Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Aug. 2017 - 3 StR 227/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:100817B3STR227.17.0
bei uns veröffentlicht am10.08.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 227/17
vom
10. August 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:100817B3STR227.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 10. August 2017 gemäß § 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 16. Januar 2017 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall IV.1. der Urteilsgründe wegen fahrlässiger verspäteter Insolvenzantragstellung verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last,
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der fahrlässigen verspäteten Insolvenzantragstellung , des Betruges in fünf Fällen sowie der Vereitelung der Zwangsvollstreckung schuldig ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger verspäteter Insolvenzantragstellung in zwei Fällen, Betruges in fünf Fällen sowie Vereitelung der Zwangsvollstreckung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensbeanstandungen und die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zur teilweisen Einstellung des Verfahrens und hat insoweit zum Schuldspruch den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Soweit der Angeklagte im Fall IV.1. der Urteilsgründe wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung betreffend die F. GmbH verurteilt worden ist, ist das Verfahren gemäß § 206a Abs. 1 StPO einzustellen, weil hinsichtlich dieser Tat mit Ablauf des 6. Oktober 2014 das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung eingetreten ist.
3
Die Verjährungsfrist der fahrlässigen Insolvenzverschleppung, die gemäß § 15a Abs. 1, 4 und 5 InsO mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bedroht ist, beträgt drei Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB) und begann hier mit Beendigung der Tat durch den Beschluss des Amtsgerichts Nordhorn zur Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der F. GmbH mangels Masse am 18. Februar 2011 zu laufen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 5 StR 166/08, BGHSt 53, 24, 26). In der Folgezeit wurde die Verjährung mehrfach unterbrochen, zuletzt durch die Durchsuchungsanordnungen des Amtsgerichts Osnabrück vom 7. Oktober 2011 (§ 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB). Eine weitere Unterbrechung innerhalb der hierdurch neu in Gang gesetzten Frist wurde nicht herbeigeführt.
4
Insbesondere war die in den betreffenden Zeitraum fallende Beauftragung des Sachverständigen Dr. H. durch die Staatsanwaltschaft Osnabrück am 4. Juli 2014 nicht geeignet, eine verjährungsunterbrechende Wirkung zu entfalten. Zwar wird die Verjährung gemäß § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB durch die Beauftragung eines Sachverständigen durch einen Richter oder Staatsanwalt unterbrochen, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekannt gegeben worden ist. Jedoch gilt dies nicht ausnahmslos. Die Vorschriften über die Unterbrechung der Verjährung sind als Ausnahmevorschriften eng auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1979 - 4 StR 127/79, BGHSt 28, 381, 382; Beschluss vom 22. Mai 2006 - 5 StR 578/05, BGHSt 51, 72, 79). Hieraus folgt für die Regelung des § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB, dass nicht jede Inanspruchnahme eines Gutachters die Voraussetzungen einer "Beauftragung" im Sinne dieser Norm erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1979 - 4 StR 127/79, BGHSt 28, 381, 382). Eine Einschränkung ist unter anderem in den Fällen der mehrfachen Einholung von Sachverständigengutachten geboten. Diese können jeweils nur dann verjährungsunterbrechende Wirkung entfalten, wenn entweder die Person des Sachverständigen ausgewechselt oder demselben Sachverständigen ein völlig neues Beweisthema aufgegeben wird (LK/Schmid, StGB, 12. Aufl., § 78c Rn. 27; S/S-SternbergLieben /Bosch, StGB, 29. Aufl., § 78c Rn. 11). Letzteres setzt dabei voraus, dass der Sachverständige bei seiner erneuten Inanspruchnahme damit beauftragt wird, nunmehr zu einer weiteren Frage, die nicht bereits Gegenstand des ersten Auftrages war, gutachterlich Stellung zu nehmen (BayObLG, Beschluss vom 11. Oktober 1976 - 1 Ob OWi 291/76, BayObLGSt 1976, 114, 116). Demgegenüber reicht es nicht aus, wenn er lediglich um Erläuterung oder Ergänzung eines bereits erstatteten Gutachtens gebeten wird (BayObLG aaO; LK/Schmid aaO; S/S-Sternberg-Lieben/Bosch aaO). In diesem Sinne sind auch Handlungen eines Richters oder Staatsanwalts, die der Erstattung eines schriftlichen Gutachtens nachfolgen und die auf die Präzisierung der Ausführungen des Sachverständigen oder die Beseitigung von Unklarheiten gerichtet sind, ebenso wie Fragen an den Sachverständigen im Rahmen seiner Vernehmung über das Gutachten nicht als neue Aufträge anzusehen (BayObLG aaO).
5
Nach diesen Maßstäben konnte die Beauftragung des Sachverständigen Dr. H. am 4. Juli 2014 keine verjährungsunterbrechende Wirkung im Sinne des § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB entfalten, da die Staatsanwaltschaft Osnabrück denselben Sachverständigen bereits am 2. August 2011 damit betraut hatte, ein betriebswirtschaftliches Sachverständigengutachten (unter anderem) zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der F. GmbH und der Erkennbarkeit dieses Umstandes für die Geschäftsführer zu erstellen. Der Auftrag vom 4. Juli 2014 umfasste auch kein neues Beweisthema. Der Sachverständige wurde insoweit lediglich um "ergänzende Stellungnahme" gebeten, ob das zwischenzeitlich eingegangene Vorbringen des Verteidigers etwas am Ergebnis des auf den Auftrag vom 2. August 2011 hin erstatteten Gutachtens vom 29. Februar 2012 ändere. Bereits die Bezeichnung der Zielrichtung des neuerlichen Auftrags als "ergänzende gutachterliche Stellungnahme" sowie die ausdrückliche Bezugnahme auf das Ausgangsgutachten verdeutlichen den Rekurs auf das diesem zugrunde liegende Beweisthema. Eine positive Umschreibung eines davon abzugrenzenden oder darüber hinausgehenden, eigenständigen Themenbereichs ist der Auftragsverfügung vom 4. Juli 2014 nicht zu entnehmen. Der Umstand, dass der Verteidiger des Angeklagten zwischenzeitlich zu dem tatgegenständlichen Verdacht der Insolvenzverschleppung betreffend die F. GmbH Stellung genommen und den Vorwurf zurückgewiesen hatte, vermag daran nichts zu ändern. Dies allein reicht nicht aus, um der Fragestellung des Auftrags vom 4. Juli 2014 die inhaltliche Qualität eines eigenen Beweisthemas zu verleihen. Die nunmehr vorliegende Stellungnahme des Verteidigers betraf stattdessen lediglich die tatsächliche Grundlage für die Bearbeitung des bereits im Auftrag für das Ausgangsgutachten definierten Beweisthemas und hätte bereits dort Berücksichtigung gefunden, wenn sie seinerzeit bekannt gewesen wäre. In diesem Fall hätte es jedenfalls insoweit einer neuerlichen, ergänzenden Inanspruchnahme des Sachverständigen auch nicht bedurft.
6
Sonstige verjährungsunterbrechende Maßnahmen nach § 78c Abs. 1 StGB wurden innerhalb der durch die letzte Unterbrechung am 7. Oktober 2011 neu in Gang gesetzten Frist nicht veranlasst. Die diesbezüglich zeitlich nächste Handlung bestand in dem - später wieder zurückgenommenen - Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gegen den Angeklagten vom 7. Juli 2015 (§ 78c Abs. 1 Nr. 6 StGB), der jedoch erst am 13. Juli 2015 beim Amtsgericht Nordhorn einging und damit außerhalb des maßgebenden Zeitraums lag.
7
2. Die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der Tat zu Fall IV.1. der Urteilsgründe hat die aus der Entscheidungsformel ersichtliche Änderung des Schuldspruchs zur Folge. Der dadurch bedingte Wegfall der zugehörigen Einzelstrafe führt hier jedoch nicht zur Aufhebung der Gesamtstrafe; diese hat vielmehr Bestand. In Anbetracht der verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen von sieben Monaten, fünf Monaten, drei Mal drei Monaten und zwei Mal zwei Monaten ist mit Blick auf die im eingestellten Fall verhängte Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten auszuschließen, dass das Landgericht bei entsprechender Teileinstellung des Verfahrens auf eine niedrigere als die ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
8
3. Angesichts des geringen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
VRiBGH Becker befindet Schäfer Gericke sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Schäfer Tiemann Hoch

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Aug. 2017 - 3 StR 227/17

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Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc
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Strafgesetzbuch - StGB | § 78 Verjährungsfrist


(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht. (3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjäh

Strafprozeßordnung - StPO | § 206a Einstellung des Verfahrens bei Verfahrenshindernis


(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen. (2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

Insolvenzordnung - InsO | § 15a Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit


(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahl

Strafgesetzbuch - StGB | § 78c Unterbrechung


(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch 1. die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,2. jede richterliche Vernehmung des B

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.

(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist

1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.

(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Die Insolvenzantragspflicht des Schuldners entfällt nicht schon,
wenn ein Gläubiger Insolvenzantrag gestellt hat, sondern erst
mit der Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Eröffnung
des Insolvenzverfahrens.
Ein Liquidator ist nicht nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG strafbar,
wenn er nach Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
mangels Masse die Stellung eines Insolvenzantrags unterlässt
, obwohl der in Liquidation befindlichen Gesellschaft
mittlerweile neue Vermögenswerte zugefallen sind, die allerdings
nicht ausreichen, die Insolvenzlage zu beseitigen.
BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 5 StR 166/08
LGGörlitz–

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2008

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 15. Januar 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben
a) im Fall II. H der Urteilsgründe; insoweit wird der Angeklagte auf Kosten der Staatskasse freigesprochen; dieser werden die ihm hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt;
b) in den Fällen II. A 2. a, II. A 2. b, II. B 1., II. B 2. und II. D 1. bis II. D 25. der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen und im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung 1. b wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freispruch im Übrigen – wegen Betrugs in drei Fällen, wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 25 Fällen und wegen vorsätzlichen Bankrotts in zwei Fällen unter Einbezie- hung einer Freiheitsstrafe (und unter Außerachtlassung von Einzelgeldstrafen ) aus dem Urteil des Amtsgerichts Löbau vom 28. Mai 2002 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Daneben hat es mit Blick auf eine Zäsurwirkung der Vorentscheidung eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten wegen Untreue und wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in zwei Fällen verhängt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den – über den vom Generalbundesanwalt beantragten Umfang hinausgehenden – aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
1. Der Angeklagte überredete als Geschäftsführer der R. B. mbH (im Folgenden: R. ) im August 2001 den Botschafter der Republik Mongolei (davon im zweiten Fall durch den von ihm beeinflussten gutgläubigen Betriebsleiter Z. ), für den Umbau von Botschaftsgebäuden Baukostenvorschüsse in Höhe von jeweils über 300.000 DM zu leisten. Dabei verschwieg der Angeklagte, dass die R. infolge spätestens Ende Juli 2001 eingetretener Zahlungsunfähigkeit nicht mehr zahlungsfähig war. Das Landgericht hat diese Feststellung aus kriminalistischen Anzeichen abgeleitet (rückständigem Arbeitslohn, ausbleibender Bezahlung der Lieferanten und Subunternehmer mit der Folge des Abbruchs der Bauarbeiten sowie rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen nach erfolglosem Vollstreckungsversuch und Einstellung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens nach Antragsrücknahme durch die Krankenkasse im Zeitraum April und Mai 2001, Stundungsschreiben an die Krankenkassen vom 27. Juli 2001). In Höhe der geleisteten Baukostenvorschüsse hat das Landgericht konkrete Vermögensgefährdungen angenommen. Soweit die Vorschüsse tatsächlich nicht mehr für das Bauvorhaben verwendetet worden seien, nämlich in Höhe von rund 48.000 DM (Fall II. A 2. a der Urteilsgründe) bzw. rund 109.000 DM (II. A 2. b der Urteilsgründe), sei von einem tatsächlichen Vermögensschaden auszugehen.
4
2. Der Angeklagte beauftragte für das genannte Bauvorhaben im September 2001 einen Maler (II. B 1. der Urteilsgründe) bzw. Anfang November 2001 einen Maurer (II. B 2. der Urteilsgründe) als Subunternehmer, obwohl die R. zahlungsunfähig war. Die Subunternehmer, die die geschuldeten Bauleistungen in entsprechendem Umfang erbrachten, fielen mit rund 40.000 DM bzw. 20.000 DM aus. Diesen Sachverhalt hat das Landgericht , wohl mit Blick auf einen einheitlichen Tatentschluss des Angeklagten, als Betrug in zwei tateinheitlich begangenen Fällen gewertet.
5
3. In 25 Fällen führte der Angeklagte im Zeitraum von Februar 2001 bis Januar 2002 die Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer der R. gegenüber verschiedenen Krankenkassen zunächst nicht ab (Fälle II. D 1. bis II. D 25. der Urteilsgründe), beglich aber nachträglich einen gewichtigen Teil der offenen Beitragsforderungen.
6
4. Trotz der eingetretenen (von ihm spätestens am 27. Juli 2001 erkannten ) Zahlungsunfähigkeit stellte der Angeklagte den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2000 nicht bis zum 30. Juni 2001, sondern erst am 27. Februar 2002 auf (Fall II. E der Urteilsgründe); desgleichen sammelte er seit Januar 2001 weder sämtliche Rechnungen und Belege noch erfasste er die Bargeschäfte mittels Kasse ordnungsgemäß (Fall II. F der Urteilsgründe). Der Angeklagte stellte auch keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Fall II. C der Urteilsgründe). Erst aufgrund eines vom Finanzamt am 8. April 2002 gestellten Insolvenzantrags wurde mit Beschluss vom 5. August 2002 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der R. mangels eines die Kosten des Verfahrens deckenden Vermögens abgelehnt: Die R. verfügte laut einer damals erstellten Vermö- gensübersicht lediglich über einen Geldbetrag in Höhe von 100 Euro. Dem standen Verbindlichkeiten in Höhe von rund 813.000 Euro gegenüber.
7
5. Im Zuge eines weiteren, schließlich nicht realisierten Bauvorhabens gelang es dem Angeklagten, der nunmehr die Stellung eines Liquidators innehatte , der R. zustehende Auflassungsvormerkungen für 100.000 Euro im Oktober 2004 zu verkaufen. Den nach Abzug der Notarkosten am 21. Oktober 2004 überwiesenen Betrag von rund 99.400 Euro verbrauchte der Angeklagte überwiegend für sich (Fall II. G der Urteilsgründe). Auch stellte er (wiederum) keinen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis spätestens zum Ablauf des 11. November 2004 (Fall II. H der Urteilsgründe

).


II.


8
Die Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg.
9
1. Der Schuldspruch hält in den Fällen II. A 2. a, II. A 2. b, II. B 1., II. B 2. sowie II. D 1. bis II. D 25. und II. H der Urteilsgründe der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Eines Eingehens auf die vom Beschwerdeführer erhobene Aufklärungsrüge (unterbliebene Vernehmung des Sachverständigen M. zur Frage der fortbestehenden Zahlungsunfähigkeit im Zeitraum von Juli 2001 bis Mai 2002) bedarf es insoweit nicht.
10
a) In den beiden zu Lasten der Republik Mongolei begangenen Betrugstaten (II. A 2. a und II. A 2. b der Urteilsgründe) ist entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts dem Urteil hinreichend deutlich zu entnehmen, dass das Landgericht die schadensrelevante Täuschungshandlung in der Vorspiegelung tatsächlich nicht mehr gegebener Zahlungsfähigkeit gesehen hat (UA S. 19 f.). Nach den Urteilsfeststellungen war wegen der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit der R. die vertragsgerechte Verwendung der ungesicherten Vorschussleistungen nicht gewährleistet. Eine entsprechende, regelmäßig konkludente Täuschungshandlung ist grundsätzlich betrugsrelevant.
11
Gleichwohl weist das Urteil hier insoweit einen Rechtsfehler auf, als das Landgericht das Leistungsunvermögen der R. nicht allein am Maßstab der generellen Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO hätte feststellen dürfen. Dies wird der vorliegend gegebenen Fallkonstellation nicht gerecht. Denn anders als in den Fällen des Lieferantenkreditbetrugs (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 1, 2) oder des Betrugs gegenüber Subunternehmern (vgl. dazu BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 67) geht es im Vertragsverhältnis zur Republik Mongolei nicht um die Erfüllung von Geldforderungen, sondern um die Zusage zur vertragsgerechten Verwendung von im Voraus gezahltem Werklohn. Die Erwägungen des Landgerichts lassen unberücksichtigt, dass der Angeklagte im ersten Betrugsfall mehr als 80 % des Vorschusses und im zweiten Betrugsfall immerhin noch fast 60 % des Vorschusses für das Bauvorhaben verwendete. Ob die Restbeträge , über deren Verbleib das Landgericht keine Feststellungen getroffen hat, infolge der Zahlungsunfähigkeit der R. , insbesondere etwa infolge von Pfändungen, nicht mehr in das Bauvorhaben investiert werden konnten, bleibt hingegen offen. Damit ist nach den bisherigen Feststellungen nicht auszuschließen, dass die R. bei der Zusage im August 2001 zumindest zur vollständigen vertragsgerechten Verwendung der Baukostenvorschüsse noch in der Lage war und der Angeklagte als Geschäftsführer mit entsprechendem Willen handelte.
12
Auf die nur die Verurteilung in den Fällen II. A 2. a und II. A 2. b betreffende Verfahrensrüge (rechtsfehlerhafte Belehrung des Botschafters im Rahmen der nach § 247a StPO durchgeführten audiovisuellen Vernehmung) kommt es wegen des durchgreifenden sachlichrechtlichen Fehlers nicht mehr an.
13
b) Im Betrugsfall zu Lasten des Malers fehlen Feststellungen, ob die Baukostenvorschüsse zur Begleichung dieser Rechnungen noch ausgereicht hätten. Dies liegt deswegen nicht fern, weil die R. , wie ausgeführt, noch über Restbeträge aus den Vorschüssen verfügte. Die subjektive Tatseite seitens des Angeklagten, die Vorschüsse nicht an die Subunternehmer weiterzuleiten (vgl. dazu BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 67), ist ebenfalls nicht festgestellt.
14
Die nunmehr vollständige Zahlungsunfähigkeit im Betrugsfall zu Lasten des Maurers ist zwar für sich genommen mit Blick auf den Verbrauch der Geldmittel im November 2001 belegt (UA S. 25). Jedoch erfolgt wegen der – in der Sache gleichwohl rechtsfehlerhaften – tateinheitlichen Verurteilung auch insoweit die Urteilsaufhebung (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 353 Rdn. 7a).
15
c) In den 25 Fällen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) genügt bereits die Berechnungsdarstellung hinsichtlich der Höhe der nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile nicht den vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (BGHR StGB § 266a Sozialabgaben 4 und 5; BGH wistra 2006, 425, 426; jeweils m.w.N.) aufgestellten Grundsätzen. Es sind weder die Löhne noch die Höhe der jeweiligen Beitragssätze der betroffenen Sozialversicherungsträger festgestellt.
16
Bezüglich 20 Fälle des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt hat das Landgericht zudem nicht die Vorschrift des § 266a Abs. 5 Satz 2 StGB a.F. (= § 266a Abs. 6 Satz 2 StGB n.F.) berücksichtigt. Danach wird der Arbeitgeber nicht bestraft, wenn er spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich die Höhe der vorenthaltenen Beträge mitteilt und darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich ernsthaft darum bemüht hat, und die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet werden. Das Urteil lässt mangels Feststellungen zu den Umständen der nachträglichen Zahlungen eine Überprüfung dieses Strafaufhebungsgrundes nicht zu. Es wird weder mitgeteilt, ob der Angeklagte rechtzeitig die Krankenkassen über die Rückstände und deren Gründe benachrichtigte, noch, ob er die Sozialversicherungsbeiträge rechtzeitig, das heißt innerhalb ihm gesetzter Fristen, nachzahlte.
17
In den verbleibenden fünf Fällen waren die Arbeitnehmeranteile erst ab Mitte November 2001, überwiegend im Dezember 2001 und Januar 2002 fällig. Für diesen Tatzeitraum ist aber – auch nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe unter besonderer Berücksichtigung der Feststellungen zum Fall II. B 2. – nicht belegt, dass die R. noch in ausreichendem Umfang liquide Mittel hatte, um die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen (vgl. dazu BGHSt 47, 318, 319 f.; BGH wistra 2008, 384). Vielmehr geht das Landgericht ganz im Gegenteil davon aus, dass im November 2001 die finanziellen Mittel „vollständig aufgebraucht“ waren (UA S. 25). Es hätte deshalb in den Urteilsgründen der Darlegung bedurft, ob der Angeklagte die Erfüllung der Beitragspflichten schon vorher hätte sichern können und dies auch erkannt hat.
18
d) Im Fall II. H der Urteilsgründe tragen die Feststellungen – anders als im Fall II. C der Urteilsgründe für den Zeitraum ab dem 17. August 2001 (dazu unter aa) – nicht den Schuldspruch wegen (erneuter) Insolvenzverschleppung ; der Angeklagte ist in diesem Fall aus rechtlichen Gründen freizusprechen (dazu unter bb). Entgegen der Auffassung des Landgerichts oblag dem Angeklagten nach der Überweisung von fast 100.000 Euro am 21. Oktober 2004, nachdem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits abgelehnt war, keine erneute strafbewehrte Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 84 Abs. 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 GmbHG.
19
aa) Nach § 84 Abs. 1 Nr. 2, § 64 Abs. 1 GmbHG macht sich der Geschäftsführer einer GmbH strafbar, wenn er nicht spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt. Die Pflicht als Geschäftsführer der R. , einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, hat der Angeklagte vorsätzlich verletzt. Mithin ist die Verurteilung unter II. C der Urteilsgründe und zwar in vollem Umfang zu Recht erfolgt:
20
(1) Die Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO (vgl. dazu BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 2) ist hier ausreichend – auch mit Blick auf das Geständnis des sachkundigen Angeklagten – durch die vom Landgericht angeführten „wirtschaftskriminalistischen Beweisanzeichen“ (vgl. dazu BGH wistra 2003, 232 m.N.; zum Inhalt eines Liquiditätsstatus BGH wistra 2001, 306, 307; Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht 4. Aufl. § 76 Rdn. 57 ff.) für den Zeitraum ab Ende Juli 2001 belegt. Entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers ist nicht von einer bloßen Zahlungsstockung im Zeitraum Juli/August 2001 auszugehen. Denn dem Gesamtgeschehensablauf (insbesondere UA S. 25) ist zu entnehmen, dass die geleisteten Baukostenvorschüsse alsbald verbraucht waren und die Zahlungsfähigkeit nicht dauerhaft wiederherstellen konnten. Bereits ab Oktober 2001 bezahlte die R. wiederum nicht die Subunternehmer, die daraufhin erneut die Baustelle verließen.
21
(2) Die ohnehin erst nach Tatvollendung erfolgte Antragstellung durch das Finanzamt vom 8. April 2002 ließ die Pflicht des Angeklagten zur Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt. Die Insolvenzverschleppung war mithin erst mit Rechtskraft des Beschlusses vom 5. August 2002 beendet, mit dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wurde.
22
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Konkursordnung ist die Pflicht des Gemeinschuldners nicht bereits dadurch entfallen, dass ein Gläubiger Konkursantrag gestellt hat (BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Antragspflicht 1; BGH, Urteil vom 5. Juli 1956 – 3 StR 140/56). Die Konkursverschleppung als Dauerdelikt und Unterlassungstat war erst dann beendet, wenn das Konkursverfahren auf Antrag des Gläubigers eröffnet wurde (BGH, Beschluss vom 13. Februar 1979 – 5 StR 814/78; offen gelassen in BGHR GmbHG § 64 Abs. 1 Antragspflicht 1 für den Fall der Ablehnung des Konkursantrags mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse). Trotz gewichtiger Gegenargumente (vgl. Tiedemann, GmbH-Strafrecht 4. Aufl. § 84 Rdn. 91; Müller-Gugenberger/Bieneck aaO § 84 Rdn. 10; Wegner in Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht 2. Aufl. Kap. VII Rdn. 43) lässt auch unter Geltung der Insolvenzordnung die Antragstellung durch einen Gläubiger die eigene Pflicht des Schuldners nicht entfallen.
23
Zwar muss nach der Insolvenzordnung der Schuldner nicht mehr – wie nach § 104 KO a.F. – ein besonderes Verzeichnis der Gläubiger und Schuldner sowie eine Übersicht über die Vermögensmasse mit seinem Insolvenzantrag zusammen vorlegen. Er ist vielmehr nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 InsO zur Erteilung von Auskünften verpflichtet. Damit enthält der Schuldnerantrag aufgrund der Neuregelung des Antragsrechts in der Insolvenzordnung gegenüber der alten Rechtslage nunmehr für das Insolvenzgericht keine vorteilhafteren Informationsmöglichkeiten.
24
Gleichwohl sprechen die gewichtigeren Argumente dafür, dass es bei der eigenen Antragstellung durch den Schuldner für die Beendigung der Strafbewehrung verbleiben muss (so auch Schaal in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze 160. Ergänzungslieferung [Februar 2006] § 84 GmbHG Rdn. 21; Grube/Maurer GmbHR 2003, 1461 ff.; OLG Dresden GmbHR 1998, 830 zur Gesamtvollstreckungsordnung).
25
Der Gläubiger kann, ohne dies zu begründen, seinen Antrag nach § 13 Abs. 2 InsO bis zur Verfahrenseröffnung oder rechtskräftigen Abweisung seines Antrags mit der Folge zurücknehmen, dass die – nach Amtsermittlungsgrundsätzen vorzunehmende – Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen entfällt. In diesem Falle entstünde – bei weiter gegebenen Insolvenzgründen wie hier – dann erneut der mit § 64 GmbHG unvereinbare Zustand, dass die Gesellschaft zwar insolvenzreif ist, über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aber nicht entschieden wird. Der mit der Antragspflicht des Geschäftsführers verfolgte Zweck, bei Vorliegen von Insolvenzgründen eine Entscheidung des Insolvenzgerichts über die weitere werbende Tätigkeit der GmbH oder aber die geordnete Verwertung ihres Vermögens zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger (§ 1 Satz 1 InsO) herbeizuführen, würde verfehlt, wollte man einen Insolvenzantrag eines zur Antragstellung nicht verpflichteten Gläubigers einer GmbH mit der damit verbundenen jederzeitigen Möglichkeit der voraussetzungslosen Beendigung des Insolvenzverfahrens durch Antragsrücknahme als einen Grund für ein Erlöschen der Antragspflicht des Geschäftsführers anerkennen. Die Stellung eines Insolvenzantrags eines Gläubigers kann somit nicht geeignet sein, die Pflicht des Geschäftsführers gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG zum Erlöschen zu bringen, und vermag dessen nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG gegebene Strafbarkeit nicht zu beenden. Soweit der Verpflichtete den Insolvenzantrag nicht selbst stellt und die ihm obliegende Handlungspflicht unterlässt, verliert dies erst dann an Relevanz, wenn über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entschieden wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt ginge nämlich eine Insolvenzantragstellung durch den nach § 64 Abs. 1 GmbHG verpflichteten Geschäftsführer ins Leere. Deshalb ist der für die Beendigung maßgebliche Zeitpunkt der Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses vom 5. August 2002 als Tag der Entscheidung über die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
26
An das Ende der Antragspflicht ist die Beendigung der Insolvenzverschleppung geknüpft. Im Interesse der Rechtssicherheit muss der Beendigungszeitpunkt , der insbesondere für den Verjährungsbeginn ausschlaggebend ist, eindeutig bestimmt sein. Dies wäre bei einem Fremdantrag wegen der Rücknahmemöglichkeit nicht in gleicher Weise gewährleistet. Mit dem Abstellen auf den Schuldnerantrag ist auch die Konstruktion eines Wiederauflebens der Antragspflicht für den Schuldner nach Rücknahme des Fremdantrags (vgl. dazu Tiedemann aaO Rdn. 91; Müller-Gugenberger/Bieneck aaO Rdn. 10) entbehrlich.
27
bb) Nach dem Beschluss des Insolvenzgerichts ist keine neuerliche strafbewehrte Antragspflicht nach § 64 Abs. 1 GmbHG mehr entstanden.
28
(1) Die R. war mit demBeschluss des Insolvenzgerichts vom 5. August 2002 aufgelöst (§ 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG, § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO). Diese Auflösung, die eine nach §§ 66 ff. GmbHG vorzunehmende Abwicklung der GmbH einleitet (Schulze-Osterloh/Fastrich in Baumbach /Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 60 Rdn. 27), war gemäß § 65 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GmbHG von Amts wegen in das Handelsregister einzutragen. Der Angeklagte als Liquidator (§ 66 Abs. 1 GmbHG) hatte damit die nach § 70 GmbHG bezeichneten Aufgaben zur Beendigung der R. zu erfüllen und u. a. die Pflichten aus § 71 Abs. 4 GmbHG, darunter eine bestehende Insolvenzantragspflicht, wahrzunehmen. Etwa noch vorhandenes Vermögen musste er nach §§ 73, 72 GmbHG vorrangig an die Fremdgläubiger der R. verteilen. Die Abwicklung ist dabei erst dann im Sinne des § 74 Abs. 1 GmbHG beendet, wenn kein verteilungsfähiges Aktivvermögen mehr zur Verfügung steht (Schaal in Erbs/Kohlhaas aaO § 66 GmbHG Rdn. 2 m.N.). Zwar trifft auch den Liquidator eine strafbewehrte Pflicht zur Insolvenzantragstellung (§ 71 Abs. 4 i.V.m. § 64 Abs. 1, § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG). Dies gilt aber nur für den Fall, dass die Gesellschaft in der Liquidation insolvenzreif wird, nicht aber für das Liquidationsverfahren nach der Ablehnung der Insolvenzeröffnung, weil in dem letzteren ja bereits über die Durchführung eines Insolvenzverfahrens abschlägig entschieden wurde.
29
(2) Eine strafbewehrte Insolvenzantragspflicht ist auch durch den Zahlungseingang am 21. Oktober 2004 nicht wieder aufgelebt. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen konnten durch den Geldbetrag von fast 100.000 Euro Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der GmbH nicht beseitigt werden; vielmehr hätte er nur ausgereicht, die Kosten für das Insolvenzverfahren zu decken. Mithin bestand die Insolvenzlage unverändert fort.
30
Bei dieser Sachlage kommt eine Strafbarkeit wegen (erneuter) Insolvenzverschleppung nicht in Betracht. Das strafbewehrte „Aufleben“ der Antragspflicht infolge neuer die Kosten eines Insolvenzverfahrens nunmehr voraussichtlich deckender Vermögensmittel im Beendigungsstadium der nach Auflösung abzuwickelnden GmbH ist vom Wortlaut der Strafvorschriften der § 84 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 71 Abs. 4, § 64 Abs. 1 GmbHG nicht erfasst (a.A. Tiedemann aaO § 84 Rdn. 88; Müller-Gugenberger/Bieneck aaO § 84 Rdn. 21; Köhler in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 3. Aufl. Kap. 7 Rdn. 338; Wegner in Achenbach/Ransiek aaO Rdn. 41; Maurer wistra 2003, 174, 176; vgl. auch Schaal in Erbs/Kohlhaas aaO § 84 GmbHG Rdn. 22 gegen ein strafbewehrtes Wiederaufleben der Antragspflicht bei einer bereits gelöschten GmbH; zustimmend Michalski, GmbHG 2002 § 84 Rdn. 90; Pelz in Heidelberger Kommentar zum AktG, § 401 Rdn. 3). Diese Normen knüpfen die Strafbewehrung der Verletzung der Antragspflicht allein an den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung. So macht sich etwa der Liquidator einer durch Beschluss der Gesellschafter aufgelösten (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG), an sich aber nach wie vor „lebensfähigen“ oder nach Überwindung der Insolvenz wieder „lebensfähig“ gewordenen GmbH nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 71 Abs. 4, § 64 Abs. 1 GmbHG strafbar, wenn im Stadium zwischen Auflösung und Beendigung der GmbH diese zahlungsunfähig wird oder überschuldet ist und der Liquidator nicht fristgemäß Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt.
31
(3) Das „Wiederaufleben“ der Antragspflicht im Liquidationsstadium mag in zivilrechtlicher Hinsicht begründbar sein, wenn die GmbH – anders als zum Zeitpunkt der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens – über ausreichende Geldmittel zur Deckung der Verfahrenskosten verfügt. Diese Frage bedarf ebenso wenig der Vertiefung wie diejenige, ob der Liquidator auch nach Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 20 Abs. 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 InsO insolvenzrechtlich zu einer Mitteilung verpflichtet sein könnte. Für die Beurteilung der Strafbarkeit nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 64 Abs. 1, § 71 Abs. 4 GmbHG ist dies ohne Belang , weil nach dem Wortlaut dieser Vorschriften nur dann eine Strafbarkeit entsteht, wenn Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit eintritt und der Liquidator die Stellung eines Insolvenzantrags unterlässt. Daraus folgt aber umgekehrt, dass die Gesellschaft vorher nicht in der Krise gewesen sein darf, sondern vielmehr erst in den Zustand der Krise geraten muss, der dann die Insolvenzantragspflicht auslöst. Ist dagegen das Tatbestandsmerkmal der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung durchgängig erfüllt, stünde einer Strafbarkeit, mag auch eine zivilrechtliche Pflicht bestehen, das Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG) entgegen. Im Falle einer nach § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG aufgelösten GmbH ist eine (erneute) Insolvenzverschleppung nur in der (allerdings theoretischen) Konstellation mit dem Wortlaut vereinbar , dass die Überschuldung bzw. die Zahlungsunfähigkeit der GmbH im Liquidationsverfahren beseitigt wird und die GmbH anschließend wiederum in eine Krise gerät. Eine Strafbarkeitslücke entsteht hierdurch nicht, weil die zweckwidrige Verwendung im Beendigungsstadium eingehender Gelder für den Liquidator regelmäßig – wie auch hier – eine Strafbarkeit wegen Untreue begründen wird.
32
Eine erneute Verurteilung des Angeklagten wegen einer nunmehr als Liquidator begangenen Insolvenzverschleppung bei hier unverändert gegebenen Insolvenzgründen würde zudem das Schuldprinzip verletzen (vgl. BVerfG – Kammer – StraFo 2007, 369 zum Unterlassungsdauerdelikt in § 235 Abs. 2 Nr. 2 StGB; Schaal in Erbs/Kohlhaas aaO 170. Ergänzungslieferung [Mai 2008] § 401 AktG Rdn. 50; a.A. RGSt 47, 154, 155; BGHSt 14, 280, 281 für eine erneute Verurteilung bei weiterer Verletzung der Antragspflicht nach der Vorverurteilung; Otto, Großkommentar AktG 4. Aufl. § 401 Rdn. 51).
33
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg. Die Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung im Fall II. C (wie ausge- führt), wegen Bankrotts in den Fällen II. E und II. F sowie wegen Untreue im Fall II. G der Urteilsgründe hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
34
a) Die vom Beschwerdeführer erhobene, die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit betreffende Aufklärungsrüge ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
35
b) Der Senat bemerkt ergänzend zur Verurteilung wegen Bankrotts in zwei Fällen (aa) sowie wegen Untreue (bb) in sachlichrechtlicher Hinsicht:
36
aa) Zum 30. Juni 2001 als dem für die Tatbegehung maßgeblichen Zeitpunkt (§ 264 Abs. 1 Satz 3 zweiter Halbsatz, § 267 Abs. 1 HGB) ist zwar weder eine Zahlungsunfähigkeit noch eine Überschuldung belegt (vgl. dazu BGH wistra 2003, 232, 233; 1998, 105). Es liegt jedoch nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu diesem Zeitpunkt jedenfalls eine drohende Zahlungsunfähigkeit vor. Dieser Krisengrund ist gegenüber der vom Landgericht zugrunde gelegten Zahlungsunfähigkeit auch gleichgewichtig, weshalb sich der Fehler nicht auswirkt. Die objektive Bedingung der Strafbarkeit nach § 283 Abs. 6 StGB ist jedenfalls nicht vor Ablauf der Frist zur Aufstellung der Bilanz eingetreten (vgl. dazu BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 7b Bilanz 2; Zeit 1). Die Zahlungseinstellung (vgl. dazu BGH BB 2008, 634, 635 m.w.N.) ist erst für November 2001 mit dem vollständigen Verbrauch sämtlicher Finanzmittel einschließlich der Baukostenvorschüsse festgestellt.
37
Die rechtsfehlerfrei als tateinheitlich begangen gewerteten und nicht behobenen Verstöße gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (§ 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB) sind dem angefochtenen Urteil hinreichend deutlich zu entnehmen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 25. März 1954 – 3 StR 232/53).
38
bb) Die R. war auch überschuldet, wie insbesondere aus der Vermögensaufstellung zum 5. August 2002 zu schließen ist. Diese Überschuldung hat der Angeklagte im Herbst 2004 dadurch vertieft, dass er als Liquidator den der R. Geldbetrag zustehenden von rund 99.400 Euro für private Zwecke entnahm. Die Vertiefung einer Überschuldung begründet die Strafbarkeit wegen Untreue (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 21; BGH wistra 2008, 379, 380). Im Übrigen hat der Angeklagte nicht die Vorschrift des § 73 GmbHG eingehalten, indem er das Guthaben für eigene ersichtlich gesellschaftsfremde Zwecke verwandte.

III.


39
Die Sache bedarf nach alledem in den Fällen II. A 2. a, II. A 2. b, II. B 1., II. B 2. und II. D 1. bis II. D 25. der Urteilsgründe umfassend neuer Aufklärung und Bewertung, sofern nicht mit Blick auf die vier rechtskräftigen Einzelstrafen (Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr acht Monaten, von sieben Monaten und zweimal zwei Monaten) insbesondere hinsichtlich der Fälle II. D 1. bis II. D 25. von der Vorschrift des § 154 StPO Gebrauch gemacht wird. Für die erneut erforderliche zweifache Gesamtstrafbildung unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Löbau vom 28. Mai 2002 weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
40
Aus der rechtskräftigen Vorentscheidung sind sämtliche Einzelstrafen, also auch die Einzelgeldstrafen, einzubeziehen (BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 3; BGH, Beschluss vom 25. Juni 2008 – 2 StR 176/08 Rdn. 8). Die bereits vollstreckte Gesamtgeldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen ist auf die erste Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen (§ 51 Abs. 2 StGB).
41
Die Beendigungszeitpunkte für die Delikte nach § 266a StGB sind in den 20 Fällen, in denen der Angeklagte die Beitragsschulden nachträglich beglich, nicht ordnungsgemäß festgestellt: Da das Vergehen des Vorenthal- tens von Arbeitnehmeranteilen der Beiträge zur Sozialversicherung ein echtes Unterlassungsdelikt darstellt, ist dieses Delikt beendet, wenn die Beitragspflicht erloschen ist, sei es durch Beitragsentrichtung, sei es durch Wegfall des Beitragsschuldners (BGH wistra 1992, 23). Feststellungen dazu, wann die Beitragsschulden erfüllt worden sind, hat das Landgericht, wie dargelegt , nicht getroffen.
42
Die Bankrottdelikte sind hier mit dem Eintritt der objektiven Bedingung der Strafbarkeit beendet (vgl. Stree/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 283 Rdn. 69 m.w.N.) und damit in die erste Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen. Die R. hat, wie ausgeführt, die Zahlungen im November 2001 eingestellt.
43
Die Insolvenzverschleppung ist hingegen, wie dargelegt, erst nach dem 28. Mai 2002 beendet und damit in die zweite Gesamtfreiheitsstrafe einzubeziehen.
44
Bei Bildung der neuen Gesamtstrafen wird, wenn unter Berücksichtigung des bislang gewährten Strafabschlags Anlass zu einer weitergehenden Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung bestehen sollte, dieser durch eine Anrechnung auf die neuen Gesamtstrafen Rechnung zu tragen sein (vgl. dazu BGHSt [GS] 52, 124; BGH wistra 2008, 348, 349).
Basdorf Raum Brause Schaal Dölp

(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Für eine verjährungsunterbrechende Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens
gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG reicht es aus,
dass der Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde die Erstellung und
Versendung eines Anhörungsbogens durch individuellen elektronischen Befehl
veranlasst, wenn sich Zeitpunkt und Bearbeiter dieses Vorgangs sicher
feststellen lassen.
BGH, Beschluss vom 22. Mai 2006 5 StR 578/05
OLGBrandenburg

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 22. Mai 2006
in der Bußgeldsache
gegen
wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener
Ortschaften
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Mai 2006

beschlossen:
Für eine verjährungsunterbrechende Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG reicht es aus, dass der Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde die Erstellung und Versendung eines Anhörungsbogens durch individuellen elektronischen Befehl veranlasst, wenn sich Zeitpunkt und Bearbeiter dieses Vorgangs sicher feststellen lassen.
G r ü n d e Die Vorlegungssache betrifft die Frage, wie eine verjährungsunterbrechende Anordnung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG aktenmäßig dokumentiert sein muss.

I.


Der wiederholt wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr mit Geldbußen belegte Betroffene befuhr am Abend des 14. Juni 2004 mit einem gemieteten PKW die BAB 10 westlicher Berliner Ring in Richtung Autobahndreieck Havelland. Dabei überschritt er die durch zwei Zeichen 274 gemäß § 41 StVO auf 80 km/h begrenzte zulässige Höchstgeschwindigkeit um 24 km/h. Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburg erfasste am 29. Juni 2004 den Vorgang in ihrem Rechner und veranlasste eine Halteranfrage. Am nächsten Tag leitete sie durch Übersendung eines Schreibens an die Europcar Autovermietung GmbH die Ermittlung des Fahrers ein. Das Vermietungsunternehmen teilte der Behörde am 20. Juli 2004 die Daten des Betroffenen als des vertraglich vereinbarten
Fahrers mit. Am 27. Juli 2004 rief die Sachbearbeiterin G. um 9.11 Uhr nach Kenntnisnahme der mitgeteilten Daten des Fahrzeugführers den elektronisch erfassten Vorgang unter dem Menüpunkt des Arbeitsprogramms „Vorgang allgemein“ auf. Unter dem nächsten angesteuerten Menüpunkt „Betroffenenwechsel“ gab sie die Daten des Betroffenen ein und erteilte anschließend den elektronischen Befehl zum Druck und zur Versendung des Anhörungsbogens. Die Eingabe der Daten, die elektronischen Befehle der Sachbearbeiterin und deren Ausführung (Druck und Versendung des Anhörungsbogens ) sowie alle weiteren, auch die selbsttätig ausgeführten Arbeitsschritte wurden – für die Sachbearbeiter der Behörde nicht änderbar – gespeichert und nach Abschluss des behördlichen Verfahrens in einer der Bußgeldakte vorgehefteten Vorgangshistorie mit verkürzten, aber verständlichen Schlagworten dokumentiert. Die Sachbearbeiterin hatte sich durch eine kennwortgeschützte Identifikation (drei Buchstaben und zwei Zahlen) vor Bearbeitung des Vorgangs zu legitimieren.
Die Zentrale Bußgeldstelle hat am 22. September 2004 gegen den Betroffenen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 65 Euro festgesetzt. Nach Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht Nauen in seinem Urteil vom 22. März 2005 die Geldbuße auf 80 Euro erhöht.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der vom Einzelrichter zugelassenen und dem Bußgeldsenat vorgelegten Rechtsbeschwerde. Der Betroffene macht geltend, dass der Bußgeldbescheid nach Eintritt der Verfolgungsverjährung erlassen worden sei. Er vertritt die Auffassung, das zur Bußgeldakte genommene Statusblatt sei als bloßer Computerausdruck zum Nachweis der Anordnung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens im Sinne von § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nicht geeignet.
Der Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts hat mit seinem Beschluss vom 16. November 2005 (VRS 109, 443) die Auffassung vertreten, die von der Sachbearbeiterin bei der Zentralen Bußgeldstelle unter Verwendung des
installierten Arbeitsprogramms und ihres individuellen Kürzels „o. “ veranlasste Versendung des Anhörungsbogens an den Betroffenen habe die Verfolgungsverjährung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG unterbrochen. Für Inhalt und Zeitpunkt der Unterbrechungshandlung müssten sich aus den Verfahrensakten lediglich konkrete Anhaltspunkte ergeben. Die Vorgangshistorie lege unter dem 27. Juli 2004 von einer solchen Individualverfügung einer bestimmten Sachbearbeiterin eindeutig Zeugnis ab. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen sei deshalb zu verwerfen.
Das Oberlandesgericht sieht sich an der beabsichtigten Entscheidung aber durch die Beschlüsse des OLG Dresden vom 27. April 2004 (DAR 2004, 534) und vom 10. Mai 2005 (DAR 2005, 570) gehindert. Dessen Bußgeldsenat hält für die Wirksamkeit einer Anordnung zur Dokumentation der Übernahme der Verantwortung des Sachbearbeiters und für die Richtigkeit der Beurkundung des Datums der Verfügung die Anbringung einer Unterschrift oder eines Handzeichens in der Akte für geboten. Nur so könne die erforderliche, wenn auch unter Umständen nur oberflächliche Prüfung des Sachbearbeiters nachvollzogen werden, inwieweit die den Verfahrensgegenstand bildende Tat überhaupt noch verfolgbar, insbesondere, ob die Tat nicht bereits verjährt gewesen sei.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung und Beantwortung folgender Frage vorgelegt:
„Bedarf die erneute Absendung eines Anhörungsbogens im EDVunterstützten Bußgeldverfahren an einen von der Person des bisher als Betroffenen geführten Kfz-Halters abweichenden Fahrer als neuen Betroffenen (so genannter Betroffenenwechsel) eine schriftliche Anordnung mit handschriftlicher Unterschrift oder Namenskürzel durch den Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde, um die Verjährungsunterbrechung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 OWiG herbeizuführen?“

II.


Die Vorlegungsvoraussetzungen gemäß § 121 Abs. 2 GVG, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG sind gegeben.
Die Vorlegungsfrage betrifft die Auslegung des Begriffs der „Anordnung der Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens“ gegen den Betroffenen in § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG und damit eine Rechtsfrage.
Sie ist auch entscheidungserheblich. Ohne eine Unterbrechung der Verjährung wäre die dreimonatige Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG bei Erlass des Bußgeldbescheides am 22. September 2004 bereits abgelaufen gewesen.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht kann die Rechtsbeschwerde auch nicht verwerfen, ohne von tragenden Rechtsansichten anderer Oberlandesgerichte abzuweichen. Allerdings begründet der vom vorlegenden Oberlandesgericht herangezogene Beschluss des OLG Dresden vom 10. Mai 2005 (DAR 2005, 570) keine Abweichung. Die darin enthaltenen Erwägungen zu den Voraussetzungen einer Anordnung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG sind nicht tragend (vgl. König DAR 2005, 572). Ferner liegt kein Fall eines Betroffenenwechsels vor, wie ihn das OLG Dresden in seinem Beschluss vom 26. Mai 2004 (DAR 2004, 534) beurteilt hat. Es stand nämlich vorliegend von vornherein fest, dass die Halterin des Kraftfahrzeugs , ein Vermietungsunternehmen, die aufzuklärende Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht begangen haben konnte. Die Vertreter der Halterin wurden deshalb auch lediglich als Zeugen in Anspruch genommen. Dem Beschluss des OLG Dresden lässt sich aber, wie auch den Beschlüssen des OLG Düsseldorf vom 11. September 1996 (DAR 1996, 507 [LS]), des HansOLG vom 21. Januar 1997 (NZV 1997, 286 und der Vorlegung nachfolgend DAR 2006, 223), des OLG Köln vom 2. November 1999
(DAR 2000, 131) und des OLG Zweibrücken vom 4. Mai 2001 (DAR 2002, 89) die jeweils tragende Rechtsansicht entnehmen, dass in allen Fällen, in denen die Anordnung der Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens auf einer Individualentscheidung eines Sachbearbeiters der Verwaltungsbehörde nach Kenntnisnahme der Personalien eines der Ordnungswidrigkeit Verdächtigen beruht, die dahingehende Verfügung des Sachbearbeiters in der Akte handschriftlich mit Unterschrift oder Namenskürzel dokumentiert sein muss.
Der Senat versteht die Vorlegungsfrage demnach in einem weiteren Sinn dahin, ob im Falle der Erstellung und Versendung eines Anhörungsbogens auf Grund des individuellen elektronischen Befehls eines Sachbearbeiters zusätzlich dessen handschriftliche Unterschrift oder die Anbringung eines Namenskürzels unter der Eingriffsverfügung in der Akte notwendig ist, um die Verjährung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG zu unterbrechen.

III.


In der Sache stimmt der Senat der vom Generalbundesanwalt und dem vorlegenden Oberlandesgericht vertretenen Rechtsansicht zu.
1. Eine Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens liegt vor, falls ein Ermittlungsorgan den Willen geäußert hat, dass dem Betroffenen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens mitgeteilt werden soll (vgl. zum insoweit wortgleichen § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB: Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. § 78c Rdn. 3). Solches wird angenommen, wenn der zuständige Beamte der Verwaltungsbehörde verfügt hat, dass dem Betroffenen ein Anhörungsbogen zugesandt werden soll (BGHSt 25, 6, 8). Eine derartige Verfügung liegt auch vor, wenn der Wille des Sachbearbeiters als elektronischer Befehl zur Erstellung und Versendung des Anhörungsbogens im Arbeitsprogramm des Rechners der Verwaltungsbehörde niedergelegt wird (vgl. Olizeg NZV 2005, 130). Es macht keinen sachlichen Unterschied, ob eine schriftliche Verfügung des
Sachbearbeiters, den Anhörungsbogen zu erstellen und zu versenden, an eine mit dieser Aufgabe betraute Schreibkraft gerichtet oder ob eine in der Sache identische, aber elektronisch gespeicherte Verfügung des Sachbearbeiters vom Arbeitsprogramm des Rechners ausgeführt wird. In beiden Fällen wird der vom Sachbearbeiter gefasste Wille, gegen einen bestimmten Betroffenen wegen einer bestimmten mit Bußgeld bedrohten Handlung vorzugehen , auf gleiche Weise konkretisiert.
2. Die dagegen in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum geltend gemachten Bedenken greifen nicht durch.

a) Der Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG verlangt keine schriftliche Dokumentation der Anordnung in der Verfahrensakte. Die Wirksamkeit der Unterbrechungshandlung hängt nur von der Einhaltung einer bestimmten Form ab, wenn solches ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben ist (Kucklick DAR 2005, 611, 612; vgl. auch Weller in KK-OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 11; Göhler OWiG 14. Aufl. § 33 Rdn. 4; Lemke/Mosbacher, OWiG 2. Aufl. § 33 Rdn. 8).

b) Auch die Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG begründet kein Erfordernis der Schriftform für Anordnungen im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG (OLG Frankfurt NJW 1976, 337, 338; Göhler JR 1981, 42, 43; Gübner NZV 1998, 230, 233; König DAR 2002, 526; DAR 2005, 572; Olizeg NZV 2005, 130, 131). Die gegenteilige Auffassung (OLG Dresden DAR 2004, 534; HansOLG DAR 2006, 223, 224; Kucklick DAR 2005, 611, 612 f.) übersieht die systematische Stellung dieser Vorschrift im Normengefüge der Verjährungsvorschriften des Gesetzes. Die Vorschrift des § 33 Abs. 1 OWiG enthält einen Katalog abschließend aufgezählter Unterbrechungshandlungen und bestimmt deren Wirksamkeitsvoraussetzungen einschließlich gegebenenfalls vorhandener Formerfordernisse. Dagegen regelt die Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG lediglich in dem Spezialfall einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verjährungsun-
terbrechung. Ein Übergreifen des Regelungsbereichs der Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG auf den des ersten Absatzes dieser Vorschrift ist demnach ausgeschlossen.
Das Ergebnis der systematischen Auslegung wird durch die historische Auslegung bestätigt. Der Gesetzgeber wollte keine Formerfordernisse für die Wirksamkeit der verjährungsunterbrechenden Handlungen statuieren (vgl. OLG Frankfurt NJW 1976, 337, 338; Göhler JR 1981, 42, 43; Olizeg NZV 2005, 130, 131). Die Vorschrift des § 33 Abs. 2 OWiG sollte lediglich die bis dahin bestehende, praktisch sehr wichtige Zweifelsfrage klären, in welchem Zeitpunkt die Verjährung unterbrochen wird, falls die Unterbrechungshandlung schriftlich vorgenommen worden ist (vgl. BT-Drucks. 7/550 S. 345 und 216; Rotberg, OWiG 5. Aufl. [1975] § 33 Rdn. 21).

c) Aus der Einführung der §§ 110a ff. OWiG durch das Justizkommunikationsgesetz vom 22. März 2005 (BGBl I S. 837) ergibt sich nichts anderes. Die neuen Vorschriften bezwecken keinesfalls eine Verringerung des bisherigen lediglich unterstützenden Einsatzes der elektronischen Datenverarbeitung bei Führung einer Verfahrensakte auf Papier (vgl. Schmehl/Graf in KK-OWiG 3. Aufl. vor § 110a Rdn. 2; Graf aaO § 110b Rdn. 5) und gebieten deshalb aus systematischen Erwägungen keine Einschränkung der Nutzung herkömmlicher Datenverarbeitungsprogramme.

d) Auch der Zweck der Verjährungsvorschrift erfordert keine schriftliche Dokumentation der Anordnung.
aa) Die Rechtseinrichtung der Verjährung soll dem Rechtsfrieden und damit der Rechtssicherheit dienen und einer etwaigen Untätigkeit der Behörden in jedem Abschnitt des Verfahrens entgegentreten (vgl. BGHSt 11, 393, 396; 12, 335, 337). Der Rechtsfrieden tritt nach Ablauf der gesetzlich bestimmten Verjährungsfrist durch Eintritt der Verfolgungsverjährung ein. Den Möglichkeiten einer Verjährungsunterbrechung kommt demnach als
Eingriff in eine vom Gesetz festgesetzte Regelfrist Ausnahmecharakter zu, der zu einer engen Auslegung der Vorschriften über die Unterbrechung der Verjährung nötigt (vgl. BGHSt 12, 335, 337; 26, 80, 83; 28, 381, 382). Indes liegt es in der Natur der Sache, dass in den Fällen, in denen das Gesetz zur Unterbrechung der Verjährung die Anordnung einer Maßnahme genügen lässt, die Unterbrechungshandlung grundsätzlich auch mündlich oder durch schlüssige Handlung ergehen kann (vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB: BGHSt 28, 381, 382; BGH, Beschl. vom 10. September 1982 – 3 StR 280/82; zu § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG: OLG Schleswig VRS 63, 138; OLG Hamm NStZ 1988, 137). Deshalb ist auch die Anordnung der Anhörung des Betroffenen grundsätzlich an keine bestimmte Form gebunden (vgl. KG VRS 100, 134, 135; Gübner NZV 1998, 230, 232; König DAR 2002, 526; Olizeg NZV 2005, 130).
bb) Allerdings erfordert jede Feststellung, ob die Verjährungsfrist abgelaufen ist, eine hierfür ausreichend transparente Entscheidungsgrundlage. Die Voraussetzungen einer verjährungsunterbrechenden Anordnung müssen deshalb nach ihrem Inhalt und dem Zeitpunkt ihres Ergehens erkennbar sein und in ihrer Wirkung auf das Verfahren abgeschätzt werden können (vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB: BGHSt 28, 381, 382; BGH bei Holtz MDR 1978, 986). Für die Wirksamkeit der Anordnung, dem Betroffenen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekannt zu geben, ist es ausreichend, dass sich für deren Zeitpunkt und Inhalt konkrete Anhaltspunkte aus den Akten ergeben (vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 3 StGB: BGHSt 30, 215, 219 f.; BGH, Beschl. vom 10. September 1982 – 3 StR 280/82; zu § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG: KG VRS 100, 134, 135) und sich so der behördliche Wille zur Vornahme der Unterbrechungshandlung mit Gewissheit feststellen lässt (vgl. BayObLG DAR 2004, 401; 531, 532; VRS 62, 58, 59; Weller in KK-OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 11; Göhler, OWiG 14. Aufl. § 33 Rdn. 45; Rebmann /Roth/Herrmann, OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 46a; Lemke/Mosbacher OWiG 2. Aufl. § 33 Rdn. 10). So liegt es hier.
Der nach Speicherung der Daten des Betroffenen gegen diesen gerichtete Verfolgungswille der Sachbearbeiterin der Verwaltungsbehörde hat sich in den elektronisch gespeicherten Befehlen zur Fertigung und Versendung des Anhörungsbogens manifestiert. Der Zeitpunkt des Eingriffs der Sachbearbeiterin wurde selbsttätig und unveränderbar nach Tag und Uhrzeit – letztere mit Sekundengenauigkeit – gespeichert. Die elektronische Speicherung bietet hier, wie das vorlegende Oberlandesgericht zu Recht betont, eine ausreichende Gewähr für die Zuverlässigkeit und Richtigkeit der erfassten Daten und Befehle. Die auf Papier in der Akte zur Verfügung stehende Vorgangshistorie weist in Bezug auf eine bestimmte Tat sämtliche im Arbeitsprogramm des Rechners vorgenommenen Eingriffe und automatisch gesteuerten Vorgänge aus, anhand derer auch Art, Inhalt und Zeitpunkt der Unterbrechungshandlung sicher nachzuvollziehen sind (vgl. Olizeg NZV 2005, 130, 131).
Für die Feststellung, welcher Sachbearbeiter die Anordnung getroffen hat, bedarf es ebenfalls keiner Schriftform. Auf Grund der für die Dateneingabe und die Erteilung der weiteren elektronischen Befehle notwendigen Legitimation und deren Darlegung in der Vorgangshistorie kann der Sachbearbeiter , der die Anordnung getroffen hat, eindeutig bestimmt werden. Einer zusätzlichen handschriftlichen Autorisierung der Anordnung bedarf es nicht (Olizeg aaO S. 131; auch mit Nachweisen zur Gegenauffassung).

e) Darüber hinausgehende Anforderungen an die Dokumentation der Anordnung bestehen nicht. Soweit mehrere Oberlandesgerichte (HansOLG VRS 47, 43, 45; DAR 2006, 223, 224; KG VRS 100, 134, 135; OLG Dresden DAR 2004, 534, 535; 2005, 570, 571) die Auffassung vertreten , Unterschrift oder Namenskürzel des Sachbearbeiters würden eine gebotene Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen, insbesondere des Nichteintritts der Verjährung dokumentieren, trifft dies nicht zu. Für eine Dokumentation einer solchen Prüfung wäre eine Darlegung der Tatzeit, der Verjährungsfrist und die Feststellung geboten, dass die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt
der Anordnung der Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens noch nicht abgelaufen ist. Eine derartige gesonderte Dokumentation der Prüfung der Verjährungsfrage ist aber sachlich nicht veranlasst und wird auch im Strafverfahren weder von einem Staatsanwalt, der Anklage erhebt, noch von den Strafgerichten , die das Hauptverfahren eröffnen, erheischt. Schon die Strafdrohung des § 344 StGB (vgl. Lackner/Kühl, StGB 25. Aufl. § 344 Rdn. 3) und das Bedürfnis nach Arbeitserleichterung bieten die hinreichende Gewähr, dass bei Anordnung der Verfahrensfortsetzung die gebotene Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen jedenfalls schlüssig erfolgt ist.
3. Die hier niedergelegte Rechtsauffassung stimmt mit den vom Senat in BGHSt 42, 380 gefundenen Anforderungen für den Nachweis des Erlasses eines Bußgeldbescheides überein.
4. Der Senat weist darauf hin, dass nichts anderes zu gelten hätte, wenn die Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens dem Betroffenen mittels eines (auch gespeicherten) elektronischen Briefes (vgl. Weller
in KK-OWiG 3. Aufl. § 33 Rdn. 11) erfolgt oder wenn ein – fortentwickeltes – Arbeitsprogramm des Rechners der Verwaltungsbehörde nach individueller Eingabe der Daten des Betroffenen die Erstellung und Versendung des Anhörungsbogens selbsttätig veranlasst (vgl. Olizeg NZV 2005, 130).
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(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch

1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe,
2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung,
3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist,
4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten,
6.
die Erhebung der öffentlichen Klage,
7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens,
8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung,
9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung,
10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht,
11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder
12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
Im Sicherungsverfahren und im selbständigen Verfahren wird die Verjährung durch die dem Satz 1 entsprechenden Handlungen zur Durchführung des Sicherungsverfahrens oder des selbständigen Verfahrens unterbrochen.

(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.

(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.

(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.

(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.