Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2018 - 3 StR 18/18

bei uns veröffentlicht am15.05.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 18/18
vom
15. Mai 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. Mai 2018 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Osnabrück vom 20. September 2017 wird als unbegründet verworfen,
da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349
Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2018:150518B3STR18.18.0

Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Die zulässige Verfahrensrüge, mit der die Revision geltend macht, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft den Antrag auf eine psychiatrische Begutachtung der Aussagetüchtigkeit des Zeugen D. abgelehnt, hat keinen Erfolg. Denn das Urteil würde auf einer rechtsfehlerhaften Bescheidung des Beweisantrages nicht beruhen.
Im Einzelnen:
1. Das Landgericht hat die Verurteilung des Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - neben der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten - auf die Aussage des Zeugen D. , der an der abgeurteilten Tat als Mittäter beteiligt war, gestützt. In der Hauptverhandlung hat der Verteidiger des Angeklagten die psychiatrische Begutachtung des Zeugen D. zum Beweis der Tatsache beantragt, dass dieser in seiner "Aussagetüchtigkeit bzw. Zeugentauglichkeit" erheblich beeinträchtigt sei. Zur Begründung hat er angeführt, dass der Zeuge D. ausweislich eines früheren Gutachtens an den Folgen mehrerer Schlaganfälle, insbesondere einer beginnenden demenziellen Entwicklung mit Beeinträchtigung der Auffassung, Aufmerksamkeit und Konzentration, des Denkens und des Gedächtnisses, sowie an einem leichten Psychosyndrom sowie Verhaltensstörungen nach Substanzmissbrauch leide. Das Landgericht hat diesen Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, dass es selbst über die erforderliche Sachkunde zur Bewertung der Angaben des Zeugen verfüge (§ 244 Abs. 4 Satz 1 StPO). Zwar lägen im Hinblick auf die Erkrankung des Zeugen Anhaltspunkte dafür vor, dass die richterliche Sachkunde zur Beurteilung der Aussage ausnahmsweise nicht ausreichen könnte. Doch fänden die - "in ihren Grundzügen konsistenten" - Angaben des Zeugen teilweise Bestätigung in anderen Beweismitteln und den Einlassungendes
Angeklagten, so dass davon ausgegangen werden könne, dass der Zeuge grundsätzlich zu zutreffenden Wahrnehmungen in der Lage sei, diese speichern und darüber berichten könne. Ob die Angaben des Zeugen, die durch andere Beweismittel nicht belegt würden, glaubhaft seien, könne die Strafkammer in eigener Sachkunde beurteilen.
2. Es erscheint zweifelhaft, ob das Landgericht den Beweisantrag mit dieser Begründung ablehnen durfte. In der Person des Zeugen lagen aufgrund dessen Erkrankung besondere Umstände vor, deren Würdigung eine besondere Sachkunde erforderte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 3 StR 364/08, BGHR StPO § 244 Abs. 4 Satz 1 Glaubwürdigkeitsgutachten 8; vom 5. März 2013 - 5 StR 39/13, juris Rn. 9). Dass die psychischen Beeinträchtigungen bei der Bewertung der Aussage des Zeugen eine Rolle gespielt haben, zeigt sich schon daran, dass die Strafkammer diese in eigener Beurteilung ihrer Bedeutung für das Aussageverhalten ausdrücklich in die Würdigung der Angaben des Zeugen eingestellt hat.
Indessen beruht das Urteil nicht auf einem möglichen Rechtsfehler. Der Angeklagte hat die Tat weitgehend eingeräumt. Abweichungen zu den Angaben des Zeugen D. betreffen das Randgeschehen. Insoweit hat das Landgericht die Einlassung des Angeklagten schon als teilweise nicht konstant und in sich widersprüchlich gewertet. Darüber hinaus fanden die Angaben des Zeugen teilweise Bestätigung durch objektive Beweismittel, insbesondere auch in den Beobachtungen und Erkenntnissen der ermittelnden Polizeizeugen. Angesichts dieser Umstände, die das Landgericht in die Bewertung der Aussage des Zeugen D. eingestellt hat, kann der Senat ausschließen, dass dieses die Angaben des Zeugen D. seinen Feststellungen zum Tatgeschehen nicht zugrundegelegt hätte, wenn es sachverstän-
dig beraten von einer Beeinträchtigung dessen Zeugentauglichkeit ausgegangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2009 - 3 StR 270/09, juris; Urteil vom 5. März 2014 - 2 StR 503/13, NStZ 2015, 49).
Becker Gericke Spaniol Berg Hoch

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2018 - 3 StR 18/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2018 - 3 StR 18/18

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Mai 2018 - 3 StR 18/18 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

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Referenzen

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 364/08
vom
28. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 28. Oktober 2008 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 22. Januar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben , soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt; von einem weiteren Vorwurf der schweren Vergewaltigung hat es ihn freigesprochen. Mit seiner gegen die Verurteilung gerichteten Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg; das Landgericht hat einen Beweisantrag rechtsfehlerhaft zurückgewiesen (§ 244 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 StPO).
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts konsumierte die im Jahre 1983 geborene Zeugin P. seit ihrer frühen Jugend Kokain und Heroin und war zum Tatzeitpunkt im Herbst 2001 betäubungsmittelabhängig. Der Angeklagte und zwei oder drei Begleiter besorgten ihr Heroin. Sie nahm das Rauschgift ein, war hierdurch berauscht und fiel in einen betäubungsähnlichen Zustand. Der Angeklagte und seine Begleiter vollzogen nunmehr nacheinander mit der regungslos auf einem Sofa liegenden Zeugin den vaginalen Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss. Obwohl sie aufgrund ihres Zustands zu einem körperlichen Widerstand nicht in der Lage war, konnte sie ihre Umgebung noch wahrnehmen und sagte zu jedem der Täter: "Nein".
3
Das Landgericht hat den Angeklagten im Wesentlichen aufgrund der Aussage der Zeugin verurteilt, die es für glaubhaft erachtet hat.
4
2. Der Angeklagte hat mit Anträgen vom 8. Oktober und 6. November 2007 die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Aussagefähigkeit der Zeugin beantragt. Diese sei nicht aussagetüchtig, da aufgrund ihres langen Drogenabusus ihre Fähigkeit, Wahrnehmungen zu erinnern und zu reproduzieren , erheblich eingeschränkt sei; ihre Aussagen zu dem Tatvorwurf seien unzuverlässig. Zur Begründung hat der Angeklagte unter Hinweis auf zahlreiche aus seiner Sicht bestehende Ungenauigkeiten und Widersprüche in den verschiedenen Vernehmungen der Zeugin ausgeführt, dass diese in ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen sei.
5
Mit Beschluss vom 14. November 2007 hat die Strafkammer den Beweisantrag vom 6. November 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie auf ihre eigene Sachkunde verwiesen. Besonderheiten, die eine sachverständige Beratung erforderlich machten, seien nicht erkennbar und lägen auch nicht darin, dass die Zeugin zur Tatzeit und möglicherweise noch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung drogenabhängig gewesen sei. Im Übrigen dürfte - so das Landgericht - das Beweismittel ungeeignet sein, weil die Zeugin es ablehne, sich der für ein Glaubwürdigkeitsgutachten erforderlichen Exploration zu unterziehen.
6
3. Diese Ablehnung hält in der Sache rechtlicher Nachprüfung nicht stand; deshalb kann dahinstehen, ob mit dem Beschluss vom 14. November 2007 auch der Antrag vom 8. Oktober 2007 beschieden worden ist oder insoweit ein von der Revision ebenfalls gerügter Verstoß gegen § 244 Abs. 6 StPO vorliegt.
7
a) Soweit die Strafkammer eigene Sachkunde in Anspruch genommen hat, reicht die Begründung ihrer Entscheidung aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Sachverhalts nicht aus. Die Anforderungen, die an den Ausweis der richterlichen Sachkunde in dem den Beweisantrag ablehnenden Beschluss oder den Urteilsgründen zu stellen sind, richten sich nach dem Maß der Schwierigkeit der Beweisfrage (vgl. BGHSt 12, 18, 20). Anders als in gewöhnlichen Fällen der Glaubwürdigkeitsbeurteilung, in denen sich die eigene Sachkunde des Tatrichters regelmäßig schon aus seiner Berufserfahrung ergibt (vgl. BVerfG NJW 2004, 209, 211), bestand hier ausnahmsweise mit Blick auf die konkrete Fallgestaltung ein erhöhter Begründungsbedarf.
8
Das Beweisbegehren zielte erkennbar nicht auf allgemeine Fragen der Glaubwürdigkeit der Zeugin im Hinblick auf ihre Drogenabhängigkeit, sondern darauf ab, dass aufgrund der konkreten Gegebenheiten ihre kognitiven Fähigkeiten erheblich beeinträchtigt waren. Die Beurteilung der Auswirkungen ihres langjährigen Drogenmissbrauchs in Kombination mit der akuten Intoxination zur Tatzeit, die so stark war, dass sie sich - zu jeglichem Widerstand unfähig - in einem "betäubungsähnlichen Zustand" befand, auf ihre Fähigkeit zur Wahrnehmung und späteren Wiedergabe des konkreten Geschehens nimmt jedoch mehr als Allgemeinwissen in Anspruch. Unter diesen Umständen versteht sich die Sachkunde der Strafkammer nicht von selbst; sie hätte vielmehr in dem Zurückweisungsbeschluss oder den Urteilsgründen näher dargelegt werden müs- sen (vgl. BGH NStZ 1991, 47; Fischer in KK 6. Aufl. § 244 Rdn. 198 m. zahlr. w. N.).
9
b) Der - nicht näher begründete - Hinweis der Strafkammer auf die mögliche Ungeeignetheit des Beweismittels vermag die Zurückweisung des Beweisbegehrens ebenfalls nicht zu tragen. Zwar kann ein Beweisantrag, der sich auf ein - nach dem Gesetzeswortlaut allerdings "völlig" - ungeeignetes Beweismittel stützt, aus diesem Grund nach § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO abgelehnt werden. Dabei muss es sich aber um ein Beweismittel handeln, dessen Inanspruchnahme von vornherein gänzlich aussichtslos wäre, so dass sich die Erhebung des Beweises in einer reinen Förmlichkeit erschöpfen würde (vgl. BGH StV 1997, 338). Nach diesen Maßstäben kann die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur dann abgelehnt werden, wenn auszuschließen ist, dass es sich zu der vorgelegten Beweisfrage sachlich überhaupt äußern kann (vgl. BGH NStZ 2008, 116), z. B. weil es nicht möglich ist, dem Sachverständigen die tatsächlichen Grundlagen zu verschaffen, derer er für sein Gutachten bedarf (vgl. Fischer in KK aaO § 244 Rdn. 154). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Zeugin konnte zwar ohne ihre Einwilligung nicht psychiatrisch untersucht werden (§ 81 c StPO). Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Sachverständige auf andere Weise, etwa durch das Studium der Akten und die Beobachtung der Zeugin in der Hauptverhandlung ausreichende Anknüpfungstatsachen hätte ermitteln und auf deren Basis zumindest Wahrscheinlichkeitsaussagen zu der Beweisbehauptung machen können.
10
4. Der Schuldspruch beruht auf der rechtsfehlerhaft unterlassenen Beweiserhebung. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht zu einer anderen Überzeugung gekommen wäre, wenn es das beantragte Gutachten eingeholt und der Sachverständige die Beweisbehauptung bestätigt hätte. Becker Miebach Sost-Scheible Hubert Schäfer

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

9
c) Die Rüge hat auch in der Sache Erfolg. Mit der gegebenen Begründung durfte der Beweisantrag nicht abgelehnt werden. Zwar kann sich das Gericht bei der Beurteilung von Zeugenaussagen grundsätzlich eigene Sachkunde zutrauen; etwas anderes gilt aber, wenn besondere Umstände vorliegen, deren Würdigung eine spezielle Sachkunde erfordert, die dem Gericht nicht zur Verfügung steht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. März 1994 – 5 StR 62/94, StV 1994, 634, vom 29. Oktober 1996 – 4 StR 508/96, NStZ-RR 1997, 106, vom 28. Oktober 2008 – 3 StR 364/08, NStZ 2009, 346, 347, vom 28. Oktober 2009 – 5 StR 419/09, NStZ 2010, 100, 101, und vom 23. Mai 2012 – 5 StR 174/12, NStZ-RR 2012, 353, 354). Solche Umstände sind hier gegeben. Die Beurteilung einer psychischen Störung des vielfach in psychiatrischen Einrichtungen untergebrachten sowie in seinem Aussageverhalten auffälligen Nebenklägers und von deren Auswirkungen auf die Aussagetüchtigkeit erfordert spezifisches Fachwissen, das nicht Allgemeingut von Richtern ist; demgemäß hätte die eigene Sachkunde näherer Darle- gung bedurft (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1958 – 4 StR 211/58, BGHSt 12, 18, 20; Beschlüsse vom 21. Dezember 1983 – 3 StR 437/83, StV 1984, 232, und vom 23. Mai 2012 – 5 StR 174/12, aaO). Eine solche ist weder dem Zurückweisungsbeschluss noch den Urteilsgründen zu entnehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 270/09
vom
30. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. Juli 2009 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Lübeck vom 3. Dezember 2008 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem
Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen
zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Das Landgericht hat den Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens
zum Beweis der Tatsache, dass der Mitangeklagte K. aufgrund einer
andauernden Persönlichkeitsveränderung nicht in der Lage war, die Tat zum Nachteil
des Geschädigten H. realitätsnah wahrzunehmen und zu schildern, rechtsfehlerhaft
mit der Begründung abgelehnt, es habe selbst die erforderliche Sachkunde,
um die Glaubhaftigkeit der Angaben zu überprüfen. Mit dieser Begründung hat es
den Inhalt und Sinn des Beweisantrags verfehlt. Der Senat kann jedoch ausschließen
, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht. Da der Mitangeklagte M.
vollständig und die Zeugin W. teilweise die Angaben des K. bestätigt haben
, stehen dessen Wahrnehmungsfähigkeit und Aussagetüchtigkeit fest.
Becker von Lienen Sost-Scheible
Hubert Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 503/13
vom
5. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 5. März 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung,
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin C. E. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 29. Mai 2013 dahin geändert, dass an Stelle der Verurteilung des Angeklagten zur Zahlung eines auf 5.000 Euro bezifferten Schmerzensgeldes nebst Zinsen und der zugehörigen Vollstreckbarkeitserklärung der Ausspruch tritt: „Der von der Nebenklägerin E. gegen den Angeklagten er- hobene Anspruch auf Schmerzensgeld ist dem Grunde nach gerechtfertigt.“ Von einer weiteren Entscheidung über den Adhäsionsantrag wird abgesehen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und wegen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Außerdem hat es eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts lernten sich der Angeklagte und die später geschädigte Zeugin E. im Mai 2010, beide alkoholkrank, während eines Klinikaufenthalts zum Zwecke einer stationären Entgiftung kennen. Es entwickelte sich alsbald eine Beziehung, bei der es immer wieder zu verbalen und auch körperlichen Auseinandersetzungen kam und die schließlich - nachdem es bereits zu einer kurzzeitigen Trennung gekommen war - nach den hier abgeurteilten Vorfällen im Dezember 2012 endete.
3
1. Im August 2012 warf der Angeklagte nach einer zunächst verbal geführten Auseinandersetzung den erhitzten Deckel einer Bratpfanne nach der Zeugin E. und traf sie am Kopf im Bereich der linken Augenbraue. Die Zeugin erlitt eine offene blutende Wunde; noch heute ist eine ca. 1 cm lange Narbe zu sehen.
4
2. Am 4. Dezember 2012 kam es in der Wohnung der Zeugin E. nach erheblichem beiderseitigen Konsum von Alkohol zu verbalen Auseinandersetzungen , in deren Verlauf der Angeklagte die Zeugin unter anderem als Mörderin beschimpfte, da sie am Tod ihrer Tochter, die Suizid begangen hatte, schuld sei. Sie reagierte nicht auf diese Provokation. Da sprang der Angeklagte plötzlich auf die auf einer Couch sitzende Zeugin und stieß seine Knie schmerzhaft gegen ihren Körper. Ihr gelang es noch, ihre Brille abzusetzen, bevor er ihr mehrfach mit der Faust ins Gesicht und auf ihren Körper schlug. Er würgte sie mit beiden Händen am Hals, bis sie benommen war, und schrie dabei, er wolle sie umbringen. Die Zeugin sah „Sternchen“, ihr wurde schwarz vor den Augen und sie vernahm ein „Fiepen“ in den Ohren. Sie stellte sich zunächst tot, um den Angeklagten dazu zu veranlassen, von ihr abzulassen. Als sie wieder zu sich kam, beobachtete sie den Angeklagten mit nur einem geöffneten Auge und stellte fest, dass sie eingenässt und in den Slip gekotet hatte. Der Angeklagte warf eine Bierflasche nach ihr und traf sie damit an der Oberlippe. Er begoss die Zeugin mit heißem parfümierten Wasser aus einer auf dem Wohnzimmertisch stehenden Duftlampe und versengte ihr dabei mit der darin befindlichen Kerze eine Haarsträhne. Die Zeugin verlor in Folge der geschilderten Misshandlungen einen Backenzahn; überdies kam es zu Hämatomen, einer blutenden Wunde an Mund und Nase und einer Schwerhörigkeit des linken Ohres, die nach ihren Angaben noch heute gegeben sei. Sie litt nach der Tat unter Kopfschmerzen , Übelkeit und Schluckbeschwerden.
5
3. Nachdem sich die Zeugin E. gesäubert und umgezogen hatte, legte sie sich ins Bett, um zu schlafen. Der Angeklagte folgte ihr, zog die Decke weg und fasste mit einer Hand zwischen ihre Schenkel. Er zog sie zu sich herum, während sie vergeblich versuchte, ihn wegzudrücken. Sie schrie ihn an, dass sie das nicht wolle, worauf der Angeklagte unter Zuhilfenahme der anderen Hand ihre Oberschenkel gewaltsam auseinander drückte. Er zerriss den Slip der Zeugin, zwickte oder biss sie in ihre linke Brust und drang mit mehreren Fingern gleichzeitig in ihre Scheide ein. Ihre Versuche, ihn von sich zu schieben , scheiterten. Nun zwickte oder biss er in ihr Geschlechtsteil und führte nacheinander verschiedene Vibratoren in ihre Scheide ein. Sie schrie ihn an, es tue ihr weh und sie müsse sich übergeben, und forderte ihn auf einzuhalten, was er dann auch tat. Die Zeugin erbrach sich und informierte vom Bad aus fernmündlich die Polizei, während der Angeklagte zunächst noch etwas trank und sich sodann schlafen legte. Ein von der Polizei durchgeführter Atemalkoholtest ergab bei der Geschädigten einen Wert von 2,37 Promille, bei dem Angeklagten einen solchen von 1,13 Promille. Die Geschädigte klagte über Schmerzen im Gesicht und wies Schwellungen und Verfärbungen der Haut im Bereich des linken Jochbeins sowie an beiden Seiten des Unterkiefers auf.
6
4. Am Nachmittag des 13. Dezember 2012 ließ die Zeugin E. den Angeklagten in ihre Wohnung. Es kam nach gemeinsamem Konsum von Alkohol zu lautstarken Diskussionen, in der er ihr nicht mehr feststellbare Vorhaltungen machte. Gegen 19.00 Uhr sprang er plötzlich ohne jede Vorwarnung auf die vor ihm sitzende Zeugin, würgte und beleidigte sie und schlug ihr mehrfach ins Gesicht , wodurch sie eine Schwellung an der Oberlippe erlitt. Ein von der benachrichtigten Polizei durchgeführter Atemalkoholtest ergab bei der Zeugin einen Wert von 3,22 Promille.
7
5. Nach den Feststellungen der Strafkammer war es nicht auszuschließen , dass der Angeklagte bei Begehung der vorgenannten Taten aufgrund seiner Alkoholerkrankung jeweils in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war. Dies führte nach jeweiliger Strafrahmenmilderung gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu Einzelstrafen von einem Jahr und drei Monaten für die Taten II.1 und II.4, von zwei Jahren und sechs Monaten für die Tat II.2 sowie von drei Jahren und sechs Monaten für die Tat II.3, die die Kammer zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren zusammenführte.

II.


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Die Revision des Angeklagten hat lediglich hinsichtlich des Adhäsionsausspruchs teilweise Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
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1. Die (zulässig erhobene) Verfahrensrüge greift nicht durch. Das Landgericht durfte zwar den Beweisantrag auf Einholung eines psychologischen Gutachtens zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin E. nicht unter Berufung auf eigene Sachkunde ablehnen; denn in der Person der Zeugin lagen besondere Umstände vor, deren Würdigung eine spezielle Sachkunde erforderte, die dem Gericht nicht zur Verfügung steht (vgl. nur BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 5 StR 174/12, NStZ-RR 2012, 343, 354). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den bei der Zeugin festgestellten, auf den übermäßigen Genuss von Alkohol zurückzuführenden Gehirnschwund, bei dem nach Angaben einer hierzu vernommenen psychiatrischen Sachverständigen mit „kognitiven“ Einschränkungen gerechnet werden kann, wobei diese aber nicht zwingend seien. Hinzu kommt - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist -, dass die Zeugin unmittelbar nach den Taten zu II.2 und II.3 bzw. II.4 bei Atemalkoholtests eine Blutalkoholkonzentration von 2,37 bzw. 3,22 Promille aufwies und bei diesem Grad von Alkoholisierung die Fähigkeit von Zeugen, Sachverhalte zutreffend aufzunehmen, beeinträchtigt gewesen sein kann (BGH StV 1990, 289). Auf der fehlerhaften Ablehnung des Beweisantrags beruht aber das angefochtene Urteil nicht. Dies ist auszuschließen, wenn die Wahrnehmungsfähigkeit und Aussagetüchtigkeit der Aussageperson auf andere Weise festzustellen ist, etwa weil sich - wie hier der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift im Einzelnen ausgeführt hat - aus den Urteilsgründen ergibt, dass deren Angaben durch andere Beweismittel unterstützt werden (BGH, Beschluss vom 30. Juli 2009 - 3 StR 270/09).
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2. Die Überprüfung des Schuld- und Strafausspruchs aufgrund der allgemein erhobenen Sachrüge hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.
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3. Dagegen begegnet der Adhäsionsausspruch - jedenfalls soweit der Zeugin E. ein Schmerzensgeld inHöhe von 5.000 Euro zugesprochen wird - durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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a) Die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes hat das Landgericht lediglich mit der Begründung gerechtfertigt, dass „unter Berücksichtigung der vorstehend getroffenen Feststellungen die Festsetzung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 5000 € angemessen, aber auch ausreichend sei“. Eine solche Begründung genügt nicht. Die Urteilsgründe müssen alle Erwägungen ansprechen , die für die Bemessung des Schmerzensgeldes von Bedeutung sein können.
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Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind nicht nur die Schwere der Tat und die durch die Tat verursachten Folgen für den Verletzten, sondern regelmäßig auch die wirtschaftlichen Verhältnisse von Täter und Opfer (BGH, Urteil vom 19. Februar 2014 - 2 StR 239/13 mwN). Der formelhaften Begründung des Landgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass dies alles gebührend berücksichtigt worden ist.
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b) Der Ausspruch über das Schmerzensgeld muss aber nicht im Ganzen aufgehoben werden. Hat das Tatgericht dem Verletzten ein Schmerzensgeld zugesprochen und beanstandet das Revisionsgericht - wie hier - lediglich dessen Bemessung, so kann die Zuerkennung des Schmerzensgeldanspruchs dem Grunde nach aufrechterhalten bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2014 - 2 StR 239/13).
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4. Der Rechtsmittelerfolg des Beschwerdeführers ist so gering, dass es nicht geboten ist, ihn aus Billigkeitsgründen teilweise von der Kosten- und Auslagenlast freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Fischer Appl Krehl
Eschelbach Ott