Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2019 - 1 StR 346/18

bei uns veröffentlicht am24.09.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
1. Vorsätzliches Handeln ist bei pflichtwidrig unterlassenem Abführen von
Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a Abs. 1 und 2 StGB) nur dann anzunehmen
, wenn der Täter auch die außerstrafrechtlichen Wertungen des Arbeits
- und Sozialversicherungsrechts – zumindest als Parallelwertung in der
Laiensphäre – nachvollzogen hat, er also seine Stellung als Arbeitgeber und
die daraus resultierende sozialversicherungsrechtliche Abführungspflicht zumindest
für möglich gehalten und deren Verletzung billigend in Kauf genommen
hat.
2. Irrt der Täter über seine Arbeitgeberstellung oder die daraus resultierende
Pflicht zum Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen, liegt ein Tatbestandsirrtum
vor; an seiner entgegenstehenden, von einem Verbotsirrtum
ausgehenden Rechtsprechung hält der Senat nicht fest.
BGH, Beschluss vom 24. September 2019 – 1 StR 346/18 – LG Augsburg
BESCHLUSS
1 StR 346/18
vom
24. September 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt
ECLI:DE:BGH:2019:240919B1STR346.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 24. September 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 16. November 2017 aufgehoben
a) im Schuldspruch in den Fällen 12, 13, 30, 35, 42, 50, 56, 60, 66, 75, 77, 78 und 82 der Urteilsgründe; die zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum Vorstellungsbild der möglichen Haupttäter bleiben aufrechterhalten ;
b) im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen ;
c) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 26.731,20 €. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 82 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit verschiedenen Verfahrensbeanstandungen und mit der ausgeführten Sachrüge. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Der Angeklagte vermittelte in den Jahren 2008 bis 2014 über ein Einzelunternehmen osteuropäische Pflegekräfte in Privathaushalte in Deutschland.
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Die meist ungelernten Pflegekräfte warb er in deren Heimatländern an, sorgte für ihre Reise nach Deutschland, brachte sie zu den Familien, gab diesen praktische Tipps für die Beschäftigung, sicherte den Familien zu, im Bedarfsfall für eine Ersatzkraft zu sorgen, und gewährleistete eine Absicherung für die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen durch die Pflegekräfte. Hierfür erhob der Angeklagte bei der jeweiligen Familie eine einmalige Vermittlungsgebühr in Höhe von in der Regel 285 € sowie monatliche Kostenpauschalen von maximal 88 €. Von der Monatspauschale sollten jeweils 30 € für eine Krankenversicherung verwendet werden; sofern anderweitig Versicherungsschutz bestand , reduzierte sich die Pauschale um diesen Betrag.
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Für die Vermittlung schloss der Angeklagte jeweils einen Formularvertrag mit der zu pflegenden Person oder, wenn diese hierzu – wie meist – nicht mehr in der Lage war, mit einem ihrer Angehörigen ab. In dem Vertrag war vorgesehen , dass die jeweilige Pflegekraft zehn bis zwölf Wochen vor Ort tätig sein sollte ; dieser Zeitraum wurde jedoch mitunter erheblich überschritten. Die genaue Dauer des einzelnen Arbeitseinsatzes der Pflegekraft war zumeist nicht im Vorhinein festgelegt, sondern wurde im Verlauf der Pflegetätigkeit einvernehmlich zwischen der Pflegekraft und dem Verantwortlichen auf Seiten der zu pflegenden Person bestimmt. Nach Ablauf des Pflegezeitraums kehrten die Pflegekräfte in der Regel in ihr Heimatland zurück. Über die bevorstehende Abreise wurde der Angeklagte im Vorfeld informiert, der dann bei Bedarf für eine andere Pflegekraft für die Familie sorgte. Mitunter kamen einzelne Pflegekräfte auch wiederholt zu bestimmten Familien oder es wechselten sich wenige Pflegekräfte bei der Versorgung eines Pflegebedürftigen ab. Während der Arbeitseinsätze der Pflegekräfte hatte der Angeklagte keinen Kontakt zu diesen, insbesondere kontrollierte er deren Tätigkeit nicht. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde in keinem der Fälle geschlossen. Auch standen die Pflegekräfte weder in einem Anstellungsverhältnis zu einem Arbeitgeber im Ausland noch verfügten sie über Entsendebescheinigungen oder Arbeitsgenehmigungen, die für die Tätigkeit der aus Polen und Rumänien stammenden Pflegekräfte bis zum 30. April 2011 (Polen ) bzw. 31. Dezember 2013 (Rumänien) erforderlich gewesen wären. Auch lohnsteuerlich waren die Pflegekräfte nicht erfasst.
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Die von der jeweiligen Pflegekraft konkret zu erbringende Tätigkeit wurde – soweit hierzu noch in der Lage – von der zu pflegenden Person bestimmt, anderenfalls von einem oder mehreren Angehörigen des Pflegebedürftigen. Die Pflegekräfte wurden von dem verantwortlichen Ansprechpartner in der Familie in die von ihnen jeweils erwartete Tätigkeit eingewiesen und – teilweise engmaschig – kontrolliert. Die Aufgaben der Pflegekräfte bestanden in der Regel in der Beaufsichtigung und Versorgung der zu pflegenden Person, einfachen pflegerischen Tätigkeiten sowie der Haushaltsführung. Diverse Kräfte mussten dabei rund um die Uhr zur Verfügung stehen, Freizeit wurde ihnen nur ausnahmsweise gewährt. Die Erledigung ihrer Aufgaben konnten sich die Pflegekräfte in den meisten Fällen zeitlich weitgehend frei einteilen; bei den Haushaltsaufgaben konnten sie mitunter auch über die Art der Ausführung befinden. Das monatliche Entgelt belief sich auf Beträge zwischen 600 und 1.300 €, wurde vom Ansprechpartner in der jeweiligen Familie festgelegt und den Pflegekräften – in der Regel in bar – ausgezahlt; in der mit dem Angeklagten geschlossenen Vereinbarung war dagegen nur ein unverbindlicher Vergütungsrahmen genannt. Neben dem ausgezahlten Lohn erhielten sämtliche Pflegekräfte freie Unterkunft in einem eigenen Zimmer im Haus der zu pflegenden Person sowie Vollverpflegung. In einigen Fällen wurde das Entgelt an die Pflegekraft auch während der Heimataufenthalte fortgezahlt. Ihre Reisekosten zwischen 60 und 120 € je Fahrt hatten die Pflegekräfte – wie in der Vereinbarung mit dem Angeklagten vorgesehen – jeweils zu verauslagen; regelmäßig übernahmen die Pflegefamilien aber zumindest die Kosten der Anreise der für sie tätigen Pflegekraft. Etwaige Kosten für eine Reisekrankenversicherung wurden den Pflegekräften vom Angeklagten erstattet. Die von einigen Pflegekräften im Heimatland gezahlte Vermittlungsgebühr wurde diesen von keiner Seite ersetzt.
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Aufgrund dieser Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Pflegekräfte bei den zu pflegenden Personen oder dem für sie jeweils handelnden Angehörigen abhängig beschäftigt waren. Die Beurteilung, wer im Einzelfall auf Seiten der zu pflegenden Person die Arbeitgeberstellung einnahm, hat die Strafkammer dabei im Wesentlichen davon abhängig gemacht, wer die Zahlungen gegenüber der Pflegekraft übernahm, wer über deren Auswechslung oder Wiederkehr entschied, wie der geistige Zustand der zu pflegenden Person war und – ergänzend – wer die Vereinbarung mit dem Angeklagten getroffen hatte. Anmeldungen der Pflegekräfte zur Sozialversicherung wurden seitens der Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen nicht vorgenommen; Sozialversicherungsbeiträge wurden nicht abgeführt. Lediglich in einem verfahrensgegenständlichen Fall (Fall Nr. 1 der Urteilsgründe) erfolgte zeitweise eine Anmeldung auf Minijob-Basis.
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Sowohl die abhängige Beschäftigung der Pflegekräfte als auch deren fehlende Anmeldung zur Sozialversicherung waren dem Angeklagten bekannt. Sein Geschäftsmodell zielte gerade darauf ab, den Familien zu ermöglichen, die vermittelten Pflegekräfte ohne Anmeldung zur Sozialversicherung und Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu beschäftigen. Ihm war auch nicht an einer Anmeldung gelegen, weil er die Vereinnahmung der vollen Monatspauschale durch eine Anmeldung der Pflegekraft gefährdet sah und er seinen wettbewerblichen Vorteil gegenüber den Konkurrenten gerade darin erkannte, dass die Gesamtkosten für die Kunden besonders niedrig waren.
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2. Nach den Feststellungen des Landgerichts hielten es die pflegebedürftigen Personen beziehungsweise die für sie handelnden Angehörigen für möglich und nahmen es billigend in Kauf, dass es sich bei dem Einsatz der Pflegekräfte um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse handelte, dass ihnen selbst eine Arbeitgeberstellung zukam und dass sie ihren danach bestehenden sozialversicherungsrechtlichen Pflichten nicht nachkamen. Dies war auch dem Angeklagten bewusst.
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Im Rahmen der diesbezüglichen Beweiswürdigung hat das Landgericht in jedem Einzelfall überprüft, ob die jeweils auf Seiten des Pflegebedürftigen aufgetretene Person aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre die Tatsachen in ihrem rechtlichen Bedeutungsgehalt zumindest dahingehend erfasste , dass sie es für möglich hielt, selbst Arbeitgeber und zur Anmeldung der Pflegekraft und Abführung der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet zu sein. In Fällen einer etwa unzutreffenden Einschätzung dieser Person hat das Landgericht keinen Tatbestands-, sondern allenfalls einen vermeidbaren Verbotsirrtum angenommen, ist also von einem vorsätzlichen Verhalten ausgegangen.
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Zum Zweck der Einzelfallprüfung hat die Strafkammer verschiedene Fallgruppen gebildet, innerhalb derer sie sodann auf unterschiedliche Aspekte abgestellt hat. Fallgruppenübergreifend hat sie als ein maßgebliches Indiz für den Vorsatz angesehen, wenn der auf Seiten des Pflegebedürftigen Handelnde ein Merkblatt vom Angeklagten erhalten und dieses zur Kenntnis genommen hatte, in dem alternative (legale) Konzepte für die Beschäftigung osteuropäischer Haushaltshilfen genannt waren, die jedoch als teuer und bürokratisch dargestellt wurden. Zudem fand sich gegen Ende des Hinweisblattes bezogen auf die Pflegkräfte der Satz: „Sie sollten diese als Haushaltshilfe anmelden“. Die Gesetzeslage wurde in dem Hinweisschreiben als „schwammig“ bezeichnet.
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3. Zur Berechnung der Höhe der nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge hat das Landgericht das jeweilige monatliche Arbeitsentgelt – als solches hat es sowohl die als Vergütung ausgezahlten Geldbeträge als auch Sachbezugswerte für Kost und Logis bewertet – auf einen Bruttolohn hochgerechnet. Die Beitragssätze für die Sozialversicherungen hat es im Einzelnen aufgeführt, wobei es der Berechnung jeweils – auch in den Fällen, in denen die Pflegekraft namentlich bekannt war und sogar zeugenschaftlich vernommen wurde – die Lohnsteuerklasse VI zugrunde gelegt hat. Aus dem Vergleich der jeweiligen Netto- und Bruttoentgelte, ergibt sich ein – vom Landgericht weder hergeleiteter noch konkret benannter – Hochrechnungsfaktor von jeweils über 2,0. Insgesamt geht das Landgericht davon aus, dass in den urteilsgegenständlichen Fällen Sozialabgaben in Höhe von insgesamt 2.733.323,17 € pflichtwidrig nicht abgeführt wurden.

II.

14
1. Die Verfahrensrügen haben aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift näher dargelegten Gründen keinen Erfolg.
15
2. Die Sachrüge führt in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des angegriffenen Urteils.
16
a) Das Landgericht hat in den Fällen 12, 13, 30, 35, 42, 50, 56, 60, 66, 75, 77, 78 und 82 der Urteilsgründe jeweils die subjektive Tatseite der möglichen Haupttäter nicht rechtsfehlerfrei begründet, so dass der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt insoweit keinen Bestand haben kann.
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aa) Bei allen Varianten des § 266a StGB ist Vorsatz erforderlich, wobei bedingter Vorsatz ausreichend ist (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2002 – 5 StR 16/02 Rn. 22, BGHSt 47, 318, 323 f.; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 266a Rn. 23 mwN). Bedingt vorsätzliches Handeln setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 24. April 2019 – 2 StR 377/18 Rn. 11; zu § 370 AO Beschluss vom 28. Juni 2017 – 1 StR 624/16 Rn. 12) voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt (Wissenselement) sowie dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet (Willenselement).
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(1) Hinsichtlich der Arbeitgebereigenschaft in § 266a StGB und der daraus folgenden Abführungspflicht kommt es für das Vorliegen von bedingtem Vorsatz entscheidend darauf an, ob der Arbeitgeber erkannt und billigend in Kauf genommen hat, dass aufgrund der Umstände des Einzelfalls möglicherweise von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist und daraus gege- benenfalls für ihn eine Abführungspflicht folgt. Er muss in einer zumindest laienhaften Bewertung erkannt haben, dass er selbst möglicherweise Arbeitgeber ist, dass eine Abführungspflicht existieren und er durch die fehlende Anmeldung oder unvollständige oder unrichtige Angaben die Heranziehung zum Abführen von Sozialabgaben ganz oder teilweise vermeiden könnte (vgl. zu § 370 AO BGH, Urteil vom 17. Februar 1998 – 5 StR 624/97 Rn. 7). Eine bloße Erkennbarkeit reicht insofern nicht aus.
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(2) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs musste sich der Vorsatz mit Blick auf die Eigenschaft als Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie die daraus resultierenden sozialversicherungsrechtlichen Pflichten allerdings nur auf die hierfür maßgeblichen tatsächlichen Umstände beziehen, während es keiner zutreffenden rechtlichen Einordnung und damit auch keines Fürmöglichhaltens und keiner Billigung einer möglichen Verletzung der etwa in eigener Person bestehenden Verpflichtung zur Beitragsabführung bedurfte. Lag diese Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse vor, unterlag der Täter, wenn er glaubte, nicht Arbeitgeber zu sein oder für die Abführung der Beiträge nicht Sorge tragen zu müssen, nach bisheriger Rechtsprechung keinem vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum, sondern (allenfalls) einem – in der Regel vermeidbaren – Verbotsirrtum (BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 2009 – 1 StR 478/09 und vom 4. September 2013 – 1 St1 StR 94/13 Rn. 16, jeweils mwN).
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(3) Hieran hält der Senat nicht fest. Wie bereits in dem Beschluss vom 24. Januar 2018 angedeutet (1 StR 331/17 Rn. 15), ist vorsätzliches Handeln nur dann anzunehmen, wenn der Täter über die Kenntnis der insoweit maßgeblichen tatsächlichen Umstände hinaus auch die außerstrafrechtlichen Wertungen des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts – zumindest als Parallelwertung in der Laiensphäre – nachvollzogen hat (zustimmend Habetha, StV 2019, 39 ff.; von Galen/Dawidowicz, NStZ 2019, 148 f.; Schneider/Rieks, HRRS 2019, 62 ff.; Rode/Hinderer, wistra 2018, 341 f.; Reichling, StraFo 2018, 357 f.; Floeth, NStZ-RR 2018, 182 f.; MüKoStGB/Radtke, 3. Aufl., § 266a Rn. 90; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 266a Rn. 23). Der Täter muss danach seine Stellung als Arbeitgeber und die daraus resultierende sozialversicherungsrechtliche Abführungspflicht zumindest für möglich gehalten und deren Verletzung billigend in Kauf genommen haben. Demgemäß ist eine Fehlvorstellung über die Arbeitgebereigenschaft in § 266a StGB und die daraus folgende Abführungspflicht als Tatbestandsirrtum im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB einzuordnen.
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(a) Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Vorsatz und Irrtumsproblematik bei der Steuerhinterziehung, wonach zum Vorsatz der Steuerhinterziehung gehört, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will (vgl. BGH, Urteil vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11 Rn. 21 mwN). Eine sichere Kenntnis des Steueranspruchs setzt der Hinterziehungsvorsatz allerdings weder dem Grunde noch der Höhe nach voraus (vgl. BGH aaO). Hat der Steuerpflichtige irrtümlich angenommen, dass ein Steueranspruch nicht entstanden ist, liegt nach dieser Rechtsprechung ein Tatbestandsirrtum vor, der den Vorsatz ausschließt (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StGB), wobei es auf den Grund des Irrtums nicht ankommt (eingehend Radtke, GS-Joecks 2018, 543 ff., 557).
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(b) Für eine vorsatz- und irrtumsdogmatische Ungleichbehandlung von Arbeitgeberstellung im Sinne von § 266a StGB und Pflichtenstellung im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO besteht kein sachlicher Grund. Bei der Pflichtenstellung handelt es sich in beiden Fällen um normative Tatbestandsmerkmale (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2018 – 1 StR 331/17 Rn. 15; ebenso Habetha , StV 2019, 39, 40; von Galen/Dawidowicz, NStZ 2019, 148; Schneider /Rieks, HRRS 2019, 62, 65 f.; Floeth, NStZ-RR 2018, 182, 183), hinsichtlich derer die bloße Kenntnis der ihnen zugrundeliegenden Tatsachen nicht genügt, um vorsätzliches Verhalten zu begründen. Vielmehr muss der Täter die für die Unrechtsbegründung wesentliche Bedeutung der maßgeblichen Tatumstände zutreffend erfasst und die rechtliche Wertung nachvollzogen haben (MüKoStGB/Joecks, 3. Aufl., § 16 Rn. 70; Radtke aaO 549; LK-StGB/Vogel, 12. Aufl., § 16 Rn. 26). Hat er dies nicht, unterliegt er einem vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum, da ihn der spezifische strafrechtliche Normappell nicht erreicht (BeckOK-StGB/Kudlich, 42. Ed., § 16 Rn. 14 ff.).
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Sowohl § 266a Abs. 1 bis 3 StGB – mit Ausnahme von § 266a Abs. 2 Nr. 1 StGB – als auch § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO stellen im Übrigen echte Unterlassungssonderdelikte dar (zu § 266a StGB etwa MüKoStGB/Radtke, 3. Aufl., Rn. 7 f.; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 266a Rn. 3; zu § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO BGH, Urteil vom 9. April 2013 – 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218, 227 ff.), die sich in der Tatbestandsausformung dogmatisch nicht unterscheiden. Bei derartigen Sonderdelikten , die durch Unterlassen begangen werden, muss der Vorsatz die (handlungs-)pflichtbegründenden Umstände umfassen. Während bei § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO der die Erklärungspflicht begründende Umstand in der „Steuer- objektstellung“ liegt, handelt es sich im Bereich des § 266a StGB bei der Ar- beitgeberstellung um den (abgabe-)pflichtbegründenden Umstand (Rode /Hinderer, wistra 2018, 341).
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(4) Ob eine Person Arbeitgeber ist, richtet sich nach dem Sozialversicherungsrecht. Der Beurteilung, die aufgrund einer Vielzahl von Kriterien zu erfolgen hat (unter anderem das Maß der Eingliederung des die Dienste Leistenden in den Betrieb, das Bestehen eines Direktionsrechts bezüglich Zeit, Dauer, Ort und Ausführung der Dienstleistung, das Vorliegen eines eigenen unternehmerischen Risikos des die Dienste Leistenden, vgl. BSG, NJW 2018, 2662 Rn. 16 ff.), kann eine komplexe Wertung zugrunde liegen, wobei sich die Ergebnisse, da die Kriterien im Einzelfall unterschiedliches Gewicht haben können, nicht immer sicher vorhersehen lassen (vgl. Schneider/Rieks, HRRS 2019, 62, 64; von Galen/Dawidowicz, NStZ 2019, 148, 149). Entscheidend für die Abgrenzung von unselbständiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sind – ausgehend vom Vertragsverhältnis der Beteiligten (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R Rn. 18; BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 5 StR 275/18, NStZ-RR 2019, 151 f. mwN) – die tatsäch- lichen Gegebenheiten der „gelebten Beziehung“, die einer wertenden Gesamt- betrachtung zu unterziehen sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 5 StR 275/18, aaO; vgl. auch BSG, NJW 2018, 2662 Rn. 16 ff.).
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(5) Ob ein Arbeitgeber seine entsprechende Stellung und das Bestehen hieraus folgender sozialversicherungsrechtlicher Abführungspflichten für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat, muss vom Tatgericht im Rahmen der Beweiswürdigung im Einzelfall anhand der konkreten Tatumstände geklärt werden.
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Hierbei kann zunächst Bedeutung erlangen, wie eindeutig die Indizien sind, die – im Rahmen der außerstrafrechtlichen Wertung – für das Vorliegen einer Arbeitgeberstellung sprechen. Zudem kann von Relevanz sein, ob und inwiefern der Arbeitgeber im Geschäftsverkehr erfahren ist oder nicht und ob das Thema illegaler Beschäftigung in der jeweiligen Branche im gegebenen zeitlichen Kontext gegebenenfalls vermehrt Gegenstand des öffentlichen Diskurses war. Ein gewichtiges Indiz kann daneben überdies sein, ob das gewählte Geschäftsmodell von vornherein auf Verschleierung oder eine Umgehung von sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen ausgerichtet ist. Jedenfalls bei Kaufleuten, die als Arbeitgeber zu qualifizieren sind, sind auch die im Zusammenhang mit ihrem Gewerbe bestehenden Erkundigungspflichten in Bezug auf die arbeits- und sozialrechtliche Situation in den Blick zu nehmen, weil eine Ver- letzung einer Erkundigungspflicht auf die Gleichgültigkeit des Verpflichteten hinsichtlich der Erfüllung dieser Pflicht hindeuten kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. September 2011 – 1 StR 38/11 Rn. 27).
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bb) An diesen Maßgaben gemessen ist der Vorsatz der möglichen Haupttäter in den Fällen 12, 13, 30, 35, 42, 50, 56, 60, 66, 75, 77, 78 und 82 der Urteilsgründe nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
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In den genannten Fällen kann – anders als in den übrigen Fällen, in denen die nach den Feststellungen gegebenen gewichtigen Indizien die Annahme von zumindest bedingtem Vorsatz ohne Weiteres tragen – nicht ausgeschlossen werden, dass das Landgericht unter Zugrundelegung des zutreffenden Maßstabes zu einer anderen Bewertung zum subjektiven Tatbestand gekommen wäre.
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Dies folgt in den Fällen 13, 35, 50, 66, 75 und 77 der Urteilsgründe daraus , dass das Landgericht hier – auf der bisherigen Rechtsprechung basierend – davon ausgegangen ist, dass die jeweiligen Arbeitgeber falsche Vorstellungen von der eigenen Stellung als Arbeitgeber oder der hieraus resultierenden Pflicht zur Abführung von Sozialbeiträgen hatten, und es dementsprechend zur Annahme eines vermeidbaren Verbotsirrtums gelangt ist. Auch in den Fällen 12, 30, 42, 56, 60, 78 und 82 der Urteilsgründe kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass das Landgericht hinsichtlich der Frage, ob die Arbeitgeber zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt haben, zu einer anderen Bewertung gekommen wäre, da in diesen Fällen keine hinreichend gewichtigen Indizien festgestellt sind, die zur Annahme eines vorsätzlichen Verhaltens der Arbeitgeber zwingen.
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cc) Der Rechtsfehler führt – weil beihilfefähige Haupttaten nicht rechtsfehlerfrei festgestellt sind – zur Aufhebung der Verurteilung und Zurückverwei- sung in den genannten Fällen, jedoch nicht zum Teilfreispruch des Angeklagten. Denn der Senat kann nicht ausschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die einen Vorsatz der jeweiligen Arbeitgeber begründen. Allein der Umstand, dass sich die jeweiligen Arbeitgeber auf einen – zum Teil nur sehr vage formulierten – Ausschlusstatbestand beriefen oder trotz Kenntnis sämtlicher Umstände, die ihre eigene Arbeitgeberstellung begründeten, diese nicht erkannt haben wollen, vermag eine diesbezügliche Fehlvorstellung nicht ohne weiteres zu begründen. Denn entsprechende Behauptungen zur inneren Tatseite müssen nicht als unwiderlegbar angesehen werden, wenn dafür im Übrigen keinerlei Anhaltspunkte vorliegen (vgl. Klein/Jäger, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 178 mwN). Gegen eine Fehlvorstellung der jeweiligen Arbeitgeber spricht es jedenfalls, wenn die Voraussetzungen des angeblich angenommenen Ausschlusstatbestandes schon nach deren eigenen Angaben nicht vorlagen (Fälle 13, 66 der Urteilsgründe: kurzzeitige Beschäftigung ) oder sie einen solchen ohnehin nur sehr vage in den Raum stellten (Fälle 35, 50 und 77 der Urteilsgründe).
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b) Die Aufhebung der Schuldsprüche in den genannten Fällen entzieht den insofern verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe die Grundlage. Die zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum Vorstellungsbild der jeweiligen Arbeitgeber sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen bleiben möglich, soweit diese zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehen.
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c) Der Strafausspruch hat auch in den übrigen Fällen keinen Bestand. Die Strafkammer hat die jeweils nicht abgeführten Sozialabgaben teilweise unzutreffend und im Übrigen nicht nachvollziehbar berechnet und damit den Schuldumfang nicht richtig bestimmt. Zum einen hätte sie die Sachbezugswerte für die freie Unterkunft nicht im Rahmen der zugrunde gelegten Nettoentgelte berücksichtigen dürfen. Zum anderen hätte sie bei der Hochrechnung auf die Bruttolöhne nicht pauschal von der Lohnsteuerklasse VI ausgehen dürfen. Schließlich ist die vorgenommene Hochrechnung auch im Übrigen nicht nachvollziehbar. Im Einzelnen:
33
aa) Die Sachbezugswerte für freie Logis gehören vorliegend nicht zum Arbeitsentgelt (vgl. im Einzelnen im Hinblick auf die Steuerbarkeit derartiger Leistungen BFH, Urteil vom 21. Juli 1994 – V R 21/92 Rn. 8 ff.). Denn die jeweiligen Arbeitgeber gewährten die Unterkunft nicht, um die Arbeitsleistung der Pflegekräfte als Gegenleistung zu erhalten, sondern vielmehr, um die vertragsgemäße Leistung überhaupt zu ermöglichen.
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Eine Sachleistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer ist als Entgelt anzusehen, wenn sich diese neben der Lohnzahlung erbrachte Zuwendung einerseits und die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers andererseits aufgrund gegenseitiger rechtlicher Verpflichtungen und Ansprüche in der Weise gegenüberstehen , dass sie sich nach dem Willen der Beteiligten ausgleichen sollen, ohne dass sie gleichwertig sein müssen (vgl. BFH aaO Rn. 8 zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980).
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Dies ist hier nicht der Fall. Anders als in Konstellationen, in denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer neben dem Barlohn freie Unterkunft gewährt und beides zusammen nach dem Arbeitsvertrag die Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers darstellt, handelt es sich vorliegend bei der Bereitstellung der Übernachtungsmöglichkeiten nicht um als Vergütungsbestandteil geleistete Zusatzleistungen der Arbeitgeber, sondern vielmehr um unentgeltliche Leistungen für Zwecke der jeweiligen Arbeitgeber. Diese erfüllen nicht den allgemeinen Wohnbedarf der Pflegekräfte, sondern decken einen durch das jeweilige Beschäftigungsverhältnis hervorgerufenen zusätzlichen be- sonderen Wohnbedarf ab (vgl. BFH aaO Rn. 9 f.), weil die unmittelbare Nähe der Pflegekräfte zu der zu pflegenden Person und deren jederzeitige – auch kurzfristige – Erreichbarkeit und Einsatzfähigkeit für die Erfüllung der geschuldeten Pflegeleistungen unabdingbar sind.
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bb) Das Landgericht hätte bei der Hochrechnung der Netto- auf Bruttolöhne der Pflegekräfte nicht pauschal von der Lohnsteuerklasse VI ausgehen dürfen.
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Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats beim Vorliegen vollumfänglich illegaler Beschäftigungsverhältnisse der Umfang hinterzogener Lohnsteuer grundsätzlich anhand des Eingangssteuersatzes der Lohnsteuerklasse VI (vgl. § 39c EStG) zu bestimmen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Januar 2014 – 1 StR 379/13 Rn. 31; vom 8. August 2012 – 1 StR 296/12 und vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153 Rn. 16 ff.). Dies gilt jedoch hinsichtlich des der Strafzumessung zu Grunde zu legenden Schadens dann nicht, wenn die tatsächlichen Verhältnisse der Arbeitnehmer bekannt waren oder ohne weiteres hätten festgestellt werden können, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die Arbeitnehmer durch das Tatgericht zeugenschaftlich vernommen werden (hier in den Fällen 1, 12, 25, 38, 53, 72 und 80). In diesen Fällen ist eine unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu den Konstellationen der Teilschwarzlohnzahlungen (BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2016 – 1 StR 185/16 Rn. 24; vom 8. August 2012 – 1 StR 296/12; vom 14. Juni 2011 – 1 StR 90/11 Rn.14 und vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153 Rn. 19) oder der Lohnsteuerhinterziehung auf Zeit (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153 Rn. 15) nicht gerechtfertigt, so dass der Umfang hinterzogener Sozialversicherungsbeiträge anhand der tatsächlich gegebenen Lohnsteuerklasse der Pflegekräfte hätte ermittelt werden müssen.

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cc) Schließlich ist die von der Strafkammer vorgenommene Hochrechnung der Netto- auf Bruttolöhne nicht nachvollziehbar.
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Zwar genügt die Darlegung der Berechnungsgrundlagen im Urteil den Anforderungen, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 266a StGB stellt (vgl. zuletzt BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2017 – 1 StR 310/16 Rn. 16 und vom 24. August 2017 – 1 StR 625/16 Rn. 25; zu § 370 AO Urteil vom 7. Februar 2019 – 1 StR 485/18 Rn. 4; jeweils mwN). So sind im Urteil die jeweiligen Arbeitnehmer - und Arbeitgeberbeiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festgestellt.
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Die auf dieser Grundlage von der Strafkammer vorgenommene Hochrechnung der angenommen Netto- auf Bruttolöhne (§ 14 Abs. 2 SGB IV) ist jedoch nicht nachvollziehbar. Da das Landgericht vorliegend nicht auf den Eingangssteuersatz der zugrunde gelegten Lohnsteuerklasse abstellt und der Steuersatz je nach Lohnhöhe differiert, ist es nicht möglich, einen für alle Fälle einheitlichen Hochrechnungsfaktor pro Jahr anzuwenden; er ist vielmehr jeweils individuell zu berechnen.
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Die Rechenergebnisse des Landgerichts lassen vorliegend besorgen, dass das Landgericht unrichtige Hochrechnungsfaktoren ermittelt und diese den Berechnungen zugrunde gelegt hat. Setzt man nämlich die hier festgestellten Netto- und Bruttolöhne ins Verhältnis, ergeben sich Hochrechnungsfaktoren, die jeweils über 2,0 liegen und die damit die üblicherweise gegebenen Hochrechnungsfaktoren – diese liegen bei Werten zwischen 1,5 und 1,6 (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 5. Juli 2018 – 1 StR 111/18 Rn. 18 f.) – deutlich übersteigen.

42
Danach kann vorliegend dahinstehen, ob die Strafkammer gehalten gewesen wäre, auch den Berechnungsvorgang an sich nachvollziehbar darzustellen (in diese Richtung BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2018 – 1 StR 234/18 Rn. 13 und vom 25. Oktober 2017 – 1 StR 310/16 Rn. 16; anders zu § 370 AO Urteil vom 12. Mai 2009 – 1 StR 718/08 Rn. 20). Offenbleiben kann damit auch, ob es ausreichend war, dass sich die Strafkammer für die Berechnungen lediglich auf die Ausführungen einer Zeugin von der Deutschen Rentenversicherung bezogen hat. Jedenfalls erscheint eine Berechnungsdarstellung zum Zwecke der Selbstkontrolle und weil sie die Nachvollziehbarkeit des Urteils erleichtert, sinnvoll (BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 – 1 StR 718/08 Rn. 20).
43
dd) Der Schuldspruch ist von dem Rechtsfehler nicht berührt, weil der Senat ausschließen kann, dass sich die fehlerhafte Berechnung der nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge dergestalt auf die Verwirklichung des Tatbestandes ausgewirkt hat, dass dieser entfällt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2017 – 1 StR 310/16 Rn. 21 und vom 24. August 2017 – 1 StR 625/16 Rn. 28).
44
d) Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen 12, 13, 30, 35, 42, 50, 56, 60, 66, 75, 77, 78 und 82 der Urteilsgründe entzieht auch der hierauf gestützten Einziehungsentscheidung die Grundlage. Der Ausspruch über die Einziehung von Wertersatz war daher in Höhe von 26.731,20 € aufzuheben.
Raum Bellay Bär Hohoff Pernice

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2019 - 1 StR 346/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2019 - 1 StR 346/18

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Abgabenordnung - AO 1977 | § 370 Steuerhinterziehung


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,2.die Finanzbehörden pflichtwidrig über steu
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2019 - 1 StR 346/18 zitiert 11 §§.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

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(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 14 Arbeitsentgelt


(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus de

Strafgesetzbuch - StGB | § 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt


(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldst

Strafgesetzbuch - StGB | § 16 Irrtum über Tatumstände


(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt. (2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den

Einkommensteuergesetz - EStG | § 39c Einbehaltung der Lohnsteuer ohne Lohnsteuerabzugsmerkmale


(1) 1Solange der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zum Zweck des Abrufs der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (§ 39e Absatz 4 Satz 1) die ihm zugeteilte Identifikationsnummer sowie den Tag der Geburt schuldhaft nicht mitteilt oder das Bundeszentrala

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Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2017 - 1 StR 624/16

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 624/16 vom 28. Juni 2017 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung ECLI:DE:BGH:2017:280617B1STR624.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbu

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Bundesgerichtshof Urteil, 08. Jan. 2020 - 5 StR 122/19

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Referenzen

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
Nach § 266a Abs. 1 StGB macht sich auch strafbar,
wer zwar zum Fälligkeitszeitpunkt nicht leistungsfähig war,
es aber bei Anzeichen von Liquiditätsproblemen unterlassen
hat, Sicherungsvorkehrungen für die Zahlung der
Arbeitnehmerbeiträge zu treffen, und dabei billigend in
Kauf genommen hat, daß diese später nicht mehr erbracht
werden können. Das Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen
setzt nicht voraus, daß an die Arbeitnehmer
tatsächlich Lohn abgeführt wurde.
BGH, Beschl. vom 28. Mai 2002 - 5 StR 16/02
LG Neuruppin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. Mai 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Mai 2002

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 18. Juli 2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit die Angeklagten wegen Betruges und versuchten Betruges sowie wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt verurteilt wurden und
b) in den gesamten Strafaussprüchen.
1. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten W B wegen Betruges in zwölf Fällen (davon in drei Fällen wegen Versuchs), Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in fünf Fällen, wegen Verstoßes gegen ein Berufsverbot und wegen falscher Angaben nach dem GmbH-Gesetz in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine Ehefrau K B hat es wegen Betruges in zwei Fällen, wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in fünf Fällen, wegen falscher Angaben nach dem GmbH-Gesetz in zwei Fällen und wegen Beihilfe zum Verstoû gegen das Berufsverbot schuldig gesprochen und gegen sie eine – zur Bewährung ausgesetzte – Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten haben in dem aus dem Beschluûtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


Die Schuldsprüche gegen beide Angeklagten wegen Betruges bzw. wegen versuchten Betruges sowie wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Bezüglich der Fälle II.2 bis 14 (Fälle des versuchten bzw. vollendeten Betruges) hat die von den Angeklagten jeweils inhaltsgleich erhobene Verfahrensrüge Erfolg. Insoweit tritt der Senat der Begründung des Generalbundesanwalts bei. Dieser hat in seiner Antragsschrift vom 26. März 2002 folgendes ausgeführt:
“Die von beiden Beschwerdeführern zulässig erhobene Verfahrensrüge , das Landgericht habe entgegen § 261 StPO für seine Überzeugungsbildung Kontounterlagen verwertet, ohne diese prozeûordnungsgemäû in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben, muû durchgreifen.
Die Strafprozeûordnung sieht zur Beweiserhebung über den Inhalt von Urkunden und anderen als Beweismittel dienenden Schriftstücken grundsätzlich die Verlesung gemäû § 249 Abs. 1 StPO vor (BGHR
StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1). Der Vorgang der Verlesung stellt im übrigen eine wesentliche Förmlichkeit im Sinne von § 273 Abs. 1 StPO dar, deren Beachtung regelmäûig nur durch den Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls bewiesen werden kann (Pfeiffer, StPO, 3. Aufl., Rdn. 3 Mitte). Eine solche förmliche Verlesung der Kontounterlagen zu den verschiedenen Geschäftskonten, über die die Angeklagten ihre geschäftlichen Aktivitäten abwickelten, hat entgegen den Ausführungen im Urteil (UA S. 31) nicht stattgefunden. Im Hauptverhandlungsprotokoll vom 8. Mai 2001 ist insoweit, worauf die Beschwerdeführer zutreffend hinweisen, lediglich vermerkt, daû die entsprechenden Unterlagen aus dem Beweismittelordner II aus Anlaû der Vernehmung der zuständigen Sachbearbeiter der beteiligten Banken erörtert wurden (Protokollheft/Bl. 3 und 4 des Hauptverhandlungstages 8. Mai 2001). Zwar enthält das Hauptverhandlungsprotokoll noch an verschiedenen Stellen den Eintrag, aus den Beweismittelordnern seien Schriftstücke (auszugsweise) verlesen worden (vgl. nur Protokollheft/Bl. 2 des Hauptverhandlungsprotokolls 22. Mai 2001; Bl. 2 des Hauptverhandlungsprotokolls 7. Juni 2001; Bl. 3 des Hauptverhandlungsprotokolls 12. Juni 2001; Bl. 2 des Hauptverhandlungsprotokolls 27. Juni 2001). In allen Fällen handelt es sich hier aber ersichtlich nicht um die im Beweismittelordner II abgelegten umfangreichen Unterlagen über die Kontobewegungen. Ob die Kontounterlagen den als Zeugen vernommenen Bankmitarbeitern vorgehalten wurden, kann dahinstehen. Der Inhalt der betreffenden Urkunden wäre durch ihre Erörterung mit den Zeugen jedenfalls im vorliegenden Fall nicht ordnungsgemäû Gegenstand der Hauptverhandlung geworden. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, Urkunden im Wege des Vorhalts in die Hauptverhandlung einzuführen (BGH, Urt. vom 7. November 1991 ± 4 StR 252/91, insoweit in BGHSt 38, 111 nicht abgedruckt). Be-
weisgrundlage ist dann allerdings nicht der Vorhalt, sondern die bestätigende Erklärung desjenigen, dem der Vorhalt gemacht wird (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 11, 159, 160 und 11, 338, 340/341). In einem solchen Fall bedarf es keiner Verlesung der Urkunde. Der Tatrichter kann vielmehr die Erklärungen seiner Überzeugungsbildung zugrundelegen , die die Beweisperson auf die nicht protokollierungspflichtigen Vorhalte über den Inhalt der Schriftstücke abgegeben hat (BGHR StPO § 249 Abs. 1 Verlesung, unterbliebene 1 m. w. N.). Der Einführung des Inhalts eines Schriftstücks in die Hauptverhandlung im Wege des Vorhalts sind jedoch dann Grenzen gesetzt, wenn es sich bei dem vorgehaltenen Schriftstück um ein längeres oder ein solches handelt, das sprachlich oder inhaltlich schwer zu verstehen ist. Es bestünde da nicht die Gewähr dafür, daû die Auskunftsperson den Sinn der schriftlichen Erklärung auf den bloûen inhaltlichen Vorhalt hin richtig erfaût hat (BGH aaO m. w. N.). Dies könnte die Wahrheitsfindung gefährden und das rechtliche Gehör und damit die Verteidigung des Angeklagten beeinträchtigen. So liegt es hier. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls vom 8. Mai 2001 wurde eine insgesamt nicht näher eingrenzbare, jedoch insgesamt groûe Zahl von Kontoauszügen und anderen Kontounterlagen aus dem Beweismittelordner II mit den Zeugen erörtert. Es ist nicht anzunehmen, daû die jeweils vernommenen Zeugen angesichts der Komplexität der Materie den Sinn der jeweiligen Erklärungen auf den bloûen inhaltlichen Vorhalt hin in jedem Fall richtig erfaût haben. Auf dem Verfahrensverstoû beruht auch das Urteil.”
2. Die Sachrügen der beiden Angeklagten führen zur Aufhebung der Verurteilung wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmerbeiträgen in fünf Fällen. Insoweit tragen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen den Schuldspruch nicht, weil das Landgericht die Leistungsfähigkeit der Angeklagten nicht geprüft hat.


a) Das Landgericht, das keine Feststellungen zu tatsächlichen Lohnzahlungen getroffen hat, stellt für die Strafbarkeit nach § 266a StGB zutreffend allein auf die sozialversicherungsrechtliche Pflicht zur Abführung der Arbeitnehmerbeiträge ab. Die Strafbarkeit hängt nämlich nicht davon ab, daû Lohn ausbezahlt wurde (so aber Gribbohm JR 1997, 479 ff.; Bittmann wistra 1999, 441; Bente wistra 1996, 115; jeweils mit umfänglichen Nachweisen ). Die sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht entsteht nach § 22 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 7 Abs. 1 SGB IV allein durch die versicherungspflichtige Beschäftigung eines Arbeitnehmers gegen Entgelt. Der Anspruch wird gemäû § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV unabhängig von der tatsächlichen Zahlung von Arbeitslohn fällig (BSGE 75, 61, 65). Jedenfalls seit Änderung der ursprünglichen Strafbestimmung und Einfügung des § 266a Abs. 1 StGB in das Strafgesetzbuch (durch das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15. Mai 1986 ± BGBl. I 721) ist das Merkmal entfallen, wonach es sich um “einbehaltene Beiträge” handeln muû (vgl. zum früheren Rechtszustand BGHSt 30, 265, 266 f. m. w. N.). Maûgebend ist seither allein noch das “Vorenthalten” von Beiträgen des Arbeitnehmers (vgl. ausführlich zur Entstehungsgeschichte BGHZ 144, 311).
Alleiniger Schuldner des Arbeitnehmeranteils ist gemäû § 28e Abs. 1 SGB IV der Arbeitgeber. Damit fehlt auch ein irgendwie geartetes Treuhandverhältnis des Arbeitgebers gegenüber seinem Arbeitnehmer im Hinblick auf die Arbeitnehmerbeiträge. Diese hat der Arbeitgeber nicht von einem gedachten Bruttolohn zu separieren, sondern er selbst ist originär zur Leistung der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet und darf dann seinerseits erst im Rückgriff (und nur für einen bestimmten Zeitraum) nach § 28g SGB IV seine Leistungen vom Bruttoarbeitslohn des Arbeitnehmers abziehen. Da die Schuld hinsichtlich der Arbeitnehmerbeiträge unabhängig vom gezahlten Lohn besteht und sich auch aus dem Tatbestand des § 266a Abs. 1 StGB eine solche Einschränkung nicht entnehmen läût, ist kein Raum für eine ein-
engende Auslegung, die eine Strafbarkeit nach § 266a StGB von der tatsächlichen Lohnzahlung abhängig macht (BGHZ 144, 311; vgl. auch BGH ZIP 2002, 261, 262).

b) Das Landgericht hat jedoch keine Feststellungen zur Leistungsfähigkeit der ª B º getroffen , die Arbeitgeberin der Zeugin F war. Es hat allein auf die verspätete Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge abgehoben. Dies reicht nicht aus, weil der Straftatbestand des § 266a Abs. 1 StGB nur dann gegeben ist, wenn der verpflichtete Arbeitgeber auch die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit zur Erfüllung dieser sozialversicherungsrechtlichen Verbindlichkeit hatte. Insoweit gelten für das echte Unterlassen des § 266a StGB die allgemeinen Grundsätze, wonach als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung hinzutreten muû, daû den Handlungspflichtigen die Erfüllung seiner gesetzlichen Pflicht möglich und zumutbar ist (BGH NJW 1998, 1306; BGH ZIP 2002, 261, 262). Eine unmögliche Leistung darf dem Verpflichteten nicht abverlangt werden.
Eine Unmöglichkeit in diesem Sinne liegt insbesondere dann vor, wenn der Handlungspflichtige zahlungsunfähig ist (BGHZ 134, 304, 307; BGH NJW 2002, 1123, 1124). Eine eingehende Auseinandersetzung mit der Zahlungsfähigkeit der Verpflichteten wäre hier schon deshalb erforderlich gewesen, weil das Landgericht für einen tatnahen Zeitraum festgestellt hat, daû keinerlei liquide Mittel mehr vorhanden waren, die Firmenkonten nicht mehr belastet werden konnten oder auf andere Weise Mittel hätten beschafft werden können. Auch wenn ± worauf der Generalbundesanwalt abhebt ± die jeweilige monatliche Zahllast gering war, enthebt dies angesichts der im Rahmen der Betrugstaten und der Vergehen nach § 82 GmbH-Gesetz geschilderten desolaten finanziellen Verhältnisse den Tatrichter nicht von der Verpflichtung, die tatsächliche Möglichkeit der Zahlung nachvollziehbar darzulegen. Dabei sind ± die Angaben des Landgerichts zur Unternehmensform
sind widersprüchlich ± nur die Betriebsmittel und das Betriebsvermögen heranzuziehen. Soweit ein persönlich haftender Gesellschafter vorhanden ist, wird weiterhin auch dessen finanzielle Leistungskraft zu berücksichtigen sein.

c) Allerdings kann der Tatbestand des § 266a StGB auch dann verwirklicht werden, wenn der Handlungspflichtige zwar zum Fälligkeitstag zahlungsunfähig ist, sein pflichtwidriges Verhalten jedoch praktisch vorverlagert ist (sogenannte omissio libera in causa ± vgl. hierzu Stree in Schönke /Schröder, StGB 26. Aufl. Vorbemerkung §§ 13 ff. Rdn. 144 f. m. w. N.).
aa) Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Rahmen der Prüfung von haftungsrechtlichen Ansprüchen nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB eine Verwirklichung des Tatbestandes auch darin gesehen, daû der Handlungspflichtige durch anderweitige Zahlungen sich seiner Zahlungsverpflichtung zum Fälligkeitszeitpunkt begeben hat. Der Arbeitgeber sei nämlich verpflichtet, notfalls durch besondere Maûnahmen (etwa die Aufstellung eines Liquiditätsplanes und die Bildung von Rücklagen) die Zahlung zum Fälligkeitstag sicherzustellen. Diese Mittel dürften auch nicht zur Begleichung anderer Verbindlichkeiten eingesetzt werden. Insoweit gehe die Pflicht zur Abführung der sozialversicherungsrechtlichen Arbeitnehmerbeiträge im Sinne des § 266a Abs. 1 StGB anderen Verbindlichkeiten vor (BGHZ 134, 304 ff.).
bb) Dieser Auffassung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, die in der Literatur kritisiert wurde (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 266a Rdn. 12), tritt der Senat bei. Der Vorrang der in § 266a Abs. 1 StGB genannten Ansprüche wird nicht nur durch den strafbewehrten Normbefehl deutlich, der schon die nicht fristgerechte Erfüllung dieser Verbindlichkeiten erfaût. Durch ihren besonderen strafrechtlichen Schutz sind diese Ansprüche hervorgehoben. Das besondere Sicherungsbedürfnis dieser Ansprüche
erschlieût sich auch aus der Regelung des § 266a Abs. 5 StGB, die von dem Arbeitgeber im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten verlangt, seine Bemühungen um die Begleichung der sozialversicherungsrechtlichen Verbindlichkeiten darzutun, um selbst im Falle einer späteren Zahlung eine Strafbefreiung zu erlangen. Auch diese Regelung wäre nicht verständlich, wären sämtliche Verbindlichkeiten jeweils gleichrangig; denn dann lieûe bereits die bloûe Erfüllung einer anderen (kongruenten) Verbindlichkeit die Tatbestandmäûigkeit entfallen. Eines besonders ausgestalteten bedingten persönlichen Strafausschlieûungsgrundes, der zudem an weitere Voraussetzungen gebunden ist, bedürfte es dann nicht nur nicht mehr, es ergäbe sich sogar ein normativer Widerspruch.
Schlieûlich wird dieses Ergebnis aus den Gesetzgebungsmaterialien bestätigt. Trotz einer ausdrücklich geäuûerten Kritik an der Besserstellung der Gläubiger dieser sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche hat der Gesetzgeber an dem besonderen strafrechtlichen Schutz festgehalten, um das Beitragsaufkommen der Sozialkassen sicherzustellen (BT-Drucks. 10/5058, S. 31). Wenn das Gesetz für diese Ansprüche aber einen strafrechtlichen Schutz vorsieht, kann der jeweilige Normadressat eine Befriedigung des Anspruchs nur dann verweigern, wenn er nach den allgemeinen Regeln des Strafrechts gerechtfertigt ist. Eine strafrechtlich gebotene Pflicht darf der Handlungspflichtige nur im Falle einer unvermeidbaren Kollision verweigern, wenn er damit letztlich einem gleichwertigen Rechtsgut genügt. Insoweit gilt auch hier der Gedanke, daû bei einer Pflichtenkollision der Täter nur gerechtfertigt ist, wenn er eine zumindest gleichwertige Pflicht erfüllt (vgl. Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. Vorbemerkung §§ 32 ff. Rdn. 71 ff.). Der strafrechtliche Schutz eines Rechtsgutes begründet indes seine Höherwertigkeit gegenüber einer bloû zivilrechtlichen Handlungspflicht , was umgekehrt wiederum zur Folge hat, daû die Erfüllung eines zivilrechtlichen Anspruchs nicht die Verletzung eines Straftatbestands rechtfertigen kann.

cc) Der Umstand, daû der Arbeitgeber die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge zum Fälligkeitsstichtag sicherstellen muû, bedeutet aber nicht, daû schon aus dem Fehlen einer entsprechenden Deckung ohne weiteres auf einen schuldhaften Verstoû gegen die Pflichten aus § 266a Abs. 1 StGB geschlossen werden kann. Der Arbeitgeber muû nicht schlechthin für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einstehen. Die Beweisregel des § 279 BGB a.F. gilt hier nicht (vgl. auch BGH NJW 2002, 1123, 1125; a.A. OLG Celle JR 1997, 478, 479). Vielmehr ist insoweit die vorsätzlich begangene Pflichtwidrigkeit nach den für das Schuldstrafrecht maûgeblichen Grundsätzen festzustellen.
(1) Eine Pflicht, besondere Sicherungsmaûnahmen zu ergreifen, setzt sich abzeichnende Liquiditätsprobleme in dem Unternehmen voraus. Denn ein Unternehmen mit geregelten wirtschaftlichen und organisatorischen Verhältnissen wird zur Erfüllung seiner sozialversicherungsrechtlichen Pflichten keiner auûergewöhnlichen Vorkehrungen bedürfen. Welche Vorkehrungen in welchem Umfang zu treffen sind, richtet sich nach der Eigenart des jeweiligen Einzelfalles. Entscheidend ist dabei, welche Liquiditätsprognose zum Fälligkeitsstichtag zu stellen ist und ob Hinderungsgründe bestehen könnten , die Sozialbeiträge im Sinne des § 266a Abs. 1 StGB abzuführen. Dabei wird es auf die jeweils zu erwartenden Einnahmen (ebenso wie auf Kapitalabflüsse durch Pfändungen, Ver- oder Aufrechnungen) ankommen. Pflichtwidrigkeit liegt dabei nur dann vor, wenn sich ein Liquiditätsengpaû abzeichnete und durch entsprechende angemessene finanztechnische Maûnahmen hätte abgewendet werden können (a.A. Lenckner/Perron in Schönke /Schröder, StGB 26. Aufl. § 266a Rdn. 10, die nur bei gänzlich unerwarteten Ereignissen die Tatbestandsmäûigkeit entfallen lassen wollen). Dabei muû der Arbeitgeber zwar sicherstellen, daû die Sozialversicherungsbeiträge vorrangig abgeführt werden. Dies geht jedoch nicht soweit, daû er Vermögenswerte wegen der Drohung von Pfändungen für titulierte Forderungen
dem Zugriff von Gläubigern entziehen darf. Gleichfalls muû er sich zur Erfüllung seiner sozialversicherungsrechtlichen Pflichten keine Kreditmittel beschaffen, falls er deren Rückzahlung nicht gewährleisten kann (weitergehend BGH NJW 1997, 133, 134; dort verlangt der VI. Zivilsenat ± in einem obiter dictum ± offenbar die Ausschöpfung eines noch offenen Kreditrahmens ). Nur soweit dem Arbeitgeber überhaupt im Zeitpunkt des Offenbarwerdens der Liquiditätsprobleme die Möglichkeit verbleibt, die Abführung der Sozialbeiträge seiner Arbeitnehmer durch rechtlich zulässige Maûnahmen noch sicherzustellen, handelt er pflichtwidrig, wenn er dies unterläût.
(2) Der Straftatbestand des § 266a Abs. 1 StGB ist ein Vorsatzdelikt. Der Handlungspflichtige muû deshalb die Anzeichen von Liquiditätsproblemen , die besondere Anstrengungen zur Sicherstellung der Abführung der Arbeitnehmerbeiträge verlangten, erkannt haben (vgl. Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 266a Rdn. 17; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 266a Rdn. 17). Nimmt er dabei zumindest billigend in Kauf, daû bei Unterlassung von Sicherheitsvorkehrungen später möglicherweise die Arbeitnehmerbeiträge nicht mehr rechtzeitig erbracht werden können, ist hinsichtlich des Merkmals der Pflichtwidrigkeit auch Vorsatz gegeben (vgl. BGH NJW 2002, 1123, 1125). Der Verantwortliche muû demnach die Zuspitzung der wirtschaftlichen Situation und die daraus resultierende Gefährdung der Arbeitnehmerbeiträge sehen (was auch durch ungeordnete Verhältnisse im Unternehmen begründet sein kann ± vgl. BGHZ 134, 304, 315). Unterläût er es dann dennoch, Maûnahmen zu ergreifen, die eine Befried igung dieser vorrangigen sozialversicherungsrechtlichen Verbindlichkeiten gewährleisten, handelt er vorsätzlich.
dd) Das Landgericht hat vorliegend weder geprüft, ob zum Zeitpunkt der Fälligkeit eine entsprechende Leistungskraft vorhanden war, noch ± wenn diese Voraussetzung verneint werden muû ± hilfsweise zu einem früheren Zeitpunkt die Sicherstellung der Abführung der Arbeitnehmerbei-
träge hätte veranlaût werden müssen und die Angeklagten dies auch erkannt haben. In diesem Zusammenhang kann auch der Umstand Bedeutung erlangen, daû die zu zahlenden Beiträge monatlich relativ niedrig bemessen waren. Das kann die Angeklagten möglicherweise zu der Einschätzung veranlaût haben, zum Fälligkeitszeitpunkt über genügende Mittel zu verfügen. Selbst wenn dies zunächst hingenommen werden könnte, würde für spätere Zeiträume in Rechnung zu stellen sein, daû zunächst nicht einmal die geringen Beiträge abgeführt wurden. Dabei werden auch die an die Firma der Angeklagten geflossenen ABM-Mittel Beachtung finden müssen, die über den Arbeitnehmerbeiträgen lagen. Ob sie wegen des erheblichen Schuldsaldos auf den Firmenkonten darüber überhaupt verfügen konnten, ergeben die Feststellungen allerdings nicht. Jedenfalls nachdem zunächst die Arbeitnehmerbeiträge nicht mehr geleistet werden konnten, muûte der Umstand allerdings die Angeklagten veranlassen, diese Fördermittel vorrangig für die Begleichung der Sozialversicherungsbeiträge heranzuziehen und sie entsprechend zu sichern.

d) Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend beide Angeklagte als strafrechtlich verantwortlich im Sinne des § 14 StGB für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge angesehen. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe wird ausreichend deutlich, daû der Angeklagte B die internen kaufmännischen Angelegenheiten eigenständig erledigt hat. Seine Stellung als mit diesen Fragen auch tatsächlich befaûter faktischer Geschäftsführer trägt bei ihm die Annahme einer strafrechtlich relevanten Verantwortlichkeit (vgl. BGHSt 21, 101, 103). Die Verantwortlichkeit der Angeklagten B ergibt sich hier daraus, daû sie bewuût den mit einem Berufsverbot belasteten W B die ihr obliegende Pflicht zur Beitragsabführung überlassen hat, obwohl die wirtschaftliche Situation der Firma bereits angespannt war.
Zwar begründet schon allein die Stellung der Angeklagten K B als formelle Geschäftsführerin ihre Verantwortlichkeit als Organ der Gesellschaft nach auûen, was insbesondere auch ihre Einstandspflicht für die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten einschlieût (BGH wistra 1990, 97 f.). Der Geschäftsführer braucht jedoch die in sein Ressort fallenden Pflichten nicht in eigener Person erfüllen (vgl. BGHSt 37, 106, 123 f. grundlegend zur strafrechtlichen Relevanz von Ressortzuständigkeiten). Er kann sie auch delegieren, ihre Erfüllung anderen Personen überlassen (BGHZ 133, 370, 378; hinsichtlich steuerlicher Pflichten vgl. auch BFHE 141, 443). In diesen Fällen muû er durch geeignete organisatorische Maûnahmen die Begleichung sozialversicherungsrechtlicher Verbindlichkeiten sicherstellen. Jedenfalls nach einer angemessenen und beanstandungsfreien Einarbeitungszeit darf er sich dann grundsätzlich auf die Erledigung dieser Aufgaben durch den von ihm Betrauten verlassen, solange zu Zweifeln kein Anlaû besteht (vgl. BGHZ 133, 370, 378). Es trifft ihn dann jedoch eine Überwachungspflicht. Wie diese ausgestaltet ist, wird nach den Umständen des Einzelfalles zu bestimmen sein.
Diese Grundsätze müssen auch dann gelten, wenn der Geschäftsführer eine Person mit so weitreichenden Handlungsvollmachten gewähren läût, daû diese ihrerseits als faktischer Geschäftsführer zu qualifizieren ist. Selbst wenn der Geschäftsführer hinnimmt, daû sich ein faktischer Geschäftsführer etablieren kann, führt dies nicht zwangsläufig zu einer Zurechenbarkeit von dessen Straftaten. Auch insoweit ist die strafrechtliche Schuld nach allgemeinen Grundsätzen festzustellen. Der formelle Geschäftsführer handelt demnach nur dann vorsätzlich pflichtwidrig im Sinne des § 266a StGB, wenn er Anhaltspunkte für eine unzureichende Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten durch den faktischen Geschäftsführer erlangt und dennoch nicht die notwendigen Maûnahmen ergriffen hat. Solche sich dem formellen Geschäftsführer aufdrängende Verdachtsmomente brauchen sich nicht unmittelbar auf die Verletzung sozial-
versicherungsrechtlicher Pflichten beziehen. Es kann nach den Umständen des Einzelfalls auch ausreichen, wenn für den formellen Geschäftsführer schon Anzeichen dafür bestehen, daû die Verbindlichkeiten nicht ordnungsgemäû erfüllt werden (vgl. BGHZ 133, 370, 379). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Handlungsweise des faktischen Geschäftsführers ± wie hier durch den andauernden Verstoû gegen ein Berufsverbot ± in einem rechtswidrigen Gesamtzusammenhang steht und dem formellen Geschäftsführer dies bekannt ist. Im vorliegenden Fall muûte deshalb die Angeklagte B in Anbetracht der schwierigen wirtschaftlichen Situation die Abführung der Beiträge selbst sicherstellen.
3. Die Verurteilungen wegen der Verstöûe des Berufsverbots sowie gegen das GmbH-Gesetz können dagegen bestehen bleiben, weil die Feststellungen hierzu von den vorgenannten Rechtsfehlern unberührt bleiben. Der Senat hat jedoch die hierfür verhängten Einzelstrafen aufgehoben, um dem neuen Tatrichter eine insgesamt eigenständige Strafzumessung zu ermöglichen.

II.


Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat noch auf folgendes hin:
1. Die bloûe Mitteilung des geschuldeten Sozialversicherungsbeitrages reicht nicht aus. Im Falle einer erneuten Verurteilung sind neben der Anzahl der Beschäftigten auch deren Beschäftigungszeiten, das zu zahlende Arbeitsentgelt und die Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen AOK darzustellen (BGHR StGB § 266a Sozialabgaben 4).
2. Hinsichtlich der Betrugsvorwürfe ist zu beachten, daû ein Eingehungsbetrug zu Lasten einzelner Subunternehmer nicht ohne weiteres ange-
nommen werden kann, wenn die Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Subunternehmern durch entsprechende Zahlungsansprüche gegen die jeweiligen Bauherren wirtschaftlich abgedeckt waren (vgl. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 5). In diesen Fällen könnte der Angeklagte, auch wenn er über kein wesentliches Vermögen verfügen sollte, jedenfalls von einer Deckung seiner Verbindlichkeiten durch den Anspruch gegenüber dem Bauherrn ausgehen. Etwas anderes wird nur dann gelten, wenn der Angeklagte jedenfalls zum Zeitpunkt des Abschlusses des Subunternehmervertrages die mangelnde Bonität des Bauherrn erkannt hat oder er trotz ausreichender Sicherung seiner Forderung gegen den Bauherrn zumindest damit rechnet, Zahlungen hierauf wegen einer Vielzahl anderer (vor allem titulierter ) Verbindlichkeiten nicht mehr an den Subunternehmer weiterleiten zu können (vgl. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 1, 5).
Soweit das Landgericht auf eine (allerdings nicht näher belegte) Vorleistungspflicht der Firma des Angeklagten gegenüber dem Bauherrn abgestellt hat, ist dieser Gesichtspunkt jedenfalls nicht ohne weiteres tragfähig. Der dem Angeklagten verpflichtete Subunternehmer ist nämlich gleichfalls vorleistungspflichtig. In beiden Rechtsbeziehungen werden die Werklohnvergütungen zwar jeweils mit Abnahme fällig (§ 641 Abs. 1 BGB), wobei in der Baupraxis die Fertigstellung einzelner Gewerke eine Zahlungspflicht des Bauherrn auslöst (§ 641 Abs. 1 Satz 2 BGB) und deshalb aber häufig eine Gesamtabnahme stattfindet. Auch soweit in einigen Fällen die Fälligkeitszeitpunkte gegenüber den Subunternehmern bis zu 30 Tage früher lagen, wäre dies nicht ohne weiteres ein so erheblicher Zwischenraum, daû sich schon hieraus eine schadensgleiche Vermögensgefährdung im Sinne des § 263 StGB herleiten lieûe.
3. Wenn nach den oben dargestellten Grundsätzen bei den einzelnen Verträgen von einem Eingehungsbetrug auszugehen ist, kommt es für die tatbestandliche Vollendung nicht mehr darauf an, ob dem betreffenden Ver-
tragspartner tatsächlich ein Schaden entstanden ist (vgl. BGHSt 23, 300). Der tatsächlich eingetretene Schaden wird dann nur noch für die Strafzumessung Relevanz haben. Soweit der neue Tatrichter als zum Zwecke der Feststellung von Strafzumessungstatsachen den Wert der erbrachten Bauleistung ermitteln sollte, ist der Einschätzung der beteiligten Subunternehmer zur Qualität ihrer eigenen Werkleistung mit äuûerster Zurückhaltung zu begegnen. Im Regelfall bietet sich eine Verifizierung ihrer Angaben dadurch an, daû geklärt wird, ob von den Angeklagten behauptete Mängel gleichzeitig vom jeweiligen Bauherrn gerügt wurde.
In diesem Zusammenhang ist auch darauf Bedacht zu nehmen, daû grundsätzlich Werklohnansprüche erst nach einer Abnahme fällig werden. Die Erwägung des Landgerichts, es entspreche allgemeiner Übung in der Baupraxis, Mängel förmlich anzuzeigen, betrifft allenfalls die Zeit nach der Abnahme. Deshalb wird die Feststellung der jeweiligen Abnahmetermine unumgänglich sein; umgekehrt können gerade immer wiederkehrende Strategien zur Vermeidung einer Abnahme indiziell auf die Absicht bloûer Zahlungsverweigerung hindeuten.
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11
a) Bedingten Tötungsvorsatz hat, wer den Eintritt des Todes als mögliche , nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Ziels willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet (Willenselement), mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (vgl. nur BGH, Urteile vom 27. Juli 2017 − 3 StR 172/17,NStZ 2018, 37; vom 11. Oktober 2016 − 1 StR 248/16, NStZ 2017, 25; vom 14. August 2014 − 4 StR 163/14, NStZ 2015, 266jeweils mwN). Ob der Täter nach diesen rechtlichen Maßstäben bedingt vorsätzlich gehandelt hat, ist in Bezug auf beide Elemente im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend zu prüfen und durch tatsächliche Feststellungen zu belegen (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2016 – 5 StR 498/15, NStZ-RR 2016, 204; Senat, Urteil vom 16. September 2015 − 2 StR 483/14, NStZ 2016, 25). Die Prüfung, ob Vorsatz oder (bewusste) Fahrlässigkeit vorliegt, erfordert bei Körperverletzungs- und Tötungsdelikten insbesondere dann, wenn das Tatgericht allein oder im Wesentlichen aus äußeren Umständen auf die innere Einstellung eines Angeklagten zur Tat schließen muss, eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände (vgl. insbesondere zur Würdigung des voluntativen Vorsatzelements BGH, Urteile vom 14. Januar 2016 – 4 StR 84/15, NStZ-RR 2016, 79, 80; vom 13. Januar 2015 – 5 StR 435/14, NStZ 2015, 216 f.; vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, juris Rn. 29, BGHSt 57, 183, 188; vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, juris Rn. 34, NStZ 2011, 699, 701 f.; vom 18. Oktober 2007 – 3 StR 226/07, NStZ 2008, 93 f. jeweils mwN), wobei schon eine Gleichgültigkeit gegenüber dem zwar nicht erstrebten, wohl aber hingenommenen Tod des Opfers die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes rechtfertigt (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2016 – 5 StR 498/15, NStZ-RR 2016, 204 mwN). In diese Gesamtschau sind insbesondere die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung, die konkrete Angriffsweise des Täters, seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung und seine Motivationslage einzubeziehen (BGH, Urteile vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, juris Rn. 7; vom 16. Mai 2013 – 3 StR 45/13, NStZ 2013, 581, 582 mwN).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

12
a) Bedingt vorsätzliches Handeln setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. April 2016 - 5 StR 498/15, NStZ-RR 2016, 204) voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt (Wissenselement ), weiter dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet (Willenselement). Beide Elemente müssen durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Ihre Bejahung oder Verneinung kann nur auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände erfolgen (vgl. BGH, Urteile vom 23. Februar 2012 - 4 StR 608/11, NStZ 2012, 443, 444 und vom 11. Oktober 2016 - 1 StR 248/16, NStZ 2017, 25; Beschluss vom 21. Dezember 2016 - 1 StR 112/16, NStZ 2017, 337).

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 478/09
vom
2. Dezember 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
hier: Anhörungsrüge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2009 beschlossen
:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 17. November 2009 gegen
den Senatsbeschluss vom 7. Oktober 2009 wird auf seine
Kosten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 20. Mai 2009 mit Beschluss vom 7. Oktober 2009 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit einer „Gegenvorstellung“ seines Verteidigers vom 17. November 2009. Für die Verteidigung sei nicht erkennbar, dass sich der Senat mit den in der Revisionsbegründung aufgeworfenen Fragen zur Strafzumessung sowie zur Möglichkeit und Zumutbarkeit der Handlungspflicht als Voraussetzung der Strafbarkeit wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) auseinandergesetzt hat. Es sei deshalb zu besorgen, dass der Senat den entsprechenden Vortrag in der Revisionsbegründung möglicherweise nicht zur Kenntnis genommen hat.
2
Damit behauptet der Verurteilte die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Hiergegen ist bei Revisionsentscheidungen ausschließlich der befristete Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 356a Abs. 1 Satz 1 StPO, die so genannte Gehörsrüge, statthaft (vgl. BGH, Beschl. vom 6. Februar 2009 - 1 StR 541/08 - [BGHR StPO § 356a Statthaftigkeit 1] Rdn. 6). Der hier wohl vorliegenden Überschreitung der Frist (gemäß § 346a Abs. 1 Satz 2 StPO eine Woche nach Kenntniserlangung von der - behaupteten - Verletzung des rechtlichen Gehörs, hier also des Senatsbeschlusses vom 7. Oktober 2009) kann nicht durch Erhebung einer unbefristeten Gegenvorstellung begegnet werden. Die Gegenvorstellung ist deshalb als Anhörungsrüge zu bewerten (§ 300 StPO). Diese ist hier allerdings schon deshalb unzulässig, da der Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Senatsbeschlusses vom 7. Oktober 2009 nicht mitgeteilt und nicht glaubhaft gemacht ist (§ 356a Abs. 1 Satz 3 StPO).
3
Die Gehörsrüge wäre allerdings auch unbegründet. Der Senat hat alle Ausführungen in der Revisionsbegründung und in der Gegenerklärung des Verurteilten vom 21. September 2009 zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts vom 2. September 2009 zur Kenntnis genommen. Sie überzeugten den Senat jedoch nicht. Eines ausdrücklichen Eingehens auf die vom Verteidiger in seiner „Gegenerklärung“ nochmals angesprochenen Punkte im Senatsbeschluss vom 7. Oktober 2009 bedurfte es nicht. Denn die Revision des Verurteilten war auch insoweit offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Art. 103 Abs. 1 GG zwingt die Gerichte nicht dazu, jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfG, Beschl. vom 20. Juni 2007 - 2 BvR 746/07). Ausnahmsweise sei hier gleichwohl auf Folgendes hingewiesen : Die Strafzumessung und insbesondere die Frage der Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zur Bewährung orientieren sich nicht allein an der Schadenshöhe. Die Strafkammer hat rechtsfehlerfrei nicht nur die besonderen Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 StGB, sondern vor allem schon eine günstige Kriminalprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) verneint (UA S. 36 f.). Zur Frage der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Pflichterfüllung der Zahlung der Beiträge zur So- zialversicherung als Voraussetzung eines Verstoßes gegen § 266a StGB musste sich die Strafkammer hier nicht ausdrücklich äußern. Dies stand außer Frage. Der Verurteilte verschaffte sich mit der Beschäftigung niedrig bezahlter Scheinselbständiger einen erheblichen Vorteil im Wettbewerb mit legal handelnden Prospektverteilungsunternehmen (vgl. zur entsprechenden Situation bei einer Schwarzlohnabrede BGH, Beschl. vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08 - [BGHSt 53, 71] Rdn. 17 a.E.). Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

21
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1953 - 5 StR 342/53, BGHSt 5, 90, 91 f.; BGH, Urteil vom 5. März 1986 - 2 StR 666/85, wistra 1986, 174; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09 Rn. 37, HFR 2010, 866; BGHR AO § 370 Abs. 1 Vorsatz 2, 4, 5). Für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung bedarf es dabei keiner Absicht oder eines direkten Hinterziehungsvorsatzes ; es genügt, dass der Täter die Verwirklichung der Merkmale des gesetzlichen Tatbestands für möglich hält und billigend in Kauf nimmt (Eventualvorsatz ). Der Hinterziehungsvorsatz setzt deshalb weder dem Grunde noch der Höhe nach eine sichere Kenntnis des Steueranspruchs voraus (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09 Rn. 37, HFR 2010, 866; zu strenge Anforderungen OLG München, Beschluss vom 15. Februar 2011 - 4 St RR 167/10 mit Anm. Roth, StRR 2011, 235).

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 586/12
vom
9. April 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________
1. Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO)
kann nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen
besonders verpflichtet ist.
2. Das Merkmal "pflichtwidrig" in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO bezieht sich allein auf
das Verhalten des Täters, nicht auf dasjenige eines anderen Tatbeteiligten.
Damit kommt eine Zurechnung fremder Pflichtverletzungen auch dann nicht in
Betracht, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen Mittäterschaft vorliegen
würde.
3. Eine eigene Rechtspflicht zur Aufklärung über steuerlich erhebliche Tatsachen
trifft gemäß § 35 AO auch den Verfügungsberechtigten. Verfügungsbe-
rechtigter im Sinne dieser Vorschrift kann auch ein steuernder Hintermann sein,
der ihm gegenüber weisungsabhängige "Strohleute" im Rechtsverkehr nach
außen im eigenen Namen auftreten lässt.
BGH, Urteil vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12 - LG Mannheim
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. April 2013,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Richter
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11. Juni 2012
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe jeweils wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt wird,
b) aufgehoben aa) im Einzelstrafausspruch in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe und bb) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 29 Fällen und Beihilfe zur Steuerhinterziehung in fünf Fällen unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Bensheim vom 22. November 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt.
2
Hiergegen richtet sich die auf eine nicht näher ausgeführte Verfahrensrüge sowie die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

A.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.

4
Fälle 1 bis 29 der Urteilsgründe („Bandentaten“)
5
1. Der einschlägig vorbestrafte Angeklagte hatte erfahren, dass sich eine bis dahin von Ba. , G. und B. angeführte Gruppe erfolgreich im Handel mit Altgold betätigt hatte. Dieser Handel war darauf ausgerichtet, systematisch einen betrügerischen „Umsatzsteuergewinn“ zu er- wirtschaften. Der „Gewinn“ wurde dadurch erzielt, dass die beim Verkauf von Altgold an Scheideanstalten neben dem Nettokaufpreis erlangte Umsatzsteuer einbehalten wurde, in den Umsatzsteuervoranmeldungen der einliefernden Personen aber ein nicht gerechtfertigter Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen vorgenommen wurde. Das Hinterziehungssystem folgte bis zum Einstieg des Angeklagten im Juni 2010 im Wesentlichen folgendem Ablauf:
6
Die Gruppe ließ Goldscheideanstalten mit von Ba. und G. „schwarz“ - also ohne Umsatzsteuer - angekauftem Gold in normalen Handels- geschäften beliefern. Bei den Scheideanstalten traten als liefernde Unternehmer (sog. Einlieferer) nur G. oder Personen auf, die von G. zu diesem Zwecke angeworben worden waren und entsprechende Gewerbe angemeldet hatten. Die Goldscheideanstalten rechneten beim Ankauf des Goldes mit den Einlieferern über Gutschriften (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) unter Ausweis von Umsatzsteuer ab und überwiesen den Bruttokaufpreis auf deren Konten. Die jeweiligen Einlieferer händigten den Brutto-Gutschriftsbetrag an Ba. oder G. aus und erhielten dafür eine Provision in Höhe von drei bis vier Prozent des Gutschriftsbetrages.
7
Die Einlieferer - darunter auch G. , soweit er in eigenem Namen Gold bei den Goldscheideanstalten einlieferte - meldeten in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen die Umsatzsteuer aus den Gutschriften für die Goldlieferungen an. Zur Minimierung der sich ergebenden Zahllast nahmen sie jedoch gleichzeitig einen unberechtigten Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) aus Scheinrechnungen vor, die B. beschaffte. Es handelte sich dabei um sog. Abdeckrechnungen , in denen den Rechnungsadressaten unter Umsatzsteuerausweis tatsächlich nicht erbrachte Lieferungen von Gold in Rechnung gestellt wurden. Die „Gewinne“ aus den Geschäften verwendeten G. und Ba. einerseits für weitere Goldankäufe sowie zum Bezahlen der Abdeckrechnungen, andererseits für einen aufwendigen Lebensstil.
8
Anlässlich eines Streits um eine offene Forderung B. s nahmen Ba. und G. den Angeklagten in die Gruppe auf, um fortan mit ihm nach „be- währtem Geschäftsmodell“ den auf Steuerhinterziehung ausgerichteten Gold- handel fortzusetzen. Der Angeklagte übernahm - B. ersetzend - in führender Funktion gemäß einer „internen Aufgabenverteilung“ folgende Aufgaben (UA S. 20). Er sollte: - finanzielle Mittel für den weiteren Altgoldankauf zur Verfügung stellen , - neue Einlieferer anwerben, - die „Logistik“ für die Abdeckrechnungen, insbesondere neue Scheinfirmen und „Strohmänner“ sowie entsprechende Unterlagen, bereitstellen , - teilweise Altgold von Ba. in Empfang nehmen und an die anzuwerbenden neuen Einlieferer verteilen, - teilweise das Bargeld von den Einlieferern in Empfang nehmen, - teilweise die Gutschriftsbelege der Scheideanstalten, die für die Erstellung von Abdeckrechnungen benötigt wurden, von den Einlieferern in Empfang nehmen und an G. weiterleiten und - teilweise die Abdeckrechnungen von G. in Empfang nehmen und den Einlieferern übergeben.
9
Ba. sollte, wie zuvor auch, in erster Linie für die Beschaffung und teilweise Verteilung des Goldes zuständig sein, während G. die Abdeckrechnungen fertigen und daneben weiterhin Gold einliefern sollte.
10
Ende September 2010 nahm der Angeklagte den gesondert Verfolgten Gl. in die Gruppe auf, der als „Rechnungsschreiber“ und Einlieferer unter Falschpersonalien auftretend fortan ebenfalls eine führende Funktion in der Gruppe einnahm. Er ersetzte G. , als dieser im Oktober 2010 aus der Gruppe ausschied.
11
Der Angeklagte erhielt bei jedem Goldgeschäft einen Gewinnanteil; im Übrigen blieb die Gewinnverteilung in der Gruppe weitgehend ungeklärt. Die in diesen Fällen unter Beteiligung des Angeklagten insgesamt bewirkte Umsatzsteuerverkürzung betrug 1.382.391,24 Euro.
12
2. Die einzelnen Fälle wiesen folgende Besonderheiten auf:
13
a) Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe
14
aa) In den Fällen 1 bis 14 sowie 16 bis 18 der Urteilsgründe wurden die Einlieferungen von G. sowie von vier weiteren Einlieferern vorgenommen. Die für die Steuerhinterziehung erforderlichen Abdeckrechnungen auf dem Briefkopf einer A. GmbH stellte G. her, der zu diesem Zweck vom Angeklagten Geschäftsunterlagen und einen Firmenstempel der A. GmbH erhalten hatte. Der Angeklagte veranlasste jeweils, dass die Rechnungen vom formellen Geschäftsführer der A. GmbH, einem unter den Falschpersona- lien „ T. “ auftretenden nicht näher identifizierten bulgarischen Staatsangehörigen, unterzeichnet wurden.
15
bb) Im Fall 15 der Urteilsgründe wurden Vorsteuern aus Abdeckrechnungen geltend gemacht, die Gl. unter den Falschpersonalien „ F. “ gefertigt hatte. Der Angeklagte hatte Gl. zuvor einen auf diesen Namen ausgestellten gefälschten Reisepass besorgt.
16
b) Fälle 23 bis 26 der Urteilsgründe
17
Gl. trat in den Monaten September bis Dezember 2010 unter den Falschpersonalien „ F. “ selbst als Einlieferer auf. Da er einen falschen Namen verwendete, gab er abweichend von der sonst üblichen Vorgehensweise absprachegemäß keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Die Verwendung von Abdeckrechnungen erschien im Hinblick auf die Identitätstäuschung zu Verschleierungszwecken nicht erforderlich. Den für die Einlieferung bei der Goldscheideanstalt erhaltenen Kaufpreis händigte er abzüglich einer Provision von einem Prozent des Gutschriftsbetrages an den Angeklagten oder an Ba. aus.
18
c) Fälle 27 und 28 der Urteilsgründe
19
In den Fällen 27 und 28 der Urteilsgründe wurden zwei Einlieferer unter Falschpersonalien tätig, denen der Angeklagte gefälschte Ausweisdokumente verschafft hatte. Da auch sie unter diesen Falschpersonalien auftraten, wurden Abdeckrechnungen für ihre Einlieferungen von vorneherein nicht erstellt.
20
d) Fälle 20 bis 22 sowie 29 der Urteilsgründe
21
aa) Die Einlieferin Y. hatte von Gl. unter dem Namen „ F. “ erstellte Abdeckrechnungen erhalten. Sie gab absprachewidrig keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab (Fälle 20 bis 22 der Urteilsgründe)
22
bb) Der Einlieferer D. gab, obwohl er Abdeckrechnungen erhalten hatte, ebenfalls absprachewidrig keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab (Fall 29 der Urteilsgründe).
23
e) Fall 19 der Urteilsgründe
24
Das Gruppenmitglied G. , das im Fall 19 der Urteilsgründe als Einlieferer tätig wurde, gab abweichend von den Absprachen in der Gruppe gleichfalls keine Umsatzsteuervoranmeldung ab.
25
3. Das Landgericht hat die vom Angeklagten aus der Gruppe heraus begangenen Taten als 18 Fälle gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung durch aktives Tun gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 2 StGB (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe) und elf Fälle gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe) gewertet. Es hat in diesen Fällen jeweils eine bandenmäßige Begehung i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO angenommen.
26
Das Landgericht hat den Angeklagten in diesen Fällen jeweils als Mittäter eingestuft. Soweit Unterlassungsdelikte vorlägen (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe ), habe er gemeinschaftlich mit anderen die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen unterlassen.
27
Die über die Gewerbe der Einlieferer abgewickelten Goldlieferungen hat das Landgericht den Mitgliedern der Gruppe, die sie als Bande qualifiziert hat, und damit auch dem Angeklagten zugerechnet, weil die Einlieferer sich als „Strohleute“ in einer arbeitnehmerähnlichen Stellung befunden hätten und - somit nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG handelnd - den Tatplan der Bandenmitglieder lediglich umgesetzt hätten. Daher habe für den Angeklag- ten als „Mitunternehmer“ gemäß § 18 UStG die Pflicht bestanden, diese Goldeinlieferungen in Umsatzsteuererklärungen als Umsätze anzumelden.
28
Soweit (in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) G. und Gl. als Einlieferer tätig geworden seien, sei der Angeklagte nicht als „Mitunternehmer“ einzustufen. Denn diese Gruppenmitglieder hätten nicht die Position von „Strohleuten“ eingenommen. Deshalb seien auch deren Goldeinlieferungen nicht dem Angeklagten unter dem Gesichtspunkt (mit)unternehmerischer Tätigkeit zurechenbar. Dennoch habe sich der Angeklagte auch insoweit der gemeinschaftlichen Umsatzsteuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Er müsse sich als Hintermann - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - die Pflichtverletzungen der Bandenmitglieder zurechnen lassen.

II.

29
Weitere Taten des Angeklagten (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe)
30
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts leistete der Angeklagte außerhalb der Bande Unterstützungsbeiträge zu weiteren vergleichbaren Taten:
31
a) Fall 30 der Urteilsgründe (Unterstützung einer Gruppe um B. )
32
Der wegen den Streitigkeiten mit G. und Ba. aus der Bande ausgeschiedene B. nahm in einer neuen Gruppe entsprechende Goldhandelsgeschäfte vor, die ebenfalls auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer abzielten. Die Geschäfte wurden über die vermögenslose S. GmbH abgewickelt. Nachdem viele Banken unter anderem wegen des von ihnen gesehenen Geldwäscheverdachts nicht mehr dazu bereit waren, Konten für Goldhändler zu errichten, unterstützte der Angeklagte die Gruppe, indem er über einen unabhängigen Finanzvermittler die Eröffnung eines Geschäftskontos ermöglichte.
33
Die durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen für die über die S. GmbH abgewickelten Goldhandelsgeschäfte eingetretene Umsatzsteuerverkürzung betrug insgesamt 824.000,04 Euro.
34
b) Fälle 31 bis 34 der Urteilsgründe (Unterstützung einer Gruppe um Te. )
35
Für entsprechende Goldhandelsgeschäfte einer Gruppe um Te. , bei denen ebenfalls systematisch Umsatzsteuern hinterzogen wurden, stellte der Angeklagte Abdeckrechnungen zur Verfügung, die er von Gl. fertigen ließ. Sie wurden zum unberechtigten Vorsteuerabzug verwendet. Hier- durch wurde durch Yi. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 89.965 Euro und durch Ü. von weiteren 57.633,42 Euro hinterzogen.
36
2. Die den Fällen 30 bis 34 der Urteilsgründe zu Grunde liegenden Taten hat das Landgericht jeweils als Beihilfe zur Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO, § 27 StGB gewertet. Dabei ist es angesichts des einmaligen Tatbeitrages des Angeklagten im Falle der S. GmbH von einer einheitlichen Beihilfetat ausgegangen.

B.

37
Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge - die nicht ausgeführte Verfahrensrüge ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) - zu einem Teilerfolg. In den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe ändert der Senat den Schuldspruch von Mittäterschaft auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung ab. Dies zieht in diesen Fällen die Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Im Übrigen enthält das Urteil keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler.

I.


38
Die verfahrensgegenständlichen Taten können in zwei Fallkomplexe unterteilt werden. Fallkomplex I umfasst die von der Bande um den Angeklagten und Ba. sowie G. bzw. Gl. begangenen Taten (Fälle 1 bis 29 der Urteilsgründe). Fallkomplex II erfasst die Unterstützungshandlungen des Angeklagten für andere Täter bzw. Tätergruppierungen (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe). Ausgehend von den sich stellenden Rechts- fragen lassen sich im Fallkomplex I zwei Untergruppen bilden: Die Fallgruppe I.1. umfasst diejenigen Fälle, bei denen von den Einlieferern unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben wurden (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe ), während der Fallgruppe I.2. diejenigen Fälle zuzuordnen sind, bei denen von den Einlieferern (pflichtwidrig) keine Steueranmeldungen eingereicht wurden (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe). Letztere Fallgruppe (Unterlassungstaten ) lässt sich weiter unterteilen in die Gruppe der Fälle, in denen weisungsabhängige Strohleute als Einlieferer tätig wurden (Fallgruppe I.2.a: Fälle 20 bis 22 und 27 bis 29 der Urteilsgründe) und diejenige, in der die führenden Bandenmitglieder G. und Gl. gegenüber den Scheideanstalten als Einlieferer auftraten (Fallgruppe I.2.b: Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe).

II.


39
Mit Ausnahme hinsichtlich der Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) hält der Schuldspruch rechtlicher Nachprüfung stand.
40
1. Fallgruppe I.1. (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe)
41
Die Verurteilung des Angeklagten in der Fallgruppe I.1 wegen in Mittäterschaft begangener Steuerhinterziehung durch aktives Tun gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 2 StGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
42
a) Täter einer Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO kann nicht nur der Steuerpflichtige sein. Vielmehr kommt als Täter einer Steu- erhinterziehung durch aktives Tun grundsätzlich jedermann in Betracht („wer“), sofern er den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht. Mittäter kann daher auch eine Person sein, der das Gesetz keine steuerlichen Pflichten zuweist, sofern nur die Voraussetzungen einer gemeinschaftlichen Begehungsweise im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gegeben sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1; BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86, NStZ 1986, 463; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1989 - 3 StR 80/89, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Mittäter 3; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4; BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - 5 StR 164/06, wistra 2007, 112).
43
Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Juni 2005 - 5 StR 12/05, NStZ 2006, 44; BGH, Urteil vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291 mwN).
44
b) Die erkennbar auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung der maßgeblichen Umstände getroffene Wertung des Landgerichts, der Angeklagte sei in diesen Fällen Mittäter und nicht nur Gehilfe der durch Einreichung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Einlieferer begangenen Steuerhinterziehungen gewesen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
45
Das Landgericht durfte dabei maßgeblich berücksichtigen, dass die Einlieferer mit der Einreichung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen lediglich den Tatplan der Gruppe (Bande) um den Angeklagten sowie Ba. undG.
bzw. Gl. umsetzten. In diesem Tatplan spielte die Verwendung der von dem Angeklagten beschafften Abdeckrechnungen zur Verschleierung der Steuerverkürzungen eine bedeutende Rolle. Der Angeklagte hatte zudem an der Funktionsfähigkeit des verwendeten Systems der Hinterziehung von Umsatzsteuer erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse, denn er war an den Erträgen aus diesem System beteiligt. Die von ihm erbrachten Tatbeiträge, etwa seine Mitwirkung bei der Beschaffung der Abdeckrechnungen und bei der Übergabe des Goldes an die Einlieferer, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei als für die Taten wesentlich angesehen.
46
Der Annahme von Mittäterschaft steht nicht entgegen, dass der Angeklagte seine jeweiligen Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der unrichtigen Steueranmeldungen erbrachte (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12, wistra 2013, 67; Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86, NStZ 1986, 463). Insoweit gelten die allgemeinen strafrechtlichen Grundsätze (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2012 - 3 StR 63/12).
47
2. Fallkomplex II. (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe)
48
Die Verurteilung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Fallkomplex II. ist ebenfalls rechtsfehlerfrei. Die Urteilsfeststellungen belegen in den Fällen 30 bis 34 der Urteilsgründe sowohl die Haupttaten der Steuerhinterziehung als auch die von dem Angeklagten vorsätzlich erbrachten Tatbeiträge.

49
3. Fallgruppe I.2.a (Fälle 20 bis 22 sowie 27 bis 29 der Urteilsgründe)
50
Die Verurteilung des Angeklagten der Fallgruppe I.2.a wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hält jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
51
a) Tatbestandlich i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO handelt, wer eine Rechtspflicht zur Offenbarung steuerlich erheblicher Tatsachen verletzt. Diese Voraussetzung muss auch bei einem Mittäter vorliegen.
52
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Täter - auch Mittäter - einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1979 - 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371, 375 ff.; BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1; BGH, Beschluss vom 14. Februar 1990 - 3 StR 317/89, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Eingangsabgaben 1; BGH, Beschluss vom 20. November 1990 - 3 StR 259/90, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Mittäter 2; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01, BGHSt 48, 52, 58; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344; BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 - 5 StR 85/04, wistra 2004, 393; BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - 5 StR 164/06, wistra 2007, 112; BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - 1 StR 105/10). Dabei können sich Offenbarungspflichten sowohl aus den gesetzlich besonders festgelegten steuerlichen Erklärungspflichten wie auch aus allgemeinen Garantenpflichten ergeben, die allerdings eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rn. 161 ff.).
53
bb) Demgegenüber ist die Strafkammer - mit durchaus beachtlichen Argumenten - der Auffassung, dass die von der Rechtsprechung vorgenommene Beschränkung des Täterkreises auf Personen, die eine eigene Offenbarungs- pflicht verletzen, nicht zutreffend sei (UA S. 153 ff.). Vielmehr handele es sich beim Unterlassungstatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO um ein Allgemeinde- likt, sodass die Pflichtverletzung eines „Vordermanns“ einem selbst nicht erklä- rungspflichtigen „Hintermann“ zugerechnet werden könne. Aus diesem Grund könnten Personen auch Mittäter sein, die keine sie persönlich treffende Pflicht verletzen, sofern nur die allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme von Mittäterschaft gegeben seien.
54
Der Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO sei mit einer Einstufung als Allgemeindelikt vereinbar. Das Gesetz grenze den Täterkreis nicht näher ein, sondern verwende - ebenso wie bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO - die für Allgemein- delikte typische Umschreibung „wer“. Schließlich beschreibe auch das Merkmal „pflichtwidrig“ keine persönliche Pflichtenstellung für einen bestimmten Personenkreis , sondern enthalte ein strafrechtliches „Jedermann-Gebot“. Es beschreibe nicht den Personenkreis näher, sondern konkretisiere, welche Art und Weise des Handelns unter Strafe gestellt sei (vgl. Bender, wistra 2004, 368, 371; Kuhlen in: Festschrift für Heike Jung, 2007, S. 445, 457). Auch die Systematik des Gesetzes spreche für die vom Landgericht vertretene Auffassung, denn § 370 AO enthalte die im Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 378 Abs. 1 AO enthaltene Beschränkung des Täterkreises gerade nicht.
55
Schließlich verweist das Landgericht darauf, dass die bisherige Auslegung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht zu sachgerechten Ergebnissen führe. So sei es oft letztlich vom Zufall abhängig, ob eine Bestrafung als Täter oder - trotz vergleichbaren Unrechtsgehalts der Tatbeteiligung - nur als Gehilfe in Betracht komme, etwa weil ein unterstützter anderer Tatbeteiligter eine Steuererklärung überhaupt nicht statt - wie geplant - mit falschem Inhalt abgebe. So sei es nach der bisherigen Auslegung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich, dass ein „Hin- termann“ trotz tatbeherrschender Stellung nur als Gehilfe bestraft werden könne.
56
cc) Der Senat teilt die Auffassung, dass es sich auch bei dem Unterlassungstatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO um ein Delikt handelt, das nicht nur vom Steuerpflichtigen und Personen, denen sonst in den Steuergesetzen steuerliche Erklärungspflichten auferlegt sind (vgl. §§ 34, 35 AO), verwirklicht werden kann, sondern grundsätzlich von „Jedermann“.
57
(1) Durch die offene Formulierung des Gesetzes „wer“, die allen drei Tatvarianten der Steuerhinterziehung vorangestellt ist, enthält § 370 Abs. 1 AO die herkömmlich bei der Ausgestaltung von Allgemein-/Jedermannsdelikten verwendete Formulierung (vgl. Kuhlen in: Festschrift für Heike Jung, 2007, S. 445, 457). Nach dem Gesetzeswortlaut erfolgt damit keine Beschränkung auf eine bestimmte Tätergruppe; einen Statusbegriff, wie er sonst häufig bei der Beschreibung tauglicher Täter bei Sonderdelikten zu finden ist, enthält § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht.
58
(2) Der Umstand, dass der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hin- sichtlich des Merkmals „pflichtwidrig“ weitere Besonderheiten aufweist, ergibt sich darüber hinaus auch aus einem systematischen Vergleich zu anderen Tatbeständen , die ebenfalls das Merkmal „pflichtwidrig“ aufgreifen, jedoch anders ausgestaltet sind:
59
So knüpfen zwar auch die Straftatbestände des § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB und des § 356 StGB an das Merkmal „pflichtwidrig“ an. Diese Tatbestände enthalten aber jeweils den Täterkreis beschreibende Statusbegriffe, so dass bereits der jeweilige Wortlaut („als Arbeitgeber“ bzw. „ein Anwalt oder anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Ange- legenheiten …. pflichtwidrig dient“) die Eigenschaft des tauglichen Täters be- schränkt. Beide Tatbestände knüpfen damit an ein besonderes Vertrauensverhältnis oder an besonders ausgestaltete Pflichtenstellungen an, die sich aus der personalen Eigenschaft als „Arbeitgeber“ bzw. „als Anwalt“ ergeben. Dem- gegenüber erfordert die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (pflichtwidriges In-Unkenntnis-lassen bezogen auf steuerlich erhebliche Tatsachen) keine Anknüpfung an solche personenbezogenen Eigenschaften und Umstände. Die Strafvorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwendet nicht die Formulierung „wer als Steuerpflichtiger“ (vgl. § 33 Abs. 1 AO) und richtet sich deshalb auch nicht allein an den Adressaten eines Steuergesetzes, also denjenigen, dem aus einem Steuergesetz Rechte und Pflichten erwachsen (vgl. zum Begriff des Steuerpflichtigen Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 33 Rn. 1).
60
(3) Auch aus der Struktur des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO insgesamt ergibt sich keine Beschränkung des Täterkreises auf den Adressaten eines Steuergesetzes. Tatbestandsrelevant ist der Verstoß gegen die Handlungspflicht bei Taten nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zwar nur, wenn die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden. Hieraus folgt aber lediglich, dass die Pflicht zur Erfolgsabwendung, gegen die der Unterlassende verstößt, nur dann eine Strafbarkeit begründen kann, wenn sie auf eine Beseitigung der Unkenntnis des Finanzamtes gerichtet ist. Dem lässt sich aber nur entnehmen, wie die im Interesse des geschützten Rechtsguts (Steueraufkommen ) bestehende Pflichtenstellung näher ausgestaltet sein muss, nicht aber, wer Träger der Pflicht ist.
61
(4) Ein Vergleich mit dem Bußgeldtatbestand des § 378 Abs. 1 AO zeigt, dass auch das Steuerstraf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht Beschränkungen des Täterkreises kennt. Bei dieser Vorschrift ist der Täterkreis eingeschränkt auf Steuerpflichtige sowie Personen, „die bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 AO bezeichnete Tat leicht- fertig“ begeht. Eine derartige Begrenzung des Täterkreises enthält § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht.
62
(5) Auch der Schutzzweck der Norm gebietet keine Beschränkung auf die Verletzung eigener steuerlicher Pflichten. Denn geschütztes Rechtsgut ist bei allen Tatbeständen des § 370 AO das öffentliche Interesse des Staates am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen jeder einzelnen Steuerart (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1 und Beschluss vom 22. November 2012 - 1 StR 537/12 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ] mwN). Alle Tatbestandsvarianten des § 370 Abs. 1 AO enthalten daher auch einheitlich als Taterfolg die Verkürzung von Steuern sowie die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile für sich oder einen anderen.
63
dd) Schließlich trifft auch der Hinweis des Landgerichts zu, dass es zuweilen allein von der Ausgestaltung der steuerlichen Normen abhängt, ob eine Tatbegehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder eine solche durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) in Betracht kommt, was - etwa auch im Bereich mittelbarer Täterschaft - erhebliche Auswirkungen auf die Strafbarkeit von Tatbeteiligten haben kann.
64
ee) Der Senat erkennt ausdrücklich an, dass das Landgericht mit sorgfältiger Begründung gegen die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Stellung bezogen und damit eine Änderung der Rechtsprechung angeregt hat. Gleichwohl hält er an der Rechtsprechung fest, dass Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nur derjenige sein kann, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist. Denn der Wortlaut dieser Strafnorm lässt eine andere Auslegung nicht zu (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG). Nach Auffassung des Senats bezieht sich das Merkmal „pflichtwidrig“ allein auf das Verhalten des Täters (bei dem es sich indes nicht um den Steuerpflichtigen handeln muss), nicht allgemein auf dasjenige irgendeines Tatbeteiligten. Damit kommt eine Zurechnung fremder Pflichtverletzungen auch dann nicht in Betracht, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen Mittäterschaft vorliegen würde.
65
Anders wäre dies etwa, wenn der Gesetzgeber die Formulierung „wer bewirkt, dass die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden“, gewählt hätte. Es bleibt daher dem Gesetzgeber vorbehalten, etwaige Ungereimtheiten im Anwendungsbereich der Tatbestände des § 370 Abs. 1 AO zu beseitigen. Im Übrigen kann ein Tatgericht den Umstand, dass eine nur als Gehilfe strafbare Person Tatherrschaft hatte, im Rahmen des nach erfolgter Strafrahmenverschiebung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB eröffneten Strafrahmens erheblich strafschärfend werten.
66
b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich die für eine Unterlassungsstrafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO somit erforderliche Erklä- rungspflicht des Angeklagten nicht daraus, dass er als „Mitunternehmer“ gemäß § 2 UStG verpflichtet gewesen wäre, gemäß § 18 UStG die von den Einlieferern getätigten Umsätze anzumelden.
67
Dies gilt unabhängig von dem Umstand, dass das Landgericht mit dem Begriff des Mitunternehmers einen im Umsatzsteuerrecht nicht gebräuchlichen (vgl. BFH, Urteil vom 18. März 1988 - V R 178/83, DStR 1988, 516, 517) Begriff des Einkommensteuergesetzes (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) verwendet hat. Dabei kann auch dahinstehen, ob die Bande, der sich der Angeklagte zur Begehung von Steuerstraftaten angeschlossen hatte, aufgrund geschlossenen Auftretens nach außen hin als eigenständiges Unternehmen im Sinne des § 2 UStG anzusehen sein könnte. Denn entgegen der Ansicht des Landgerichts waren jedenfalls bei den hier in Rede stehenden Goldverkäufen allein die „Strohleute“ die Unternehmer, die in einer Leistungsbeziehung zu den Scheide- anstalten standen, nicht die hinter den „Strohleuten“ stehende Bande. Die Einlieferer waren insoweit - obgleich „Strohleute“ - nicht als für die Leistungsbezie- hungen bedeutungslose „Nichtunternehmer“ anzusehen. Damit scheidet die vom Landgericht vorgenommene Zurechnung der von den Einlieferern getätigten Umsätze zur Bande als Leistungserbringerin aus.
68
aa) Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Vom Unternehmerbegriff des Umsatzsteuergesetzes werden zwar unabhängig von der Rechtsform Personen und Personenzusammenschlüsse aller Art erfasst. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erbringt ein Zusammenschluss natürlicher Personen regelmäßig aber nur dann als selbständiger Unternehmer i.S.d. § 2 UStG Leistungen gegen Entgelt, wenn dem Leistungsempfänger diese Personenmehrheit als Schuldner der vereinbarten Leistung und Gläubiger des vereinbarten Entgelts gegenübersteht (vgl. BFH, Urteil vom 16. August 2001 - V R 67/00, UR 2002, 213; BFH, Urteil vom 18. März 1988 - V R 178/83, DStR 1988, 516, 517). Maßgeblich ist somit, ob der Zusammenschluss natürlicher Personen als solcher nach außen durch die Erbringung von Umsätzen erkennbar am Wirtschaftsverkehr teilnimmt (vgl. Klenk in Sölch/ Ringleb, UStG, 63. Lfg., § 2 Rn. 10 f.).
69
bb) Ob und inwieweit die Bande, der sich der Angeklagte angeschlossen hatte, diese Voraussetzung erfüllte und sie damit als Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG tätig wurde, ist den Urteilsfeststellungen nicht eindeutig zu entnehmen.
70
Letztlich kann dies hier auch dahinstehen. Denn die sich aus der Unternehmerstellung ergebenden Erklärungspflichten eines Unternehmers im Sinne des § 2 UStG beschränken sich auf diejenigen Umsätze, die seinem Unternehmen zuzuordnen sind. Dazu gehörten hier - für die Bande - die Goldlieferungen der Einlieferer an die Scheideanstalten nicht.
71
(1) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen (vgl. BFH, Urteil vom 16. August 2001 - V R 67/00, UR 2002, 213; BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - V R 22/02, DStRE 2004, 153). Leistender ist damit in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (st. Rspr.; vgl. nur BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 mwN). Dabei kann auch ein „Strohmann" Unternehmer und Leistender im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein. Er ist nicht deswegen unselbständig i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, weil er im Innenverhältnis den Weisungen des Auftraggebers verpflichtet ist (BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - V R 22/02, DStRE 2004, 153). Ohne Bedeutung für die Beurteilung der Leistungsbeziehungen im Verhältnis zu Dritten ist grundsätzlich, aus welchen Gründen der „Hintermann“ gegenüber dem Vertragspartner des „Strohmanns“ und Leistungsempfänger (einem Dritten), als Leistender nicht in Erscheinung treten will (BFH aaO; zu den Leistungsbeziehungen zwischen Stroh- und Hintermann vgl. auch BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326).
72
(2) Unbeachtlich ist ein „vorgeschobenes" Strohmanngeschäft allerdings dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn beide Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem „Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 AO; BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 unter II.1.c; BFH, Beschluss vom 31. Januar 2002 - V B 108/01, BFHE 198, 208 = BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; BFH, Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 1 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem (als „Strohmann“) oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird, selbst keine eigene - ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende - Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 unter II.1.c; BFH, Beschluss vom 31. Januar 2002 - V B 108/01, BFHE 198, 208; BFH, Urteil vom 12. August 2009 - XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).
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(3) So verhielt es sich nach den Feststellungen hier nicht. Da nicht die Bande um den Angeklagten, sondern die Einlieferer gegenüber den Scheideanstalten auftraten und für letztere keine Anhaltspunkte bestanden, dass diese Personen für eine hinter ihnen stehende Person oder Personenmehrheit handelten und nur als „Rechnungsschreiber“ oder „Gutschriftsempfänger“ tätig wurden (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 unter II.2.a.aa), waren die Einlieferer, auch soweit sie nur „Strohleute“ waren, bei den Goldveräußerungen an die Scheideanstalten als die leistenden Unternehmer anzusehen.
74
Die Frage, ob die „Strohleute“ im Verhältnis zur Bande, von der sie das Altgold erhielten, wegen ihres kollusiven Zusammenwirkens ohne handelstypisches Verhalten nicht als Unternehmer anzusehen waren (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 24/10, BGHR UStG § 15 Abs. 1 Unternehmer 1; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344), ist insoweit ohne Bedeutung.
75
cc) Der Umstand, dass sowohl die gegenüber den Scheideanstalten nicht auftretenden Bandenmitglieder als auch die „Strohleute“ von Anfang an beabsichtigten, auf der Grundlage der Altgoldgeschäfte Umsatzsteuern zu hinterziehen , steht der Annahme steuerbarer und steuerpflichtiger Ausgangsumsätze (Lieferungen) der Einlieferer nicht entgegen (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 unter II.2.a.bb mwN; zum Entstehen einer anzumeldenden Steuerschuld gemäß § 14c Abs. 2 UStG, wenn der Einlieferer die Ausstellung einer unrichtigen Gutschrift veranlasst, vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 5 StR 14/11, NStZ 2012, 267, 268; vgl. auch Korn in Bunjes, UStG, 11. Aufl., § 14c Rn. 5; Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, 68. Lfg., § 14c Rn. 152 f.).
76
c) Leistende Unternehmer und damit als Steuerpflichtige zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für die Altgoldlieferungen an die Scheideanstalten verpflichtet waren somit die „Strohleute“ als Unternehmer und nicht der Angeklagte. Jedoch bestand daneben für den Angeklagten als Verfügungsberechtigten im Sinne von § 35 AO eine eigenständige Rechtspflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten für die als „Strohleute“ eingesetzten Einlieferer erfüllt werden.
77
aa) Nach § 35 AO hat derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann. Wer daher in diesem Sinne als Verfügungsberechtigter auftritt, hat unter der Voraussetzung , dass er dazu tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, wie der gesetzliche Vertreter nach § 34 Abs. 1 AO die steuerlichen Pflichten des Rechtsträgers zu erfüllen (vgl. BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76). Zu den von ihm zu erfüllenden Pflichten gehört insbesondere die Abgabe von Steuererklärungen (etwa von Umsatzsteuervoranmeldungen oder Umsatzsteuerjahreserklärungen , vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 sowie Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 6. Juni 2008 - 11 K 573/06, EFG 2009, 1610; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. November 1989 - 3 StR 249/89, BGHR AO § 35 Verfügungsberechtigter 2 sowie BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Mittäter
1) und die Entrichtung der Steuern aus den vorhandenen Mitteln.
78
(1) Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO ist jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BStBl. II 1991, 284; Krömker in Lippross , Basiskommentar Steuerrecht, 65. Lfg., § 35 AO Rn. 2; Gmach, DStZ 2001, 341, 342; Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 40. Lfg., § 370 AO Rn. 118 ff.).
79
Nicht ausreichend ist eine rein tatsächliche Verfügungsmacht, etwa die Möglichkeit, über (allein) wirtschaftlichen Druck auf die Verfügungen des Steuerpflichtigen Einfluss zu nehmen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 16. März 1995 - VII R 38/94, BStBl. II 1995, 859 betreffend eine Bank; Mösbauer, DB 2005, 1816, 1819); vielmehr muss die Verfügungsmöglichkeit rechtlich eingeräumt worden sein, sodass der Verfügungsberechtigte aufgrund bürgerlich-rechtlicher Verfügungsmacht im Außenverhältnis wirksam handeln kann (vgl. BFH, Urteil vom 21. Februar 1989 - VII R 165/85, BStBl. II 1989, 491 unter II.1.; Jatzke in Beermann/Gosch, 62. Lfg., § 35 AO Rn. 7). Entscheidend für die Pflichtenstellung des § 35 AO ist, dass der Verfügungsberechtigte durch die Übertragung der rechtlichen Verfügungsbefugnis (in der Regel durch Rechtsgeschäft, vgl. Schwarz, AO, 122. Lfg., § 35 AO Rn. 7) in die Lage versetzt worden ist, am Rechtsverkehr wirksam teilzunehmen (vgl. Jatzke aaO Rn. 7).
80
Eine mittelbare rechtliche Verfügungsbefugnis genügt. Verfügungsberechtigt im Sinne des § 35 AO ist daher auch, wer aufgrund seiner Stellung die Pflichten des gesetzlichen Vertreters erfüllen kann oder durch die Bestellung entsprechender Organe erfüllen lassen kann (vgl. Boeker in Hübschmann/ Hepp/Spitaler (HHSp), AO, Lfg. 205, § 35 AO Rn. 8 mwN). Gleiches gilt für denjenigen, der kraft eines Rechtsverhältnisses den Vertretenen steuern und über seine Mittel verfügen kann (vgl. zu einem Treuhand- oder sonstigen Auftragsverhältnis : Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 2008 - 12 K 407/04, Rn. 87 ff. [juris], EFG 2008, 1434). Auch wenn ein Geschäftsherr einem Dritten für einen bestimmten Geschäftsbereich völlig freie Hand lässt, so kann dieser Dritte nach den Umständen des Einzelfalls für den Geschäftsbereich , den er übernommen hat, als Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO anzusehen sein (vgl. Schwarz aaO Rn. 7).
81
(2) Nur wer als Verfügungsberechtigter nach außen auftritt, kann Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO sein (vgl. BFH, Beschluss vom 26. April 2010 - VII B 194/09, BFH/NV 2010, 1610 unter II.3.; BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76). Auftreten bedeutet Teilnahme am Wirtschafts- und Rechtsverkehr, die über die Beziehungen zum Rechtsinhaber hinausgeht (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 1985 - VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192 unter 1., noch zu § 108 RAO; Niedersächsisches Finanzgericht, Ur- teil vom 9. Juli 1991 - XI 508/90, EFG 1992, 239; Boeker in HHSp, Lfg. 205, § 35 Rn. 10; Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 35 Rn. 7).
82
Keine Voraussetzung ist ein Auftreten gerade gegenüber den Finanzbehörden oder in steuerlichen Angelegenheiten (vgl. BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BStBl. II 1991,284; BFH, Urteil vom 21. Februar 1989 - VII R 165/85, BStBl. II 1989, 491 mwN; Niedersächsisches Finanzgericht aaO; Gmach, DStZ 2001, 341, 342), vielmehr genügt, dass der Verfügungsberechtigte gegenüber irgendjemandem - nach außen - im Rechtsverkehr als solcher aufgetreten ist (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 1985 - VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192 unter 1.).
83
Das Auftreten muss auch nicht in einer Disposition über fremdes Vermögen bestehen. Es reicht aus, wenn der Verfügungsberechtigte sich nach außen so geriert, als könne er über fremdes Vermögen verfügen. Nimmt etwa ein faktischer Geschäftsführer oder „faktischer Leiter“ (vgl. BFH, Beschluss vom 10. Oktober 1994 - I B 228/93, BFH/NV 1995, 662) eines Unternehmens Geschäftsführungsaufgaben tatsächlich wahr, so reicht es aus, wenn er lediglich gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“, etwa im Rahmen von Gesellschafterversammlungen , zu erkennen gibt, dass er als solcher über das Vermögen verfügen kann, das Auftreten gegenüber der „allgemeinen Öffentlichkeit“ aber weisungsabhängigen Personen überlässt (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76; vgl. auch BFH, Beschluss vom 9. Januar 2013 - VII B 67/12 sowie Merkt, AO-StB 2009, 81, 84). Hält sich der faktisch Leitende selbst im Hintergrund und bedient er sich zur Ausübung seiner Verfügungsbefugnis der Unterstützung weisungsgebundener Personen, wird er nach § 35 AO nur verpflichtet, wenn die Weisungsabhängigkeit auch nach außen - mithin mindestens gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“ - erkennbar wird (BFH, Beschluss vom 26. April 2010 - VII B 194/09, BFH/NV 2010, 1610 unter II.3 mwN; vgl. auch Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 35 Rn. 7). Diese Grundsätze gelten für Einzelunternehmen entsprechend (vgl. BFH, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - VII B 172/07, BFH/NV 2008, 748; zur faktischen Unternehmensbeherrschung bei Einzelunternehmen vgl. auch Köhler in Wabnitz /Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 3. Aufl. 2007, Kap. 7, Rn. 274 sowie Bieneck in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht , 5. Aufl., § 77 Rn. 20).
84
(3) Wer als Verfügungsberechtigter auftritt, hat die steuerlichen Pflichten eines gesetzlichen Vertreters nur in dem Umfang zu erfüllen, wie er dies tatsächlich und rechtlich kann (§ 35 AO 2. Halbsatz). Mit Blick auf die ansonsten weitgehende Bedeutungslosigkeit der Vorschrift des § 35 AO gegenüber dem bereits über § 34 Abs. 1 AO unmittelbar erfassten Personenkreis ist aber nicht erforderlich, dass der Verfügungsberechtigte unmittelbar rechtlich zur Pflichtenerfüllung in der Lage ist, mittelbares Können genügt daher (vgl. BFH, Urteil vom 16. März 1995 - VII R 38/94, BFHE 177, 209, BStBl. II 1995, 859 unter 3.a.; BFH, Urteil vom 7. April 1992 - VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213; BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BFHE 163, 106, BStBl. II 1991, 284).
85
Steuerliche Pflichten sind daher auch dann rechtlich und tatsächlich erfüllbar , wenn zwar keine unmittelbare Vertretungsbefugnis besteht, die rechtliche Stellung jedoch eine verbindliche Weisung an den Vertretenen ermöglicht (Koenig in Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 35 Rn. 14). Aber auch derjenige, der kraft eines Vertragsverhältnisses den Steuerpflichtigen steuern und deshalb über dessen Mittel verfügen kann, kann im Einzelfall tatsächlich und rechtlich in der Lage sein, die steuerlichen Pflichten eines gesetzlichen Vertreters zu erfüllen (vgl. Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 2008 - 12 K 407/04, Rn. 87 ff. [juris], EFG 2008, 1434).
86
bb) Gemessen an diesen Maßstäben war der Angeklagte Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO. Er kam seiner sich hieraus ergebenden Ver- pflichtung, für die als „Strohleute“ tätigen Einlieferer die Goldverkäufe umfas- sende Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben, nicht nach, obwohl er hierzu tatsächlich und rechtlich zumindest mittelbar in der Lage war.
87
(1) Die Einlieferer traten zwar gegenüber den Scheideanstalten selbst nach außen auf. Im Verhältnis zu den führenden Bandenmitgliedern - also auch zum Angeklagten - waren sie jedoch bei den Goldgeschäften als abhängige und unselbständige „Strohleute“ eingebunden und hatten sämtliche Geschäftsabläufe wirtschaftlich aus der Hand gegeben (vgl. zur faktischen Führung von Strohmannfirmen vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 - 5 StR 407/12, NJW 2013, 624). Die Goldgeschäfte waren ihnen nicht nur hinsichtlich Zeit und Umfang vorgegeben; auch mussten sie den ihnen überwiesenen Kaufpreis nach fest vorgegebenen Abläufen abheben und gegen eine Provision, die ebenfalls nach festen Kriterien bestimmt war, aushändigen. Ihr Verhalten gegenüber den Finanzbehörden wurde dirigiert, indem ihnen entweder entspre- chende „Buchhaltung“ (Abdeckrechnungen) ausgehändigt wurde oder sie mit gefälschten Papieren ausgestattet wurden, die ein Auftreten gegenüber dem Finanzamt von vornherein entbehrlich machten. Die zu einer Begleichung der Umsatzsteuerschuld (Belieferung der Goldscheideanstalten) notwendigen und zunächst auch vorhandenen Mittel, die ihnen ein steuerehrliches Verhalten ermöglicht hätten, wurden ihnen nach den ihnen vorgegebenen Geschäftsabläufen entzogen. Damit ließen die Einlieferer dem Angeklagten sowie den weiteren „führenden“ Mitgliedern der Bande insgesamt völlig freie Hand.
88
Die hieraus resultierende Leitungsmacht des Angeklagten wird besonders deutlich in den Fällen, in denen der Angeklagte selbst die Einlieferer zum Zwecke des Goldhandels anwarb, ihnen gefälschte Papiere besorgte und ihnen Anweisungen zur Erledigung notwendiger Formalitäten erteilte. Aber auch soweit anstelle des Angeklagten die weiteren führenden Mitglieder der Bande bei der Einflussnahme auf die „Strohleute“ mitwirkten, gilt im Ergebnis nichts ande- res. Sie handelten auf der Grundlage einer gemeinsamen Absprache, die ba- sierend auf dem „bewährten Geschäftsmodell“ eine intern arbeitsteilige Vorgehensweise vorsah. Einschränkungen der Befugnisse des Angeklagten waren damit aber nicht verbunden.
89
Jedenfalls gegenüber den Einlieferern und den weiteren führenden Bandenmitgliedern , also gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“ trat der Angeklagte als einer der faktischen „Leiter“ der Unternehmen der Einlieferer auf. Soweit der Angeklagte den Einlieferern gefälschte Papiere verschafft hatte und sie bei der Erledigung der erforderlichen Formalitäten begleitete, trat er zudem gegenüber der „allgemeinen Öffentlichkeit“ auf. Als der Angeklagte etwa in Be- gleitung von Einlieferern bei einer Steuerberaterin, der Zeugin L. , erschien, trat der Angeklagte, so deren Wahrnehmung, als derjenige auf, der „die Geschäfte gemacht“ hat (UA S. 115). Demgegenüber beschränkte sich das Handeln der Einlieferer auf die Einlieferung des Goldes bei den Scheideanstalten sowie auf Treffen mit dem Angeklagten oder anderen führenden Bandenmitgliedern , um dabei Geld und Gutschriften auszuhändigen oder Abdeckrechnungen sowie Gold entgegenzunehmen.
90
Der Angeklagte war auch in der Lage, zumindest mittelbar über die jeweiligen Einlieferer und die weiteren führenden Bandenmitglieder, der Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen nachzukommen. Denn er hatte Zugriff auf die Gutschriften der Goldscheideanstalten, anhand deren die Umsatzsteuervoranmeldungen hätten erstellt werden können. Zudem war er nach der getroffenen Bandenabrede auch für die „Logistik“ und damit für die Erstellung der Abdeckrechnungen anhand der Gutschriften verantwortlich.
Damit trafen ihn als Verfügungsberechtigten im Sinne des § 35 AO die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters.
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(2) Für die Fälle 20 bis 22 und 29 der Urteilsgründe gilt nichts Abweichendes. Zwar haben die Einlieferer Y. und D. in diesen Fällen aus Nachlässigkeit oder sonstigen Gründen abredewidrig statt unrichtiger Voranmeldungen überhaupt keine Erklärungen abgegeben. Dies beseitigte aber nicht die auch in diesen Fällen bestehende, sich aus der „arbeitnehmerähnlichen Stellung“ dieser „Strohleute“ ergebende Verfügungsbefugnis des Angeklagten i.S.v. § 35 AO.
92
(3) Damit traf den Angeklagten in den Fällen 20 bis 22 sowie 27 bis 29 der Urteilsgründe neben den anderen führenden Bandenmitgliedern Ba. und Gl. eine sich aus § 35 AO ergebende Pflicht, für die Unternehmen der als „Strohleute“ tätigen Einlieferer Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben. Dieser Pflicht sind sie gemeinschaftlich (vgl. hierzu allgemein Weigend in LKStGB , 12. Aufl., § 13 Rn. 82 mwN) nicht nachgekommen und haben sich daher - wie vom Landgericht ausgeurteilt - wegen in Mittäterschaft begangener Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
93
4. Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe)
94
Im Gegensatz zur Fallgruppe I.2.a hält der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen in den Fällen der Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn in diesen Fällen traf den Angeklagten keine Offenbarungspflicht für die von den als Einlieferern tätigen Bandenmitgliedern G. und Gl. mit den Scheideanstalten getätigten Umsätze. Der Senat stellt jedoch den Schuldspruch auf Beihilfe (§ 27 StGB) um.
95
a) Gegenüber den Scheideanstalten wurden hier allein die führenden Bandenmitglieder G. und Gl. , die insoweit als Einlieferer auftraten, als Unternehmer i.S.v. § 2 UStG tätig, nicht die hinter diesen stehende Bande. Der Angeklagte war daher auch nicht als Bandenmitglied zur Offenbarung dieser Umsätze gegenüber den Finanzbehörden verpflichtet.
96
b) Auch aus § 35 AO traf den Angeklagten nicht die Pflicht, für die als Einzelunternehmer tätigen G. und Gl. die steuerlichen Pflichten wahrzunehmen. Denn anders als die übrigen Einlieferer („Strohleute“) waren die Bandenmitglieder G. und Gl. nicht lediglich völlig weisungsabhängige „Strohleute“, sondern nahmen ebenfalls Führungspositionen innerhalb der Bande ein. Dementsprechend ermöglichten es die internen Absprachen dem Angeklagten weder, in den Geschäftsablauf von G. oder Gl. als Einlieferer aktiv einzugreifen noch deren Geschäfte „treuhänderisch“ zu führen. Der Angeklagte hatte daher gegenüber diesen Personen keine Stellung inne, die ihn hinsichtlich deren Einzelunternehmen als Verfügungsberechtigten i.S.v. § 35 AO qualifizieren würde.
97
c) Sonstige Offenbarungspflichten gegenüber den Finanzbehörden sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Angeklagte hier jedenfalls wegen der Besonderheiten des Besteuerungsverfahrens im Umsatzsteuerrecht (§ 18 UStG, § 168 AO) auch keine Offenbarungspflichten aus einer sich etwa aus dem von der Bande betriebenen Hinterziehungssystem ergebenden Garantenstellung (Ingerenz) verletzt.
98
d) Der Senat kann den Schuldspruch jedoch auf Beihilfe (§ 27 StGB), die von den Feststellungen getragen wird, abändern. Er schließt aus, dass sich der Angeklagte gegen diesen Vorwurf anders als geschehen hätte verteidigen können.

III.


99
Die Schuldspruchänderung von Steuerhinterziehung auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe ) zieht die Aufhebung der Einzelstrafen in diesen Fällen sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Im Übrigen ist die Strafzumessung rechtsfehlerfrei.

IV.


100
Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier allein vorliegenden Subsumtionsfehler nicht. Das neue Tatgericht darf allerdings weitere Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht im Widerspruch stehen. Nack Rothfuß Graf Jäger Radtke

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 275/18
vom
13. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
ECLI:DE:BGH:2018:131218B5STR275.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 24. Januar 2018 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 161 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und gegen die Nebenbeteiligte l. G. GmbH die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 383.106,84 € angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte als Geschäftsführer der l. G. GmbH (im Folgenden: l. ), die unter anderem Personal für Bühnenaufbau, Licht- und Tontechnik für Veranstaltungen bereitstellte (sogenanntes „Booking“), im Zeitraum Oktober 2010 bis September 2013 Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil ) in Höhe des Einziehungsbetrages für Arbeitnehmer nicht abgeführt, die fälschlicherweise als Selbständige behandelt worden waren. Diese Veranstaltungen fanden vor allem in der „Lo. “ in Göttingen statt, bei der es sich um eine Multifunktionshalle handelt, in der im Vorfeld von Veranstaltungen jeweils hierfür erforderliche Aufbauten (z. B. Bühnen) unter Einsatz von mehreren Personen erstellt werden müssen. Betreiberin der „Lo. “ ist die G. W. G. mbH (G. ), die mit dem Management der im Eigentum der Stadt Göttingen stehenden „Lo. “ sowie der Stadthalle betraut war.
3
Das „Booking“ umfasste die Kontaktaufnahme zu einem Kreis von ar- beitswilligen Personen sowie deren Buchung und Einteilung für bestimmte Veranstaltungen. Sie wurden im Team unter anderem beim Auf- und Abbau von Bühnen tätig. Dabei beschränkte sich der Angeklagte nicht auf die bloße Vermittlung von Personen aus einem bereits vorhandenen Pool der in Frage kommenden Helfer, sondern erstrebte – ebenso wie die G. – die Schaffung einer professionellen Gruppe zur Durchführung der im Vorfeld der Veranstaltungen in der „Lo. “ erforderlichen Arbeiten. Er wollte diese Tätigkeit langfristig aus- üben, das eingesetzte Personal schulen und hierdurch die Arbeitsabläufe in der „Lo. “ verbessern. Von dem früher tätigen „Booker“ übernahm der Ange- klagte die Kontaktdaten einer Gruppe von Personen, die bereits zuvor regelmäßig für die G. in der „Lo. “, auch als Team in dem von dem Angeklagten betreuten Bereich der Veranstaltungstechnik, tätig gewesen waren, wobei sie stets als Subunternehmer behandelt worden waren.
4
Im Zusammenhang mit der Übernahme der „Booker“-Tätigkeit wurde der Angeklagte zum Thema der Scheinselbständigkeit durch einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, den Zeugen P. , beraten, auf dessen Empfehlung er von jedem „Subunternehmer“ einen Fragebogen ausfüllen ließ. Dieser umfasste unter anderem folgende Aussagen, die mit „Ja“ oder „Nein“ gekennzeichnet werden konnten: „Meine Tätigkeit besteht in eigenverantwortlicher, kreativer, freiberufli- cher Leistung.“ „Ich kann den Ort der Auftragserfüllung frei wählen.“ „In der Art der Auftragserfüllung bin ich weitgehend frei.“
5
Diese Aussagen wurden von den Arbeitskräften in allen verfahrensgegenständlichen Fällen bejaht. In dem Merkblatt zum Fragebogen wurde in Fett- druck erläutert: „Sofern beim folgenden Fragebogen drei oder gar mehr Fragen mit ,nein‘ beantwortet werden müssen, ist die baldige Abklärung des Status des Mitarbeiters dringend zu empfehlen, da dann bereits sehr starke Merkmale für das Vorliegen einer abhängigen Arbeitnehmertätigkeit (also ,Schein- selbständigkeit‘) im Raum stehen.“ Aufgrund dieser Hinweise und seiner Kennt- nisse von den tatsächlichen Arbeitsabläufen wusste der Angeklagte, dass die Einstufung der von der l. zur Verfügung gestellten Personen als Selbständige „höchst fragwürdig“ war, und er erkannte die Möglichkeit, dass er gegen die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen verstoßen könnte, und nahm dies billigend in Kauf.
6
Der organisatorische Ablauf bei der Gestellung von Personen durch den Angeklagten stellte sich während des gesamten Zeitraums, in dem das „Booking“ durchdie l. (zunächst als Einzelgewerbe des Angeklagten, ab April 2010 als GmbH) übernommen wurde, wie folgt dar:
7
Potentiellen Auftraggebern, überwiegend der G. , wurde seitens der l. ein Bestellformular zur Verfügung gestellt, in welchem zum Zwecke der Kalkulation eines konkreten Angebots die zu erwartenden Arbeiten, die Anzahl der benötigten Personen und die erwartete Qualifizierung des Personals eingetragen werden sollten sowie eine zeitliche Einteilung der Arbeitsabläufe. Für Veranstaltungen in der „Lo. “ erfolgte die Planung mit Erstellung der Baupläne und der Pläne für die Bestuhlung durch deren Hallenmeister, den Zeugen S. . Er informierte die l. , wie viele Personen wann zur Realisierung der Veranstaltung gebraucht werden und gab dabei teilweise auch die Namen der gewünschten Techniker an. Die durchzuführenden Tätigkeiten wurden in kurzen Stichworten durch Angabe der erforderlichen Qualifikation der Arbeitskräfte umschrieben. Seinem auf dieser Grundlage erstellten Angebot legte der Angeklagte feste Stundensätze je nach durchzuführender Tätigkeit zugrunde.
8
Sodann schloss er mit dem jeweiligen Auftraggeber einen Vertrag, in dem er sich verpflichtete, die angeforderte Anzahl an Arbeitern zur Verfügung zu stellen. Folgende Tätigkeiten wurden seitens der von dem Angeklagten eingesetzten Personen ausgeführt und in der Bezahlung und Abrechnung differen- ziert: Bühnenhelfertätigkeiten („Stagehand“), Tribünenaufbau („Steelhand“), Höhenarbeiten beim Gerüst- und Tribünenbau bzw. Traversenmontage („Clim- ber“ und „Rigger“), Crewchef,Gabelstaplerfahrer, Tontechniker, Lichttechniker, Videotechniker, Messebauer, Tätigkeit durchgeführt durch Fachkraft für Veranstaltungstechnik , Einsatz einer Elektrofachkraft. Durch die l. wurde sodann ein Personalplan erstellt, der den vorgesehenen Arbeitskräften übermittelt wurde. Er enthielt neben der Angabe, für welche Veranstaltung die jeweilige Person vorgemerkt wurde, auch Einsatzort und -zeit sowie die Einteilung der auszuführenden Tätigkeit je nach Ausbildungsstand oder Fähigkeiten.

9
Entsprechend den Vorgaben der Auftraggeber zu Ort und Zeit der Einsätze waren die vom Angeklagten angefragten Personen, nach ihrer Zusage, verpflichtet, am Einsatzort zu der bestimmten Uhrzeit zu erscheinen. Ablehnungen von Anfragen konnten im Wiederholungsfall zum Ausbleiben weiterer Anfragen führen.
10
Die Einteilung der Kräfte vor Ort in Arbeitsgruppen, die bestimmte Aufbauten vorzunehmen hatten (z. B. Stehtribüne, Traversen), erfolgte durch den Angeklagten selbst oder den jeweiligen „Crewchef“. Bei der Einteilung wurde darauf geachtet, dass unerfahrene Leute mit erfahrenen zusammenarbeiteten. Bei größeren Projekten wurde eine Art „Vorarbeiter“ in den einzelnenGruppen bestimmt. Da die eingesetzten Teams zunehmend eingespielt waren, bedurfte es allerdings nicht immer einer ausdrücklichen Einteilung.
11
Die eingesetzten Personen erstellten die Aufbauten gemeinsam. Die von jedem konkret zu erledigenden Arbeiten ergaben sich aus den Absprachen mit den anderen für den Aufbau eingeteilten Personen bzw. den Crewchefs, so dass keinem der Eingesetzten von vornherein die Verantwortung für einen abgrenzbaren Leistungsteil oblag. Der Crewchef traf die erforderlichen Absprachen mit dem jeweiligen technischen Leiter des Auftraggebers. Zumeist übte der Zeuge St. die Funktion des Crewchefs aus, der ab Anfang 2011 beim Angeklagten fest angestellt war, jedoch schon zuvor für ihn gearbeitet hatte. Die Arbeiten wurden während ihrer Ausführung gelegentlich kontrolliert.
12
Erforderliche Ladearbeiten wurden von den gestellten Arbeitskräften gemeinsam ausgeführt. Dabei wurden nicht nur Personen tätig, die für Helfertätig- keiten eingeteilt waren, sondern auch für speziellere (technische) Bereiche eingeteilte Kräfte. Sofern bestimmte Arbeitsbereiche bereits vor Abschluss des Gesamtauftrages fertiggestellt waren und entsprechender Bedarf bestand, halfen die dann wieder verfügbaren Personen in den anderen Arbeitsbereichen mit. Die wenigen vor Ort benötigten Werkzeuge brachten die Arbeiter in den meisten Fällen selbst mit, ebenso etwa erforderliche Schutzbekleidung. Der Angeklagte stellte den für ihn tätigen Personen Bekleidung mit dem Firmenlogo, deren Tragen zumindest erwünscht war.
13
Nach Fertigstellung der Arbeiten erfolgte eine Kontrolle durch den Crewchef; der Beauftragte der „Lo. “ oder der jeweilige Projektleiter nahm die Arbeiten ab. Nach der Veranstaltung kamen die von dem Angeklagten zur Verfügung gestellten Personen wieder beim Abbau zum Einsatz.
14
Die jeweils gebuchten und eingesetzten Personen stellten Rechnungen an die l. . Es bestanden feste vom Angeklagten vorgegebene, nicht verhandelbare Vergütungssätze, die sich zum einen nach den konkret ausgeführten Arbeiten, zum anderen auch nach der Dauer der Tätigkeit für die l. richtete. Die Arbeiter trugen ihre Arbeitszeit in ein von der l. zur Verfügung gestelltes Formular unter Angabe von Beginn, Ende und eventuell Pausenzeiten sowie jeweils ausgeführter Tätigkeit ein. Diese Angaben dienten auch als Grundlage für die Abrechnung der l. gegenüber dem jeweiligen Auftraggeber. Eine konkrete Aufschlüsselung nach einzelnen Arbeitskräften – insbesonderederen namentliche Nennung – fand auf den Rechnungen nicht statt; vielmehr wurde für eine Veranstaltung lediglich die Gesamtsumme der abgeleisteten Stunden in einzelnen Qualifikationen in Rechnung gestellt.
15
Formell behandelte der Angeklagte die eingesetzten Personen als Selbständige. Alle hatten ein Gewerbe angemeldet und nahmen auch selbst an, selbständig zu sein. Nicht in jedem Fall erzielten sie ihre Einnahmen überwiegend durch ihre Tätigkeit für die l. . Der Angeklagte gewährte ihnen weder Urlaub noch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Auch gab es keine schriftliche Rahmenvereinbarung dahingehend, dass die Arbeiter zur Ableistung einer Mindeststundenzahl pro Monat verpflichtet gewesen wären. Auch im Übrigen existierte keine schriftliche Vereinbarung für die zu leistende Tätigkeit.
16
Da seine erweiterte Geschäftstätigkeit einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erforderte, ließ der Angeklagte im Jahr 2009 sein Einzelunternehmen in das Handelsregister eintragen. Zur Bewältigung der administrativen und Buchführungsaufgaben stellte er seine Ehefrau ein. Im Frühjahr 2010 wurde im We- ge der Ausgliederung aus dem Einzelunternehmen des Angeklagten die „l. G. GmbH“ gegründet. Im Zuge der Umstrukturierung des Unter- nehmens stellte der Angeklagte aus dem Kreis der für ihn tätigen Personen mehrere als Arbeitnehmer an, so im Januar 2011 den Zeugen St. . Der Zeuge F. war von November 2011 bis Ende 2013 bei der l. angestellt. Für diese Personen erfolgten jeweils Meldungen zur Sozialversicherung.
17
Die Gründung der l. GmbH geschah auf Drängen der G. . Aufgrund entsprechender Beratung durch den Steuerberater und Wirtschaftsprüfer P. hatte sie es zur Bedingung für ihre weitere Zusammenarbeit mit dem Angeklagten gemacht, dass er seine Tätigkeit nicht mehr als Einzelunternehmer , sondern in der Rechtsform einer GmbH ausüben solle. Ausgangspunkt dieser Forderung war die Problematik einer eventuellen Scheinselbständigkeit sowohl in Bezug auf den Einsatz des Angeklagten für die G. als auch auf denjenigen der von ihm vermittelten Personen. Hintergrund der Empfehlung des Zeugen P. war es, eventuellen sozialversicherungsrechtlichen Beitragsforderungen gegenüber der G. entgegenzuwirken.
18
Zur Regelung der Zusammenarbeit mit der G. wurde schließlich ein Rahmenvertrag geschlossen. In diesem war vorgesehen, dass seitens der Firma des Angeklagten der Auf- und Abbau von Bühnen und Tribünen sowie der entsprechenden Technik für die Veranstaltungen in der „Lo. “ und der Stadthalle erfolgen sollte. Aus einer als „Vertragsbestandteile Veranstaltungs- dienstleistungen für ‚ Lo. ‘ und Stadthalle vom 20.09.2010“ bezeichneten Anlage ergaben sich die Stundensätze des für den jeweiligen Auftrag einzusetzenden Personals.
19
Dem Angeklagten, der seine Tätigkeit als faktischer technischer Leiter der „Lo. “ bei hoher, kaum zu bewältigender Auftragslage in erheblichem Umfang ausübte, wurde seitens der G. wiederholt eine Festanstellung angeboten. Als er diese Ende des Jahres 2010 oder Anfang 2011 erneut ablehnte, wurde eine andere Person in Festanstellung mit seinen vorherigen Aufgaben im Bereich Veranstaltungstechnik betraut. In der Folge war er in diesem Bereich zwar weiterhin tätig, jedoch in begrenzterem Umfang. Das „Booking“ führte er allerdings über die l. für die G. fort.
20
Nachdem Anfang 2011 eine Sozialversicherungsprüfung bei der l. G. GmbH angekündigt worden war, kontaktierte der Angeklagte erneut den Steuerberater P. . Dieser bat ihn, die Unterlagen, unter anderem die Fragebögen zur Scheinselbständigkeit zu vervollständigen und auszuwerten. Hierauf veranlasste der Angeklagte eine Versammlung der von ihm eingesetzten Arbeitskräfte. Bereits in der Einladung hierzu wurde angekündigt, dass inhaltlich eine Besprechung zum Thema „Scheinselbständigkeit/Prüfung durch die BfA“ erfolgen solle, und die eingeladenen Personen wurden aufgefordert, unter anderem eine Aufstellung ihrer Auftraggeber in den Jahren 2009 und 2010 mit den jeweiligen Umsätzen mitzubringen. Diejenigen, die nach ihren Auskünften 5/6 oder mehr ihrer Umsätze bei der l. machten, beschäftigte er in geringerem Umfang. Weitere Konsequenzen zog er nicht.
21
Im Zuge der im Jahr 2012 durchgeführten Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung bei der l. erfolgte eine nicht den tatsächlichen Umständen entsprechende Darstellung der für die Beitrags- und Abführungspflicht wesentlichen Umstände. Dies war dem Angeklagten bewusst und er bezweckte dies auch, um den Eindruck der Selbständigkeit der eingesetzten Personen zu begründen. Die von ihm spätestens 2009 erkannte Möglichkeit , dass diese Einstufung falsch sein könnte, nahm er bewusst hin, weil ihm eine weitere Durchführung seines Geschäftsmodells mit abhängig Beschäftigten nicht möglich erschien. Im Rahmen der Prüfung, für die der Angeklagte den im Sozialversicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt Gr. , einen seiner Instanzverteidiger, beauftragt hatte, wurden durch diesen – mit Kenntnis und Billigung des Angeklagten – die Arbeitsabläufe unzutreffend ins- besondere dahingehend beschrieben, dass die „Subunternehmer“ einzelne Gewerke eigenständig und weisungsfrei erstellen würden und mit diesen je Auftrag ein Honorar separat verhandelt werde. Im Ergebnis der Betriebsprüfung wurden keine negativen Feststellungen getroffen.
22
2. Nach der rechtlichen Würdigung der Wirtschaftsstrafkammer hat sich der Angeklagte als strafrechtlich verantwortliches Organ (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) der l. G. GmbH nach § 266a Abs. 1 und 2 StGB strafbar gemacht. Die Tätigkeit von 28 näher bezeichneten Personen für die l. im Tatzeitraum sei als abhängige Beschäftigung einzustufen und habe damit der Sozialversicherungspflicht unterlegen. Bei einer Gesamtwürdigung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale überwögen die ersten deutlich. Sobald die jeweiligen Arbeitskräfte einen von der l. angebotenen Einsatz angenommen hätten, seien sie in deren Betriebsablauf weisungsabhängig eingegliedert gewesen. Abhängig Beschäftigte seien auch diejenigen, deren Tätigkeit für die l. nur einen relativ geringen Anteil ihrer Gesamteinnahmen begründet habe. Da es vorliegend nicht um die Abgrenzung von Dauerarbeitsverhältnissen zu selbständiger Tätigkeit gehe, sondern um die Abgrenzung kurzfristiger Beschäftigungsverhältnisse für nur jeweils einen Arbeitseinsatz von in selbständiger Tätigkeit erfüllten Einzelaufträgen , sei es für die Bewertung dieser kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisse „kaum aussagekräftig“, dass eine Person gleichartige Tätigkeiten auch anderen Firmen gegenüber erbracht habe.

II.


23
Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand.
24
1. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bühnenarbeiter (abhängig) Beschäftigte der vom Angeklagten vertretenen l. G. GmbH waren und als solche der Sozialversicherungspflicht unterlagen.
25
a) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSGE 119, 216, 218; BSG, ZIP 2006, 678, 679 f.; NZS 2007, 648, 649 f.; Urteil vom 28.Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 15; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, NStZ 2015, 648, 649, und vom 4. September 2013 – 1 StR 94/13, NStZ 2014, 321, 323; Diepenbrock NZS 2016, 127). Ausgangs- punkt der Beurteilung ist dabei das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer „gelebten Beziehung“ erschließen lässt (vgl. BSGE 111, 257, 260; BSG, ZIP 2006, 678, 680; NZS 2007, 648, 650; jeweils mwN). Manche Tätigkeiten können sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch im Rahmen einer Selbständigkeit ausgeübt werden (BSGE 123, 50, 54; vgl. z. B. einerseits BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R und anderseits BSGE 120, 99 zum „Rackjobbing“; zur möglichen selbständigen Tätigkeit von Bühnenarbeitern BGH, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, NStZ 2015, 648). Die sozialversicherungsrechtliche Bewertung ist nicht von einem abstrakten Tätigkeitsbild , sondern von der konkreten Gestaltung der jeweiligen Tätigkeit abhängig (KassKomm/Seewald, SGB IV, 101. EL, § 7 Rn. 47b; vgl. auch Knickrehm /Kreikebohm/Waltermann/Berchtold, SGB IV, 5. Aufl., § 7 Rn. 18).
26

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze bestanden zwischen der l. und den 28 im Urteil näher bezeichneten Personen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.
27
aa) Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen (BSGE 119, 216, 218 f.; 120, 99, 104). Schriftliche Vereinbarungen bestanden zwischen der l. und den von ihr „vermittelten“ Arbeitskräften nicht. Insbesondere gab es auch keine Rahmenverträge als Rechtsgrundlagen für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse. Den einzelnen Arbeitseinsätzen lagen lediglich mündliche Absprachen zugrunde, wonach die angefragten Arbeitskräfte sich verpflichteten, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Veranstaltungsort bestimmte Verrichtungen durchzuführen, und die l. sich verpflichtete, diese nach festgelegten Sätzen zu vergüten.
28
Angesichts der lediglich rudimentären Vertragsvereinbarungen zwischen der l. und den jeweiligen Arbeitskräften kommt ihrer im Rahmen der Vertragsdurchführung „gelebten Beziehung“ eine entscheidende Rolle zu. Zu- treffend hat das Landgericht insoweit auf die Verhältnisse während der Einsätze , das heißt nach Annahme des jeweiligen Einzelauftrags, abgestellt (vgl. BSGE 103, 17, 26; 120, 99, 105; BSG, Urteile vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R; vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 24, 26; vom 24. März 2016 – B 12 KR 20/14 R, Rn. 17, mwN).
29
bb) Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass vorliegend die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale deutlich diejenigen überwiegen, die auf eine selbständige Tätigkeit hindeuten. Die Arbeitskräfte waren – sobald sie einen angebotenen Einsatz angenommen hatten – in den Betrieb der l. eingegliedert, auch wenn sie ihre Tätigkeit an den Veranstaltungsorten erbrachten (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, aber auch BGH, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, NStZ 2015, 648), und wirkten an der von ihr der gegenüber ihren jeweiligen Auftraggebern zu erbringenden Leistung mit.
30
Unter Geltung des mit der G. abgeschlossenen Rahmenvertrages, wonach sie den Auf- und Abbau von Bühnen und Tribünen sowie der entsprechenden Technik für die Veranstaltungen in der „Lo. “ und der Stadthalle übernehmen sollte, führte die l. die erforderlichen Arbeiten aufgrund von Werkverträgen aus. Zu diesem Zweck setzte sie die Arbeitskräfte ein, die jeweils kein selbständiges Gewerk zu erstellen hatten, sondern gemeinsam das von der l. geschuldete Gewerk errichteten. Auch soweit den Arbeitseinsätzen bei anderen Auftraggebern lediglich eine vertragliche Verpflichtung der l. zugrunde lag, „die für die Vorbereitung von Veranstaltungen angeforderte Anzahl an Arbeitern zur Verfügung zu stellen“, ging die zwischen den Beteiligten „gelebte Beziehung“ nach den Feststellungen (vgl. I.1.) deutlich über die bloße Vermittlung von selbstbestimmt tätigen „Subunternehmern“ hin- aus. Nach dem zwischen der l. – im Rahmen ihrer vertraglichen Beziehungen zu den jeweiligen Auftraggebern – und den Arbeitskräften bei den einzelnen Arbeitseinsätzen praktizierten Abläufen ergibt sich vielmehr folgendes Bild, nach dem die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung diejenigen einer selbständigen Tätigkeit der Bühnenarbeiter und Techniker deutlich überwogen und sich die l. als deren Arbeitgeberin darstellte:
31
(1) Die Arbeiter übten ihre Tätigkeit in Teams nach Weisungen der Crewchefs oder der – nach den Gesamtumständen vom Angeklagten hierzu ermächtigten – vor Ort Verantwortlichen der jeweiligen Auftraggeber aus. Dabei spielt ihre Bindung an die terminlichen und örtlichen Vorgaben der für die l. Handelnden, die diese von den Auftraggebern erhalten hatten, keine entscheidende Rolle. Denn auch der Selbständige kann seine Tätigkeit oft nur an bestimmten Orten erbringen und ohne Gefährdung seines Status einer Terminbindung unterworfen sein (vgl. Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/ Berchtold, aaO, Rn. 23). Jedoch beschränkten sich die den eingesetzten Kräften erteilten Vorgaben nicht auf ein innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens an einem bestimmten Ort herzustellendes abgrenzbares Werk. Vielmehr nahmen die Arbeiter gemeinsam mit weiteren, von der l. ausgesuchten Personen nach Vor-Ort-Einteilung die einzelnen Auf- und Abbauten oder andere umschriebene Verrichtungen vor und schuldeten der l. , zu der allein sie in vertraglichen Beziehungen standen, keinen Erfolg, sondern lediglich ihre Arbeit. Bei Bedarf führten sie im Verlauf ihres jeweiligen Einsatzes aufgrund von Einzelweisungen ergänzende Arbeiten durch, die nicht ihrer Qualifikation entsprachen. Die einzelnen Helfer mussten sich demnach in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation einfügen. Soweit der Angeklagte oder der für ihn tätige Zeuge St. im Rahmen der Personalplanung mit ihren Weisungen das weitergaben, was von den Veranstaltern vertraglich vorgegeben worden war, ist dies kein der Arbeitgebereigenschaft der l. widersprechendes Indiz. Denn dies ist die Regel, wenn sich Unternehmer zur Ausführung der von ihnen übernommenen (Werk-)Vertragsverpflichtungen ihrer Beschäftigten bedienen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 22). Dass die für die l. Tätigen ihre Arbeiten nicht in deren Betriebsstätte verrichteten, ist rechtlich ebenfalls ohne Bedeutung, weil die Struktur und Arbeitsorganisation als Übernahme und Erfüllung von Aufträgen in den jeweiligen Veranstaltungsstätten gekennzeichnet war (vgl. BSG, aaO, Rn. 19).
32
Für eine abhängige Beschäftigung der eingesetzten Personen im Betrieb der l. spricht ferner, dass sie höchstpersönlich zur Leistung verpflichtet waren und von der l. nach festen, nicht verhandelbaren Stundensätzen bezahlt wurden. Sie schrieben keine Rechnungen, sondern trugen lediglich ihre Arbeitszeit in von der l. zur Verfügung gestellte Formulare ein. Die Abrechnung ihnen gegenüber erfolgte durch die l. . Das Tragen einheitlicher Firmenkleidung war zumindest erwünscht, so dass die Arbeitskräfte nach außen im Namen der l. auftraten und der Eindruck einer „corporate identity“ entstand (vgl. zu den Indizien abhängiger Beschäfti- gung gegenüber Selbständigkeit Metz, NStZ-RR 2013, 333, 334; MüKo/Radtke, StGB, 3. Aufl., § 266a Rn. 13 f.).
33
Die Eingliederung in fremdbestimmte organisatorische Abläufe galt – wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat – auch für die Crewchefs. In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Weisungsgebundenheit – vornehmlichbei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsge- recht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein kann (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 26. September 2017 – B 1 KR 31/16 R, Rn. 20 [für den Abdruck in BSGE vorgesehen]). Die Crewchefs arbeiteten nicht mit selbst ausgewähltem Personal; es wurde vielmehr eine fremdbestimmte personelle Zusammensetzung vorgenommen. Sie waren zwar gegenüber den gebuchten Personen weisungsberechtigt, handelten dabei allerdings als funktionsgerecht Dienende innerhalb eines fremdbestimmten Arbeitsprozesses.
34
Der Eingliederung der Arbeiter in den Betrieb der l. stand nicht entgegen, dass sie das einzelne Arbeitsangebot des Angeklagten ablehnen konnten (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 20). Zwar ist die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, grundsätzlich ein Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit. Doch sind auch im Rahmen von (abhängigen) Beschäftigungen wie etwa Abrufarbeitsverhältnissen (§ 12 TzBfG) Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ein Angebot ablehnt. Nimmt der Betroffene es jedoch an, übt er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und wird nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbständig Tätigen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. November 2008 – L 4 KR 4098/06, Rn. 30; Hessisches LSG, Urteil vom 24. Februar 2009 – L 1 KR 249/08, Rn. 28).
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(2) Auch soweit die l. G. GmbH gegenüber anderen Auftraggebern als der G. tätig wurde, war sie – und nicht der jeweilige Auftraggeber – Arbeitgeberin der eingesetzten Kräfte. Der für sie handelnde Angeklagte entschied über die Aufnahme von Personen in seinen Pool, deren Schulung , deren Bezahlung und über deren Einsatz bei bestimmten Aufträgen, teilweise allerdings auf Wunsch der Auftraggeber. Die Einteilung der hierarchisch strukturierten Arbeitsgruppen bei den einzelnen Einsätzen wurde ebenfalls durch den Angeklagten oder die jeweiligen Crewchefs, häufig durch den ab Januar 2011 bei der l. angestellten Zeugen St. , vorgenommen. Soweit neben dem Angeklagten und den Crewchefs auch vor Ort Verantwortliche der Auftraggeber den Arbeitskräften Anweisungen erteilten, weist dies allein noch nicht auf eine – durch die Wirtschaftsstrafkammer in Betracht gezogene – (unerlaubte) Arbeitnehmerüberlassung durch die l. hin (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2014 – 1 StR 516/13, NJW 2014, 1975, 1977; Beschluss vom 12. Februar 2003 – 5 StR 165/02, NJW 2003, 1821; Höpfner in Henssler /Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Aufl., § 1 AÜG, Rn. 26 ff.; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Berchtold, aaO, Rn. 52). Auch im Fall der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung gälte im Übrigen die l. als lohnzahlende Verleiherin gemäß § 10 Abs. 3 AÜG, § 28e Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV gegenüber der Einzugsstelle als Arbeitgeberin und hätte neben dem Entleiher für den auf das Arbeitsentgelt entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag einzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 – 3 StR 126/01, NStZ 2001, 599).
36
(3) Im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Angeklagten trugen die Arbeitskräfte kein Unternehmerrisiko und erfüllten damit gerade dieses maßgeblich für eine selbständige Tätigkeit sprechende Merkmal nicht.
37
Wesentliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch unter Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, so dass der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist (BSG, Urteile vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 23; vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 27; vom 25. Januar 2001 – B12 KR 17/00 R, Rn. 24). Die Bühnenarbeiter und Techniker wandten, was arbeitnehmertypisch ist, nur ihre eigene Arbeitskraft und Berufserfahrung auf. Sie stellten keine Arbeitsmittel mit der ungewissen Aussicht zur Verfügung, Einnahmen zu erzielen. Auch die eigene Arbeitskraft wurde nicht mit ungewissem Erfolg aufgewandt, da ihre Tätigkeit nach festen Sätzen vergütet wurde. Es ist arbeitnehmertypisch und spricht für eine (abhängige) Beschäftigung, wenn Erwerbstätigen – wie vorliegend – die Vergütung unabhängig vom Ergebnis ihrer Tätigkeit und vom wirtschaftlichen Ergebnis des Auftraggebers zusteht und sie keine Abzüge wegen Schlechtleistung zu befürchten haben (Mette, NZS 2015, 721, 725). Die Tatsache, dass die Arbeiter außerhalb der Erledigung der Einzelaufträge frei über ihre Arbeitszeit und Arbeitskraft verfügen konnten, hatte keinen Bezug zu der Vergütungsregelung für die geleistete Arbeit. Das hieraus folgende Risiko, zeitweise die eigene Arbeitskraft nicht verwerten zu können, begründete kein Unternehmerrisiko während der Arbeitseinsätze (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 23).
38
Es ist insoweit auch nicht aussagekräftig, dass die eingesetzten Personen jeweils ein Gewerbe, manche auch im Bereich der Veranstaltungstechnik oder des Bühnenbaus, angemeldet hatten, „weil es Voraussetzung war, überhaupt zu arbeiten“. Das Gewerbeaufsichtsamt prüft nicht, ob tatsächlich eine Beschäftigung vorliegt. Die für die l. Tätigen traten über die Verteilung von Visitenkarten hinaus nicht werbend am Markt auf und keinem von ihnen „kam es darauf an, mit dem unternehmerischen Risiko verbundene Freiheiten zur eigenen unternehmerischen Entfaltung zu nutzen, sondern allein darauf, durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft Geld zu verdienen“.
39
(4) Dass die Arbeiter im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig waren, ist ohne Bedeutung für ihre Eingliederung in den Betrieb der Klägerin während des jeweiligen Arbeitseinsatzes und mithin kein entscheidendes Kriterium für eine selbständige Tätigkeit (vgl. BSG, aaO, Rn. 21). Dies gilt – wie die Wirtschaftsstrafkammer zu Recht annimmt – auch für diejenigen Personen, bei denen die Tätigkeit für den Angeklagten nur einen relativ geringen Anteil ihrer Gesamteinnahmen ausmachte. Die Tätigkeit nur für einen Auftraggeber spricht zwar für eine abhängige Beschäftigung; der Umkehrschluss, dass eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber einem Beschäftigungsverhältnis entgegenstehe , ist aber nicht zulässig (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. November 2008 – L 4 KR 4098/06, Rn. 7). Auch ein abhängig Beschäftigter kann bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt sein. Soweit die Wirtschaftsstrafkammer nicht ausschließen konnte, dass nicht sozialversicherungspflichtige kurzfristige oder (regelmäßig) geringfügige Beschäftigungen (§ 8 SGB IV) vorlagen, hat sie dies berücksichtigt.
40
(5) Der Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Urlaub kommt im Rahmen der nach § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr setzt der Ausschluss ansonsten zwingender arbeits- und sozialrechtlicher Rechte und Pflichten das Fehlen des Status als Beschäftigter voraus. Allein die Vorenthaltung von Rechten oder die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbständigkeit im Rechtssinne (vgl. BSGE 120, 99, 108 mwN).
41
c) Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Beschränkung des objektiven Tatbestandes des § 266a StGB unter dem Gesichtspunkt der Vertretbarkeit der für den Betroffenen günstigen Rechtsansicht zu seiner Arbeitgebereigenschaft nicht vorzunehmen. Abgesehen von der Frage, wie eine solche dogmatisch verortet werden könnte (vgl. gegen eine „autonome“ strafrechtliche Definition des Arbeitgeberbegriffs Kudlich, ZIS 2011, 482, 488), besteht hierfür schon kein Bedürfnis. Denn der Angeklagte war nicht darauf verwiesen, diese Frage – gegebenenfalls nach fachkundiger Beratung – aufgrund eigener rechtlicher Beurteilung zu entscheiden. Vielmehr hätte er es in der Hand gehabt, einen (kostenlosen) Antrag nach § 7a SGB IV bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zu stellen und auf diesem Wege, gegebenenfalls durch weitere – die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrages hinausschiebende (§ 7a Abs. 6 Satz 2 SGB IV) – Anrufung der Sozialgerichte, klären zu lassen, ob eine Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV vorliegt (vgl. Mette, NZS 2015, 721, 722; KassKomm/Seewald, SGB IV, 101. EL, § 7 Rn. 49). Ungeachtet des Um- stands, dass die Entscheidung im sozialversicherungsrechtlichen Anfrageverfahren und selbst eine entsprechende rechtskräftige sozialgerichtliche Entscheidung im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses rechtlich keine Bindungswirkung entfaltet (vgl. MüKo/Radtke, StGB, 3. Aufl., § 266a Rn. 15; Kudlich aaO 484), hätte der Angeklagte mit der Stellung des Antrags ein Strafbarkeitsrisiko vermeiden können.
42
2. Die Wirtschaftsstrafkammer ist ohne Rechtsfehler zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte im Tatzeitraum ernsthaft mit der Möglichkeit rechnete , gegen die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu verstoßen , und dies billigend in Kauf nahm.
43
Sie schließt dies zum einen aus den mit der Verteilung und Beantwortung des von dem Zeugen P. ausgearbeiteten Fragebogens zusammenhängenden Umständen. Vor dem Hintergrund, dass die in den Feststellungen genannten Fragen angesichts der dem Angeklagten bekannten Umstände durch die Arbeiter nicht wahrheitsgemäß mit „nein“ beantwortet werden konnten, ergab sich bereits aus den Hinweisen im Fragebogen selbst, dass „sehr starke Merkmale für das Vorliegen einer abhängigen Arbeitnehmertätigkeit (also ,Scheinselbständigkeit‘)“ vorlagen. Zudem war dem Angeklagten bekannt, dass die G. die Gründung einer GmbH durch ihn als Bedingung der Fortführung der Geschäftsbeziehungen gerade deshalb verlangte, weil sie eine eigene Beitragspflicht für Scheinselbständige vermeiden wollte. Hierdurch drängte sich für den Angeklagten auf, dass das Problem der Scheinselbständigkeit der „vermittelten“ Personen auch die von ihm geführte GmbH als mögliche Arbeitgeberin betraf.
44
Einem Irrtum in Bezug auf die Arbeitgeberstellung der l. unterlag der Angeklagte demnach nicht. Er kannte nicht nur die hierfür maßgeblichen tatsächlichen Umstände, sondern erkannte auch, dass auf deren Grundlage die l. möglicherweise als Arbeitgeberin anzusehen war, und billigte dies.

Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob eine etwaige Fehlvorstellung über die Arbeitgebereigenschaft in § 266a StGB und die daraus folgende Abführungspflicht insgesamt als Tatbestandsirrtum zu behandeln wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2018 – 1 StR 331/17, NStZ-RR 2018, 180, 182 mwN).
Mutzbauer Sander Schneider
Mosbacher Köhler
21
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1953 - 5 StR 342/53, BGHSt 5, 90, 91 f.; BGH, Urteil vom 5. März 1986 - 2 StR 666/85, wistra 1986, 174; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09 Rn. 37, HFR 2010, 866; BGHR AO § 370 Abs. 1 Vorsatz 2, 4, 5). Für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung bedarf es dabei keiner Absicht oder eines direkten Hinterziehungsvorsatzes ; es genügt, dass der Täter die Verwirklichung der Merkmale des gesetzlichen Tatbestands für möglich hält und billigend in Kauf nimmt (Eventualvorsatz ). Der Hinterziehungsvorsatz setzt deshalb weder dem Grunde noch der Höhe nach eine sichere Kenntnis des Steueranspruchs voraus (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 StR 491/09 Rn. 37, HFR 2010, 866; zu strenge Anforderungen OLG München, Beschluss vom 15. Februar 2011 - 4 St RR 167/10 mit Anm. Roth, StRR 2011, 235).

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1)1Solange der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zum Zweck des Abrufs der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (§ 39e Absatz 4 Satz 1) die ihm zugeteilte Identifikationsnummer sowie den Tag der Geburt schuldhaft nicht mitteilt oder das Bundeszentralamt für Steuern die Mitteilung elektronischer Lohnsteuerabzugsmerkmale ablehnt, hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer nach Steuerklasse VI zu ermitteln.2Kann der Arbeitgeber die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale wegen technischer Störungen nicht abrufen oder hat der Arbeitnehmer die fehlende Mitteilung der ihm zuzuteilenden Identifikationsnummer nicht zu vertreten, hat der Arbeitgeber für die Lohnsteuerberechnung die voraussichtlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale im Sinne des § 38b längstens für die Dauer von drei Kalendermonaten zu Grunde zu legen.3Hat nach Ablauf der drei Kalendermonate der Arbeitnehmer die Identifikationsnummer sowie den Tag der Geburt nicht mitgeteilt, ist rückwirkend Satz 1 anzuwenden.4Sobald dem Arbeitgeber in den Fällen des Satzes 2 die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale vorliegen, sind die Lohnsteuerermittlungen für die vorangegangenen Monate zu überprüfen und, falls erforderlich, zu ändern.5Die zu wenig oder zu viel einbehaltene Lohnsteuer ist jeweils bei der nächsten Lohnabrechnung auszugleichen.

(2)1Ist ein Antrag nach § 39 Absatz 3 Satz 1 oder § 39e Absatz 8 nicht gestellt, hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer nach Steuerklasse VI zu ermitteln.2Legt der Arbeitnehmer binnen sechs Wochen nach Eintritt in das Dienstverhältnis oder nach Beginn des Kalenderjahres eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug vor, ist Absatz 1 Satz 4 und 5 sinngemäß anzuwenden.

(3)1In den Fällen des § 38 Absatz 3a Satz 1 kann der Dritte die Lohnsteuer für einen sonstigen Bezug mit 20 Prozent unabhängig von den Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmers ermitteln, wenn der maßgebende Jahresarbeitslohn nach § 39b Absatz 3 zuzüglich des sonstigen Bezugs 10 000 Euro nicht übersteigt.2Bei der Feststellung des maßgebenden Jahresarbeitslohns sind nur die Lohnzahlungen des Dritten zu berücksichtigen.

31
Es ist zwar im Grundsatz nicht zu beanstanden, beim Vorliegen vollumfänglich illegaler Beschäftigungsverhältnisse den Umfang hinterzogener Lohnsteuer anhand des Eingangssteuersatzes der Lohnsteuerklasse VI (vgl. § 39b Abs. 2 Satz 7 EStG) zu bestimmen. Dies gilt sowohl hinsichtlich des tatbestandlichen Hinterziehungsumfangs als auch hinsichtlich des der Strafzumessung zu Grunde zu legenden Schadens (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153). Der neue Tatrichter wird jedoch bei der Berechnung des Lohnsteuerschadens zu berücksichtigen haben, dass im hier relevanten Tatzeitraum (2006 bis 2010) der Eingangssteuersatz nicht stets - wovon das Landgericht bislang ausgegangen ist - 15 % betragen hat. Der Eingangssteuersatz wurde aufgrund des Gesetzes vom 2. März 2009 zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland (BGBl. I S. 416) mit Wirkung vom 6. März 2009 von 15 % auf 14 % herabgesetzt. Bei der Berechnung der vorenthaltenen Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherungsbeiträge (Taten nach § 266a StGB) gilt im Rahmen der Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf ein „fiktives“ Bruttogehalt Entsprechendes (vgl. hierzu auch Radtke in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 59; BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 79).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 296/12
vom
8. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. August 2012 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 3. Januar 2012 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts merkt der Senat an: 1. Es fehlt nicht an der in jeder Lage des Verfahrens zu beachtenden Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklageschrift und - daran anknüpfend - eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses. Die Staatsanwaltschaft hat in der Anklageschrift die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge , die der Angeklagte vorenthalten haben soll (§ 266a StGB), und die Höhe der Lohnsteuer, die der Angeklagte hinterzogen haben soll (§ 370 AO), auf der Grundlage einer Schätzung bestimmt. Hierin erblickt dieRevision - u.a. gestützt auf einen Beschluss des OLG Celle vom 19. Juli 2011 (1 Ws 271 - 274/11, wistra 2011, 434) - einen die Wirksamkeit der Anklage tangierenden Mangel, weil eine konkretere Berechnung möglich und daher geboten gewesen sei. Diesem Vorbringen muss der Erfolg versagt bleiben. Liegt einem Angeklagten Steuerhinterziehung zur Last, sind im Anklagesatz das relevante Verhalten und der Taterfolg i.S.v. § 370 AO anzuführen, einer Berechnungsdarstellung der Steuerverkürzung bedarf es dort hingegen nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2009 - 1 StR 665/08, wistra 2009, 465). Ausführungen zur Schadensberechnung können keinen Beitrag zur Individualisierung der Tat leisten, im Anklagesatz aber mitunter dem Ziel zuwiderlaufen, den Tatvorwurf klar, übersichtlich und verständlich darzustellen (vgl. BGH, aaO; Nr. 110 Abs. 1 RiStBV). Die für Urteile geltenden Darstellungsmaßstäbe können angesichts der unterschiedlichen Anforderungen nicht auf Anklageschriften übertragen werden (BGH, aaO; vgl. auch Hunsmann StRR 2011, 388, 389). Eine Anklageschrift erfüllt daher auch dann die für ihre Wirksamkeit erforderliche Individualisierungs- und Umgrenzungsfunktion (vgl. § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO), wenn die dem Angeklagten zur Last liegende Höhe der Steuerverkürzung - hier Lohnsteuerhinterziehung bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen - auf einer Schätzung (zu deren Zulässigkeit vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 StR 643/09, wistra 2011, 28) beruht, indes eine genauere Berechnung der Verkürzung möglich gewesen wäre. Für den Straftatbestand des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) gilt insoweit nichts Abweichendes. Zwar ist es mit Blick auf die Informationsfunktion der Anklageschrift regelmäßig angezeigt, im wesentlichen Ermittlungsergebnis (§ 200 Abs. 2 Satz 1 StPO; Nr. 112 RiStBV) die für eine nachvollziehbare Darstellung der Berechnung der Abgabenverkürzung erforderlichen Tatsachenfeststellungen sowie (Steuer)Berechnungen oder Schätzungen anzuführen. Auch erscheint es zweckmäßig, die Ausführungen bereits an den für das Gericht geltenden Maßstäben auszurichten (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635). Fehlen derartige Angaben oder erweisen sie sich als ungenügend, kann dies für sich allein indes die Wirksamkeit der Anklage nicht in Frage stellen, da Mängel der Informationsfunktion ihre Wirksamkeit nicht berühren (vgl. u.a. BGH, Urteile vom 24. Januar 2012 - 1 StR 412/11, wistra 2012, 195 und vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10, BGHSt 56, 183 sowie Beschluss vom 18. Oktober 2007 - 4 StR 481/07, wistra 2008, 109, jeweils mwN); insoweit können Fehler auch noch in der Hauptverhandlung durch Hinweise entsprechend § 265 StPO geheilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09, NJW 2010, 308 mwN). Mängel der Anklageschrift, die deren Wirksamkeit nicht in Frage stellen, berechtigen auch nicht zur Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens (Schneider in KK-StPO, 6. Aufl., § 204 Rn. 5; vgl. auch Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 200 Rn. 27 mwN). Hält das zur Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens berufene Gericht die Schätzung der Anklagebehörde für unstatthaft oder ungenügend, hat es demzufolge die für erforderlich erachteten Nachermittlungen (Nachberechnungen) entweder selbst vorzunehmen oder auf eine Mängelbeseitigung durch die Staatsanwaltschaft hinzuwirken (vgl. insgesamt zu Mängeln, die nicht die Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift betreffen Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 200 Rn. 27). Hingegen kommt - auch unbeschadet der Möglichkeit einer neuen Anklageerhebung (vgl. § 156 StPO) - die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 204 StPO) allein wegen einer aus Sicht des Gerichts nicht tragfähigen Schätzung in der Anklage nicht in Betracht (insoweit zumindest irreführend OLG Celle, Beschluss vom 19. Juli 2011 - 1 Ws 271 - 274/11, wistra 2011, 434, soweit der Beschluss die Zulässigkeit der Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens mit "derzeit unzulässigen Schätzungen" der Anklagebehörde begründet, denn dies lässt nicht erkennen , ob es an einem hinreichenden Tatverdacht einer Steuerhinterziehung fehlt). 2. Schuld- und Strafausspruch haben Bestand. Zwar bestimmt sich bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen der der Strafzumessung zugrunde zu legende Nominalbetrag verkürzter Lohnsteuer auf der Grundlage des gezahlten Schwarzlohns nur dann nach den Steuersätzen der Lohnsteuerklasse VI, wenn in Fällen vollumfänglicher Schwarzlohnzahlungen dem Arbeitgeber eine Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers nicht vorlag (§ 39c EStG in der im Tatzeitraum geltenden Fassung) bzw. ihm die dem Arbeitnehmer zugeteilte Identifikationsnummer nicht bekannt war (§ 39c EStG), im Übrigen (Teilschwarzlohnzahlungen ) nach der jeweiligen - unschwer feststellbaren - Steuerklasse des betroffenen Arbeitnehmers (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153 mwN; zu geringfügig entlohnten Beschäftigten vgl. BGH, Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Die hiervon teilweise abweichende Bestimmung der Höhe hinterzogener Lohnsteuer durch die Strafkammer berührt vorliegend jedoch - wie der Senat den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen entnehmen kann - nicht die für die Strafzumessung maßgebliche Größenordnung der Steuerverkürzung und kann den Angeklagten jedenfalls nicht beschweren. Wahl Hebenstreit Jäger Sander Cirener
16
(2) Ist die Hinterziehung der Lohnsteuer demgegenüber „auf Dauer“ angelegt , ist die Höhe der durch die Arbeitnehmer verkürzten Einkommensteuer auch für den Strafausspruch nicht relevant. Denn dann besteht für die ordnungsgemäße Besteuerung eine besondere Gefahrenlage, der durch die Ausgestaltung der Lohnsteuer als Abzugssteuer gerade entgegengewirkt werden soll. Diese Gefahrenlage soll bei der auf Dauer angelegten Lohnsteuerhinterziehung nach dem Tatplan der an ihr Beteiligten auch nicht nachträglich wieder beseitigt werden.
24
aa) Einerseits hat das Landgericht bei der Hochrechnung zu Lasten der Angeklagten jeweils zu Unrecht die Lohnsteuerklasse VI angesetzt, obwohl für sämtliche Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarten vorlagen (vgl. § 39c EStG) und die individuellen Lohnsteuermerkmale im Rahmen der Lohnsteuerberechnung festgestellt wurden (vgl. Senat, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 79).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 296/12
vom
8. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. August 2012 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 3. Januar 2012 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts merkt der Senat an: 1. Es fehlt nicht an der in jeder Lage des Verfahrens zu beachtenden Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklageschrift und - daran anknüpfend - eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses. Die Staatsanwaltschaft hat in der Anklageschrift die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge , die der Angeklagte vorenthalten haben soll (§ 266a StGB), und die Höhe der Lohnsteuer, die der Angeklagte hinterzogen haben soll (§ 370 AO), auf der Grundlage einer Schätzung bestimmt. Hierin erblickt dieRevision - u.a. gestützt auf einen Beschluss des OLG Celle vom 19. Juli 2011 (1 Ws 271 - 274/11, wistra 2011, 434) - einen die Wirksamkeit der Anklage tangierenden Mangel, weil eine konkretere Berechnung möglich und daher geboten gewesen sei. Diesem Vorbringen muss der Erfolg versagt bleiben. Liegt einem Angeklagten Steuerhinterziehung zur Last, sind im Anklagesatz das relevante Verhalten und der Taterfolg i.S.v. § 370 AO anzuführen, einer Berechnungsdarstellung der Steuerverkürzung bedarf es dort hingegen nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2009 - 1 StR 665/08, wistra 2009, 465). Ausführungen zur Schadensberechnung können keinen Beitrag zur Individualisierung der Tat leisten, im Anklagesatz aber mitunter dem Ziel zuwiderlaufen, den Tatvorwurf klar, übersichtlich und verständlich darzustellen (vgl. BGH, aaO; Nr. 110 Abs. 1 RiStBV). Die für Urteile geltenden Darstellungsmaßstäbe können angesichts der unterschiedlichen Anforderungen nicht auf Anklageschriften übertragen werden (BGH, aaO; vgl. auch Hunsmann StRR 2011, 388, 389). Eine Anklageschrift erfüllt daher auch dann die für ihre Wirksamkeit erforderliche Individualisierungs- und Umgrenzungsfunktion (vgl. § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO), wenn die dem Angeklagten zur Last liegende Höhe der Steuerverkürzung - hier Lohnsteuerhinterziehung bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen - auf einer Schätzung (zu deren Zulässigkeit vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2010 - 1 StR 643/09, wistra 2011, 28) beruht, indes eine genauere Berechnung der Verkürzung möglich gewesen wäre. Für den Straftatbestand des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) gilt insoweit nichts Abweichendes. Zwar ist es mit Blick auf die Informationsfunktion der Anklageschrift regelmäßig angezeigt, im wesentlichen Ermittlungsergebnis (§ 200 Abs. 2 Satz 1 StPO; Nr. 112 RiStBV) die für eine nachvollziehbare Darstellung der Berechnung der Abgabenverkürzung erforderlichen Tatsachenfeststellungen sowie (Steuer)Berechnungen oder Schätzungen anzuführen. Auch erscheint es zweckmäßig, die Ausführungen bereits an den für das Gericht geltenden Maßstäben auszurichten (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635). Fehlen derartige Angaben oder erweisen sie sich als ungenügend, kann dies für sich allein indes die Wirksamkeit der Anklage nicht in Frage stellen, da Mängel der Informationsfunktion ihre Wirksamkeit nicht berühren (vgl. u.a. BGH, Urteile vom 24. Januar 2012 - 1 StR 412/11, wistra 2012, 195 und vom 2. März 2011 - 2 StR 524/10, BGHSt 56, 183 sowie Beschluss vom 18. Oktober 2007 - 4 StR 481/07, wistra 2008, 109, jeweils mwN); insoweit können Fehler auch noch in der Hauptverhandlung durch Hinweise entsprechend § 265 StPO geheilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - 1 StR 205/09, NJW 2010, 308 mwN). Mängel der Anklageschrift, die deren Wirksamkeit nicht in Frage stellen, berechtigen auch nicht zur Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens (Schneider in KK-StPO, 6. Aufl., § 204 Rn. 5; vgl. auch Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 200 Rn. 27 mwN). Hält das zur Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens berufene Gericht die Schätzung der Anklagebehörde für unstatthaft oder ungenügend, hat es demzufolge die für erforderlich erachteten Nachermittlungen (Nachberechnungen) entweder selbst vorzunehmen oder auf eine Mängelbeseitigung durch die Staatsanwaltschaft hinzuwirken (vgl. insgesamt zu Mängeln, die nicht die Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift betreffen Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 200 Rn. 27). Hingegen kommt - auch unbeschadet der Möglichkeit einer neuen Anklageerhebung (vgl. § 156 StPO) - die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 204 StPO) allein wegen einer aus Sicht des Gerichts nicht tragfähigen Schätzung in der Anklage nicht in Betracht (insoweit zumindest irreführend OLG Celle, Beschluss vom 19. Juli 2011 - 1 Ws 271 - 274/11, wistra 2011, 434, soweit der Beschluss die Zulässigkeit der Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens mit "derzeit unzulässigen Schätzungen" der Anklagebehörde begründet, denn dies lässt nicht erkennen , ob es an einem hinreichenden Tatverdacht einer Steuerhinterziehung fehlt). 2. Schuld- und Strafausspruch haben Bestand. Zwar bestimmt sich bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen der der Strafzumessung zugrunde zu legende Nominalbetrag verkürzter Lohnsteuer auf der Grundlage des gezahlten Schwarzlohns nur dann nach den Steuersätzen der Lohnsteuerklasse VI, wenn in Fällen vollumfänglicher Schwarzlohnzahlungen dem Arbeitgeber eine Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers nicht vorlag (§ 39c EStG in der im Tatzeitraum geltenden Fassung) bzw. ihm die dem Arbeitnehmer zugeteilte Identifikationsnummer nicht bekannt war (§ 39c EStG), im Übrigen (Teilschwarzlohnzahlungen ) nach der jeweiligen - unschwer feststellbaren - Steuerklasse des betroffenen Arbeitnehmers (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153 mwN; zu geringfügig entlohnten Beschäftigten vgl. BGH, Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Die hiervon teilweise abweichende Bestimmung der Höhe hinterzogener Lohnsteuer durch die Strafkammer berührt vorliegend jedoch - wie der Senat den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen entnehmen kann - nicht die für die Strafzumessung maßgebliche Größenordnung der Steuerverkürzung und kann den Angeklagten jedenfalls nicht beschweren. Wahl Hebenstreit Jäger Sander Cirener

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 90/11
vom
14. Juni 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Juni 2011 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 11. Oktober 2010 werden als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen Steuerhinterziehung in 123 Fällen (86 Fälle der Hinterziehung von Lohnsteuer, 34 Fälle der Hinterziehung von Umsatzsteuer und drei Fälle der Hinterziehung von Einkommensteuer ) sowie wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 86 Fällen und den Angeklagten F. wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in drei Fällen jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
2
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Erörterung bedarf lediglich folgendes:

I.

3
1. Der Angeklagte A. beschäftigte mehrere Arbeitnehmer, für die er Lohnsteuer-Anmeldungen nach § 41a EStG abgab. Allerdings wurde nur ein Teil des Lohns der Berechnung der angemeldeten Lohnsteuer zu Grunde gelegt (Teilschwarzlohnzahlungen). Ein darüber hinausgehender Teil des Lohns, der den Arbeitnehmern des Angeklagten A. bar ausgezahlt wurde, wurde in den monatlichen Lohnsteueranmeldungen ebenso wie in den gegenüber den Sozialversicherungsträgern abgegebenen monatlichen Beitragsnachweisen verschwiegen.
4
Die inkriminierten Erklärungen gegenüber der Finanzverwaltung und den Sozialversicherungsträgern wurden dabei durch gutgläubige Mitarbeiter des Steuerberatungsbüros abgegeben. Der Angeklagte selbst war bei der Erstellung der einzelnen Erklärungen nicht beteiligt, die Mitarbeiter des Steuerberatungsbüros erhielten die erforderlichen Informationen aufgrund genereller Anordnung des Angeklagten von den gesondert verfolgten C. und P. . Der Angeklagte war indes nicht nur durch diese generelle Anweisung an den Taten beteiligt. Vielmehr besorgte er in jedem einzelnen Tatmonat durch eigenständige Handlungen die für die Zahlung der Schwarzlöhne erforderlichen Bargeldmittel.
5
2. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch. Näher ist dies nur zu den Konkurrenzen hinsichtlich der monatlich abgegebenen unrichtigen Lohnsteueranmeldungen auszuführen.
6
a) Freilich spräche gegen die Annahme der Strafkammer, für jeden Monat läge eine rechtliche selbstständige Tat vor, wenn sich der Tatbeitrag des Angeklagten im Aufbau und in der Aufrechterhaltung eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebs erschöpft hätte („uneigentliches Organisationsdelikt“ , vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 184; BGH, Beschluss vom 26. August 2003 - 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331, 343; BGH, Urteil vom 11. Dezember 1997 - 4 StR 323/97, BGHR StGB § 263 Täterschaft 1).

7
Hier war der Angeklagte jedoch durch die Beschaffung der jeweils „schwarz“ ausgezahlten Lohnanteile jedenfalls im Bereich der Vorbereitungs- handlungen an jeder einzelnen Tat beteiligt. Unter diesen Umständen hält die Annahme von Tatmehrheit unter revisionsrechtlichen Gesichtspunkten rechtlicher Nachprüfung stand (zum Maßstab revisionsrechtlicher Überprüfung bei der vergleichbaren Abgrenzung zwischen natürlicher Handlungseinheit und Tatmehrheit vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1997 - 1 StR 481/97, NStZRR 1998, 68).
8
b) Gleiches gilt hinsichtlich der Konkurrenzen, soweit der Angeklagte wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt verurteilt wurde.
9
3. Auch der der Strafzumessung zu Grunde gelegte Schuldumfang ist rechtsfehlerfrei bestimmt.
10
a) Für die Berechnung der in den einzelnen Tatmonaten hinterzogenen Lohnsteuer musste die Strafkammer die erforderlichen Bemessungsgrundlagen schätzen, da mangels ausreichender Buchführung des Angeklagten eine konkrete Berechnung der Bemessungsgrundlage nicht vorgenommen werden konnte. Insoweit kam dem Tatgericht bei der Entscheidung, welche Schätzungsmethode dem vorgegebenen Ziel, der Wirklichkeit durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen möglichst nahe zu kommen, am besten gerecht wird, ein Beurteilungsspielraum zu. Die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich hier darauf, ob das Tatgericht nachvollziehbar dargelegt hat, warum es sich der gewählten Schätzungsmethode bedient hat und weshalb diese dafür geeignet ist (BGH, Beschluss vom 11. November 2009 - 1 StR 283/09, wistra 2010, 148).

11
Hieran gemessen ist auch der Schuldumfang nicht in einer den Angeklagten beschwerenden Weise durch das Landgericht bestimmt worden.
12
aa) Die Mindesthöhe der monatlichen Schwarzlohnzahlungen hat das Landgericht dabei auf Grundlage von noch vorhandenen Aufzeichnungen über Schwarzlohnzahlungen in vier der 86 Tatmonate und von Angaben verschiedener , in die Straftaten eingebundener Mitarbeiter der Unternehmen des Angeklagten geschätzt. Im Rahmen seines umfassenden Geständnisses hat der Angeklagte die Richtigkeit der tatsächlichen Grundlagen dieser Schätzung bestätigt. Dies war ihm auch möglich (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08, NJW 2009, 2546, 2547). Bei der Schätzung der Höhe der gezahlten Schwarzlöhne sind daher Rechtsfehler nicht ersichtlich und im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
13
bb) Zu schätzen war auch der in den einzelnen Tatmonaten anzuwendende Lohnsteuersatz. Auch insoweit weist das Urteil keinen Rechtsfehler auf.
14
Eine Schadensberechnung auf Grundlage des einheitlichen Eingangssteuersatzes der Lohnsteuerklasse VI konnte nicht erfolgen, da es sich um Teilschwarzlohnzahlungen handelte, mithin Lohnsteuerkarten der einzelnen Arbeitnehmer vorlagen. Zu Grunde zu legen waren daher die individuellen Steuermerkmale der Arbeitnehmer, wobei allerdings für die überwiegende Zahl der Taten nicht zu ermitteln war, an welche konkreten Arbeitnehmer Teilschwarzlohnzahlungen geleistet wurden. Die Bestimmung eines nach Maßgabe der §§ 39b, 32a EStG eindeutigen Steuersatzes war daher nicht möglich.
15
Die Strafkammer hat deshalb auf Grundlage der noch vorhandenen Aufzeichnungen über Schwarzlohnzahlungen in vier Tatmonaten den auf die Teilschwarzlohnzahlungen anfallenden Anteil der aus dem Gesamtbruttogehalt berechneten Lohnsteuer ermittelt. Den sich daraus ergebenden Durchschnittsprozentsatz hat sie - vermindert um einen Sicherheitsabschlag - der Berechnung der hinterzogenen Lohnsteuer zu Grunde gelegt.
16
Die Revision meint, dass hierdurch ein zu hoher durchschnittlicher Lohnsteuersatz zu Grunde gelegt worden sei. Der Senat teilt diese Bedenken nicht. Der von der Strafkammer der Schadensberechnung zu Grunde gelegte Prozentsatz ist nämlich nicht identisch mit dem durchschnittlichen Lohnsteuersatz. Er ist vielmehr von der Höhe des Gesamtbruttoentgeltes und dem darauf anfallenden Anteil der Teilschwarzlohnzahlungen abhängig. Hier wurden die für die Berechnung dieses Satzes erforderlichen Parameter zutreffend geschätzt (vgl. oben I. 3. a] aa]). Fehler bei der Berechnung selbst zeigt die Revision nicht auf und sind auch sonst nicht ersichtlich.
17
b) Zutreffend hat das Landgericht zur Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge die Teilschwarzlohnzahlungen gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf ein sozialversicherungspflichtiges Bruttoentgelt hochgerechnet. Auch in Fällen teilweiser Schwarzlohnzahlungen findet § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV Anwendung (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2009 - 1 StR 320/09, wistra 2010, 29). Der Senat teilt die einfach- und verfassungsrechtlichen Bedenken , die seitens der Revision hiergegen erhoben werden, nicht. Namentlich steht der Bestimmtheitsgrundsatz i.S.v. Art. 103 Abs. 2 GG der Anwendung der Vorschrift nicht entgegen. Der Wortlaut der Vorschrift deckt deren Anwendung auch in Fällen von Teilschwarzlohnzahlungen. Angesichts des mit Einführung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV vom Gesetzgeber verfolgten Zwecks, ist dessen Anwendung auch in Fällen der vorliegenden Art geboten (BGH aaO).
18
Soweit bei der demnach zulässigen Hochrechnung Rechenungenauigkeiten vorliegen, kann der Senat ausschließen, dass sich diese im Ergebnis zu Lasten des Angeklagten ausgewirkt haben, zumal es sich ohnehin nur um Schätzungen handelt.

II.


19
1. Der Angeklagte F. ermöglichte dem Angeklagten A. die Auszahlung des Teilschwarzlohns, indem er ihm sog. Abdeckrechnungen zur Verfügung stellte, denen tatsächlich erbrachte Leistungen nicht zu Grunde lagen. Aufgrund dieser Scheinrechnungen konnte der Angeklagte A. einerseits die für die Schwarzlohnzahlungen erforderlichen Barabhebungen von den Konten der Unternehmen in deren Buchhaltung verschleiern. Soweit die in den Scheinrechungen ausgewiesenen Beträge die erforderliche Lohnsumme überstiegen, nutzte der Angeklagte A. die Scheinrechungen, um Barabhebungen für private Zwecke zu verschleiern. Die dadurch im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung erzielten Einkünfte verschwieg er in seinen Einkommensteuererklärungen. Darüber hinaus machte der Angeklagte A. die in den Scheinrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Durch das Überlassen der Abdeckrechnungen förderte der Angeklagte F. die durch den Angeklagten A. insoweit verwirklichten Taten.
20
2. Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten F. wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt.

21
a) Die durch die Haupttaten verkürzten Steuern, insbesondere die verkürzte Lohnsteuer, hat das Landgericht zutreffend bestimmt (vgl. oben I. 1. b). Auch soweit hier bei der zulässigen Hochrechnung Rechenungenauigkeiten vorliegen, kann der Senat ausschließen, dass sich diese im Ergebnis zu Lasten des Angeklagten ausgewirkt haben.
22
b) Im Übrigen ist die Strafzumessung frei von durchgreifenden Rechtsfehlern zum Nachteil des Angeklagten F. .
23
Allerdings meint die Strafkammer, die Strafrahmen für Beihilfe zur Steuerhinterziehung einerseits und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt andererseits seien identisch. Dies trifft hier nicht zu. Die Strafe hinsichtlich der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt wäre auch gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu mildern gewesen, da beim Angeklagten F. das besondere persönliche Merkmal der Arbeitgebereigenschaft fehlt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 651/10, ZIP 2011, 972 mwN).
24
Dieser Fehler hat sich jedoch bei der Strafrahmenbestimmung im Ergebnis nicht ausgewirkt, da bei tateinheitlicher Erfüllung mehrerer Tatbestände die Strafe dem höheren Strafrahmen zu entnehmen ist (§ 52 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB). Dies ist hier der gemilderte Strafrahmen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO, § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB, vgl. BGH aaO).
25
Es ist nicht ersichtlich, dass sich der aufgezeigte Mangel bei der Strafzumessung ausgewirkt hat. Die von der Strafkammer zutreffend angeführten strafzumessungsrelevanten Gründe bleiben vom aufgezeigten Mangel unberührt. Nack Wahl Graf Jäger Sander
16
(2) Ist die Hinterziehung der Lohnsteuer demgegenüber „auf Dauer“ angelegt , ist die Höhe der durch die Arbeitnehmer verkürzten Einkommensteuer auch für den Strafausspruch nicht relevant. Denn dann besteht für die ordnungsgemäße Besteuerung eine besondere Gefahrenlage, der durch die Ausgestaltung der Lohnsteuer als Abzugssteuer gerade entgegengewirkt werden soll. Diese Gefahrenlage soll bei der auf Dauer angelegten Lohnsteuerhinterziehung nach dem Tatplan der an ihr Beteiligten auch nicht nachträglich wieder beseitigt werden.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

16
Dem Tatgericht obliegt es nach dieser Rechtsprechung, die geschuldeten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93; vom 22. März 1994 – 1 StR 31/94 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543), weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376; Beschluss vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht mög- lich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Deshalb genügt es nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben (BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2002 – 5 StR 16/02, NJW 2002, 2480, 2483 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris).
25
aa) Dem Tatgericht obliegt es nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 22. März 1994 – 1 StR 31/94, wistra 1994, 193; Urteil vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543; MüKoStGB/Radtke, 2. Aufl., § 266a Rn. 61). Die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge werden auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Bei- tragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung berechnet (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht möglich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635; MüKoStGB/Radtke, 2. Aufl., § 266a Rn. 61). Die Grundsätze, die in der Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt wurden, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschlüsse vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16, NStZ 2017, 352 Rn. 6 und vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.

(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.

18
Bei einem Nettoumsatz für das Jahr 2005 von 1.316.907,99 € (UA S. 13) abzüglich der Betriebsausgaben von 1.079.399,23 € (UA S. 13) nebst eines wei- teren die Subunternehmer- und Materialkosten betreffenden Sicherheitszu- schlags von 10 % (UA S. 36, 37), also 107.939,92 €, ergeben sich 129.568,84 €. Zwei Drittel hiervon, also 86.379,22 €, sind die Lohnkosten insgesamt. Abzüglich der gemeldeten Löhne von 80.786 € ergibt dies 5.599,22 € netto an Lohnkosten, monatlich 466,10 €. Multipliziert mit dem Hochrechnungsfaktor 1,57790927 sind dies 735,46 € brutto, und nicht wie von der Strafkammer festgestellt 10.197,65 €.
13
Dem Tatgericht obliegt es nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl , Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen, weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist. Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht möglich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden. Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend. Es genügt nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben. Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (vgl. hierzu ausführlich BGH, Beschluss vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 Rn. 6, NStZ 2017, 352, 353 mwN).
16
Dem Tatgericht obliegt es nach dieser Rechtsprechung, die geschuldeten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93; vom 22. März 1994 – 1 StR 31/94 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543), weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376; Beschluss vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht mög- lich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Deshalb genügt es nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben (BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2002 – 5 StR 16/02, NJW 2002, 2480, 2483 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

20
d) Die auf den so festgestellten Besteuerungsgrundlagen aufbauende Steuerberechnung ist Rechtsanwendung und daher Aufgabe des Tatgerichts (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 9; BGH NStZ 2001, 200, 201). Dieses ist zwar nicht gehalten, den eigentlichen Berechnungsvorgang als Teil der Subsumtion im Urteil darzustellen, sofern dieser vom Revisionsgericht selbst durchgeführt werden kann. Freilich empfiehlt sich eine solche Berechnungsdarstellung bereits deshalb, weil sie die Nachvollziehbarkeit des Urteils erleichtert. Zudem bietet die Berechnungsdarstellung die Möglichkeit zu kontrollieren , ob die steuerlich erheblichen Tatsachen im angefochtenen Urteil festgestellt sind.
16
Dem Tatgericht obliegt es nach dieser Rechtsprechung, die geschuldeten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93; vom 22. März 1994 – 1 StR 31/94 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543), weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376; Beschluss vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht mög- lich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Deshalb genügt es nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben (BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2002 – 5 StR 16/02, NJW 2002, 2480, 2483 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris).
25
aa) Dem Tatgericht obliegt es nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 22. März 1994 – 1 StR 31/94, wistra 1994, 193; Urteil vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543; MüKoStGB/Radtke, 2. Aufl., § 266a Rn. 61). Die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge werden auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Bei- tragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung berechnet (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht möglich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635; MüKoStGB/Radtke, 2. Aufl., § 266a Rn. 61). Die Grundsätze, die in der Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt wurden, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschlüsse vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16, NStZ 2017, 352 Rn. 6 und vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376).