Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2013 - 3 StR 141/13

bei uns veröffentlicht am22.08.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 141/13
vom
22. August 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
hier: Revision des Angeklagten T.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
22. August 2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1b, § 357 StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 14. November 2012, auch soweit es den Mitangeklagten F. betrifft, aufgehoben, soweit eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung abgelehnt worden ist, mit der Maßgabe, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafenbildung nach §§ 460, 462 StPO, auch über die Kosten des Rechtsmittels, zu treffen ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte die Angeklagten T. und F. jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und (mit) räuberischer Erpressung schuldig gesprochen. Den Angeklagten T. hatte es unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 2. Juni 2009 zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten, den Angeklagten F. unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 27. November 2008 zu einer solchen von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.
2
Auf die Revisionen der Staatanwaltschaft und der Angeklagten ist dieses Urteil insgesamt mit den Feststellungen aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen worden.
3
Das Landgericht hat die Angeklagten nunmehr jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zur Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten (T. ) bzw. von einem Jahr und sechs Monaten (F. ) verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte T. mit seiner in allgemeiner Form erhobenen Sachrüge. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg, gemäß § 357 StPO auch hinsichtlich des Mitangeklagten F. ; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
4
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Einzelstrafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das Urteil hat hingegen keinen Bestand, soweit es das Landgericht - anders als im ersten Urteil - abgelehnt hat, mit den Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 2. Juni 2009 nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden (§ 55 Abs. 1 Satz 1 StGB). Die hieraus folgende Teilaufhebung des angefochtenen Urteils erstreckt sich auch auf den Nichtrevidenten F. , weil das Urteil auch ihn betreffend an demselben materiellrechtlichen Fehler leidet.
5
Das Landgericht hat ausgeführt, dass bei beiden Angeklagten aufgrund der zwischenzeitlichen vollständigen Vollstreckung der im ersten Urteil einbezogenen Vorstrafen, bei dem Angeklagten F. die Freiheitsstrafe von sechs Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 27. November 2008, bei dem Angeklagten T. zwei Freiheitsstrafen von jeweils zwei Jah- ren aus dem Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 2. Juni 2009, eine erneute Gesamtstrafenbildung nicht mehr vorzunehmen sei und die Angeklagten deswegen nicht in den Vorteil der Regelung des § 55 StGB kommen könnten. Das Landgericht hat als Ausgleich hierfür bei beiden Angeklagten einen (unbezifferten ) Härteausgleich vorgenommen.
6
Die Annahme des Landgerichts, dass mit den im ersten Urteil jeweils einbezogenen Vorstrafen wegen deren zwischenzeitlichen Vollstreckung eine Gesamtstrafe aus diesen und den durch das angefochtene Urteil verhängten Strafen gemäß § 55 Abs. 1 StGB nachträglich nicht mehr gebildet werden kann, hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.
7
Nach Aufhebung einer Gesamtstrafe und Zurückverweisung der Sache an das Tatgericht hat die (erneute) Bildung einer Gesamtstrafe gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten Entscheidung zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 3 StR 374/11, NStZ-RR 2012, 106). Dies gilt nicht nur in dem Fall, in dem die Urteilsaufhebung gerade wegen fehlerhaft unterbliebener nachträglicher Gesamtstrafenbildung erfolgt ist. Vielmehr ist es so regelmäßig auch in anderen Fällen der Gesamtstrafenaufhebung zu verfahren (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2004 - 2 StR 170/04, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Einbeziehung 9; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 25 mwN). Weiter gilt nichts anderes, wenn - wie hier - das erste Urteil nicht allein auf die Revision des Angeklagten, sondern auch auf die der Staatsanwaltschaft aufgehoben worden ist. Denn auch in diesem Fall soll einem Revisionsführer der durch eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung erlangte Rechtsvorteil nicht durch sein Rechtsmittel genommen werden.
8
Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch gemacht. Die Kosten- und Auslagenentscheidung war dem Verfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorzubehalten.
Schäfer Hubert Mayer Gericke Ri'inBGH Dr. Spaniol ist urlaubsbedingt ortsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Schäfer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2013 - 3 StR 141/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2013 - 3 StR 141/13

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2013 - 3 StR 141/13 zitiert 7 §§.

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(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b d

Strafprozeßordnung - StPO | § 460 Nachträgliche Gesamtstrafenbildung


Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 374/11
vom
20. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
20. Dezember 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 21. Juni 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit
a) die Bildung einer Gesamtstrafe unterblieben ist,
b) im Maßregelausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine Strafkammer des Landgerichts Hildesheim zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte gegen den Angeklagten am 23. April 2010 wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung auf eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren erkannt und ihn unter Einbeziehung der durch Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Juni 2006 verhängten Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hatte es bestimmt, dass wegen der überlangen Verfahrensdauer sechs Monate Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Von der Anordnung einer Maßregel nach § 64 oder § 66 StGB hatte es abgesehen. Auf die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hob der Senat dieses Urteil im Strafausspruch und soweit die Strafkammer von der Anordnung einer Maßregel abgesehen hatte auf (Senatsbeschluss vom 25. November 2010 - 3 StR 382/10, NStZ-RR 2011, 78). Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr wegen der verfahrensgegenständlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt und die Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen weitgehenden Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die Begründung, mit welcher das Landgericht von der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe gemäß § 55 StGB abgesehen hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
Das Landgericht hat für die am 7. Mai 2003 begangene verfahrensgegenständliche Tat eine Freiheitsstrafe von acht Jahren für tat- und schuldangemessen erachtet. An einer Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Juni 2006 hat es sich mit der Begründung, gehindert gesehen, diese Strafe sei seit dem 10. Mai 2010 vollständig vollstreckt und deshalb erledigt. Es hat sodann im Wege eines Härteausgleichs von der aus seiner Sicht schuldangemessen Freiheitsstrafe von acht Jahren einen Abschlag von zwei Jahren und drei Monaten vorgenommen und auf eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten erkannt.
5
Die Strafkammer hat dabei verkannt, dass bei Aufhebung einer Gesamtstrafe durch das Revisionsgericht und Zurückverweisung der Sache an das Tatgericht in der neuen Verhandlung die Gesamtstrafe nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung vorzunehmen ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. November 2009 - 3 StR 427/09 mwN; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 55 Rn. 37). Danach hätte das Landgericht seiner Prüfung die Vollstreckungssituation am 23. April 2010 zugrunde legen müssen. Zu diesem Zeitpunkt war die Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Juni 2006 aber noch nicht vollständig erledigt und deshalb gemäß § 55 StGB gesamtstrafenfähig.
6
Der Rechtsfehler hat sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt. Das Landgericht hat ersichtlich übersehen, dass der Senat den Strafausspruch des Urteils vom 23. April 2010 gemäß § 301 StPO ausschließlich zugunsten des Angeklagten aufgehoben hat. Wegen des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) war das Landgericht deshalb gehindert, die Höhe der Rechtsfolgen der Tat zum Nachteil des Angeklagten zu ändern (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 358 Rn. 11). Dies ist hier jedoch trotz des vorgenommenen Härteausgleichs geschehen. Denn die für die verfahrensgegenständliche Tat festgesetzte Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten und die gesamtstrafenfähige Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil vom 16. Juni 2006 übersteigen zusammengenommen die Höhe der im ersten Durchgang verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten.
7
Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da sich die Grundlagen für die Bemessung der neuen Gesamtstrafe geändert haben. Der neue Tatrichter wird der Gesamtstrafenbildung neben der Strafe aus dem Urteil vom 16. Juni 2006 die für die verfahrensgegenständliche Tat nunmehr verhängte Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten zugrunde zu legen haben. Zwar ist die Berücksichtigung eines Härteausgleichs bei Bemessung dieser Strafe rechtsfehlerhaft vorgenommen worden. Dieser Rechtsfehler hat sich aber ausschließlich zugunsten des Angeklagten ausgewirkt und ist daher auf seine Revision nicht zu beanstanden. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass aus den oben genannten Gründen auch die vom Landgericht als schuld- und tatangemessen angesehene Freiheitsstrafe von acht Jahren gegen das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO verstieße, da im ersten Durchgang für die verfahrensgegenständliche Tat lediglich eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren festgesetzt worden war.
8
Bei Bildung der Gesamtstrafe wird der neue Tatrichter als Obergrenze die im Urteil vom 23. April 2011 gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten zu beachten haben.
9
2. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 3 Satz 1 und 2 StGB hat ebenfalls keinen Bestand.
10
a) Das Landgericht hat bei der vorrangig anzustellenden Prüfung, ob der Gefährlichkeit des Angeklagten nicht allein durch eine andere Maßregel begegnet werden kann (§ 72 Abs. 1 StGB), dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB mit rechtlich unzureichender Begründung abgelehnt.
11
Die Delinquenz des mittlerweile 66-jährigen, seit 1972 u.a. mehrfach wegen Sexual- und Gewaltdelikten vorbestraften Angeklagten ging nach den Feststellungen des Landgerichts in den hier relevanten Fällen stets mit Alkoholkonsum bzw. Alkoholmissbrauch einher. Auch bei der verfahrensgegenständlichen Tat stand er unter erheblichem Alkoholeinfluss.
12
Das sachverständig beratene Landgericht hat rechtsfehlerfrei eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB infolge eines Zusammenwirkens der Alkoholbeeinflussung bei Tatbegehung und einer diagnostizierten dissozialen Persönlichkeitsstörung auszuschließen vermocht. Die Voraussetzungen des § 64 StGB hat es abgelehnt. Es ist, dem Sachverständigen folgend, zu dem Ergebnis gelangt, dass der Alkoholmissbrauch des Angeklagten nicht den Grad einer manifesten psychischen oder gar körperlichen Abhängigkeit erreicht habe, da der Angeklagte in den letzten eineinhalb Jahren vor seiner letzten Inhaftierung während seines Zusammenlebens mit seiner Verlobten in der Lage gewesen sei, seinen Alkoholkonsum zu kontrollieren und es in jener Zeit zu keinem schwerwiegenden Alkoholmissbrauch gekommen sei. Allein unter Hinweis auf diesen Umstand hat das Landgericht auch eine intensive Neigung des Angeklagten, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, ausgeschlossen.
13
Diese Begründung trägt die Ablehnung eines Hanges im Sinne des § 64 StGB nicht. Das Landgericht hat zwar seinen Ausführungen zu den Anforderungen an einen Hang im Ansatz einen zutreffenden Maßstab zugrunde gelegt. Es ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Feststellung eines Hangs im Sinne des § 64 StGB nicht das Vorliegen eines manifesten Abhängigkeitssyndroms erfordert, sondern hierfür bereits eine intensive Neigung, Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, ausreichend ist (Fischer aaO, § 64 Rn. 7 mwN). Die Strafkammer hat sich jedoch nicht dazu verhalten, weshalb der vorübergehend kontrollierte Alkoholkonsum des Angeklagten in der Zeit vor seiner Inhaftierung nicht nur den Ausschluss eines Abhängigkeitssyndroms rechtfertigt, sondern auch gegen eine intensive Neigung des Angeklagten, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen, spricht. Eine Auseinandersetzung mit dieser Frage war geboten, weil der Sachverständige, dem die Strafkammer im Übrigen uneingeschränkt gefolgt ist, die kontrollierte Alkoholaufnahme des Angeklagten in der Zeit des Zusammenlebens mit seiner Verlobten lediglich als ausreichendes Indiz für eine fehlende körperliche oder psychische Abhängigkeit angese- hen hat. Nach den Urteilsgründen hat sich der Sachverständige hingegen nicht zu der Intensität eines missbräuchlichen Alkoholkonsums des Angeklagten unterhalb der Schwelle einer Abhängigkeit geäußert. Hinzu kommt, dass im angefochtenen Urteil mehrfach auf den vom Angeklagten betriebenen "Alkoholmissbrauch" bzw. auf dessen "Alkoholproblematik", deren Bearbeitung angezeigt sei, abgestellt wird. Vor diesem Hintergrund erschließt sich ohne weitere Begründung die Annahme der Strafkammer nicht, beim Angeklagten liege auch keine "intensive Neigung" zum übermäßigen Alkoholkonsum vor.
14
b) Erweist sich danach die Ablehnung einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB als rechtsfehlerhaft, so ist damit zugleich der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung die Grundlage entzogen (§ 72 Abs. 1 StGB). Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer, wäre sie vom Vorliegen eines Hanges im Sinne des § 64 StGB ausgegangen und hätte sie der Anlasstat Symptomwert für den Hang zugeschrieben, nicht nur die Gefährlichkeitsprognose , sondern auch eine hinreichend konkrete Aussicht auf eine erfolgreiche Suchtbehandlung und eine damit einhergehende deutliche Verringerung der Tätergefährlichkeit bejaht hätte.
15
c) Danach muss die Frage der Maßregelanordnung nach § 66 und § 64 StGB ebenfalls neu verhandelt und entschieden werden. Der neue Tatrichter wird dabei zum einen zu beachten haben, dass Unsicherheiten über den Erfolg allein der milderen Maßnahme zur kumulativen Anordnung von Maßregeln führen (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2009 - 3 StR 191/09, NStZ 2010, 83). Zum anderen wird er der Prüfung einer Maßregelanordnung nach § 66 StGB den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a., NJW 2011, 1931) geforderten strengen Maßstab einer "strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung" zugrunde zu legen haben. Dabei wird er insbesondere die Frage der Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer schwerer Gewalt- oder Sexualtaten eingehender als bisher geschehen zu erörtern (Senatsbeschlüsse vom 2. August 2011 - 3 StR 208/11 und vom 4. August 2011 - 3 StR 175/11, StV 2011, 672) und sich hierbei vor allem auch mit dem fortgeschrittenen Alter des Angeklagten und einer etwa damit einhergehenden geringeren Gefährlichkeit auseinanderzusetzen haben.
16
3. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 170/04
vom
9. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. Juli 2004 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 3. Dezember 2003
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung entfällt,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raub s in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Computerbetrugs unter Einbeziehung der Strafen aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Mühlhausen vom 20. Juli 2001 (Geldstrafe von 100 Tagessätzen) und der Strafen aus ei-
nem Urteil des Amtsgerichts Mühlhausen vom 25. September 2001 (Gesamtfreiheitsstrafe ein Jahr und zwei Monate - Einzelfreiheitsstrafen von zweimal sechs Monaten sowie vier Monaten) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und zwei Monaten verurteilt.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete, auf die Verle tzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch bedarf einer Änderung. Insoweit schl ießt sich der Senat der Stellungnahme des Generalbundesanwalts an, der zutreffend ausgeführt hat:
"Nicht bestehen bleiben kann hingegen der Schuldspruch w egen tateinheitlich verwirklichter gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB, weil dieses Delikt auf der Konkurrenzebene von § 250 Abs. 2 Ziff. 3 StGB verdrängt wird. Das Merkmal der körperlich schweren Mißhandlung in § 250 Abs. 2 Nr. 3 a StGB, welches auch in den Qualifikationen der §§ 176 a Abs. 1 Nr. 4 und 177 Abs. 4 Nr. 2 StGB enthalten ist, ist in Anlehnung an das frühere Regelbeispiel des § 176 Abs. 3 Nr. 2 StGB a.F. auszulegen (BGH NJW 2000, 3655). Der Unrechtsgehalt des Körperverletzungsdelikts wird von dieser Tatbestandsalternative vollständig abgedeckt (Tröndle/Fischer, § 177 Rn. 61; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 177 Rn. 29; SKHorn /Wolters § 177 Rn. 22). Ebenso geht das potentielle Gefährdungsdelikt des § 244 Abs. 1 Nr. 5 StGB (vgl. Tröndle/Fischer § 224 Rn. 12 m.w.N.) voll-
ständig in der als konkretes Gefährdungsdelikt ausgestalteten Norm des § 250 Abs. 2 Nr. 3 b StGB auf."
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt nicht zu einer Än derung der verhängten Einzelstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Der Senat kann ausschließen, daß das Landgericht eine noch mildere als die angesichts der Tat sehr maßvolle Strafe verhängt hätte.
3. Keinen Bestand haben kann aber der Ausspruch über di e Gesamtfreiheitsstrafe. Auch insoweit schließt sich der Senat der Stellungnahme des Generalbundesanwalts an, der zutreffend ausgeführt hat:
"Gegenstand der Gesamtstrafenbildung waren neben der wegen schweren Raubes verhängten Einsatzstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten lediglich die ausgesprochene weitere Einzelstrafe von sechs Monaten wegen Computerbetrugs sowie drei vormals vom Amtsgericht Mühlhausen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten zurückgeführte Vorbelastungen. Die erfolgte Erhöhung der Einsatzstrafe um ein Jahr und acht Monate entspricht in der Summe der früheren vom Amtsgericht Mühlhausen festgesetzten Gesamtstrafe zuzüglich der weiteren Einzelstrafe. Dies ist rechtsfehlerhaft. Denn danach hat die Kammer entweder unter Übernahme der aufgelösten Gesamtstrafe die Einzelstrafe von sechs Monaten wegen Computerbetruges in voller Höhe bei der Festsetzung der Gesamtstrafe berücksichtigt. Dies hätte allerdings näherer Begründung bedurft, zumal diesem im engen zeitlichen Zusammenhangs mit der Raubtat begangenem Vergehen der Charakter einer Nachtat zukam. Oder aber die Kammer hat nunmehr die frühere Gesamtstrafe erhöht. Gelangt der Tatrichter aber bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbil-
dung zu einer Verschärfung der aufgelösten Gesamtstrafe, die in der Zahl und Höhe der neu hinzutretenden Einzelstrafen sowie den sonstigen für die Bildung der Gesamtstrafe bestimmenden Faktoren keine ausreichende Erklärung findet , so hat er die Änderung des Bewertungsmaßstabes anzusp rechen und hierfür nachvollziehbare Gründe zu nennen (BGHR StGB § 55 I Einbeziehung 8, obiter dictum). Solche sind jedoch auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen, weil die einbezogenen Taten vor dem abgeurteilten Geschehen lagen oder ein gänzlich anders gelagertes Delikt (umweltgefährdende Abfallbeseitigung) betrafen. Vielmehr spricht die ausdrückliche Erwägung , vorliegend sei wegen des langen Zeitablaufs ein straffer Zusammenzug geboten (UA S. 23), gerade dagegen, daß die Kammer über das vormalige Strafmaß des Amtsgerichts Mühlhausen hinausgehen wollte. Die dem Gesamtstrafenausspruch zugrunde liegenden Feststellungen können zumindest deshalb nicht aufrechterhalten bleiben, weil aufgrund der bereits seit dem Sommer 2002 gegen den Angeklagten vollzogenen Vollstreckung der einbezogenen Strafen (vgl. Bd. II, Bl. 695, 702, 720, 725 d.A.) deren zwischenzeitliche Erledigung (und gegebenenfalls die Gewährung von Härteausgleich) neuerlich zu prüfen sein wird." Zur Frage einer neuerlichen Gesamtstrafenbildung weist der Senat aber auch auf folgendes hin: Grundsätzlich hat nach Aufhebung einer Gesamtstrafe in der erneuten Verhandlung die Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten Verhandlung zu erfolgen. Dies gilt nicht nur wenn die Urteilsaufhebung gerade wegen fehlerhaft unterbliebener nachträglicher Gesamtstrafenbildung erfolgt ist. Vielmehr ist so
regelmäßig auch in anderen Fällen der Gesamtstrafenaufhebung zu verfahren, damit einem Revisionsführer ein erlangter Rechtsvorteil durch nachträgliche Gesamtstrafenbildung nicht durch sein Rechtsmittel genommen wird (BGH NStZ 2001, 645).
Bode Detter Otten Rothfuß Ri'inBGH Roggenbuck ist durch Urlaub an der Unterschrift gehindert. Bode

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.