Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2018 - 1 StR 489/17

bei uns veröffentlicht am29.08.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 489/17
vom
29. August 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:290818B1STR489.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 29. August 2018 beschlossen : Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 10. Juli 2017 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Die Verfahrensrügen erweisen sich sämtlich bereits als unzulässig im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Dies gilt für die Beweisantragsrügen schon deswegen, weil die Beweisanträge, deren Ablehnung als rechtsfehlerhaft beanstandet wird, nicht vollständig einschließlich ihrer Begründung vorgetragen werden (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 – 4 StR 78/14, NStZ 2014, 604). Der Aufklärungsrüge mangelt es an Vortrag zu einem bestimmten Beweisergebnis (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 223/15, NStZ 2016, 721). Die Inbegriffsrügen zu 4. und 7., mit denen die unzulässige Verwertung eines Beratervertrages bzw. die rechtsfehlerhaft unterbliebene Verwertung eines Angebots gerügt wird, versagen, weil beide Dokumente nicht vorgelegt werden. Der Senat kann ohne deren Kenntnis die Begründetheit der behaupteten Verstöße nicht überprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2016 – 5 StR 210/16). Die Beanstandung hingegen, das Landgericht habe für erwiesen erachtete Tatsachen „zum Teil“ bei der Urteilsfin- dung unberücksichtigt gelassen, „zum Teil nicht hinreichend“ gewürdigt, lässt nicht klar erkennen, gegen welches Unterlassen des Gerichts der Vorwurf der Rechtsverletzung konkret erhoben wird. Zudem lässt sich aus dem Vortrag zu dieser Rüge nicht – wie erforderlich – entnehmen, warum gerade die behauptete fehlende bzw. nicht ausreichende Erörterung bestimmter für erwiesen erachteter Tatsachen Zweifel an dem Ergebnis der Beweiswürdigung begründet. Der Senat kann auf- grund des Vortrags nicht prüfen, ob ein Verfahrensfehler vorliegt. Das als Anlage beigefügte Schaubild der gesellschaftsrechtlichen Zusammenhänge vermag die Ausführungen hierzu nicht zu ersetzen.
Jäger Bellay Cirener Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Jäger Pernice

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2018 - 1 StR 489/17

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juni 2016 - 5 StR 210/16

bei uns veröffentlicht am 23.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 210/16 vom 23. Juni 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung u.a. ECLI:DE:BGH:2016:230616B5STR210.16.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshof

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Dez. 2015 - 4 StR 223/15

bei uns veröffentlicht am 03.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 223/15 vom 3. Dezember 2015 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. Dezember 2015, an der teilgenommen haben: Vorsi

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2014 - 4 StR 78/14

bei uns veröffentlicht am 17.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 78/14 vom 17. Juli 2014 in der Strafsache gegen wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Aug. 2018 - 1 StR 489/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Apr. 2019 - 4 StR 38/19

bei uns veröffentlicht am 09.04.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 38/19 vom 9. April 2019 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwer

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 78/14
vom
17. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Bestimmens einer Person unter 18 Jahren, mit Betäubungsmitteln unerlaubt
Handel zu treiben u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Juli 2014,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt in der Verhandlung,
Richterin am Landgericht bei der Verkündung
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Pflichtverteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 26. November 2013 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten des „Bestimmens einer Person unter 18 Jahren, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, in Tateinheit mit gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren, der gewerbsmäßigen unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren in 14 Fällen, des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer verbotenen Waffe und des vorsätzlichen Besitzes von Arzneimitteln in nicht geringer Menge zu Dopingzwecken im Sport“ schuldig gesprochen und ihn hierwegen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Ferner hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 15.770 € angeordnet. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet.

I.


2
Nach den Feststellungen veranlasste der Angeklagte Ende August 2011 den, wie er wusste, 16-jährigen P. , 20 Gramm Haschisch, 20 Gramm Marihuana, 20 Gramm Amphetamingemisch und 20 Ecstasy-Tabletten zu von ihm vorab festgelegten Verkaufspreisen gewinnbringend zu veräu- ßern. Nachdem P. dies gelungen war und er die ebenfalls vom Angeklagten festgelegten Einkaufspreise an diesen erstattet hatte, verkaufte P. anschließend bis Ende Februar 2012 (UA 8) in 14 weiteren Fällen sich sukzessive erhöhende Rauschgiftmengen gewinnbringend für den Angeklagten. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung am 7. Februar 2013 wurde der Angeklagte im Besitz eines silberfarbenen Schlagrings und 196 Tabletten, die insgesamt 691,88 mg des verschreibungspflichtigen anabolen Steroids Metandienon enthielten , angetroffen.

II.


3
Keine der Verfahrensrügen greift durch.
4
1. Vergeblich rügt der Beschwerdeführer, das Gericht habe seine Überzeugung entgegen § 261 StPO nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft.
5
a) Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
6
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung die Verstöße gegen das Waffen- und das Arzneimittelgesetz eingeräumt, die ihm vorgeworfenen 15 Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz indes pauschal bestritten. Der Zeuge P. hat in der Hauptverhandlung „auf konkreten – wortwörtlichen – Vorhalt“ (UA 9) seiner Beschuldigtenvernehmungen vom 14. Mai und 25. Juni 2012 bestätigt, die Angaben gegenüber der Vernehmungsbeamtin jeweils so wie protokolliert gemacht zu haben. Im angefochtenen Urteil hat das Landgericht die polizeilichen Angaben, die in den Niederschriften insgesamt knapp 13 Seiten einnehmen, von den jeweiligen Belehrungen abgesehen, in wörtlicher Rede wiedergegeben. Diese Darstellung nimmt im Urteil – mit textlichen Überleitungen – annähernd neun Seiten ein. Der Beschwerdeführer trägt vor, die polizeilichen Niederschriften seien in der Hauptverhandlung nicht verlesen worden ; durch Vorhalt an den Zeugen P. hätten sie schon wegen ihres Umfangs nicht eingeführt werden können.
7
b) Die Rüge ist unzulässig, weil sie nicht in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Form begründet worden ist.Diese Vorschrift verlangt eine so genaue Angabe der die Rüge begründenden Tatsachen , dass das Revisionsgericht auf ihrer Grundlage prüfen kann, ob der geltend gemachte Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (BGH, Urteil vom 14. Oktober 1952 – 2 StR 306/52, BGHSt 3, 213, 214; Beschluss vom 8. November 2000 – 3 StR 282/00 mwN; KK-StPO/ Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 f.). Wird beanstandet, das Tatgericht habe den Inhalt in der Hauptverhandlung nicht verlesener Urkunden verwertet, so gehört zur ordnungsgemäßen Begründung der Verfahrensrüge nicht nur die Behauptung , dass die Urkunde nicht verlesen worden, sondern auch – verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG, NJW 2005, 1999, 2001 f.) – die Darlegung, dass der Inhalt der Urkunde nicht in sonst zulässiger Weise eingeführt worden sei (BGH, Urteil vom 11. April 2001 – 3 StR 503/00, NJW 2001, 2558 f.; OLG Düsseldorf, StV 1995, 120; Gericke, aaO, § 344 Rn. 58; Sander inLöwe/ Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 185).
8
Daran fehlt es hier: Der Beschwerdeführer hat versäumt, das Urteil des Amtsgerichts Wittlich vom 6. November 2012 vorzutragen, mit dem der Zeuge P. wegen der nämlichen Betäubungsmitteldelikte verurteilt worden ist. Dieses Urteil wurde nicht nur dem Angeklagten vorgehalten (Teilprotokoll vom 21. November 2013, S. 5), sondern auch urkundenbeweislich verlesen (Teilprotokoll vom 26. November 2013, S. 2). Ohne Vorlage dieses Urteils kann der Senat nicht prüfen, ob die Angaben des Zeugen P. in den beiden polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen durch Verlesung im Strengbeweis eingeführt worden sind. Denn P. hat in der tatrichterlichen Hauptverhandlung bekundet, er habe vor dem Amtsgericht Wittlich den Sachverhalt dem Gericht gegenüber „sinngemäß“ so geschildert wie in den Vernehmungen vor der Poli- zei (UA 18). Der möglicherweise gesondert zu beurteilende Fall, dass das Tatgericht den Wortlaut der Urkunden verwertet hat, liegt hier ersichtlich nicht vor; das Landgericht hat lediglich den Inhalt der polizeilichen Vernehmungen P. s bei seiner Beweisführung herangezogen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. August 1987 – 5 StR 162/87, BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 5, und vom 5. April 2000 – 5 StR 226/99, BGHR StPO § 249 Abs. 1 Verlesung , unterbliebene 1 sowie zur Abgrenzung, wenn – anders als hier – eine bestätigende Erklärung der Auskunftsperson fehlt, BGH, Beschluss vom 13. April 1999 – 1 StR 107/99, StV 1999, 359 f.; Urteile vom 30. August 2000 – 2 StR 85/00, NStZ 2001, 161, und vom 6. September 2000 – 2 StR 190/00, NStZ-RR 2001, 18).
9
Die Revision unterlässt es außerdem, zum Ablauf der Einvernahme der Kriminalkommissarin F. , die P. vernommen hatte, näher vorzutragen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 1995 – 3 StR 99/95, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Verwertungsverbot 4; Beschluss vom 23. Oktober 2012 – 1 StR 377/12). Denn es liegt nahe anzunehmen, dass Polizeibeamte, die sich erfahrungsgemäß im Wege der vorherigen Durchsicht ihrer Ermittlungsunterlagen auf ihre Vernehmung intensiv vorbereiten, sich an Einzelheiten erinnern können und ihnen die entscheidenden Passagen wörtlich präsent sind (BGH, Beschluss vom 9. Mai 2001 – 2 StR 111/01, BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung

39).


10
Da die Rüge bereits unzulässig ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden , ob der Inhalt einer Vernehmungsniederschrift durch abschnittsweisen Vorhalt und die jeweilige Bestätigung des Zeugen ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt werden kann (vgl. auch zur Beruhensfrage BGH, Urteil vom 6. Juni 1957 – 4 StR 165/57; Beschluss vom 22. September 2006 – 1 StR 298/06, NStZ 2007, 235; OLG Düsseldorf StV 1995, 120, 121 mwN; Diemer in KK, 7. Aufl., § 249 Rn. 52).
11
2. Unzulässig ist ferner die Rüge, das Landgericht habe den Antrag, „Frau R. B. , W. und Herrn J. R. , Se. , Adressen zu erfragen über das AG Wittlich, …“ zu vernehmen, zu Unrecht wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Im Beweisantrag ist der Zeuge als Beweismittel grundsätzlich mit vollständigem Namen und genauer Anschrift zu benennen; nur wenn der Antragsteller dazu nicht in der Lage ist, genügt es, im Einzelnen den Weg zu beschreiben, auf dem dies zuverlässig ermittelt werden kann (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 – 3 StR 446/93, BGHSt 40, 3, 7; Becker in LR-StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 105). Der Beschwerdeführer hat nicht vorgetragen, was ihn gehindert haben könnte, die vollständige Adresse der von ihm benannten Zeugen anzugeben (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 313/13).
12
Ferner zielt der Antrag darauf, der Zeuge P. habe in der gegen ihn geführten Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Wittlich „lediglich die Taten der Anklageschrift (eingeräumt)“, ohne dass nachgefragt worden sei und ohne dass (er) dazu ausführlich Stellung genommen habe. Die Revision sieht hierin einen Widerspruch zu der Annahme des Landgerichts, der Zeuge habe in der gegen ihn gerichteten Gerichtsverhandlung den Sachverhalt sinngemäß so geschildert wie in seinen polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen. Um dies nachvollziehen zu können, hätte es der Vorlage der in dem Verfahren gegen den Zeugen erhobenen Anklage bedurft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen nämlich – verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG, Beschluss vom 10. März 2009 – 2 BvR 49/09) – die im Beweisantrag in Bezug genommenen Aktenbestandteile mit der Begründungsschrift vorgelegt oder jedenfalls inhaltlich vorgetragen werden (vgl. BGH, Urteile vom 25. November 2003 – 1 StR 182/03, StV 2004, 305, 306, und vom 25. November 2004 – 5 StR 401/04, NStZ-RR 2006, 33, 34 bei Sander; Beschlüsse vom 7. Januar 2008 – 5 StR 390/07, vom 25. Mai 2011 – 4 StR 87/11, und vom 12. März 2013 – 2 StR 34/13, NStZ-RR 2013, 222 [Ls.]; Becker in LR-StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 372; vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 – 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2323).
13
3. Als unzulässig erweist sich auch die Rüge, das Landgericht habe den Antrag, „StA S. , StA Magdeburg, zu hören zu der Behauptung, dass er die Aussage des Zeugen P. für so unglaubwürdig hielt, dass er keinerlei Anfangsverdacht in diesen Angaben sah, um ein Ermittlungsverfahren gegen Herrn A. einzuleiten (…)“, zu Unrecht wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt. Bei diesem Zitat handelt es sich um einen kurzen Auszug aus dem zwei Seiten umfassenden Beweisantrag; insbesondere lässt der Revisionsführer die von ihm im Beweisantrag bezeichnete Aussage P. s weg. Er trägt auch seine im Beweisantrag aufgestellte Schlussfolgerung nicht vor, als glaubhaft eingeschätzte Angaben P. s hätten Maßnahmen nach „§§ 100 ff. StPO“ gegen A. nach sich ziehen müssen, „um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, Strafvereitelung im Amt zu begehen“. Diese Auslassun- gen führen zur Unzulässigkeit der Rüge gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1986 – 3 StR 10/86, BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO 1, vom 14. April 1999 – 3 StR 22/99, NJW 1999, 2683, 2684, und vom 30. April 1999 – 3 StR 215/98, NStZ 1999, 396, 399; Beschlüsse vom 9. Mai 2000 – 4 StR 115/00, NStZ-RR 2001, 6, 7 bei Miebach/Sander, vom 12. März 2013 – 2 StR 34/13, aaO, und vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 313/13; Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 372).
14
Der Unzulässigkeit dieser von Rechtsanwalt Bo. erhobenen Verfahrensrüge steht nicht entgegen, dass Rechtsanwalt Fu. , der diese Rüge nicht erhoben hat, im Rahmen einer anderen Verfahrensrüge das gesamte Hauptverhandlungsprotokoll nebst Anlagen vorgelegt hat und sich in diesem Konvolut auch eine Ablichtung des Staatsanwalt S. betreffenden Beweisantrags findet (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1986 – 4 StR 370/86, NStZ 1987, 221 bei Pfeiffer/Miebach; Beschlüsse vom 25. September 1986 – 4 StR 496/86, NStZ 1987, 36, und vom 14. April 2010 – 2 StR 42/10).
15
4. Jedenfalls unbegründet ist die Rüge, das Landgericht habe den Antrag auf Verlesung der die Observation des Angeklagten betreffenden Urkunden zu Unrecht wegen Bedeutungslosigkeit – ersichtlich: aus tatsächlichen Gründen – abgelehnt. Denn die Strafkammer hat im Urteil (UA 25) die unter Beweis gestellte Tatsache, „dass die Observationsmaßnahmen gem. obigem Beschluss ohne Erfolg waren“, als – durchdie Vernehmung des Observationsbeamten – erwiesen behandelt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1991 – 3 StR 115/91, NStZ 1991, 547, 548; Beschlüsse vom 7. Februar 2002 – 1 StR 222/01, NStZ 2003, 417 bei Becker, und vom 5. Dezember 2012 – 1 StR 531/12; Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 86; KK-Krehl, StPO, 7. Aufl., § 244 Rn. 234; Güntge in Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 6. Aufl., Rn. 1676 f.). Von weiteren Bedenken gegen die Zulässigkeit und Begründetheit der Rüge abgesehen bedarf es daher auch keiner Entscheidung, ob das Landgericht durch die Vernehmung des Observationsbeamten, zu der die Revision nichts vorträgt, die angebotenen Beweismittel (Urkunden) wirksam ausgetauscht hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, Rn. 47).
16
5. Schon unzulässig ist die Rüge, das Landgericht habe den Beweisantrag auf Vernehmung des Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts bei dem Amtsgericht Wittlich zu Unrecht wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt. Unter Beweis gestellt war, dass P. in der gegen ihn gerichteten Hauptverhand- lung „die ihm gem. Anklageschrift zur Last gelegten Taten zwar einräumte, ohne jedoch nähere Angaben, insbesondere Details zu dem Lieferanten seiner BtM zu machen“, ferner, dass der Verhandlung ein informelles Gespräch zwischen den Verfahrensbeteiligten vorausgegangen sei. Diesen Antrag hat das Landgericht wegen Bedeutungslosigkeit abgelehnt und zur Begründung u.a. ausgeführt: „Selbst wenn der damalige Angeklagte P. in der Hauptverhand- lung vor dem Amtsgericht Wittlich am 06.11.2012 den ihn betreffenden Anklagevorwurf pauschal bestätigt hätte, ohne ausführlich zu seinem Lieferanten Stellung zu nehmen, ist hieraus nicht notwendig der Schluss zu ziehen, dass die ausführlichen und detaillierten Angaben des damaligen Beschuldigten P. in Bezug auf den Angeklagten We. in seinen Beschuldigtenver- nehmungen vom 14.05.2012 und 25.06.2012 nicht der Wahrheit entsprechen.“
17
Der Rügevortrag genügt nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Der Beschwerdeführer hat im Beweisantrag ausdrücklich auf die im damaligen Verfahren gegen P. erhobene Anklageschrift Bezug genommen. Wie unter Ziffer II.2 ausgeführt, ist die Vorlage der Anklageschrift hier schon wegen der – nach dem Inhalt der Beweisbehauptung – vorgenommenen Inbezugnahme der Aussage P. s auf die Anklageschrift unverzichtbar.
18
Es trifft auch nicht zu, dass die Strafkammer in ihrem Ablehnungsbeschluss die Beweiswürdigung in unzulässiger Weise vorweggenommen hätte (Revisionsbegründung von Rechtsanwalt Bo. S. 24). Der Tatrichter hat nach den – in der Revision nur auf Rechtsfehler nachprüfbaren – Grundsätzen der freien Beweiswürdigung gemäß § 261 StPO zu beurteilen, ob der vom Antragsteller intendierte Schluss gerechtfertigt wäre. Hierzu hat er die unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache so, als sei sie erwiesen, in das bisherige Beweisergebnis einzustellen und prognostisch zu prüfen, ob hierdurch seine bisherige Überzeugung vom Beweiswert des anderen Beweismittels – evtl. in Anwendung des Zweifelssatzes – in einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde (vgl. Becker in LR-StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 220 mwN). So ist die Strafkammer hier mit noch ausreichender Begründung rechtsfehlerfrei verfahren.
19
6. Auch die Rüge, das Landgericht habe die als wahr unterstellten Äußerungen P. s in einer früheren Beschuldigtenvernehmung vom 12. April 2012 zu Lasten des Angeklagten verwertet, greift nicht durch. Das Landgericht hat sich auf UA 21 mit den Darstellungen P. s zu seinen verschiedenen Schwarzfahrten auseinandergesetzt. Es hat aus der als wahr unterstellten Tatsache , P. habe eingeräumt, öfter bzw. „fast jedes Mal“ beim Schwarzfahren auf der Strecke von C. nach T. „erwischt“ worden zu sein, allerdings nicht den vom Angeklagten gewünschten Schluss auf fehlende Konstanz zur Angabe weiterer Schwarzfahrten in der späteren polizeilichen Vernehmung gezogen. Hierzu war es nicht gehalten. Das Gericht braucht aus einer als wahr unterstellten Indiztatsache nicht die Schlussfolgerungen zu ziehen, die der Antrag- steller gezogen wissen will (BGH, Urteile vom 6. August 1986 – 3 StR 234/86, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Wahrunterstellung 1, und vom 7. Februar 2008 – 4 StR 502/07, Tz. 27, insoweit in NJW 2008, 1093 nicht abgedruckt).
20
7. Die beiden mit der Revision vorgetragenen Aufklärungsrügen (§ 244 Abs. 2 StPO) sind ebenfalls unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
21
a) Soweit die Revision die unterbliebene Vernehmung des Staatsanwalts S. als Zeugen beanstandet, unterlässt sie es, eine bestimmte Beweistatsache zu bezeichnen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 244 Rn. 81 mwN). Eine solche ergibt sich auch nicht aus ihrem Vorbringen, die Strafkammer habe den „Beweis des Gegenteils, mithin der Tatsache, dass der Zeuge P. gerade keine glaubhaften Angaben machte, … nicht zugelassen“.
22
b) Nicht anders liegt es, soweit die Revision beanstandet, das Landgericht hätte die Mitglieder des Jugendschöffengerichts bei dem Amtsgericht Wittlich vernehmen müssen. Der Beschwerdeführer hätte sich insoweit nicht mit einer pauschalen negativen Bewertung des Aussageverhaltens P. s begnü- gen dürfen („keine Tatsachen für einen Tathergang“).

III.


23
Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge hat keinen materiellen-rechtlichen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Soweit die Revision sich – mit zum Teil urteilsfremdem Vorbringen – gegen die Beweiswürdigung wendet, vermag sie keinen Rechtsfehler aufzuzeigen; die Beweiswürdigung ist insbesondere nicht widersprüchlich oder lückenhaft. Im Übrigen bedarf nur Folgendes der Erörterung:
24
Die Feststellungen tragen die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe P. im Fall II.2 der Urteilsgründe zu dessen Handeltreiben bestimmt. Der Umstand, dass P. die Möglichkeit, für den Angeklagten Drogen zu verkaufen , bereitwillig ergriff, steht dem nicht entgegen. Jedenfalls hatte sich die Tatbereitschaft P. s noch nicht auf ein bestimmtes Geschäft konkretisiert (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 – 4 StR 400/99, BGHSt 45, 373, 374 ff.; Beschlüsse vom 30. Januar 2001 – 4 StR 557/00, StV 2001, 406, und vom 23. Mai 2007 – 2 StR 569/06, NStZ 2008, 42 mwN).
25
Die Feststellungen zur Häufigkeit der weiteren Betäubungsmittelstraftaten tragen den Schluss der Strafkammer auf 14 Fälle des Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Deren konkurrenzrechtliche Bewertung durch die Strafkammer ist rechtsfehlerfrei.
26
Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das Landgericht ihn in den Fällen II.2 bis 5 (Taten 1 bis 15) nicht auch wegen (gewerbsmäßigen) Handeltreibens verurteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 1997 – 4 StR 222/97, StV 1997, 636, 637; Beschluss vom 23. Mai 2007, aaO, S. 42 f.).
27
Die Anordnung des Wertersatzverfalls weist ebenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 223/15
vom
3. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. Dezember
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Nebenkläger-Vertreter – in der Verhandlung –,
die Nebenkläger in Person – in der Verhandlung –,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Nebenkläger wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 15. Januar 2015 – mit Ausnahme der Adhäsionsentscheidung – mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Angeklagte hat die im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Neben- und Adhäsionskläger zu tragen; im Übrigen wird von der Auferlegung von Kosten und Auslagen abgesehen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Totschlags zu der einheitlichen Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten , die mit mehreren Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge begründet ist. Die Nebenkläger wenden sich mit ihren auf die Sachbeschwerde gestützten Revisionen gegen die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begange- nen Totschlags und erstreben insoweit eine Verurteilung wegen Mordes. Während die Rechtsmittel der Nebenkläger durchdringen, erweist sich die Revision des Angeklagten als unbegründet.

I.


2
Nach den Feststellungen waren der zur Tatzeit 19-jährige Angeklagte und sein langjähriger, zwei Jahre jüngerer Freund, das spätere TatopferL. M. , am Abend des Tattags mit dem Fahrzeug des Angeklagtenunterwegs. Nachdem sie beim Autohof G. etwas gegessen hatten und sodann inder Umgebung herumgefahren waren, bogen sie von der Landstraße in einen Feldweg ab und hielten dort zunächst an einer Scheune an, um nachzusehen, was sich in der Scheune befand. Anschließend setzten sie ihre Fahrt über die Feldwege fort, bis sie an einer weiteren Scheune erneut anhielten. Beide stiegen aus und gingen zu der Längsseite der Scheune, an der sich ein großes, massives und verschlossenes Tor befand. Möglicherweise versuchte der Angeklagte mit einer mitgebrachten Metallstange ein Brett des Scheunentors beiseitezuschieben , während L. M. sich fortwährend mit seinem Mobiltelefon beschäftigte. Möglich ist auch, dass sich zwischen beiden eine kurze verbale Auseinandersetzung entwickelte, in deren Verlauf der Angeklagte seinem Freund vorhielt, dass es keinen Sinn mache, etwas zu schreiben, da die Mäd- chen ihn sowieso nicht wollten und ihn ständig „verarschten“, worauf L. M. entgegnete, dass der Angeklagte derjenige sei, der überhaupt nichts geregelt und für sein Alter „kein Mädchen an den Start bekomme“. Des Weiteren be- zeichnete L. M. den Angeklagten nicht ausschließbar als „armes Würst- chen“, was den Angeklagten verletzte. Zu darüber hinausgehenden Aggressivi- täten oder gar einer körperlichen Auseinandersetzung kam es aber nicht. L. M. nahm daraufhin sein Klappmesser und begann, sich damit im Bereich eines in dem Scheunentor wenige Zentimeter über dem Erdboden vorhandenen Lochs zu schaffen zu machen. Dabei kniete oder hockte er sich hin und drehte dem Angeklagten den Rücken zu.
3
Der Angeklagte entschloss sich spätestens jetzt, L. M. zu töten, wobei ihm bewusst war, dass das Tatopfer in dieser Situation mit keinem Angriff rechnete und einen Angriff von hinten nicht rechtzeitig genug bemerken würde, um sich noch wehren zu können. Der Angeklagte stellte sich hinter L. M. , holte mit der 1,11 m langen und 1.539 g schweren Metallstange aus und schlug dem Opfer in Tötungsabsicht mit voller Wucht von hinten auf den Hinterkopf. Infolge des Schlags kippte L. M. bewusstlos nach links zur Seite, sodass sein Körper mit dem Rücken und sein Kopf mit der rechten Gesichtshälfte auf dem Boden zu liegen kamen, und begann sofort stark im Kopfbereich und aus den Ohren zu bluten. Der Angeklagte schlug mindestens zwei weitere Male mit der Metallstange mit voller Wucht auf den Kopf des auf dem Boden liegenden bewusstlosen L. M. ein, um ihn sicher zu töten. Durch die Schläge auf den Kopf erlitt das Opfer u.a. ein hochgradiges Schädel-Hirn-Trauma mit umfangreichen Schädelbrüchen und Hirnverletzungen, die mit Sicherheit nach einiger Zeit zum Tod des Opfers geführt hätten.
4
In der Annahme, L. M. sei durch die Schläge bereits getötet worden oder werde in kurzer Zeit versterben, begab sich der Angeklagte nach dem letzten Schlag zu seinem Fahrzeug, legte die Metallstange in den Kofferraum und fuhr zur Landstraße zurück. Nachdem er die Metallstange am Rand eines Feldweges in den Straßengraben geworfen hatte, fuhr er wiederum zum Autohof G. , wo er sich kurze Zeit aufhielt. Da der Angeklagte den Verdacht, L. M. erschlagen zu haben, von sich weisen wollte, fasste er spätestens nach dem Verlassen des Autohofs den Entschluss, zurück zur Scheune zu fahren, die Polizei zu informieren und wahrheitswidrig anzugeben, er habe L. M. auf dessen Bitte allein an der Feldscheune absetzen sollen und ihn dann dort tot aufgefunden, als er ihn wieder habe abholen wollen. Als der Angeklagte wieder zu dem unverändert am Boden liegenden Tatopfer kam, stellte er aber fest, dass L. M. wider Erwarten noch nicht verstorben war. Er beschloss nunmehr, ihn endgültig zu töten. Mit einem aus seinem Fahrzeug herbeigeholten Messer mit einer Klingenlänge von 12 cm schnitt er dem rücklings auf dem Boden liegenden Tatopfer, das wegen der durch die Schläge verursachten Schädelverletzungen zu keiner Abwehrreaktion mehr in der Lage war, mit erheblicher Kraftentfaltung den Hals über eine Länge von 11,5 cm bis zur Wirbelsäule durch, wobei er das Messer mindestens zweimal ansetzen musste. L. M. verstarb schließlich infolge der Halsschnitte an einem zentralen Hirnversagen in Kombination mit Verbluten.
5
In rechtlicher Hinsicht hat die Jugendkammer nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, ohne dies näher auszuführen, die Schläge mit der Metallstange als versuchten heimtückischen Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und die den Tod des Opfers unmittelbar herbeiführenden Messerschnitte als tatmehrheitlich begangenen Totschlag gewertet.

II.


6
1. a) Der Rechtsmittelangriff der Nebenkläger erfasst den gesamten Schuldspruch. Die mit Revisionseinlegung erklärte Beschränkung der Rechtsmittel auf die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begangenen Totschlags erweist sich als unwirksam.
7
Zwar kann die Anfechtung eines Urteils nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs innerhalb einer prozessualen Tat im Sinne des § 264 StPO regelmäßig auf einzelne materiell-rechtlich selbständige Straftaten beschränkt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185; Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 318 Rn. 10 mwN). Eine wirksame Teilanfechtung setzt aber nach den allgemein für die Beschränkung von Rechtsmitteln geltenden Grundsätzen im Einzelfall voraus, dass sich die Anfechtung auf einen Beschwerdepunkt bezieht, der nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden kann, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; Beschluss vom 15. Mai 2001 – 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 35). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, weil die abgeurteilten Angriffshandlungen des Angeklagten mit der Metallstange einerseits und dem Messer andererseits wegen der Mitursächlichkeit beider Handlungsakte für den eingetretenen Todeserfolg materiell-rechtlich nicht gesondert gewürdigt werden können (unten II. 2.).
8
b) Der Revisionsbegründung der Nebenkläger ist trotz verschiedener möglicherweise missverständlicher Ausführungen, die sich mit dem Strafausspruch des angefochtenen Urteils und der Höhe der verhängten Jugendstrafe befassen, noch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Nebenkläger eine Verurteilung wegen vollendeten Mordes erstreben und damit ein zulässiges Rechtsmittelziel (§ 400 Abs. 1 StPO) verfolgen.
9
2. Die Revisionen der Nebenkläger sind begründet. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils weist einen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf. Denn auf der Grundlage der getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat sich der Angeklagte eines vollendeten Heimtückemordes schuldig gemacht, weil er bereits durch die Schläge mit der Metallstange eine Ursache für den später unmittelbar durch die Messerschnitte herbeigeführten Tod des Opfers setzte und dieser Ursachenzusammenhang von seinem ursprünglichen Vorsatz umfasst war.
10
a) Ursächlich für den Eintritt eines tatbestandsmäßigen Erfolgs ist jede Bedingung, die den Erfolg herbeigeführt hat. Dabei ist gleichgültig, ob neben der Tathandlung noch andere Umstände, Ereignisse oder Geschehensabläufe zur Herbeiführung des Erfolgs beigetragen haben (BGH, Urteil vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00, NStZ 2001, 29, 30). Ein Kausalzusammenhang ist nur dann zu verneinen, wenn ein späteres Ereignis die Fortwirkung der ursprünglichen Bedingung beseitigt und seinerseits allein unter Eröffnung einer neuen Ursachenreihe den Erfolg herbeigeführt hat (BGH, Urteil vom 10. Januar 2008 – 3 StR 463/07 Rn. 21). Dagegen schließt es die Ursächlichkeit des Täterhandelns nicht aus, dass ein weiteres Verhalten an der Herbeiführung des Erfolgs mitgewirkt hat. Ob es sich bei dem mitwirkenden Verhalten um ein solches des Opfers oder um deliktisches oder undeliktisches Verhalten eines Dritten (vgl. BGH, Urteile vom 10. Januar 2008 – 3 StR 463/07 aaO; vom 30. August2000 – 2 StR 204/00 aaO; vom 12. September 1984 – 3 StR 245/84, StV 1985, 100; vom 18. Juni 1957 – 5 StR 164/57, BGHSt 10, 291, 293 f.; vom 6. Juli 1956 – 5 StR 434/55, bei Dallinger, MDR 1956, 526) oder des Täters selbst handelt (vgl. BGH, Urteile vom 30. März 1993 – 5 StR 720/92, BGHSt 39, 195, 198; vom 14. März 1989 – 1 StR 25/89, NJW 1989, 2479 f.; vom 26. April 1960 – 5 StR 77/60, BGHSt 14, 193, 194; vom 23. Oktober 1951 – 1 StR 348/51, bei Dallinger, MDR 1952, 16; RGSt 67, 258 f.), ist dabei ohne Bedeutung.
11
Danach waren die mit Tötungsabsicht geführten Schläge mit der Metallstange unbeschadet des Umstands, dass das Tatopfer unmittelbar an den Folgen der späteren Messerschnitte verstarb, für den Tod des Opfers ursächlich. Denn der Einsatz des Messers gegen das bewusstlose, bereits tödlich verletzte Opfer, um es endgültig zu töten, knüpfte an das vorausgegangene Geschehen an und wäre ohne die durch die Schläge mit der Metallstange geschaffene Lage nicht möglich gewesen.
12
b) Der Tod des Opfers als Folge der mit der Metallstange geführten Schläge ist dem Angeklagten auch subjektiv als von dem die Ausführung der Schläge tragenden Vorsatz mitumfasst zuzurechnen. Der Vorsatz des Täters muss sich auf den zum Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs führenden Geschehensablauf erstrecken (vgl. BGH, Urteile vom 9. Oktober 1969 – 2 StR 376/69, BGHSt 23, 133, 135; vom 21. April 1955 – 4 StR 552/54, BGHSt 7, 325, 329). Da dieser indes kaum je in allen Einzelheiten zu erfassen ist, wird der Vorsatz durch unwesentliche Abweichungen des vorgestellten vom tatsächlichen Geschehensablauf nicht in Frage gestellt. Eine Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als unwesentlich anzusehen, wenn sie sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 – 1 StR 676/10, BGHSt 56, 162, 166; Urteil vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00 aaO; Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 34; Vogel in LK-StPO, 12. Aufl., § 16 Rn. 56 ff. mwN). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist in Fällen, in denen bei Angriffen gegen das Leben der Tod des Opfers nicht unmittelbar durch die Angriffshandlung sondern durch vorsätzliches Handeln eines Dritten oder eine nicht mehr vom Tötungsvorsatz getragene Verdeckungshandlung des Täters herbeigeführt wurde, von der Rechtsprechung eine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf verneint worden (vgl. BGH, Urteile vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00 aaO; vom 26. April 1960 – 5 StR 77/60 aaO; vom 6. Juli 1956 – 5 StR 434/55, aaO).
13
Im vorliegenden Fall ist nach den festgestellten Tatumständen eine lediglich unwesentliche Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf gegeben. Der Umstand, dass der Tod des durch die Schläge mit der Metallstange bereits tödlich verletzten Tatopfers unmittelbar durch die im Zuge der Bemühungen um eine Tatverschleierung mit gleicher Angriffsrichtung gegen das wider Erwarten noch nicht verstorbene Opfer geführten Messerstiche bewirkt wurde, bewegt sich nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit und rechtfertigt keine andere Bewertung der Tat.
14
c) Der Angeklagte hat sich durch die mit der Metallstange geführten Schläge gegen das Tatopfer damit eines vollendeten Mordes in der Tatbestandsalternative der heimtückischen Tötung schuldig gemacht. Der durch die Messerschnitte nach Auffassung des Landgerichts gleichfalls verwirklichte Totschlag nach § 212 Abs. 1 StGB tritt, da die Herbeiführung des Todeserfolgs dem Angeklagten strafrechtlich nur einmal angelastet werden kann, konkurrenzrechtlich hinter den Mord zurück (vgl. Rogall, JZ 1993, 1066, 1068).
15
d) Die Entscheidung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Juni 2001 – 5 StR 432/00 – (NStZ 2002, 253) steht der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen, weil dem Urteil des 5. Strafsenats nicht zu entnehmen ist, ob die dort vorgenommene rechtliche Würdigung auf einer abweichenden Rechtsansicht oder einer einzelfallbezogenen Bewertung festgestellter Tatumstände beruht.
16
e) Die zu Gunsten des Angeklagten rechtsfehlerhafte rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts führt – mit Ausnahme der Adhäsionsentscheidung (vgl. BGH, Urteile vom 28. November 2007 – 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96; vom 8. April 2009 – 5 StR 65/09 Rn. 27) – zur Aufhebung des Urteils. An der vom Generalbundesanwalt beantragten Schuldspruchänderung sieht sich der Senat durch die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO gehindert, da der Angeklagte, dem in der Anklage hinsichtlich der Schläge mit der Metallstange ein versuchter Mord angelastet worden ist, auf die Möglichkeit einer an die Schläge anknüpfenden Verurteilung wegen vollendeten Mordes bislang weder in rechtlicher noch tatsächlicher Hinsicht hingewiesen worden ist.

III.


17
Die Revision des Angeklagten bleibt erfolglos.
18
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hinsichtlich der Verfahrensrügen ist ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts zu bemerken:
19
Die Verfahrensrüge, mit welcher der Beschwerdeführer ein Verwertungsverbot hinsichtlich der durch Zeugenvernehmung der jeweiligen Vernehmungspersonen in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben des Angeklagten gegenüber der Polizei im Ermittlungsverfahren wegen des Unterbleibens einer Beschuldigtenbelehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO sowie des Fehlens einer auf die Unverwertbarkeit früherer Angaben hinweisenden qualifizierten Beschuldigtenbelehrung geltend macht, ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn dem Vortrag der Re- vision ist nicht zu entnehmen, ob die Widersprüche gegen die Verwertung rechtzeitig spätestens bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt im Anschluss an die Vernehmung der Vernehmungspersonen erfolgt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 1992 – 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214, 225 f.; Diemer in KK-StPO, 7. Aufl., § 136 Rn. 28 mwN). Soweit sich die Revision unter dem Gesichtspunkt einer unterbliebenen qualifizierten Beschuldigtenbelehrung gegen die Verwertung der vom Angeklagten nach Belehrung gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO i.V.m. § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO gemachten Angaben wendet, wäre die Rüge aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen auch unbegründet, weil die Jugendkammer aufgrund der gebotenen Abwägung im Einzelfall (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 – 4 StR 170/09, NStZ 2009, 702, 703; Urteil vom 18. Dezember 2008 – 4 StR 455/08, BGHSt 53, 112 Rn. 14 ff.; vom 3. Juli 2007 – 1 StR 3/07, StV 2007, 450, 452) rechtsfehlerfrei ein Verwertungsverbot verneint hat.
20
Die Aufklärungsrüge, mit welcher der Beschwerdeführer das Unterbleiben einer erneuten Befragung des rechtsmedizinischen Sachverständigen Dr. K. beanstandet, erfüllt mangels Vortrags zu dem erwarteten Beweisergebnis (vgl. Meyer-Goßner aaO, § 244 Rn. 81 mwN) nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Schließlich dringen auch die Beweisantragsrügen nicht durch, die sich auf die beantragte Einholung eines weiteren rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens zur Zeitdauer des Auftretens von neutrophilen Granulozyten im Wundbereich beziehen. Denn der Senat kann ausschließen, dass das Urteil auf einer fehlerhaften Ablehnung dieser Beweisanträge beruht. Das Landgericht hat im Rahmen seiner Überzeugungsbildung zum festgestellten Sachverhalt an keiner Stelle auf die für das Auftreten von neutrophilen Granulozyten erforderliche Zeitspanne abgestellt. Dies gilt entgegen dem Vorbringen der Revision auch für die Feststellung einer zeitlichen Zäsur zwischen den Schlägen mit der Metallstange und der Ausführung der Messerschnitte, die das Landgericht auf die Angaben des Angeklagten in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung gestützt hat, welche die Jugendkammer als durch andere Beweisergebnisse bestätigt gesehen und als glaubhaft bewertet hat. Lediglich für die Frage, ob die rechtsmedizinischen Befunde den Angaben des Angeklagten in der Beschuldigtenvernehmung entgegenstehen , hat die Jugendkammer Überlegungen zur erforderlichen Zeitdauer für das Auftreten von neutrophilen Granulozyten angestellt, die aber für die vom Beschwerdeführer unter Beweis gestellte kürzere Zeitspanne erst recht zutreffen. Auch im Übrigen werden die vom Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung gezogenen Schlussfolgerungen durch das in den Beweisanträgen behauptete raschere Auftreten von neutrophilen Granulozyten im Wundbereich nicht in Frage gestellt.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 210/16
vom
23. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:230616B5STR210.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Juni 2016 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 27. November 2015 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführer haben die der Nebenklägerin durch ihre Revisionen jeweils entstandenen notwendigen Auslagen und die Beschwerdeführer H. F. und S. die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten A. F. die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen.

Ergänzend bemerkt der Senat: 1. Die Angeklagten A. F. und S. machen in Beweisantragsrügen jeweils geltend, dass die Jugendkammer ein aussagepsychologisches Gutachten hinsichtlich der Nebenklägerin hätte einholen müssen. Zur Begründung ihrer Beweisanträge stützen sie sich zentral auf Widersprüche zwischen der Aussage der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung und ihren Angaben bei den polizeilichen Vernehmungen. Die Rügen genügen auch deswegen den Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht, weil die diesbezüglichen Vernehmungsniederschriften nicht mitgeteilt werden.
2. Der Angeklagte A. F. hat ferner bei seiner Rüge der Verletzung des absoluten Revisionsgrundes nach § 338 Nr. 5 StPO die Anforderungen an das Rügevorbringen verfehlt. Er trägt zwar vor, die Entlassverhandlung in Bezug auf die Nebenklägerin und Hauptbelastungszeugin habe in seiner Abwesenheit (§ 247 StPO) stattgefunden. Jedoch ergibt sich aus dem Protokoll über die Sitzung vom 9. März 2015 (Sachakten Bl. 3305), dass nach Unterrichtung des Angeklagten über den wesentlichen Inhalt der Vernehmung der Zeugin und unmit- telbar vor deren Entlassung in seiner Anwesenheit zweimal „die weitere Verfahrensweise besprochen“ worden ist. Die Revision hätte sich dazu verhalten müs- sen, ob – was naheliegt – in diesem Rahmen die Frage der Entlassung und ein Verzicht des Angeklagten auf weitere Fragen an die Zeugin erörtert worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. April 1998 – 3 StR 643/97, BGHR StPO § 247 Abwesenheit 18 mwN).
3. Die Inbegriffsrügen des Angeklagten S. hinsichtlich der „Chats“ zwischen ihm und dem Angeklagten A. sowie Fotos auf dem Mobiltelefon des Zeugen M. versagen schon deswegen, weil der Angeklagte weder die gesam- te Verschriftung des „Chatverlaufs“ noch die fraglichen Fotos vorgelegt hat. Oh- ne deren Kenntnis vermag der Senat die Begründetheit des Vorbringens nicht zu prüfen.
4. Die durch den Angeklagten H. F. erhobene Beweisantragsrüge betreffend ein ärztliches Attest kann nicht durchdringen. In seinem Antrag hat der Angeklagte durch Zeugnis der behandelnden Ärztin unter Beweis gestellt, dass der Zeuge H. „in der Hauptverhandlung vom 9. April2015 gelogen hat, als er bekundete, seine Ärztin hätte ihm für sein Nichterscheinen in der hiesigen Hauptverhandlung am 26. März 2015 ein Gefälligkeitsattest ausgestellt“. Damit ist keine bestimmte Tatsache unter Beweis gestellt, die der eigenen Wahrnehmung der benannten Zeugin unterliegt, sondern lediglich ein Beweisziel be- nannt; zudem weist der Begriff des „Gefälligkeitsgutachtens“ wertenden Cha- rakter auf (dazu etwa KK-StPO/Krehl, 7. Aufl., § 244 Rn. 74 f. mwN). Durch die Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) war die Jugendkammer nicht gehalten, der durch den Angeklagten aufgeworfenen, in der Sache peripheren Frage näher nachzugehen.
Im Hinblick auf die Vielzahl der Verfahrensrügen hätte eine Revisionsgegenerklärung der Staatsanwaltschaft die Prüfung durch das Revisionsgericht wesentlich erleichtert (Nr. 162 Abs. 2 Satz 1 RiStBV).

Sander Schneider Dölp König Feilcke