II 2015, 286). Soweit der Kläger mit Klageerhebung zunächst ein Begehren für weitere – dem Klagezeitraum nachfolgende – Zeiträume zum Ausdruck gebracht hat, liegt hierin lediglich ein außerhalb des Klageverfahrens gestellter Antrag an die Familienkasse (vgl. Urteil des BFH vom 22.12.2011 III R 41/07, BStBl II 2012, 681), der dort entsprechend vorgemerkt wurde.

2. Der Kläger ist im Streitfall nach Überzeugung des Senats zum ungekürzten Kindergeldbezug berechtigt. Eine Anrechnung englischen Kindergeldes kommt aus unionsrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Der Senat schließt sich insoweit dem überzeugend begründeten Urteil des Finanzgerichts Münster vom 05.08.2016 (4 K 3115/14 Kg, juris-Datenbank; rkr.) an und hält die Grundsätze der Entscheidung auch auf Streitfall für anwendbar.

a) Der Kläger erfüllt im Streitzeitraum die nationalrechtlichen Anforderungen an die Gewährung von Kindergeld.

Der Kläger ist – wie zwischen den Beteiligten unstreitig – aufgrund der ausdrücklich fortgeltenden Bescheinigung des Finanzamts 1 ab dem Veranlagungszeitraum 2011 nach § 1 Abs. 3 EStG in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Als deutscher Staatsangehöriger ist er daher ohne Einschränkungen nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 b) EStG grundsätzlich kindergeldberechtigt. Da seine Kinder minderjährig sind und im EU-Ausland leben (§ 63 Abs. 1 EStG) sind diese auch berücksichtigungsfähig.

Der Kläger und seine Ehefrau leben in einem gemeinsamen Haushalt mit den Kindern; die Ehefrau hat der Auszahlung des Kindergeldes an den Kläger zugestimmt (§ 64 Abs. 2 Satz 2 EStG).

b) Es handelt sich im Streitfall um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt mit Unionsbezug, der zur Anwendung der VO Nr. 883/2004 sowie der dazu ergangenen Durchführungsverordnung Nr. 987/2009 führt. Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO Nr. 883/2004) i.V.m. Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.09.2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO Nr. 987/2009) ist seit Mai 2010 anwendbar (vgl. Art. 91 Abs. 2 VO Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 97 Abs. 1 Satz 2 VO Nr. 987/2009) und gilt damit im Streitzeitraum.

Der Kläger fällt als deutscher Staatsbürger gemäß Art. 2 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 in deren persönlichen Anwendungsbereich. Ebenso ist der sachliche Anwendungsbereich der VO eröffnet; das Kindergeld ist eine Familienleistung i. S. von Art. 1 Buchst. z, Art. 3 Abs. 1 Buchst. j der VO Nr. 883/2004.

Nach Art. 11 Abs. 3 Ziffer a) der VO 883/2004 unterliegt der Kläger aufgrund seiner Beschäftigung in England den dortigen Rechtsvorschriften.

d) Nach den englischen Rechtsvorschriften ergibt sich, dass auch dort Familienleistungen für Kinder vorgesehen sind, das sogenannte „Child Benefit“ (vgl. Part IX des SOCIAL.SECURITY.CONTRIBITIONES AND BENEFITS ACT 1992, von der Familienkasse vorgelegt). Die in England vorgesehenen Leistungen kann im Grundsatz auch der Kläger in Anspruch nehmen (und hat diese bis Dezember 2012 auch bezogen), wie sich ergänzend auch aus der Mitteilung des HM Revenue Customs zum Child Benefit vom 05.12.2012 ergibt. Dies ist auch im Grundsatz zwischen den Beteiligten unstreitig.

Da im Streitfall für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedsstaaten zu gewähren sind, gilt Art. 68 Abs. 1 der VO 883/2004, der die Priorität der Ansprüche, deren (teilweise) Aussetzung unddas Verfahren regelt. Diese Vorschrift ist an die Stelle des zuvor geltenden Art. 76 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71) sowie Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21.03.1972 über die Durchführung der VO (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 574/72) getreten.

Nach dieser Vorschrift ist Großbritannien aufgrund der nur dort ausgeübten Erwerbstätigkeit und dem Wohnort (insbesondere der Kinder) der vorrangig zuständige Staat, der ohne weiteres uneingeschränkt Kindergeld zu gewähren hat (Art. 60 Abs. 2 der VO Nr. 987/2009; vgl. auch DA 214.2 Abs. 4, 214.5).

Nach Art. 68 Abs. 2 der VO Nr. 883/2004 ist grundsätzlich vorgesehen, dass vom nachrangig zuständigen Staat (hier Deutschland) die Ansprüche auf Familienleistungen ausgesetzt werden und zwar bis zur Höhe der vom vorrangig zuständigen Staatvorgesehenen Leistungen. In diesen Fällen ist verfahrensrechtlich nach Art. 68 Abs. 3 der VO Nr. 883/2004 weiter vorgesehen, dass der nachrangige Staat bei Antragstellung bei ihm, den Antrag unverzüglich an den vorrangig zuständigen Träger zur dortigen Prüfung zuleitet und vorläufig (nur) den Unterschiedsbetrag leistet.

So lange dieser unionsrechtlich vorgesehene Ablauf nicht eingehalten wird, besteht in Deutschland der volle Kindergeldanspruch. Eine Anrechnung nur fiktiv beziehbaren aber tatsächlich nicht bezogenen Kindergeldes kommt nach Auffassung des Senats dann nicht in Betracht (so auch überzeugend FG Münster, Urteil vom 05.08.2016 4 K 3115/14 Kg, juris-Datenbank).

e) So hat der EuGH zum Art. 68 Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 im Urteil vom 22.10.2015 C-378/14 „Trapkowski“, Rn. 32 (ECLI:EU:C:2015:720, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2015, 1501) - unter Verweis auf sein Urteil vom 14.10.2010 C-16/09 „Schwemmer“, Rn. 52 (ECLI:EU:C:2010:605, Slg. 2010, I-9717-9762), - darauf hingewiesen, dass es nach seiner ständigen Rechtsprechung für die Annahme, dass in einem bestimmten Fall eine Kumulierung vorliegt, nicht genügt, dass Leistungen in dem Mitgliedstaat, in dem das betreffende Kind wohnt, geschuldet werden und zugleich in einem anderen Mitgliedstaat, in dem ein Elternteil dieses Kindes arbeitet, lediglich potenziell gezahlt werden können (ähnlich auch FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.10.2013 3 K 3137/12, EFG 2014, 214). Diesen Gedanken hat der BFH unter Geltung der VO Nr. 1408/71 auch dann für anwendbar gehalten, wenn die Kumulation in der Person desselben Steuerpflichtigen vorliegt (vgl. BFH-Urteile vom 05.09.2013 XI R 52/10, BFH/NV 2014, 33; vom 18.07.2013 III R 51/09, BFHE 242, 222). Dem Finanzgericht Münster ist nach Auffassung des Senats darin zu folgen, dass kein Grund dafür ersichtlich ist, dass es sich nach neuer Unionsrechtslage anders verhalten könnte. Der Wortlaut des Art. 68 Abs. 1 Hs. 1 der VO Nr. 883/2004 erfasst ohne weiteres auch die Kollision der Ansprüche in einer Person.

Zwar könnten die Formulierung des Art. 68 Abs. 2, Abs. 3 a) der VO 883/2004 zunächst nahelegen, dass der nachrangig zuständige Staat unabhängig von der tatsächlichen Gewährung von Kindergeld im Ausland lediglich Differenzkindergeld zu zahlen hat. Die Regelung ist nach Auffassung des Senats jedoch im Kontext des verordnungsmäßigen Regelablaufs der Art. 68 Abs. 2, 3 VO Nr. 883/2004 zu sehen. Der nach seiner Auffassung nachrangige Staat hat für den Fall, dass er nur Differenzkindergeld gewähren will, auf Grundlage der Verordnung den Vorgang an den vorrangig zuständigen Staat weiter zu leiten, damit dieser den dortigen Kindergeldanspruch aufgrund der zeitlichen Fiktionswirkung (Art. 68 Abs. 3 b der VO 883/2004) prüfen kann und gegebenenfalls dann Kindergeld nach seinen Rechtsvorschriften gewährt (so auch zutreffend Urteil des Finanzgerichts Münster vom 05.08.2016 4 K 3115/14 KG, aaO). Dieser Ablauf entspricht im Übrigen auch der Durchführungsanweisung zum über- und zwischenstaatlichen Recht der Familienkassen (DA-üzV), die unter Ziffer 214.821 im Ablaufschema 2 (nachrangige Zuständigkeit Deutschlands) im zeitlichen Ablauf vor der - im Übrigen nur nach § 165 Abs. 1 AO vorläufigen - Festsetzung des Differenzkindergeldes die Weiterleitung des Antrags an den anderen Mitgliedstaat vorsieht.

Der Art. 68 Abs. 3 der VO Nr. 883/2004 verlagert die Prüfung, ob im vorrangigen Staat Kindergeld zu leisten ist (anders als § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, vgl. Urteil des BFH vom 13.06.2013 III R 63/11, BStBl II 2014, 711), zunächst in diesen zuständigen Staat. So formuliert auch der EuGH in seiner Entscheidung vom 22.10.2015 C-378 „Trapkowski“, Rn. 40 (aaO) entsprechend, dass es der zuständigen nationalen Behörde obliege, den Kindergeldanspruch nach nationalem Recht zu prüfen. Will die zuständige Familienkasse in Deutschland nur Differenzkindergeld gewähren, weil sie zu der Rechtauffassung gelangt ist, dass sie nur nachrangig zuständig ist und dass nach den Rechtsvorschriften des vorrangigen Mitgliedstaates dort ein Kindergeldanspruch besteht, hat sie nach der unionsrechtlichen Vorschrift das ihrerseits Erforderliche zu tun, damit im vorrangig zuständigen Staat die dortige Leistung zur Auszahlung gelangt.

f) Die hier vertretene Ansicht des Senats widerspricht auch nicht der neueren Rechtsprechung des BFH zu der Konstellation, dass der andere Elternteil oder ein Großelternteil in einem anderen EU-Land in einem anderen Haushalt mit dem Kind lebt und keinen Kindergeldantrag gestellt hat (vgl. BFH-Urteile vom 10.03.2016 III R 66/13 und 62/12; vom 28.04.2016 III R 50/12, BFH/NV 2016, 1471 m.w.N.). In diesen Fallgestaltungen ist aufgrund der unionsrechtlichen Fiktion ein vorrangiger Anspruch der haushaltsaufnehmenden (weiteren) Person in Deutschland aufgrund der nationalen Vorschriften gegeben. Nur für diese Fallgestaltung ergibt sich aus den Entscheidungen (so auch der EuGH im Urteil vom 22. Oktober 2015 C-378/14 „Trapkowski“, aaO), dass alleine die fehlende Antragstellung des Anspruchsinhabers im Inland nicht dazu führt, dass ein Kindergeldanspruch des weiteren Elternteiles in Deutschland begründet werden kann.

Letztlich verweist der BFH in seinen Entscheidung jedoch auch auf die Einhaltung der unionsrechtlichen Verfahrensvorschriften, in dem er z.B. in dem Urteil vom 28.04.2016 (III R 68/13, BStBl II 2016, 776) ausführt:

„Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr (hier: ggf. die Kindsmutter, sofern nicht bereits ein in Spanien gestellter Antrag zu berücksichtigen wäre), berücksichtigt nach Art. 60 Abs. 1 Satz 3 der VO Nr. 987/2009 der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind (hier: Deutschland), einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem “anderen Elternteil„gestellt wird.“

Naturgemäß setzt jedoch die Berücksichtigung von Anträgen regelmäßig voraus, dass Kenntnis von der Antragstellung erlangt wird.

3. Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze kommt der Senat für den Streitfall zu dem Ergebnis, dass dem Kläger für den Klagezeitraum das deutsche Kindergeld in voller Höhe zustand. Der Kläger hat aufgrund des in England verfahrensrechtlich vorgesehenen Verzichts auf die Auszahlung des Kindergeldes dort zuletzt im Dezember 2012 Kindergeld bezogen und im Klagezeitraum dann nicht mehr.

Nach Auffassung des Senats ist der im Streitfall erklärte Verzicht einer fehlenden Antragstellung gleichzustellen. Sowohl aus der Bescheinigung der zuständigen Behörde in England (HM Revenue & Customs) vom 05.12.2012 wie auch aus den englischen Rechtsvorschriften (Finance Act 2012, Chapter 2, 8 High income child benefit charge, „13A Election not to receive child benefit“ Nrn. (5) und (7)) ergibt sich, dass der erklärte Verzicht grundsätzlich widerrufbar ist. Entsprechend Nr. (7) ist dies wohl auch noch bis zu zwei Jahre nach Ablauf des Steuerjahres möglich. Über die Frage, ob dem Kläger aufgrund eines erneuten Antrags wieder Kindergeld im Streitzeitraum auszuzahlen gewesen wäre, ihm dieses aus verfahrensrechtlichen oder materiell rechtlichen Gründen (Überschreiten der Einkunftsgrenze?) nach englischem Recht letztlich zu versagen gewesen wäre, hat grundsätzlich zunächst die zuständige Behörde in England zu entscheiden. Diese konnte im Streitfall jedoch nicht tätig werden, da die Familienkasse in Deutschland unter Verletzung der unionsrechtlichen Verfahrensvorschriften den im Inland gestellten Antrag auf Kindergeld nicht an die zuständige Behörde im Mitgliedstaat England weitergeleitet hat.

Dem Kläger kann – insbesondere vor dem Hintergrund des verordnungswidrigen Verhaltens der Familienkasse – dabei nicht entgegengehalten werden, er habe sich seinerseits verfahrensfehlerhaft oder rechtsmissbräuchlich verhalten. Wie sich aus dem Vortrag des Klägers und den vorgelegten Unterlagen ergibt, hat er den Verzicht auf die Auszahlung des Kindergeld erklärt, weil er nach seiner Prognoseeinschätzung zu dem Ergebnis gelangte, dass ihm letztlich das Kindergeld in England nicht dauerhaft verbleiben werde und er sich und der englischen Behörde Verwaltungsaufwand ersparen wollte. Im Ergebnis hat er sich durch sein Verhalten auch keine Besserstellung verschaffen wollen, da er lediglich die Kindergeldzahlung in Anspruch nehmen wollte, die ihm nach seiner Auffassung nach deutschem Recht zustand. Ob seine Prognoseentscheidung zutreffend war, kann in Anbetracht der Verletzung der unionsrechtlichen Verfahrensvorschriften (und der darauf möglicherweise beruhenden fehlenden Kindergeldzahlung in England) durch die Familienkasse im Streitfall offen bleiben und ist in Anbetracht der komplexen Ermittlung nach der „High income child benefit charge“ nicht ohne weiteres zu beantworten. Maßgeblich ist nach den entsprechenden Regelungen (Finance Act 2012, Chapter 2, 8 High income child benefit charge, 681H Nr. (2)) nämlich weder das Bruttoeinkommen („salary“) noch das Nettoeinkommen (net income) sondern das: „Adjusted net income“ of a person for a tax year means the person’s adjusted net income for that tax year as determined under section 58 of ITA 2007“. Entsprechend der Seite www. legislation.gov.uk/ukpga/2007/section/58 ergibt sich diese maßgebliche Einkunftsgrenze wieder ausgehend vom Nettoeinkommen unter Berücksichtigung verschiedener Zu- und Abrechnungen, so dass insoweit auch der Steuerbescheid alleine nicht aussagekräftig sein dürfte.

Im Übrigen weist der Senat darauf hin – ohne dass es in Bezug auf den Streitfall entscheidungserheblich wäre –, dass er die rechtliche Wertung der Familienkasse nicht teilt, wonach alleine aufgrund des beziehbaren (oder bezogenen) Child Benefit der deutsche Kindergeldanspruch dauerhaft in Höhe des Differenzbetrages ausgesetzt bleibt. Nach Auffassung des Senats ergibt sich bereits aus der in Art. 68 Abs. 2 VO 883/2004 gewählten Formulierung, dass die Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriftenvorgesehenen Betrages ausgesetzt werden, dass der nachrangige Anspruch auf Familienleistungen nur insoweit und auch so lange suspendiert wird, als die Familienleistungen auch die Lasten der Familie tatsächlich ausgleichen. Gewährt ein Mitgliedsstaat, wie im Streitfall England, eine solche Familienleistung nur in Form eines „Vorschusses“ und wird diese Leistung bei Überschreitung gewisser Einkunftsgrenzen durch behördliche Entscheidung wieder ganz oder teilweise entzogen, so wird die (Differenz-) Kindergeldfestsetzung in Deutschland nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2. AO entsprechend anzupassen sein. Letztlich erschließt sich dem Senat nicht, dass insoweit die Regelungen z.B. für Polen und für England im Ergebnis unterschiedlich behandelt werden sollen. Nach den polnischen Vorschriften wird ausgehend von Einkünften in vorangegangenen Zeiträumen aufgrund einer Prognoseentscheidung bei Überschreiten einer Einkunftsgrenze der Anspruch auf Kindergeld verneint. Demgegenüber wird in England zunächst ein Anspruch bejaht und, wenn der Berechtigte nicht darauf verzichtet, entsprechende Leistungen ausgezahlt; diese Leistungen werden dann aber bei Überschreiten einer Einkunftsgrenze über die Regelung der High income child benefit charge wieder „abgeschöpft“.

4. Sollte im Streitfall das unionsrechtlich vorgesehene Verfahren der Antragsweiterleitung - nachträglich - mit abweichendem Ergebnis später noch durchlaufen werden und in England für die streitigen Zeiträume noch Kindergeld gewährt werden, wäre in Deutschland eine nachträgliche Anrechnung auf der Grundlage von § 70 Abs. 2 EStG (zur rückwirkenden Änderung der Verhältnisse s. BFH-Urteil vom 28. November 2006 III R 6/06, BFHE 216, 138, BStBl II 2007, 717) oder § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nach Auffassung des Senats ohne weiteres möglich. Da nach Art. 68 Abs. 3 Buchst. b) der VO Nr. 883/2004 das Antragsdatum in Deutschland (spätestens 07.05.2013) auch als Antragsdatum für England gilt, kann die Familienkasse diesen Weg nach wie vor beschreiten.

In Anbetracht der gegebenen Änderungsmöglichkeiten für die Familienkasse im Falle einer etwaigen nachträglichen Kindergeldgewährung durch die englischen Behörden und auch aus verfahrensökonomischen Gründen hält es der Senat weder für geboten noch für zweckmäßig, das Klageverfahren nach § 74 FGO auszusetzen.

5. Im (sachlichen und persönlichen) Anwendungsbereich des Unionsrechts bleibt die Anwendung des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auch nach neuer Verordnungslage ausgeschlossen (vgl. BFH-Urteil vom 04.02.2016 III R 9/15, BFH/NV 2016, 1216), so dass im Streitfall eine Prüfung, ob nach englischem Recht letztlich ein Anspruch bestünde, unterbleibt.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

7. In Anbetracht der Tatsache, dass insbesondere zur Frage der Rechtsfolgen bei unterlassener Antragsweiterleitung in unionsrechtlichen Sachverhalten noch keine – über die Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 05.08.2016 (4 K 3115/14 Kg, aaO) – hinausgehende Rechtsprechung veröffentlicht ist, lässt der Senat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zu.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1) Für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, die nach § 1 Absatz 1 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder die nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind, gilt bei Anwendung von § 10 Absatz 1a und § 26 Absatz 1 Satz 1 Folgendes:

1.
Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1a sind auch dann als Sonderausgaben abziehbar, wenn der Empfänger der Leistung oder Zahlung nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Voraussetzung ist, dass
a)
der Empfänger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates hat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet und
b)
die Besteuerung der nach § 10 Absatz 1a zu berücksichtigenden Leistung oder Zahlung beim Empfänger durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird;
1a.
(weggefallen)
1b.
(weggefallen)
2.
der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland wird auf Antrag für die Anwendung des § 26 Absatz 1 Satz 1 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt.2Nummer 1 Satz 2 Buchstabe a gilt entsprechend.3Bei Anwendung des § 1 Absatz 3 Satz 2 ist auf die Einkünfte beider Ehegatten abzustellen und der Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 zu verdoppeln.

(2) Für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen im Sinne des § 1 Absatz 2, die die Voraussetzungen des § 1 Absatz 3 Satz 2 bis 5 erfüllen, und für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen im Sinne des § 1 Absatz 3, die die Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 erfüllen und an einem ausländischen Dienstort tätig sind, gilt die Regelung des Absatzes 1 Nummer 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass auf Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Staat des ausländischen Dienstortes abzustellen ist.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:

1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind,
2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
2Soweit es für die Anwendung von Vorschriften dieses Gesetzes auf den Erhalt von Kindergeld ankommt, stehen die Leistungen nach Satz 1 dem Kindergeld gleich.3Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er im Inland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nummer 2 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat.

(1) Das Kindergeld beträgt monatlich für jedes Kind 250 Euro.

(2) Das Kindergeld wird monatlich vom Beginn des Monats an gezahlt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen.

(3) (weggefallen)

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1)1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil

1.
an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort
a)
die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden,
b)
andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder
c)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und
2.
am Festlandsockel, soweit dort
a)
dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder
b)
künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.

(2)1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deutsche Staatsangehörige, die

1.
im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und
2.
zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen,
sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkommensteuerpflichtig sind.2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.

(3)1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 nicht übersteigen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.4Unberücksichtigt bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte nach Satz 2 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden, soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind.5Weitere Voraussetzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.6Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen.

(4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.