Bundesgerichtshof Beschluss, 17. März 2016 - 1 StR 23/16
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. März 2016 beschlossen:
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Revisionsführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Der Senat hat die Revision als unbeschränkt erhoben erachtet.
Die Klarstellung war erforderlich, da sich nicht nur aus den Gründen, sondern schon aus dem Tenor des Urteils ergeben muss, für welche Taten der Angeklagte zu welcher Gesamtstrafe verurteilt ist. Hierauf hatte der Senat bereits in dem den Gesamtstrafausspruch in einem ersten Rechtsgang aufhebenden Beschluss (1 StR 305/15) hingewiesen.
Graf Jäger Cirener Fischer Bär
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. März 2016 - 1 StR 23/16
Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. März 2016 - 1 StR 23/16
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. März 2016 - 1 StR 23/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in drei Fällen schuldig gesprochen und ihn unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelfreiheitsstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten und zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.
- 2
- Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg und erweist sich im Übrigen als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 3
- Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift dazu ausgeführt: "Die rechtsfehlerfreien Feststellungen tragen den Schuldspruch. Auch die Festsetzung der Einzelstrafen begegnet keinen rechtlichen Beden- ken. Allerdings kann die Gesamtstrafenbildung keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat übersehen, dass die mit Urteil des Amtsgerichts Sonthofen verhängte Einzelstrafe von acht Monaten nicht mit denjenigen Taten, die vor der Zäsurwirkung entfaltenden Verurteilung des Amtsgerichts Kempten vom 21. November 2011 begangen wurden, gesamtstrafenfähig ist. Denn ausweislich des Auszuges aus der Verurteilung des Amtsgerichts Sonthofen bezieht sich diese Einzelstrafe auf einen betrügerischen Bezug von Leistungen nach dem SGB II vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. Mai 2012 (UA S. 6). Eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung kommt jedoch nur in Betracht, wenn die einzubeziehende Tat vor der früheren Verurteilung begangen worden ist. Für die Frage, ob dies der Fall ist, kommt es auf die Beendigung der Tat an, weil sie erst in diesem Zeitpunkt abschließend beurteilt werden kann (LK-Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 9). § 55 StGB soll nur denjenigen Zustand herstellen, der sich ergeben hätte, wenn der damalige Richter die jetzt zu beurteilende Tat mit abgeurteilt hätte (BGH, Beschluss vom 10. Mai 1994 - 1 StR 142/94, NStZ 1994, 482), was voraussetzt, dass er sie überhaupt hätte aburteilen können. Ist die Tat zum damaligen Zeitpunkt noch nicht beendet, ist dies nicht der Fall. Die Einzelstrafe von acht Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Sonthofen hätte deshalb Eingang in die zweite zu bildende Gesamtstrafe finden müssen."
- 4
- Dem schließt sich der Senat an.
- 5
- Das neu zuständige Tatgericht wird in den Blick zu nehmen haben, dass sich nicht nur aus den Gründen, sondern schon aus dem Tenor des Urteils ergeben muss, für welche Taten der Angeklagte zu welcher Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden ist. Der Senat weist zudem darauf hin, dass die neuen Ge- samtstrafen wegen des Verschlechterungsverbots des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO nur so hoch bemessen werden dürfen, dass sie zusammen die Summe der im angefochtenen Urteil verhängten Gesamtfreiheitsstrafen nicht übersteigen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2013 - 4 StR 356/13, NStZ-RR 2014, 74).
Cirener Mosbacher