Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2017 - 1 StR 491/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:211117B1STR491.17.0
bei uns veröffentlicht am21.11.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 491/17
vom
21. November 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:211117B1STR491.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – am 21. November 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 10. Juli 2017, soweit es diesen Angeklagten betrifft, aufgehoben
a) im Schuldspruch in den Fällen 1.1 bis 1.3, 1.5 und 1.6, 1.10 und 1.11 sowie 2.1 bis 2.3 der Urteilsgründe,
b) im gesamten Strafausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „schweren Bandendieb- stahls in elf tatmehrheitlichen Fällen jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Tatmehrheit mit versuchtem schweren Bandendiebstahl in Tateinheit mit Sachbeschädigung“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
2
Die hiergegen gerichtete und auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersicht- lichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
Die nicht revidierenden Mitangeklagten M. und B. sowie der Angeklagte H. schlossen sich gemeinsam mit den anderweitig Verfolgten P. , C. , D. und Po. und mindestens einem weiteren unbekannten Bandenmitglied zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 5. Oktober 2016 in der Absicht zusammen, künftig gemeinsam eine Mehrzahl von Diebstahlstaten zu begehen und sich hieraus eine Einnahmequelle von gewisser Dauer und nicht unerheblichem Umfang zu erschließen. Dem gemeinsamen Tatplan entsprechend begingen die nicht revidierenden Mitangeklagten M. und B. als unmittelbar Tatausführende elf Einbruchsdiebstähle in verschiedene Geschäftsräume, und zwar in der Nacht vom 5. Oktober 2016 auf den 6. Oktober 2016 in A. (Fälle 1.1 bis 1.3, 1.5 und 1.6 der Urteilsgründe), zwischen dem 5. Oktober 2016, 22.40 Uhr und dem 6. Oktober 2016, 22.55 Uhr in R. (Fall 1.8 der Urteilsgründe), am 6. Oktober 2016 zwischen 1.00 Uhr und 6.00 Uhr in Br. (Fälle 1.10 und 1.11 der Urteilsgründe ) sowie in der Nacht vom 7. Oktober 2016 auf den 8. Oktober 2016 in E. (Fälle 2.1 bis 2.3 der Urteilsgründe).
5
Der Tatbeitrag des Angeklagten H. bestand jeweils darin, die Mitangeklagten M. und B. von der Wohnung des weiteren – nicht revidierenden – Mitangeklagten O. mit einem Pkw zu den Tatorten sowie nach Ausführung der Taten wieder zurück zur Wohnung des Mitangeklagten O. zu bringen und die Tatbeute zu transportieren.
6
Im Fall 3. der Urteilsgründe hebelten die Mitangeklagten M. und B. am 11. Oktober 2016, 00.24 Uhr, gemeinsam mit vier weiteren Bandenmitgliedern am und im Gebäude der Firma Re. GmbH in R. eine Außentüre sowie mehrere innenliegende Türen auf und versuchten, mit einem Vorschlaghammer einen Tresor im Obergeschoss des Gebäudes zu öffnen, um daraus Stehlenswertes zu entwenden. Nach ihrer Entdeckung brachen sie das Öffnen des Tresors ab und flüchteten ohne das darin befindliche Bargeld. Der Angeklagte H. wartete währenddessen als Fahrer mit dem Pkw im Nahbereich des Gebäudes, um den Abtransport der Beute und die Flucht der Angeklagten M. und B. bzw. der anderweitig Verfolgten vom Tatort zu sichern.

II.

7
Die Nachprüfung des Urteils auf die Sachrüge führt zur Teilaufhebung im Schuldspruch sowie zur Aufhebung im gesamten Strafausspruch. Im Übrigen weist das Urteil keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
8
1. Die vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Art und Umfang der Tatbeteiligung des Angeklagten tragen – entgegen der Auffassung der Revision – in allen Fällen den Schuldspruch wegen mittäterschaftlich begangenen (versuchten) schweren Bandendiebstahls jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung.
9
Für jede einzelne (Banden-)Tat ist nach den allgemeinen Kriterien festzustellen , ob sich die Bandenmitglieder hieran als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt und ob sie gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Beitrag geleistet haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. Juli 2008 – 3 StR 243/08, StV 2009, 130). Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft an bzw. Beihilfe zu der jeweiligen Einzeltat ist in wertender Betrachtung unter Berücksichti- gung aller Umstände vorzunehmen, die von der Vorstellung des jeweiligen Bandenmitglieds umfasst sind. Maßgeblich sind dabei insbesondere sein Interesse an der Durchführung der Tat sowie der Umfang seiner Tatherrschaft oder jedenfalls sein Wille, Tatherrschaft auszuüben, was sich danach beurteilt, ob objektiv oder jedenfalls aus der Sicht des Täters die Ausführung der Tat wesentlich von seiner Mitwirkung abhängt (BGH, Urteil vom 26. April 2012 – 4 StR 665/11, StV 2012, 669; Beschlüsse vom 24. Juli 2008 aaO und vom 13. Mai 2003 – 3 StR 128/03, NStZ-RR 2003, 265, 267).
10
Gemessen daran hat der Angeklagte auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen in allen (versuchten) Diebstahlsfällen als Mittäter gehandelt. So hatte der Angeklagte das für die Annahme der Mittäterschaft erforderliche eigene Interesse am Erfolg der Tat, weil er anteilig an der Beute beteiligt werden sollte (UA S. 15). Ihm kam nach dem gemeinsam gefassten Tatplan auch eine bedeutende Rolle zu. Er verbrachte die Mitangeklagten M. und B. in seinem Fahrzeug unter Verwendung des darin befindlichen Navigationsgerätes zu den jeweiligen Tatorten, stand während der Ausführung der Taten in unmittelbarer Nähe des jeweiligen Tatorts bereit und ermöglichte sodann den Abtransport des Diebesgutes und der Mitangeklagten in seinem Fahrzeug (UA S. 18).
11
2. Die tatrichterliche Annahme, dass die Taten 1.1 bis 1.3, 1.5, 1.6, 1.10, 1.11 und 2.1 bis 2.3 der Urteilsgründe jeweils im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehen, hält rechtlicher Nachprüfung hingegen nicht stand. Die Feststellungen des Landgerichts tragen die Annahme von jeweils selbständigen , real konkurrierenden Diebstahlstaten nicht.
12
a) Sind an einer Deliktserie – wie vorliegend – mehrere Personen als Mittäter , mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die ein- zelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge , durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 11. April 2017 – 4 StR 615/16, Rn. 4; vom 2. Juli 2014 – 4 StR 176/14, wistra 2014, 437 und vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641; Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.).
13
b) Danach träfe die Annahme des Landgerichts, die Zahl der selbständigen Einzeltaten des Angeklagten entspreche in den zuvor bezeichneten Fällen der Anzahl der von den unmittelbar tatausführenden Tätern begangenen Diebstahlstaten , nur unter der Voraussetzung zu, dass er hinsichtlich jedes Diebstahls einen (allein) diesen fördernden Beitrag geleistet hat. Hierzu verhält sich das Urteil jedoch nicht abschließend. Insbesondere hat die Strafkammer nicht festgestellt, was der Angeklagte konkret vor Ort gemacht hat, ob der Angeklagte von Tatort zu Tatort gefahren ist oder ob er seine Tatgenossen an den jeweiligen Tattagen nur an eine Stelle, beispielsweise in ein Gewerbegebiet gefahren , diese dort abgesetzt und nach Begehung von mehreren Einbruchsdiebstählen in verschiedene Geschäftsräume wieder abgeholt hat. Sollten die Fälle 1.1 bis 1.3, 1.5 und 1.6 der Urteilsgründe ( A. ), 1.10 und 1.11 der Ur- teilsgründe (Br. ) sowie 2.1 bis 2.3 der Urteilsgründe ( E. ) in der Person des Angeklagten jeweils durch einen einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne von § 52 StGB verknüpft werden, lägen insoweit bei dem Angeklagten lediglich drei tatmehrheitlich begangene schwere Bandendiebstähle (in gleichartiger Idealkonkurrenz, vgl. insoweit BGH, Beschlüsse vom 11. April 2017 – 4 StR 615/16, Rn. 6 und vom 28. März 2017 – 4 StR 82/17, Rn. 7, mwN) vor.
14
Diese Umstände zwingen zur Aufhebung der Schuldsprüche in den bezeichneten Fällen.
15
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs hat die Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen 1.1 bis 1.3, 1.5, 1.6, 1.10, 1.11 und 2.1 bis 2.3 der Urteilsgründe sowie der Gesamtstrafe zur Folge. Die von dem Rechtsfehler nicht betroffenen Einzelstrafen in den Fällen 1.8 und 3. der Urteilsgründe werden ebenfalls aufgehoben, um dem neuen Tatrichter eine einheitliche, widerspruchsfreie Strafzumessung zu ermöglichen. Demgegenüber haben die zugrundeliegenden Feststellungen, die von dem Rechtsfehler in der konkurrenzrechtlichen Beurteilung der Taten nicht betroffen sind, Bestand. Der neue Tatrichter kann ergänzende , mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.
16
4. Die Sache bedarf im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung. Der neue Tatrichter wird dabei darauf Bedacht zu nehmen haben , dass die Berücksichtigung einer erheblichen kriminellen Energie im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten, die die Strafkammer aus dem planmäßigen, arbeitsteiligen Vorgehen der Angeklagten schließt (UA S. 21), eine unzulässige Doppelverwertung der bandenmäßigen Begehung beinhalten könnte. Graf Jäger Bellay Cirener Hohoff

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2017 - 1 StR 491/17

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 243/08
vom
24. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
24. Juli 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2007, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in drei Fällen und der Beihilfe zum versuchten schweren Bandendiebstahl schuldig ist,
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen brachen die Mitangeklagten R. , H. und M. in Tankstellen oder Lebensmittelmärkte ein und entwendeten daraus Tresore sowie Zigaretten. In einigen Fällen blieb es beim Versuch. Fünf dieser Taten förderte der Angeklagte dadurch, dass er absprachegemäß die zu ihm gebrachten Tresore in seiner Werkstatt aufschweißte und anschließend entsorgte bzw. - im Fall des Versuchs - einen solchen Tatbeitrag zuvor zugesagt hatte. Für zwei Einbruchsdiebstähle stellte er zudem seinen Transporter zur Verfügung. Die jeweils in den Tresoren enthaltenen Geldbeträge zwischen 4.000 und 25.000 Euro teilten die Mitangeklagten R. , H. und M. unter sich auf, während der Angeklagte für das Aufschweißen und Entsorgen der Tresore jeweils einen Betrag zwischen 400 und 500 Euro erhielt. In einer Nacht (Fälle II. 7. und 8. der Urteilsgründe) entwendeten die Mitangeklagten nacheinander aus zwei Tankstellen jeweils einen Tresor. Anschließend brachten sie beide Tresore zu dem Angeklagten, der sie gegen die übliche Entlohnung aufschweißte und entsorgte.
3
Das Landgericht hat dem Angeklagten alle Taten, an denen er beteiligt war, als Mittäter zugerechnet. Außerdem hat es in den Fällen II. 7. und 8. der Urteilsgründe das Aufschweißen der zwei aus verschiedenen Einbruchsdiebstählen stammenden Tresore als in Tatmehrheit (§ 53 Abs. 1 StGB) zueinander stehende Einzeltaten bewertet.
4
2. Die rechtliche Wertung des Landgerichts hält zum Teil der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte lediglich der Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl (§ 242 Abs. 1, § 244 a Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB) in drei Fällen sowie der Beihilfe zum versuchten schweren Bandendiebstahl (§ 242 Abs. 1, § 244 a Abs. 1, §§ 22, 27 Abs. 1 StGB) schuldig.
5
a) Schließen sich mehrere Täter - wie vom Landgericht auch hinsichtlich des Angeklagten rechtsfehlerfrei angenommen - zu einer Bande zusammen, um fortgesetzt Diebstähle nach § 242 Abs. 1, § 244 a Abs. 1 StGB zu begehen, hat dies nicht zur Folge, dass jede von einem der Bandenmitglieder aufgrund der Bandenabrede begangene Tat den anderen Bandenmitgliedern ohne weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftat im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Vielmehr ist für jede einzelne Tat nach den allgemeinen Kriterien festzustellen, ob sich die anderen Bandenmitglieder hieran als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt oder ob sie gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet haben. Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft an bzw. Beihilfe zu der jeweiligen Einzeltat ist in wertender Betrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen, die von der Vorstellung des jeweiligen Bandenmitglieds umfasst sind. Maßgeblich sind dabei insbesondere sein Interesse an der Durchführung der Tat sowie der Umfang seiner Tatherrschaft oder jedenfalls sein Wille Tatherrschaft auszuüben, d. h. ob objektiv oder jedenfalls aus seiner Sicht die Ausführung der Tat wesentlich von seiner Mitwirkung abhängt (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 265, 267; Fischer, StGB 55. Aufl. § 25 Rdn. 12 und § 244 Rdn. 19 a).
6
Nach diesen Kriterien sind die festgestellten Tatbeiträge des Angeklagten als Beihilfehandlungen zu werten. Diese beschränkten sich mit dem Aufschweißen der angelieferten Tresore und dem Überlassen des Transporters auf unterstützende Tätigkeiten. Die Einbrüche in die Tankstellen und die Lebensmittelmärkte sowie die Entwendung der Tresore erfolgten durch andere Bandenmitglieder , die über deren Durchführung und die Auswahl der Tatobjekte ohne den Angeklagten entschieden, der nur über die bevorstehende Anlieferung der Tresore unterrichtet wurde. Für das Aufschweißen bekam der Angeklagte jeweils nur einen angesichts der Tatbeute vergleichsweise geringen Betrag als Entlohnung. Unter diesen Umständen ist eine Tatherrschaft des Angeklagten ebenso wenig erkennbar wie sein Wille hierzu.
7
b) In den Fällen II. 7. und 8. der Urteilsgründe hat der Angeklagte die zwei selbständigen Haupttaten durch eine Unterstützungshandlung gefördert, so dass auch nur eine Beihilfe vorliegt. Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage , ob die einzelnen Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen , für jeden der Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden (BGH NStZ-RR 2003, 265, 267). Hat ein Gehilfe, der an der unmittelbaren Ausführung der Taten nicht beteiligt war, einen mehrere Einzeldelikte fördernden einheitlichen Tatbeitrag erbracht, werden ihm insoweit die jeweiligen Taten der Haupttäter nur als tateinheitlich begangen zugerechnet, weil sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die Haupttäter die ihnen zurechenbaren Taten tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Belang (vgl. BGH wistra 2001, 336, 337 m. w. N; Fischer aaO vor § 52 Rdn. 34, 36).
8
Ein die zwei Einbruchsdiebstähle fördernder einheitlicher Tatbeitrag des Angeklagten ist festgestellt. Er sagte - wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt - vor deren Durchführung zu, die Tresore, die in dieser Nacht erbeutet werden, aufzuschweißen. Die Tresore wurden zusammen angeliefert und vom Angeklagten unmittelbar nacheinander geöffnet.
9
3. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Taten führen. Er ändert deshalb den Schuldspruch entsprechend (§ 354 Abs. 1 StPO). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
10
4. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe. Die Feststellungen zum Strafausspruch sind rechtsfehlerfrei getroffenen und können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende weitere Feststellungen, die hierzu nicht in Widerspruch stehen, sind zulässig.
Becker Miebach von Lienen Sost-Scheible Hubert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 665/11
vom
26. April 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. April
2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 10. Juni 2011 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Bandendiebstahls und der Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in jeweils vier Fällen sowie des Diebstahls schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Von der Auferlegung der Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens wird abgesehen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Einbeziehung von weiteren zwei Urteilen wegen schweren Bandendiebstahls in neun Fällen sowie wegen Diebstahls zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es eine Adhäsionsentscheidung getroffen.
2
Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte, wirksam auf die Verurteilung wegen schweren Bandendiebstahls beschränkte Revision des Angeklagten hat lediglich den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts schloss sich der Angeklagte spätestens im Sommer 2009 mit einer Reihe anderer, gesondert abgeurteilter Personen zusammen, um in wechselnder Beteiligung bei geeigneten Gelegenheiten Fahrräder, Metall, Werkzeuge aus Baucontainern sowie Wertgegenstände aus Wohnungen im Raum H. zu entwenden. Die Beteiligten trafensich vor Begehung ihrer Taten zufällig und immer in Gruppen von drei bis fünf Personen. Diese fassten auf der Grundlage der ursprünglichen Verabredung ohne Rücksprache mit den anderen, nicht an der betreffenden Tat beteiligten Mitgliedern der Gruppe jeweils spontan den konkreten Tatentschluss. Alle Täter beabsichtigten , sich durch die Straftaten eine auf Dauer angelegte Einnahmequelle von erheblichem Umfang zu verschaffen, und bestritten aus den Taten einen Großteil ihres Lebensunterhaltes sowie ihren Drogenkonsum.
4
2. In Ausführung dieser Abrede verübten die Täter, jeweils unter Beteiligung des Angeklagten, folgende, im Einzelnen festgestellte Straftaten:
5
a) In der Absicht, sich Zutritt zur Wohnung der damals 86 Jahre alten Geschädigten M. zu verschaffen, halfen ihr die gesondert verfolgten T. und S. am 23. Dezember 2009 auf ihrem Rückweg vom Einkauf beim Tragen der Einkaufstaschen. Sie gelangten so in die Wohnung und entwendeten Bargeld in Höhe von 250 Euro. Der Angeklagte stand währenddessen vor dem Haus, um zu verhindern, dass jemand die Wohnung betrat und T. und S. bei der Tatausführung störte. Der Angeklagte erhielt zumindest eine Belohnung in Form von kostenlosen Lebensmitteln (Fall III. 1 der Urteilsgründe).
6
b) Am 20. Januar 2010 verschafften sich S. und T. Zugang zur Wohnung der abwesenden Geschädigten F. , um Bargeld und wertvolle Gegenstände zu entwenden. Der Angeklagte hielt im Hausflur Wache, während T. und S. zwei Armbanduhren aus der Wohnung mitnahmen. Der Angeklagte erhielt seinen Lohn erneut in Form von kostenlosen Lebensmitteln (Fall III. 2 der Urteilsgründe).
7
c) Am 28. Januar 2010 begab sich der Angeklagte unter einem Vorwand zum Haus der Geschädigten P. , nachdem er und T. sowie S. die erkennbar gebrechliche Frau zuvor beim Abheben von Geld in einer Sparkassenfiliale beobachtet hatten. Da die Geschädigte dem Angeklagten den Zutritt zu ihrer Wohnung verweigerte, so dass dieser eine mögliche Anwesenheit Dritter und das Vorhandensein von Wertgegenständen nicht feststellen konnte, brachen T. und S. die Kelleraußentür des Hauses der Geschädigten auf, nachdem diese sich zum Schlafen gelegt hatte. Absprachegemäß passte der Angeklagte vor dem Haus auf; er sollte die beiden anderen gegebenenfalls mit Hilfe seines Mobiltelefons warnen. Die Täter brachten eine Geldkassette mit einer Armbanduhr, Münzen, einem Sparbuch und persönlichen Papieren der Geschädigten an sich. Von dem Erlös aus dem Verkauf der Beute erhielt der Angeklagte einen Geldbetrag in Höhe von 20 bis 30 Euro (Fall III. 3 der Urteilsgründe ).
8
d) In der Nacht vom 22. auf den 23. Februar 2010 hebelten T. , S. und der Angeklagte absprachegemäß das Tor zum Gartengelände des Geschädigten Po. aus den Angeln. S. entwendete anschließend aus dem unverschlossenen Gartenhaus eine Kettensäge sowie mindestens vier Werkzeugkoffer im Gesamtwert von 1.200 Euro. Der Angeklagte blieb an der Gartenumzäunung zurück und hielt während der Tatausführung Wache. Seine Entlohnung bestand erneut im Erhalt kostenloser Lebensmittel (Fall III. 4 der Urteilsgründe).
9
e) In der Nacht des 8. Juni 2010 versuchten T. , S. und der weitere gesondert verfolgte St. von einer Baustelle in der Nähe des Busbahnhofs von H. Stromkabel im Gesamtwert von 4.400 Euro zu entwenden , wobei der Angeklagte den Tatort absicherte. Der Abtransport der schweren Beutegegenstände gelang jedoch erst unter Zuhilfenahme eines von S. und St. herbeigeschafften Kraftfahrzeugs. Mit diesem Fahrzeug transportierten der Angeklagte sowie die gesondert verfolgten St. , T. und S. die Stromkabel zu dem Keller eines „Mu. “. Daraufhin besorgte der Angeklagte ein Teppichmesser, mit dessen Hilfe die übrigen Beteiligten die Ummantelung der Kabel aufschlitzten und entfernten, um an die innenliegenden Kupferdrähte zu gelangen, die im Anschluss gewinnbringend verkauft wurden. Der Angeklagte erhielt aus dem Verkaufserlös mindestens 70 Euro (Fall III. 5 der Urteilsgründe).
10
f) Zu nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkten zwischen dem 17. und dem 23. Juni 2010 entwendeten der Angeklagte sowie S. , T. und St. insgesamt vier teilweise hochwertige Fahrräder, indem sie die Sicherheits-Spiralschlösser der abgestellten Räder durchtrennten; in einem Fall verschafften sie sich zuvor Zugang zu dem Fahrradkeller eines Mehrfamilienhauses. Eines der Fahrräder verbrachte der Angeklagte in den Keller der Wohnung des T. und später auf einen Flohmarkt, wo sämtliche entwendeten Fahrräder für mindestens 300 Euro verkauft wurden. Aus dieser Summe erhielt der Angeklagte eine Entlohnung in Höhe von 50 Euro (Fall III. 6 der Urteilsgründe ).
11
g) Am 21. Juni 2010 entwendeten der Angeklagte sowie die gesondert verfolgten T. und St. weitere zwei Fahrräder nach Durchtrennung der Sicherheitsschlösser, wobei der Angeklagte in beiden Fällen die Aufgabe hatte, Wache zu halten. Auch hier wurde er durch kostenlose Lebensmittel entlohnt (Fälle III. 7 und 8 der Urteilsgründe).
12
h) In der Nacht des 6. Juli 2010 entwendeten die gesondert verfolgten S. , St. und T. mehrere in Koffern verpackte Elektrowerkzeuge aus einem Schuppen, wobei der Angeklagte mit dem gesondert verfolgten D. während der Tat in einem Fahrzeug Wache hielt, das zum Abtransport der Beute bestimmt war. Auch in diesem Fall erhielt der Angeklagte als Lohn für seinen Tatbeitrag kostenlose Lebensmittel (Fall III. 9 der Urteilsgründe).

II.


13
Die Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangenen schweren Bandendiebstahls ist in den Fällen III. 3, 4, 5 und 6 der Urteilsgründe aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
14
1. Das Landgericht hat die Voraussetzungen einer Bande im Sinne der Strafvorschriften über den (schweren) Bandendiebstahl rechtsfehlerfrei dargelegt.
15
Der Annahme bandenmäßiger Tatbegehung steht es insbesondere nicht entgegen, dass, wie im vorliegenden Fall, nicht alle an der betreffenden Abrede beteiligten Personen an sämtlichen Bandentaten teilnehmen sollten und dass nicht alle Bandenmitglieder am Erlös sämtlicher Taten beteiligt waren (vgl.
Fischer, StGB, 59. Aufl., § 244 Rn. 36a m.w.N.). Im Hinblick auf die im angefochtenen Urteil festgestellte grundsätzliche Übereinkunft, zukünftig bei günstiger Gelegenheit Bandentaten zu begehen, wird die Bandenmitgliedschaft des Angeklagten auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass er die einzelnen Straftaten spontan in wechselnder Beteiligung mit den anderen Tätern durchführte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. Dezember 2007 – 2 StR 372/07, NStZ 2009, 35,

36).


16
2. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts war der Angeklagte in den Fällen III. 3, 4, 5 und 6 an den Taten auch jeweils als Mittäter und nicht lediglich als Gehilfe beteiligt.
17
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Bandenmitgliedschaft einerseits und die Beteiligung an einer Bandentat andererseits unabhängig voneinander zu beurteilen. Ebenso wie nicht jeder Beteiligte an einer von einer Bande ausgeführten Tat hierdurch schon zum Bandenmitglied wird, ist umgekehrt nicht jeder Beteiligte an einer Bandentat schon deshalb als deren Mittäter anzusehen (Senatsbeschluss vom 15. Januar 2002 – 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214, 216; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 244 Rn. 39 m.w.N.). Schließen sich mehrere Täter zu einer Bande zusammen, um fortgesetzt Diebstähle im Sinne der § 242 Abs. 1, § 244a Abs. 1 StGB zu begehen, hat dies nicht zur Folge, dass jede von einem der Bandenmitglieder auf Grund der Bandenabrede begangene Tat den anderen Bandenmitgliedern ohne weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftat im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Vielmehr ist für jede einzelne Tat nach den allgemeinen Kriterien festzustellen, ob sich die anderen Bandenmitglieder hieran als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt und ob sie gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Beitrag geleistet haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. Juli 2008 – 3 StR 243/08, StV 2009, 130). Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft an bzw. Beihilfe zu der jeweiligen Einzeltat ist in wertender Betrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen, die von der Vorstellung des jeweiligen Bandenmitglieds umfasst sind. Maßgeblich sind dabei insbesondere sein Interesse an der Durchführung der Tat sowie der Umfang seiner Tatherrschaft oder jedenfalls sein Wille, Tatherrschaft auszuüben, was sich danach beurteilt, ob objektiv oder jedenfalls aus der Sicht des Täters die Ausführung der Tat wesentlich von seiner Mitwirkung abhängt (BGH, Beschluss vom 24. Juli 2008 aaO; BGH, Beschluss vom 13. Mai 2003 – 3 StR 128/03, NStZ-RR 2003, 265, 267).
18
b) Gemessen daran rechtfertigen die vom Landgericht zu Art und Umfang der Tatbeteiligung des Angeklagten getroffenen Feststellungen in den Fällen III. 3, 4, 5 und 6 der Urteilsgründe den Schuldspruch wegen (mittäterschaftlich begangenen) schweren Bandendiebstahls. Denn in diesen Fällen beschränkten sich die Aktivitäten des Angeklagten nicht lediglich darauf, die Durchführung der jeweiligen Diebstahlstat durch „Schmierestehen“ abzusichern. Im Fall III. 3 der Urteilsgründe ergriff der Angeklagte vielmehr die Initiative zur Auskundschaftung der Wohnung der Geschädigten, indem er unter einem Vorwand an ihrer Wohnungstür klingelte, um sich Zutritt zu verschaffen. Im Fall III. 4 der Urteilsgründe wirkte er mit den gesondert verfolgten S. und T. zunächst daran mit, das Gartentor aus den Angeln zu heben, und ermöglichte somit den anderen Tatbeteiligten den Zugang zum unverschlossenen Gartenhaus des Geschädigten Po. . Auch im Fall III. 5 der Urteilsgründe ging der Tatbeitrag des Angeklagten über die bloße Absicherung der Tatdurchführung hinaus. Zur Sicherung der Beute transportierte der Angeklagte mit den gesondert verfolgten St. , T. und S. die erbeuteten Stromkabel zu einem Versteck und besorgte dann ein Teppichmesser, mit dessen Hilfe man die wertvollen Kupferdrähte freilegte. Im Fall III. 6 der Urteilsgründe wirkte der Angeklagte an der Entwendung der Fahrräder unmittelbar mit, fuhr nach Durchführung der Tat mit einem der entwendeten Fahrräder weg und verbrachte es in den Keller des gesondert verfolgten T. . Nach Einbruch der Dunkelheit sorgte er für den Transport dieses Fahrrads zu einem Flohmarkt, wo sämtliche Fahrräder gewinnbringend verkauft wurden. Angesichts dieser vom Landgericht festgestellten gewichtigen Tatbeiträge des Angeklagten fällt der vom Generalbundesanwalt zur Begründung seiner abweichenden Rechtsauffassung hervorgehobene Umstand, dass die Beuteanteile des Angeklagten jeweils vergleichsweise gering waren, nicht entscheidend ins Gewicht.

III.


19
Hingegen kann der Schuldspruch in den Fällen III. 1, 2, 7, 8 und 9 der Urteilsgründe nicht bestehen bleiben.
20
1. Nach den Feststellungen beschränkte sich der vom Angeklagten jeweils geleistete Tatbeitrag in diesen Fällen auf die Absicherung der Tatausführung , also auf eine Tathandlung von untergeordneter Bedeutung. In diesen Fällen ist der Angeklagte – auch unter Berücksichtigung seiner durch diese Taten erlangten, nur geringen materiellen Vorteile – jeweils nur als Gehilfe eines schweren Bandendiebstahls anzusehen.
21
2. Auch die Annahme der Strafkammer, die Diebstahlstaten in den Fällen III. 7 und 8 der Urteilsgründe stünden zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB), begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
22
Der Generalbundesanwalt weist zutreffend darauf hin, dass die Fahrräder der Geschädigten E. und G. nach den Feststellungen von den gesondert verfolgten St. und T. im Zuge einer Tatausführung im unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang unter Einsatz eines mitgeführten Bolzenschneiders entwendet wurden. In einem solchen Fall liegt regelmäßig nur eine Diebstahlstat vor, so dass der Angeklagte sich insoweit auch nur einer Beihilfe – durch Absicherung der Tatausführung von einem Fahrzeug aus – schuldig gemacht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 14. März 1969 – 2 StR 64/69, BGHSt 22, 350, 351; Beschluss vom 10. Februar 2009 – 3 StR 3/09, NStZ-RR 2009, 278; SSW-StGB/Kudlich, § 242 Rn. 61).

IV.


23
Entgegen der von der Revision in der Hauptverhandlung dargelegten Auffassung gefährdet die danach erforderliche Änderung des Schuldspruchs den Bestand der vom Landgericht verhängten Einheitsjugendstrafe nicht.
24
Zwar hat die Strafkammer bei der nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebotenen Parallelwertung nach Erwachsenenstrafrecht (vgl. nur BGH, Beschluss vom 4. November 1987 – 3 StR 482/87, BGHR JGG § 18 Abs. 1 Satz 3 m.w.N.) zu Lasten des Angeklagten darauf abgestellt, dass alle Taten des schweren Bandendiebstahls nicht als minder schwere Fälle im Sinne des § 244a Abs. 2 StGB zu werten gewesen wären. Den ausführlichen Strafzumessungserwägungen entnimmt der Senat jedoch, dass der Tatrichter die Verhängung der Strafe in der erkannten Höhe insbesondere aus erzieherischen Gründen für geboten erachtet hat. In den Urteilsgründen wird ferner die insgesamt untergeordnete Stellung des Angeklagten innerhalb der Bande und das vergleichsweise geringe Gewicht seiner Tatbeiträge zu seinen Gunsten ebenso hervorgehoben wie der Umstand, dass die ihm aus den Taten zugeflossenen Vorteile ebenfalls von eher untergeordneter Bedeutung waren. Der Senat kann deshalb ausschließen, dass das Landgericht auf eine geringere Jugendstrafe erkannt hätte, wenn es den Angeklagten in den genannten Fällen lediglich der Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl schuldig gesprochen und in den Fällen III. 7 und 8 das Konkurrenzverhältnis zutreffend beurteilt hätte.
Ernemann Cierniak Franke
Schmitt Quentin

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

4
a) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter , Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen , nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden , sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschluss vom 2. Juli 2014 – 4 StR 176/14, wistra 2014, 437).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR176/14
vom
2. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 2. Juli 2014 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 19. September 2013, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Wohnungseinbruchdiebstahls in zwölf Fällen und der Beihilfe zum Wohnungseinbruchdiebstahl schuldig ist;
b) hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen II.1 bis 7 und 10 bis 14 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in 19 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich der Angeklagte gegen die Verurteilung. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und in deren Folge zu einer Teilaufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch wegen mittäterschaftlich begangenen Wohnungseinbruchdiebstahls im Fall II.1 der Urteilsgründe hat keinen Bestand. Die zu diesem Fall getroffenen Feststellungen, nach denen der Angeklagte entsprechend einer tags zuvor erfolgten Verabredung die Täter eines Wohnungseinbruchdiebstahls ohne feststellbare Beteiligung an der Tatbeute mit seinem Pkw in die Nähe des Tatortes fuhr, sie dort absetzte und einen der Täter nach der Tat wieder abholte, belegen – anders als in den weiteren abgeurteilten Fällen , in denen die Strafkammer mit rechtsfehlerfreien Erwägungen eine mittäterschaftliche Tatbeteiligung des Angeklagten angenommen hat – lediglich die Förderung fremden Tuns. Umstände, die nach den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe entwickelten Grundsätzen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2012 – 2 StR 395/12, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 36; Urteil vom 15. Januar 1991 – 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291) bei wertender Betrachtung für eine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten an dieser Tat sprechen könnten , lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen.
3
2. Die Annahme von jeweils selbständigen, real konkurrierenden Taten des Wohnungseinbruchdiebstahls in den Fällen II.2 und 3, II.5 bis 7, II.10 und 11 sowie II.12 bis 14 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
4
Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen , bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschlüsse vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146; vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, NStZ 2013, 641).
5
In den Fällen II.2 und 3, II.5 bis 7, II.10 und 11 sowie II.12 bis 14 der Urteilsgründe hat die Strafkammer eine individuelle, nur jeweils diese Taten fördernde Mitwirkung des Angeklagten nicht festgestellt. Sein Tatbeitrag erschöpft sich nach der Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Urteil vielmehr jeweils darin, seinen Tatgenossen an den verschiedenen Tattagen mit dem Pkw in zur Begehung von Einbruchstaten geeignet erscheinende Wohngebiete zu fahren, ihn dort abzusetzen und nach Begehung von mehreren Einbrüchen in Wohnungen in Tatortnähe wieder abzuholen. Die Fälle II.2 und 3, II.5 bis 7, II.10 und 11 sowie II.12 bis 14 der Urteilsgründe, in denen der vom Angeklagten in Tatortnähe abgesetzte und später wieder abgeholte Tatgenosse jeweils zwei bzw. drei Wohnungseinbrüche beging, sind daher für den Angeklagten konkurrenzrechtlich jeweils zu einheitlichen Taten des Wohnungseinbruchdiebstahls zusammenzufassen.
6
3. Da ergänzende tatsächliche Feststellungen, welche eine mittäterschaftliche Tatbegehung im Fall II.1 der Urteilsgründe oder eine andere Beurteilung der Konkurrenzfrage rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
7
Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der Einzelstrafaussprüche in den Fällen II.1 bis 7 und 10 bis 14 sowie der Gesamtstrafe zur Folge. Die den aufgehobenen Einzelstrafaussprüchen und der Gesamtstrafe zu Grunde liegenden tatsächlichen Feststellungen können bestehen bleiben. Ergänzende, zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehende Feststellungen durch den neuen Tatrichter bleiben möglich. Der Senat weist darauf hin, dass die für die konkurrenzrechtlich einheitlichen Taten des Wohnungseinbruchdiebstahls neu festzusetzenden Einzelstrafen auf Grund des Verschlechterungsverbots des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO die Summe der bisherigen Einzelstrafen, die im angefochtenen Urteil jeweils für die fehlerhaft als selbständige Taten bewerteten Fälle verhängt worden sind, nicht übersteigen dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2002 – 1 StR 313/02, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12 mwN; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 358 Rn. 30 mwN).
VRi'inBGH Sost-Scheible befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Cierniak Cierniak Mutzbauer Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 29/13
vom
30. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 20. Dezember 2012 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Bandendiebstahls in zehn Fällen und des versuchten schweren Bandendiebstahls schuldig ist. Die Einzelstrafen in den Fällen II. 6 und 10 der Urteilsgründe entfallen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in 13 Fällen, wobei es in drei Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Annahme von jeweils selbständigen real konkurrierenden Diebstahlstaten in den Fällen II. 6 und 7 sowie II. 9 und 10 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen fuhren die gesondert Verurteilten V. , R. und S. am 2. Dezember 2011 auf Veranlassung des Angeklagten nach M. , um dort auf Diebestour zu gehen. Nachdem sie vergeblich versucht hatten, sich gewaltsam Zutritt zu einer Wohnung zu verschaffen, flüchteten sie. Die Gruppe beschloss unmittelbar anschließend am selben Abend, ihre Diebestour in H. fortzusetzen. Dort entwendeten sie Bargeld und Wertgegenstände aus der Wohnung eines Geschädigten und kehrten anschließend zur Wohnung des Angeklagten zurück (Fälle II. 6 und 7 der Urteilsgründe). Am 9. Dezember 2011 begaben sich zwei Gruppen getrennt voneinander jeweils auf Veranlassung des Angeklagten in H. auf Diebestour. Eine Gruppe entwendete Bargeld und Wertgegenstände aus der Wohnung eines Geschädigten, während die andere Gruppe beim Aufhebeln des Fensters zu einer Wohnung gestört wurde, sodass die Beteiligten ohne Beute flüchteten (Fälle II. 9 und 10 der Urteilsgründe).
4
b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen , bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatge- nossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11, wistra 2012, 146).
5
In den Fällen II. 6 und 7 der Urteilsgründe hat die Strafkammer eine individuelle , nur jeweils diese Taten fördernde Mitwirkung des Angeklagten nicht festgestellt. Sein Tatbeitrag erschöpfte sich vielmehr darin, als Hintermann die Tatgenossen am Tattag auf Einbruchstour zu schicken. Diese Fälle sind daher konkurrenzrechtlich zu einer Tat des schweren Bandendiebstahls zusammenzufassen. Nichts anderes gilt für die am 9. Dezember 2011 verwirklichten Taten (II. 9 und 10 der Urteilsgründe). Soweit diese dadurch gefördert wurden, dass der Angeklagte gleichzeitig die beiden Gruppen veranlasste, auf Diebestour zu gehen, stellt dieses Verhalten entweder bereits nur eine Handlung dar; jedenfalls aber bilden diese Förderungsbeiträge des Angeklagten eine natürliche Handlungseinheit, sodass auch hinsichtlich dieser Fälle Tateinheit gemäß § 52 Abs. 1 StGB gegeben ist.
6
c) Da ergänzende tatsächliche Feststellungen, welche eine andere Beurteilung der Konkurrenzfrage rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen , weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
7
Infolge der Schuldspruchänderung entfallen die Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und vier Monaten in den Fällen II. 6 und 10 der Urteilsgründe. Die Einzelstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten im Fall II. 7 der Urteilsgründe und von zwei Jahren und zehn Monaten im Fall II. 9 der Urteilsgründe bleiben jeweils als alleinige Einzelstrafen bestehen. Einer Aufhebung der Gesamtstrafe bedarf es nicht. Der Senat kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen – je eine Einzelstrafe von drei Jahren und von einem Jahr und vier Monaten sowie jeweils drei Einzelstrafen in Höhe von zwei Jahren und vier Monaten, zwei Jahren und sechs Monaten und von zwei Jahren und zehn Monaten – ausschließen , dass die Strafkammer bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses , die den Unrechts- und Schuldgehalt des Tuns des Angeklagten unberührt lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – 4 StR 514/11 aaO), auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
8
2. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

4
a) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter , Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen , nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden , sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 182 f.; Beschluss vom 2. Juli 2014 – 4 StR 176/14, wistra 2014, 437).
7
c) Der Senat ändert den Schuldspruch unter Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit entsprechend ab (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 1996 – 4 StR 166/96, NStZ 1996, 493; Beschluss vom 24. September 2014, aaO). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.