Bundesfinanzhof Beschluss, 25. Aug. 2010 - X B 149/09

bei uns veröffentlicht am25.08.2010

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wendet sich gegen ein Urteil, mit dem das Finanzgericht (FG) die Weigerung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--), Säumniszuschläge zu erlassen, für rechtmäßig erachtet hat.

2

Die zu Grunde liegenden Steuerschulden waren beglichen worden, nachdem das FA einen Insolvenzantrag gestellt hatte, nach erstmaliger Darstellung des Klägers im finanzgerichtlichen Verfahren aus Mitteln der Eltern. Eine im Verwaltungsverfahren von dem FA angeforderte Geldverkehrsrechnung hatte der Kläger nicht vorgelegt. Die von dem Kläger angebotene Vorlage seiner Buchführungsordner hatte das FA abgelehnt.

3

Der Kläger macht geltend, eine Entscheidung sei zur Rechtsfortbildung notwendig, es liege eine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vor und es seien dem FG schließlich Verfahrensfehler in Gestalt der Verletzung rechtlichen Gehörs, namentlich durch unterbliebene Sachaufklärung sowie Übergehen eines Beweisantrages unterlaufen.

Entscheidungsgründe

4

II. Der Senat kann offenlassen, inwieweit die Beschwerde in allen Punkten den formellen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor, so dass die Beschwerde insgesamt unbegründet ist.

5

1. Es bedarf keiner Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Zwecke der Rechtsfortbildung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO. Da die Rechtsfortbildungsrevision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ein Spezialfall der Grundsatzrevision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist (vgl. BFH-Beschluss vom 19. April 2007 III B 36/06, BFH/NV 2007, 1518 sowie Senatsbeschluss vom 25. Juni 2008 X B 210/05, BFH/NV 2008, 1649), setzt sie wie diese die grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage voraus, an der es fehlt.

6

a) Der Kläger hat die Frage formuliert, ob Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ausschließlich mit Hilfe einer Geldverkehrsrechnung festzustellen seien, so dass Insolvenzanträge künftig stets die vorherige Erstellung einer Geldverkehrsrechnung voraussetzten.

7

Eine diesen Grundsätzen widersprechende allgemeine Aussage der Art, dass eine Geldverkehrsrechnung stets Voraussetzung für die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung im Rahmen der Abgabenordnung (AO) sei, hat das FG nicht aufgestellt. Das FG hat vielmehr dargelegt, dass sich mit einer Geldverkehrsrechnung durchaus zeigen lasse, ob jemand in einem bestimmten Zeitraum zahlungsunfähig gewesen sei oder nicht. Es hat damit lediglich die generelle Geeignetheit der Geldverkehrsrechnung bejaht, nicht aber die unbedingte Notwendigkeit für den Nachweis einer Zahlungsunfähigkeit. Im konkreten Fall hat es die seitens des FA gezogenen Schlüsse für ermessensfehlerfrei erachtet.

8

b) Der Kläger hat weiter vorgetragen, der Fortfall des sogenannten Fiskusprivilegs (des vormaligen Vorrangs gewisser Steuerforderungen nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 der Konkursordnung bzw. § 17 Abs. 3 Nr. 3 der Gesamtvollstreckungsordnung) mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung (InsO) und die Anfechtungsregeln der §§ 130 ff. InsO müssten zu einer Anpassung der Erlasskriterien führen.

9

Welche konkrete Frage im Zusammenhang mit dem Fiskusprivileg grundsätzliche Bedeutung haben soll und vorliegend eine Entscheidung des BFH erfordert, ist nicht deutlich. Die Entscheidung des FG beruht weder ausdrücklich noch stillschweigend auf einer Bevorzugung des Steuergläubigers.

10

2. Der Kläger rügt Divergenzen i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zu den Urteilen des BFH vom 7. Mai 1993 III R 43/89 (BFH/NV 1994, 144) und vom 22. Mai 2001 VII R 79/00 (BFH/NV 2001, 1369). Diese liegen nicht vor.

11

a) Von der in beiden Urteilen enthaltenen Aussage des BFH, die Finanzbehörden müssten ihre Entscheidung anhand des einwandfrei und erschöpfend ermittelten Sachverhaltes treffen, ist das FG nicht abgewichen. Es ist erkennbar von dem Standpunkt ausgegangen, dass das FA den Sachverhalt einwandfrei und erschöpfend ermittelt habe und die Sichtung der Buchführungsordner nicht erforderlich gewesen sei, um diesen Pflichten nachzukommen. Es hat auf dieser Grundlage die Entscheidung des FA beurteilt.

12

Wenn der Kläger meint, diese Beurteilung sei fehlerhaft, rügt er nicht eine Abweichung des FG von dem abstrakten Rechtssatz, der Sachverhalt sei erschöpfend zu ermitteln, sondern einen materiell-rechtlichen Fehler bei der Anwendung dieses Rechtssatzes, nämlich bei Beantwortung der Frage, mit welchen Ermittlungsmaßnahmen diesem Anspruch genügt wurde. Der Vortrag, das Urteil des FG entspreche nicht dem geltenden Recht, rechtfertigt aber grundsätzlich --mit Ausnahme außergewöhnlich schwerwiegender Fehler, die hier erkennbar nicht vorliegen-- die Zulassung der Revision nicht, da die Nichtzulassungsbeschwerde nicht dazu dient, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (Senatsbeschluss vom 21. Oktober 2009 X B 249/08, BFH/NV 2010, 444).

13

b) Von der in dem BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 144 enthaltenen Aussage, das FA müsse bei seiner Ermessensentscheidung die Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art berücksichtigen, die nach Sinn und Zweck der Norm, die das Ermessen einräumt, maßgeblich sind, ist das FG im Ergebnis ebenfalls nicht abgewichen.

14

aa) Die Forderung nach Prüfung aller Ermessensgesichtspunkte bedeutet, dass das FA grundsätzlich die in Betracht kommenden Erlassgründe zu prüfen hat, auch wenn der Steuerpflichtige sich nicht ausdrücklich darauf berufen hat (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 144, unter 3.). Sie bedeutet allerdings nicht, dass das FA stets ohne konkrete Veranlassung zu allen denkbaren Erlassgründen Ausführungen machen müsste.

15

Wie der BFH in seinem Urteil vom 4. Oktober 1989 V R 106/84 (BFHE 158, 306, BStBl II 1990, 179) klargestellt hatte, sind Erlassgründe zu prüfen, soweit dazu Anlass besteht, weil sie nahe liegen oder sich aufdrängen (vgl. dort unter II.1.c, 2.a b, a.E.). Von dieser Entscheidung hat sich der BFH weder in dem Urteil in BFH/NV 1994, 144 noch in späteren Entscheidungen distanziert. Er hat sich in dieser Entscheidung vielmehr ausdrücklich den Urteilen vom 23. Mai 1985 V R 124/79 (BFHE 143, 512, BStBl II 1985, 489), vom 2. Juli 1986 I R 5/83 (BFH/NV 1987, 684) und vom 26. Januar 1988 VIII R 151/84 (BFH/NV 1988, 695) angeschlossen. In den zu Grunde liegenden Sachverhalten drängte sich die Frage des Erlasses auch außerhalb der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf, weil ein Vollstreckungsaufschub tatsächlich gewährt (so BFH-Urteile in BFHE 143, 512, BStBl II 1985, 489, sowie BFH/NV 1987, 684) bzw. die wirtschaftliche Situation des Steuerpflichtigen offenkundig war (so BFH-Urteil in BFH/NV 1988, 695). Ebenso hatte in der dem Senatsurteil vom 16. September 1992 X R 169/90 (BFH/NV 1993, 510) zu Grunde liegenden Konstellation zum einen das FA Ratenzahlungen akzeptiert, zum anderen bereits im finanzbehördlichen Verfahren die Steuerpflichtige auf den Gesichtspunkt der vorübergehenden Zahlungsunfähigkeit verwiesen.

16

bb) Auch wenn das FG die Erwägung, dass der Kläger weitere Gesichtspunkte außerhalb von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung im außergerichtlichen Verfahren nicht vorgebracht habe, in den Mittelpunkt gestellt hat, ist es im Ergebnis von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Es hat zutreffend ausgeführt, dass der Kläger nicht nur seinen Erlassantrag ausdrücklich lediglich auf Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gestützt, sondern auch selbst auf die tatsächliche Ablehnung des Stundungsbegehrens hingewiesen hatte, ohne diese zu hinterfragen. Dies ging über die bloße Nichtgeltendmachung des Erlassgrundes "Stundungssituation" hinaus und zeigt, dass das FG die unterlassene Auseinandersetzung des FA zur Stundungssituation nicht nur wegen des fehlenden Vorbringens des Klägers für rechtmäßig erachtet hat. Es hat sich vielmehr im Einklang mit der vorgenannten Rechtsprechung mit der Frage auseinandergesetzt, ob es sonst irgendeinen Anlass zu einer Erörterung der Stundungsfrage --der gleichzeitig alleiniger Anlass für die Prüfung der Situation eines Vollstreckungsaufschubs hätte sein können-- gab. Es hat die Frage verneint. Ob diese Beurteilung ihrerseits zutreffend war, ist wiederum eine materiell-rechtliche Frage, die nicht zur Zulassung der Revision führen kann.

17

Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass die beiden maßgebenden Erwägungen der Einspruchsentscheidung, der aus Sicht des FA unzureichende Nachweis über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sowie die tatsächliche Zahlung der Steuerschulden kurz nach dem Insolvenzantrag, die der Kläger zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung noch nicht mit der freigebigen Zuwendung der Eltern erklärt hatte und die deshalb aus Sicht des FA auf das Vorhandensein entsprechender Mittel schließen ließen, für die Zahlungsfähigkeit des Klägers sprachen.

18

3. Die gerügten Verfahrensmängel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO in Gestalt von Verletzungen rechtlichen Gehörs liegen nicht vor.

19

a) Die Rügen des Klägers, das FG habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und so gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen, sind nicht begründet.

20

aa) Soweit der Kläger meint, das FG habe die Einnahmen-Überschussrechnung falsch verstanden, wendet er sich in der Sache gegen Schlussfolgerungen des FG aus einem festgestellten Sachverhalt. Das betrifft nicht die Aufklärung des Sachverhalts, sondern dessen Bewertung und damit wiederum die materiell-rechtliche Richtigkeit des Urteils. Das FG hat unbestritten festgestellt, wie hoch die Nettoeinnahmen, die Aufwendungen für Wareneinkauf und der Gewinn nach der in den Akten vorhandenen Erklärung des Klägers waren. Die Frage, was für die Zahlungsfähigkeit des Klägers aus der Höhe der Nettoeinnahmen folgt und wie es zu beurteilen ist, falls der Kläger zur Aufrechterhaltung seines Betriebes Lieferantenschulden vorrangig getilgt haben sollte, ist keine Angelegenheit (weiterer) Sachaufklärung, sondern der rechtlichen und tatsächlichen Würdigung des Sachverhalts.

21

bb) Soweit der Kläger beanstandet, dass das FA seine Buchführungsunterlagen nicht eingesehen habe, liegt darin kein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht des FG.

22

Verfahrensmängel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind nur Fehler im gerichtlichen Verfahren, nicht im Verwaltungsverfahren (vgl. Senatsbeschluss vom 21. August 2007 X B 68/07, BFH/NV 2007, 2143). Sollte das FA den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt und das FG dies bei der Überprüfung der Entscheidung des FA nicht berücksichtigt haben, hätte das FG nicht gegen die an das Gericht adressierte Sachaufklärungspflicht aus § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen, sondern eine fehlerhafte Beurteilung der Sachaufklärungspflichten des FA vorgenommen.

23

Im Übrigen hätten die Buchführungsunterlagen des Klägers die Geldverkehrsrechnung nicht in vollem Umfang ersetzt und wären daher keine ausreichende Grundlage für die Entscheidung über den Erlass gewesen. Sie hätten höchstens Auskunft über die betrieblich veranlassten Zahlungsvorgänge bei dem Kläger gegeben. Sie hätten aber eine umfassende Selbstauskunft über seine gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse, die auch von den privaten Umständen, ggf. privat veranlassten Zahlungsvorgängen abhängt, nicht ersetzt.

24

cc) Soweit das FG --wie vom Kläger beanstandet-- die Buchführungsunterlagen nicht eingesehen habe, hat es ebenfalls nicht gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen. Das gilt schon deshalb, weil es zur eigenen Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht verpflichtet war, sondern sich auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des FA beschränken musste.

25

Die Entscheidung über den Erlass gemäß § 227 AO ist eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde nach § 5 AO. Bei der Überprüfung einer ablehnenden Ermessensentscheidung ist das FG grundsätzlich nur verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären, der zur Beurteilung der Frage notwendig ist, ob das FA sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. Thürmer in Hübschmann/ Hepp/Spitaler --HHSp-- § 76 FGO Rz 102; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 102 Rz 14). Wenn das FG der Auffassung ist, es liege keine Pflichtverletzung des FA vor, obwohl es die Buchführungsunterlagen nicht eingesehen habe, weil das Angebot, die Buchführungsordner zur Verfügung zu stellen, nicht ausreichend sei, besteht keine Verpflichtung des FG, seinerseits Einsicht in solche Unterlagen zu nehmen.

26

Eine umfassendere finanzgerichtliche Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung bestände nur, wenn das Ermessen der Finanzbehörde nach Auffassung des FG auf Null reduziert wäre (Thürmer in HHSp, § 76 FGO Rz 102). Diese Ausnahme ist im Streitfall jedoch nicht gegeben, da das FG von keiner behördlichen Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen ist.

27

dd) Welche konkreten Erkenntnisse das FG aus weiteren, nicht beigezogenen Akten des FA hätte gewinnen sollen, auf Grund derer die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des FA möglicherweise anders ausgefallen wäre, ist nicht vorgetragen und nicht erkennbar.

28

b) Aus den unter II.3.a cc genannten Gründen musste das FG schließlich dem Beweisantrag auf Vernehmung des zuständigen Finanzbeamten als Zeugen nicht nachgehen.

29

Im Übrigen ist nicht aktenkundig, dass der Kläger --wie es zur Vermeidung eines Verlusts des Rügerechts erforderlich gewesen wäre (Senatsbeschluss vom 25. Mai 2010 X B 207/09, nicht veröffentlicht)-- die unterbliebene Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung gerügt hätte.

Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Beschluss, 25. Aug. 2010 - X B 149/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesfinanzhof Beschluss, 25. Aug. 2010 - X B 149/09

Referenzen - Gesetze

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Bundesfinanzhof Beschluss, 25. Aug. 2010 - X B 149/09 zitiert 8 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 76


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

Abgabenordnung - AO 1977 | § 227 Erlass


Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder an

Abgabenordnung - AO 1977 | § 5 Ermessen


Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Referenzen - Urteile

Bundesfinanzhof Beschluss, 25. Aug. 2010 - X B 149/09 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesfinanzhof Beschluss, 25. Aug. 2010 - X B 149/09 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Beschluss, 25. Mai 2010 - X B 207/09

bei uns veröffentlicht am 25.05.2010

Gründe 1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in seiner Beschwerdebegründung geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 N
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesfinanzhof Beschluss, 25. Aug. 2010 - X B 149/09.

Bundesfinanzhof Urteil, 14. März 2012 - XI R 33/09

bei uns veröffentlicht am 14.03.2012

Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) berechtigt ist, ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen weiterhin in Papierform abzugeben.

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in seiner Beschwerdebegründung geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegen nicht vor.

2

1. Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) liegt vor, wenn das Finanzgericht (FG) seiner Überzeugungsbildung nicht den gesamten konkretisierten Prozessstoff zugrunde legt, insbesondere ist der Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Prozessbeteiligten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen. Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Kein Verfahrensmangel, sondern ein grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führender Verstoß gegen das materielle Recht ist hingegen gegeben, wenn das FG das tatsächliche Vorbringen oder Beweise unzutreffend würdigt (Senatsbeschluss vom 31. März 2009 X B 146/08, BFH/NV 2009, 1134).

3

Der Kläger macht geltend, er habe im Klageverfahren umfangreich vorgetragen, aus welchen Gründen die Einordnung des zu beurteilenden Raums als häusliches Arbeitszimmer den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht werde. Dies folge aus der Größe und der Gesamtinfrastruktur, der teilweise sieben Meter hohen Räume, der Ausstattung als Tonstudio und Medienarchiv. Der Arbeitsraum habe keine Wohnatmosphäre. Er sei räumlich getrennt und entfernt vom separaten Erdgeschoß. Gleichwohl habe das FG im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen des Urteils den zu dem Arbeitsraum führenden Flur als Wohnflur bezeichnet und zudem ausgeführt, der Arbeitsraum sei in die häusliche Sphäre eingebunden. Er sei von den Wohnräumen über einen zur Wohnung gehörenden Stichflur zu erreichen.

4

Der vom Kläger geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor. Das FG hat im Tatbestand (Seite 4 Abs. 4 des angefochtenen Urteils) das vorstehend geschilderte Vorbringen des Klägers in wesentlichen Teilen wiedergegeben. Bei dieser Sachlage ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen bei seiner Entscheidungsfindung in Erwägung gezogen hat (Senatsbeschluss vom 10. Februar 2009 X B 165/08, BFH/NV 2009, 781). Soweit der Kläger rügt, das FG habe entgegen seinem Vorbringen den fraglichen Raum dem Wohnbereich zugerechnet, macht er im Ergebnis geltend, es habe die tatsächlichen Gegebenheiten unzutreffend gewürdigt. Dies ist --aber wie oben dargelegt-- kein Verfahrensmangel.

5

2. Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör und eine Verletzung von § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt zudem vor, wenn das FG einen Beweisantrag zu Unrecht übergeht. Ein solcher Verfahrensmangel ist ebenfalls nicht gegeben.

6

Die Verpflichtung zur Sachaufklärung gehört zu den Verfahrensvorschriften, auf deren Beachtung die Prozessbeteiligten verzichten können (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung). Bei verzichtbaren Mängeln, wie hier das Übergehen eines Beweisantrags, geht das Rügerecht nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge, ein Verzichtswille ist nicht erforderlich (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 1. September 2008 IV B 4/08, BFH/NV 2009, 35). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Kläger in der mündlichen Verhandlung durch eine rechtskundige Person vertreten und für diese das Übergehen des Beweisantrags erkennbar war.

7

So ist es im Streitfall. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens waren in der mündlichen Verhandlung keine Umstände gegeben, aus denen der rechtskundig vertretene Kläger hätte annehmen können, das FG werde seinem bereits in der Klageschrift gestellten Antrag, sein Wohngebäude in Augenschein zu nehmen, entsprechen. Er war daher gehalten, vorsorglich das Übergehen dieses Beweisantrags zu rügen. Gegenteiliges ergibt sich nicht daraus, dass nach den Ausführungen in der weiteren Beschwerdebegründung vom 4. März 2010, deren Relevanz im Hinblick auf die abgelaufene Begründungsfrist zumindest zweifelhaft ist, in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom 29. Oktober 2009 andere Fragen im Vordergrund der Erörterung standen. Hieraus konnte der Kläger nicht den Schluss ziehen, das FG gehe davon aus, der zu beurteilende Raum sei kein Arbeitszimmer, oder es werde einen Beschluss fassen, wonach ein Augenscheinsbeweis erhoben werde. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, der Vorsitzende habe im Rahmen der Darstellung des Sach- und Streitstands den Begriff häusliches Arbeitszimmer verwendet und nach einem Hinweis des klägerischen Prozessvertreters sinngemäß geäußert, er habe das so nicht gemeint, weil genau diese Frage ja erst noch einmal zu klären sei.

8

Ausweislich des Protokolls über die genannte mündliche Verhandlung hat der rechtskundig vertretene Kläger das Übergehen des Beweisantrags nicht gerügt und daher sein Rügerecht verloren. Er hat auch keinen Sachverhalt geschildert, aufgrund dessen sich dem FG eine Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen.