Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2018 - 1 StR 606/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:060218B1STR606.17.0
bei uns veröffentlicht am06.02.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 606/17
vom
6. Februar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:060218B1STR606.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. Februar 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 22. Mai 2017 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweier Fälle der Vergewaltigung , jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Auch die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Ergänzend bemerkt der Senat:
3
1. Die Rüge eines Verstoßes gegen § 257c StPO und § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO dringt nicht durch.
4
a) Die Revision macht geltend, der Vorsitzende der Strafkammer habe bei Gesprächen mit der Verteidigung über eine Verständigung zuge- sichert, die vorgeschlagene Vorgehensweise auch mit der Staatsanwaltschaft zu erörtern. Im Laufe der Hauptverhandlung habe sich dann herausgestellt , dass das Landgericht die der Verteidigung angebotene Lösung nicht mit der Staatsanwaltschaft erörtert habe; zudem habe eine Protokollierung der Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung nicht stattgefunden. Nur weil es die Strafkammer unterlassen habe, der Verteidigerin mitzuteilen , dass die weiteren Verfahrensbeteiligten nicht in die geplante Verständigung einbezogen worden seien, habe der Angeklagte in dem Glauben , auch diese seien über die seitens der Strafkammer angeregte und geplante Verfahrensabsprache unterrichtet und mit der Vorgehensweise einverstanden, seine Zustimmung zur Verständigung angekündigt. Von dieser Ankündigung des Angeklagten habe sich die Strafkammer „gedanklich“ nicht mehr lösen können und sei deshalb von einem geständigen bzw. „schuldigen“ Angeklagten ausgegangen.
5
b) Zum Verfahrensgeschehen trägt die Revision im Wesentlichen Folgendes vor:
6
Bei Beginn der Hauptverhandlung habe der Angeklagte die Tatvorwürfe im Rahmen einer Verteidigererklärung bestritten. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei „Druck“ auf den Angeklagten ausgeübt worden, indem ihm für das Ablegen eines Geständnisses ohne weitere strafzumessungsrelevante Faktoren eine Reduktion der Strafe von 14 bis 26 Monaten angeboten worden sei. Im weiteren Verlauf habe dann der Vorsitzende die Verteidigerin des Angeklagten in der Gerichtscafeteria angesprochen und für den Fall eines Geständnisses eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Strafausset- zung zur Bewährung angeboten. Da die Staatsanwaltschaft in dieses „Gespräch“ nicht eingebunden gewesen sei, habe die Verteidigerin den Vorsit- zenden nochmals in dessen Büro aufgesucht und nachgefragt, ob dieses „Angebot“ tatsächlich ernst gemeint gewesen sei. Sie habe um Unterrich- tung der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage gebeten, bevor dieses Angebot mit dem Angeklagten im Rahmen eines Haftbesuches erörtert werde. Der Vorsitzende habe ihr mitgeteilt, er werde ihr rechtzeitig Bescheid geben, falls diese Verständigung nicht zustande komme. Selbst als die Verteidigerin telefonisch mitgeteilt habe, der Angeklagte könne sich eine solche Verfahrenslösung vorstellen, sei keine Klarstellung durch den Vorsitzenden erfolgt, dass eine Erörterung mit den weiteren Verfahrensbeteiligten nicht stattgefunden habe. Aktenvermerke über die Einzelgespräche seien nicht gefertigt worden. Es sei lediglich später eine in der Hauptverhandlung erfolgte Mitteilung des Vorsitzenden über den Inhalt eines zuvor in einer Sitzungspause stattgefundenen Rechtsgesprächs protokolliert worden , in welchem der Vorsitzende über die vorangegangenen, jeweils einzeln mit Verfahrensbeteiligten geführten, Gespräche berichtet habe.
7
c) Ein den Angeklagten beschwerender Verstoß gegen die Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO liegt nicht vor.
8
aa) Der Vorsitzende unterrichtete die Verfahrensbeteiligten in dem in einer Sitzungspause geführten Rechtsgespräch über die vorangegangenen im Hinblick auf eine mögliche Verständigung geführten Einzelgespräche und teilte den Inhalt dieses Rechtsgesprächs in der Hauptverhandlung mit, was in der Sitzungsniederschrift protokolliert wurde. Sowohl die Verfahrensbeteiligten als auch die Öffentlichkeit erlangten hierdurch Kenntnis vom wesentlichen Inhalt der Erörterungen, deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung im Sinne des § 257c StPO gewesen ist (§ 243 Abs. 4 StPO).
9
Angesichts dieser Mitteilung der Verständigungsgespräche in öffentlicher Hauptverhandlung bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass von der Strafkammer eine unzulässige informelle Verständigung beabsichtigt gewesen sein könnte.
10
bb) Sofern mit der Verfahrensrüge auch beanstandet werden sollte, die Mitteilung gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO sei nicht rechtzeitig erfolgt, ist sie bereits nicht zulässig erhoben. Zwar ist eine solche Mitteilung gegenüber dem Angeklagten in der Regel unverzüglich zu machen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Dezember 2015 – 3 StR 163/15, Rn. 26 und vom 27. Januar 2015 – 1 StR 393/14, NStZ 2015, 353). Der Beschwerdeführer teilt jedoch nicht mit – was aber erforderlich wäre (vgl. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) – wann die Kontaktaufnahme des Vorsitzenden und die Einzelgespräche mit den einzelnen Verfahrensbeteiligten stattgefunden haben.
11
Die Rüge wäre auch unbegründet, weil auszuschließen ist, dass der die Tatvorwürfe bestreitende Angeklagte die Mitteilung, mit den anderen Verfahrensbeteiligten seien noch keine Verständigungsgespräche geführt worden, zum Anlass genommen hätte, sich nun geständig einzulassen.
12
d) Soweit als Fairnessverstoß geltend gemacht wird, die Strafkammer habe es pflichtwidrig unterlassen, der Verteidigung rechtzeitig mitzuteilen , dass die weiteren Verfahrensbeteiligten nicht in die geplante Verständigung einbezogen waren, kann die Verfahrensrüge ebenfalls keinen Erfolg haben. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Landgericht hierzu überhaupt verpflichtet war. Jedenfalls ist die hieran anknüpfende Beanstandung der Revision unbegründet, die Strafkammer habe sich von der im Vertrauen auf das Einverständnis der anderen Verfahrensbeteiligten abgegebenen Mitteilung des Angeklagten, der Verständigung beizutreten und für diesen Fall ein Geständnis abzulegen, im Laufe der weiteren Verhandlung „gedanklich“ nicht mehr lösen können.
13
Eine Verständigung gemäß § 257c StPO ist – wie auch die Revision nicht in Abrede stellt – nicht zustande gekommen. Infolgedessen ist das Landgericht ausweislich der Urteilsgründe in der Beweiswürdigung auch vom Bestreiten der Tatvorwürfe durch den Angeklagten bzw. dessen Nichteinlassung ausgegangen (UA S. 19 f.). Angesichts dessen ist die Annahme der Revision, die Strafkammer könne die Erklärung des Angeklagten, der Verständigung beizutreten und für diesen Fall ein Geständnis abzulegen, „gedanklich“ seiner Überzeugungsbildung zugrunde gelegt haben und deshalb von einem geständigen bzw. „schuldigen“ Angeklagten ausgegangen sein, nicht nur nicht bewiesen, sondern auch fernliegend.
14
e) Sollte mit der Verfahrensrüge auch geltend gemacht werden, das Landgericht sei zum Nachteil des Angeklagten von einem zuvor geschaffenen Vertrauenstatbestand abgewichen, könnte die Revision mit dieser Verfahrensbeanstandung ebenfalls nicht durchdringen.
15
Die Revision macht zwar geltend, der Beitritt des Angeklagten zu dem Verständigungsangebot des Vorsitzenden sei im Vertrauen auf die Zusage der Strafkammer erfolgt, die weiteren Verfahrensbeteiligten seien unterrichtet und die Verständigung käme zustande (s. Schriftsatz der Verteidigung vom 15. Januar 2018). Die Schaffung eines Vertrauenstatbestands für den Angeklagten im Sinne einer bindenden Zusicherung des Landgerichts an die Einhaltung eines in Aussicht gestellten Strafrahmens wird hierdurch jedoch weder konkret dargelegt, noch ist eine solche bewiesen.
16
Außerhalb einer Verständigung gemäß § 257c StPO besteht keine Bindung des Tatgerichts an den von ihm für den Fall des Zustandekommens einer Absprache in Aussicht gestellten Strafrahmen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2017 – 5 StR 176/17, NStZ-RR 2017, 351 mwN). Der Angeklagte musste daher, als er mitteilte, dem Verständigungsvorschlag des Vorsitzenden beitreten zu wollen, in Betracht ziehen, dass eine Verständigung auf dieser Grundlage nicht zustande kommt. Anhaltspunkte dafür, das Landgericht habe die verbindliche Zusage abgegeben, den vom Vorsitzenden unterbreiteten Verständigungsvorschlag für sich auch für den Fall als bindend anzusehen, dass die angestrebte Verständigung nicht zustande kommt, bestehen nicht (vgl. zur Bindungswirkung von Zusagen des Gerichts auch BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 – 3 StR 39/11, BGHR StPO vor § 1/faires Verfahren Hinweispflicht 7 und Moldenhauer/Wenske, KK-StPO, 7. Aufl., § 257c Rn. 45 ff.). Da der Angeklagte trotz der Äußerungen des Vorsitzenden kein Geständnis abgelegt hat, kann jedenfalls ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf dem Verstoß gegen eine solche Zusage beruhen könnte.
17
2. Die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 6 EMRK, § 136a StPO wegen Druckausübung mit einer sog. Sanktionsschere ist ebenfalls unbegründet.
18
Soweit die Revision beanstandet, die Strafkammer habe in gesetzeswidriger Weise Druck auf den Angeklagten ausgeübt, weil die Differenz zwischen der im Falle eines Geständnisses und der nach streitiger Beweis- aufnahme zu erwartenden Strafe unverhältnismäßig groß gewesen sei, kann der Senat jedenfalls ein Beruhen des Aussageverhaltens des Ange- klagten auf einer unzulässig weiten „Sanktionsschere“ (vgl. dazu BGH, Be- schlüsse vom 14. August 2007 – 3 StR 266/07, BGHR StPO § 136a Abs. 1 Zwang 8; vom 12. Januar 2005 – 3 StR 411/04, BGHR StPO § 136a Abs. 1 Zwang 7 und vom 9. Juni 2004 – 5 StR 579/03, wistra 2004, 424) ausschließen. Trotz des Hinweises des Vorsitzenden auf die jeweiligen Strafrahmen bei geständiger Einlassung bzw. streitiger Verhandlung blieb der Angeklagte beim Bestreiten der Tatvorwürfe. Er befand sich damit ersichtlich nicht in einer Drucksituation, die ihn zur Ablegung eines Geständnisses drängte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 3 StR 431/08, BGHR StPO vor § 1/faires Verfahren Vereinbarung 26 sowie Moldenhauer/ Wenske, KK-StPO, 7. Aufl., § 257c Rn. 75 f. mwN). Dass das Landgericht ein auf die Anwendung einer „Sanktionsschere“ gestütztes Befangenheits- gesuch zu Unrecht zurückgewiesen habe (vgl. dazu BGH aaO, BGHR StPO § 136a Abs. 1 Zwang 8), macht die Revision nicht geltend. Graf Jäger Radtke Fischer Bär

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2018 - 1 StR 606/17

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 257c Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten


(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä

Strafprozeßordnung - StPO | § 243 Gang der Hauptverhandlung


(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 163/15
vom
10. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
Nebenbeteiligte:
a)
b)
wegen zu 1. - 4.: banden- und gewerbsmäßigen Betruges
zu 5.: Beihilfe zum Betrug
ECLI:DE:BGH:2015:101215U3STR163.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Dezember 2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof Hubert, Mayer, Gericke, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten L. ,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten R. ,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwältin als Vertreterin der Nebenbeteiligten S. K. ,
Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 31. Juli 2014 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten sowie den Nebenbeteiligten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten S. , K. , L. und R. jeweils wegen banden- und gewerbsmäßigen Betruges in vier Fällen (S. ), in drei Fällen (K. und L. ) bzw. in einem Fall (R. ), den Angeklagten T. wegen Beihilfe zum Betrug und den Angeklagten V. wegen Betruges zu Gesamtfreiheitsstrafen von zehn Jahren und sechs Mona- ten (S. ), acht Jahren und neun Monaten (L. ), sieben Jahren und neun Monaten (K. ) bzw. zu Freiheitsstrafen von sechs Jahren (R. ), zwei Jahren und zehn Monaten (V. ) und zwei Jahren und sechs Monaten (T. ) verurteilt. Gegen zwei weitere nicht revidierende Mitangeklagte hat es jeweils wegen Beihilfe zum Betrug auf Freiheitsstrafen erkannt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Eine von der Staatsanwaltschaft gegen fünf der Angeklagten, die beiden Nebenbeteiligten und elf weitere Drittbegünstigte beantragte Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO hat es nicht getroffen.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg; es ist unzulässig.
3
Gemäß § 344 Abs. 1 StPO hat der Beschwerdeführer die Erklärung abzugeben , inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage. Dies hat innerhalb der Revisionsbegründungsfrist gemäß § 345 Abs. 1 StPO zu geschehen; spätere klarstellende Ausführungen oder Ergänzungen sind unbeachtlich.
4
Einen den Anforderungen des § 344 Abs. 1 StPO genügenden Antrag hat die Staatsanwaltschaft innerhalb der Frist zur Begründung des Rechtsmittels nicht gestellt, denn aus der Revisionseinlegungsschrift und der Revisionsbegründung ist nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, gegen wen sich das Rechtsmittel richtet und in welchem Umfang genau Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO erstrebt werden. Das ergibt sich aus Folgendem:
5
1. Die Revision ist zunächst am 1. August 2014 nach § 341 Abs. 1 StPO - ohne jegliche namentliche Bezeichnung - gegen das acht Angeklagte betreffende Urteil insgesamt eingelegt und - in allgemeiner Form - mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet worden.
6
Mit der Revisionsbegründung vom 16. Dezember 2014 hat die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel "auf die Ablehnung einer Feststellung nach § 111i StPO" beschränkt. Im Eingang der Revisionsbegründung hat sie die acht Angeklagten aufgeführt, die Nebenbeteiligten hat sie hingegen nicht genannt. In der Begründung hat sie sodann ihren Antrag aus der Hauptverhandlung wiedergegeben , mit dem sie die Feststellung im Urteilstenor begehrt hatte, dass den Angeklagten S. , K. , L. , R. und T. sowie den beiden Nebenbeteiligten und sechs weiteren Drittbegünstigten (einer natürlichen und fünf juristischen Personen) aus den Taten Vermögenswerte zugeflossen seien und von der Anordnung von Verfall bzw. Wertersatzverfall wegen entgegenstehender Ansprüche Dritter abzusehen sei. In ihrem wiedergegebenen Antrag hatte sie weiter die Feststellung in den Urteilsgründen begehrt, dass und in welcher Höhe die fünf genannten Angeklagten, die Nebenbeteiligten und nunmehr zwölf weitere Drittbegünstigte (eine natürliche und elf juristische Personen ) mindestens Geldbeträge erlangt hätten.
7
Auf den folgenden Seiten der Revisionsbegründung hat die Staatsanwaltschaft den Tenor des landgerichtlichen Urteils sowie Feststellungen zu Zahlungen der Geschädigten und Verwendung dieser Zahlungsmittel wiedergegeben , um sodann auf fast 400 Seiten die im laufenden Verfahren angeordneten dinglichen Arreste mitzuteilen. Diese betreffen die genannten fünf Angeklagten, nur eine der beiden Nebenbeteiligten (I. S. ) und 18 Drittbegünstigte (zwei natürliche und 16 juristische Personen), von denen sechs Drittbegünstigte (eine natürliche und fünf juristische Personen) in den wiedergegebenen Anträgen der Staatsanwaltschaft bislang nicht erwähnt worden waren. Nach weiteren Ausführungen, insbesondere auch einer rechtlichen Würdigung, in der sie dargelegt hat, warum sie das Unterlassen der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO durch die Strafkammer für rechtsfehlerhaft hält, schließt die Revisionsbegründung mit dem nicht auf Personen, sondern auf Fälle bezogenen Antrag, das angefochtene Urteil "aufzuheben, soweit Feststellungen nach § 111i StPO in Bezug auf die Taten zu Ziff. 1 bis 6 der Urteilsgründe unterblieben" seien. Der Fall zu Ziff. 6 der Urteilsgründe betrifft allein den Angeklagten V. , der an den anderen abgeurteilten Taten nicht beteiligt war, hinsichtlich dessen die Staatsanwaltschaft eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung nicht begehrt hatte und in dessen Vermögen ein Arrest nicht angeordnet worden war.
8
Die Revision gegen die beiden nichtrevidierenden Angeklagten hat die Staatsanwaltschaft drei Wochen später unter dem 7. Januar 2015 zurückgenommen (Eingang beim Landgericht am 14. Januar 2015). Auf eine über den Generalbundesanwalt vermittelte Anfrage des Senats hat sie mit Schriftsatz vom 5. November 2015 mitgeteilt, dass sich das Rechtsmittel gegen die Angeklagten S. , K. , L. , R. und T. richte; gegen den Angeklagten V. bestehe kein dinglicher Arrest. Ziel der Revision sei "auch die Feststellung, dass den in der Revisionsbegründung genannten Drittbegünstigten aus den Taten Vermögenswerte zugeflossen [seien] und von der sonst gebotenen Anordnung von Verfall bzw. Wertverfallersatz gleichwohl wegen entgegenstehender Ansprüche Verletzter abgesehen" werde. Im Termin zur Revisionshauptverhandlung hat der Sitzungsvertreter des Generalbundesanwalts die Revision gegenüber dem Angeklagten V. zurückgenommen und das Rechtsmittel im Übrigen vertreten.
9
2. Innerhalb der maßgeblichen Revisionsbegründungsfrist war damit nicht ersichtlich, ob sich das Rechtmittel, gegen alle acht Angeklagten, nur gegen fünf oder - worauf der Revisionsantrag hindeutete - gegen sechs der Angeklagten richtete. Ebenso war nicht eindeutig erkennbar, ob die Nebenbeteiligten Gegner des Rechtsmittelangriffs sein sollten, denn im wiedergegebenen Antrag waren beide genannt, in der weiteren Begründung wurde aber nur der Arrestbeschluss gegenüber I. S. wiedergegeben. Der Umstand, dass gegenüber dem Angeklagten V. sowie gegenüber den nicht revidierenden Angeklagten kein Arrest bestand, wurde von der Staatsanwaltschaft als Begründung dafür genommen, dass sich das Rechtsmittel nicht gegen diese richten sollte. Gleiches müsste nach der Begründung dann auch für die Nebenbeteiligte S. K. gelten, wenn gegenüber ihr kein dinglicher Arrest vorlag. Erst recht blieb offen, ob die bislang am Verfahren nicht gemäß §§ 442, 431 StPO beteiligten Drittbegünstigten vom Rechtsmittelangriff erfasst sein sollten und wenn ja, ob die sechs oder die zwölf in den erstinstanzlichen Anträgen genannten oder auch die sechs weiteren in der Revisionsbegründung im Zusammenhang mit den Arrestbeschlüssen aufgeführten.
10
Angesichts dieser unklaren und widersprüchlichen Angaben war die Revisionsbegründung nicht in der Lage, den Umfang der Urteilsanfechtung zweifelsfrei festzulegen, womit sich das Rechtsmittel insgesamt als unzulässig erweist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. November 2009 - 2 StR 324/09, NStZ-RR 2010, 288; vom 7. November 2002 - 5 StR 336/02, NJW 2003, 839). Insoweit führte eine etwaige in dem Schriftsatz vom 5. November 2015 enthaltene Klarstellung oder die gegenüber einzelnen Angeklagten erklärte Revisionsrücknahme nicht zu einem anderen Ergebnis, weil diese erst nach Ablauf der mit Zustellung des Urteils am 2. Dezember 2014 in Lauf gesetzten Monatsfrist des § 345 Abs. 1 StPO zur Akte gelangten und damit verspätet waren.
Becker Hubert Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 9 3 / 1 4
vom
27. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betrugs
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Januar 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. Oktober 2013 werden verworfen. 2. Die Beschwerdeführer haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen Betrugs in 79 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Angeklagte V. hat es wegen Betrugs in 67 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen, sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte kümmerte sich um die Organisation der Pflege sowie die finanziellen Belange seiner seit mehreren Jahren pflegebedürftigen Mutter I. und seiner Schwester M. (beide Pflegestufe III). I. ist gesetzlich bei der T. Krankenkasse versichert, während M. zu 70 % beihilfeberechtigt und zu 30 % bei der Ba. privat versichert ist. Die beiden Pflegebedürftigen lebten gemeinsam in einer Wohnung und wurden dort von der Angeklagten V. , der vom Angeklagten B. getrennt lebenden Ehefrau , und privaten Pflegediensten dreimal täglich versorgt. Von Oktober 2009 bis Januar 2010 übernahm die nichtrevidierende Mitangeklagte G. mit ihrem privaten Pflegedienst teilweise die Betreuung. Obwohl der private Pflegedienst der Mitangeklagten G. nicht jeden Tag vor Ort war (in der Zeit vom 1. Oktober 2009 bis 6. Dezember 2009 z.B. nur an jeweils vier Tagen die Woche ), rechnete die Mitangeklagte G. entsprechend des gemeinsamen Tatplans mit dem Angeklagten gegenüber der T. Krankenkasse eine Vollpflege (dreimal täglich an sieben Tagen die Woche) ab und stellte auch in entsprechender Höhe die Rechnungen an den Angeklagten, die dieser monatlich bei der Beihilfestelle des Landes und der Ba. einreichte. An den übrigen Tagen übernahm die Angeklagte V. die Pflege von I. und M. , was zu einem erheblich geringeren Pflegegeldanspruch geführt hätte. Der T. Krankenkasse entstand hierdurch ein Schaden in Höhe von 4.441,17 Euro, der Beihilfe in Höhe von 4.598,44 Euro und der Ba. in Höhe von 1.427,42 Euro. Der Angeklagte und die Mitangeklagte G. handelten bei den insgesamt zwölf Taten in der Absicht, sich eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen.
4
2. Im Zeitraum vom 5. Januar 2008 bis 21. Dezember 2010 legten die beiden Angeklagten entsprechend ihres gemeinsamen Tatplans bei der Beihilfe quittierte Rezepte für M. vor, obwohl sie die entsprechenden Medikamente nie bezogen und bezahlt hatten. Vielmehr hatte sich die Angeklagte V.
mit den Rezepten jeweils kurz vor Ladenschluss in die A. - Apotheke in Nürnberg begeben und gegenüber Teilzeitkräften, denen diesbezüglich der Überblick fehlte, wider besseren Wissens behauptet, sie habe die Medikamente bereits bezogen und bezahlt, nur das Quittieren sei vergessen worden. Die derart getäuschten Apothekenmitarbeiter quittierten daraufhin die Rezepte entsprechend. Die Beihilfe erstattete in dem Glauben, dass die Rezepte tatsächlich eingelöst worden waren, die entsprechenden Beträge, die der Angeklagte vom Konto der M. auf sein eigenes oder das der Angeklagten V. transferierte. Der Beihilfe entstand durch die 67 Taten im Jahr 2008 ein Schaden in Höhe von insgesamt 25.294,29 Euro, im Jahr 2009 in Höhe von 27.825,87 Euro und im Jahr 2010 in Höhe von insgesamt 20.489,09 Euro. Auch hier handelten die Angeklagten, um sich eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen. Eine Schadenswiedergutmachung durch die Angeklagten fand bisher nicht statt. Die Beihilfe erklärte jedoch die Aufrechnung mit Versorgungsbezügen von M. und behielt bis November 2013 13.009,13 Euro ein.

II.

5
Die Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg. Einer Erörterung bedarf nur die Rüge, es liege ein Verstoß gegen „§ 243 Abs. 4 Satz 1 StPO“ vor.
6
Der von beiden Angeklagten gerügte Verfahrensfehler greift nicht durch. Die Revision beanstandet, das Landgericht habe seiner Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO (gemeint wohl § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO, da zu- nächst vom Vorsitzenden festgestellt worden war, „dass bislang keine Verständigung erfolgt ist und auch keine entsprechenden Gespräche geführt wurden.“) nicht Genüge getan, indem es nach Unterbrechung der Hauptverhandlung und einem Verständigungsgespräch zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Ver- teidigung nur zu Protokoll nahm: „Der Vorsitzende gab bekannt, dass Verstän- digungsgespräche stattgefunden haben, welche allerdings ohne Ergebnis ge- endet haben.“
7
Es bestehen bereits Bedenken an der Zulässigkeit dieser Rüge, da die Revision nicht vorgetragen hat, dass der Vorsitzende nach den entsprechenden dienstlichen Stellungnahmen der zuständigen Staatsanwältin vom 4. August 2014 und des Vorsitzenden vom 5. August 2014 sowie der Protokollberichtigung vom 12. September 2014 später wiederholt in der Hauptverhandlung unter Bezugnahme auf das Verständigungsgespräch darauf hingewiesen hatte, dass für die Angeklagten eine Bewährungsstrafe nur im Falle eines Geständnisses in Betracht komme. § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO schreibt seinem Wortlaut nach keinen Zeitpunkt für die Mitteilungspflicht vor. Zwar ergibt sich aus dem Gesetzeszweck Transparenzgedanken, dass in aller Regel eine umgehende Information nach dem Verständigungsgespräch geboten ist. Doch sind hiervon auch Ausnahmen möglich (vgl. hierzu z.B. KK-StPO/Schneider, 7. Aufl., § 243 Rn. 39), so dass ein später erfolgter Hinweis ausreichend gewesen sein kann. Um dem Revisionsgericht diesbezüglich eine umfassende Prüfung zu ermöglichen , liegt nahe, dass die Revision dazu hätte vortragen müssen.
8
Dies kann hier aber dahinstehen, da die Rüge jedenfalls deshalb im Ergebnis nicht durchgreift, weil der Senat ausschließt, dass das Einlassungsverhalten der Angeklagten auf einem etwaigen Informationsdefizit beruht. Denn aus den Urteilsgründen sowie den dienstlichen Stellungnahmen und der Protokollberichtigung ergibt sich, dass die Angeklagten sich in Kenntnis der Tatsache , dass nur bei einer geständigen Einlassung noch eine Bewährungsstrafe in Betracht kommen würde, dafür entschieden haben, den Tatvorwurf zu bestreiten. Der Senat schließt daher aus, dass sie sich bei einer weitergehenden Mit- teilung anders verhalten hätten (vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. November 2013 - 1 StR 200/13, StV 2014, 651, 653).
9
Es liegt auch kein durchgreifendes Informationsdefizit der Öffentlichkeit vor, weil der Vorsitzende in öffentlicher Hauptverhandlung jedenfalls den Verständigungsvorschlag des Gerichts und die Tatsache mitgeteilt hat, dass Verständigungsgespräche stattgefunden haben und diese gescheitert sind; angesichts der im Revisionsverfahren eingeholten dienstlichen Erklärungen ist eine informelle Absprache sicher auszuschließen. Der Zulässigkeit der Rüge dürfte insoweit auch entgegenstehen, dass die Revision nicht vorgetragen hat, ob bei der Hauptverhandlung überhaupt Öffentlichkeit anwesend war, deren Informationsinteresse durch das Vorgehen des Vorsitzenden hätte verletzt werden können.
10
Wegen der weiteren Verfahrensbeanstandungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 22. Oktober 2014 Bezug genommen.

III.

11
Die auf die Sachrüge vorgenommene Nachprüfung hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
12
1. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Betrugs in 79 Fällen beim Angeklagten B. bzw. wegen 67 Fällen bei der Angeklagten V. .
13
Die nachfolgend aufgezeigten Darlegungsmängel bei der jeweiligen Schadensberechnung lassen den Schuldspruch unberührt, da nach den Ur- teilsgründen sicher ist, dass in jedem der abgeurteilten Fälle ein Schaden entstanden ist.
14
2. Im Rahmen der Strafzumessung begegnet es allerdings Bedenken, dass die Schadensberechnung des Landgerichts zu den Betrugstaten im Tatkomplex 1 zulasten der Beihilfe und der Ba. sowie im gesamten Tatkomplex 2 anhand der allein maßgeblichen Urteilsgründe nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist.
15
Bei derartigen Abrechnungsbetrügereien stellt die Schadensberechnung keinen einfachen Rechenschritt dar, bei dem die bloße Ergebnismitteilung genügen würde. Vielmehr muss der konkrete Rechenweg in seinen Grundzügen dargelegt werden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08, NJW 2009, 2546; Beschluss vom 12. Juni 2013 - 5 StR 581/12, NStZ-RR 2013, 313). Daran mangelt es bei der Tabelle zum Schaden der Beihilfe, in der offensichtlich jeweils ein weiterer in Abzug gebrachter Betrag fehlt, und bei den RezeptTabellen , die nicht deutlich machen, wie sich der jeweils angeführte Beihilfeanspruch der Höhe nach errechnet. Auch die Schadensdarstellung der Ba. ist schwer nachvollziehbar.
16
Zwar sind gewisse Vereinfachungen bei der Darlegung der Berechnungsgrundlage zulässig, wenn der ausreichend sachkundige Täter in vollem Umfang geständig ist (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10). Die im Pflegebereich sachkundige Mitangeklagte G. war hier bezüglich der sie und den Angeklagten B. betreffenden Anklagepunkte vollumfänglich geständig. Fraglich erscheint jedoch, ob das Geständnis eines anderen Angeklagten ausreicht, um geringere Anforderungen an die Schadensdarstellung zu richten. Bezüglich des zweiten Tatkomplexes (Ein- reichen der Rezepte) liegt auch kein „Geständnis“ vor, da hier die Mitangeklag- te G. nicht Mittäterin war.
17
Im vorliegenden Einzelfall schließt der Senat aber aus, dass das Landgericht zu anderen Einzelstrafen gelangt wäre. Denn das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung (bei rechtsfehlerfreier Annahme eines besonders schweren Falles des Betrugs wegen Gewerbsmäßigkeit, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB, also einer Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe) nur zwischen Schäden unter und über 1.000 Euro differenziert und bei beiden Angeklagten danach ausschließlich Einzelfreiheitsstrafen von acht bzw. zehn Monaten verhängt. Selbst wenn es in Einzelfällen zu geringfügigen Abweichungen bei der Schadenshöhe gekommen sein sollte, ist jedenfalls auszuschließen, dass sich dies auf die jeweilige Strafzumessung bei der einzelnen Tat ausgewirkt hat, da das Landgericht bei einem Schaden von 200 Euro die gleiche Einzelfreiheitsstrafe verhängt hat wie bei einem Schaden von 900 Euro. Aus dem Gesamtkontext der Schadensberechnung ergibt sich jedenfalls, dass in keinem der Fälle eine Überschreitung der 1.000-Euro-Schwelle in Betracht kommt, so dass die mangelnde Darlegung der Schadensberechnung die Angeklagten im Ergebnis nicht beschwert.

IV.

18
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
Rothfuß Graf Radtke Mosbacher Fischer

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 176/17
vom
25. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:250717U5STR176.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Juli 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Dr. Mutzbauer,
Richter Prof. Dr. Sander, Richterin Dr. Schneider, Richter Dr. Berger, Richter Prof. Dr. Mosbacher
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 18. August 2016 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Daneben hat es die Einziehung eines Kraftfahrzeugs angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit einer zulässig erhobenen Verfahrensrüge zum Strafausspruch Erfolg.
2
1. Der Verfahrensrüge liegt folgendes Geschehen zugrunde:
3
Am ersten Hauptverhandlungstag fand in einer Verhandlungspause zwischen den Mitgliedern der Strafkammer, dem Vertreter der Staatsanwaltschaft und den beiden Verteidigern eine Erörterung statt, die eine Verständigungsmöglichkeit klären sollte. Dabei stellten die Verteidiger eine Geständnisbereitschaft des Angeklagten für den Fall in den Raum, dass eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung erfolgen würde. Nachdem der Vertreter der Staatsanwaltschaft erklärt hatte, sich einem solchen Vorschlag nicht anschließen zu können und eine Verurteilung zu einer höheren Freiheitsstrafe anzustreben, hielt die Vorsitzende in ihrer proto- kollierten Dokumentation des Rechtsgesprächs fest, dass es „zu einer Verstän- digung zwischen Gericht und den Verfahrensbeteiligten danach nicht (wird) kommen können“.
4
Nach diesem Hauptverhandlungstag kam es auf Anregung der Verteidiger zu einem weiteren Rechtsgespräch mit Verständigungsbezug, in dem der Vertreter der Staatsanwaltschaft erklärte, bei geständiger Einlassung des Angeklagten eine Freiheitsstrafe von drei Jahren für angemessen zu halten. Im Fortsetzungstermin unterrichtete die Vorsitzende über das Gespräch und hielt als dessen Ergebnis fest, dass es zu einer Verständigung nicht kommen werde. Am dritten Hauptverhandlungstag fand während einer Sitzungsunterbrechung auf Anregung der Verteidiger zwischen den Mitgliedern der Strafkammer, dem Vertreter der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern eine erneute Erörterung statt, in deren Rahmen die Vorsitzende äußerte, dass sich die Strafkammer bei einem Geständnis des Angeklagten eine Freiheitsstrafe zwischen zwei Jahren und zwei Jahren vier Monaten und auch eine Strafaussetzung zur Bewährung vorstellen könne. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft erwiderte, dass er sich im Hinblick auf ein weiteres gegen den Angeklagten in Tschechien laufendes Ermittlungsverfahren einem solchen Vorschlag nicht anschließen könne.
5
Die Vorsitzende ließ in der Hauptverhandlung ihre Gesprächsdokumentation protokollieren, die sie mit der Erwartung abschloss, dass „eine Verständigung zwischen Gericht und den Verfahrensbeteiligten demnach nicht zustande kommen“ werde. Am darauffolgenden Verhandlungstag teilte die Vorsitzende zu Protokoll mit, dass der Strafkammer keine neuen Tatsachen bekannt gewor- den seien und „die Kammerdaher bei ihrer Zusage nach dem letzten Rechtsgespräch bleibe“. Danach führte die Strafkammer auf Anregung der Verteidiger in einer Sitzungspause mit den Verfahrensbeteiligten ein weiteres Gespräch über die Möglichkeit einer Verständigung, in dem der Vertreter der Staatsanwaltschaft bei seiner ablehnenden Haltung zu einer Bewährungsstrafe bei geständiger Einlassung blieb. Als Ergebnis auch dieses in der Hauptverhandlung mitgeteilten Gesprächs stellte die Vorsitzende erneut fest, dass es zu keiner Verständigung kommen werde. Anschließend legte der Angeklagte ein Geständnis in Form einer schriftlich vorbereiteten Verteidigererklärung ab, die er sich zu eigen machte. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte mehrere Beweiserhebungen. Die Strafkammer lehnte diese Anträge am folgenden Hauptverhandlungstag ab. Zur Begründung führte sie unter anderem aus: „Um Anhaltspunkte für die Strafzumessung zu gewinnen, na- mentlich für eine Verurteilung des Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe , deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wird, sind die darin unter Beweis gestellten Tatsachen ungeeignet … In diesem Fall wäre das vom Angeklagten abgegebene Geständnis nicht verwertbar. Denn der Angeklagte hat sein Geständnis aufgrund der Zusicherung der Kammer, im Falle eines Geständnisses eine Freiheitsstrafe zu verhängen, deren Voll- streckung zur Bewährung ausgesetzt würde, abgegeben.“
6
Nach Verkündung dieses Beschlusses wurde die Beweisaufnahme geschlossen. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft beantragte, den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten zu verurteilen ; die Verteidiger beantragten, auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu erkennen und deren Vollstreckung zur Bewährung auszusetzen. Das Landgericht verkündete sodann das Urteil.
7
2. Mit ihrer Verfahrensrüge beanstandet die Staatsanwaltschaft im Ergebnis zu Recht, dass die Strafkammer bei der Bemessung der Strafe von einer tatsächlich nicht bestehenden Bindung an die von ihr angenommene Zusicherung einer bewährungsfähigen Strafe ausgegangen ist.
8
Außerhalb einer Verständigung gemäß § 257c StPO besteht keine Bindung des Tatgerichts an den von ihm für den Fall des Zustandekommens einer Absprache in Aussicht gestellten Strafrahmen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2011 – 1 StR 302/11, Rn. 45; Beschluss vom 4. August 2010 – 2 StR 205/10; Urteil vom 30. Juni 2011 – 3 StR 39/11, NJW 2011, 3463, 3464); erst recht ist es nicht verpflichtet, die dort angesprochene Strafuntergrenze zu verhängen. Ein Fall des § 257c StPO liegt hier mangels Zustimmung der Staatsanwaltschaft indes nicht vor, wie auch das Landgericht nicht verkannt hat. Nachdem die Staatsanwaltschaft in den verständigungsbezogenen Vorgesprächen jeweils angekündigt hatte, ihre gemäß § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO erforderliche Zustimmung nicht zu erteilen, hat die Vorsitzende in den von ihr zu Protokoll gegebenen Vermerken zu Recht stets betont, dass eine Verständigung deshalb nicht zustande komme. Auch der am vierten Hauptverhandlungstag protokollierte Hinweis, dass die Strafkammer bei ihrer „Zusage“ nach dem letzten Rechtsgespräch bleibe, lässt sich trotz seiner missverständlichen Formulierung auf den in jenem Gespräch von ihr vorgeschlagenen Strafrahmen beziehen und belegt noch keine von ihr schon zu diesem Zeitpunkt als bindend verstandene Erklärung. Denn im unmittelbaren Fortgang der Verhandlung hat sie eine weitere verständigungsbezogene Erörterung durchgeführt, als deren Ergebnis die Vorsitzende erneut feststellte, dass es zu keiner Verständigung komme.
9
Aufgrund der Formulierung in dem Beweisbeschluss, wonach die Strafkammer dem Angeklagten eine zur Bewährung auszusetzende Strafe „zugesi- chert“ habe, ist jedoch zu besorgen, dass sie gleichwohl schon vor den Schlussvorträgen der Verfahrensbeteiligten und der nachfolgenden Urteilsberatung von der verbindlichen Zusage einer solchen Strafe ausgegangen ist. Für eine von ihr angenommene Selbstbindung spricht auch, dass sie für die knapp 13 Kilogramm Marihuana betreffende Einfuhrfahrt tatsächlich eine solche Strafe verhängt hat. Dies hat hier zu einer Verletzung von § 46 StGB geführt.
10
3. Auf dem Rechtsfehler beruht nur der Strafausspruch. Der Schuldspruch und die Einziehungsentscheidung sind von ihm nicht betroffen. Insbesondere war das Geständnis des Angeklagten verwertbar. Denn dieses hat er in einem Zeitpunkt abgelegt, in dem nur der in dem Verständigungsgespräch vom Landgericht vorgeschlagene Strafrahmen im Raum stand. Dies hat aber wegen der fehlenden Zustimmung der Staatsanwaltschaft und der dem Geständnis unmittelbar vorausgegangen ausdrücklichen Feststellung der Vorsitzenden , dass eine Verständigung nicht zustande gekommen sei, für den Angeklagten keinen rechtlich geschützten Vertrauenstatbestand begründen können.
11
4. Die von der Staatsanwaltschaft weiter erhobenen und auf eine fehlerhafte Strafzumessung abzielenden Verfahrensrügen sind unzulässig, da sie nicht den sich aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ergebenden Anforderungen entsprechen. Auch die Sachrüge, die einen den Schuldspruch betreffenden Rechtsfehler nicht aufzeigt, hat keinen über die Aufhebung des Strafausspruchs hinausgehenden Erfolg. Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten (vgl. § 301 StPO) sind nicht ersichtlich.
12
5. Die Sache bedarf daher zum Strafausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung. Ergänzend ist zu den Strafzumessungsgründen des angefochtenen Urteils zu bemerken:
13
a) Zu Recht hat die Beschwerdeführerin bemängelt, dass die von der Strafkammer im Rahmen der Strafrahmenwahl als besonders strafmildernd eingestellte Erwägung, die Drogenfahrt hätte aufgrund polizeilicher Überwachung schon in Tschechien gestoppt und damit verhindert werden können, weder von den Feststellungen noch von der Beweiswürdigung getragen wird.
14
b) Da der Angeklagte auf frischer Tat betroffen in einer unmittelbar anschließenden Beschuldigtenvernehmung ganz überwiegend seine Tatbeteiligung und weitere Einfuhrfahrten gestanden hat, ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar , weshalb ihm im Rahmen der konkreten Strafzumessung auch noch zugutegehalten worden ist, ohne sein in der Hauptverhandlung abgegebenes Formal-Geständnis (vgl. UA S. 5) hätte die Strafkammer umfangreiche Ermittlungen zu den Tathintergründen in der Tschechischen Republik anstellen müssen.
15
c) Schließlich hat die Strafkammer bei der Strafzumessung nicht erkennbar in den Blick genommen, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Kurierfahrt um den Teil einer Tatserie handelte und der Angeklagte erst am Vortag eine weitere Einfuhrfahrt vorgenommen hatte. Weil die Schuld des Täters in Bezug auf Einzeltaten durch eine Mehrheit von Taten erhöht werden kann, kann dieser – hier naheliegende – Umstand schon bei der Bemessung der Einzel- strafe und bei der Erwägung mit in Betracht gezogen werden, ob ein minder schwerer Fall bejaht werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2013 – 4 StR 467/12 mwN).
Mutzbauer Sander Schneider RiBGH Dr. Berger ist in- Mosbacher folge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 39/11
vom
30. Juni 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. Juni
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Dr. Schäfer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Menges
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - ,
Staatsanwalt (GL) - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung,
Rechtsanwalt - bei der Verkündung -
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 8. Oktober 2010, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit einer Verfahrensbeschwerde und der allgemeinen Sachrüge. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.
2
Der Schuldspruch sowie die Festsetzung einer zweijährigen Freiheitsstrafe halten rechtlicher Nachprüfung stand. Die Entscheidung, diese Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung auszusetzen, kann hingegen nicht bestehen bleiben. Insoweit greift die Verfahrensrüge durch.
3
1. Ihr liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Am 3. Hauptverhandlungstag kam es - nachdem sich der Angeklagte bereits geständig eingelassen hatte - in Unterbrechung der Sitzung zu einer Erörterung über die Möglichkeiten einer Verständigung. An ihr nahmen die gesamte Strafkammer (einschließlich der Schöffen), der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft sowie sämtliche Verteidiger der insgesamt vier Angeklagten teil. Der Vorsitzende wies dabei den Verteidiger des Angeklagten sowie die Verteidigerin des Mitangeklagten M. darauf hin, dass eine Verständigung nur die beiden anderen Angeklagten betreffe. Die Angeklagten R. und M. bräuchten kein Verständigung , sie bekämen ja "sowieso Bewährung". Ohne einen Hinweis darauf zu geben, dass in Abweichung von dieser Aussage eine Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe beabsichtigt sei, verkündete die Strafkammer später das Urteil.
4
2. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund des eindeutigen Vortrags der Verteidigung, der durch Erklärungen zweier anderer Verteidiger gestützt wird und dem die an dem Termin beteiligten Richter sowie der Staatsanwalt nicht entscheidend entgegengetreten sind. Der gegenteiligen Ansicht des Generalbundesanwalts vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Der Strafkammervorsitzende hat erklärt, eine solche Zusicherung nicht abgegeben zu haben, aber nicht ausschließen zu können, dass durch seine Erklärung, an deren genauen Wortlaut er sich nicht mehr erinnere, bei den Verteidigern ein entsprechender Eindruck entstanden sei. Die beisitzenden Richter haben erklärt, eine genaue Erinnerung an den Wortlaut nicht zu haben. Einer von ihnen konnte nicht vollständig ausschließen, dass bei den Erörterungen der Begriff "Bewährung" gefallen ist. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft hat ebenfalls dargelegt, er könne sich an eine solche Äußerung des Vorsitzenden nicht erin- nern. Wäre sie gefallen, dann hätte er diese nicht unkommentiert gelassen, woraus er wiederum schließe, eine solche Erörterung habe nicht stattgefunden.
5
3. Vor diesem Hintergrund macht die Revision mit Recht geltend, dass das Landgericht den Angeklagten nicht zu einer Strafe ohne Strafaussetzung zur Bewährung hätte verurteilen dürfen, ohne diesen zuvor davon zu unterrichten , dass es entgegen der Ankündigung des Vorsitzenden beabsichtige, eine solche Strafe zu verhängen.
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a) Allerdings begründet nicht jede Äußerung des Gerichts oder eines seiner Mitglieder, die im Laufe des Strafverfahrens abgegeben wird, ein berechtigtes Vertrauen des Angeklagten oder eines anderen Verfahrensbeteiligten dahin, dass von der darin zutage getretenen Einschätzung einer materiell- oder verfahrensrechtlich relevanten Frage nicht abgewichen wird, solange kein entsprechender Hinweis erteilt worden ist. Äußert sich etwa der Vorsitzende eines Spruchkörpers in einem Gespräch, das er im Lauf des Zwischenverfahrens mit dem Verteidiger des Angeklagten führt, zu einem denkbaren Ergebnis der Hauptverhandlung, so ist für den Angeklagten und seinen Verteidiger unschwer erkennbar, dass es sich hierbei um eine vorläufige, mit den übrigen Mitgliedern des Spruchkörpers nicht abgestimmte Beurteilung handelt, der schon für sich keinerlei Festlegung zukommt und der durch den Gang der Hauptverhandlung ohne weiteres die Grundlage entzogen werden kann. Ein Hinweis darauf, dass an der ursprünglichen Bewertung nicht mehr festgehalten wird, ist daher nicht erforderlich.
7
Anders liegt es hingegen dann, wenn die Äußerung geeignet ist oder gar darauf abzielt, die Verfahrensführung oder das Verteidigungsverhalten des Angeklagten zu beeinflussen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie bei fortge- schrittener Hauptverhandlung auf der Grundlage eines bereits weitgehend gesicherten Beweisergebnisses in (scheinbarer) Abstimmung mit den weiteren Gerichtspersonen abgegeben wird. Hier bedarf es in der Regel eines vorherigen Hinweises, wenn von dem Inhalt der Äußerung abgewichen werden soll.
8
Eine solche, dem Rechtsgedanken des § 265 StPO folgende, der prozessualen Fürsorgepflicht und Verfahrensfairness entsprechende Verpflichtung ist etwa im Bereich des Beweisantragsrechts anerkannt. Hat beispielsweise der Vorsitzende dem Angeklagten auf einen vor der Verhandlung angebrachten Beweisantrag mitgeteilt, die Entscheidung über den Antrag werde in der Verhandlung ergehen, so ist er entweder verpflichtet, dafür zu sorgen, dass diese Zusicherung eingehalten wird, sich das erkennende Gericht also mit dem Antrag befasst, oder er muss darauf hinweisen, dass der Antrag in der Hauptverhandlung zu wiederholen ist. Sofern nicht der Wille des Angeklagten, von dem Antrag ohnehin Abstand zu nehmen, zweifelsfrei erkennbar wird, kann eine Verletzung dieser Pflicht die Revision begründen. Nichts anderes gilt, wenn das Verhalten des Vorsitzenden in sonstiger Weise in einem Verteidiger den irrigen Glauben hervorruft, dass ein von diesem vor der Verhandlung eingereichter Antrag eine Sachlage geschaffen habe, die eine Wiederholung des Antrags nicht erforderlich mache. Erklärt der Vorsitzende etwa im Hinblick auf den vor der Hauptverhandlung angebrachten Beweisantrag, die dort aufgestellte Behauptung könne als wahr angenommen werden, so braucht der rechtskundige Verteidiger ohne entsprechenden Hinweis mit einer abweichenden Auffassung des erkennenden Gerichts nicht ohne weiteres zu rechnen (siehe insgesamt LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 123 mwN).
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b) Nach diesen Maßstäben durfte das Landgericht den Angeklagten nicht zu einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe verurteilen, ohne zuvor auf diese Möglichkeit hinzuweisen.
10
Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass nach zweitägiger Hauptverhandlung in Unterbrechung der Sitzung ein Gespräch aller Verfahrensbeteiligten zur Klärung der Frage stattgefunden hat, ob eine verfahrensbeschleunigende Absprache in Betracht kommt. Wenn in dieser Situation der Vorsitzende in Anwesenheit aller Beteiligten und ohne Widerspruch der übrigen Mitglieder des Spruchkörpers darauf verweist, es bedürfe für einen bestimmten Angeklagten keiner Verständigung, weil dieser "sowieso Bewährung" bekomme, erzeugt dies - zumal vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte seine Tatbeteiligung bereits vorher in der Hauptverhandlung eingeräumt hatte - einen erhöhten Grad an Vertrauen. Denn damit wird der Anschein gesetzt, die Strafkammer habe sich insoweit schon eine Überzeugung gebildet, weshalb es nicht mehr notwendig sei, weitere Argumente für die Annahme einer günstigen Sozialprognose und besonderer Umstände im Sinne von § 56 Abs. 1 und 2 StGB vorzubringen oder entsprechende Tatsachen unter Beweis zu stellen.
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c) Die Ergänzungen der Strafprozessordnung durch das Verständigungsgesetz stehen diesem Ergebnis nicht entgegen.
12
Aus § 257c Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 4, Abs. 4 Satz 1 und 2, § 273 Abs. 1a Satz 1 StPO lässt sich nicht etwa ableiten, dass sich der Angeklagte nur noch auf solche Aussagen des Gerichts in materiell- oder verfahrensrechtlicher Hinsicht verlassen darf, die zum Inhalt einer förmlich zustande gekommenen Verständigung und damit für das Gericht grundsätzlich bindend geworden sind. Diese Vorschriften regeln allein die formalen Bedingungen des Zustande- kommens einer Verständigung, die sich aus einer solchen Verständigung ergebende Bindung des Gerichts sowie die Voraussetzungen, unter denen das Gericht von dieser Bindung frei wird. Sie schließen es indes nicht aus, dass durch sonstige Äußerungen des Gerichts außerhalb des förmlichen Verständigungsverfahrens ein berechtigtes Vertrauen des Angeklagten in eine bestimmte Verfahrensweise des Gerichts oder ein bestimmtes Verfahrensergebnis begründet wird. Der Unterschied liegt in Folgendem: Während die vom Gericht im Rahmen einer Verständigung gegebenen Zusagen grundsätzlich bindend sind, kommt eine solche Bindungswirkung sonstigen Erklärungen selbst dann nicht zu, wenn diese ein berechtigtes Vertrauen des Angeklagten begründen. Sie verpflichten das Gericht lediglich, den Angeklagten darauf hinzuweisen, dass an der geäußerten Auffassung nicht mehr festgehalten wird, damit dieser sein Prozessverhalten auf die geänderte Ansicht des Gerichts einstellen kann. Schon aus diesem Grund geht der Hinweis des Generalbundesanwalts auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25. Oktober 2006 - 1 StR 487/06, bei Cierniak NStZ-RR 2009, 1 fehl. Es geht hier nicht um die Frage, ob das Landgericht aufgrund der Äußerung des Vorsitzenden nach dem fair-trial-Grundsatz gebunden war, eine Bewährungsstrafe zu verhängen, sondern allein um die Verpflichtung des Gerichts, den Angeklagten darauf hinzuweisen, dass es an der geäußerten Bewertung der Bewährungsfrage durch den Vorsitzenden nicht mehr festhalten wolle.
13
4. Auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht die Entscheidung über die Nichtaussetzung der Strafe zur Bewährung. Die Revision hat unter Benennung von fünf Zeugen und konkreten Beweisbehauptungen im Einzelnen vorgetragen , was der Angeklagte im Falle eines entsprechenden Hinweises hätte unter Beweis stellen können, um das Gericht von einer positiven Sozialprognose und vom Vorliegen besonderer Umstände (§ 56 Abs. 2 StGB) zu überzeugen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht aufgrund einer entsprechenden Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt wäre, trotz der Vielzahl von Vorstrafen des Angeklagten seien die Voraussetzungen für eine Strafaussetzung zur Bewährung gegeben. Die Sache muss deshalb in diesem Umfang erneut verhandelt und entschieden werden.
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5. Das Urteil gibt Anlass zu dem Hinweis, dass die detailgetreue Wiedergabe des Bundeszentralregisterauszugs bei den Feststellungen zum Lebenslauf des Angeklagten untunlich ist. Die Urteilsgründe werden dadurch aufgebläht , ohne dass damit ein substantieller Erkenntniszuwachs verbunden ist. Es empfiehlt sich im Interesse der Konzentration auf das Wesentliche (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2009 - 1 StR 687/08, NStZ-RR 2009, 183 und vom 4. März 2009 - 1 StR 27/09), die Vorstrafen gestrafft und zusammengefasst darzulegen. Einer Mitteilung von genauen Tatzeiten bzw. den Zeitpunkten der Rechtskraft der Entscheidungen bedarf es nur in wenigen Ausnahmefällen, so z.B. wenn es um Fragen der Gesamtstrafenbildung oder der sog. Rückfallverjährung bei der Prüfung von Sicherungsverwahrung geht.
Becker Pfister von Lienen Schäfer Menges

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

5 StR 579/03

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 9. Juni 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juni 2004

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land- gerichts München I vom 9. Juli 2003 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Der Schuldspruch umfaßt Einkommen-, Gewerbe-, Umsatzund Körperschaftsteuerhinterziehungen in den Jahren 1993 bis 1996 in Höhe von insgesamt 8,9 Mio. DM, die dem Angeklagten als Geschäftsführer einer GmbH zur Last gelegt werden. Die Revision des Angeklagten, die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützt wird, hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


Dem Urteil sind folgende Feststellungen zu entnehmen:
1. Der Angeklagte kaufte 1977 in München in der Sondermeierstraße 77 ein Grundstück für 500.000 DM, auf dem in der Folgezeit eine Tennisanlage mit Betriebsgebäuden errichtet wurde. Betreiber der Anlage war die T GmbH, die das Grundstück seit dem 1. Januar 1979
vom Angeklagten gepachtet hatte. Der Angeklagte war Alleingeschäftsführer der GmbH; er bestimmte bis 1998 die Geschäftsabläufe. Im Handelsregister eingetragener Mehrheitsgesellschafter der T GmbH war in den Jahren 1993 bis 1996 der Stiefvater des Angeklagten, L D ; über weitere Gesellschaftsverhältnisse sind keine Feststellungen getroffen.
Am 29. März 1993 veräußerte der Angeklagte das Grundstück an die B H W AG für 15 Mio. DM; diese zahlte den Kaufpreis in zwei Tranchen am 3. Mai 1993. Auflassung und Eintragung der Käuferin in das Grundbuch erfolgten noch im ersten Halbjahr 1993; die Bank bilanzierte dementsprechend das Grundstück Ende 1993 in ihrem Anlagevermögen. Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr gingen indes erst zum 1. Oktober 1994 auf die Käuferin über. Beginnend mit diesem Zeitpunkt pachtete nunmehr der Angeklagte das Grundstück von der B H W AG und verpachtete es weiterhin an die von ihm bis 1998 geführte GmbH.
2. Steuerlich behandelte der Angeklagte in seinen für die Jahre 1993 bis 1996 abgegebenen Einkommensteuererklärungen die regelmäßigen Einnahmen aus dem Pachtvertrag mit der GmbH über das Grundstück Sondermeierstraße 77 als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dementsprechend erfolgte die Veranlagung durch das Wohnsitzfinanzamt. Den Erlös aus der Veräußerung des Grundstücks an die B H W AG behandelte der Angeklagte nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe als steuerfreie Verschiebung in der privaten Vermögenssphäre. Nach den Feststellungen wollte der Angeklagte „durch die von ihm gewählte Gesellschaftskonstruktion erreichen, daß die von ihm durch die entgeltliche Überlassung des Grundstücks an die T GmbH erzielten Einnahmen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung qualifiziert werden und nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ (UA S. 9).
3. Darüber hinaus veranlaßte der Angeklagte für die GmbH in den Jahren 1994 bis 1996, daß Erlöse aus dem Restaurantbetrieb, der zur Tennisanlage gehörte, nicht verbucht wurden. Die dadurch verschwiegenen Einnahmen wurden in der Folge weder in den Umsatzsteuererklärungen noch in den Gewerbe- und Körperschaftsteuererklärungen der GmbH für die betreffenden Jahre erfaßt. Auch erklärte der Angeklagte die von ihm vereinnahmten Beträge nicht in seinen eigenen Einkommensteuererklärungen.
4. Den Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung in acht Fällen gründet das Landgericht auf folgende Erwägungen:

a) Der Angeklagte sei faktisch Mehrheitsgesellschafter der GmbH gewesen. Er allein habe entscheidenden Einfluß auf die Geschicke der Gesellschaft gehabt und habe „schalten und walten“ können, „wie es ihm beliebte“. Der „offizielle Mehrheitsgesellschafter“ der GmbH, der Stiefvater des Angeklagten , habe lediglich als Strohmann die Anteile an der GmbH in den Jahren 1993 bis 1996 für den Angeklagten gehalten. Dies sei den Finanzbehörden nicht bekannt gewesen, so daß die tatsächlich vorliegende Betriebsaufspaltung dem Finanzamt gegenüber verschleiert worden sei. Steuerlich führe dies entsprechend dem Bericht nach Fahndungsprüfung einerseits bei der Einkommensteuer des Angeklagten für 1993 bis 1996 zu Mehreinkünften aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen sowie zur entsprechenden Gewerbesteuerpflicht sämtlicher Einnahmen einschließlich des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf des Grundstücks. Andererseits seien dadurch bei der GmbH für die Jahre 1994 bis 1996 Körperschaft- und Gewerbesteuern hinterzogen worden. Die vom Angeklagten vereinnahmten Mehrerlöse aus dem Restaurantbetrieb seien als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln.

b) Grundlage für die Annahme einer steuerlich wirksamen Betriebsaufspaltung ist für das Landgericht das „glaubhafte Geständnis“ des Angeklagten. Dieser hatte zu Beginn der Hauptverhandlung eine – nach sie-
ben Wochen in Untersuchungshaft verfaßte und nunmehr mit Einschränkungen versehene – Erklärung durch seine Verteidiger verlesen lassen, in der er ausführte, ihm sei klar gewesen, „daß die Betriebsgesellschaft vom Eigentümer des Grundstücks unabhängig sein mußte, damit keine Gewerbesteuern anfallen. Deshalb sei er auch nicht offizieller Gesellschafter des T s GmbH gewesen, habe aber tatsächlich die Geschicke der GmbH umfassend bestimmt, worüber er das Finanzamt bei seinen Steuererklärungen im Unklaren gelassen und billigend in Kauf genommen habe, Gewerbesteuern zu sparen.“
Diese Erklärung hat das Landgericht lediglich in tatsächlicher Hinsicht dahin überprüft, ob anläßlich der Betriebsprüfung für die Jahre 1985 bis 1987 der Sachverhalt der Außenprüferin gegenüber offengelegt worden war, sowie in rechtlicher Hinsicht, ob der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf des Grundstücks im Jahr 1993 oder 1994 zu erfassen und inwieweit mit diesem Vorgang etwa eine Betriebsaufgabe gemäß § 16 EStG verbunden war. Mit den steuerrechtlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung hat sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt.
5. Nach Erlaß des hier angefochtenen Urteils hat der Bundesfinanzhof auf Nichtzulassungsbeschwerde des Angeklagten die entsprechende, denselben Sachverhalt betreffende Entscheidung des Finanzgerichts München (Urteil vom 19. März 2003, 9 K 715/02) aufgehoben und die Sache durch Beschluß vom 2. März 2004 (III B 114/03) an das Finanzgericht zurückverwiesen.

II.


Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen lassen nicht erkennen, auf welchen steuerrechtlichen Grundlagen der Tatrichter zu dem Schluß gelangt ist, bei der vom Angeklagten gewählten rechtlichen Gestaltung handele es sich um eine Betriebsaufspaltung.
1. Die Rechtsanwendung zur Ausfüllung der strafrechtlichen Blankettnorm des § 370 Abs. 1 AO ist Aufgabe des Strafrichters. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Tatrichter im Blick auf die steuerrechtlichen Vorschriften den Sachverhalt so zu ermitteln und im Urteil darzustellen, daß deutlich wird, welches steuerlich erhebliche Verhalten im Rahmen der jeweiligen Abgabenart zu einer Steuerverkürzung oder zu einem ungerechtfertigtem Steuervorteil geführt hat. Die vom Gericht vorzunehmende Rechtsanwendung kann nicht dadurch ersetzt werden, daß auf Betriebsoder Fahndungsprüfungsberichte und diesen zugrundeliegende steuerrechtliche Beurteilungen der Finanzverwaltung verwiesen oder zurückgegriffen wird (BGHR AO § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 5, 9; vgl. auch Harms NStZ-RR 1998, 97 f., Harms/Jäger NStZ-RR 2000, 129; NStZ 2001, 181 jeweils m.N.; Harms in: Gedächtnisschrift für Ellen Schlüchter, 2002, S. 451). Die Ermittlung und Darstellung des steuerlich relevanten Sachverhalts sowie die daraus sich ergebende steuerrechtliche Beurteilung kann auch nicht durch den Verweis auf ein Geständnis des Angeklagten ersetzt werden. Lediglich die Darstellung der Berechnung der hinterzogenen Steuern kann als Teil der Rechtsanwendung dann verkürzt und ergebnisbezogen erfolgen, wenn der Angeklagte geständig und zudem sachkundig genug ist, die steuerlichen Auswirkungen seines Verhaltens zu erkennen (BGHR AO § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 2, 4, 8 und BGH wistra 2001, 22; Harms aaO S. 455). Fehlt in einem Urteil die Angabe der beweiserheblichen Tatsachen oder ist im Rahmen der Beweiswürdigung nicht dargelegt, wie der Tatrichter die Bemessungsgrundlagen selbst ermittelt hat, ist das Urteil lückenhaft und muß bereits auf die Sachrüge hin vom Revisionsgericht aufgehoben werden (vgl. Harms aaO m.w.N.).
2. Gemessen daran kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.

a) Das Landgericht hat die rechtlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung , aus der es die steuerstrafrechtlichen Folgen ableitet, nicht
dargelegt. Infolgedessen fehlt es an jeglichem Subsumtionsvorgang, mit dem die – im übrigen über das gesamte Urteil verstreuten – Feststellungen den rechtlichen Merkmalen zugeordnet werden, die das Landgericht gesellschaftsrechtlich und steuerrechtlich für relevant erachtet. Auf dieser Grundlage ist eine revisionsgerichtliche Nachprüfung nicht möglich, ob der Tatrichter von zutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist.

b) Selbst wenn man unter Bedacht auf den Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe unterstellt, daß das Landgericht offenbar eine (unechte) Betriebsaufspaltung angenommen hat, bei der der erforderliche einheitliche geschäftliche Betätigungswille im Betriebs- und im Besitzunternehmen durch faktische Beherrschung gewährleistet ist (vgl. dazu: Schmidt, EStG 23. Aufl. § 15 Rdn. 802, 820, 825, 836 ff.), fehlt es dazu an nachprüfbaren Feststellungen. So wird lediglich mitgeteilt, der Stiefvater des Angeklagten sei als Mehrheitsgesellschafter „Strohmann“ für den Angeklagten gewesen. Wer im übrigen Gesellschafter der GmbH war und welche vertraglichen Vereinbarungen dem zugrunde lagen, wird ebenso verschwiegen, wie es auch an der Darstellung fehlt, inwieweit zwischen dem Angeklagten und seinem Stiefvater ein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis bestand, das den Begriff der „Beherrschung“ rechtfertigen könnte. Dies aber wäre erforderlich gewesen, weil nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine Betriebsaufspaltung durch tatsächliche Beherrschung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt. Wirtschaftlicher Druck aufgrund schuldrechtlicher Beziehungen reicht hierfür regelmäßig ebensowenig aus wie der Umstand, daß durch eine Person de facto jahrelang alle Entscheidungen in der Gesellschaft konfliktfrei im Sinne eben dieser Person getroffen worden sind (BFH BStBl II 2002, 771, 773; BFH/NV 2002, 777 f. m.w.N.). Es bedarf vielmehr für die Annahme einer faktischen Beherrschung weiterer Umstände im Einzelfall, etwa der Feststellung , daß der Angeklagte in der Lage gewesen wäre, der Gesellschaft ihre wesentlichen unverzichtbaren Betriebsgrundlagen ohne weiteres zu entziehen (vgl. BFH BStBl II 2002, 771, 773). Der allgemeine Hinweis, der Angeklagte habe entscheidenden Einfluß auf die Geschicke der Gesellschaft ge-
habt und habe „schalten und walten können, wie es ihm beliebte“, reicht dafür nicht aus, zumal er in den Jahren seit 1978 alleiniger Geschäftsführer der GmbH war.

c) Auch der Hinweis, der Stiefvater des Angeklagten habe als Mehrheitsgesellschafter die Anteile als ‚Strohmann‘ für den Angeklagten gehalten, führt nicht weiter.
Der Bundesfinanzhof hat in seinem denselben Sachverhalt betreffenden Beschluß vom 2. März 2004 (III B 114/03) dazu ausgeführt:
„Der Begriff ‚Strohmannverhältnis‘ wird mit unterschiedlichen Bedeutungen und Rechtsfolgen verwendet. Tritt jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen, aber im Innenverhältnis für einen anderen auf, treffen in der Regel den ‚Strohmann‘ zivilrechtlich und steuerrechtlich die Folgen aus den von ihm abgeschlossenen Rechtsgeschäften, es sei denn, es handelt sich um ein nach § 41 Abs. 2 AO 1977 unwirksames Scheingeschäft (vgl. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 8. Januar 1987 3 K 340/86, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1987, 332, rechtskräftig, zur Strohmanngründung einer GmbH; BFH-Urteil vom 12. Juli 1991 III R 47/88, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143, unter 2., zur Strohmanngründung einer KG; BFH-Beschluß vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BFH/NV 2002, 835, zum Strohmanngeschäft bei der Umsatzsteuer).
Mit Strohmannverhältnissen werden aber auch sogenannte verdeckte Treuhandverhältnisse bezeichnet. Wird ein GmbH-Anteil nur treuhänderisch gehalten, hat dies bei einer wirksamen Treuhandvereinbarung zur Folge, daß der Treugeber nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO 1977 wirtschaftlicher Eigentümer der GmbH-Anteile ist (Hessisches FG vom 8. Februar 1993 – 4 K 6216/91, EFG 1994, 397, rechtskräftig; FG
Münster vom 18. Dezember 2001 15 K 8610/98 E, EFG 2002, 301, rechtskräftig, mit Anmerkung von Fumi).
Ein zur abweichenden Zurechnung führendes (verdecktes) Treuhandverhältnis ist aber nur wirksam, wenn es eindeutig vereinbart und nachweisbar ist (BFH-Urteile vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152; vom 20. Januar 1999 I R 69/97, BFHE 188, 254, Deutsches Steuerrecht --DStR--1999, 973; vom 28. Februar 2001 I R 12/00, BFHE 194, 320, BStBl II 2001, 468, 470). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist überdies eine Treuhandabrede über einen Geschäftsanteil, die nach Gründung der GmbH vereinbart wird, zivilrechtlich nur wirksam, wenn sie notariell beurkundet wird. Nur der vor Beurkundung des Gesellschaftsvertrags geschlossene Treuhandvertrag unterliegt nicht dem Formzwang des § 15 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (BGH, Urt. vom 19. April 1999 – II ZR 365/97; BGHZ 141, 208, DStR 1999, 861).“
Mit diesen, auch im Steuerstrafverfahren zu beachtenden Grundsätzen hat sich das Landgericht nicht befaßt, so daß auch insoweit keine nachprüfbaren Feststellungen getroffen worden sind. Dazu hätte das Landgericht – abgesehen von seiner ohnehin bestehenden Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts – umso mehr Veranlassung gehabt, als der nicht in das Strafverfahren involvierte langjährige Steuerberater des Angeklagten als Zeuge in der Hauptverhandlung dabei blieb, die steuerliche Gestaltung sei unbedenklich, der Stiefvater des Angeklagten sei „echter Gesellschafter“ gewesen und habe „seine Rechte“ wahrgenommen. Insoweit wird es auch einer sorgfältigen Überprüfung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen durch den neuen Tatrichter bedürfen (vgl. BGH NJW 2003, 1821, 1822 f.). Im übrigen wird im Hinblick auf das beim Finanzgericht anhängige Verfahren auch die Möglichkeit einer Aussetzung nach § 396 AO in Betracht zu ziehen sein.

III.


Da die Revision bereits mit der Sachrüge Erfolg hat, kommt es auf die vom Angeklagten erhobene Verfahrensrüge, die Grundsätze des fairen Verfahrens seien verletzt, nicht mehr an. Dennoch sieht der Senat Veranlassung zu folgenden Anmerkungen:
1. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung eine Erklärung durch seine Verteidiger verlesen lassen, die das Landgericht als „Geständnis“ gewertet hat. Diesem „Geständnis“, das der Angeklagte – wie im Urteil ausdrücklich mitgeteilt – erkennbar nur äußerst ungern abgelegt hat, war folgendes vorangegangen: Nach Anklageerhebung und Eröffnungsbeschluß Ende 2002 hatten zwischen dem damaligen Verteidiger und Mitgliedern der Strafkammer erste Gespräche über mögliche Rechtsfolgen im Falle einer Verurteilung stattgefunden. Dabei wurde eine Bewährungsstrafe erörtert, indes nicht in Aussicht gestellt, andererseits darauf hingewiesen, daß nach Durchführung einer Beweisaufnahme ohne Geständnis und ohne vollständige Schadenswiedergutmachung eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Jahren möglich sei und der Spruchpraxis der Strafkammer entspreche. Im ersten in dieser Sache durchgeführten Hauptverhandlungstermin am 4. Februar 2003 wurde dem Angeklagten seitens der Strafkammer nunmehr angeboten, bei Geständnis und vollständiger Schadenswiedergutmachung eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung zu verhängen.
Da der Angeklagte im Hinblick auf die beim Finanzgericht München anhängige Klage gegen die entsprechenden Steuerbescheide das ihm angesonnene Geständnis nicht abgeben wollte, wurde die Hauptverhandlung zunächst ausgesetzt, um das Finanzgerichtsverfahren abzuwarten. Nachdem das Finanzgericht München durch Urteil vom 19. März 2003 die Klage abgewiesen hatte, erließ die Strafkammer am 25. März 2003 Haftbefehl gegen den (nicht vorbestraften) Angeklagten. Dieser befand sich in der Zeit vom 31. März 2003 bis 21. Mai 2003 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugs-
anstalt München-Stadelheim. Die Aussetzung des Vollzugs erfolgte am 21. Mai 2003 durch das Oberlandesgericht München, nachdem der Angeklagte eine von seinem Verteidiger formulierte Erklärung vom 19. Mai 2003 vorgelegt hatte, die im wesentlichen seinem oben wiedergegebenen „Geständnis“ in der zweiten Hauptverhandlung entsprach.
Sowohl im Haftbeschwerdeverfahren als auch in der dienstlichen Stellungnahme zur Verfahrensrüge hat der Vorsitzende der erkennenden Strafkammer bestätigt, das Angebot von zwei Jahren Freiheitsstrafe mit Bewährung im Hinblick auf das zeitnah abgeschlossene, entsprechend beendete spektakuläre Steuerstrafverfahren gegen Boris Becker gemacht zu haben ; indes sei bei fehlendem Geständnis eine Straferwartung von sechs Jahren Freiheitsstrafe nach der langjährigen Spruchpraxis der Strafkammer realistisch gewesen. Die Gründe des angefochtenen Urteils enthalten zu diesen Verfahrensvorgängen und zum Zustandekommen des „Geständnisses“ nichts.
2. Das Verhalten eines Gerichts, wie es hier erkennbar wird, ist mit dem rechtsstaatlichen Gebot, dem Angeklagten ein faires Verfahren zu garantieren , nur schwerlich zu vereinbaren. Zwar sind mittlerweile die dem deutschen Strafprozeß an sich fremden einverständlichen verfahrensbeendenden Absprachen Bestandteile des Strafverfahrens geworden; „deals“ gehören zur täglichen Praxis der Strafgerichte. Sie sind indes nur dann hinnehmbar , wenn sie im Rahmen eines geordneten Strafverfahrens mit Einbeziehung aller Verfahrensbeteiligten unter Wahrung ihrer prozessualen Rechte bei hinreichender Beachtung des Öffentlichkeitsgrundsatzes erfolgen (vgl. BGHSt 43, 195 ff.; BGH NJW 2004, 1396, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Wahrung der freien Willensentschließung des Angeklagten (BGHSt 43, 195, 204). Nach ständiger Rechtsprechung darf deshalb im Rahmen von Verständigungsgesprächen nicht mit einer überhöhten Strafe gedroht werden oder durch Verspre-
chen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils der Angeklagte zu einem Geständnis gedrängt werden (BGHSt aaO).
Entsprechend diesen Grundsätzen dürfen die vom Gericht ernsthaft aufgezeigten Strafgrenzen nicht so weit auseinanderfallen, daß die Willensfreiheit des Angeklagten ungebührlich beeinträchtigt wird. Die Differenz zwischen zwei Jahren Freiheitsstrafe mit Aussetzung zur Bewährung und sechs Jahren Freiheitsstrafe ist nicht mehr mit der strafmildernden Wirkung von Geständnis und Schadenswiedergutmachung im Rahmen schuldangemessenen Strafens zu erklären (vgl. BGH StV 2002, 637, 639; Salditt StraFo 2003, 98). Dieses Vorgehen kann nur noch als massives Druckmittel zur Erwirkung eines verfahrensverkürzenden Geständnisses verstanden werden; die kaum nachvollziehbare Untersuchungshaftanordnung und -vollstreckung im vorliegenden Fall verstärkt diesen Eindruck (vgl. zum unangemessenen Einsatz von Untersuchungshaftvollzug bei Verständigungen BGH, Beschl. vom 20. April 2004 – 5 StR 11/04). Ein solches Verhalten ist rechtsstaatlich nicht hinnehmbar.
Harms Basdorf Raum Brause Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 431/08
vom
28. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Diebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 28. Oktober 2008 einstimmig

beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 20. Juni 2008 werden als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: Die - nicht zulässig ausgeführte (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) - Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens im Rahmen der verfahrensbeendenden Absprache könnte auch in der Sache keinen Erfolg haben. Auf der Grundlage des von ihm behaupteten Verfahrensgeschehens konnte der Revisionsführer nach deutschem Strafprozessrecht entweder den Richter, der bei den Gesprächen über die einvernehmliche Verfahrensbeendigung unzulässigen Druck ausübte, bereits in der Tatsacheninstanz wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 24 Abs. 2 StPO) ablehnen (vgl. BGH NStZ 2005, 526; BVerfG, Beschl. vom 8. Dezember 2005 - 2 BvR 799/05) und nach Zurückweisung des Ablehnungsantrags den absoluten Revisionsgrund nach § 338 Nr. 3 StPO geltend machen oder gegebenenfalls die Unverwertbarkeit seines unter Druck zustande gekommenen Geständnisses rügen (§§ 136 a, 337 StPO). Daneben kommt eine allgemein auf die Verletzung des fairen Verfahrens gestützte Rüge nicht in Betracht. Die beiden weiteren von dem Angeklagten G. erhobenen Verfahrensrügen sind ebenfalls nicht in der Form des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhoben und deshalb unzulässig. Soweit sein Verteidiger mit der Gegenerklärung nach § 349 Abs. 3 StPO und damit nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist - teilweise - den Formerfordernissen genügt hat, ändert das an der Unzulässigkeit der Rügen nichts. Denn die gesamte Revisionsbegründung ist innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO anzubringen; ein Nachschieben von Vortrag zur Begründung bereits erhobener Verfahrensbeanstandungen ist nicht möglich (Kuckein in KK 6. Aufl. § 344 Rdn. 66). Becker Miebach Sost-Scheible Hubert Schäfer

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.