Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Aug. 2017 - 1 StR 218/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:100817B1STR218.17.0
bei uns veröffentlicht am10.08.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 218/17
vom
10. August 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug
ECLI:DE:BGH:2017:100817B1STR218.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 10. August 2017 gemäß § 349 Abs. 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Dezember 2016 aufgehoben und das Verfahren eingestellt. 2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum Betrug in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiervon hat es wegen überlanger Verfahrensdauer ein Jahr Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt. Mit ihrer Revision macht die Angeklagte das Verfahrenshindernis der Verjährung geltend und beanstandet im Übrigen die Verletzung materiellen Rechts. Die Revision führt wegen Verfolgungsverjährung zur Einstellung des Verfahrens.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts unterstützte die Angeklagte den anderweitig verfolgten und von den USA aus operierenden E. in der Zeit von September 2006 bis zum Jahreswechsel 2006/07 bei der Abwick- lung betrügerischer Geldanlageschäfte zum Nachteil diverser Anleger in mindestens 323 Anlagegeschäften des sog. Portfolio 1 mit einem Gesamtanlagevolumen von 7,145 Mio. US-Dollar (Fall C.I. der Urteilsgründe). In der Zeit ab dem Jahreswechsel 2006/07 unterstützte sie E. bei der Abwicklung betrügerischer Geldanlagegeschäfte des sog. Portfolio 2 in 960 weiteren Anlagegeschäften mit einem Gesamtanlagevolumen von 16,844 Mio. US-Dollar (Fall C.II. der Urteilsgründe). Die Angeklagte half E. bei der Umsetzung des als Schneeballsystem ausgestalteten betrügerischen Anlagemodells durch die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben. Sie erstellte dabei Aufstellungen und Listen über Kunden und die von ihnen vereinnahmten Anlagegelder , erledigte zunehmend selbständig den anfallenden Zahlungsverkehr und zahlte Scheinrenditen an die Anleger und Provisionen an die Vermittler aus (UA S. 15 f.).
3
Nachdem im Juni und Juli 2007 bei mehreren Vermittlern polizeiliche Durchsuchungen stattgefunden hatten, tauchte E. Anfang August 2007 unter und war in der Folge für die Vermittler und die Anleger nicht mehr erreichbar. Danach führte die Angeklagte ihre Tätigkeit zunächst fort und nahm noch bis Ende September 2007 verschiedene willkürliche Auszahlungen vor, dabei auch an ihre Familienangehörigen (UA S. 14).

II.


4
Die Taten sind verjährt; das Verfahren ist daher einzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 2017 – 3 StR 556/16).
5
1. Die Verjährung für die Verfolgung von Taten des Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB).
6
2. Beim Erlass der gegen die Angeklagte gerichteten richterlichen Durchsuchungsanordnung (§ 102 StPO) vom 4. Februar 2013, durch welche die Verjährung gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB nochmals hätte unterbrochen werden können, war die Verjährungsfrist für beide Taten bereits abgelaufen. Sie endete mit Ablauf des 3. Februar 2013.
7
a) Das Landgericht hat die Angeklagte wegen zweier Taten der Beihilfe zum Betrug gemäß § 263 Abs. 1, § 27 StGB verurteilt. Dabei hat es ihre Unterstützung bei der Abwicklung der betrügerischen Anlagegeschäfte des E. , getrennt nach Portfolio, jeweils als einheitliche Beihilfe zum Betrug gewertet. Die Taten waren spätestens Ende September 2007 beendet, als E. untergetaucht war und die Angeklagte ihre Tätigkeit für E. einschließlich der Vornahme von Auszahlungen an Anleger eingestellt hatte. Zu diesem Zeitpunkt begann die Verjährung (§ 78a StGB).
8
b) Nachdem der zuständige Oberstaatsanwalt, der von Auszahlungen eingegangener Anlagegelder durch die Angeklagte an Altanleger erfahren hatte , am 4. Februar 2008 gegen diese ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche (§ 261 StGB) eingeleitet hatte, beauftragte er telefonisch das Landeskriminalamt, die Angeklagte als Zeugin im Verfahren gegen E. wegen Betruges zu vernehmen und sie „im Anschluss an die Ver- nehmung als Beschuldigte wegen Geldwäsche (zu) belehren“. Dieser Auftrag wurde von der Polizeibeamtin S. in einem in den Ermittlungsakten befindlichen Vermerk niedergelegt (EA VIII, Bl. 121 f. d.A.). Hierdurch wurde die Ver- jährung der verfahrensgegenständlichen Taten wirksam gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB unterbrochen.
9
aa) In dem telefonischen Auftrag an die Polizei, die Angeklagte als Beschuldigte wegen Geldwäsche zu belehren, lag die Anordnung im Sinne des § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB, ihr bekanntzugeben, dass gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet ist.
10
Die Anordnung ist an keine bestimmte Form gebunden, sie kann daher auch mündlich oder durch schlüssige Handlung ergehen (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1979 – 4 StR 127/79, BGHSt 28, 381 mwN). Allerdings erfordert jede Feststellung, ob die Verjährungsfrist abgelaufen ist, eine hierfür ausreichende transparente Entscheidungsgrundlage. Die Voraussetzungen einer verjährungsunterbrechenden Anordnung müssen deshalb den Verfahrensbeteiligten nach ihrem Inhalt und dem Zeitpunkt ihres Ergehens erkennbar sein und von diesen in ihrer Wirkung abgeschätzt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2006 – 5 StR 578/05, BGHSt 51, 72, 79; Urteil vom 10. April 1979 – 4 StR127/79, BGHSt 28, 381, 382 und vom 11. Juli 1978 – 1 StR 178/78). Für die Wirksamkeit der Anordnung, dem Betroffenen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekannt zu geben, ist es ausreichend, dass sich für deren Zeitpunkt und Inhalt konkrete Anhaltspunkte aus den Akten ergeben (vgl. BGH, Beschluss vom 10. September 1982 – 3 StR 280/82) und sich so der behördliche Wille zur Vornahme einer Unterbrechungshandlung mit Gewissheit feststellen lässt (vgl. BGH aaO, BGHSt 51, 72, 79 mwN; BGH, Urteil vom 6. Oktober 1981 – 1 StR 356/81, BGHSt 30, 215, 219). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine mündliche Anordnung nur dann eine Unterbrechungswirkung entfalten kann, wenn sie sogleich aktenkundig gemacht wird (so aber SternbergLieben /Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 78c Rn. 7 mit Verweis auf die zu § 33 OWiG ergangenen Entscheidungen BayObLG, Beschluss vom 17. Oktober 1980 – 1 Ob OWi 432/80, VRS 60, 126 und OLG Hamm, Beschluss vom 17. September 1987 – 4 Ss OWi 848/87, NStZ 1988, 137). Vielmehr kann auch ein später erstellter polizeilicher Vermerk, der zu den Ermittlungsakten des Verfahrens genommen wird, ausreichend sein. So verhält es sich hier. Zwar machte die Polizeibeamtin S. im Rahmen des Ermittlungsverfahrens die Anordnung erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt in einem Vermerk aktenkundig. Die Verfahrensbeteiligten konnten aus dem Vermerk jedoch klar entnehmen, dass die Anordnung als verjährungsunterbrechende Maßnahme erfolgt war, und sich auf die hieraus folgenden Wirkungen auf den Lauf der Verjährungsfrist einstellen.
11
bb) Als Anordnungszeitpunkt ist zugunsten der Angeklagten vom 4. Februar 2008 auszugehen, dem Tag, an dem die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen die Angeklagte eingeleitet hatte. Zwar war ausweislich des von der Polizeibeamtin S. gefertigten Vermerks der genaue Zeitpunkt, zu dem das Landeskriminalamt von der Verfahrenseinleitung gegen die Angeklagte erfuhr, nicht mehr feststellbar. Jedoch hatte die Zeugin S. bereits am 5. Februar 2008 eine Auflistung der bis dahin bekannten Tätigkeiten der Angeklagten für E. gefertigt.
12
cc) Die Unterbrechungswirkung erstreckt sich auf die Tat im prozessualen Sinne, nicht nur auf die einzelne Gesetzesverletzung. Damit ergibt sich die Grenze der Unterbrechungswirkung aus dem objektiven Umfang der Tat, wie sie sich dem Gericht letztlich darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1996 – 3StR 352/96, BGHR StGB § 78 Abs. 3 Urteil 1; LK-StGB/Schmid, 12. Aufl., § 78c Rn. 15). Dagegen ist ohne Bedeutung, wie das die Unterbrechungshandlung vornehmende Strafverfolgungsorgan die Tat beurteilt und ob sich der Sachverhalt oder seine rechtliche Einordnung nachträglich verändern , sofern nur die Identität der Tat gewahrt bleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. März 1968 – 5 StR 115/68, BGHSt 22, 105, 107; LK-StGB/Schmid aaO mwN).
13
Die Verjährungsunterbrechung erfasste daher hier das gesamte vom Landgericht als Beihilfe zum Betrug in zwei tatmehrheitlichen Fällen gewertete Tatgeschehen. Denn der Lebenssachverhalt, auf den sich die von dem Oberstaatsanwalt angeordnete Bekanntgabe der Verfahrenseinleitung gegenüber der Angeklagten bezog, war Teil der vom Landgericht abgeurteilten Taten. Der Oberstaatsanwalt hatte zwar ersichtlich lediglich die von der Angeklagten nach dem Untertauchen des E. vorgenommenen Geldzahlungen in den Blick genommen und sie als mögliche Geldwäschehandlungen gewertet. Dies belegt auch seine E-Mail vom 8. März 2011 (EA VIII, Bl. 118 d.A.), in der er mitteilt , dass die Angeklagte hinsichtlich der Betrugstaten des E. deshalb zunächst als Zeugin vernommen worden sei, weil es einen Verdacht der Beihilfe zur Haupttat noch nicht gegeben habe; ihrem Verfahren habe der Vorwurf der Geldwäsche zugrunde gelegen. Die von ihm als Geldwäsche gewerteten Handlungen, die noch bis Ende September 2007 andauerten, waren Teil der vom Landgericht jeweils als einheitliche Beihilfe zum Betrug gewerteten Unterstützungshandlungen der Angeklagten zu den betrügerischen Anlagegeschäften des E. in den Fällen C.I. und C.II. der Urteilsgründe. Die Einordnung des Tatverdachts als Geldwäsche seitens der Staatsanwaltschaft bei Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens steht daher einer Verjährungsunterbrechung hinsichtlich des gesamten abgeurteilten Tatgeschehens ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft dabei davon ausgegangen war, die Angeklagte sei bis zum Untertauchen des E. nicht an dessen Betrugstaten beteiligt gewesen. Eine Beschrän- kung des Verfolgungswillens mit Auswirkungen auf die sachliche Reichweite von verjährungsunterbrechenden Maßnahmen ist nur bei einer Mehrzahl prozessualer Taten möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2000 – 5 StR 226/99, wistra 2000, 219) nicht aber – wie hier – innerhalb eines einheitlichen Geschehens.
14
c) Die am 7. Februar 2008 im Anschluss an eine Zeugenvernehmung vorgenommene Belehrung der Angeklagten als wegen Geldwäsche und Betruges Beschuldigte konnte als Bekanntgabe der Verfahrenseinleitung die Verjährung nicht erneut unterbrechen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bilden sämtliche Maßnahmen des § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB eine Einheit, so dass, sobald eine der dort genannten Unterbrechungshandlungen durchgeführt worden ist, die Verjährung durch eine andere der in Nr. 1 aufgezählten Maßnahmen nicht erneut unterbrochen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 2008 – 3 StR 545/07, BGHR StGB § 78c Abs. 1 Nr. 1 Einheit 1; Beschluss vom 30. Juni 2004 – 1 StR 526/13, NStZ 2005, 33). Weitere verjährungsunterbrechende Handlungen wurden vor der gegen die Angeklagte gerichteten Durchsuchungsanordnung gemäß § 102 StPO am 5. Februar 2013 nicht mehr vorgenommen.
15
d) Die durch die Anordnung der Bekanntgabe der Verfahrenseinleitung am 4. Februar 2008 neu begonnene Verjährung (§ 78c Abs. 3 Satz 1 StGB) endete mithin am 3. Februar 2013 (zur Fristberechnung vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 78a Rn. 6). Somit sind die verfahrensgegenständlichen Taten verjährt.

III.


16
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten beruht auf § 467 Abs. 1, 3 Satz 2 Nr. 2 StPO. Der Senat hat von dem ihm durch § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO eingeräumten Ermessen dahin Gebrauch gemacht, nicht davon abzusehen, ihre notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Es ist nicht unbillig, die Staatskasse hiermit zu belasten. Maßgebend ist dafür zum einen, dass das Verfahrenshindernis bereits vor der Anklageerhebung bestand und auch erkennbar war, ohne dass dies in einer tatrichterlichen Hauptverhandlung noch hätte aufgeklärt werden müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2016 – 3 StR 453/16, NStZ-RR 2017, 211 mwN); zum anderen ist ein prozessual vorwerfbares Verhalten der Angeklagten nicht ersichtlich.

IV.


17
Eine Verpflichtung zur Entschädigung der Angeklagten nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG), über die der Senat gemäß § 8 StrEG selbst zu befinden hat, weil er die das Verfahren abschließende Senatsentscheidung getroffen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2016 – 3 StR 453/16, NStZ-RR 2017, 211 mwN), bestehtnicht.
Gründe, die eine derartige Entschädigung rechtfertigen könnten, wurden von der Beschwerdeführerin, welche im Rahmen ihrer Revisionsbegründungsschrift die Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung beantragt hat, weder geltend gemacht, noch sind solche anderweitig erkennbar.
Graf Jäger Cirener
Radtke Hohoff

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Aug. 2017 - 1 StR 218/17

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

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wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:030517B3STR556.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. Mai 2017 gemäß § 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 14. Juli 2016 wird
a) das Verfahren im Fall A. II. 2b) Tat 3 der Urteilsgründe eingestellt ; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen schuldig ist; bb) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben ; jedoch werden die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen (Fälle 1 und 2) und wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen (Fall 3) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel führt zur Einstellung des Verfahrens, soweit der Angeklagte im Fall A. II. 2b) Tat 3 der Urteilsgründe wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen verurteilt worden ist; denn insoweit ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Die Verjährungsfrist für die Verfolgung von Taten nach § 174 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die abgeurteilte Tat wurde nach den Feststellungen vor der Vollendung des 18. Lebensjahres der Geschädigten am 27. Oktober 2005 begangen. Da die Verjährung nach § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (vgl. Gesetz vom 27. Dezember 2003 - BGBl. I S. 3007) bis zu diesem Zeitpunkt ruhte, war die Verjährungsfrist mit dem 27. Oktober 2010 abgelaufen. Eine Unterbrechung der Frist war bis dahin nicht eingetreten, da die Geschädigte die Tat frühestens im Februar 2011 zur Anzeige brachte. Dass § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Fassung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1805) ein Ruhen der Frist bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und in der Fassung vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10) sogar bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers vorsieht , ändert hieran nichts. Zwar gelten diese Vorschriften rückwirkend auch für vor dem Inkrafttreten der jeweiligen Gesetze begangene Taten. Ihre Anwendung ist indes ausgeschlossen, wenn - wie hier - zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungsgesetze am 30. Juni 2013 bzw. 27. Januar 2015 bereits Verjährung eingetreten war (vgl. BGH, Beschluss vom 13. August 2013 - 4 StR 281/13, juris Rn. 2 mwN).
3
Die teilweise Einstellung des Verfahrens führt zur Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall der für den Fall A. II. 2b) Tat 3 verhängten Einzelstrafe. Damit kann auch die Gesamtstrafe keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Gesamtfreiheitsstrafe ohne die entfallene Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten geringer ausgefallen wäre. Die der Gesamtstrafenbildung zugrundeliegenden Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen worden und werden von der Aufhebung nicht erfasst (§ 353 Abs. 2 StPO).
4
Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Becker Gericke Spaniol Tiemann Berg

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt.

(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt,

1.
verbirgt,
2.
in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt,
3.
sich oder einem Dritten verschafft oder
4.
verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er dessen Herkunft zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 gilt dies nicht in Bezug auf einen Gegenstand, den ein Dritter zuvor erlangt hat, ohne hierdurch eine rechtswidrige Tat zu begehen. Wer als Strafverteidiger ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt, handelt in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 nur dann vorsätzlich, wenn er zu dem Zeitpunkt der Annahme des Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hatte.

(2) Ebenso wird bestraft, wer Tatsachen, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Gegenstands nach Absatz 1 von Bedeutung sein können, verheimlicht oder verschleiert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer eine Tat nach Absatz 1 oder Absatz 2 als Verpflichteter nach § 2 des Geldwäschegesetzes begeht, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(5) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Geldwäsche verbunden hat.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen Gegenstand nach Absatz 1 handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 nicht für einen Strafverteidiger, der ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt.

(7) Wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist, wird nach den Absätzen 1 bis 6 nur dann bestraft, wenn er den Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert.

(8) Nach den Absätzen 1 bis 6 wird nicht bestraft,

1.
wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt.

(9) Einem Gegenstand im Sinne des Absatzes 1 stehen Gegenstände, die aus einer im Ausland begangenen Tat herrühren, gleich, wenn die Tat nach deutschem Strafrecht eine rechtswidrige Tat wäre und

1.
am Tatort mit Strafe bedroht ist oder
2.
nach einer der folgenden Vorschriften und Übereinkommen der Europäischen Union mit Strafe zu bedrohen ist:
a)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Übereinkommens vom 26. Mai 1997 aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (BGBl. 2002 II S. 2727, 2729),
b)
Artikel 1 des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI des Rates vom 28. November 2002 betreffend die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 1),
c)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor (ABl. L 192 vom 31.7.2003, S. 54),
d)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der zuletzt durch die Delegierte Richtlinie (EU) 2019/369 (ABl. L 66 vom 7.3.2019, S. 3) geändert worden ist,
e)
Artikel 2 Buchstabe a des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42),
f)
Artikel 2 oder Artikel 3 der Richtlinie2011/36/EUdes Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1),
g)
den Artikeln 3 bis 8 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1; L 18 vom 21.1.2012, S. 7) oder
h)
den Artikeln 4 bis 9 Absatz 1 und 2 Buchstabe b oder den Artikeln 10 bis 14 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6).

(10) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden. Die §§ 73 bis 73e bleiben unberührt und gehen einer Einziehung nach § 74 Absatz 2, auch in Verbindung mit den §§ 74a und 74c, vor.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Für eine verjährungsunterbrechende Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens
gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG reicht es aus,
dass der Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde die Erstellung und
Versendung eines Anhörungsbogens durch individuellen elektronischen Befehl
veranlasst, wenn sich Zeitpunkt und Bearbeiter dieses Vorgangs sicher
feststellen lassen.
BGH, Beschluss vom 22. Mai 2006 5 StR 578/05
OLGBrandenburg

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 22. Mai 2006
in der Bußgeldsache
gegen
wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener
Ortschaften
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Mai 2006

beschlossen:
Für eine verjährungsunterbrechende Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG reicht es aus, dass der Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde die Erstellung und Versendung eines Anhörungsbogens durch individuellen elektronischen Befehl veranlasst, wenn sich Zeitpunkt und Bearbeiter dieses Vorgangs sicher feststellen lassen.
G r ü n d e Die Vorlegungssache betrifft die Frage, wie eine verjährungsunterbrechende Anordnung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG aktenmäßig dokumentiert sein muss.

I.


Der wiederholt wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr mit Geldbußen belegte Betroffene befuhr am Abend des 14. Juni 2004 mit einem gemieteten PKW die BAB 10 westlicher Berliner Ring in Richtung Autobahndreieck Havelland. Dabei überschritt er die durch zwei Zeichen 274 gemäß § 41 StVO auf 80 km/h begrenzte zulässige Höchstgeschwindigkeit um 24 km/h. Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburg erfasste am 29. Juni 2004 den Vorgang in ihrem Rechner und veranlasste eine Halteranfrage. Am nächsten Tag leitete sie durch Übersendung eines Schreibens an die Europcar Autovermietung GmbH die Ermittlung des Fahrers ein. Das Vermietungsunternehmen teilte der Behörde am 20. Juli 2004 die Daten des Betroffenen als des vertraglich vereinbarten
Fahrers mit. Am 27. Juli 2004 rief die Sachbearbeiterin G. um 9.11 Uhr nach Kenntnisnahme der mitgeteilten Daten des Fahrzeugführers den elektronisch erfassten Vorgang unter dem Menüpunkt des Arbeitsprogramms „Vorgang allgemein“ auf. Unter dem nächsten angesteuerten Menüpunkt „Betroffenenwechsel“ gab sie die Daten des Betroffenen ein und erteilte anschließend den elektronischen Befehl zum Druck und zur Versendung des Anhörungsbogens. Die Eingabe der Daten, die elektronischen Befehle der Sachbearbeiterin und deren Ausführung (Druck und Versendung des Anhörungsbogens ) sowie alle weiteren, auch die selbsttätig ausgeführten Arbeitsschritte wurden – für die Sachbearbeiter der Behörde nicht änderbar – gespeichert und nach Abschluss des behördlichen Verfahrens in einer der Bußgeldakte vorgehefteten Vorgangshistorie mit verkürzten, aber verständlichen Schlagworten dokumentiert. Die Sachbearbeiterin hatte sich durch eine kennwortgeschützte Identifikation (drei Buchstaben und zwei Zahlen) vor Bearbeitung des Vorgangs zu legitimieren.
Die Zentrale Bußgeldstelle hat am 22. September 2004 gegen den Betroffenen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 65 Euro festgesetzt. Nach Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht Nauen in seinem Urteil vom 22. März 2005 die Geldbuße auf 80 Euro erhöht.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der vom Einzelrichter zugelassenen und dem Bußgeldsenat vorgelegten Rechtsbeschwerde. Der Betroffene macht geltend, dass der Bußgeldbescheid nach Eintritt der Verfolgungsverjährung erlassen worden sei. Er vertritt die Auffassung, das zur Bußgeldakte genommene Statusblatt sei als bloßer Computerausdruck zum Nachweis der Anordnung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens im Sinne von § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nicht geeignet.
Der Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts hat mit seinem Beschluss vom 16. November 2005 (VRS 109, 443) die Auffassung vertreten, die von der Sachbearbeiterin bei der Zentralen Bußgeldstelle unter Verwendung des
installierten Arbeitsprogramms und ihres individuellen Kürzels „o. “ veranlasste Versendung des Anhörungsbogens an den Betroffenen habe die Verfolgungsverjährung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG unterbrochen. Für Inhalt und Zeitpunkt der Unterbrechungshandlung müssten sich aus den Verfahrensakten lediglich konkrete Anhaltspunkte ergeben. Die Vorgangshistorie lege unter dem 27. Juli 2004 von einer solchen Individualverfügung einer bestimmten Sachbearbeiterin eindeutig Zeugnis ab. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen sei deshalb zu verwerfen.
Das Oberlandesgericht sieht sich an der beabsichtigten Entscheidung aber durch die Beschlüsse des OLG Dresden vom 27. April 2004 (DAR 2004, 534) und vom 10. Mai 2005 (DAR 2005, 570) gehindert. Dessen Bußgeldsenat hält für die Wirksamkeit einer Anordnung zur Dokumentation der Übernahme der Verantwortung des Sachbearbeiters und für die Richtigkeit der Beurkundung des Datums der Verfügung die Anbringung einer Unterschrift oder eines Handzeichens in der Akte für geboten. Nur so könne die erforderliche, wenn auch unter Umständen nur oberflächliche Prüfung des Sachbearbeiters nachvollzogen werden, inwieweit die den Verfahrensgegenstand bildende Tat überhaupt noch verfolgbar, insbesondere, ob die Tat nicht bereits verjährt gewesen sei.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung und Beantwortung folgender Frage vorgelegt:
„Bedarf die erneute Absendung eines Anhörungsbogens im EDVunterstützten Bußgeldverfahren an einen von der Person des bisher als Betroffenen geführten Kfz-Halters abweichenden Fahrer als neuen Betroffenen (so genannter Betroffenenwechsel) eine schriftliche Anordnung mit handschriftlicher Unterschrift oder Namenskürzel durch den Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde, um die Verjährungsunterbrechung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 OWiG herbeizuführen?“

II.


Die Vorlegungsvoraussetzungen gemäß § 121 Abs. 2 GVG, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG sind gegeben.
Die Vorlegungsfrage betrifft die Auslegung des Begriffs der „Anordnung der Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens“ gegen den Betroffenen in § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG und damit eine Rechtsfrage.
Sie ist auch entscheidungserheblich. Ohne eine Unterbrechung der Verjährung wäre die dreimonatige Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG bei Erlass des Bußgeldbescheides am 22. September 2004 bereits abgelaufen gewesen.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht kann die Rechtsbeschwerde auch nicht verwerfen, ohne von tragenden Rechtsansichten anderer Oberlandesgerichte abzuweichen. Allerdings begründet der vom vorlegenden Oberlandesgericht herangezogene Beschluss des OLG Dresden vom 10. Mai 2005 (DAR 2005, 570) keine Abweichung. Die darin enthaltenen Erwägungen zu den Voraussetzungen einer Anordnung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG sind nicht tragend (vgl. König DAR 2005, 572). Ferner liegt kein Fall eines Betroffenenwechsels vor, wie ihn das OLG Dresden in seinem Beschluss vom 26. Mai 2004 (DAR 2004, 534) beurteilt hat. Es stand nämlich vorliegend von vornherein fest, dass die Halterin des Kraftfahrzeugs , ein Vermietungsunternehmen, die aufzuklärende Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht begangen haben konnte. Die Vertreter der Halterin wurden deshalb auch lediglich als Zeugen in Anspruch genommen. Dem Beschluss des OLG Dresden lässt sich aber, wie auch den Beschlüssen des OLG Düsseldorf vom 11. September 1996 (DAR 1996, 507 [LS]), des HansOLG vom 21. Januar 1997 (NZV 1997, 286 und der Vorlegung nachfolgend DAR 2006, 223), des OLG Köln vom 2. November 1999
(DAR 2000, 131) und des OLG Zweibrücken vom 4. Mai 2001 (DAR 2002, 89) die jeweils tragende Rechtsansicht entnehmen, dass in allen Fällen, in denen die Anordnung der Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens auf einer Individualentscheidung eines Sachbearbeiters der Verwaltungsbehörde nach Kenntnisnahme der Personalien eines der Ordnungswidrigkeit Verdächtigen beruht, die dahingehende Verfügung des Sachbearbeiters in der Akte handschriftlich mit Unterschrift oder Namenskürzel dokumentiert sein muss.
Der Senat versteht die Vorlegungsfrage demnach in einem weiteren Sinn dahin, ob im Falle der Erstellung und Versendung eines Anhörungsbogens auf Grund des individuellen elektronischen Befehls eines Sachbearbeiters zusätzlich dessen handschriftliche Unterschrift oder die Anbringung eines Namenskürzels unter der Eingriffsverfügung in der Akte notwendig ist, um die Verjährung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG zu unterbrechen.

III.


In der Sache stimmt der Senat der vom Generalbundesanwalt und dem vorlegenden Oberlandesgericht vertretenen Rechtsansicht zu.
1. Eine Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens liegt vor, falls ein Ermittlungsorgan den Willen geäußert hat, dass dem Betroffenen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens mitgeteilt werden soll (vgl. zum insoweit wortgleichen § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB: Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. § 78c Rdn. 3). Solches wird angenommen, wenn der zuständige Beamte der Verwaltungsbehörde verfügt hat, dass dem Betroffenen ein Anhörungsbogen zugesandt werden soll (BGHSt 25, 6, 8). Eine derartige Verfügung liegt auch vor, wenn der Wille des Sachbearbeiters als elektronischer Befehl zur Erstellung und Versendung des Anhörungsbogens im Arbeitsprogramm des Rechners der Verwaltungsbehörde niedergelegt wird (vgl. Olizeg NZV 2005, 130). Es macht keinen sachlichen Unterschied, ob eine schriftliche Verfügung des
Sachbearbeiters, den Anhörungsbogen zu erstellen und zu versenden, an eine mit dieser Aufgabe betraute Schreibkraft gerichtet oder ob eine in der Sache identische, aber elektronisch gespeicherte Verfügung des Sachbearbeiters vom Arbeitsprogramm des Rechners ausgeführt wird. In beiden Fällen wird der vom Sachbearbeiter gefasste Wille, gegen einen bestimmten Betroffenen wegen einer bestimmten mit Bußgeld bedrohten Handlung vorzugehen , auf gleiche Weise konkretisiert.
2. Die dagegen in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum geltend gemachten Bedenken greifen nicht durch.

a) Der Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG verlangt keine schriftliche Dokumentation der Anordnung in der Verfahrensakte. Die Wirksamkeit der Unterbrechungshandlung hängt nur von der Einhaltung einer bestimmten Form ab, wenn solches ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben ist (Kucklick DAR 2005, 611, 612; vgl. auch Weller in KK-OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 11; Göhler OWiG 14. Aufl. § 33 Rdn. 4; Lemke/Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 33 Rdn. 8).

b) Auch die Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG begründet kein Erfordernis der Schriftform für Anordnungen im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG (OLG Frankfurt NJW 1976, 337, 338; Göhler JR 1981, 42, 43; Gübner NZV 1998, 230, 233; König DAR 2002, 526; DAR 2005, 572; Olizeg NZV 2005, 130, 131). Die gegenteilige Auffassung (OLG Dresden DAR 2004, 534; HansOLG DAR 2006, 223, 224; Kucklick DAR 2005, 611, 612 f.) übersieht die systematische Stellung dieser Vorschrift im Normengefüge der Verjährungsvorschriften des Gesetzes. Die Vorschrift des § 33 Abs. 1 OWiG enthält einen Katalog abschließend aufgezählter Unterbrechungshandlungen und bestimmt deren Wirksamkeitsvoraussetzungen einschließlich gegebenenfalls vorhandener Formerfordernisse. Dagegen regelt die Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG lediglich in dem Spezialfall einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verjährungsun-
terbrechung. Ein Übergreifen des Regelungsbereichs der Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG auf den des ersten Absatzes dieser Vorschrift ist demnach ausgeschlossen.
Das Ergebnis der systematischen Auslegung wird durch die historische Auslegung bestätigt. Der Gesetzgeber wollte keine Formerfordernisse für die Wirksamkeit der verjährungsunterbrechenden Handlungen statuieren (vgl. OLG Frankfurt NJW 1976, 337, 338; Göhler JR 1981, 42, 43; Olizeg NZV 2005, 130, 131). Die Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG sollte lediglich die bis dahin bestehende, praktisch sehr wichtige Zweifelsfrage klären, in welchem Zeitpunkt die Verjährung unterbrochen wird, falls die Unterbrechungshandlung schriftlich vorgenommen worden ist (vgl. BT-Drucks. 7/550 S. 345 und 216; Rotberg, OWiG 5. Aufl. [1975] § 33 Rdn. 21).

c) Aus der Einführung der §§ 110a ff. OWiG durch das Justizkommunikationsgesetz vom 22. März 2005 (BGBl I S. 837) ergibt sich nichts anderes. Die neuen Vorschriften bezwecken keinesfalls eine Verringerung des bisherigen lediglich unterstützenden Einsatzes der elektronischen Datenverarbeitung bei Führung einer Verfahrensakte auf Papier (vgl. Schmehl/Graf in KK-OWiG 3. Aufl. vor § 110a Rdn. 2; Graf aaO § 110b Rdn. 5) und gebieten deshalb aus systematischen Erwägungen keine Einschränkung der Nutzung herkömmlicher Datenverarbeitungsprogramme.

d) Auch der Zweck der Verjährungsvorschrift erfordert keine schriftliche Dokumentation der Anordnung.
aa) Die Rechtseinrichtung der Verjährung soll dem Rechtsfrieden und damit der Rechtssicherheit dienen und einer etwaigen Untätigkeit der Behörden in jedem Abschnitt des Verfahrens entgegentreten (vgl. BGHSt 11, 393, 396; 12, 335, 337). Der Rechtsfrieden tritt nach Ablauf der gesetzlich bestimmten Verjährungsfrist durch Eintritt der Verfolgungsverjährung ein. Den Möglichkeiten einer Verjährungsunterbrechung kommt demnach als
Eingriff in eine vom Gesetz festgesetzte Regelfrist Ausnahmecharakter zu, der zu einer engen Auslegung der Vorschriften über die Unterbrechung der Verjährung nötigt (vgl. BGHSt 12, 335, 337; 26, 80, 83; 28, 381, 382). Indes liegt es in der Natur der Sache, dass in den Fällen, in denen das Gesetz zur Unterbrechung der Verjährung die Anordnung einer Maßnahme genügen lässt, die Unterbrechungshandlung grundsätzlich auch mündlich oder durch schlüssige Handlung ergehen kann (vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB: BGHSt 28, 381, 382; BGH, Beschl. vom 10. September 1982 – 3 StR 280/82; zu § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG: OLG Schleswig VRS 63, 138; OLG Hamm NStZ 1988, 137). Deshalb ist auch die Anordnung der Anhörung des Betroffenen grundsätzlich an keine bestimmte Form gebunden (vgl. KG VRS 100, 134, 135; Gübner NZV 1998, 230, 232; König DAR 2002, 526; Olizeg NZV 2005, 130).
bb) Allerdings erfordert jede Feststellung, ob die Verjährungsfrist abgelaufen ist, eine hierfür ausreichend transparente Entscheidungsgrundlage. Die Voraussetzungen einer verjährungsunterbrechenden Anordnung müssen deshalb nach ihrem Inhalt und dem Zeitpunkt ihres Ergehens erkennbar sein und in ihrer Wirkung auf das Verfahren abgeschätzt werden können (vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB: BGHSt 28, 381, 382; BGH bei Holtz MDR 1978, 986). Für die Wirksamkeit der Anordnung, dem Betroffenen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekannt zu geben, ist es ausreichend, dass sich für deren Zeitpunkt und Inhalt konkrete Anhaltspunkte aus den Akten ergeben (vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB: BGHSt 30, 215, 219 f.; BGH, Beschl. vom 10. September 1982 – 3 StR 280/82; zu § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG: KG VRS 100, 134, 135) und sich so der behördliche Wille zur Vornahme der Unterbrechungshandlung mit Gewissheit feststellen lässt (vgl. BayObLG DAR 2004, 401; 531, 532; VRS 62, 58, 59; Weller in KK-OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 11; Göhler, OWiG 14. Aufl. § 33 Rdn. 45; Rebmann /Roth/Herrmann, OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 46a; Lemke/Mosbacher OWiG 2. Aufl. § 33 Rdn. 10). So liegt es hier.
Der nach Speicherung der Daten des Betroffenen gegen diesen gerichtete Verfolgungswille der Sachbearbeiterin der Verwaltungsbehörde hat sich in den elektronisch gespeicherten Befehlen zur Fertigung und Versendung des Anhörungsbogens manifestiert. Der Zeitpunkt des Eingriffs der Sachbearbeiterin wurde selbsttätig und unveränderbar nach Tag und Uhrzeit – letztere mit Sekundengenauigkeit – gespeichert. Die elektronische Speicherung bietet hier, wie das vorlegende Oberlandesgericht zu Recht betont, eine ausreichende Gewähr für die Zuverlässigkeit und Richtigkeit der erfassten Daten und Befehle. Die auf Papier in der Akte zur Verfügung stehende Vorgangshistorie weist in Bezug auf eine bestimmte Tat sämtliche im Arbeitsprogramm des Rechners vorgenommenen Eingriffe und automatisch gesteuerten Vorgänge aus, anhand derer auch Art, Inhalt und Zeitpunkt der Unterbrechungshandlung sicher nachzuvollziehen sind (vgl. Olizeg NZV 2005, 130, 131).
Für die Feststellung, welcher Sachbearbeiter die Anordnung getroffen hat, bedarf es ebenfalls keiner Schriftform. Auf Grund der für die Dateneingabe und die Erteilung der weiteren elektronischen Befehle notwendigen Legitimation und deren Darlegung in der Vorgangshistorie kann der Sachbearbeiter , der die Anordnung getroffen hat, eindeutig bestimmt werden. Einer zusätzlichen handschriftlichen Autorisierung der Anordnung bedarf es nicht (Olizeg aaO S. 131; auch mit Nachweisen zur Gegenauffassung).

e) Darüber hinausgehende Anforderungen an die Dokumentation der Anordnung bestehen nicht. Soweit mehrere Oberlandesgerichte (HansOLG VRS 47, 43, 45; DAR 2006, 223, 224; KG VRS 100, 134, 135; OLG Dresden DAR 2004, 534, 535; 2005, 570, 571) die Auffassung vertreten , Unterschrift oder Namenskürzel des Sachbearbeiters würden eine gebotene Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen, insbesondere des Nichteintritts der Verjährung dokumentieren, trifft dies nicht zu. Für eine Dokumentation einer solchen Prüfung wäre eine Darlegung der Tatzeit, der Verjährungsfrist und die Feststellung geboten, dass die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt
der Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens noch nicht abgelaufen ist. Eine derartige gesonderte Dokumentation der Prüfung der Verjährungsfrage ist aber sachlich nicht veranlasst und wird auch im Strafverfahren weder von einem Staatsanwalt, der Anklage erhebt, noch von den Strafgerichten , die das Hauptverfahren eröffnen, erheischt. Schon die Strafdrohung des § 344 StGB (vgl. Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. § 344 Rdn. 3) und das Bedürfnis nach Arbeitserleichterung bieten die hinreichende Gewähr, dass bei Anordnung der Verfahrensfortsetzung die gebotene Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen jedenfalls schlüssig erfolgt ist.
3. Die hier niedergelegte Rechtsauffassung stimmt mit den vom Senat in BGHSt 42, 380 gefundenen Anforderungen für den Nachweis des Erlasses eines Bußgeldbescheides überein.
4. Der Senat weist darauf hin, dass nichts anderes zu gelten hätte, wenn die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens dem Betroffenen mittels eines (auch gespeicherten) elektronischen Briefes (vgl. Weller
in KK-OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 11) erfolgt oder wenn ein – fortentwickeltes – Arbeitsprogramm des Rechners der Verwaltungsbehörde nach individueller Eingabe der Daten des Betroffenen die Erstellung und Versendung des Anhörungsbogens selbsttätig veranlasst (vgl. Olizeg NZV 2005, 130).
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(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Betroffenen, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Betroffenen oder eines Zeugen oder die Anordnung dieser Vernehmung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch die Verfolgungsbehörde oder den Richter, wenn vorher der Betroffene vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung der Verfolgungsbehörde oder des Richters und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Betroffenen durch die Verfolgungsbehörde oder den Richter sowie jede Anordnung der Verfolgungsbehörde oder des Richters, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Ermittlung des Aufenthalts des Betroffenen oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
6.
jedes Ersuchen der Verfolgungsbehörde oder des Richters, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen,
7.
die gesetzlich bestimmte Anhörung einer anderen Behörde durch die Verfolgungsbehörde vor Abschluß der Ermittlungen,
8.
die Abgabe der Sache durch die Staatsanwaltschaft an die Verwaltungsbehörde nach § 43,
9.
den Erlaß des Bußgeldbescheides, sofern er binnen zwei Wochen zugestellt wird, ansonsten durch die Zustellung,
10.
den Eingang der Akten beim Amtsgericht gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 2 und die Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde nach § 69 Abs. 5 Satz 1,
11.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
12.
den Hinweis auf die Möglichkeit, ohne Hauptverhandlung zu entscheiden (§ 72 Abs. 1 Satz 2),
13.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
14.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
15.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung.
Im selbständigen Verfahren wegen der Anordnung einer Nebenfolge oder der Festsetzung einer Geldbuße gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 31 Abs. 3 bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist, mindestens jedoch zwei Jahre verstrichen sind. Wird jemandem in einem bei Gericht anhängigen Verfahren eine Handlung zur Last gelegt, die gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit ist, so gilt als gesetzliche Verjährungsfrist im Sinne des Satzes 2 die Frist, die sich aus der Strafdrohung ergibt. § 32 bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht. Die Unterbrechung tritt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7, 11 und 13 bis 15 auch dann ein, wenn die Handlung auf die Verfolgung der Tat als Straftat gerichtet ist.

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

5 StR 226/99

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 5. April 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. April 2000

beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 22. Dezember 1998 nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben , 1. soweit der Angeklagte
a) wegen Hinterziehung von Körperschaftsteuer 1990 in zwei Fällen (Fälle III.D.1 Nrn. 1 und 6 der Urteilsgründe) sowie
b) wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer 1990 in zwei Fällen (Fälle III.D.4 Nrn. 1 und 7 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist; in den genannten Fällen wird das Verfahren eingestellt. 2. mit den zugehörigen Feststellungen, soweit der Angeklagte wegen unterlassenen Steuerabzugs von Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in vier Fällen (Fälle III.D.3 Nrn. 3, 14, 16 und 21 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist; insoweit bleiben die Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung aufrechterhalten; 3. im Ausspruch über die Gesamtstrafe. II. Soweit der Angeklagte wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer in 19 Fällen (Fälle III.D.4 Nrn. 3 bis 6 und 8 bis 22 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist, wird das Verfahren abgetrennt. III. Die weitergehende Revision gegen das oben bezeichnete Urteil wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
IV. Soweit das Verfahren eingestellt wird, fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. V. Im Umfang der Aufhebung wird das Verfahren, soweit es nicht eingestellt wird, zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 58 Fällen sowie wegen versuchter Steuerhinterziehung und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen.
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg.

I.


Der Angeklagte betrieb seit 1971 ein Konzertbüro für Popmusik- und später auch Klassikkonzerte. Anfang der neunziger Jahre wurde er zu einem der bedeutendsten Konzertveranstalter Deutschlands. Allein zwischen 1990 und 1994 veranstaltete der Angeklagte ca. 500 Konzerte mit einem Gesamtumsatz von ungefähr 200 Millionen DM. Seine Geschäftstätigkeit erstreckte sich außer auf die Veranstaltung von Konzerten auch auf den Vertrieb von Eintrittskarten. Die Geschäfte wickelte der Angeklagte im wesentlichen über folgende Firmen ab, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er im Tatzeitraum war:
- H GmbH (im folgenden: HoKo), gegründet am 21. Februar 1990, - C GmbH (im folgenden: CCC), gegründet am 24. April 1990, - R GmbH (im folgenden: RMV), gegründet am 22. Februar 1990, - M GmbH (im folgenden: MCD), ge- gründet am 1. Februar 1991.
Für die Angestellten der Firmen war der Angeklagte jeweils unmittelbarer Ansprechpartner und Weisungsgeber. In den Jahren 1992 bis 1997 trat der Angeklagte im wesentlichen als Veranstalter klassischer Konzerte auf. Bei diesen wurden vor allem Lieder und Opernarien dargeboten, bei denen jeweils der Einzelvortrag der auftretenden Sänger im Vordergrund stand.
1. Nach den Urteilsfeststellungen beging der Angeklagte im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit folgende Straftaten:

a) Zwischen 1990 und 1994 erfaßte der Angeklagte erhebliche Betriebseinnahmen der von ihm geleiteten Firmen HoKo, CCC und RMV, welche aus dem Verkauf von Eintrittskarten und Programmheften stammten, in der Buchhaltung nicht und vereinnahmte sie privat, ohne die Beträge der Körperschaftsteuer, Einkommensteuer oder Umsatzsteuer zu unterwerfen. Hierbei nutzte er vor allem die Gegebenheit aus, daß die Eintrittskarten überwiegend bar und von einer Vielzahl von Vorverkaufsstellen verkauft wurden und die Anzahl der bei den Konzerten jeweils anwesenden Zuschauer nur schwer nachprüfbar war. Soweit der Angeklagte die Buchungen in der Buchhaltung der Firmen nicht selbst vornahm, wies er seine Mitarbeiter hierzu entsprechend an. Die Betriebsausgaben wurden hingegen, auch soweit sie mit nicht verbuchten Einnahmen in Zusammenhang standen, vollständig erfaßt. Der Angeklagte hinterzog hierdurch zwischen 1990 und 1994 mehr
als 3,5 Millionen DM an Körperschaftsteuer und mehr als 2 Millionen DM an Einkommensteuer sowie Solidaritätszuschlag.

b) Im Jahr 1993 täuschte der Angeklagte das Land BadenWürttemberg mit einer fingierten Abrechnung über die Zahl der verkauften Eintrittskarten eines am 31. Juli 1993 im Schloûgarten von Schwetzingen durchgeführten Konzerts. Hierdurch erreichte er, daû das vertraglich an die Besucherzahl gekoppelte Entgelt für die Überlassung der Parkanlage um 8.150 DM zu niedrig bemessen wurde.

c) Schlieûlich behielt der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts in erheblichem Umfang für die in den Jahren 1993 bis 1997 an ausländische Künstler gezahlten Gagen Einkommensteuern und Umsatzsteuern nicht ein, meldete diese – neben Umsätzen aus Kartenverkäufen – bei den Finanzbehörden nicht an und führte sie auch nicht ab. Dem Angeklagten war hierbei bekannt, daû er als Geschäftsführer der als Konzertveranstalter auftretenden vier Unternehmen gemäû § 50 a Abs. 4 EStG, § 73 EStDV und § 18 Abs. 8 Nr. 1 UStG, §§ 51 ff. UStDV zum Abzug, zur Anmeldung und zur Abführung anfallender Künstlereinkommen- und Künstlerumsatzsteuern verpflichtet war. Zur Verdeckung der Zahlung von Leistungsentgelten an die ausländischen Künstler ergriff der Angeklagte umfangreiche Maûnahmen:
aa) So wurden ab Beginn des Jahres 1993 im Ausland ansässige Konzertveranstalter zum Schein in die Vertragsabwicklung eingeschaltet, um die Verpflichtung zum Steuerabzug im Inland zu verschleiern. Zum Teil wurden bereits vollzogene Verträge mit den Künstlern nachträglich geändert. Der Angeklagte nutzte hierbei eine vom Bundesamt für Finanzen bis Ende 1995 angewendete und auf § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG beruhende Freistellungspraxis hinsichtlich des Steuerabzugs auf Zahlungen an ausländische Konzertveranstalter aus. Die Voraussetzungen für die Freistellung vom Steuerabzug in Form der Erbringung einer eigenen organisatorischen Leistung der aus-
ländischen Firmen und deren Beteiligung am wirtschaftlichen Risiko der Veranstaltungen lagen jedoch tatsächlich nicht vor.
bb) In einigen Fällen teilte der Angeklagte die an ausländische Künstler gezahlten Gagen in mehrere Teile auf, um jeweils nur ein Drittel dem Steuerabzug zu unterwerfen. Die restlichen Zahlungen wurden als Gegenleistung für die Planung und die Vorbereitung der Auftritte, das Studium des Repertoires oder Beratungsleistungen bezeichnet.
cc) Für die in den Jahren 1996 und 1997 vom Angeklagten veranstaltete weltweite Konzerttournee der drei Tenöre Luciano Pavarotti, Placido Domingo und José Carreras verwendete der Angeklagte schlieûlich eine schwer zu durchschauende Konstruktion von Verträgen und Geldflüssen zwischen einer Mehrzahl von in- und ausländischen Firmen, um die wahren Leistungsbeziehungen zwischen den von ihm geleiteten Firmen und den drei Tenören zu verschleiern und um sich seinen steuerlichen Verpflichtungen zu einem erheblichen Teil zu entziehen.
Von Beginn an war geplant, daû jeder der drei Tenöre bei der Konzertreihe von insgesamt zwölf Konzerten pro Auftritt eine Festgage von netto 1,5 Millionen US-Dollar erhalten sollte. Dem Tenor Placido Domingo sollte darüber hinaus jeweils noch eine Zusatzvergütung von 500.000 US-Dollar pro Auftritt gezahlt werden. Von den zwölf Konzerten der drei Tenöre fanden zwei in Deutschland statt, nämlich am 3. August 1996 in Düsseldorf und am 24. August 1996 in München. Zur Verschleierung der Höhe dieser Gagen und zur Vermeidung der „Künstlersteuer“ gemäû § 50a EStG in Form eines Steuerabzugs von den Gagen für inländische Konzerte wurden die Leistungsentgelte zu einem erheblichen Teil als Lizenzzahlungen bezeichnet.
Die vom Angeklagten gewählte rechtliche Konstruktion stellte sich im einzelnen wie folgt dar:
(1) Zum einen sollte eine Verlagerung des Gewinns nach Groûbritannien erfolgen, um einer Ertragsbesteuerung im Inland zu entgehen. Hierzu gründete der Angeklagte zum Schein die Firma T (im folgenden: TCP), eine Personengesellschaft englischen Rechts mit Sitz in London, die nach auûen als Konzertveranstalter der Tournee auftreten sollte. Tatsächlich wurde die Tourneeorganisation aber vom Angeklagten von Mannheim aus durchgeführt. Der zweite Gesellschafter der neu gegründeten Partnership hatte faktisch nur die Stellung eines Angestellten.
(2) Darüber hinaus wurden die Gagenzahlungen ± teilweise unter rückwirkender Abänderung bereits vollzogener Verträge ± zu einem erheblichen Teil als Lizenzzahlungen nach Irland deklariert, da solche nach Art. VIII des deutsch-irischen Doppelbesteuerungsabkommens vom Steuerabzug freigestellt werden konnten. Hierzu gründete der Angeklagte die Firma I Ltd. (im folgenden: IIPS) mit Sitz in Cork/Irland und setzte als Direktoren und Gesellschafter zwei Mitglieder einer irischen Anwaltskanzlei ein. Diese vom Angeklagten beherrschte Gesellschaft sollte den örtlichen Konzertveranstaltern gegen Zahlung von Lizenzgebühren die Möglichkeit der Verwendung des Logos „The-3-Tenors“ einräumen, eines graphisch aufbereiteten Schriftzuges. In Wirklichkeit handelte es sich bei den Lizenzgebühren aber weitgehend um verdeckte Gagenzahlungen. Um die Gewinne auch der irischen Ertragsbesteuerung zu entziehen, gründete und leitete der Angeklagte darüber hinaus die Firma Te (im folgenden: TTL) mit Sitz auf der Kanalinsel Jersey, deren Inhaber die drei Tenöre waren. Diese Firma erwarb die Handelsmarke der drei Tenöre von der Firma W für 200.000 US-Dollar, übertrug die Rechte an dem Logo aber für knapp 40 Millionen US-Dollar an die Firma IIPS weiter.
Es fand dann plangemäû folgender Geldfluû statt: Pro Konzert zahlten die Konzertveranstalter 4,5 Millionen US-Dollar als vorgebliche Lizenzgebühren an die Firma IIPS. 1,5 Millionen US-Dollar hiervon erhielt der Angeklagte für „Beratungsleistungen“. Die jeweils verbleibenden 3 Millionen US-Dollar
der angeblichen Lizenzzahlungen stellten verdeckte Gagenzahlungen für die drei Tenöre dar, für jeden also 1 Million US-Dollar. In der Summe machten diese Beträge ungefähr die Lizenzzahlungen aus, welche die Firma IIPS an die für die drei Tenöre gegründete Firma TTL zu zahlen hatte. Die entsprechend der ursprünglich getroffenen Vereinbarungen noch auf 1,5 Millionen US-Dollar pro Auftritt und Tenor fehlenden 500.000 US-Dollar Gage erhielten die drei Tenöre von der Firma TCP in London, die nach auûen als Veranstalter der gesamten Konzerttournee auftrat. Tatsächlich wurden sämtliche eingeschalteten Firmen nur zur Vermeidung des Einkommensteuerabzugs auf die Künstlergagen vorgeschoben. In Wirklichkeit veranstaltete der Angeklagte die Konzerttournee über die bereits genannten und von ihm geleiteten, in Deutschland ansässigen Firmen, an die auch die drei Tenöre ihre Leistungen erbrachten. Nach den Feststellungen des Landgerichts hinterzog der Angeklagte insgesamt mehr als 9,1 Millionen DM an ¹Künstlereinkommensteuernª gemäû § 50a EStG und Solidaritätszuschlag sowie mehr als 2,7 Millionen DM an Umsatzsteuern auf Leistungsentgelte an die Künstler und auf Kartenverkäufe.
2. Aufgrund anonymer Anzeigen und der Erkenntnisse aus einer Betriebsprüfung bei einer anderen von dem Angeklagten in den Jahren 1989 und 1990 geführten Gesellschaft hatten sich bereits im Jahr 1994 erste Verdachtsmomente für ein strafbares Verhalten des Angeklagten ergeben. Es wurde daher am 30. November 1994 von der Steuerfahndungsstelle des zuständigen Finanzamts gegen den Angeklagten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Körperschaft-, Umsatz-, Gewerbe-, Vermögen- und Kapitalertragsteuer in ¹noch nicht rechtsverjährtem Zeitraumª eingeleitet, ohne daû ihm die Verfahrenseinleitung mitgeteilt wurde. Nachdem die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren am 3. März 1997 von der Steuerfahndung übernommen hatte, beantragte sie aufgrund der von der Steuerfahndung in einem Zwischenbericht vom 26. Februar 1997 niedergelegten Ermittlungsergebnisse einen Haftbefehl und mehrere Durchsuchungsbeschlüsse für die Wohn- und Geschäftsräume des Angeklagten, die Ge-
schäftsräume der von ihm geleiteten Gesellschaften, die Kanzlei seines Steuerberaters sowie für verschiedene weitere Objekte. Die beantragten Beschlüsse wurden am 13. März 1997, ein weiterer am 21. Mai 1997, erlassen. Der Haftbefehl nannte als Tatvorwurf die Hinterziehung von Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer in den Jahren 1991, 1993 und 1994 sowie von Einkommensteuer in den Jahren 1988 bis 1994. Die Durchsuchungsanordnungen erstreckten sich, soweit sie Durchsuchungen bei Kreditinstituten betrafen , auf dieselben Steuerarten und -zeiträume, hinsichtlich der Einkommensteuerhinterziehung allerdings nur auf die Jahre 1990 bis 1994. Die weiteren Durchsuchungsanordnungen nannten als Tatvorwurf die Hinterziehung von insgesamt 6,3 Millionen DM an Steuern, begangen durch die Abgabe von inhaltlich falschen Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1990 bis 1994. Sie beruhten auf Durchsuchungsanträgen der Staatsanwaltschaft, welche die betroffenen Steuerarten und Hinterziehungszeiträume konkret bezeichneten, hierbei aber Umsatz - und Körperschaftsteuer für die Jahre 1990 und 1992 nicht nannten. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten der Angeklagte und sein Steuerberater noch am 13. März 1997 aufgrund einer Indiskretion Kenntnis von dem eingeleiteten Strafverfahren erlangt. Am Tag danach richtete der Steuerberater ein Schreiben mit dem Zusatz ¹Irgendwelche Versäumnisse sind uns nicht bekanntª an den Angeklagten, in welchem zusammenfassend dargelegt wurde, welche Pflichten den Angeklagten im Hinblick auf die ¹Künstlereinkommensteuerª trafen und inwieweit diese nicht erfüllt worden waren.
Die Auswertung der aufgrund der Durchsuchungsanordnungen am 17. März 1997 beschlagnahmten Unterlagen, insbesondere von Kreditakten, durch eine Ermittlungsgruppe der Steuerfahndungsstelle führte am 25. März 1997 zu einer dem Angeklagten zunächst nicht mitgeteilten Erweiterung des Ermittlungsverfahrens auf den Verdacht der Hinterziehung von Künstlereinkommensteuer gemäû § 50a EStG für den Zeitraum 1995 und 1996 und am 26. März 1997 aufgrund weiterer Sichtung der sichergestellten
Beweismittel zu einer Erweiterung dieses Vorwurfs auf den Zeitraum 1990 bis 1994. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten die Ermittlungsbehörden aufgrund der Auswertung der sichergestellten Unterlagen spätestens am 25. März 1997 Kenntnis von den Vorgängen um die Tournee der ¹Drei Tenöreª und spätestens am Tag darauf Kenntnis davon, daû der Angeklagte auch im Zeitraum von 1990 bis 1994 durch die Einschaltung ausländischer Gesellschaften ¹Künstlersteuernª hinterzogen hatte. Zwischen 2. und 11. April 1997 gab der Angeklagte dann vier Steuererklärungen mit berichtigenden Angaben über die abzuführende Künstlereinkommensteuer für einzelne 1993 bis 1995 betreffende Besteuerungszeiträume ab. Die Verfahrenserweiterungen wurden dem Angeklagten, nachdem allerdings dessen Verteidiger bereits am 16. April 1997 Akteneinsicht erhalten hatte, formell erst am 22. Juli 1997 bekanntgegeben.
Am 17. Juli 1997 wurden vom Amtsgericht Mannheim weitere Durchsuchungsbeschlüsse erlassen, welche als Tatvorwurf die Abgabe von inhaltlich falschen Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuererklärungen sowie die Nichtabgabe und/oder verspätete Abgabe von Steueranmeldungen gemäû § 50a EStG und eine zu Unrecht beim Bundesamt für Finanzen beantragte Freistellung gemäû § 50d EStG bezeichneten, wodurch für die Jahre 1990 bis 1996 Steuern in einer Gröûenordnung von 16 Millionen DM hinterzogen worden seien. Diese Durchsuchungsbeschlüsse beruhten auf Anträgen der Staatsanwaltschaft, welche zwar für die Einkommensteuerhinterziehung einen Tatzeitraum von 1990 bis 1996, für die Körper - bzw. Umsatzsteuerhinterziehung aber jeweils nur Tatzeiträume von 1991 bis 1994 bzw. bis 1996 bezeichnet hatten. Im Rahmen einer am 22. Juli 1997 durchgeführten zweiten Durchsuchungsaktion, bei der aufgrund dieser Durchsuchungsbeschlüsse erneut die Wohn- und Geschäftsräume des Angeklagten durchsucht wurden, erlangten die Ermittlungsbehörden Kenntnis von den Vorgängen um ein Konzert des Placido Domingo vom 30. Januar 1997, die am 23. August 1997 zu einer Verfahrenserweiterung hinsichtlich Umsatzsteuerhinterziehung auf das erste Quartal 1997 führte,
welche dem Angeklagten sofort bekanntgegeben wurde. Am 30. August 1997 gab der Angeklagte für die Firma MCD eine Steuererklärung mit berichtigenden Angaben über die Künstlereinkommensteuer für das erste Quartal 1997 ab.
Schlieûlich erlieû das Amtsgericht im Zeitraum vom 13. bis 28. August 1997 noch weitere Durchsuchungsbeschlüsse, die ohne Schilderung eines Sachverhaltes und ohne Bezeichnung eines Straftatbestandes oder einer Steuerart pauschal einen Tatzeitraum von 1990 bis 1996 nannten. Am 27. Juli 1998 wurde gegen den Angeklagten Anklage erhoben.

II.


Soweit der Angeklagte wegen Hinterziehung von Körperschaftsteuer 1990 in zwei Fällen (Fälle III.D.1 Nrn. 1 und 6 der Urteilsgründe) sowie wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer 1990 in zwei Fällen (Fälle III.D.4 Nrn. 1 und 7 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist, ist das Urteil des Landgerichts aufzuheben; das Verfahren ist insoweit einzustellen. Hinsichtlich dieser Taten wurden keine Handlungen vorgenommen, welche den Lauf der Verjährungsfrist wirksam unterbrochen haben. Dies gilt auch für die erlassenen Gerichtsbeschlüsse , deren verjährungsunterbrechende Wirkung diese Taten nicht erfaûte.
Zwar erstreckt sich die Unterbrechungswirkung von Untersuchungshandlungen grundsätzlich auf alle verfahrensgegenständlichen Taten, wenn in einem Verfahren wegen mehrerer Taten im prozessualen Sinn ermittelt wird. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Verfolgungswille des tätig werdenden Strafverfolgungsorgans erkennbar auf eine oder mehrere Taten beschränkt ist (BGHR StGB § 78c Abs. 1 ± Handlung 4 und § 78c Abs. 1 Nr. 1 ± Bekanntgabe 2; jeweils m.w.N.; Jähnke in LK 11. Aufl. § 78c Rdn. 8; G. Schäfer, Festschrift für Hanns Dünnebier, 1982, S. 541, 547). Der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden ist danach das entscheidende Kri-
terium für die sachliche Reichweite der Unterbrechungswirkung (vgl. BGH wistra 2000, 17 m.w.N.). Für die Bestimmung des Verfolgungswillens der Strafverfolgungsorgane ist maûgeblich, was mit der jeweiligen richterlichen Handlung bezweckt wird. Dabei sind neben dem Wortlaut der Verfügung auch der Sach- und Verfahrenszusammenhang entscheidend. Sofern sich die Reichweite nicht aus der Handlung selbst ergibt, ist der sonstige Akteninhalt zur Auslegung heranzuziehen (vgl. BGHSt 16, 164). Bleiben dann immer noch Zweifel, ist davon auszugehen, daû die betreffende richterliche Handlung die Verjährung nicht unterbrochen hat (BGHSt 18, 274). Für die genannten Taten fehlte es bei Erlaû der Gerichtsbeschlüsse ± soweit diese überhaupt hinreichend konkret gefaût waren ± an einem entsprechenden Verfolgungswillen der Strafverfolgungsbehörden.
1. Für die zugunsten der HoKo und der CCC begangenen Taten der Umsatzsteuerhinterziehung für 1990 (Fälle III.D.4 Nrn. 1 und 7 der Urteilsgründe ) ist mangels rechtzeitiger Unterbrechungshandlungen mit Ablauf des 29. April bzw. des 28. Juni 1997 (vgl. Jähnke aaO § 78 Rdn. 7) Verfolgungsverjährung eingetreten.
Die Verjährungsfrist für Steuerhinterziehung beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 2 Nr. 4 StGB, § 370 AO). Sie beginnt gemäû § 78a StGB, sobald die jeweilige Tat beendet ist, d.h. bei Steuerstraftaten mit Eintritt des tatbestandlichen Erfolges (vgl. Kohlmann, Steuerstrafrecht 7. Aufl. § 376 Rdn. 26).
Die Tatbeendigung tritt bei Fälligkeitssteuern ± wie hier bei der Umsatzsteuer ± bei Erstattungsanmeldungen mit der Zustimmung der Finanzbehörden zur geltend gemachten Steuererstattung ein (vgl. Kohlmann aaO § 376 AO Rdn. 38, Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 4. Aufl. § 376 Rdn. 22, 25). Zwar ist die Tat grundsätzlich bereits mit Eingang der unrichtigen Steuererklärung beendet, da diese als Steueranmeldung der Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 168 Satz 1 AO). Wenn allerdings ± wie hier ± Steuererstattungen geltend gemacht werden,
gilt diese Gleichstellung erst ab Zustimmung der Finanzbehörden (§ 168 Satz 2 AO), so daû die Beendigung der Tat erst zu diesem Zeitpunkt vorliegen kann.
Die Umsatzsteuerjahreserklärungen für das Jahr 1990 für die Firmen HoKo und CCC wurden bereits am 8. April bzw. am 9. Juni 1992 beim zuständigen Finanzamt eingereicht. Dennoch verlagerte sich der jeweilige Verjährungsbeginn auf den 30. April bzw. den 29. Juni 1992, da die Finanzbehörden den geltend gemachten Umsatzsteuererstattungen erst mit zu diesen Zeitpunkten erlassenen Umsatzsteuerbescheiden zustimmten.

a) Bis zur Übernahme des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft am 3. März 1997 wurden keine verjährungsunterbrechenden Maûnahmen vorgenommen. Zwar erstreckte sich die Verfahrenseinleitung der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes Mannheim vom 30. November 1994 auch auf die Umsatzsteuerhinterziehung ¹in noch nicht rechtsverjährtem Zeitraumª und damit auf das Jahr 1990. Diese Verfahrenseinleitung wurde dem Angeklagten aber nicht bekannt gegeben.

b) Auch hinsichtlich des am 13. März 1997 gegen den Angeklagten erlassenen Haftbefehls, der gemäû § 78c Abs. 1 Nr. 5 StGB grundsätzlich eine Verjährungsunterbrechung bewirkt, erstreckte sich hier dessen sachliche Reichweite nicht auf die Umsatzsteuerhinterziehung für das Jahr 1990. Der Haftbefehl war auf einzelne, nach Steuerart und Besteuerungszeitraum konkretisierte Taten beschränkt, nannte die Umsatzsteuerhinterziehung 1990 aber nicht. Die Einkommen- und die Umsatzsteuerhinterziehung 1990 stellen auch keine einheitliche Tat dar, was zu einer Erstreckung der Unterbrechungswirkung auf die Umsatzsteuerhinterziehung hätte führen können. Tateinheit mit der im Haftbefehl aufgeführten Einkommensteuerhinterziehung 1990 liegt hier schon deshalb nicht vor, weil die Steuererklärungen nicht gleichzeitig und in den wesentlichen Punkten inhaltsgleich eingereicht wurden (vgl. hierzu BGHSt 33, 163; BGHR AO § 370 Abs. 1 ± Konkurrenzen 11).
Ebensowenig stellt die Abgabe verschiedener Steuererklärungen eine Tat im prozessualen Sinn dar.

c) Auch die ebenfalls am 13. März 1997 vom Amtsgericht Mannheim erlassenen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen haben die Verfolgungsverjährung im Hinblick auf die Umsatzsteuerhinterziehung 1990 nicht gemäû § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB unterbrochen.
Soweit sie sich auf die Wohn- und Geschäftsräume des Angeklagten und der von ihm geleiteten Gesellschaften beziehen, erfaûten sie die Taten der Umsatzsteuerhinterziehung für das Jahr 1990 nicht.
Zwar deckte der pauschal gehaltene Wortlaut der Durchsuchungsbeschlüsse (¹Abgabe von inhaltlich falschen ESt-, USt-, GewSt- und UStErklärungen 1990 ± 1994ª) an sich auch die Umsatzsteuerhinterziehungen für das Jahr 1990 ab. Es fehlte indessen insoweit am Verfolgungswillen der Strafverfolgungsbehörden bei Erlaû der Anordnungen, obgleich ± wie sich bereits aus dem Einleitungsvermerk der Steuerfahndungsstelle ergibt ± auch die Taten der Umsatzsteuerhinterziehung für das Jahr 1990 Gegenstand des Ermittlungsverfahrens waren.
Zur Auslegung des Verfolgungswillens und damit der sachlichen Reichweite der Verjährungsunterbrechung ist mangels anderer Anknüpfungspunkte auf die den gerichtlichen Anordnungen zugrunde liegenden Durchsuchungsanträge der Staatsanwaltschaft zurückzugreifen (vgl. G. Schäfer aaO S. 549). Ein Rückgriff auf diese Anträge zeigt, daû dort ± im Gegensatz zu den Durchsuchungsanordnungen ± die jeweiligen Hinterziehungszeiträume für die einzelnen Steuerarten konkret bezeichnet waren. Anders als bezüglich der Einkommensteuerhinterziehung war das Jahr 1990 nicht erfaût. Nach der insoweit eindeutigen Bezeichnung der Taten sind die Umsatzsteuerhinterziehungen für das Jahr 1990 vom den Durchsuchungsanordnungen zugrunde liegenden Verfolgungswillen mithin nicht umfaût. Die
Beschränkung des Verfolgungswillens der Staatsanwaltschaft ergibt sich auch aus der Bezugnahme des Durchsuchungsantrags auf den Zwischenbericht der Steuerfahndungsstelle vom 27. Februar 1997. Dort wurde der bestehende Tatverdacht hinsichtlich der einzelnen Steuerarten, Hinterziehungszeiträume und Hinterziehungsbeträge genau konkretisiert, wobei für das Jahr 1990 ausschlieûlich die Einkommensteuer aufgeführt wurde.
Die anders formulierten, aber gleichfalls am 13. März 1997 bezüglich mehrerer Kreditinstitute nach § 103 StPO erlassenen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen erfaûten die Umsatzsteuerhinterziehungen für das Jahr 1990 ebenfalls nicht. Die Beschränkung des Verfolgungswillens manifestiert sich hier in der genauen Bezeichnung von Steuerarten und Hinterziehungszeiträumen , auf die sich die Untersuchungshandlungen erstrekken sollten. Der am 21. Mai 1997 erlassene Durchsuchungsbeschluû hatte keine weitergehende verjährungsunterbrechende Wirkung.

d) Auch sonst wurden vor Ablauf der Verfolgungsverjährung für diese Taten keine hinreichenden Unterbrechungshandlungen vorgenommen.
Die am 17. März 1997 durchgeführte Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten erstreckte sich lediglich auf die im Haftbefehl enthaltenen Tatvorwürfe. Sie unterbricht daher die Verfolgungsverjährung hinsichtlich der Umsatzsteuerhinterziehungen für das Jahr 1990 nicht gemäû § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB.
Auch in der Akteneinsichtsgewährung an den Verteidiger des Angeklagten liegt keine wirksame Verjährungsunterbrechung bezüglich der Umsatzsteuerhinterziehung für das Jahr 1990. Zwar kann in der Gewährung erster Akteneinsicht zugleich die Bekanntgabe einer Verfahrenseinleitung im Sinne von § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB liegen, soweit sie dem Angeklagten vorher noch nicht auf andere Weise bekannt gemacht wurde. Diese Bekanntgabe kann sogar über einen für den Beschuldigten tätigen Rechtsanwalt erfol-
gen, wenn ± wie hier ± aus den Umständen klar ersichtlich wird, daû die diesem gewährte Akteneinsicht zur Information des Beschuldigten über Existenz , Inhalt und Umfang des Ermittlungsverfahrens dienen soll und auch tatsächlich gedient hat (BGHR § 78c Abs. 1 Nr. 1 ± Bekanntgabe 2).
Die Reichweite einer derartigen Bekanntgabe erfaût dabei grundsätzlich den gesamten Verfahrensgegenstand, hier also den der Verfahrenseinleitung vom 30. November 1994. Sie ging jedoch nicht weiter als der zu diesem Zeitpunkt noch bestehende Verfolgungswille, der in den Durchsuchungsanträgen zum Ausdruck kommt. Die Verjährung wurde daher nicht darüber hinausgehend unterbrochen. Die Staatsanwaltschaft hätte ausdrücklich darauf hinweisen müssen, wenn sie angesichts der sehr pauschalen Verfahrenseinleitung und der später im Vermerk der Steuerfahndung vom 26. Februar 1997 erfolgten Konkretisierung der Tatvorwürfe sowie der auf diese beschränkten Durchsuchungsbeschlüsse nun einen weiter gehenden Verfolgungswillen gehabt hätte.
2. Soweit dem Angeklagten Körperschaftsteuerhinterziehungen für 1990 zugunsten der HoKo und der CCC zur Last gelegt werden (Fälle III.D.1 Nrn. 1 und 6 der Urteilsgründe), ist die Verfolgungsverjährung am 30. August bzw. 8. November 1997 eingetreten.

a) Die für den Verjährungsbeginn maûgebliche Tatbeendigung tritt bei der Körperschaftsteuer als Veranlagungssteuer bei Steuernachzahlungen dann ein, wenn der unrichtige Steuerbescheid bekannt gemacht wird (vgl. Franzen/Gast/Joecks, aaO § 376 Rdn. 17, 18). Dies war hinsichtlich der Körperschaftsteuererklärungen 1990 für die CCC am 31. August 1992 und für die HoKo am 9. November 1992 der Fall. Soweit das Urteil für die CCC als Erlaûzeitpunkt des Körperschaftsteuerbescheides 1990 den 15. Oktober 1993 angibt, handelt es sich ± wie die Revision zutreffend feststellt ± um ein offensichtliches Schreibversehen. Die Tabelle im Urteil auf Seite 73 enthält zu Unrecht untereinander zweimal dasselbe Datum.

b) Da die Körperschaftsteuerhinterziehungen für 1990 in den oben genannten Handlungen der Strafverfolgungsorgane in derselben Weise behandelt wurden wie die Umsatzsteuerhinterziehungen für 1990, konnten die dort erwähnten Handlungen auch hier die Verfolgungsverjährung nicht unterbrechen.

c) Der Lauf der Verjährungsfrist wurde auch nicht durch die am 17. Juli 1997 erlassenen Durchsuchungsanordnungen gemäû § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB unterbrochen. Zwar deckte der mehrere Steuerarten umfassende Wortlaut der Durchsuchungsanordnungen ± wie bei den Durchsuchungsbeschlüssen vom 13. März 1997 ± auch die Körperschaftsteuerhinterziehungen für 1990 ab. Ein Rückgriff auf die Durchsuchungsanträge der Staatsanwaltschaft zeigt aber auch hier, daû das Jahr 1990 hinsichtlich der Körperschaftsteuer vom Verfolgungswillen ausgenommen war.

d) Schlieûlich konnten auch die am 13., 20. und 28. August 1997 vom Amtsgericht Mannheim erlassenen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen die Verfolgungsverjährung nicht unterbrechen. Diese Anordnungen nennen weder die dem Beschuldigten zur Last liegenden Taten, noch bezeichnen sie die beweiserheblichen Unterlagen hinreichend konkret, sondern sprechen nur von den Unterlagen, die zur Aufklärung des ± nicht näher bezeichneten ± Sachverhalts dienlich sind. Die Anordnungen sind inhaltlich zu unbestimmt und konnten daher die Verfolgungsverjährung nicht wirksam unterbrechen.
Zwar sind insoweit die Anforderungen an die Bestimmtheit der Tat nicht hoch, da ihre Einzelheiten durch die Untersuchung erst ermittelt werden sollen. Ein Anfangsverdacht genügt (vgl. Jähnke aaO § 78c Rdn. 5); die Taten brauchen in ihren Einzelheiten nicht festzustehen (BGH wistra 1991, 272, 273). Sie müssen lediglich so individualisiert sein, daû sie von denkbaren ähnlichen oder gleichartigen Vorkommnissen zu unterscheiden sind (vgl.
BGHSt 22, 375, 385; Jähnke aaO). Auch diesen Anforderungen wird die Anordnung aber nicht gerecht.
Da die Durchsuchungsanordnungen weder Straftatbestände noch Tatvorwürfe enthalten, vermag auch ein Rückgriff auf die Durchsuchungsanträge der Staatsanwaltschaft den Mangel nicht zu heilen. Zwar erwähnen diese Durchsuchungsanträge im Gegensatz zu den bisher beantragten und erlassenen Durchsuchungsanordnungen nun ausdrücklich die Körperschaftsteuerhinterziehung für 1990, nehmen auf Aktenvermerke der Steuerfahndungsstelle Bezug und bringen hierdurch den Verfolgungswillen für die Körperschaftsteuerhinterziehung für 1990 zum Ausdruck. Die zum Zwecke der Auslegung der sachlichen Reichweite der Verjährungsunterbrechung grundsätzlich mögliche Heranziehung des Inhaltes der Ermittlungsakten und des Durchsuchungsantrages (vgl. o. II. vor 1. und II.1.c) kann jedoch dann keine Verjährungsunterbrechung mehr bewirken, wenn die jeweilige Durchsuchungsanordnung selbst den verfassungsrechtlichen Mindestvoraussetzungen nicht standhält. Danach müssen derartige schwerwiegende Eingriffe in die Lebenssphäre der Betroffenen meûbar und kontrollierbar sein. Diesen Anforderungen wird aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Durchsuchungsbefehl, der keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält, jedenfalls dann nicht gerecht, wenn solche Angaben nach dem Ergebnis der Ermittlungen ohne weiteres möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich sind (BVerfGE 42, 212, 219 f.; 96, 44, 51 f.; BVerfG wistra 1999, 257; vgl. auch Kleinknecht/ Meyer-Goûner, StPO 44. Aufl. § 105 Rdn. 5 m.w.N.). Die Durchsuchungsund Beschlagnahmeanordnungen des Amtsgerichts Mannheim vom 13., 20. und 28. August 1997 nennen lediglich die Durchsuchungsorte sowie zum Teil die Namen der Firmen, deren ¹Schriftstücke und sonstige Gegenstände, die als Beweismittel von Bedeutung sein könnenª für den Zeitraum 1990 bis 1996 im Rahmen der Durchsuchungen aufgefunden werden sollten. Eine Schilderung der Tatvorwürfe enthalten die Anordnungen ebensowenig wie die Angabe von Strafvorschriften. Zumindest die Bezeichnung des Straftat-
bestandes und der Steuerarten wäre aber im vorliegenden Fall neben der Nennung des Hinterziehungszeitraumes geboten gewesen. Dieser Mangel ist so schwerwiegend, daû die Durchsuchungsanordnungen keine verjährungsunterbrechende Wirkung entfalten konnten.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die verfassungsrechtlichen Anforderungen für eine Durchsuchungsanordnung dann als gewahrt angesehen werden können, wenn diese lediglich frühere ergänzt, die ihrerseits hinreichend bestimmt waren und sich auf denselben Tatvorwurf bezogen haben. Dies war hier jedenfalls nicht gegeben, da sich die Durchsuchungsanordnungen vom August 1997 erstmals auf die Körperschaftsteuerhinterziehung für das Jahr 1990 erstrecken sollten.

III.


Die auf die Verletzung formellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg. Der Erörterung bedarf lediglich folgendes:
Die Revision rügt, daû das Gericht die Verurteilung des Angeklagten wegen Nichtanmeldung der ¹Künstlereinkommensteuerª nach § 50a EStG auf längere und komplizierte fremdsprachige Urkunden gestützt hat, ohne diese nach Übersetzung im Wege der Verlesung oder im Selbstleseverfahren nach § 249 StPO in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben. Die Verwertung der Urkunden widerspreche daher § 261 StPO. Diese Rüge greift im Ergebnis nicht durch.
1. Soweit die Nichtverlesung der Vermerke von Rechtsanwalt W vom 19. Oktober 1995 und 24. Mai 1996 gerügt wurde, ist die Rüge bereits unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
2. Im übrigen ist die Rüge unbegründet.

a) Auch wenn die Strafprozeûordnung zur Beweiserhebung über den Inhalt von Urkunden und anderen als Beweismittel dienenden Schriftstücken grundsätzlich die Verlesung gemäû § 249 Abs. 1 StPO vorsieht, ist es nicht ausgeschlossen, Urkunden im Wege des Vorhalts in die Hauptverhandlung einzuführen (vgl. BGH, Urt. vom 7. November 1991 ± 4 StR 252/91 ±, insoweit in BGHSt 38, 111 nicht abgedruckt). Zurecht weist allerdings die Revision darauf hin, daû es sich bei einem Vorhalt nicht um einen Urkundenbeweis , sondern lediglich um einen Vernehmungsbehelf handelt. Ein Vorhalt kann nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht Grundlage einer Verurteilung sein. Beweisgrundlage ist nicht der Vorhalt, sondern die bestätigende Erklärung desjenigen, dem der Vorhalt gemacht wird (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 11, 159, 160 und 11, 338, 340/341). Der Inhalt einer Urkunde kann somit durch ihre Erörterung Gegenstand der Hauptverhandlung werden (vgl. BGHSt 11, 159, 160; BGH NJW 1992, 3247, 2348). In einem solchen Fall bedarf es keiner Verlesung der Urkunde. Der Tatrichter kann vielmehr die vom Angeklagten auf die ± nicht nach § 273 StPO protokollierungspflichtigen (vgl. BGHSt 11, 159, 161; BGH bei Kusch NStZ 1995, 220) ± Vorhalte über den Inhalt der Schriftstücke abgegebenen Erklärungen seiner Überzeugungsbildung zugrunde legen (vgl. BGH, Urt. vom 15. März 1978 ± 2 StR 666/77 ±).
Der Einführung des Inhalts eines Schriftstücks in die Hauptverhandlung im Wege des Vorhalts sind jedoch, insbesondere wenn das Urteil auf den Wortlaut des Schriftstücks gestützt werden soll (vgl. hierzu BGHSt 5, 278; BGH, Urt. vom 6. Juni 1957 ± 4 StR 165/57 ±), dann Grenzen gesetzt, wenn es sich bei dem vorgehaltenen Schriftstück um ein längeres oder ein solches handelt, das sprachlich oder inhaltlich schwer zu verstehen ist. Es bestünde dann nicht die Gewähr dafür, daû die Auskunftsperson den Sinn der schriftlichen Erklärung auf den bloûen inhaltlichen Vorhalt hin richtig erfaût hat (BGHSt 11, 159, 160 f., vgl. auch BGH StV 1999, 359). Dies könnte die Wahrheitsfindung gefährden und das rechtliche Gehör und damit die Verteidigung des Angeklagten beeinträchtigen (BGHSt 5, 278, 279).
Andererseits kommt auch in diesem Fall ein Verstoû gegen die §§ 249, 261 StPO nur dann in Betracht, wenn aus dem Schriftstück Tatsachen entnommen worden sind, die überhaupt eines Beweises bedurften. Dies ist z. B. dann nicht der Fall, wenn Schriftstücke in den Urteilsgründen nicht zum Zwecke des Beweises, sondern nur zur Schilderung eines nicht bestrittenen und unzweifelhaften Sachverhalts wörtlich wiedergegeben werden (BGHSt 11, 159, 162).
Auch im Falle eines (Teil-)Geständnisses, in dem der Angeklagte den äuûeren Geschehensablauf im wesentlichen eingeräumt hat, ist eine im Urteil vorgenommene Verwertung des Inhalts in der Hauptverhandlung nicht verlesener Schriftstücke, die dem Angeklagten vorgehalten wurden und zu denen er sich geäuûert hat, nicht von vornherein ausgeschlossen. Sie verstöût jedenfalls dann nicht gegen §§ 261, 249 StPO, wenn es für das Urteil nicht auf den genauen Wortlaut der Urkunden ankommt und der Angeklagte, dem die zugrunde liegenden Umstände bekannt waren, aufgrund des Vorhalts den Inhalt der Schriftstücke in groben Zügen erfassen konnte und auch tatsächlich erfaût hat, sofern sich die Verwertung im Urteil auf diese groben Züge beschränkt.
So verhält es sich hier. Der Angeklagte räumte nach den Urteilsfeststellungen den äuûeren Geschehensablauf hinsichtlich der Gagenzahlungen an die drei Tenöre im Wege vorgeblicher Lizenzzahlungen über die dazwischen geschalteten ausländischen Firmen vollständig ein (UA S. 104, 130). Insbesondere bestätigte er die gesamte festgestellte steuerliche Konzeption (UA S. 126) sowie den festgestellten Zahlungsfluû, wie er sich auch aus den ihm vorgehaltenen Zahlungsaufstellungen ergibt. Der Angeklagte behauptete lediglich einschränkend, daû es sich bei der festgestellten vertraglichen Konstruktion um eine von den Tenören an ihn herangetragene Möglichkeit der ¹Steueroptimierungª gehandelt habe, wobei den Gagen Bruttovereinbarungen zugrunde gelegen hätten (UA S. 117). Auûerdem habe er sich mit der
Firma TCP ein dauerhaftes Standbein seiner geschäftlichen Aktivitäten im Ausland schaffen wollen (UA S. 122).
Das Landgericht hat dem Angeklagten lediglich solche Schriftstücke vorgehalten und sie mit ihm erörtert, die von ihm stammten, an ihn gerichtet waren oder ihm sonst bekannt waren, weil sie zentrale Punkte seiner Geschäftstätigkeit im Rahmen der Organisation der Konzerttournee der drei Tenöre betrafen. Da die Schriftstücke den Sachverhaltskomplex betrafen, dessen äuûeren Geschehensablauf der Angeklagte im wesentlichen eingeräumt hatte, konnte er sich zu ihnen ± auch soweit es sich um längere oder für Auûenstehende kompliziert erscheinende Schriftstücke handelte ± ohne weiteres äuûern. Der Angeklagte wurde bei den Vorhalten insbesondere nicht mit ihm unbekannten oder für ihn schwer verständlichen Sachverhalten konfrontiert , was Bedenken an der Zulässigkeit der Vorhalte rechtfertigen hätte können. Der genaue Wortlaut der Urkunden spielte für die Beweiswürdigung keine Rolle und ist im Urteil nicht wiedergegeben. Es ist daher auszuschlieûen, daû das Gericht die Schriftstücke als vermeintlich verlesene Urkunden verwertet hat (vgl. hierzu BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985, 495). Wenn das Gericht aus dem vom Angeklagten bestätigten Inhalt der Schriftstücke dann andere Schlüsse zieht als der Angeklagte oder die Verteidigung, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.

b) Soweit die Revision rügt, daû dem Angeklagten einzelne Schriftstücke nicht einmal vorgehalten wurden, widerspricht dies den Feststellungen im Urteil, nach denen der Angeklagte den Inhalt dieser mit ihm erörterten Schriftstücke bestätigt hat (UA S. 130). Die Rüge, ein derartiger Vorhalt sei nicht vorgenommen worden, muû aber bereits deshalb erfolglos bleiben, weil kein Beweis für die Richtigkeit der Behauptung erbracht werden kann. Es widerspräche der Ordnung des Revisionsverfahrens, über Vorgänge in der Hauptverhandlung, die keine wesentlichen Förmlichkeiten darstellen und deshalb in die Sitzungsniederschrift nicht aufzunehmen sind, Beweis zu er-
heben (BGHSt 17, 351, 352 f.; 31, 139, 140). Dies käme einer Wiederholung eines Teils der tatrichterlichen Verhandlung gleich.

c) Eine Übersetzung der fremdsprachigen Urkunden ins Deutsche war nicht erforderlich, da Beweisgrundlage nicht die Urkunden selbst, sondern die Äuûerungen des Angeklagten waren. Für einen Vorhalt ist die Übersetzung fremdsprachlicher Urkunden nicht erforderlich, wenn deren Inhalt den Prozeûbeteiligten in zutreffender Weise zur Kenntnis gebracht wird (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1975, 369).

IV.


Die Sachrüge des Angeklagten hat teilweise Erfolg.
1. Soweit der Angeklagte wegen unterlassenen Steuerabzugs von Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in vier Fällen (Fälle III.D.3 Nrn. 3, 14, 16 und 21 der Urteilsgründe) wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, ist die Verurteilung aufzuheben; der Schuldspruch bedarf erneuter tatrichterlicher Prüfung. Rechtsfehlerfrei geht das Landgericht davon aus, daû der Tatbestand erfüllt ist; die Feststellungen, mit denen das Landgericht eine strafbefreiende Wirkung von Selbstanzeigen ausgeschlossen hat, sind jedoch lückenhaft und tragen die Verneinung der Wirksamkeit der Selbstanzeigen nicht.
Der Angeklagte war gemäû § 50a Abs. 4 EStG i.V.m. §§ 73 ff. EStDV verpflichtet, von den an nicht in Deutschland ansässige Künstler gezahlten Gagen im Wege des Steuerabzugs die anfallende Einkommensteuer (sog. Künstlereinkommensteuer) einzubehalten, anzumelden und an das Finanzamt abzuführen. Dieser Verpflichtung ist der Angeklagte in den oben genannten Fällen nicht nachgekommen und wurde deshalb vom Landgericht rechtsfehlerfrei jeweils der Steuerhinterziehung für schuldig befunden.
Nach den Urteilsfeststellungen reichte der Angeklagte zwischen dem 4. und 11. April sowie am 30. Juli 1997 beim zuständigen Finanzamt Steueranmeldungen mit berichtigten Angaben ein, die das Landgericht rechtsfehlerfrei als Selbstanzeigen angesehen hat. In der Hauptverhandlung gab der Angeklagte an, daû es sich hierbei um ¹freiwillige Selbstanzeigenª gehandelt habe, die er aufgrund einer inneren Abkehr von den Taten vorgenommen habe, ohne mit der Tatentdeckung gerechnet zu haben. Das Landgericht erachtet diese Einlassung jedoch für widerlegt; es verneint gemäû § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeigen, da die Taten, auf die sich die Anmeldungen bezogen hätten, zum Zeitpunkt der Berichtigung bereits entdeckt gewesen seien und der Angeklagte bei verständiger Würdigung der Sachlage damit habe rechnen müssen. Am 17. März 1997 habe wegen anderer Steuerstraftaten des Angeklagten eine Durchsuchungsaktion stattgefunden. Da ihm Umfang und Inhalt der sichergestellten Beweismittel bekannt gewesen seien, sei ihm auch wegen der konkreten Fassung der Durchsuchungsbeschlüsse und des Haftbefehls klar gewesen, daû die eingearbeiteten Ermittlungskräfte innerhalb weniger Tage auch die Taten der Hinterziehung der Künstlereinkommensteuer entdecken würden. Hinzu komme, daû der Angeklagte auch aufgrund eines Schreibens seines Steuerberaters vom 14. März 1997 erkannt habe, daû dieser mit einer unmittelbar bevorstehenden Entdeckung der Taten gerechnet habe. Tatsächlich führten die Auswertungen der sichergestellten Beweismittel bereits am 25. und 26. März 1997 zu Verfahrenserweiterungen auf die Hinterziehung von ¹Künstlereinkommensteuerª in den Jahren 1995 und 1996 beziehungsweise 1990 bis 1994.
Die Erwägungen des Landgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar ist die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeigen trotz der bei dem Angeklagten am 17. März 1997 von der Steuerfahndung durchgeführten Durchsuchung nicht bereits gemäû § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. a oder b AO ausgeschlossen. Die Urteilsfeststellungen zur Tatentdeckung im Sinne von § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO sind jedoch lückenhaft. Sie lassen besorgen, daû das
Landgericht den für eine Tatentdeckung maûgeblichen Tatbegriff verkannt hat und deshalb zu Unrecht weitgehend einen Anfangsverdacht hat ausreichen lassen.
Im einzelnen gilt folgendes:

a) Zurecht ist das Landgericht allerdings nicht bereits vom Ausschluû der Straffreiheit für die Selbstanzeigen allein aufgrund der am 17. März 1997 durchgeführten Durchsuchung ausgegangen.
aa) Zwar sind die Beamten der Steuerfahndung im Rahmen der Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Angeklagten ¹zur Ermittlung einer Steuerstraftatª im Sinne von § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AO erschienen. Das gegen den Angeklagten eingeleitete Ermittlungsverfahren betraf jedoch andere Taten als diejenigen, die Gegenstand seiner späteren Selbstanzeigen waren. Das Ermittlungsverfahren erstreckte sich zum Zeitpunkt der Durchsuchung lediglich auf den Verdacht der Hinterziehung persönlicher Steuern des Angeklagten und betrieblicher Steuern der von ihm geleiteten Gesellschaften, nicht aber auf die Hinterziehung von Künstlereinkommensteuern , hinsichtlich derer der Angeklagte später berichtigte Steuererklärungen abgab. Auf diesen Tatvorwurf wurde das Ermittlungsverfahren erst durch die Verfahrenserweiterungen vom 25. und 26. März 1997 ausgedehnt.
Obwohl der Wortlaut des § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AO, der lediglich von der Ermittlung ¹einer Steuerstraftatª spricht, weder eine zeitliche noch eine sachliche Begrenzung der Sperrwirkung vorsieht, ist diese Norm einschränkend auszulegen und die von ihr ausgehende Sperrwirkung formal zu begrenzen (h. M.; vgl. die Nachweise bei Kohlmann aaO § 371 Rdn. 150). Eine Sperrwirkung nach § 371 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AO besteht für die von späteren Selbstanzeigen erfaûten Sachverhalte jedenfalls dann nicht, wenn sie zum Zeitpunkt, in dem ein Amtsträger zur Ermittlung einer Steuerstraftat erschie-
nen ist, weder vom Ermittlungswillen des Amtsträgers erfaût waren noch mit dem bisherigen Ermittlungsgegenstand in engem sachlichen Zusammenhang standen.
So lag der Sachverhalt hier. Das Ermittlungsverfahren erstreckte sich zum Zeitpunkt der Durchsuchung ausschlieûlich auf den Verdacht der Hinterziehung von Steuerarten, die mit der Einkommensteuer der Künstler, für die der Angeklagte lediglich gemäû § 50a EStG im Steuerabzugsverfahren die Anmeldungs- und Abführungspflicht hatte, nicht eng verknüpft waren.
Es bedarf hier daher keiner Entscheidung, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen auch Sachverhalte von der Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. a AO erfaût werden, die zwar nicht von der Ermittlungsabsicht der Amtsträger umfaût sind, aber in einem engen sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang mit dem Verfahrensgegenstand des Ermittlungsverfahrens stehen (vgl. zur sachlichen und zeitlichen Reichweite der Sperrwirkung des § 371 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AO bereits BGH wistra 1983, 146 und die Nachweise zum Meinungsstand bei Kohlmann aaO Rdn. 158 ff. und Franzen /Gast/Joecks aaO § 371 Rdn. 149 ff.).
bb) Da das Ermittlungsverfahren erst am 25. bzw. 26. März 1997 auf den Verdacht der Hinterziehung von Künstlereinkommensteuer erweitert wurde, konnte hier ± ungeachtet der grundsätzlichen Möglichkeit, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Übergabe einer Durchsuchungsanordnung nach § 102 StPO bekanntzugeben (vgl. Kohlmann aaO Rdn. 174; Franzen/Gast/Joecks aaO Rdn. 168) ± im Rahmen der Durchsuchung vom 17. März 1997 auch keine sich auf diesen Tatvorwurf erstreckende Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Sinne von § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO an den Angeklagten erfolgt sein. Wegen des jedenfalls fehlenden engen Zusammenhangs zum bisherigen Verfahrensgegenstand konnte ± unabhängig vom insoweit zugrunde zu legenden Tatbegriff (vgl. hierzu die Nachweise bei Kohlmann aaO Rdn. 191 ff.) ± die Bekanntgabe der Tatvor-
würfe, auf die sich die Durchsuchungsanordnungen erstreckten, die Hinterziehung der Künstlereinkommensteuern nicht erfassen.

b) Die Urteilsfeststellungen lassen jedoch nicht erkennen, ob das Landgericht die sachliche Reichweite des Begriffs der Tatentdeckung im Sinne von § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO zutreffend bestimmt hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht für die Annahme einer Tatentdeckung ein bloûer Anfangsverdacht nicht aus. Das Merkmal der Tatentdeckung erfordert mehr als die Kenntnis von Anhaltspunkten , auch wenn die Wahrscheinlichkeit späterer Aufklärung gegeben ist (BGH wistra 1983, 197). Der Tatverdacht muû sich soweit konkretisiert haben , daû bei vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit eines verurteilenden Erkenntnisses gegeben ist (vgl. BGHR AO § 371 ± Selbstanzeige 5; BGH wistra 1983, 197; 1985, 74, 75; 1988, 308; 1993, 227; Kohlmann aaO Rdn. 203 m.w.N.; Franzen/Gast/Joecks aaO Rdn. 186).
Die Feststellungen des Landgerichts ermöglichen keine revisionsgerichtliche Überprüfung der Subsumtion unter den Rechtsbegriff der Tatentdeckung , da sie konkrete Angaben zur Kenntnis der Finanzbehörden von den einzelnen Taten vermissen lassen. Der Umfang der hierfür erforderlichen Feststellungen richtet sich nach dem Begriff der Tat im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO.
aa) Nach einer Ansicht ist der Begriff der Tat im materiell-rechtlichen Sinn zu verstehen (vgl. Engelhardt in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO und FGO § 371 AO Rdn. 242, Kohlmann aaO Rdn. 241, 206, 191.2). Danach stellt die Hinterziehung von Steuern für jede Steuerart und jeden Besteuerungszeitraum eine selbständige Tat dar. Nach einer anderen Ansicht ist unter ¹Tatª im Sinne des § 371 AO die Tat im strafprozessualen Sinn des § 264 StPO und damit als einheitliches historisches Geschehen zu verstehen (vgl. die Nachweise bei Kohlmann aaO).
Der Bundesgerichtshof hat noch zur fortgesetzten Handlung ausgesprochen , daû auch für einzelne Teile der Tat eine Selbstanzeige möglich ist (BGHR AO § 371 Abs. 1 ± Fortsetzungszusammenhang 1), wobei er allerdings ausdrücklich offen gelassen hat, wie weit die Ausschluûgründe des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO in die Vergangenheit oder in die Zukunft wirken. Der Bundesgerichtshof hat aber jedenfalls auf den Einzelakt (BGHR AO § 371 Abs. 2 Nr. 1 ± Sperrwirkung 1; AO § 371 Abs. 2 Nr. 2 ± Tatentdeckung 2; BGH wistra 1988, 308) oder auf die einzelne Handlung und die Zuordnung zu den einzelnen Steuerabschnitten abgestellt (BGHSt 35, 36, 37).
Nach Aufgabe der Rechtsprechung zur fortgesetzten Handlung ist ± insbesondere unter Berücksichtigung der mit § 371 AO vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzungen (vgl. hierzu Kohlmann aaO Rdn. 8 ff.) ± ohnehin auf die einzelne Handlung, d. h. auf die Nichtabgabe bzw. die Abgabe einer unrichtigen Steuererklärung, abzustellen. Die einzelne Tat im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO bestimmt sich folglich nach Steuerart, Besteuerungszeitraum und Steuerpflichtigem. Der Senat braucht hierbei im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, ob dies auch für die Fälle der Tateinheit bei gleichzeitiger Abgabe von in wesentlichen Punkten inhaltsgleichen Steuererklärungen gilt (zur Tateinheit vgl. BGHSt 33, 163; BGHR § 370 AO ± Konkurrenzen 11).
bb) Die Urteilsfeststellungen müssen daher so konkret gehalten sein, daû erkennbar wird, daû für jede einzelne Steuererklärung bei vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit eines verurteilenden Erkenntnisses gegeben ist. Dabei bedarf es indes entgegen der Ansicht der Revision nicht bereits der Kenntnis der Finanzbehörden von den jeweiligen Besteuerungsgrundlagen (so auch Koch/Scholz, AO § 371 5. Aufl. Rdn. 33); auch ist eine detaillierte Schilderung der entdeckten Tatumstände im Urteil nicht erforderlich.
Die Urteilsfeststellungen des Landgerichts werden diesen Anforderungen für eine revisionsgerichtliche Überprüfbarkeit der Subsumtion nicht ge-
recht. Das Urteil schildert hinsichtlich der Tatentdeckung längere Zeiträume (1995 bis 1996, 1990 bis 1994: UA S. 13). Es ist daher zu besorgen, das Landgericht habe übersehen, daû sich die Tatentdeckung auf die einzelnen unrichtigen oder nicht abgegebenen Steuererklärungen erstrecken muû und eine grobe Kenntnis des Gesamtgeschehens nicht ausreicht. Der Senat kann nicht ausschlieûen, daû das Landgericht angenommen hat, die Kenntnis der Unrichtigkeit einzelner Steuererklärungen und der Begehungsmodalitäten stelle die Tatentdeckung für den gesamten Tatkomplex in den angegebenen Zeiträumen dar. Zur Klarstellung hätte das Landgericht bei der gegebenen Sachlage zumindest darlegen müssen, daû die konkreten Erkenntnisse, auf die sich die Verurteilungserwartung stützt, gerade für diejenigen Taten bereits vorgelegen haben, hinsichtlich derer später Selbstanzeigen abgegeben wurden. Da somit nicht auszuschlieûen ist, daû sich die vorhandenen Erkenntnisse der Steuerfahndung bei Abgabe der Selbstanzeigen ausschlieûlich auf andere Taten aus dem Tatzeitraum erstreckt haben und im übrigen nur ein Anfangsverdacht bestanden hat, beruht das Urteil auf diesem Fehler. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Angabe eines Tatzeitraumes dann ausreichen kann, wenn die Kenntnis bestanden hat, daû sämtliche in diesen Zeitraum fallenden Steuererklärungen unrichtig waren. Dies war hier nicht der Fall.
2. Die Verneinung einer wirksamen Selbstanzeige im Fall III.D.3 Nr. 25 der Urteilsgründe begegnet allerdings keinen rechtlichen Bedenken. Hinsichtlich dieser Tat ging die Selbstanzeige erst am 30. Juni 1997 ein (UA S. 81), obwohl dem Angeklagten die Verfahrenserweiterung insoweit bereits am 23. Juni 1997 mitgeteilt worden war (UA S. 14). Dies steht gemäû § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO einer strafbefreienden Wirkung der Selbstanzeige entgegen.
3. Danach bedarf es allein ergänzender Feststellungen zu den objektiven und subjektiven Umständen der Selbstanzeigen. Der Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach
sich. Der Senat schlieût aus, daû die Höhe der verbleibenden Einzelstrafen ± insbesondere die verhängte Einsatzstrafe von drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe ± davon beeinfluût sein kann.

V.


Soweit der Angeklagte wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer in 19 Fällen (Fälle III.D.4 Nrn. 3 bis 6 und 8 bis 22 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist, wird das Verfahren abgetrennt, da insoweit vor einer Entscheidung des Senates ein Vorabentscheidungsverfahren beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Gerichtshof) gemäû Art. 234 Abs. 3 EG durchzuführen ist.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurden die drei Tenöre im Rahmen der von dem Angeklagten organisierten Konzerttournee als Solisten tätig. Für die durchgeführten Veranstaltungen lagen jeweils Bescheinigungen der zuständigen Kulturbehörden vor, nach welchen die getätigten ¹Veranstaltungsumsätzeª denen der in § 4 Nr. 20 lit. a Satz 1 UStG genannten Einrichtungen gleichartig sind. Von den an die Tenöre für ihre Gesangsdarbietungen ausgezahlten Gagen behielt der Angeklagte als Geschäftsführer der als Konzertveranstalter tätigen Firmen nicht nur keine Einkommensteuern , sondern auch keine Umsatzsteuern im Wege des Steuerabzugs ein und führte solche auch nicht an das Finanzamt ab. Das Landgericht hat deswegen den Angeklagten in den genannten Fällen jeweils wegen Umsatzsteuerhinterziehung verurteilt. Zwar sind gemäû § 18 Abs. 8 Nr. 1 UStG i.V.m. §§ 51 ff. UStDV Leistungsempfänger nicht in Deutschland ansässiger Unternehmer verpflichtet, die Umsatzsteuer auf die von diesen Unternehmern erbrachten Leistungen einzubehalten, anzumelden und an das zuständige Finanzamt abzuführen. Eine Umsatzsteuerpflicht besteht indes dann nicht, wenn eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 UStG eingreift. Das Landgericht hat die im vorliegenden
Fall für die Umsätze der Tenöre in Betracht kommende Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 lit. a UStG mit der Begründung verneint, daû diese Vorschrift auf Solisten nicht anwendbar sei, da es sich bei diesen nicht um ¹Einrichtungenª im Sinne von § 4 Nr. 20 lit. a UStG handele.
Die Frage, ob es sich bei Solisten um ¹Einrichtungenª im Sinne von § 4 Nr. 20 lit. a UStG handeln kann, ist für das vorliegende Verfahren entscheidungserheblich , da die Kulturbehörden für die betroffenen Konzertveranstaltungen jeweils Bescheinigungen über die ¹Gleichwertigkeitª der ¹Veranstaltungsumsätzeª mit denen von Einrichtungen im Sinne von § 4 Nr. 20 lit. a UStG erteilt hatten. Diese Bescheinigungen über die Gleichartigkeit der kulturellen Aufgaben besitzen auch für das Strafverfahren materiellrechtliche Bindungswirkung (vgl. hierzu Vogel/Schwarz, UStG 11. Aufl. § 4 Nr. 20 Rdn. 6b). Dementsprechend ist das Landgericht davon ausgegangen, daû die Steuerbefreiungen auch für die darbietenden Künstler galten, soweit sie überhaupt nach § 4 Nr. 20 UStG steuerbefreiungsfähig waren.
Zur Klärung dieser Frage ist nach Art. 234 Abs. 3 EG die Vorabentscheidung des Gerichtshofs herbeizuführen, der für die Auslegung von Art. 13 Teil A Absatz 1 lit. n der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ± Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. EG 1977 Nr. L 145, 1) ausschlieûlich zuständig ist, dessen nationale Umsetzung § 4 Nr. 20 lit. a UStG darstellt.
2. Der Umstand, daû die vom Gerichtshof zu entscheidende Rechtsfrage die Mehrzahl und das Schwergewicht der vom Landgericht abgeurteilten Taten nicht betrifft, gebietet im vorliegenden Fall die Abtrennung der von der Rechtsfrage betroffenen Verfahrensteile zur Vorlage an den Gerichtshof.
Zwar kann die Aufspaltung des bisher einheitlichen Verfahrens ± insgesamt gesehen ± zu einer erhöhten zeitlichen Beanspruchung der Gerichte
und der Beteiligten sowie zur Notwendigkeit einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung führen. Im vorliegenden Fall können jedoch verfahrensökonomische Gesichtspunkte eine erhebliche, unvorhersehbar lange Verzögerung der übrigen Verfahrensteile nicht rechtfertigen. Das Schwergewicht der Taten, wegen derer der Angeklagte vom Landgericht verurteilt wurde, ist von der vom Gerichtshof zu entscheidenden Rechtsfrage nicht betroffen. Die Einsatzstrafe von drei Jahren und sechs Monaten kann aufgrund des vorliegenden Beschlusses in Rechtskraft erwachsen. Insbesondere gebietet die sich aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK ergebenden Pflicht zur Beschleunigung des Verfahrens, im Hinblick auf die nicht von der Vorlagepflicht erfaûten Verfahrensteile , eine Abtrennung des Verfahrens vorzunehmen.
Harms Häger Basdorf Tepperwien Raum

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 545/07
vom
19. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 19. Juni 2008 gemäß § 349 Abs. 4,
§ 354 Abs. 1, § 206 a Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 16. Mai 2007 aufgehoben. Das Verfahren wird eingestellt. Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens. Es wird davon abgesehen, ihr die notwendigen Auslagen des Angeklagten aufzuerlegen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in fünf Fällen, davon in einem Fall in 146 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten ist das Urteil aufzuheben und das Verfahren einzustellen, weil bereits vor Erhebung der Anklage Verfolgungsverjährung eingetreten war.

I.


2
Nach den Feststellungen täuschte der Angeklagte durch falsche Angaben und unzutreffende Verkaufsunterlagen vier Anleger eigenhändig sowie 146 Anleger mittels gutgläubiger Anlageberater über die Renditeerwartung und Sicherheiten einer Kapitalanlage in Form der stillen Beteiligung an einer Kom- manditgesellschaft. Im Zeitraum vom 22. November 1996 bis 24. Januar 2001 zahlten diese 150 Anleger irrtumsbedingt Einlagen zwischen 10.000 und 100.000 DM in einem Gesamtvolumen von etwa vier Millionen DM. In der Folgezeit verwendete der Angeklagte das Vermögen der KG für andere Unternehmen der "M. -Gruppe" sowie für sich und seine Familie. Wie vom Angeklagten von Anfang an zumindest billigend in Kauf genommen, wurde eine Rendite weder erzielt noch an die Anleger ausgeschüttet. Mit ihren Rückforderungsansprüchen in Folge der vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen verfügten Rückabwicklung der Anlagegeschäfte fielen die Anleger hinsichtlich der geleisteten Einlagen bei einer Insolvenzquote von 1,17 % weitestgehend aus.

II.

3
Die Ahndung der Betrugstaten ist wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung ausgeschlossen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 StGB). Der letzte Betrug war mit Zahlung der Einlage am 24. Januar 2001 beendet. Die damit in Lauf gesetzte (§ 78 a StGB) fünfjährige Verjährungsfrist (§ 263 Abs. 1, § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) ist zwar durch die Anordnung der ersten Vernehmung des Angeklagten als Beschuldigter vom 9. April 2001 unterbrochen worden (§ 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB). Bis zur nächsten in Betracht kommenden Unterbrechungshandlung, der Anklageerhebung vom 24. April 2006 (§ 78 c Abs. 1 Nr. 6 StGB), sind jedoch mehr als fünf Jahre vergangen, ohne dass die Verjährung in der Zwischenzeit durch eine sonstige Maßnahme erneut unterbrochen worden wäre.
4
1. Die Anordnung der ersten Beschuldigtenvernehmung vom 9. April 2001 hat die Verjährung sämtlicher in Betracht kommender Delikte des Angeklagten zur Erlangung und bei der weiteren Verwendung der Einlagegelder unterbrochen. Dies gilt auch dann, wenn die dem Angeklagten im Laufe der Er- mittlungen angelasteten Untreuetaten einer- und die Betrugstaten andererseits prozessual eigenständige Taten darstellen.
5
a) Sind mehrere selbständige Straftaten im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens, so erstrecken sich verjährungsunterbrechende Untersuchungshandlungen grundsätzlich auf alle diese Taten, sofern nicht der Verfolgungswille des tätig werdenden Strafverfolgungsorgans erkennbar auf eine oder mehrere der Taten beschränkt ist (BGH NStZ 2001, 191; NStZ 1990, 436, 437; BGHR StGB § 78 c Abs. 1 Handlung 4; BGHR StGB § 78 c Abs. 1 Nr. 1 Bekanntgabe 2; Schmid in LK 12. Aufl. § 78 c Rdn. 8). Entscheidendes Kriterium für die sachliche Reichweite der Unterbrechungswirkung einer Verfahrenshandlung ist daher der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden. Für die Bestimmung dessen Umfangs ist maßgeblich, was nach dem Wortlaut der Maßnahme, nach dem sonstigen Akteninhalt sowie dem Sach- und Verfahrenszusammenhang mit der jeweiligen Untersuchungshandlung bezweckt wird (BGH NStZ 2000, 427; NStZ 2007, 213, 214 f.). Dabei dürfen die Anforderungen an die Konkretisierung des Verfolgungswillens in einem frühen Verfahrensstadium nicht überspannt werden; es genügt, wenn die von ihm erkennbar erfassten Taten derart individualisiert sind, dass sie von denkbaren ähnlichen oder gleichartigen Vorkommnissen unterscheidbar sind (BGH NStZ 2001, 191). Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob es sich im konkreten Fall zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten auswirkt, wenn der in Rede stehenden Verfahrensmaßnahme verjährungsunterbrechende Wirkung zukommt. Verbleiben hieran Zweifel, so ist zu Gunsten des Angeklagten zu entscheiden (BGH NStZ 1996, 274).
6
b) Nach dem Wortlaut der die Beschuldigtenvernehmung anordnenden Verfügung vom 9. April 2001, dem weiteren Akteninhalt sowie dem Sach- und Verfahrenszusammenhang sind von der verjährungsunterbrechenden Wirkung der Anordnung nicht nur die Untreuehandlungen bezüglich der Zinserträge der Anleger sowie der Entnahmen zum Nachteil der KG, sondern auch die zur Verurteilung gelangten Betrugstaten erfasst worden. Zwar hatte sich die ermittlungsauslösende Strafanzeige des amtlich bestellten Abwicklers der KG vom 26. März 2001 vornehmlich auf die veruntreuende Verwendung der vereinnahmten Gelder gestützt; jedoch waren durch die der Anzeige beigefügten Anlagen von Anfang an verdachtsbegründende Tatsachen auch hinsichtlich der betrügerischen Akquise der Gelder zur Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden gelangt. Diesen Anlagen entsprechend hat die staatsanwaltschaftliche Verfügung vom 9. April 2001 den Tatvorwurf als "versuchten Betrug" bezeichnet. Das daraufhin verfasste Schreiben des Polizeipräsidiums O. an das Bundeskriminalamt sowie das Landeskriminalamt vom 18. Mai 2001, das über den Sach- und Verfahrenszusammenhang Rückschlüsse auf den Ermittlungsauftrag und das Verfolgungsinteresse zulässt, hat den Tatvorwurf als "Anlagebetrug" bezeichnet, die Tathandlung in der Erlangung der Gelder im Wege von Beteiligungsverträgen mit den Anlegern als stillen Gesellschaftern gesehen und den Schaden mit 3,7 Millionen DM, der damaligen Summe der geleisteten Einlagen, berechnet.
7
2. Weitere Maßnahmen, die zur erneuten Unterbrechung der Verjährung innerhalb der ab dem 9. April 2001 neu laufenden (§ 78 c Abs. 3 Satz 1 StGB) fünfjährigen Verjährungsfrist geführt hätten, liegen nicht vor.
8
a) Weder die Gewährung von Akteneinsicht am 25. Mai 2001 noch die Mitteilung des Eingangs weiterer Anzeigen am 23. Oktober 2001 konnten als Maßnahmen im Sinne des § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB zu einer Verjährungsunterbrechung führen. Zwar kann die Gewährung von Akteineinsicht grundsätzlich als verjährungsunterbrechende Handlung nach § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB angesehen werden (BGHR StGB § 78 c Abs. 1 Nr. 1 Bekanntgabe 2; BGH StraFo 2008, 155, 156 m. w. N.), ebenso die Mitteilung des Eingangs weiterer Anzeigen. Da allerdings die Verjährung bereits am 9. April 2001 nach § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB für alle in Betracht kommenden Betrugs- und Untreuetaten unterbrochen worden war, konnte die Akteneinsicht und die Mitteilung des Eingangs neuer Anzeigen nicht zu einer nochmaligen Unterbrechung führen. Denn sämtliche Maßnahmen des § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB bilden eine Einheit, so dass, sobald eine der dort genannten Unterbrechungshandlungen durchgeführt worden ist, die Verjährung durch eine andere der in Nr. 1 aufgezählten Maßnahmen nicht erneut unterbrochen werden kann (vgl. BGH NStZ 2005, 33; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 78 c Rdn. 5). Alle in Nr. 1 aufgeführten Handlungen sind lediglich zu einer einmaligen Unterbrechung der Verjährung geeignet und stehen hierfür nur alternativ zur Verfügung (Schmid aaO Rdn. 19).
9
b) Die schriftliche Befragung des Abwicklers der KG als sachverständigen Zeugen mit Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 8. Juni 2001 war zur Unterbrechung der Verjährung nicht geeignet; denn sie stellte keine staatsanwaltschaftliche Beauftragung eines Sachverständigen im Sinne des § 78 c Abs. 1 Nr. 3 StGB dar. Zwar hätten die an den über besonderen Sachverstand verfügenden Abwickler der KG gestellten Fragen auch Beweisthema eines Sachverständigengutachtens sein können und sind mit Übersendung eines anderweit erstellten "Abwicklungsgutachtens" beantwortet worden; jedoch hat die schriftliche Beantwortung der Fragen ausweislich des Schreibens der Staatsanwaltschaft lediglich die zeugenschaftliche Vernehmung des Abwicklers ersetzen sollen. Ein Sachverständigenauftrag ist dabei weder ausdrücklich noch der Sache nach erteilt worden. Damit steht in Einklang, dass sowohl in der (unwirk- samen) Anklage vom 9. Oktober 2002 als auch in der (wirksamen) Anklage vom 17. März 2006 der Abwickler der KG jeweils als Zeuge und nicht als Sachverständiger aufgeführt wurde. Eine Auslegung des abschließenden und eng auszulegenden Katalogs des § 78 c Abs. 1 StGB dahin, dass auch die schriftliche Befragung eines sachverständigen Zeugen erfasst sei, ist nicht möglich (vgl. BGHSt 28, 381 ff. m. w. N.).
10
c) Ebenso wenig hat die Erhebung der ersten Anklage vom 9. Oktober 2002 die Verjährung nach § 78 c Abs. 1 Nr. 6 StGB unterbrochen. Diese Anklage ist wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitserfordernis des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO unwirksam gewesen, weil sich ihr nicht hat entnehmen lassen , welche genauen Tatvorwürfe gegen den Angeklagten erhoben werden sollten. Aus diesem Grund hat die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Duisburg mit - seit dem 13. Mai 2003 durch Rücknahme der Beschwerde rechtskräftigem - Beschluss vom 5. März 2003 die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtlich zutreffend abgelehnt. Durch die Erhebung einer Anklage, die den Voraussetzungen des § 200 StPO nicht entspricht und deshalb unwirksam ist, kann die Verjährung indes nicht gemäß § 78 c Abs. 1 Nr. 6 StGB unterbrochen werden (OLG Bremen StV 1990, 25; zustimmend Stree/Sternberg-Lieben aaO Rdn. 14; Schmid aaO Rdn. 9 und 30; Fischer, StGB 55. Aufl. § 78 c Rdn. 16). Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Frage der verjährungsunterbrechenden Wirkung von unwirksamen - und nicht nur fehlerhaften - Eröffnungsbeschlüssen (BGHSt 29, 351, 357) und von nicht konkretisierten richterlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen (BGH NStZ 2000, 427, 428; NStZ 2004, 275). Für die Erhebung einer unwirksamen Anklage kann nichts anderes gelten. Auf die Frage, ob die wegen des Vorwurfs der Untreue erhobene Anklage die Verjährung auch bezüglich der dem Ange- klagten angelasteten Betrugstaten überhaupt hätte unterbrechen können, kommt es danach nicht an.
11
d) Auch die anschließende Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom 12. September 2003 über die Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme der Ermittlungen unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt hat die Verjährung nicht unterbrochen. Da bereits am 9. April 2001 die Beschuldigtenvernehmung mit verjährungsunterbrechender Wirkung auch für die dem Angeklagten angelasteten Betrugstaten angeordnet worden war und die Maßnahmen nach § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB eine Einheit bilden, von denen nur die erste die Verjährung unterbricht (s. oben 2.a), hat diese Mitteilung verjährungsrechtlich keine Wirkung entfaltet.
12
aa) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass es das Landgericht durch den rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 5. März 2003 abgelehnt hat, die Anklage vom 9. Oktober 2002 zur Hauptverhandlung zuzulassen. Dies hat nicht etwa zu einer "Erledigung" des Ermittlungsverfahrens geführt mit der Folge, dass dessen Fortführung bzw. die "Wiederaufnahme" der Ermittlungen der Einleitung eines neuen Ermittlungsverfahrens gleichgestanden hätte und der diesbezüglichen Mitteilung daher Unterbrechungswirkung nach § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB zugekommen wäre (s. Schmid aaO Rdn. 21 unter Hinweis auf OLG Koblenz, OLGSt OWiG § 84 Nr. 1: Erledigung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Ordnungswidrigkeit durch bestandskräftigen Bußgeldbescheid mit anschließender Aufnahme der Ermittlungen wegen Straftaten). Durch die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens ist vielmehr lediglich das durch die - unwirksame - Anklageerhebung eingeleitete gerichtliche Verfahren nach §§ 199 ff. StPO abgeschlossen worden, nicht dagegen das - nunmehr wieder in den Händen der Staatsanwaltschaft liegende - Verfahren insgesamt, das jederzeit , sei es nach weiteren Ermittlungen oder nicht, durch erneute Anklageerhebung (wegen Untreue oder wegen Betruges oder wegen beidem) wieder beim Landgericht anhängig gemacht werden konnte. Zwar hat die Staatsanwaltschaft den Ermittlungsschwerpunkt nunmehr von der Veruntreuung der Zinserträge der Anleger sowie des Vermögens der KG hin zu der betrügerischen Erlangung der Einlagen verlagert; dies steht jedoch nicht der Einleitung eines neuen Ermittlungsverfahrens gleich, zumal der Verfolgungswille sich schon zu Beginn der ursprünglichen Ermittlungen im April 2001 auf die Betrugstaten erstreckt hatte.
13
bb) Zudem erfasst der Wortlaut des § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB, der auf die "erste" Vernehmung bzw. die Bekanntgabe, dass ein Ermittlungsverfahren "eingeleitet ist" abstellt, den Fall der "Wiederaufnahme bzw. Fortsetzung" der Ermittlungen nicht. Eine entsprechende Anwendung des abschließenden Katalogs des § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB zu Ungunsten des Angeklagten verbietet sich, weil die Vorschriften über die Unterbrechung der Verjährung als materiellrechtliche Ausnahmeregelungen einer Analogie nicht zugänglich sind (BGH NStZ-RR 2005, 44; Fischer aaO Rdn. 7).
14
3. Zum Zeitpunkt der wirksamen Anklageerhebung am 24. April 2006 waren seit dem ersten Vernehmungsauftrag vom 9. April 2001 mehr als fünf Jahre vergangen. Dass der Abschlussvermerk der Staatsanwaltschaft und die Anklage vom 17. März 2006 datieren, einem Zeitpunkt, als noch keine Verjährung eingetreten war, ist unerheblich; denn für den Zeitpunkt der Erhebung der Anklage im Sinne des § 78 c Abs. 1 Nr. 6 StGB kommt es allein auf deren Eingang bei Gericht an. Dieser erfolgte erst am 24. April 2006 und damit in verjährter Zeit.

15
4. Nach alledem hätte bereits das Landgericht das Hauptverfahren wegen des Verfahrenshindernisses der Verfolgungsverjährung nicht eröffnen dürfen (§ 204 Abs. 1 StPO). Gemäß § 354 Abs. 1, § 206 a Abs. 1 StPO ist das Verfahren daher durch den Senat einzustellen. Die neben den Betrugstaten verfolgten Untreue- und Insolvenzstraftaten sowie die strafbewehrten Verstöße gegen das KWG und das UWG sind bereits von der Staatsanwaltschaft nach §§ 154, 154 a StPO eingestellt worden; aus den dargestellten Gründen ist auch insoweit Verfolgungsverjährung eingetreten.

III.

16
Bei der Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Angeklagten (§ 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO) übt der Senat das ihm eingeräumte Ermessen dahin aus, dass davon abgesehen wird, der Staatskasse die notwendigen Auslagen des Angeklagten aufzuerlegen; denn ohne das Verfahrenshindernis wäre der Angeklagte sicher wegen mehrfachen Betruges verurteilt worden (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 467 Rdn. 16).
17
Das Verfahren wurde in erster Instanz bis zur Schuldspruchreife durchgeführt (vgl. BVerfG NJW 1987, 2427; NJW 1990, 2741; NJW 1992, 1611, 1612). Ferner lagen dem Senat die Revisionsbegründung sowie die Stellungnahme des Generalbundesanwalts nebst der Erwiderung durch den Revisionsführer vor. Deren Prüfung hat ergeben (vgl. BGH bei Becker NStZ-RR 2003, 103 f.), dass die Revision des Angeklagten nicht in einem Maße Erfolg gehabt hätte, das die Auferlegung der notwendigen Auslagen des Angeklagten auf die Staatskasse angezeigt erscheinen ließe.
18
Die Verfahrensrügen, mit denen geltend gemacht worden ist, der Angeklagte sei bis zum 16. Verhandlungstag unzureichend verteidigt gewesen beziehungsweise nach Beiordnung eines zweiten Verteidigers sei das Verfahren rechtsfehlerhaft nicht ausgesetzt worden, hätten aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht durchgreifen können. Die sachlichrechtliche Überprüfung des landgerichtlichen Urteils hat - abgesehen von der unzutreffenden Beurteilung der Verjährungsfrage - einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nur insoweit aufgedeckt, als die Dauer der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nicht in rechtlich zutreffender Weise festgestellt und kompensiert worden war. Da dieser Rechtsfehler jedoch den Schuldspruch nicht berührt und die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung auch nicht zu einer Verfahrenseinstellung hätte führen können, hält der Senat es für angemessen, der Staatskasse die notwendigen Auslagen des Angeklagten nicht aufzuerlegen.
Becker Miebach Pfister
Hubert Schäfer

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 453/16
vom
21. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls
ECLI:DE:BGH:2016:211216B3STR453.16.1

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 21. Dezember 2016 gemäß § 349 Abs. 4, § 354 Abs. 1, § 206a Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 6. Juli 2016 mit den Feststellungen aufgehoben und das Verfahren eingestellt. 2. Die Kosten des Verfahrens und die der Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. 3. Über die Verpflichtung zur Entschädigung der Angeklagten nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen entscheidet der Senat nach Anhörung der Beteiligten durch gesonderten Beschluss.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die nicht ausgeführte Verfahrensrüge ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Sachrüge hat dagegen Erfolg; sie führt zur Aufhebung des Urteils, soweit es die Angeklagte betrifft (§ 349 Abs. 4 StPO), und zur Einstellung des Verfahrens gegen sie, weil es an einer Verfahrensvoraussetzung fehlt (§ 354 Abs. 1, § 206a Abs. 1 StPO).

I.

2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen fassten die Angeklagte und der Mitangeklagte U. G. den Entschluss, dass dieser in das Wohnhaus der alleinstehenden I. B. , der Mutter des geschiedenen Ehemanns der Angeklagten, T. B. , einbricht, um dort Bargeld und Wertsachen zu entwenden. Bei der Ausführung der gemeinschaftlich geplanten Tat traf der Mitangeklagte in dem Wohnhaus, nachdem er Diebesgut an sich genommen hatte, auf I. B. . Er erwürgte sie, stellte ihren Tod fest, beseitigte Spuren und verließ den Tatort mit der Beute, welche die Angeklagten später gemeinsam verbrauchten.
3
2. Das Landgericht hat angenommen, dass beide Angeklagte mittäterschaftlich einen Wohnungseinbruchdiebstahl begingen (§ 242 Abs. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 3, § 25 Abs. 2 StGB). Den von dem Mitangeklagten U. G. tateinheitlich verübten Mord (§ 211 StGB) hat es als der Angeklagten nicht zurechenbaren Mittäterexzess bewertet.

II.

4
1. Die Verurteilung der Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls durfte nicht ergehen. Es fehlt an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Strafantrages. Den Kindern der I. B. , H. Bi. und T. B. , die form- und fristgerecht (vgl. § 158 Abs. 2 StPO, § 77b StGB) Strafantrag gegen die Angeklagte gestellt haben (Bl. 869 f. d. SA Bd. IV), steht kein Antragsrecht zu. Im Einzelnen:
5
a) Nach § 247 StGB bedarf es für die Verfolgung des Wohnungseinbruchdiebstahls der Angeklagten zum Nachteil der verstorbenen I. B. , ihrer früheren Schwiegermutter, eines Strafantrages. Diese war Angehörige der Angeklagten im Sinne von § 11 Nr. 1 Buchst. a StGB, weil beide in gerader Linie verschwägert waren (§ 1590 Abs. 1 BGB); trotz der Scheidung von T. B. dauerte das Angehörigenverhältnis zur Tatzeit fort (s. auch § 1590 Abs. 2 BGB).
6
§ 247 StGB gilt nach seinem eindeutigen Wortlaut - anders als § 248a StGB - nicht nur für den Grundtatbestand des Diebstahls nach § 242 StGB, sondern für alle seine - auch in §§ 243, 244, 244a StGB normierten - Begehungsweisen , gleich ob gesetzlich als besonders schwere Fälle oder als Qualifikationstatbestände ausgestaltet (vgl. MüKoStGB/Hohmann, 2. Aufl., § 247 Rn. 2; NK-StGB-Kindhäuser, 4. Aufl., § 247 Rn. 2), damit auch für das abgeurteilte Vergehen gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Auf die Form der Beteiligung desjenigen, dessen Angehöriger der Verletzte ist, kommt es dabei nicht an (vgl. LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 247 Rn. 5).
7
b) Die beiden Kinder der Verstorbenen sind nicht strafantragsberechtigt.
8
aa) Das der I. B. zustehende Antragsrecht ist mit ihrem Tod nicht auf die Strafantragsteller übergegangen, sondern erloschen. § 77 Abs. 2 StGB, wonach ein Übergang des Antragsrechts beim Tod des Verletzten stattfindet , ist nicht anwendbar. Die Vorschrift bewirkt dies nur "in den Fällen, die das Gesetz bestimmt"; sie gilt daher nicht für das Strafantragserfordernis nach § 247 StGB, der einen derartigen Übergang - anders als etwa § 194 Abs. 1 Satz 5 oder § 230 Abs. 1 Satz 2 StGB - nicht vorsieht (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 6. Juni 2003 - 2 Ss 367/03, NStZ-RR 2004, 111, 112 [für § 266 Abs. 2 i.V.m. § 247 StGB]; NK-StGB-Kindhäuser aaO, Rn. 9 aE).
9
bb) Der Senat hat erwogen, ob H. Bi. und/oder T. B. möglicherweise als Erben der I. B. selbst Verletzte gemäß § 247 StGB gewesen sein könnten, wobei die Erbenstellung im Wege des Freibeweises zu klären gewesen wäre. Zwar ist das Antragsrecht als höchstpersönliches Recht nicht vererblich. Das Eigentum der Verstorbenen ging jedoch kraft Gesetzes unmittelbar mit dem Tod auf die Erben über (§ 1922 Abs. 1 BGB). Im Sinne des § 247 StGB verletzt ist - jedenfalls - der Eigentümer (s. hierzu im Einzelnen BGH, Urteil vom 26. Juli 1957 - 4 StR 257/57, BGHSt 10, 400, 401 ff.; S/SEser /Bosch, StGB, 29. Aufl., § 247 Rn. 10 f.; LK/Vogel aaO, Rn. 6).
10
Da für die Strafantragsberechtigung die Zeit der Tat maßgebend ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1979 - 4 StR 204/79, BGHSt 29, 54, 55 f.; S/S-Sternberg -Lieben/Bosch aaO, § 77 Rn. 10), käme ein originäres Antragsrecht der Strafantragsteller in Betracht, wenn entweder der Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB) über den Erbfall hinaus fortgedauert oder der Mitangeklagte U. G. dem Erbfall zeitlich nachfolgend eine der Angeklagten zurechenbare Unterschlagung (§ 246 Abs. 1 StGB) begangen hätte. Beide Alternativen liegen hier nicht vor.
11
(1) Eine Verletzung des Eigentums der Strafantragsteller durch den Wohnungseinbruchdiebstahl scheidet schon deshalb aus, weil dieser mit dem Tod der I. B. bereits beendet war. Daher braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob ein Strafantragsrecht auch demjenigen zusteht, dessen Verletzteneigenschaft ausschließlich im Zeitraum zwischen formeller Vollendung und materieller Beendigung der Tat besteht.
12
Ein Diebstahl ist beendet, wenn - in weiterer Verwirklichung der Zueignungsabsicht des Täters - der Gewahrsam an der Beute gefestigt und gesichert ist. Wann der Zeitpunkt erreicht ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgebende Kriterien sind, ob sich der Täter noch im unmittelbaren Herrschaftsbereich des Bestohlenen befindet oder noch direkte Eingriffsmöglichkeiten von diesem oder einem dritten Beobachter - gegebenenfalls in der Form der Nacheile - vorhanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 - 5 StR 395/14, BGHR StGB § 252 Frische Tat 5; Beschlüsse vom 18. Februar 1988 - 4 StR 28/88, BGHR StGB § 252 Frische Tat 3; vom 1. September 1999 - 1 StR 416/99, NStZ 2000, 31; vom 26. Mai 2000 - 4 StR 131/00, NStZ 2001, 88, 89 mwN; vom 1. Februar 2011 - 3 StR 432/10, NStZ 2011, 637, 638).
13
Mit dem Tod der I. B. trat die Beendigung des Wohnungseinbruchdiebstahls ein. Nach den Feststellungen lebte die Verstorbene allein in dem Wohnhaus, in das der Mitangeklagte U. G. einbrach. Durch den Tod endete der durch ihren generellen Gewahrsamswillen begründete Gewahrsam an den im Wohnhaus befindlichen Sachen, ohne dass er auf eine andere Person - etwa einen Mitbewohner oder eine (anwesende) Hausangestellte - hätte übergehen können (vgl. BGH, Urteile vom 14. Januar 1987 - 3 StR 546/86, BGHR StGB § 242 Abs. 1 Gewahrsam 1; vom 9. Dezember 2009 - 5 StR 403/09, StraFo 2010, 122 f.; S/S-Eser/Bosch aaO, § 242 Rn. 30). Ein I. B. oder einer solchen Person zuzuordnender Herrschaftsbereich existierte danach nicht mehr. Dass für den Mitangeklagten das reale Risiko des Einschreitens eines Dritten bestand, ist hier weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
14
(2) Eine dem Tod der I. B. zeitlich nachfolgende Unterschlagung , mit der das Eigentum der Strafantragsteller verletzt worden wäre, liegt ebenso wenig vor. Insbesondere der vom Mitangeklagten U. G. vorgenommene Abtransport der Beute stellt keine eigenständige Unterschlagungshandlung zum Nachteil der Erben dar.
15
Mit der Beendigung des Wohnungseinbruchdiebstahls war auch die Zueignung endgültig abgeschlossen. Es waren ein Aneignungs- und ein Enteignungserfolg eingetreten.
16
Hat sich indes ein Täter eine fremde Sache durch eine strafbare Handlung bereits zugeeignet, kann er sie sich in einem späteren Zeitpunkt nicht noch einmal im Sinne von § 246 Abs. 1 StGB zueignen, ohne vorher seine Scheineigentümerposition wieder aufgegeben zu haben (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1959 - GSSt 1/59, BGHSt 14, 38; ferner BGH, Urteil vom 17. Oktober 1961 - 1 StR 382/61, BGHSt 16, 280, 281 f.; Beschluss vom 13. Juli 1995 - 1 StR 309/95, NStZ-RR 1996, 131, 132; MüKoStGB/Hohmann aaO, § 246 Rn. 40; SSW-StGB/Kudlich, 3. Aufl., § 246 Rn. 20); eine solche Position lässt sich nicht beliebig wiederholend begründen. Ohne Einfluss hierauf ist, dass die (erste) strafbare Zueignungshandlung - wie hier - nicht verfolgt werden kann.
17
2. Die angeklagte prozessuale Tat (§ 264 StPO) umfasst auch kein sonstiges verfolgbares strafbares Verhalten der Angeklagten, so dass das Verfahren einzustellen ist.

III.

18
1. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten beruht auf § 467 Abs. 1, 3 Satz 2 Nr. 2 StPO. Der Senat hat von dem ihm durch § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO eingeräumten Ermessen dahin Gebrauch gemacht, nicht davon abzusehen, ihre notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Es ist nicht unbillig, die Staatskasse hiermit zu belasten. Maßgebend ist dafür zum einen, dass das Verfah- renshindernis bereits vor Anklageerhebung bestand und auch erkennbar war, ohne dass dies in einer tatrichterlichen Hauptverhandlung noch hätte aufgeklärt werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 1995 - 2 StR 331/94, BGHR StPO § 467 Abs. 3 Verfahrenshindernis 1); zum anderen ist ein prozessual vorwerfbares Verhalten der Angeklagten nicht ersichtlich (vgl. Meyer-Goßner /Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 467 Rn. 18 mwN).
19
2. Über die Verpflichtung zur Entschädigung der Angeklagten nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) hat der Senat selbst zu befinden, weil er die das Verfahren abschließende Sachentscheidung getroffen hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. März 2008 - 3 StR 378/07, StraFo 2008, 266; vom 26. Mai 2015 - 3 StR 437/12, StraFo 2015, 438, 439). Er behält dies einem weiteren Beschluss vor, der erlassen werden wird, nachdem die Beteiligten dazu angehört worden sind (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 StrEG). Becker Gericke Tiemann Berg Hoch

(1) Über die Verpflichtung zur Entschädigung entscheidet das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt. Ist die Entscheidung in der Hauptverhandlung nicht möglich, so entscheidet das Gericht nach Anhörung der Beteiligten außerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluß.

(2) Die Entscheidung muß die Art und gegebenenfalls den Zeitraum der Strafverfolgungsmaßnahme bezeichnen, für die Entschädigung zugesprochen wird.

(3) Gegen die Entscheidung über die Entschädigungspflicht ist auch im Falle der Unanfechtbarkeit der das Verfahren abschließenden Entscheidung die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig. § 464 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Strafprozeßordnung ist entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 453/16
vom
21. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls
ECLI:DE:BGH:2016:211216B3STR453.16.1

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 21. Dezember 2016 gemäß § 349 Abs. 4, § 354 Abs. 1, § 206a Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 6. Juli 2016 mit den Feststellungen aufgehoben und das Verfahren eingestellt. 2. Die Kosten des Verfahrens und die der Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. 3. Über die Verpflichtung zur Entschädigung der Angeklagten nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen entscheidet der Senat nach Anhörung der Beteiligten durch gesonderten Beschluss.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die nicht ausgeführte Verfahrensrüge ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Sachrüge hat dagegen Erfolg; sie führt zur Aufhebung des Urteils, soweit es die Angeklagte betrifft (§ 349 Abs. 4 StPO), und zur Einstellung des Verfahrens gegen sie, weil es an einer Verfahrensvoraussetzung fehlt (§ 354 Abs. 1, § 206a Abs. 1 StPO).

I.

2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen fassten die Angeklagte und der Mitangeklagte U. G. den Entschluss, dass dieser in das Wohnhaus der alleinstehenden I. B. , der Mutter des geschiedenen Ehemanns der Angeklagten, T. B. , einbricht, um dort Bargeld und Wertsachen zu entwenden. Bei der Ausführung der gemeinschaftlich geplanten Tat traf der Mitangeklagte in dem Wohnhaus, nachdem er Diebesgut an sich genommen hatte, auf I. B. . Er erwürgte sie, stellte ihren Tod fest, beseitigte Spuren und verließ den Tatort mit der Beute, welche die Angeklagten später gemeinsam verbrauchten.
3
2. Das Landgericht hat angenommen, dass beide Angeklagte mittäterschaftlich einen Wohnungseinbruchdiebstahl begingen (§ 242 Abs. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 3, § 25 Abs. 2 StGB). Den von dem Mitangeklagten U. G. tateinheitlich verübten Mord (§ 211 StGB) hat es als der Angeklagten nicht zurechenbaren Mittäterexzess bewertet.

II.

4
1. Die Verurteilung der Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls durfte nicht ergehen. Es fehlt an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Strafantrages. Den Kindern der I. B. , H. Bi. und T. B. , die form- und fristgerecht (vgl. § 158 Abs. 2 StPO, § 77b StGB) Strafantrag gegen die Angeklagte gestellt haben (Bl. 869 f. d. SA Bd. IV), steht kein Antragsrecht zu. Im Einzelnen:
5
a) Nach § 247 StGB bedarf es für die Verfolgung des Wohnungseinbruchdiebstahls der Angeklagten zum Nachteil der verstorbenen I. B. , ihrer früheren Schwiegermutter, eines Strafantrages. Diese war Angehörige der Angeklagten im Sinne von § 11 Nr. 1 Buchst. a StGB, weil beide in gerader Linie verschwägert waren (§ 1590 Abs. 1 BGB); trotz der Scheidung von T. B. dauerte das Angehörigenverhältnis zur Tatzeit fort (s. auch § 1590 Abs. 2 BGB).
6
§ 247 StGB gilt nach seinem eindeutigen Wortlaut - anders als § 248a StGB - nicht nur für den Grundtatbestand des Diebstahls nach § 242 StGB, sondern für alle seine - auch in §§ 243, 244, 244a StGB normierten - Begehungsweisen , gleich ob gesetzlich als besonders schwere Fälle oder als Qualifikationstatbestände ausgestaltet (vgl. MüKoStGB/Hohmann, 2. Aufl., § 247 Rn. 2; NK-StGB-Kindhäuser, 4. Aufl., § 247 Rn. 2), damit auch für das abgeurteilte Vergehen gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Auf die Form der Beteiligung desjenigen, dessen Angehöriger der Verletzte ist, kommt es dabei nicht an (vgl. LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 247 Rn. 5).
7
b) Die beiden Kinder der Verstorbenen sind nicht strafantragsberechtigt.
8
aa) Das der I. B. zustehende Antragsrecht ist mit ihrem Tod nicht auf die Strafantragsteller übergegangen, sondern erloschen. § 77 Abs. 2 StGB, wonach ein Übergang des Antragsrechts beim Tod des Verletzten stattfindet , ist nicht anwendbar. Die Vorschrift bewirkt dies nur "in den Fällen, die das Gesetz bestimmt"; sie gilt daher nicht für das Strafantragserfordernis nach § 247 StGB, der einen derartigen Übergang - anders als etwa § 194 Abs. 1 Satz 5 oder § 230 Abs. 1 Satz 2 StGB - nicht vorsieht (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 6. Juni 2003 - 2 Ss 367/03, NStZ-RR 2004, 111, 112 [für § 266 Abs. 2 i.V.m. § 247 StGB]; NK-StGB-Kindhäuser aaO, Rn. 9 aE).
9
bb) Der Senat hat erwogen, ob H. Bi. und/oder T. B. möglicherweise als Erben der I. B. selbst Verletzte gemäß § 247 StGB gewesen sein könnten, wobei die Erbenstellung im Wege des Freibeweises zu klären gewesen wäre. Zwar ist das Antragsrecht als höchstpersönliches Recht nicht vererblich. Das Eigentum der Verstorbenen ging jedoch kraft Gesetzes unmittelbar mit dem Tod auf die Erben über (§ 1922 Abs. 1 BGB). Im Sinne des § 247 StGB verletzt ist - jedenfalls - der Eigentümer (s. hierzu im Einzelnen BGH, Urteil vom 26. Juli 1957 - 4 StR 257/57, BGHSt 10, 400, 401 ff.; S/SEser /Bosch, StGB, 29. Aufl., § 247 Rn. 10 f.; LK/Vogel aaO, Rn. 6).
10
Da für die Strafantragsberechtigung die Zeit der Tat maßgebend ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1979 - 4 StR 204/79, BGHSt 29, 54, 55 f.; S/S-Sternberg -Lieben/Bosch aaO, § 77 Rn. 10), käme ein originäres Antragsrecht der Strafantragsteller in Betracht, wenn entweder der Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB) über den Erbfall hinaus fortgedauert oder der Mitangeklagte U. G. dem Erbfall zeitlich nachfolgend eine der Angeklagten zurechenbare Unterschlagung (§ 246 Abs. 1 StGB) begangen hätte. Beide Alternativen liegen hier nicht vor.
11
(1) Eine Verletzung des Eigentums der Strafantragsteller durch den Wohnungseinbruchdiebstahl scheidet schon deshalb aus, weil dieser mit dem Tod der I. B. bereits beendet war. Daher braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob ein Strafantragsrecht auch demjenigen zusteht, dessen Verletzteneigenschaft ausschließlich im Zeitraum zwischen formeller Vollendung und materieller Beendigung der Tat besteht.
12
Ein Diebstahl ist beendet, wenn - in weiterer Verwirklichung der Zueignungsabsicht des Täters - der Gewahrsam an der Beute gefestigt und gesichert ist. Wann der Zeitpunkt erreicht ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgebende Kriterien sind, ob sich der Täter noch im unmittelbaren Herrschaftsbereich des Bestohlenen befindet oder noch direkte Eingriffsmöglichkeiten von diesem oder einem dritten Beobachter - gegebenenfalls in der Form der Nacheile - vorhanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 - 5 StR 395/14, BGHR StGB § 252 Frische Tat 5; Beschlüsse vom 18. Februar 1988 - 4 StR 28/88, BGHR StGB § 252 Frische Tat 3; vom 1. September 1999 - 1 StR 416/99, NStZ 2000, 31; vom 26. Mai 2000 - 4 StR 131/00, NStZ 2001, 88, 89 mwN; vom 1. Februar 2011 - 3 StR 432/10, NStZ 2011, 637, 638).
13
Mit dem Tod der I. B. trat die Beendigung des Wohnungseinbruchdiebstahls ein. Nach den Feststellungen lebte die Verstorbene allein in dem Wohnhaus, in das der Mitangeklagte U. G. einbrach. Durch den Tod endete der durch ihren generellen Gewahrsamswillen begründete Gewahrsam an den im Wohnhaus befindlichen Sachen, ohne dass er auf eine andere Person - etwa einen Mitbewohner oder eine (anwesende) Hausangestellte - hätte übergehen können (vgl. BGH, Urteile vom 14. Januar 1987 - 3 StR 546/86, BGHR StGB § 242 Abs. 1 Gewahrsam 1; vom 9. Dezember 2009 - 5 StR 403/09, StraFo 2010, 122 f.; S/S-Eser/Bosch aaO, § 242 Rn. 30). Ein I. B. oder einer solchen Person zuzuordnender Herrschaftsbereich existierte danach nicht mehr. Dass für den Mitangeklagten das reale Risiko des Einschreitens eines Dritten bestand, ist hier weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
14
(2) Eine dem Tod der I. B. zeitlich nachfolgende Unterschlagung , mit der das Eigentum der Strafantragsteller verletzt worden wäre, liegt ebenso wenig vor. Insbesondere der vom Mitangeklagten U. G. vorgenommene Abtransport der Beute stellt keine eigenständige Unterschlagungshandlung zum Nachteil der Erben dar.
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Mit der Beendigung des Wohnungseinbruchdiebstahls war auch die Zueignung endgültig abgeschlossen. Es waren ein Aneignungs- und ein Enteignungserfolg eingetreten.
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Hat sich indes ein Täter eine fremde Sache durch eine strafbare Handlung bereits zugeeignet, kann er sie sich in einem späteren Zeitpunkt nicht noch einmal im Sinne von § 246 Abs. 1 StGB zueignen, ohne vorher seine Scheineigentümerposition wieder aufgegeben zu haben (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1959 - GSSt 1/59, BGHSt 14, 38; ferner BGH, Urteil vom 17. Oktober 1961 - 1 StR 382/61, BGHSt 16, 280, 281 f.; Beschluss vom 13. Juli 1995 - 1 StR 309/95, NStZ-RR 1996, 131, 132; MüKoStGB/Hohmann aaO, § 246 Rn. 40; SSW-StGB/Kudlich, 3. Aufl., § 246 Rn. 20); eine solche Position lässt sich nicht beliebig wiederholend begründen. Ohne Einfluss hierauf ist, dass die (erste) strafbare Zueignungshandlung - wie hier - nicht verfolgt werden kann.
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2. Die angeklagte prozessuale Tat (§ 264 StPO) umfasst auch kein sonstiges verfolgbares strafbares Verhalten der Angeklagten, so dass das Verfahren einzustellen ist.

III.

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1. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten beruht auf § 467 Abs. 1, 3 Satz 2 Nr. 2 StPO. Der Senat hat von dem ihm durch § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO eingeräumten Ermessen dahin Gebrauch gemacht, nicht davon abzusehen, ihre notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Es ist nicht unbillig, die Staatskasse hiermit zu belasten. Maßgebend ist dafür zum einen, dass das Verfah- renshindernis bereits vor Anklageerhebung bestand und auch erkennbar war, ohne dass dies in einer tatrichterlichen Hauptverhandlung noch hätte aufgeklärt werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 1995 - 2 StR 331/94, BGHR StPO § 467 Abs. 3 Verfahrenshindernis 1); zum anderen ist ein prozessual vorwerfbares Verhalten der Angeklagten nicht ersichtlich (vgl. Meyer-Goßner /Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 467 Rn. 18 mwN).
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2. Über die Verpflichtung zur Entschädigung der Angeklagten nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) hat der Senat selbst zu befinden, weil er die das Verfahren abschließende Sachentscheidung getroffen hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. März 2008 - 3 StR 378/07, StraFo 2008, 266; vom 26. Mai 2015 - 3 StR 437/12, StraFo 2015, 438, 439). Er behält dies einem weiteren Beschluss vor, der erlassen werden wird, nachdem die Beteiligten dazu angehört worden sind (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 StrEG). Becker Gericke Tiemann Berg Hoch