Bundesgerichtshof Beschluss, 23. März 2017 - 3 StR 260/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:230317B3STR260.16.0
bei uns veröffentlicht am23.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 260/16
vom
23. März 2017
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
1. Die Verabredung eines Verbrechens (§ 30 Abs. 2 Variante 3 StGB) setzt die
Willenseinigung von mindestens zwei tatsächlich zur Tatbegehung Entschlossenen
voraus, an der Verwirklichung eines hinreichend konkretisierten
Verbrechens mittäterschaftlich mitzuwirken. Auch der selbst fest Entschlossene
ist daher nicht der Verbrechensverabredung schuldig, wenn der
oder die anderen den inneren Vorbehalt haben, sich tatsächlich nicht als
Mittäter an der vereinbarten Tat beteiligen zu wollen.
2. Das Sichbereiterklären zu einem Verbrechen (§ 30 Abs. 2 Variante 1 StGB)
ist hingegen unabhängig von der subjektiven Einstellung des Erklärungsempfängers
, so dass dessen innerer Vorbehalt, die Tat nicht zu wollen, eine
Strafbarkeit nach dieser Tatbestandsvariante nicht hindert.
3. Neben dem Sichbereiterklären zu einem Verbrechen in der Form des Erbietens
ist für eine Verurteilung wegen versuchter Anstiftung zur mittäterschaftlichen
Begehung der nämlichen Tat (§ 30 Abs. 1 Alternative 1 StGB) kein
Raum.
ECLI:DE:BGH:2017:230317B3STR260.16.0

4. Der Annahme des Erbietens zu einem Verbrechen (§ 30 Abs. 2 Variante 2 StGB) steht nicht entgegen, dass das Erbieten des anderen nur zum Schein angenommen wird.
BGH, Beschluss vom 23. März 2017 - 3 StR 260/16 - LG Mönchengladbach

in der Strafsache gegen

1.


2.

3.



wegen zu 1.: Verabredung zu einem Verbrechen des Mordes zu 2. und 3.: Annahme eines Erbietens zu einem Verbrechen des Mordes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 23. März 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, Abs. 1b StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 30. November 2015, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung nach den §§ 460, 462 StPO, auch über die Kosten seines Rechtsmittels, zu treffen ist. 2. Die Revisionen der Angeklagten T. und H. sowie die weitergehende Revision des Angeklagten S. gegen das vorbenannte Urteil werden verworfen; jedoch wird der Schuldspruch betreffend den Angeklagten T. dahin geändert, dass er "des Sichbereiterklärens zu einem Verbrechen des Mordes" anstelle "der Verabredung zu einem Verbrechen des Mordes" schuldig ist. 3. Die Angeklagten T. und H. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen Verabredung zu einem Verbrechen des Mordes, die Angeklagten H. und S. wegen Annahme eines Anerbietens zum Verbrechen des Mordes verurteilt. Gegen den Angeklagten T. hat es auf eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren, gegen die Angeklagten H. und S. jeweils unter Einbeziehung früher verhängter Einzelstrafen auf Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren und neun Monaten (H. ) sowie von fünf Jahren und drei Monaten (S. ) erkannt. Hiergegen richten sich die jeweils auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten T. und S. sowie die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten H. . Nur das Rechtsmittel des Angeklagten S. hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4, § 354 Abs. 1b StPO). Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, wobei das Rechtsmittel des Angeklagten T. die vom Generalbundesanwalt beantragte, aus der Entscheidungsformel ersichtliche Schuldspruchänderung zur Folge hat (§ 354 Abs. 1 analog StPO).

I.

2
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen forderte der Angeklagte T. die mit ihm in einem Haftraum untergebrachten Angeklagten H. und S. auf, an dem von ihm geplanten Ausbruch aus der Justizvollzugsanstalt mitzuwirken. Der Plan sah zur Ermöglichung der gemeinsamen Flucht vor, zunächst einen Vollzugsbeamten bei der abendlichen Essens- oder Medikamentenausgabe mit einem noch herzustellenden Werkzeug niederzuschlagen. T. nahm billigend in Kauf, dass der Beamte sterben könnte, und machte das H. und S. gegenüber deutlich. Diese erklärten sich T. gegenüber zur Mitwirkung bereit, hatten dabei jedoch den inneren Vorbehalt, sich tatsächlich nicht an dem Vorhaben beteiligen zu wollen. Sie rechneten damit und nahmen in Kauf, dass T. ihr jeweiliges Einverständnis ernst nehmen und deshalb die Tat verwirklichen werde. Durch ihre (scheinbaren) Zustimmungen war T. nunmehr zur Tatausführung fest entschlossen.
3
In Ausführung des Plans zerlegten die drei Angeklagten einen Stuhl und legten die vier massiven vierkantigen Stuhlbeine aus Eisen als potentielle Schlagwerkzeuge in dem Haftraum bereit. Die Umsetzung des Vorhabens scheiterte daran, dass S. kurz danach in eine andere Haftanstalt verlegt wurde, der neue Mitinsasse des Haftraums eine Beteiligung ablehnte und stattdessen einen Beamten der Justizvollzugsanstalt von dem Plan unterrichtete.

II.

4
1. Revision des Angeklagten T.
5
a) Die Verfahrensrüge des Angeklagten T. ist nicht ausgeführt und bereits aus diesem Grund unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
6
b) Die auf Grund der allgemeinen Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten T. ergeben. Näher einzugehen ist lediglich auf die vom Senat vorgenommene Schuldspruchberichtigung:
7
aa) Die Feststellungen tragen nicht den Schuldspruch der Verabredung zu einem Verbrechen des Mordes (nachfolgend (1)); vielmehr ist der Angeklagte T. des Sichbereiterklärens zu einem Verbrechen des Mordes schuldig (unten (2)). Daneben scheidet eine Verurteilung wegen versuchter Anstiftung zum Verbrechen des Mordes aus (unten (3)).
8
(1) Der Senat vermag dem Landgericht nicht darin zu folgen, dass H. s und S. s innerer Vorbehalt im Hinblick auf die Strafbarkeit des Angeklagten T. wegen Verbrechensverabredung nach § 30 Abs. 2 Variante 3 StGB irrelevant sei, weil - so das Landgericht - jedenfalls objektiv eine solche Verabredung vorliege und T. seinerseits die subjektiven Tatbestandsmerkmale erfülle, da er selbst zur Tatausführung entschlossen war (in diesem Sinne aber auch S/S-Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 29).
9
Strafgrund der Verbrechensverabredung ist die durch eine Willensbindung mehrerer Personen gesteigerte Gefahr für das bedrohte Rechtsgut. Die Gefährlichkeit konspirativen Zusammenwirkens Mehrerer liegt darin, dass es Gruppendynamik entfalten, die Beteiligten psychisch binden und so die spätere Ausführung der Tat wahrscheinlicher machen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. März 2011 - 5 StR 581/10, NStZ 2011, 570, 571; vom 8. Dezember 2015 - 3 StR 438/15, BGHSt 61, 84, 92; MüKoStGB/Joecks, 3. Aufl., § 30 Rn. 53; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 30 Rn. 11). Die Verbrechensverabredung ist Vorstufe der Mittäterschaft (vgl. LK/Schünemann, aaO Rn. 72 mwN). Voraussetzung für die Strafbarkeit wegen Verabredung eines Verbrechens nach § 30 Abs. 2 Variante 3 StGB ist daher, dass eine Willenseinigung von jedenfalls zwei tatsächlich zur Tatbegehung entschlossenen Personen zustande gekommen ist, an der Verwirklichung eines hinreichend konkretisierten Verbrechens mittäterschaftlich mitzuwirken (vgl. bereits RG, Urteil vom 27. November 1924 - II 754/24, RGSt 58, 392, 393; ferner BGH, Urteile vom 3. Dezember 1958 - 2 StR 500/58, BGHSt 12, 306, 309; vom 29. Juli 1980 - 1 StR 326/80, Umdr. S. 4 [unveröffentl.]; vom 7. April 1998 - 1 StR 801/97, NStZ 1998, 403, 404; vom 28. Juni 2007 - 3 StR 140/07, NStZ 2007, 697; vom 13. November 2008 - 3 StR 403/08, NStZ 2009, 497 f.; Beschluss vom 11. August 1999 - 5 StR 217/99, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 5; SK-StGB/Hoyer, 35. Lfg., § 30 Rn. 48; Maurach, JZ 1961, 137, 139; Roxin AT II § 28 Rn. 47 ff.; LK/Schünemann, aaO Rn. 63; NK-StGB-Zaczyk, 4. Aufl., § 30 Rn. 50).
10
Das ist hier nicht der Fall. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, lässt sich dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass sich H. und S. schon an dem körperlichen Angriff auf den Justizvollzugsbediensteten nicht beteiligen wollten. Ihr innerer Vorbehalt bezog sich mithin auf die gesamte von T. geplante Tat und nicht lediglich darauf, im Anschluss an das Niederschlagen des Beamten den Haftraum nicht zusammen mit T. verlassen zu wollen.
11
(2) Der Angeklagte T. hat sich jedoch nach § 30 Abs. 2 Variante 1 StGB wegen Sichbereiterklärens in der Form des Erbietens strafbar gemacht. Voraussetzung hierfür ist die ernstgemeinte, mit Bindungswillen gegenüber dem Adressaten abgegebene Kundgabe der eigenen Bereitschaft zur täterschaftlichen Verwirklichung eines Verbrechens. Dies kann entweder in der Form der Annahme einer Aufforderung oder - wie hier - als aktives Erbieten geschehen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 - StB 10/14, NJW 2015, 1032, 1033 mwN). Der Senat braucht dabei nicht zu entscheiden, ob diese zweite Alternative voraussetzt, dass der Erbietende als präsumtiver Täter seinen Tatentschluss unter die Bedingung der Annahme des Erbietens stellt (sogenanntes "echtes" Erbieten, vgl. Rogall in Festschrift Puppe, 2011, S. 859, 869 Fn. 94; Roxin, AT II, § 28 Rn. 79; LK/Schünemann, aaO Rn. 90), oder ob auch der bei Kundgabe seiner Bereitschaft bereits fest zur Tat Entschlossene erfasst ist (so MüKoStGB/Joecks, aaO Rn. 44). Denn das Landgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass T. nicht von vornherein, sondern erst durch die (scheinbare) Zustimmung H. s und S. s endgültig zur Tat entschlossen war (UA S. 32), und dies durch eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung belegt (UA S. 44).
12
Das Erbieten des Angeklagten T. war ernst gemeint (zu diesem Erfordernis vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 1954 - StE 125/52, BGHSt 6, 346, 347; Beschluss vom 7. Juli 1993 - 3 StR 275/93, BGHR StGB § 30 Beteiligung 1; ebenso bereits RG, Urteile vom 7. Juni 1929 - I 3/29, RGSt 63, 197, 199; vom 10. Dezember 1925 - II 368/25, RGSt 60, 23, 25; ferner S/S-Heine /Weißer, aaO Rn. 27; SK-StGB/Hoyer, aaO Rn. 38; MüKoStGB/Joecks, aaO Rn. 46; Roxin, JA 1979, 169, 172; Schröder, JuS 1967, 289, 294; LK/Schünemann, aaO Rn. 92; NK-StGB-Zaczyk, aaO Rn. 37) und auf eine Bindung gegenüber den beiden anderen Angeklagten gerichtet (zu diesem Erfordernis vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember 2014 - StB 10/14, NJW 2015, 1032, 1033; vom 18. Februar 2016 - AK 3/16, juris Rn. 13). T. erstrebte nicht nur S. s und H. s Zustimmung zur Tatbegehung, sondern sogar ihre Mitwirkung daran. Auf ihren inneren Vorbehalt kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil das Sichbereiterklären unabhängig von der subjektiven Einstellung des Erklärungsempfängers ist (BGH, Beschluss vom 11. August 1999 - 5 StR 217/99, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 5).
13
(3) Der Angeklagte T. ist indes nicht wegen - tateinheitlich begangener - versuchter Anstiftung zum Verbrechen des Mordes zu verurteilen.
14
Zwar versuchte T. H. und S. zu bestimmen, ein Verbrechen des Mordes zu begehen, so dass eine Strafbarkeit nach § 30 Abs. 1 Alternative 1 StGB in Betracht käme. Durch seine Aufforderung zur Mitwirkung an dem von ihm geplanten Vorhaben nahm er objektiv eine Bestimmungshandlung vor, die bei H. und S. einen Tatentschluss hervorrufen sollte (vgl. auch BGH, Urteile vom 29. Oktober 1997 - 2 StR 239/97, NStZ 1998, 347, 348; vom 10. Juni 1998 - 3 StR 113/98, BGHSt 44, 99, 101; vom 14. Juni 2005 - 1 StR 503/04, BGHSt 50, 142, 145). Er handelte subjektiv mit sogenanntem "doppelten Anstiftervorsatz", der sich einerseits auf das Hervorrufen des Tatentschlusses bei beiden und andererseits auf die Vollendung der Haupttat bezog (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 17. November 1955 - 3 StR 358/55, BGHSt 8, 261, 263; vom 10. Juni 1998 - 3 StR 113/98, BGHSt 44, 99, 101; vom 27. Juli 2000 - 4 StR 185/00, juris Rn. 8; vom 5. Februar 2013 - 1 StR 405/12, NJW 2013, 1106 f.; Schröder, JuS 1967, 289, 290, 294).
15
Neben dem Sichbereiterklären zum Verbrechen des Mordes ist jedoch für eine Verurteilung wegen versuchter Anstiftung zur mittäterschaftlichen Begehung der nämlichen Tat kein Raum. Insoweit ist für die Taten im Vorbereitungsstadium auf die für das Ausführungsstadium geltenden Grundsätze zurückzugreifen , die für das Verhältnis der Anstiftung (§ 26 StGB) zur Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) maßgebend sind:
16
Bestimmt ein Tatbeteiligter einen anderen zu einer rechtswidrigen Tat, die er selbst (als Mittäter mit-)begeht, so ist er allein wegen der (mit-)täterschaftlichen Tatbegehung zu belangen. Dies kann aus dem Wortlaut des § 26 StGB hergeleitet werden, nach dem Bezugspunkt des Bestimmens eine fremde Tat ist ("... einen anderen zu dessen ... Tat bestimmt ...", vgl. Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 26 Rn. 1; NK-StGB-Schild, 4. Aufl., § 26 Rn. 1), so dass eine Anstiftung zu einer von dem Bestimmenden als Mittäter begangenen Tat bereits tatbestandlich ausgeschlossen wäre. Jedenfalls auf der Ebene der Konkurrenzen ist die Anstiftung gegenüber der schwereren Beteiligungsform der Mittäterschaft subsidiär (vgl. BGH, Urteil vom 7. September 1993 - 1 StR 325/93, NStZ 1994, 29, 30; S/S-Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., Vor §§ 25 ff. Rn. 47; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 137; LK/Schünemann, aaO § 26 Rn. 106).
17
Übertragen auf die entsprechenden Beteiligungsformen im Vorbereitungsstadium nach § 30 StGB bedeutet dies, dass derjenige, der sich selbst zu einem Verbrechen bereiterklärt, nicht auch wegen versuchter Anstiftung eines anderen zu derselben Tat zu verurteilen ist. Der Senat kann dabei offen lassen, ob die versuchte Anstiftung schon auf der Tatbestandsebene ausscheidet oder erst auf der Konkurrenzebene verdrängt wird (zum Zurücktreten hinter die tatnähere oder schwerwiegendere Beteiligungsform des § 30 StGB s. BGH, Beschluss vom 22. Dezember 1993 - 5 StR 705/93, BGHR StGB § 30 Abs. 1 Satz 1 Konkurrenzen 4; Urteil vom 19. März 1996 - 1 StR 497/95, NJW 1996, 2239, 2242 [insoweit in BGHSt 42, 86 nicht abgedr.]; SK-StGB/Hoyer, 35. Lfg., § 30 Rn. 58; LK/Schünemann, aaO § 30 Rn. 79).
18
bb) Der Senat ändert infolgedessen den den Angeklagten T. betreffenden Schuldspruch in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO in das Sichbereiterklären zu einem Verbrechen des Mordes ab (zur Tenorierung im Rahmen des § 30 StGB s. BGH, Urteile vom 10. September 1986 - 3 StR 287/86, BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 1; vom 19. März 1996 - 1 StR 497/95, NJW 1996, 2239, 2241). § 265 StPO steht dem nicht entgegen , weil es sich lediglich um eine andere Tatbestandsvariante des § 30 Abs. 2 StGB handelt und sich der Angeklagte T. , der von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat, hiergegen nicht anders hätte verteidigen können.
19
Der Strafausspruch ist unter den gegebenen Umständen von der Schuldspruchänderung nicht betroffen. Die Strafe für das Sichbereiterklären zu einem Verbrechen des Mordes ist demselben Strafrahmen zu entnehmen wie für die Verabredung hierzu (§ 30 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 i.V.m. § 211 Abs. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
20
2. Revision des Angeklagten H.
21
Die auf Grund der allgemeinen Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten H. ergeben.
22
a) Entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts erweist sich die Verurteilung nach § 30 Abs. 2 Variante 2 StGB wegen Annahme eines Anerbietens zum Verbrechen des Mordes auf der Grundlage der Feststellungen als zutreffend.
23
Diese Variante des § 30 Abs. 2 StGB setzt - als ein Sonderfall der versuchten Anstiftung - voraus, dass der Täter objektiv das Erbieten eines anderen zur Begehung eines Verbrechens annimmt und subjektiv mit doppeltem Anstiftervorsatz , jedenfalls in Form des dolus eventualis, handelt. Für den Vorsatz genügt, dass der Annehmende damit rechnet, der präsumtive Täter werde seine Erklärung ernst nehmen und ihr entsprechend handeln, und dies billigt (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 1998 - 1 StR 801/97, NStZ 1998, 403, 404). Hat der Annehmende diese Vorstellung, entfällt sein Vorsatz nicht dadurch, dass er die Annahme des Erbietens des anderen nur zum Schein erklärt (vgl. - für die versuchte Anstiftung - BGH, Urteil vom 27. Juli 2000 - 4 StR 185/00, juris Rn. 8; ebenso BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 - 3 StR 113/98, BGHSt 44, 99, 101 ff.).
24
Durch die Vorspiegelung seiner Bereitschaft zur Mitwirkung an dem Fluchtvorhaben nahm H. T. s Erbieten zur Begehung eines Mordes objektiv an. Aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen lässt sich dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch mit ausreichender Klarheit entnehmen, dass er dabei die Möglichkeit erkannte und billigte, auf Grund seiner Zustimmung werde T. den endgültigen Entschluss zur Durchführung der Tat fassen und diese dem Plan ent- sprechend ausführen. Der Vorsatz des H. umfasste dabei auch diejenigen Umstände, die im Fall des Todeseintritts - von welchem er wusste, dass er T. gleichgültig war - die Bewertung der Tat als heimtückisch begangener Mord getragen hätten (zur Zurechnung des Mordmerkmals der Heimtücke in einem solchen Fall vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2005 - 4 StR 243/05, NStZ 2006, 288, 289). Dem Vorsatz des H. steht nicht entgegen, dass er etwa davon ausgegangen wäre, falls er nicht mitwirke, hindere dies das Niederschlagen eines Vollzugsbeamten (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 4. Dezember 1962 - 5 StR 529/62, BGHSt 18, 160 f.; vom 7. April 1998 - 1 StR 801/97, NStZ 1998, 403, 404; ferner Roxin, NStZ 1998, 616, 617). Vielmehr nahm er an, der Plan könne auch ohne sein Zutun verwirklicht werden. Das gilt umso mehr, als auch S. , dessen innerer Vorbehalt H. nicht bekannt war, die eigene Mitwirkungsbereitschaft vorspiegelte.
25
Die vom Generalbundesanwalt beantragte Schuldspruchberichtigung in ein Sichbereiterklären zu einem Verbrechen des Mordes hindert den Senat nicht an der uneingeschränkten Verwerfung des Rechtsmittels gemäß § 349 Abs. 2 StPO. Die Änderung wäre nicht zu Gunsten des Angeklagten H. vorzunehmen gewesen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Januar 1993 - 3 StR 575/92, BGHR StPO § 349 Abs. 2 Verwerfung 4; vom 23. Juli 1993 - 2 StR 346/93, BGHR StPO § 349 Abs. 2 Antrag 1; vom 3. Mai 2011 - 5 StR 111/11, juris).
26
b) Durch die zu Unrecht vorgenommene nachträgliche Gesamtstrafenbildung ist der Angeklagte H. , wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, nicht beschwert.
27
3. Revision des Angeklagten S.
28
a) Die Verfahrensrüge des Angeklagten S. ist ebenfalls nicht ausgeführt und schon aus diesem Grund unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
29
b) Seine Sachrüge ist insoweit unbegründet, als es den Schuldspruch und die wegen der abgeurteilten Tat verhängte Freiheitsstrafe betrifft. Hinsichtlich der - zutreffenden - Verurteilung wegen Annahme eines Anerbietens zu einem Verbrechen des Mordes gilt das für den Angeklagten H. Ausgeführte entsprechend. Soweit der Angeklagte S. im Einzelnen die Zumessung der Einzelstrafe beanstandet, dringt die Sachrüge aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch.
30
Das Rechtsmittel hat lediglich zum Ausspruch über die nachträgliche Gesamtstrafe Erfolg. Diesbezüglich hat der Generalbundesanwalt ausgeführt: "Der Ausspruch über die Gesamtstrafe kann indes keinen Bestand haben, weil entgegen § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Mönchengladbach vom 27. November 2014 nicht festgestellt ist oder sich sonst aus den Urteilsgründen erschließt und es sich auch nicht von selbst versteht, dass dieses Urteil bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind."
31
Der Senat schließt sich dem an und macht von der durch § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch, die Entscheidung dem Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuzuweisen.
Becker RiBGH Gericke befindet sich Tiemann im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Berg Hoch

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Strafgesetzbuch - StGB | § 30 Versuch der Beteiligung


(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend. (

Strafgesetzbuch - StGB | § 26 Anstiftung


Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. März 2017 - 3 StR 260/16 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 243/05 vom 24. November 2005 in der Strafsache gegen wegen versuchter Anstiftung zum Mord Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. November 2005, an der teilgenommen hab

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Aug. 2017 - AK 35/17

bei uns veröffentlicht am 10.08.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS AK 35 u. 36/17 vom 10. August 2017 in dem Ermittlungsverfahren gegen 1. 2. wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a. ECLI:DE:BGH:2017:100817BAK35.17.0 Der 3. Strafs

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 362/16 vom 22. August 2017 in der Strafsache gegen wegen Computerbetrugs u.a. ECLI:DE:BGH:2017:220817B2STR362.16.1 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhör

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2019 - 4 StR 98/19

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 98/19 vom 2. Juli 2019 in der Strafsache gegen wegen bandenmäßiger unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2019:020719B4STR98.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs

Referenzen

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung : ja
Internetchat und Verbrechensverabredung.
BGH, Beschluss vom 16. März 2011 – 5 StR 581/10
LG Kiel –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 16. März 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Verabredung eines Mordes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2011

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 6. September 2010 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte im Fall II.14 der Urteilsgründe wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften, im Fall II.15 wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften und im Fall II.13 wegen Herstellens pornografischer Schriften verurteilt ist;
b) in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen II.13 bis 15 der Urteilsgründe, im Gesamtstrafausspruch und im Maßregelausspruch aufgehoben; letzterer entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Schuldspruch wird in den Fällen II.4 bis 12 und 16 bis 25 der Urteilsgründe dahin klargestellt, dass der Angeklagte insoweit wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften in 13 Fällen (II.6 bis 8, 11 und 12 sowie 16 bis 23) und wegen Erwerbs kinderpornografischer Schriften in sechs Fällen (II.4, 5, 9, 10, 24, 25), davon in drei Fällen in Tateinheit mit deren Verbreitung (II.5, 10, 25), verurteilt ist.
3. Zur abschließenden Strafzumessung wird die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verabredung eines Mordes (tateinheitlich eines Missbrauchs eines Kindes mit Todesfolge und einer Vergewaltigung mit Todesfolge) in Tateinheit mit Besitz und mit Verbreitung kinderpornografischer Schriften (Fall II.14), wegen Sichbereiterklärens zu einer besonders schweren Vergewaltigung sowie tateinheitlich einem besonders schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes (Fall II.15), wegen Verabredung eines schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes (Fall II.2), wegen gefährlicher Körperverletzung (Fall II.1), wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes (Fall II.13), wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften (Fall II.3) und wegen 19 Fällen verschiedener Varianten von Vergehen nach § 184b StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt und hat die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet.
2
Die Revision des Angeklagten erzielt auf die nicht ausgeführte Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der Gegenstand der Schuldsprüche gegen den im Juni 2002 wegen Verbreitung pornografischer Schriften zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilten, mit einer Geldauflage und Therapieweisung belegten Angeklagten, einen früheren Betriebsleiter, umfasst überwiegend Straftaten, die er im Rahmen einer Internetplattform für „pädophil orientierte Menschen“ namens „Zauberwald“ begangen hat (unten 2 und 3). Lediglich vier Fälle betreffen ganz oder zum Teil außerhalb solcher Internetaktivitäten vorgenommene Handlungen und Erklärungen.
4
a) Hierbei handelt es sich um eine gefährliche Körperverletzung zum Nachteil seines knapp drei Jahre alten Sohnes durch Verabreichung einer lokal betäubenden Creme und einer aufgelösten Schlaftablette (Fall II.1 der Urteilsgründe; Freiheitsstrafe vier Monate), den Besitz zahlreicher kinderpornografischer Schriften bis zum Zeitpunkt der Sicherstellung seines Rechners am 29. September 2009 (Fall II.3 der Urteilsgründe; Freiheitsstrafe ein Jahr und vier Monate) und den als Verabredung eines Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes abgeurteilten, mit dem Zeugen B. auch telefonisch abgesprochenen Plan, vom 25. bis 27. Juli 2008 im Harz mit ihren Söhnen eine vom Angeklagten angemietete Ferienwohnung zu beziehen, in der es zu einem „Boytausch“ kommen sollte und der Angeklagte bei dem kindlichen Sohn des Zeugen B. den Analverkehr vollziehen wollte (Fall II.2 der Urteilsgründe; Freiheitsstrafe zwei Jahre und neun Monate). Die insoweit getroffenen Schuld- und Strafaussprüche sind sachlichrechtlich beanstandungsfrei.
5
b) Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen dreier am 12. August 2009 in der Absicht der Verbreitung angefertigter Bilder wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes gemäß § 176a Abs. 3 i.V.m. § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB (Fall II.13 der Urteilsgründe; Freiheitsstrafe zwei Jahre und vier Monate) verurteilt hat, rechtfertigt der festgestellte Sachverhalt lediglich eine Bestrafung wegen des Herstellens pornografischer Schriften nach § 184 Abs. 1 Nr. 8 StGB. Auf den Fotos ist der Sohn des Angeklagten abgebildet, der eine Salatgurke wie beim Oralverkehr mit den Lippen fest umschließt.
6
(1) Es ermangelt der Vornahme einer sexuellen Handlung (§ 184g Nr. 1 StGB) durch ein Kind. Zwar hat der Gesetzgeber durch das Änderungsgesetz vom 31. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2149) auch das sexuell aufreizende Posieren von Kindern als eine solche Handlung erfasst (BT-Drucks. 16/9646 S. 2, 35 f.). Hierzu zählen jedenfalls Vorgänge, die gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild einen eindeutigen Sexualbezug aufweisen (vgl. schon BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 – 4 StR 459/07, BGHR StGB § 184f sexuelle Handlung 2). Für das Posieren in obszönen Stellungen ist indes die Sicht auf sexualbezogene Körpermerkmale des Kindes erforderlich (vgl. Laufhütte/Roggenbuck in LK, 12. Aufl., § 184b Rn. 3). Solches ist bei dem vollständig bekleideten Sohn des Angeklagten nicht gegeben. Es wurde lediglich dessen Mund in eine Beziehung zu einem Gegenstand gebracht , der allein in der Fantasie eines späteren Betrachters als Darstellung des erigierten Gliedes eines Mannes begriffen werden konnte und sollte. Damit ist die Grenze zur Strafbarkeit nach § 176 StGB unter Berücksichtigung seines Schutzgedankens und der erheblichen Höhe der dort angedrohten Strafe noch nicht überschritten. Es ist nicht ersichtlich, dass die Handlung als solche oder die Umstände ihrer Vornahme geeignet gewesen wären, die geschützten Rechtsgüter des Kindes zu beeinträchtigen. Dies gilt auch dann, wenn als geschütztes Rechtsgut des § 176 StGB nicht allein die ungestörte sexuelle Entwicklung des Kindes angesehen wird (vgl. BGH, Urteile vom 24. September 1991 – 5 StR 364/91, BGHSt 38, 68, 69 und vom 16. Juni 1999 – 2 StR 28/99, BGHSt 45, 131, 132), sondern auch sein Recht auf Achtung seiner Intimsphäre (vgl. Hörnle in LK, 12. Aufl., § 176 Rn. 3). Die dargestellte Handlung überschreitet unter beiden Gesichtspunkten nicht die Erheblichkeitsschwelle des § 184g Nr. 1 StGB, die bezogen auf das konkrete Rechtsgut festzustellen ist.
7
(2) Ein Sexualbezug der Abbildungen ist nach der rechtsfehlerfreien Bewertung des Landgerichts durch die vom Angeklagten eingestandene Verbreitungsabsicht und dessen sachverständig festgestellte insbesondere pädophile Disposition (UA S. 151 f.) belegt. Mit den Bildern sollten die ausschließlich einschlägig interessierten Benutzer der genannten Internetplattform auf einen Oralverkehr eines Knaben an Männern angesprochen und bei ihnen ein Bedürfnis nach solchen Handlungen hervorgerufen oder verstärkt werden. Das verleiht den Fotos die Qualität pornografischer Schriften im Sinne des § 184 Abs. 1 StGB (vgl. Laufhütte/Roggenbuck, aaO, § 184 Rn. 5 bis 8), die der Angeklagte gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6 StGB hergestellt hat. Der Senat stellt insoweit den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO um. Er schließt aus, dass sich der Angeklagte nach einem entsprechenden gerichtlichen Hinweis wirksamer als bis- her hätte verteidigen können. Das neu berufene Tatgericht wird insoweit eine neue, notwendigerweise beträchtlich mildere Strafe festzusetzen haben.
8
2. Hinsichtlich der Fälle II.4 bis 12 und 16 bis 25 der Urteilsgründe, in denen das Landgericht die Erlangung und Weiterleitung kinderpornografischer Dateien im Rahmen von Chatkontakten des Angeklagten mit unbekannt gebliebenen Partnern ausgeurteilt und Freiheitsstrafen jeweils zwischen vier und acht Monaten festgesetzt hat, war lediglich die Tenorierung klarzustellen. Hinsichtlich der Fälle II.4 und 5 der Urteilsgründe billigt der Senat die vom Landgericht gefundene, mit den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Schleswig (NStZ-RR 2007, 41, 42) und Hamburg (NJW 2010, 1893, 1895) übereinstimmende Rechtsauffassung (vgl. dazu Laufhütte /Roggenbuck, aaO, § 184b Rn. 10 mN).
9
3. Die beiden schwersten Schuldsprüche der Verabredung eines Mordes (Fall II.14 der Urteilsgründe) und des Sichbereiterklärens zu einer besonders schweren Vergewaltigung (Fall II.15 der Urteilsgründe) halten der sachlichrechtlichen Prüfung nicht stand.
10
a) Fall II.14 der Urteilsgründe (Verabredung zum Mord u.a.; Freiheitsstrafe neun Jahre):
11
aa) Der Angeklagte befand sich unter der anonymen Bezeichnung „No Limit“ an einem nicht näher feststellbaren Tag im Sommer 2009 zwischen 12.50 Uhr und 19.59 Uhr auf der genannten Internetplattform in einem auf seiner Festplatte in einer Textdatei gespeichert gebliebenen Chatgespräch mit einem nicht identifizierten und für den Angeklagten nicht identifizierbaren, in den Niederlanden ansässigen Mann, der im Chat als „kees“ auftrat und den der Angeklagte aus einem früheren Chatkontakt kannte. In dem Gespräch tauschten die Partner Gedanken über Pläne zu Kindesmissbrauch mit extremen sexuellen und sadistischen Begleitumständen aus:
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Beide erwogen, um einen geeigneten kindlichen Sexualpartner zu finden , ein Kind von der Straße zu nehmen; man müsse letztlich ein Kind finden , das allein an einsamer Stelle auf dem Schulweg sei. Im Hinblick auf noch unverplante Resturlaube konstatierten der Angeklagte und „kees“, dass man die Pläne wohl Ende September in die Tat umsetzen könne. Nach dem Austausch dreier kinderpornografischer Abbildungen konkretisierten sie ihr Vorhaben. Der Niederländer favorisierte, den zu entführenden Jungen an den Hoden aufzuhängen; der Junge sollte dann in seiner Qual seine Hoden selbst abschneiden. Der Angeklagte wollte den Jungen würgen, während er ihn „ficke“. Beide vergewisserten sich gegenseitig, dass sie es ernst meinten und dass „idealerweise“ ein acht Jahre alter Junge aus einer ländlichen Gegend des nördlichen Mecklenburg-Vorpommern entführt und über einige Stunden gequält werden sollte. Der Tod des Jungen sollte durch „kees“ herbeigeführt werden, indem er seinen Penis dem Kind so tief in den Mund stecken würde, dass es – während der Angeklagte den Analverkehr ausübe – daran ersticken würde. Der Leichnam könnte dann im Meer versenkt werden.
13
Zur Ausführung des Vorhabens erwogen der Angeklagte und „kees“, in den Niederlanden ein Fahrzeug zu mieten, dieses in Deutschland mit gestohlenen Kennzeichen zu versehen und ein Ferienhaus an der Nordsee zu mieten. Der Angeklagte übermittelte „kees“ das Internetangebot eines Ferienhauses in Neßmersiel. Er hielt es für sinnvoll, dass er das Ferienhaus vorab buche. Als konkrete Tatzeit wurde – im Hinblick auf die in Mecklenburg -Vorpommern am 30. Oktober 2009 endenden Schulferien – der November 2009 in Aussicht genommen. Ein verabredetes weiteres Chatgespräch fand nicht mehr statt.
14
bb) Das Schwurgericht hat die Einlassung des Angeklagten, seine Chatgespräche seien reine Fiktion gewesen, beweiswürdigend durch die große Anzahl der Realitätskennzeichen und durch den Umstand als widerlegt angesehen, dass der Angeklagte diverse Grundschulen in MecklenburgVorpommern im Internet daraufhin untersucht habe, wie weit sie von örtli- chen Polizeirevieren entfernt seien. Zudem habe der Angeklagte im eingestandenen Fall II.2 der Urteilsgründe nicht in Frage gestellt, dass nach der Präsentation des Bauernhofes im Harz als Tatort das dort verabredete Treffen tatsächlich stattfinden sollte.
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cc) Die Feststellungen tragen die Annahme des Schwurgerichts nicht, der Angeklagte habe sich mit dem unbekannt gebliebenen Chatpartner „kees“ zu einem Verbrechen (u.a. des Mordes) gemäß § 30 Abs. 2 Variante 3 i.V.m. § 211 StGB verabredet.
16
(1) Eine Strafbarkeit setzt die vom ernstlichen Willen getragene Einigung von mindestens zwei Personen voraus, an der Verwirklichung eines bestimmten Verbrechens mittäterschaftlich mitzuwirken (BGH, Urteile vom 4. Februar 2009 – 2 StR 165/08, BGHSt 53, 174, 176 mN, und vom 13. November 2008 – 3 StR 403/08, NStZ 2009, 497). Der Gesetzeswortlaut lässt offen, in welchem Umfang ein Verabredender die Identität seines präsumtiven Mittäters kennen muss. Dies schließt die Annahme einer Verabredung zwischen Personen, die sich lediglich über einen Tarnnamen in einem Internetchatforum kennen, nicht aus. Allerdings hat sich die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, soweit ersichtlich, ausschließlich mit Fällen von den präsumtiven Mittätern bekannten Identitäten der jeweils anderen befasst (vgl. Roxin, JA 1979, 169; 171 f.; Schünemann in LK, 12. Aufl. § 30 Rn. 60 und 62; BGH, Urteile vom 28. Juni 2007 – 3 StR 140/07, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 7, vom 13. November 2008 – 3 StR 403/08, NStZ 2009, 497 und vom 4. Februar 2009 – 2 StR 165/08, BGHSt 53, 174).
17
Die Strafwürdigkeit der Verbrechensverabredung erklärt sich aus der Willensbindung der Beteiligten (Roxin, Strafrecht AT II [2003], S. 303 Rn. 43), durch die bereits vor Eintritt in das Versuchsstadium eine Gefahr für das durch die vorgestellte Tat bedrohte Rechtsgut entsteht (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 30 Rn. 2). Der von einer solchen quasi-vertraglichen Verpflichtung ausgehende Motivationsdruck sorgt oft dafür, dass es von einer binden- den Verabredung für einen Beteiligten kaum noch ein Zurück gibt, so dass bei Angriffen auf die wertvollsten und schutzbedürftigsten Rechtsgüter schon der Abschluss der Deliktsvereinbarung durch eine Strafdrohung verhindert werden muss (Schünemann in LK, 12. Aufl., § 30 Rn. 11). Eine solche auf die Begehung des intendierten Verbrechens bezogene bindende Verabredung erfordert, dass jeder an ihr Beteiligte in der Lage sein muss, bei dem jeweils anderen präsumtiven Mittäter die von jenem zugesagten verbrecherischen Handlungen (vgl. Schröder, JuS 1967, 289, 291) auch einfordern zu können. Dies kann auch zwischen Personen geschehen, die lediglich unter Verwendung eines Tarnnamens kommunizieren. Solches wird sogar in etlichen Fallkonstellationen, in denen es gilt, hierdurch eine Entdeckung zu vermeiden, für die sich Verabredenden sinnvoll sein und nötigt nicht dazu, dass – etwa bei unbekannt bleiben wollenden Angehörigen verbrecherischer Organisationen – Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Verabredung überwunden werden müssten. Gleiches wird naheliegend anzunehmen sein, wenn anonym getroffene Absprachen durch weitere Vorbereitungshandlungen oder deren Verabredung bestätigt worden sind. In Fällen, in denen die verabredete Tat – wie vorliegend – die gleichzeitige Präsenz der Mittäter bei Tatbegehung voraussetzt, ist eine verbleibende völlige Anonymität freilich ausgeschlossen. Deren spätere Auflösung muss Teil des konkreten Tatplans sein. Schon hierfür fehlt es an vollständigen Feststellungen.
18
(2) Insbesondere ist das Landgericht bei der von ihm zu beurteilenden Fallkonstellation, in der es darum geht, Verbrechensfantasie von wirklichem verbrecherischen Willen und dessen Umsetzung abzugrenzen, dem Gebot der erschöpfenden Beweiswürdigung nicht umfassend gerecht geworden (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 139/06, NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt; Brause, NStZ 2007, 505, 506). Seine Erwägungen vermögen deshalb nicht mehr als einen Verdacht der Verabredung zu einem Mord zu begründen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2001 – 5 StR 520/01, StV 2002, 235). Die Schwurgerichtskammer hat in ihren beweiswürdigenden Erwägungen mehrere die Ab- sprache zwischen dem Angeklagten und „kees“ betreffenden Umstände, die gegen deren Ernstlichkeit als Verbrechensverabredung zu erwägen gewesen wären, nicht erkennbar bedacht.
19
Die Absprache wurde in lediglich einem Chatgespräch getroffen zwischen Partnern, die sich nicht persönlich kannten und deren Identität nicht ohne Mitwirkung des anderen zu ermitteln war. Über einen direkten kommunikativen Zugang zu „kees“ verfügte der Angeklagte nicht. Die abgesprochene Fortsetzung der Kommunikation unterblieb genauso wie die vom Angeklagten zugesagte Buchung des Ferienhauses (UA S. 56). Das Landgericht hat sich auch nicht mit dem zentralen Einwand des Angeklagten auseinandergesetzt , er habe sich seinen Chatpartnern immer wieder durch das Wechseln seines Nicknamens entzogen, bevor es richtig konkret hätte werden können (UA S. 79). Es hat zudem in seiner Beweiswürdigung zur Bestimmung des Tatzeitraums des Falles II.15 der Urteilsgründe den Charakter der vom Angeklagten im Sommer 2009 geführten Chatgespräche als eskalierende Fantasien (UA S. 130) – in Abgrenzung zu denen im eingestandenen Fall II.2 der Urteilsgründe – bezeichnet, ohne auf diese Gegensätzlichkeit für die hier zur nämlichen Zeit stattgefundene Tathandlung zurückzukommen.
20
Der vom Landgericht herangezogene Umstand, der Angeklagte habe im eingestandenen Fall der Verabredung eines schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes (Fall II.2 der Urteilsgründe) – indes dort ohne den Ausdruck ausufernd perversen sexuellen Geschehens – die Ernstlichkeit der Mitteilung des präsumtiven Tatorts nicht in Frage gestellt, ist kein den Angeklagten selbständig belastendes Indiz, weil dieser in jenem anders gelagerten Fall sogar weitergehend die Anmietung der Ferienwohnung im Harz eingestanden hatte.
21
Schließlich stößt der von der Schwurgerichtskammer als tragend herangezogene Umstand des Detailreichtums in der hier zu beurteilenden Fallkonstellation der gebotenen Abgrenzung bloßer Verbrechensfantasie von verbrecherischem Willen auf durchgreifende Bedenken. Ähnlich wie in Fällen , in denen Angaben von Mittätern zu ihren Tatgenossen durch die Wiedergabe selbst erlebter Tatdetails nicht wesentlich gestützt werden (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2006 – 1 StR 90/06, StV 2006, 683, und vom 16. Juli 2009 – 5 StR 84/09 mN), eignen sich detaillierte Angaben eines Fantasiebegabten über ein Verbrechen nicht unbedingt zur Entscheidung der Frage, ob sie noch Fiktion oder bereits Ausdruck verbrecherischen Willens sind. Das gilt jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art, nämlich des Austauschs perverser, den eigenen Sexualtrieb und den des Kommunikationspartners aufstachelnder und befriedigender sexualbezogener Fantasien. Für die Bewertung, ob sich die Ausführungen des Angeklagten noch im Bereich solcher Fantasien bewegen, hätte der Umstand nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, dass der Angeklagte bislang gegenüber Kindern nicht sexuell übergriffig geworden ist.
22
(3) Der Senat sieht davon ab, den Sachverhalt neu als Verbrechensverabredung aufklären zu lassen. Hierfür erforderliche zusätzliche selbstbelastende Bekundungen des Angeklagten erscheinen ausgeschlossen. Auch unter anderen Tatbestandsvarianten des § 30 StGB wird sich eine Strafbarkeit nicht begründen lassen. Die hier soeben dargelegten Defizite in der Beweiswürdigung legen es nahe, dass ein neu berufenes Tatgericht auch zu keiner Verurteilung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 StGB wegen strafbarer versuchter Anstiftung (vgl. Roxin, JA 1979, 169, 170) oder wegen Sichbereiterklärens im Sinne des § 30 Abs. 2 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2009 – 2 StR 165/08, BGHSt 53, 174, 177; BGH, Beschluss vom 11. August 1999 – 5 StR 217/99, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 5; Fischer, aaO, § 30 Rn. 10) kommen wird.
23
Ausschlaggebend für eine zu unterlassende Zurückverweisung ist indes jedenfalls, dass die Annahme einer Straflosigkeit nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB unumgänglich sein wird.
24
Der Angeklagte muss, um nach dieser Vorschrift Straflosigkeit zu erlangen , sein Vorhaben lediglich aufgegeben haben. Insoweit verlangt das Gesetz weniger als die bis Ende 1974 geltende Vorgängerregelung des § 49a Abs. 3 Nr. 3 StGB, wonach ein Widerruf der Erklärung geboten war, durch die der Täter sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte. Die Aufgabe des Vorhabens ist vom Tatgericht – wie andere innere Tatsachen – beweiswürdigend aus den gesamten Umständen festzustellen. Das Erfordernis einer Erkennbarkeit nach außen ist – entgegen der im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Vorstellung (BT-Drucks. IV/650, 155) – dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen (Roxin, aaO, S. 324 Rn. 98 bis 100; im Ergebnis ebenso die weit überwiegende Meinung in der Literatur: vgl. nur Schünemann , aaO, § 31 Rn. 16 f.; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 31 Rn. 8; Hoyer in SK-StGB, 7. Aufl., § 31 Rn. 14 f.; Fischer, aaO, § 31 Rn. 4; Joecks in MK-StGB, § 31 Rn. 18; aA Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 31 Rn. 4 mN weiterer gegenteiliger Auffassungen). Die Aufgabe eines Entschlusses und deren äußere Erkennbarkeit sind ebenso zweierlei wie das Fassen eines Tatentschlusses und dessen Hervortreten nach außen (Roxin, aaO, Rn. 100). Es spricht gegen eine freiwillige Aufgabe des Vorhabens, wenn ein Beschuldigter bei Tatvorbereitungen entdeckt wird oder scheitert, während der Abbruch Erfolg versprechender Vorbereitungen oder ein Untätigbleiben , wo nach der Bereiterklärung wenigstens vorbereitende Aktivitäten zu erwarten gewesen wären, auf einen freiwilligen Rücktritt deuten (Roxin, aaO). Nur Letzteres ist nach den getroffenen Feststellungen anzunehmen. Der Angeklagte ist entgegen der Verabredung in keinen Chatverkehr mehr mit „kees“ eingetreten und hat es entgegen der Ankündigung unterlassen, das Ferienhaus für die in Aussicht genommene Tatzeit zu buchen.
25
Der Tatvorwurf der Verbrechensverabredung hat demnach im Fall II.14 der Urteilsgründe zu entfallen. Das neu berufene Tatgericht wird lediglich noch eine Strafe hinsichtlich der tateinheitlich ausgeurteilten Vergehen gemäß § 184b Abs. 2 und 4 Satz 1 („Erwerb“ verdrängt „Besitz“ nach Satz 2) StGB festzusetzen haben.
26
b) Fall II.15 der Urteilsgründe (Verabredung zur besonders schweren Vergewaltigung u.a.; Freiheitsstrafe vier Jahre):
27
aa) Der Angeklagte befand sich in einer nicht näher bestimmbaren Nacht des Jahres 2009 zwischen 23.25 Uhr und 4.37 Uhr mit einem Mann im Chatkontakt, der die anonyme Bezeichnung „Big Buddy“ führte. Beide sprachen darüber, den fünf Jahre alten Sohn des „Big Buddy“ gemeinsam und gleichzeitig oral und anal an einem Wochenende während der Herbstferien in einer „Seedatsche“ zu missbrauchen und ihm sexuell motivierte Schmerzen zuzufügen. Der Angeklagte äußerte den Wunsch, „das Tatopfer beim ‚Ficken’ in den Magen zu boxen und ihm Stecknadeln unter die Fußnägel zu stecken“. Auf die Ermahnung des Chatpartners, dass der Angeklagte ja die Grenzen kenne, konzedierte dieser, „dass der Junge das Ganze schon überleben werde, dass ‚der Arsch’ aber wund sein und der Junge auch Griffmarken aufweisen werde“. Der Angeklagte erklärte zum Abschluss des Kontakts, dass „Big Buddy“ ihm im Fall der Verwirklichung des Vorhabens „einen Lebenstraum erfüllen“ würde.
28
bb) Das Landgericht hat sich beweiswürdigend davon überzeugt, dass der Angeklagte zur Begehung des genügend konkretisierten Vergewaltigungs - und Missbrauchsverbrechens fest entschlossen war. Es vermochte sich aber nicht davon zu überzeugen, dass auch der Chatpartner des Angeklagten fest vorhatte, sich an dem Verbrechen zum Nachteil seines Sohnes als Mittäter zu beteiligen. Die Schwurgerichtskammer hat deshalb die Annahme einer Verbrechensverabredung abgelehnt und den Angeklagten wegen eines Sichbereiterklärens im Sinne des § 30 Abs. 2 StGB schuldig gesprochen.
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cc) Die vom Landgericht hierfür vorgenommene Prüfung des Vorsatzes des Angeklagten ist lückenhaft.
30
(1) Das Landgericht hat zwar plausible und nachvollziehbare Erwägungen angestellt, die belegen, dass der vom Angeklagten erstrebte Analverkehr einem in der Realität zu verwirklichenden Wunsch des Angeklagten entspringt.
31
Der Schuldspruch hat aber jedenfalls deshalb keinen Bestand, weil das Landgericht auch hier keine tragfähige Begründung für den Ausschluss eines strafbefreienden Rücktritts (§ 31 StGB) gefunden hat. Es würde einem neu berufenen Tatgericht nach Prüfung der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht mehr möglich sein, zu einem Schuldspruch wegen des Sichbereiterklärens zu einer besonders schweren Vergewaltigung zu kommen. Insoweit wird auf die obigen Erwägungen zu II.14 der Urteilsgründe (oben Tz. 22) verwiesen und darauf, dass in der bisherigen Beweiswürdigung (UA S. 130) die zentralen Einwände des Angeklagten unberücksichtigt geblieben sind. Diese könnten nicht anders als ein Aufgeben des Vorhabens bewertet werden.
32
(2) Die Frage, ob es für die vom Tatgericht angenommene Strafbarkeit angesichts der vollständigen Anonymität zwischen den Chatpersonen auch an ausreichenden Feststellungen dafür fehlte, dass der Angeklagte im Rahmen des Chatkontaktes die Annahme des Anerbietens tatsächlich schon ernstlich erstrebt hat (vgl. Fischer, aaO, § 30 Rn. 10), bedarf danach keiner Vertiefung.
33
(3) Der Senat sieht auch in diesem Fall davon ab, die Sache neu aufklären und bewerten zu lassen. Weitere selbstbelastende Bekundungen des Angeklagten erscheinen auch insoweit genauso ausgeschlossen wie die Erlangung zusätzlicher belastender Indizien. Der vom Angeklagten willentlich als Textdatei auf seinem Computer gespeicherte Chatverkehr mit „Big Buddy“ unterfälllt ohne Weiteres der Strafbarkeit nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB. Der Senat stellt den Schuldspruch dementsprechend um. Die Vor- schrift des § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil der insoweit geständige Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können.
34
4. Der Wegfall von drei der vier höchsten Einzelstrafen nötigt zur Aufhebung der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe und des maßgeblich auf den zugehörigen Verurteilungen beruhenden Maßregelausspruchs. Dieser hat zu entfallen. Eine Festsetzung von Strafen, die die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB erfüllen könnten, ist nach den Schuldspruchänderungen und den bei der Bemessung der neuen Strafen zu beachtenden Maßstäben sicher auszuschließen. Die Festsetzung der Strafen in den Fällen II.13 bis 15 und der Gesamtfreiheitsstrafe wird auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen vorzunehmen sein. Diese können freilich um solche ergänzt werden, die den bisher getroffenen Feststellungen nicht widersprechen.
35
5. Nachdem ein die Zuständigkeit des Schwurgerichts nach § 74 Abs. 2 GVG begründendes Verbrechen nicht mehr Verfahrensgegenstand ist, wird sich eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts mit der Sache zu befassen haben (vgl. BGH, Urteil vom 7. September 1994 – 2 StR 264/94, NJW 1994, 3304, 3305, insoweit nicht in BGHSt 40, 251 abgedruckt).
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 438/15
vom
8. Dezember 2015
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________________________
1. Sprengstoffe im Sinne von § 308 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind alle
Stoffe, die bei Entzündung eine gewaltsame und plötzliche Ausdehnung
dehnbarer (elastischer) Flüssigkeiten und Gase hervorrufen, und geeignet
sind, dadurch den Erfolg einer Zerstörung herbeizuführen. Es kommt nicht
darauf an, ob der Stoff fest, flüssig oder gasförmig ist, ob er Beständigkeit
hat oder nur im Augenblick der Herstellung anwendbar und wirksam ist oder
ob die Explosion auf Zündung von außen oder auf Selbstzündung beruht (im
Anschluss an RGSt 67, 35).
2. Der Versuch der Beteiligung an einem Verbrechen im Sinne von § 30 Abs. 2
StGB steht mit einer unter Strafe gestellten Vorbereitung dieses Verbrechens
jedenfalls dann in Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB), wenn die sich aus
§ 30 Abs. 1 und 2 StGB ergebende Strafandrohung diejenige für die Vorbereitungshandlung
übersteigt (im Anschluss an BGH, Urteil vom 24. Januar
2001 - 3 StR 324/00, BGHSt 46, 266).
BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2015 - 3 StR 438/15 - LG Oldenburg
ECLI:DE:BGH:2015:081215B3STR438.15.0


in der Strafsache gegen

wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. Dezember 2015 gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 18. März 2015 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen - schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in drei Fällen, - versuchten schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in drei Fällen, - Vorbereitung eines Explosionsverbrechens in Tateinheit mit Verabredung zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und zum schweren Bandendiebstahl in zwei Fällen sowie - Vorbereitung eines Explosionsverbrechens in Tateinheit mit Verabredung zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und mit versuchtem schweren Bandendiebstahl zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt.

2
Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
3
1. Der Angeklagte und die vier Mitangeklagten hatten verabredet, Geldautomaten aufzusprengen, um sich in den Besitz des darin vorgehaltenen Bargelds zu bringen. Hierzu wollten sie ein Gemisch aus brennbarem Gas und Sauerstoff in die Automaten einleiten und dieses mittels eines eingeführten elektrischen Zünders zur Explosion bringen. Ein Mitangeklagter sollte zunächst in die entsprechenden Räumlichkeiten der zuvor ausgekundschafteten Bankfilialen eindringen und die Zündvorrichtung anbringen, andere sollten sich währenddessen mit den benötigten Gasflaschen abrufbereit in der Nähe aufhalten. Aufgabe des Angeklagten sollte es sein, die Tatorte abzusichern. In den Fällen II. 8., 10. und 11. der Urteilsgründe begaben sich die Angeklagten zwar jeweils dieser Abrede gemäß zu der ausersehenen Bankfiliale, mussten aber wegen unvorhergesehener Hindernisse bzw. polizeilichen Zugriffs von weiterer Tatausführung absehen.
4
2. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Angeklagten in den genannten Fällen auch ein Explosionsverbrechen vorbereitet haben (§ 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Bei dem als Tatmittel vorgesehenen Gasgemisch handelte es sich um Sprengstoff.
5
a) Der Bundesgerichtshof hat sich zu der Frage, welche Eigenschaften einem Sprengstoff im Sinne von § 308 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB zukommen müssen, bislang nicht abschließend geäußert. Insbesondere hatte er über Gas-Luft-Gemische nur im Zusammenhang mit Taten nach § 308 StGB bzw. der Vorgängervorschrift zu entscheiden, so dass es auf eine Abgrenzung im Einzelnen, ob die Tat durch Sprengstoff oder durch andere Mittel begangen oder versucht wurde, nicht ankam (vgl. Urteil vom 11. Juni 1965 - 4 StR 245/65, BGHSt 20, 230; Urteil vom 15. November 1978 - 2 StR 456/78, BGHSt 28, 196; Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253; Beschluss vom 20. Dezember 2002 - 2 StR 251/02, BGHSt 48, 147; Urteil vom 24. Juli 2003 - 3 StR 212/02, StV 2003, 540; Beschluss vom 27. April 2004 - 3 StR 112/04, NStZ 2004, 614; Beschluss vom 15. April 2010 - 5 StR 75/10, NStZ 2010, 503). Die strafrechtliche Literatur bietet kein einheitliches Bild. Soweit dort, teils unter Rückgriff auf Begrifflichkeiten des Sprengstoffgesetzes, Abgrenzungsversuche unternommen werden, entbehren diese zumeist der Systematik oder der näheren Begründung (vgl. LK/Wolff, StGB, 12. Aufl., § 308 Rn. 4; § 310 Rn. 5; MüKoStGB/Krack, 2. Aufl., § 310 Rn. 5; S/S-Heine/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 308 Rn. 4 ff.; § 310 Rn. 4; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 308 Rn. 2; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 308 Rn. 3).
6
b) Das Strafgesetzbuch enthielt ursprünglich keine auf Sprengstoffe bezogenen Tatbestände. Sprengstoffverbrechen waren vielmehr geregelt in §§ 5 bis 7 des Gesetzes gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen (Sprengstoffgesetz) vom 9. Juni 1884 (RGBl. S. 61), geändert durch Gesetz vom 8. August 1941 (RGBl. I S. 531). Ausgehend von der Begründung zu diesem Gesetz verstand das Reichsgericht unter Sprengstoffen alle explosiven Stoffe, welche sich zur Verwendung als Sprengmittel eignen, also alle diejenigen Stoffe, die bei Entzündung eine gewaltsame und plötzliche Ausdehnung dehnbarer (elastischer) Flüssigkeiten und Gase hervorrufen , und geeignet sind, dadurch den Erfolg einer Zerstörung herbeizuführen (vgl. RG, Urteil vom 22. Dezember 1913 - III 389/13, RGSt 48, 72, 74; Urteil vom 8. Dezember 1932 - III 872/32, RGSt 67, 35, 37). Für unerheblich erachtete das Reichsgericht den Aggregatzustand des Stoffes. Es hielt ausdrücklich fest, dass es für die Sprengstoffeigenschaft ohne Belang ist, ob der Stoff fest, flüssig oder gasförmig ist, ob er Beständigkeit hat oder nur im Augenblick der Herstellung anwendbar und wirksam ist oder ob die Explosion auf Zündung von außen oder auf Selbstzündung beruht (RG, Urteil vom 8. Dezember 1932 - III 872/32, RGSt 67, 35, 38). Ebenso wenig kam es nach Auffassung des Reichsgerichts darauf an, ob der Stoff üblicherweise als Sprengmittel verwendet oder im allgemeinen Sprachgebrauch als Sprengstoff bezeichnet wird (RG, Urteil vom 22. Dezember 1913 - III 389/13, RGSt 48, 72, 75 f.; Urteil vom 8. Dezember 1932 - III 872/32, RGSt 67, 35, 38).
7
c) Dieser - auch heute noch mit dem Wortsinne und mit dem Gesetzeszweck zu vereinbarenden - Bestimmung des Begriffs "Sprengstoff" durch das Reichsgericht schließt sich der Senat an. Sie hat in § 308 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB Eingang gefunden.
8
aa) Die Fassung dieser Vorschriften entspricht im Wesentlichen den durch das 7. Strafrechtsänderungsgesetz vom 1. Juni 1964 (BGBl. I S. 337) erstmals eingeführten § 311 Abs. 1, § 311a Abs. 1 StGB, die ihrerseits auf § 323 Abs. 1, § 326 Abs. 1 Nr. 2 in der Fassung des Reformentwurfs 1962 (BT-Drucks. IV/650 S. 63 f.) zurückgehen. Ziel dieser Vorhaben war es insoweit , die bis dahin über verschiedene Gesetzesmaterien verstreuten Tatbestände erheblicher gemeingefährlicher Verbrechen, namentlich auch die in §§ 5 bis 7 des Sprengstoffgesetzes 1884 geregelten, im Strafgesetzbuch zusammenzuführen und gleichzeitig die angedrohten Strafen auf ein rechtsstaatlich erträgliches Maß zurückzuführen (BT-Drucks. IV/650 S. 495 f., 498, 502 f.; IV/2186 S. 1 ff.). Dass damit auch Einschränkungen des vom Reichsgericht entwickelten Sprengstoffbegriffs verbunden sein sollten, geht aus den Gesetzesmaterialien nicht hervor.
9
bb) Auch die Binnensystematik von § 308 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB311 Abs. 1, § 311a Abs. 1 aF) StGB gebietet solche Einschränkungen nicht. Explosionen im Sinne des § 308 Abs. 1 StGB können auch ohne Sprengstoff im so verstandenem Sinne herbeigeführt werden, insbesondere durch Überdruck; ob, wie in der oben zitierten Kommentarliteratur teilweise angenommen , dem Wortlaut entgegen auch Implosionen als Explosionen anzusehen sind, kann der Senat dabei offen lassen. Der bereits als § 326 Abs. 1 Nr. 2 im Reformentwurf 1962 enthaltene, auf Sprengstoffe bezogene Vorbereitungstatbestand trägt allein dem Umstand Rechnung, dass ein Umgang des Täters mit diesem regelmäßig besondere Gefährdungslagen für Dritte schafft (BTDrucks. IV/650 S. 504). Gleichermaßen findet die ausdrückliche Aufnahme auch des Begriffs Sprengstoff schon in § 323 Abs. 1 StGB des Reformentwurfs 1962 ihren Grund darin, dass die Verwendung von Sprengstoffen als Hauptfall der Herbeiführung von Explosionen anzusehen ist (BT-Drucks. IV/650 S. 502). Zwar wird dem Sprengstoff dort beispielhaft neben Wasserdampf auch Leuchtgas (Haushaltsgas) gegenübergestellt. Allein diese nicht näher erläuterte Nennung gerade von Leuchtgas rechtfertigt indes nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe gasförmige Explosivstoffe dem herkömmlichen strafrechtlichen Sprengstoffbegriff entziehen wollen.
10
d) Die nachfolgende Ablösung des Sprengstoffgesetzes 1884 hat an dieser Fortgeltung des vom Reichsgericht entwickelten Sprengstoffbegriffs nichts geändert.
11
aa) Das Sprengstoffgesetz wurde in seiner modernen Form erstmals eingeführt in der Fassung vom 25. August 1969 (BGBl I S. 1358) und am 13. September 1976 neu gefasst (BGBl I S. 2737). Die heutige Gestalt geht auf eine weitere Neufassung vom 17. April 1986 (BGBl. I S. 577) zurück. Seit 1969 verwenden alle Fassungen - trotz des fortgeführten amtlichen Kurztitels "Sprengstoffgesetz" - im Haupttitel und inhaltlich nur noch den Begriff "explosionsgefährliche Stoffe" und regeln insoweit Umgang, Verkehr und Einfuhr.
12
(1) Die bis 1986 geltenden Fassungen bestimmten explosionsgefährliche Stoffe im Sinne des Sprengstoffgesetzes gemäß § 1 mit ihrer chemischtechnischen Bezeichnung in umfangreichen Anlagen. § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Fassung 1976 stellte ihnen weitgehend solche Stoffe gleich, die nicht explosionsgefährlich , aber explosionsfähig und zum Sprengen bestimmt sind. Der erforderliche Aggregatzustand des Stoffs war nicht grundsätzlich festgelegt; allerdings enthielten die Anlagen durchweg Stoffe, die unter Normalbedingungen fest oder flüssig sind. Lediglich die besonderen Regelungen für nicht in den Anlagen aufgeführte, sich aber als explosionsgefährlich erweisende ("neue") Stoffe waren ausdrücklich beschränkt auf feste und flüssige Materialien (§ 2 Abs. 1 Fassung 1969; § 3 Abs. 1 Fassung 1976).
13
(2) Seit der Neufassung vom 17. April 1986 (BGBl. I S. 577) verzichtet das Sprengstoffgesetz auf die konkrete Benennung als explosionsgefährlich erachteter Stoffe in Anlagen und legt seinen Geltungsbereich in § 1 Abs. 1 Satz 1 heute allgemein fest auf "den Umgang und Verkehr mit sowie die Einfuhr von festen oder flüssigen Stoffen und Zubereitungen (Stoffe), die durch eine nicht außergewöhnliche thermische, mechanische oder andere Beanspruchung zur Explosion gebracht werden können (explosionsgefährliche Stoffe), …". Satz 2 schränkt dies allerdings weiter dahin ein, dass als explosionsgefähr- lich nur solche Stoffe gelten, die sich in einem Prüfverfahren unter genau definierten Bedingungen - in späteren Fassungen nach EU-Vorgaben - als solche erwiesen haben (hierzu BT-Drucks. 10/2621 S. 10). Da die Legaldefinition des "Stoffs" in § 1 Abs. 1 Satz 1 auch für die verbliebene Gleichstellungsklausel in § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ("explosionsfähige Stoffe, die nicht explosionsgefährlich, jedoch zur Verwendung als Explosivstoffe bestimmt sind") sowie die "neuen Stoffe" im Sine des § 2 gelten muss, ist nunmehr klargestellt, dass das Sprengstoffgesetz auf Gase keine Anwendung findet.
14
bb) Eine Übertragung der Begriffsbestimmungen des novellierten Sprengstoffgesetzes auf § 308 Abs. 1, § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB verbietet sich indes.
15
(1) Das Sprengstoffgesetz regelt den Umgang mit Gefahrstoffen und dient der Gefahrenabwehr. Zentraler Begriff ist der "explosionsgefährliche Stoff", der dadurch charakterisiert ist, dass bereits eine "nicht außergewöhnliche" , also bei gewöhnlichem Umgang ohne weiteres zu erwartende thermische, mechanische oder elektrostatische Beanspruchung den Abbrennvorgang auslösen kann. Anliegen des Sprengstoffgesetzes ist es, sichere Rechtsgrundlagen für den Verkehr mit solchen Stoffen und für behördliche Maßnahmen zu schaffen. Dies ergibt sich einmal aus der Einschränkung in dessen § 1 Abs. 1 Satz 2, wonach als explosionsgefährlich nur Stoffe gelten, die sich in einem amtlichen Prüfverfahren als solche erwiesen haben, zum anderen aus den Regelungen für sogenannte neue Stoffe (§ 2). Was demgegenüber die durch die genannten Strafvorschriften geschützten Rechtsgüter betrifft, wäre es systematisch verfehlt, gleichsam verwaltungsakzessorisch im Kern nur solche Stoffe als Sprengstoffe anzuerkennen, die sich im Prüfverfahren schon bei "nicht außergewöhnlicher" Behandlung als explosionsgefährlich erwiesen haben.
Strafrechtliche Relevanz gewinnen vielmehr auch jene Stoffe, die nur bei "außergewöhnlicher" Einwirkung reagieren, denn jedenfalls vorsätzlichem Handeln sind in diesem Sinne außergewöhnliche Mittel - Initialzünder - meist immanent. Ebenso wenig bestimmt in diesem Falle die benötigte Zündenergie das Maß der Gemeingefährlichkeit des Handelns. Andere Stoffe können den explosionsgefährlichen zwar "gleichstehen", aber nur nach Maßgabe subjektiver Zweckbestimmung (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sprengstoffgesetz). Bei einer Übernahme einer solchen Begriffsbestimmung in das Strafgesetzbuch wäre der Begriff des Sprengstoffs objektiv nicht mehr zu ermitteln.
16
Zur Beschränkung des Sprengstoffgesetzes auf feste oder flüssige Stoffe verhalten sich die Gesetzesbegründungen nicht (BT-Drucks. V/1268; 7/4824; 10/2621). Allerdings führen Gase regelmäßig nicht zu den gerade für den Anwendungsbereich des Sprengstoffgesetzes typischen Gefahren, denn Umgang und Verkehr mit diesen vollziehen sich regelmäßig in fest umschlossenen Behältnissen , so dass eine Zündung "außergewöhnliche" Umstände voraussetzen wird. Im Übrigen ist die Abwehr gastypischer Gefahren Gegenstand von Regelungen in vielfältigen anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
17
(2) Im Ergebnis weichen damit die im Strafgesetzbuch und im Sprengstoffgesetz jeweils verwendeten Begrifflichkeiten schon im Wortlaut voneinander ab. Dazuhin werden sie jeweils auch in unterschiedlichen Zweckzusammenhängen verwendet. Schon dies spricht für die autonome Bestimmung des strafrechtlichen Begriffs "Sprengstoff". Eine weitere Bestätigung hierfür findet sich in der Begründung zum Gesetz vom 25. August 1969 (BT-Drucks. V/1268 S. 43 f.), die erhellt, dass das Sprengstoffgesetz aus eigener Zweckrichtung heraus den Begriff "Sprengstoff" gerade hinter sich lassen und sich von einer Anknüpfung seiner Regelungstatbestände hieran lösen wollte. Das vorgehende Gesetz vom 9. Juni 1884 habe noch von "Sprengstoffen" gesprochen und darunter gemäß der amtlichen Begründung alle explosiven Stoffe verstanden, welche sich zur Verwendung als Sprengmittel eignen. In der Rechtsprechung des Reichsgerichts sei diese Stelle der amtlichen Begründung dahin ausgelegt worden, dass zu den Sprengstoffen alle explosiven Stoffe gehören, also alle diejenigen, die bei Entzündung eine gewaltsame und plötzliche Ausdehnung dehnbarer (elastischer) Flüssigkeiten und Gase hervorrufen, sofern sie sich zur Verwendung als Sprengmittel eignen, d.h., den Erfolg einer Zerstörung herbeiführen. Dies habe sich teils als zu eng erwiesen, da es die wirtschaftliche und technische Entwicklung mit sich gebracht habe, dass Stoffe, die eine Explosion hervorrufen können, auch bei der Gewinnung, Herstellung und Verarbeitung anderer Wirtschaftsgüter Verwendung finden. Teils gehe diese Begriffsbestimmung aber auch zu weit, da sie Zündsprengstoffe, Schwarzpulver, rauchschwaches Pulver und Flüssigluftsprengstoffe erfasse; in dieser Weite habe sich der Sprengstoffbegriff bei der Anwendung des Sprengstoffgesetzes als unzweckmäßig erwiesen. Es sei deshalb notwendig, eine ganze Reihe von Sprengstoffen, die nur eine geringe Empfindlichkeit aufweisen, vom Anwendungsbereich des Gesetzes auszunehmen.
18
Daraus wird nochmals deutlich, dass das Sprengstoffgesetz seiner Zweckrichtung gemäß die für die gewöhnliche Handhabung bedeutsame Reaktionsfreudigkeit eines Explosivstoffes in den Vordergrund stellt und erst in zweiter Linie das Maß der Zerstörungskraft des von ihm ausgelösten Druckstoßes berücksichtigt. So ist insbesondere rauchschwaches Pulver (z.B. Cellulosenitrat ) bis heute wesentlicher Bestandteil einer Reihe kommerziell genutzter Sprengmittel.
19
3. Ebenfalls zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass der Angeklagte in den genannten Fällen sowohl der Vorbereitung eines Explosionsverbrechens (§ 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB) als auch - tateinheitlich hierzu - der Verabredung der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1, § 30 Abs. 2 StGB) schuldig ist. Der Versuch der Beteiligung an einem Verbrechen im Sinne von § 30 Abs. 2 StGB steht mit einer unter Strafe gestellten Vorbereitung dieses Verbrechens jedenfalls dann in Tateinheit, wenn die sich aus § 30 Abs. 1 StGB ergebende Strafandrohung diejenige für die Vorbereitungshandlung übersteigt (vgl. im Ergebnis bereits BGH, Urteil vom 24. Januar 2001 - 3 StR 324/00, BGHSt 46, 266, 267; im Ergebnis ebenso LK/Wolff aaO, § 310 Rn. 19; Fischer aaO, § 310 Rn. 9). Dies ist hier der Fall.
20
Zwar erfordert die Vorbereitung einer Straftat - hier gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB - weitergehende, über deren bloße Verabredung hinausgehende Schritte in Richtung auf die Vollendung. Die Annahme eines Stufenverhältnisses mit der Folge einer Verdrängung der Verabredung (so NK-StGB-Zaczyk, 4. Aufl., § 30 Rn. 80) verbietet sich in den genannten Fällen jedoch schon aufgrund der in der höheren Strafandrohung für die Verabredung - hier nach § 308 Abs. 1, § 30 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB - zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertung. Der Grund dafür, Tathandlungen nach § 30 StGB hinsichtlich der Strafandrohung weitgehend dem Versuch gleichzustellen, liegt in der Gefährlichkeit des konspirativen Zusammenwirkens mehrerer Personen, das Gruppendynamik entfalten, die Beteiligten psychisch binden und so die spätere Ausführung der Tat wahrscheinlicher machen kann. Allein eine Vorbereitungshandlung , die tatbestandlich keine Mitwirkung eines weiteren Beteiligten erfordert , weist diesen besonderen Unrechtsgehalt nicht auf. Umgekehrt tritt aber auch die Vorbereitung nicht hinter die Verabredung zurück (so aber S/S-Heine/Bosch aaO, § 310 Rn. 11; MüKoStGB/Krack aaO, § 310 Rn. 15; Lackner/Kühl aaO, § 310 Rn. 5), denn § 30 StGB erfasst seinerseits nicht den anders gelagerten Unrechtsgehalt derjenigen Tatbestände, in denen der Gesetzgeber unterhalb der Versuchsschwelle liegende Vorbereitungshandlungen wegen darin enthaltener tatsächlicher Schritte hin zur Vollendung des Verbrechens als strafwürdig eingestuft hat.
Becker Hubert Mayer Gericke Spaniol

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
S t B 1 0 / 1 4
vom
17. Dezember 2014
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im
Ausland u.a.
hier: Beschwerde der R. gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters
des Bundesgerichtshofs vom 23. Mai 2014
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie der Beschwerdeführerin am 17. Dezember 2014 gemäß
§ 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
Die Beschwerde der R. gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 23. Mai 2014 wird verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.


1
In dem Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten M. hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am 23. Mai 2014 wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland die Durchsuchung der Wohnräume, der Person und der in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände der Beschwerdeführerin, der nach islamischen Recht mit dem Beschuldigten verbundenen R. , nach näher umschriebenen potentiellen Beweismitteln angeordnet. Die Durchsuchung ist am 3. Juni 2014 vollzogen worden. Unter demselben Datum hat die Beschwerdeführerin "Eilwiderspruch" gegen den Beschluss erhoben, mit dem sie sich in erster Linie gegen die Art und Weise der Durchführung der Durchsuchung wehrt, aber auch beanstandet, dass diese gegen sie als Zeugin gerichtet gewesen sei und das Ermittlungsverfahren gegen einen Verstorbenen geführt werde. Der Ermittlungsrichter hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die bei der Durchsuchung sichergestellten Schriftstücke und Datenträger sind mittlerweile vollständig gesichtet , Teile in Kopie beschlagnahmt und im Übrigen der Beschwerdeführerin wieder ausgehändigt worden.

II.


2
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
3
1. Soweit die Beschwerdeführerin sich gegen die Anordnung der Durchsuchung als solche wendet, ist ihr Rechtsmittel als Beschwerde auszulegen (§ 300 StPO) und als solche zulässig (§ 304 Abs. 5 StPO). Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass die Durchsuchung mit Abschluss der Sichtung der sichergestellten Unterlagen (§ 110 Abs. 1 StPO) beendet ist; vielmehr ist das Ziel der Beschwerde ab diesem Zeitpunkt als auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung gerichtet anzusehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. April 1997 - 2 BvR 817/90 u.a., BVerfGE 96, 27, 38 ff.).
4
2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Der angegriffene Beschluss erfüllt mit Blick auf die Umgrenzungsfunktion die an ihn zu stellenden Anforderungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 2 BvR 2043/03 u.a., NJW 2004, 3171) und erweist sich auch im Übrigen als rechtmäßig.
5
a) Nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung (hierzu BVerfG, Beschluss vom 10. September 2010 - 2 BvR 2561/08, NJW 2011, 291) war insbesondere aufgrund der Angaben einer Person, der vom Generalbundesanwalt Vertraulichkeit zugesichert worden war, von Erkenntnissen aus Telefonüberwachungsmaßnahmen, von Auswertungen von Internetinhalten und Kontenbewegungen sowie aufgrund einer Zeugenaussage im Sinne eines Anfangsverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
6
Durch den Anschluss der algerischen "Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf" an die Al Qaida unter Leistung des Treueeids auf deren damaligen Führer Usama Bin Laden entstand die Al Qaida im islamischen Maghreb (nachfolgend : AQM), die seit 2007 in Nordafrika tätig ist. Die AQM agiert als eigenständige Organisation unabhängig von der Zentrale von Al Qaida, berücksichtigt jedoch deren religiöse, ideologische und strategische Leitlinien.
7
Der Beschuldigte M. , der die deutsche und die libanesische Staatsangehörigkeit besitzt, sowie weitere Personen erklärten in der ersten Hälfte des Jahres 2012 in Deutschland gegenüber dem Beschuldigten Ma. ihre Bereitschaft , sich in Libyen von der AQM an der Waffe ausbilden zu lassen und sich dieser anzuschließen, um für diese zu kämpfen. Veranlasst wurden diese Erklärungen durch Rekrutierungsbemühungen des Beschuldigten Ma. , der über Kontakte zu der Gruppierung verfügte und den Anschluss an diese vorbereitete. Der Beschuldigte M. und die Beschwerdeführerin reisten im Juli 2012 nach Ägypten, wobei der Beschuldigte M. den Reisepass seines Bruders benutzte. In der Folgezeit fand - wiederum durch den Beschuldigten Ma. organisiert - die Ausbildung in einem libyschen Lager der AQM statt. Entgegen der ursprünglichen Absicht kam es aus bislang nicht näher aufgeklärten Gründen im Anschluss zu keinen Kampfhandlungen des Beschuldigten M. auf Seiten dieser Gruppierung. Stattdessen hielten er und die Beschwerdeführerin sich seit Anfang 2013 zunächst in der Türkei, nachfolgend in Syrien auf, wo der Beschuldigte M. auf Seiten islamistischer Extremisten kämpfte.
Dabei soll er nach Angaben der Beschwerdeführerin im März 2014 den Tod gefunden haben.
8
b) Dem Ermittlungsverfahren stand zum maßgeblichen Zeitpunkt ein Verfahrenshindernis nicht entgegen. Allerdings darf ein Gericht sachlich nur dann über einen Vorwurf befinden, wenn die Person, der gegenüber dieser erhoben wird, lebt (vgl. zum sogenannten Befassungsverbot allgemein BGH, Beschluss vom 10. Januar 2007 - 5 StR 305/06, BGHSt 51, 202, 205; MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 57. Aufl., Einl. Rn. 143). Mit dem Tod des Beschuldigten ist deshalb ein gegen diesen geführtes Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Bestehen über das Ableben indes Zweifel, so bleiben weitere Ermittlungsmaßnahmen jedenfalls dann zulässig, wenn sie zumindest auch der Klärung des Vorliegens dieser Verfahrensvoraussetzung dienen. Dies war hinsichtlich des angefochtenen Beschlusses der Fall; denn es sollte - zumindest auch - nach Beweismitteln gesucht werden, die Aufschluss über den angeblichen Tod des Beschuldigten geben könnten.
9
c) Die Erklärung des Beschuldigten M. gegenüber dem Beschuldigten Ma. , sich durch die AQM an der Waffe ausbilden lassen, sich sodann dieser anschließen und für sie kämpfen zu wollen, erfüllt die Voraussetzungen der versuchten Beteiligung an einem Verbrechen in Form des Sichbereiterklärens zur mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB). Es kann deshalb offen bleiben, ob - wovon der Generalbundesanwalt und ihm folgend der Ermittlungsrichter ausgegangen sind - das Verhalten des Beschuldigten M. in Deutschland bereits als Unterstützen der AQM im Sinne der § 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 StGB zu werten ist.
10
aa) § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB ist auf den Verbrechenstatbestand der Beteiligung an einer (ausländischen) terroristischen Vereinigung als Mitglied nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB anwendbar. Dies steht mit dem Wortlaut der Normen im Einklang; insbesondere nimmt § 30 StGB nicht einzelne Verbrechen aus seinem Anwendungsbereich heraus. Auch aus Sinn und Zweck der Regelungen ergibt sich im Ergebnis nichts anderes: Zwar darf nicht aus dem Blick geraten, dass sowohl § 30 StGB als auch die §§ 129 ff. StGB bereits jeweils für sich genommen die Strafbarkeit in das Vorfeld der eigentlichen Rechtsgutsverletzung verlagern und durch die Kumulation dieser Wirkungen im Einzelfall die Grenze zwischen der verfassungsrechtlich noch zu rechtfertigenden Verfolgung strafbaren Unrechts und diesen Bereich verlassenden reinem Präventionsrecht erreicht werden kann. Maßgebend ist jedoch, dass § 30 StGB einerseits und die §§ 129 ff. StGB andererseits unterschiedliche Strafzwecke verfolgen. Strafgrund des § 30 StGB ist die Gefährlichkeit eines zumindest angestrebten Zusammenwirkens mehrerer bereits vor Eintritt in das Versuchsstadium (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1957 - 2 StR 366/57, BGHSt 10, 388, 389 f.; Schröder, JuS 1967, 289). Demgegenüber sollen die §§ 129 ff. StGB die erhöhte kriminelle Intensität erfassen, die in der Gründung oder Fortführung einer festgefügten, auf die Begehung von Straftaten angelegten Organisation ihren Ausdruck findet und die kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik eine erhöhte Gefährlichkeit in sich birgt; denn diese Eigendynamik führt typischerweise dazu, dass dem einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten erleichtert und bei ihm das Gefühl der persönlichen Verantwortlichkeit zurückgedrängt wird (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 110).
11
bb) Die Voraussetzungen der § 30 Abs. 2 Var. 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB lagen bei Erlass des angefochtenen Beschlusses mit ausreichender Wahrscheinlichkeit vor.
12
(1) Bei der AQM handelt es sich nach den vorliegenden Erkenntnissen um eine terroristische Vereinigung im Ausland (§ 129b Abs. 1 StGB). Das Vorhaben des Beschuldigten M. , sich durch die AQM ausbilden zu lassen, sich dieser anzuschließen und für diese zu kämpfen, ist auf eine mitgliedschaftliche Beteiligung an dieser Organisation gerichtet.
13
(2) Aus dem im Rahmen des § 30 StGB zu stellenden Erfordernis des Zusammenwirkens mehrerer folgt, dass die bloße Kundgabe, ein Verbrechen begehen zu wollen, den Tatbestand des § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB nicht erfüllt; vielmehr muss die Erklärung darauf gerichtet sein, sich gegenüber deren Adressaten zu binden, sei es in Form der Annahme einer durch diesen gemachten Aufforderung, sei es in Form eines aktiven Sicherbietens diesem gegenüber in der Erwartung, dass er dem Deliktsplan zustimmen werde (LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 30 Rn. 90; SK-StGB/Hoyer, 35. Lfg., § 30 Rn. 37; S/S-Heine/Weißler, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 22; Schröder aaO, 291). Diese beabsichtigte Selbstbindung macht es erforderlich, dass die Erklärung ernsthaft sein muss (BGH, Urteil vom 11. Mai 1954 - StE 152/52, BGHSt 6, 346, 347).
14
Im Fall des Sichbereiterklärens zur mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung kommt Folgendes hinzu: Die Beteiligung als Mitglied setzt eine gewisse formale Eingliederung des Täters in die Organisation und damit eine Beziehung voraus, die ihrer Natur nach der Vereinigung nicht aufgedrängt werden kann, sondern ihre Zustimmung erfordert. Die mitglied- schaftliche Beteiligung muss von einem einvernehmlichen Willen zu einer fortdauernden Teilnahme am Verbandsleben getragen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 1992 - 3 StR 132/92, NStZ 1993, 37, 38; Urteil vom 14. August 2009, aaO, S. 113). Zwar schließt die Notwendigkeit einer Mitwirkung anderer an der Verbrechensbegehung die Variante des Sichbereiterklärens nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1962 - 1 StR 71/62, GA 1963, 126, 127 zur Erklärung gegenüber einer Schwangeren, an dieser einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen). Die dargelegten deliktsspezifischen Besonderheiten sind jedoch auch im Vorbereitungsstadium des § 30 StGB zu beachten. Hieraus folgt, dass die erforderliche Selbstbindung erst und nur dann angenommen werden kann, wenn die Erklärung demjenigen gegenüber abgegeben wird, dessen Mitwirkung notwendig ist, im Falle der § 129a Abs. 1, 2 und 4, § 129b StGB mithin gegenüber einem Repräsentanten der terroristischen Vereinigung.
15
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung war - etwa mit Blick auf die weitere Entwicklung nach Abgabe der Erklärung gegenüber dem Beschuldigten Ma. - davon auszugehen, dass die entsprechende Aussage des Beschuldigten M. ernst gemeint war. Ob der Beschuldigte Ma. als Repräsentant der AQM anzusehen ist, kann offenbleiben. Denn jedenfalls hat der Beschuldigte M. den Beschuldigten Ma. als Boten seines der AQM gegenüber abgegebenen ernsthaften Sichbereiterklärens eingesetzt. Da diese Erklärung die Vereinigung erreichte, braucht der Senat auch nicht zu entscheiden , ob der Zugang einer Erklärung Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB ist (vgl. zu den verschiedenen Ansichten MüKoStGB/Joecks, 2. Aufl., § 30 Rn. 48).
16
(3) Auch wenn die Erkenntnisse darauf hindeuten, dass es zwar zur Ausbildung des Beschuldigten M. bei der AQM kam, er jedoch entgegen der ursprünglichen Planung später nicht für diese kämpfte, stand dem Erlass der Durchsuchungsanordnung die Regelung des § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht entgegen. Soweit man bereits zum Zeitpunkt der paramilitärischen Ausbildung eine Mitgliedschaft in der Vereinigung annehmen wollte, bestünde schon kein Raum für die Annahme eines strafbefreienden Rücktritts. Darüber hinaus lagen keine Erkenntnisse für die Umstände vor, aufgrund derer es nicht dazu kam, dass der Beschuldigte M. für die AQM kämpfte. Deshalb bestand zum Zeitpunkt des Beschlusserlasses jedenfalls keine Notwendigkeit, die Freiwilligkeit bei der etwaigen Aufgabe der ursprünglichen Absichten zu unterstellen.
17
d) Die vom Senat vorgenommene, von der Würdigung des Ermittlungsrichters in der angefochtenen Entscheidung abweichende rechtliche Bewertung des dem Beschluss zugrundeliegenden Sachverhalts durch das Beschwerdegericht ist grundsätzlich statthaft (BVerfG, Beschluss vom 27. Juni 2005 - 2 BvR 2428/04, juris Rn. 27). Ihr steht hier auch nicht entgegen, dass die zum Zeitpunkt des Durchsuchungsbeschlusses vorliegende Verfolgungsermächtigung des Bundesministeriums der Justiz in allgemeiner Form ausdrücklich lediglich Unterstützer und Werber der AQM erfasste. Bei der von Amts wegen von der Staatsanwaltschaft einzuholenden (BT-Drucks. 14/8893, S. 9) Ermächtigung (§ 77e StGB) handelt es sich um eine Prozessvoraussetzung, mit der zum Ausdruck gebracht wird, dass der Wille des maßgeblichen Organs der Strafverfolgung nicht entgegensteht (S/S-Sternberg-Lieben/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 77e Rn. 2). Solange dies der Fall ist, bedarf es im laufenden Ermittlungsverfahren angesichts des Umstands, dass die Erkenntnislage in diesem Verfahrensabschnitt ständigen Änderungen unterworfen ist, bezogen auf die Tathandlung keiner jeweiligen sofortigen Anpassung des konkreten Ermächti- gungsinhalts. Eine Eingriffsmaßnahme kann demnach nur dann nicht auf den Verdacht der Erfüllung einer abweichenden Tathandlungsvariante gestützt werden , wenn diesbezüglich der fehlende Verfolgungswille der originären Ermächtigung eindeutig zu entnehmen ist. Dem ist vorliegend nicht so.
18
e) Da bereits aufgrund des Handelns des Beschuldigten M. in Deutschland (§§ 3, 9 Abs. 1 Var. 1 StGB) der Anfangsverdacht einer Straftat gegeben ist, kann offen bleiben, ob dieser sich auch durch sein Verhalten in Libyen oder Syrien strafbar gemacht haben könnte. Der Senat muss deshalb insbesondere erneut nicht abschließend entscheiden, in welchem Verhältnis § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu § 129b Satz 2 Var. 2 StGB steht (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 31. Juli 2009 - StB 34/09, BGHR StGB § 129b Anwendbarkeit 1 einerseits, BGH Ermittlungsrichter, Beschluss vom 2. Juli 2012 - 2 BGs 152/12, BGHR StGB § 129b Anwendbarkeit 5 andererseits).
19
f) Der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung steht nicht entgegen, dass sich ihre Anordnung nicht gegen den Beschuldigten M. , sondern gegen die Beschwerdeführerin richtete. § 103 Satz 1 StPO gestattet die Durchsuchung bei Tatunverdächtigen, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Diese Voraussetzungen lagen - wie bereits der Ermittlungsrichter zu Recht ausgeführt hat - vor, da nach den bisherigen Erkenntnissen die Beschwerdeführerin bis zu ihrer Rückkehr nach Berlin im April 2014 mit dem Beschuldigten zusammen war, insbesondere mit ihm über Ägypten und Libyen nach Syrien gereist ist. Dies rechtfertigte die Erwartung, sie könnte Unterlagen und Dateien besitzen, die den Aufenthalt des Beschuldigten in diesen Ländern, seine Ausbildung an der Waffe sowie die weiteren Umstände seiner Aufenthalte und - gegebenenfalls - seines Todes weiter aufzuklären vermögen.
20
g) Die Durchsuchungsanordnung stand zur Schwere des Tatvorwurfs und des Verdachtsgrades in einem angemessenen Verhältnis.
21
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Becker Schäfer Spaniol

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
S t B 1 0 / 1 4
vom
17. Dezember 2014
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im
Ausland u.a.
hier: Beschwerde der R. gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters
des Bundesgerichtshofs vom 23. Mai 2014
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie der Beschwerdeführerin am 17. Dezember 2014 gemäß
§ 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
Die Beschwerde der R. gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 23. Mai 2014 wird verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.


1
In dem Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten M. hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am 23. Mai 2014 wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland die Durchsuchung der Wohnräume, der Person und der in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände der Beschwerdeführerin, der nach islamischen Recht mit dem Beschuldigten verbundenen R. , nach näher umschriebenen potentiellen Beweismitteln angeordnet. Die Durchsuchung ist am 3. Juni 2014 vollzogen worden. Unter demselben Datum hat die Beschwerdeführerin "Eilwiderspruch" gegen den Beschluss erhoben, mit dem sie sich in erster Linie gegen die Art und Weise der Durchführung der Durchsuchung wehrt, aber auch beanstandet, dass diese gegen sie als Zeugin gerichtet gewesen sei und das Ermittlungsverfahren gegen einen Verstorbenen geführt werde. Der Ermittlungsrichter hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die bei der Durchsuchung sichergestellten Schriftstücke und Datenträger sind mittlerweile vollständig gesichtet , Teile in Kopie beschlagnahmt und im Übrigen der Beschwerdeführerin wieder ausgehändigt worden.

II.


2
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
3
1. Soweit die Beschwerdeführerin sich gegen die Anordnung der Durchsuchung als solche wendet, ist ihr Rechtsmittel als Beschwerde auszulegen (§ 300 StPO) und als solche zulässig (§ 304 Abs. 5 StPO). Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass die Durchsuchung mit Abschluss der Sichtung der sichergestellten Unterlagen (§ 110 Abs. 1 StPO) beendet ist; vielmehr ist das Ziel der Beschwerde ab diesem Zeitpunkt als auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung gerichtet anzusehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. April 1997 - 2 BvR 817/90 u.a., BVerfGE 96, 27, 38 ff.).
4
2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Der angegriffene Beschluss erfüllt mit Blick auf die Umgrenzungsfunktion die an ihn zu stellenden Anforderungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 2 BvR 2043/03 u.a., NJW 2004, 3171) und erweist sich auch im Übrigen als rechtmäßig.
5
a) Nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung (hierzu BVerfG, Beschluss vom 10. September 2010 - 2 BvR 2561/08, NJW 2011, 291) war insbesondere aufgrund der Angaben einer Person, der vom Generalbundesanwalt Vertraulichkeit zugesichert worden war, von Erkenntnissen aus Telefonüberwachungsmaßnahmen, von Auswertungen von Internetinhalten und Kontenbewegungen sowie aufgrund einer Zeugenaussage im Sinne eines Anfangsverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
6
Durch den Anschluss der algerischen "Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf" an die Al Qaida unter Leistung des Treueeids auf deren damaligen Führer Usama Bin Laden entstand die Al Qaida im islamischen Maghreb (nachfolgend : AQM), die seit 2007 in Nordafrika tätig ist. Die AQM agiert als eigenständige Organisation unabhängig von der Zentrale von Al Qaida, berücksichtigt jedoch deren religiöse, ideologische und strategische Leitlinien.
7
Der Beschuldigte M. , der die deutsche und die libanesische Staatsangehörigkeit besitzt, sowie weitere Personen erklärten in der ersten Hälfte des Jahres 2012 in Deutschland gegenüber dem Beschuldigten Ma. ihre Bereitschaft , sich in Libyen von der AQM an der Waffe ausbilden zu lassen und sich dieser anzuschließen, um für diese zu kämpfen. Veranlasst wurden diese Erklärungen durch Rekrutierungsbemühungen des Beschuldigten Ma. , der über Kontakte zu der Gruppierung verfügte und den Anschluss an diese vorbereitete. Der Beschuldigte M. und die Beschwerdeführerin reisten im Juli 2012 nach Ägypten, wobei der Beschuldigte M. den Reisepass seines Bruders benutzte. In der Folgezeit fand - wiederum durch den Beschuldigten Ma. organisiert - die Ausbildung in einem libyschen Lager der AQM statt. Entgegen der ursprünglichen Absicht kam es aus bislang nicht näher aufgeklärten Gründen im Anschluss zu keinen Kampfhandlungen des Beschuldigten M. auf Seiten dieser Gruppierung. Stattdessen hielten er und die Beschwerdeführerin sich seit Anfang 2013 zunächst in der Türkei, nachfolgend in Syrien auf, wo der Beschuldigte M. auf Seiten islamistischer Extremisten kämpfte.
Dabei soll er nach Angaben der Beschwerdeführerin im März 2014 den Tod gefunden haben.
8
b) Dem Ermittlungsverfahren stand zum maßgeblichen Zeitpunkt ein Verfahrenshindernis nicht entgegen. Allerdings darf ein Gericht sachlich nur dann über einen Vorwurf befinden, wenn die Person, der gegenüber dieser erhoben wird, lebt (vgl. zum sogenannten Befassungsverbot allgemein BGH, Beschluss vom 10. Januar 2007 - 5 StR 305/06, BGHSt 51, 202, 205; MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 57. Aufl., Einl. Rn. 143). Mit dem Tod des Beschuldigten ist deshalb ein gegen diesen geführtes Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Bestehen über das Ableben indes Zweifel, so bleiben weitere Ermittlungsmaßnahmen jedenfalls dann zulässig, wenn sie zumindest auch der Klärung des Vorliegens dieser Verfahrensvoraussetzung dienen. Dies war hinsichtlich des angefochtenen Beschlusses der Fall; denn es sollte - zumindest auch - nach Beweismitteln gesucht werden, die Aufschluss über den angeblichen Tod des Beschuldigten geben könnten.
9
c) Die Erklärung des Beschuldigten M. gegenüber dem Beschuldigten Ma. , sich durch die AQM an der Waffe ausbilden lassen, sich sodann dieser anschließen und für sie kämpfen zu wollen, erfüllt die Voraussetzungen der versuchten Beteiligung an einem Verbrechen in Form des Sichbereiterklärens zur mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB). Es kann deshalb offen bleiben, ob - wovon der Generalbundesanwalt und ihm folgend der Ermittlungsrichter ausgegangen sind - das Verhalten des Beschuldigten M. in Deutschland bereits als Unterstützen der AQM im Sinne der § 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 StGB zu werten ist.
10
aa) § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB ist auf den Verbrechenstatbestand der Beteiligung an einer (ausländischen) terroristischen Vereinigung als Mitglied nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB anwendbar. Dies steht mit dem Wortlaut der Normen im Einklang; insbesondere nimmt § 30 StGB nicht einzelne Verbrechen aus seinem Anwendungsbereich heraus. Auch aus Sinn und Zweck der Regelungen ergibt sich im Ergebnis nichts anderes: Zwar darf nicht aus dem Blick geraten, dass sowohl § 30 StGB als auch die §§ 129 ff. StGB bereits jeweils für sich genommen die Strafbarkeit in das Vorfeld der eigentlichen Rechtsgutsverletzung verlagern und durch die Kumulation dieser Wirkungen im Einzelfall die Grenze zwischen der verfassungsrechtlich noch zu rechtfertigenden Verfolgung strafbaren Unrechts und diesen Bereich verlassenden reinem Präventionsrecht erreicht werden kann. Maßgebend ist jedoch, dass § 30 StGB einerseits und die §§ 129 ff. StGB andererseits unterschiedliche Strafzwecke verfolgen. Strafgrund des § 30 StGB ist die Gefährlichkeit eines zumindest angestrebten Zusammenwirkens mehrerer bereits vor Eintritt in das Versuchsstadium (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1957 - 2 StR 366/57, BGHSt 10, 388, 389 f.; Schröder, JuS 1967, 289). Demgegenüber sollen die §§ 129 ff. StGB die erhöhte kriminelle Intensität erfassen, die in der Gründung oder Fortführung einer festgefügten, auf die Begehung von Straftaten angelegten Organisation ihren Ausdruck findet und die kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik eine erhöhte Gefährlichkeit in sich birgt; denn diese Eigendynamik führt typischerweise dazu, dass dem einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten erleichtert und bei ihm das Gefühl der persönlichen Verantwortlichkeit zurückgedrängt wird (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 110).
11
bb) Die Voraussetzungen der § 30 Abs. 2 Var. 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB lagen bei Erlass des angefochtenen Beschlusses mit ausreichender Wahrscheinlichkeit vor.
12
(1) Bei der AQM handelt es sich nach den vorliegenden Erkenntnissen um eine terroristische Vereinigung im Ausland (§ 129b Abs. 1 StGB). Das Vorhaben des Beschuldigten M. , sich durch die AQM ausbilden zu lassen, sich dieser anzuschließen und für diese zu kämpfen, ist auf eine mitgliedschaftliche Beteiligung an dieser Organisation gerichtet.
13
(2) Aus dem im Rahmen des § 30 StGB zu stellenden Erfordernis des Zusammenwirkens mehrerer folgt, dass die bloße Kundgabe, ein Verbrechen begehen zu wollen, den Tatbestand des § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB nicht erfüllt; vielmehr muss die Erklärung darauf gerichtet sein, sich gegenüber deren Adressaten zu binden, sei es in Form der Annahme einer durch diesen gemachten Aufforderung, sei es in Form eines aktiven Sicherbietens diesem gegenüber in der Erwartung, dass er dem Deliktsplan zustimmen werde (LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 30 Rn. 90; SK-StGB/Hoyer, 35. Lfg., § 30 Rn. 37; S/S-Heine/Weißler, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 22; Schröder aaO, 291). Diese beabsichtigte Selbstbindung macht es erforderlich, dass die Erklärung ernsthaft sein muss (BGH, Urteil vom 11. Mai 1954 - StE 152/52, BGHSt 6, 346, 347).
14
Im Fall des Sichbereiterklärens zur mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung kommt Folgendes hinzu: Die Beteiligung als Mitglied setzt eine gewisse formale Eingliederung des Täters in die Organisation und damit eine Beziehung voraus, die ihrer Natur nach der Vereinigung nicht aufgedrängt werden kann, sondern ihre Zustimmung erfordert. Die mitglied- schaftliche Beteiligung muss von einem einvernehmlichen Willen zu einer fortdauernden Teilnahme am Verbandsleben getragen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 1992 - 3 StR 132/92, NStZ 1993, 37, 38; Urteil vom 14. August 2009, aaO, S. 113). Zwar schließt die Notwendigkeit einer Mitwirkung anderer an der Verbrechensbegehung die Variante des Sichbereiterklärens nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1962 - 1 StR 71/62, GA 1963, 126, 127 zur Erklärung gegenüber einer Schwangeren, an dieser einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen). Die dargelegten deliktsspezifischen Besonderheiten sind jedoch auch im Vorbereitungsstadium des § 30 StGB zu beachten. Hieraus folgt, dass die erforderliche Selbstbindung erst und nur dann angenommen werden kann, wenn die Erklärung demjenigen gegenüber abgegeben wird, dessen Mitwirkung notwendig ist, im Falle der § 129a Abs. 1, 2 und 4, § 129b StGB mithin gegenüber einem Repräsentanten der terroristischen Vereinigung.
15
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung war - etwa mit Blick auf die weitere Entwicklung nach Abgabe der Erklärung gegenüber dem Beschuldigten Ma. - davon auszugehen, dass die entsprechende Aussage des Beschuldigten M. ernst gemeint war. Ob der Beschuldigte Ma. als Repräsentant der AQM anzusehen ist, kann offenbleiben. Denn jedenfalls hat der Beschuldigte M. den Beschuldigten Ma. als Boten seines der AQM gegenüber abgegebenen ernsthaften Sichbereiterklärens eingesetzt. Da diese Erklärung die Vereinigung erreichte, braucht der Senat auch nicht zu entscheiden , ob der Zugang einer Erklärung Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB ist (vgl. zu den verschiedenen Ansichten MüKoStGB/Joecks, 2. Aufl., § 30 Rn. 48).
16
(3) Auch wenn die Erkenntnisse darauf hindeuten, dass es zwar zur Ausbildung des Beschuldigten M. bei der AQM kam, er jedoch entgegen der ursprünglichen Planung später nicht für diese kämpfte, stand dem Erlass der Durchsuchungsanordnung die Regelung des § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht entgegen. Soweit man bereits zum Zeitpunkt der paramilitärischen Ausbildung eine Mitgliedschaft in der Vereinigung annehmen wollte, bestünde schon kein Raum für die Annahme eines strafbefreienden Rücktritts. Darüber hinaus lagen keine Erkenntnisse für die Umstände vor, aufgrund derer es nicht dazu kam, dass der Beschuldigte M. für die AQM kämpfte. Deshalb bestand zum Zeitpunkt des Beschlusserlasses jedenfalls keine Notwendigkeit, die Freiwilligkeit bei der etwaigen Aufgabe der ursprünglichen Absichten zu unterstellen.
17
d) Die vom Senat vorgenommene, von der Würdigung des Ermittlungsrichters in der angefochtenen Entscheidung abweichende rechtliche Bewertung des dem Beschluss zugrundeliegenden Sachverhalts durch das Beschwerdegericht ist grundsätzlich statthaft (BVerfG, Beschluss vom 27. Juni 2005 - 2 BvR 2428/04, juris Rn. 27). Ihr steht hier auch nicht entgegen, dass die zum Zeitpunkt des Durchsuchungsbeschlusses vorliegende Verfolgungsermächtigung des Bundesministeriums der Justiz in allgemeiner Form ausdrücklich lediglich Unterstützer und Werber der AQM erfasste. Bei der von Amts wegen von der Staatsanwaltschaft einzuholenden (BT-Drucks. 14/8893, S. 9) Ermächtigung (§ 77e StGB) handelt es sich um eine Prozessvoraussetzung, mit der zum Ausdruck gebracht wird, dass der Wille des maßgeblichen Organs der Strafverfolgung nicht entgegensteht (S/S-Sternberg-Lieben/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 77e Rn. 2). Solange dies der Fall ist, bedarf es im laufenden Ermittlungsverfahren angesichts des Umstands, dass die Erkenntnislage in diesem Verfahrensabschnitt ständigen Änderungen unterworfen ist, bezogen auf die Tathandlung keiner jeweiligen sofortigen Anpassung des konkreten Ermächti- gungsinhalts. Eine Eingriffsmaßnahme kann demnach nur dann nicht auf den Verdacht der Erfüllung einer abweichenden Tathandlungsvariante gestützt werden , wenn diesbezüglich der fehlende Verfolgungswille der originären Ermächtigung eindeutig zu entnehmen ist. Dem ist vorliegend nicht so.
18
e) Da bereits aufgrund des Handelns des Beschuldigten M. in Deutschland (§§ 3, 9 Abs. 1 Var. 1 StGB) der Anfangsverdacht einer Straftat gegeben ist, kann offen bleiben, ob dieser sich auch durch sein Verhalten in Libyen oder Syrien strafbar gemacht haben könnte. Der Senat muss deshalb insbesondere erneut nicht abschließend entscheiden, in welchem Verhältnis § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu § 129b Satz 2 Var. 2 StGB steht (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 31. Juli 2009 - StB 34/09, BGHR StGB § 129b Anwendbarkeit 1 einerseits, BGH Ermittlungsrichter, Beschluss vom 2. Juli 2012 - 2 BGs 152/12, BGHR StGB § 129b Anwendbarkeit 5 andererseits).
19
f) Der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung steht nicht entgegen, dass sich ihre Anordnung nicht gegen den Beschuldigten M. , sondern gegen die Beschwerdeführerin richtete. § 103 Satz 1 StPO gestattet die Durchsuchung bei Tatunverdächtigen, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Diese Voraussetzungen lagen - wie bereits der Ermittlungsrichter zu Recht ausgeführt hat - vor, da nach den bisherigen Erkenntnissen die Beschwerdeführerin bis zu ihrer Rückkehr nach Berlin im April 2014 mit dem Beschuldigten zusammen war, insbesondere mit ihm über Ägypten und Libyen nach Syrien gereist ist. Dies rechtfertigte die Erwartung, sie könnte Unterlagen und Dateien besitzen, die den Aufenthalt des Beschuldigten in diesen Ländern, seine Ausbildung an der Waffe sowie die weiteren Umstände seiner Aufenthalte und - gegebenenfalls - seines Todes weiter aufzuklären vermögen.
20
g) Die Durchsuchungsanordnung stand zur Schwere des Tatvorwurfs und des Verdachtsgrades in einem angemessenen Verhältnis.
21
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Becker Schäfer Spaniol
13
a) § 30 Abs. 2 Alternative 1 StGB ist auf den Verbrechenstatbestand der Beteiligung an einer (ausländischen) terroristischen Vereinigung als Mitglied nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB anwendbar (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 - StB 10/14, NJW 2015, 1032, 1033). Allerdings folgt aus dem im Rahmen des § 30 StGB zu stellenden Erfordernis des Zusammenwirkens mehrerer, dass die bloße Kundgabe, ein Verbrechen begehen zu wollen, den Tatbestand des § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB nicht erfüllt; vielmehr muss die Erklärung darauf gerichtet sein, sich gegenüber deren Adressaten zu binden, sei es in Form der Annahme einer durch diesen gemachten Aufforderung, sei es in Form eines aktiven Sicherbietens diesem gegenüber in der Erwartung, dass er dem Deliktsplan zustimmen werde. Diese beabsichtigte Selbstbindung macht es erforderlich, dass die Erklärung ernsthaft sein muss. Im Fall des Sichbereiterklärens zur mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung kommt Folgendes hinzu: Die Beteiligung als Mitglied setzt eine gewisse formale Eingliederung des Täters in die Organisation und damit eine Beziehung voraus, die ihrer Natur nach der Vereinigung nicht aufgedrängt werden kann, sondern ihre Zustimmung erfordert. Die mitgliedschaftliche Beteiligung muss von einem einvernehmlichen Willen zu einer fortdauernden Teilnahme am Verbandsleben getragen sein. Zwar schließt die Notwendigkeit einer Mitwirkung anderer an der Verbrechensbegehung die Variante des Sichbereiterklärens nicht aus. Die dargelegten deliktsspezifischen Besonderheiten sind jedoch auch im Vorbereitungsstadium des § 30 StGB zu beachten. Hieraus folgt, dass die erforderliche Selbstbindung erst und nur dann angenommen werden kann, wenn die Erklärung demjenigen gegenüber abgegeben wird, dessen Mitwirkung notwendig ist, im Falle der § 129a Abs. 1, 2 und 4, § 129b StGB mithin gegenüber einem Repräsentanten der terroristischen Vereinigung (BGH aaO mwN).

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

BGHSt: ja
BGHR: ja
______________________
Glaubt der Anstifter, sein objektiv fehlgeschlagener Bestimmungsversuch sei gelungen
, so richtet sich sein Rücktritt vom Versuch der Beteiligung nach § 31 Abs. 2 Alt.
1 StGB. Ein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu verhindern, liegt nur vor, wenn der
Anstifter alle Kräfte anspannt, um den vermeintlichen Tatentschluß des präsumtiven
Täters rückgängig zu machen, und er dadurch die aus seiner Sicht bestehende Gefahr
beseitigt, daß der Angestiftete die Tat begeht.
BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - 1 StR 503/04 - LG Regensburg

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 503/04
vom
14. Juni 2005
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Anstiftung zum Mord
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 14. Juni 2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge - richts Regensburg vom 7. Juli 2004 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen .

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Anstiftung zum Mord zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


1. Der Angeklagte sah sich finanziellen Forderungen seiner geschiedenen Ehefrau ausgesetzt. Er ging davon aus, daß deren Lebensgefährte die treibende Kraft hinter diesen Forderungen war. Deshalb entschloß er sich, den Lebensgefährten durch einen Auftragsmörder töten zu lassen. Durch Vermittlung eines Freundes kam er in Kontakt mit einem nicht offen ermittelnden Polizeibeamten mit dem Decknamen „N. “, der sich als vermeintlicher Auftragsmörder ausgab.
Bei dem ersten Treffen mit „N. “ am 30. März 2004 äußerte der Angeklagte, es gehe um die „Vollentsorgung“ dieses Lebensgefährten, der für immer spurlos verschwinden müsse. Eine „Vertreibung“ allein reiche nicht. Der Angeklagte unterrichtete „N. “ im einzelnen über die von ihm ins Auge gefaßte Vorgehensweise bei der Tötung. Derzeit sei die Gelegenheit zur Tatausführung günstig. Der Lebensgefährte sei regelmäßig alleine im Haus, weil die geschiedene Ehefrau ihren Vater im Krankenhaus besuche. Auf Frage von „N. “, wie es mit der Bezahlung sei, händigte der Angeklagte diesem 4.000 Euro als Anzahlung aus und versprach, weitere 8.000 Euro nach dem Verschwinden des Lebensgefährten zu zahlen. „N. “ gab daraufhin vor, zur Tatausführung bereit zu sein. Allerdings benötige er zur Tatausführung noch genauere Informationen zur Identifizierung des Hauses des Lebensgefährten. Deswegen bot der Angeklagte „N. “ an, ihm bei einem weiteren Treffen am übernächsten Tag das Wohnhaus zu zeigen.
Bei diesem zweiten Treffen äußerte der Angeklagte, es sei eine Änderung eingetreten. Er habe ein Schreiben des Rechtsanwalts seiner geschiedenen Ehefrau erhalten. Die dort genannte finanzielle Forderung könne er akzeptieren , und er wolle dies zunächst so regeln. Falls dies aber nicht funktionieren würde, solle die besprochene Sache „durchgezogen“ werden. Aus diesem Grund ging er auf den Vorschlag „N. s“ ein, ihm trotzdem das Haus zu zeigen , um den Auftrag dann bei Bedarf durchführen zu können. Während der Fahrt zum Haus äußerte der Angeklagte, er selbst glaube nicht so recht daran, daß sich seine geschiedene Ehefrau an die Erklärung im Anwaltsschreiben halten würde. Deswegen könne „N. “ auch die Anzahlung behalten. Er solle ihn alle zwei Monate anrufen, und er sage ihm dann, ob der Auftrag durchgeführt werden solle. Falls es zu keiner einvernehmlichen Regelung komme, sei
es wohl schwierig, den Lebensgefährten seiner geschiedenen Ehefrau alleine im Haus anzutreffen, weil deren Vater dann nicht mehr im Krankenhaus liege. Er könne diese aber aus der Wohnung locken, so daß der Auftrag dann ausgeführt werden könne.
Nachdem der Angeklagte das Haus gezeigt, den Wohnungseingang beschrieben und den Namen des Lebensgefährten genannt hatte, äußerte „N. “, es sei zu gefährlich, an dieser Stelle zu schießen. Der Angeklagte erwiderte, man brauche einen Schalldämpfer. Außerdem schlug er vor, den Lebensgefährten könne man mit einem Medikament willenlos machen und so aus der Wohnung bringen. Das solle „N. “ letztlich selbst entscheiden. Bei der Verabschiedung sagte der Angeklagte, er würde sich melden, wenn die Sache anstehe. Der Angeklagte wurde am 23. April 2004 festgenommen. Bis dahin hatte er sich bei „N. “ nicht mehr gemeldet.
2. Das Landgericht ist davon überzeugt, daß der Angeklag te bei seinem zweiten Treffen das Vorhaben, den Lebensgefährten töten zu lassen, nicht endgültig aufgegeben, sondern weiter daran festgehalten habe. Den Mordauftrag habe er aufgrund des Anwaltsschreibens deshalb nur vorläufig zurückgestellt. Die Zurückstellung habe er davon abhängig gemacht, daß er sich mit seiner Frau einigen könne. Hätte der Angeklagte bei einem Scheitern der Einigung den Mordauftrag erteilt, wäre dies keine neuerliche versuchte Anstiftung zum Mord gewesen; vielmehr hätte nur eine Tat im Rechtssinne vorgelegen. Deshalb sei er von der versuchten Mordanstiftung nicht nach „§ 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB“ strafbefreiend zurückgetreten.

II.


Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler ergeben. Der Erörterung bedarf nur folgendes:
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen scheidet ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch der Anstiftung zum Mord aus.
1. Der Angeklagte hat nach seiner Vorstellung den präsumtiven Täter bereits beim ersten Treffen dazu bestimmt, einen Mord aus Habgier zu begehen. Der Versuch der Anstiftung war daher „erfolgreich“. Beide haben die Tat beim zweiten Treffen, welches mit dem ersten Treffen in einem engen zeitlichen Zusammenhang stand, weiter konkretisiert und zwar auch schon für den Fall, daß die Einigung mit der geschiedenen Frau scheitern würde. Das Tatopfer war individualisiert und die Modalitäten der Tatausführung waren abgesprochen , wobei der präsumtive Täter insoweit die näheren Einzelheiten selbst festlegen sollte. Die Tat war so weit konkretisiert, daß sie der Angestiftete hätte begehen können, wenn er dies gewollt hätte (vgl. BGHR StGB § 30 Abs. 1 Satz 1 Bestimmen 3 und 4).
Die Bestimmung des nicht offen ermittelnden Polizeibeamten als präsumtiver Täter war allerdings – was der Angeklagte nicht wußte – objektiv fehlgeschlagen. Die Frage, nach welchen Regeln bei dieser Fallgestaltung ein strafbefreiender Rücktritt in Betracht kommt, ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht ausdrücklich (vgl. BGH StV 1999, 596) entschieden worden. In diesem Fall beurteilt sich der Rücktritt allein nach § 31 Abs. 2
Alt. 1 StGB, denn die Tat ist „ohne Zutun“ des Angeklagten unterblieben (vgl. Roxin in LK 11. Aufl. § 31 Rdn. 27).
2. Der Angeklagte hat danach keine Straffreiheit erlangt, weil er sich nicht freiwillig und ernsthaft bemüht hat, die Tat zu verhindern.

a) Den Entschluß, den Lebensgefährten töten zu lassen, hat der Angeklagte nicht aufgegeben. Zwar hat er beim zweiten Treffen die zuvor schon getroffene Entscheidung, daß der Auftrag durchgeführt werden solle, vorläufig zurückgestellt. Damit hat er seine Entscheidung, die Tat ausführen zu lassen – wovon sich das Landgericht überzeugt hat – nur aufgeschoben, weil „er selbst … nicht so recht daran glaube, daß sich seine geschiedene Ehefrau daran halten würde“. Deshalb legte der Angeklagte die Tatmodalitäten auch schon für den Fall des Scheiterns einer Einigung fest und zeigte „N. “ das Haus des Lebensgefährten. Vor allem beließ er deswegen dem aus seiner Sicht weiter zur Tat entschlossenen präsumtiven Täter die Anzahlung und legte Wert darauf, mit diesem weiter in Kontakt zu bleiben. Insofern unterscheidet sich dieser Sachverhalt von der Fallgestaltung in BGHR StGB § 30 Beteiligung 1, wo der Angeklagte den Täter aus seiner Sicht noch nicht zur Tat bestimmt hatte und er deshalb bemüht war, „noch alles in der Schwebe zu lassen“.

b) Hätte der – nach der Vorstellung des Angeklagten – nach wie vor zur Tatausführung entschlossene „N. “ nach einer erneuten Aufforderung die Tat begangen, so wäre diese Tat mit derjenigen identisch (§ 264 StPO) gewesen, zu der der Angeklagte ihn zuvor schon bestimmt hatte. Tatidentität hätte auch dann vorgelegen, wenn zwischen Treffen und Tatausführung längere Zeit verstrichen wäre oder wenn - dadurch bedingt - die Tatausführung hätte modifi-
ziert werden müssen. Für diese Fallgestaltung waren nämlich schon beim zweiten Treffen Abreden getroffen worden. Insofern können die Grundsätze für die Tatidentität beim Rücktritt nach § 24 StGB (vgl. BGHSt 41, 368: mehrfaches Ansetzen zur Tatvollendung mit zeitlicher Zäsur) hier nicht in gleicher Weise Geltung beanspruchen. Das Zeitmoment beim Rücktritt vom Versuch nach § 24 StGB hat seinen Grund in der Begriffsbestimmung des Versuchs, der voraussetzt , daß zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar angesetzt wird (§ 22 StGB). Die versuchte Anstiftung zum Verbrechen ist hingegen dadurch gekennzeichnet , daß die Tatausführung selbst noch nicht unmittelbar bevorsteht, sondern sich noch im Vorbereitungsstadium befindet. Das gilt auch dann, wenn – wie hier – aus der Sicht des Anstifters der Bestimmungsversuch bereits erfolgreich war.

c) Hinsichtlich des Rücktritts des Anstifters bei einem tatsächlich zur Tat entschlossenen Angestifteten gilt: Wer einen anderen zur Begehung eines Verbrechens auffordert, setzt damit in jedem Falle Kräfte in Richtung auf das angegriffene Rechtsgut in Bewegung, über die er nicht mehr die volle Herrschaft behält (BGHSt 1, 305, 309). Die Gefahr der Tatbegehung besteht erst recht, wenn der Bestimmungsversuch erfolgreich war. Will der Anstifter diesen Erfolg verhindern, muß er alle Kräfte anspannen, um die Tat abzuwenden (BayObLG JR 1961, 269, 270). Er muß das aus seiner Sicht Notwendige und Mögliche vollständig tun; es reicht nicht aus, daß er nur die Wirkung seiner Beeinflussung zeitweise unschädlich macht (BayObLG aaO; Roxin aaO § 31 Rdn. 26). Insbesondere liegt ein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu verhindern , nur vor, wenn der Anstifter alle Kräfte anspannt, um den Tatentschluß des Angestifteten rückgängig zu machen und er dadurch die Gefahr beseitigt, daß dieser die Tat begeht. Diese Grundsätze gelten entsprechend, wenn – wie
hier – der Anstifter nur glaubt, einen anderen erfolgreich zur Tatbegehung bestimmt zu haben, dieser aber nicht wirklich tatbereit ist.
Derartige Bemühungen hat der Angeklagte nicht entfaltet. Er beließ dem vermeintlich weiterhin fest zur Tatausführung entschlossenen Angestifteten die Anzahlung. Da dieser nach der Vorstellung des Angeklagten aus Habgier handelte , mußte er damit rechnen, daß der Angestiftete aufgrund seines fortbestehenden Tatentschlusses weiterhin nachhaltig an der Ausführung des Auftrages interessiert war. Es bestand insbesondere die Gefahr, daß der Angestiftete sich die restliche Entlohnung verdienen wollte und deshalb die Tat eigenmächtig ausführen oder den Angeklagten unter Zugzwang setzen würde. Aus Sicht des Angeklagten war deshalb die von ihm hervorgerufene Gefahr der Tatbegehung nicht abgewendet. Ernsthafte Rücktrittsbemühungen liegen danach nicht vor.
Nack Wahl Boetticher Schluckebier Elf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 405/12
vom
5. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Anstiftung zum Mord u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
5. Februar 2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Dr. Graf,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 13. März 2012 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen tateinheitlich begangener Waffendelikte in Tatmehrheit mit Brandstiftung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Traunstein vom 22. März 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es die im genannten Urteil ausgesprochenen Rechtsfolgen aufrechterhalten. Von dem Vorwurf der versuchten Anstiftung zum Mord hat es ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Mit ihrer Revision erstrebt die Staatsanwaltschaft die Aufhebung des Freispruchs. Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat Erfolg.

I.

2
1. Dem Angeklagten ist mit der Anklage vorgeworfen worden, aus der Untersuchungshaft heraus einen Auftrag zur Ermordung des D. erteilt zu haben. Hintergrund soll gewesen sein, dass der Angeklagte den in einem umfangreichen Betrugsverfahren Mitbeschuldigten D. töten lassen wollte, um ihn daran zu hindern, auszusagen. Er habe beabsichtigt, diese Tat für 10.000 € von dem ihm als Scharfschützenbekannten K. ausführen zu lassen. Rechtsanwalt B. , dem damaligen Verteidiger des Angeklagten soll am 20. April 2010 mitgeteilt worden sein, dass D. aus der Haft entlassen worden sei. Daraufhin habe Rechtsanwalt B. den Angeklagten am 20. oder 21. April 2010 in der Untersuchungshaft besucht. Hierbei soll der Plan des Angeklagten zur Tötung des D. besprochen worden sein. Rechtsanwalt B. soll sich bereit erklärt haben, den Auftrag zur Ermordung des D. weiterzuleiten und am 21. April 2010 einen Aktenvermerk gefertigt haben, indem er festhielt: „K. soll für 10.000 den D. verramma, er erledigt die Geschichte“. Entsprechend dem Tatplan des Angeklagten soll Rechtsanwalt B. den Vermerk sodann an die Ehefrau des Angeklagten weitergeleitet haben. Diese soll den Tötungsauftrag jedoch nicht wie geplant weitergegeben haben, da ihr der Plan zu weit gegangen sei.
3
2. Das Landgericht hat zur Begründung des Freispruchs ausgeführt, es habe nicht feststellen können, dass die Planung und Vorstellung des Angeklagten von der Tat schon so weit gediehen war, wie es zur Strafbarkeit gemäß § 30 StGB erforderlich sei. Zwar bedeute „verramma“ im bayrischen Sprachgebrauch jemanden zu töten, es sei aber völlig offen, ob der als Täter vom Angeklagten in Aussicht genommene K. zu dieser Tat überhaupt bereit gewesen wäre, auch die näheren Umstände der Tatausführung seien ungeklärt gewesen.

II.

4
Das Urteil hält der sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand.
5
1. Die angefochtene Entscheidung unterliegt schon deswegen der Aufhebung , weil sie nicht den Anforderungen an ein freisprechendes Urteil genügt. Wird der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, so müssen nach Mitteilung des Anklagevorwurfs im Urteil zunächst diejenigen Tatsachen festgestellt werden, die der Tatrichter für erwiesen hält (BGH, Urteil vom 4. Juli 1991 - 4 StR 233/91, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 7; BGH, Urteil vom 27. Juli 2000 - 4 StR 185/00). Erst auf dieser Grundlage ist in der Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können. Nur hierdurch wird das Revisionsgericht in die Lage versetzt, nachprüfen zu können, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht (BGH, Urteil vom 26. September 1989 - 1 StR 299/89, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2; BGH, Urteil vom 17. Mai 1990 - 4 StR 208/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4). Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht. Denn es wird schon nicht zusammenhängend mitgeteilt, welche Feststellungen getroffen werden konnten. Heißt es zunächst noch, bekannt sei nur der Aktenvermerk von Rechtsanwalt B. , über Gespräche stehe nichts fest, finden sich bei den würdigenden Ausführungen doch noch ansatzweise weitere Feststellungen. So wird in der Beweiswürdigung zugrunde gelegt, dass die Weiterleitung des Aktenvermerks an die Ehefrau des Angeklagten auf dessen Aufforderung gegenüber Rechtsanwalt B. zurückgeht. An späterer Stelle ist sogar ausgeführt , dass der Aktenvermerk auf Anweisung des Angeklagten von Rechtsanwalt B. geschrieben wurde. Dies steht jedoch in einem unaufgelösten Spannungsverhältnis zu der vorangestellten Erkenntnis, über eventuelle Gespräche stehe nichts fest. Damit bleibt für das Revisionsgericht offen, von welchen Kontakten zwischen dem Angeklagten und Rechtsanwalt B. hin- sichtlich des geplanten „verramma“ das Landgericht letztlich für seine Würdi- gung ausgegangen ist. Die Beurteilung, ob der Versuch der Anstiftung bereits konkretisiert genug war, hängt aber maßgeblich hiervon ab. Einer Überprüfung der tatrichterlichen Wertung ist schon damit der Boden entzogen. Hier tritt noch hinzu, dass die Angaben des gesondert Verfolgten B. , auf die sich die Feststellungen zu dem Herrühren des Vermerksinhalts offensichtlich gründen, nicht mitgeteilt werden.
6
2. Auch im Übrigen erweist sich die Beweiswürdigung als rechtsfehlerhaft. Denn die Auseinandersetzung mit den festgestellten objektiven Umständen bleibt lückenhaft. So werden im Rahmen der Beweiswürdigung zwei weitere , seinem Besuch in der Untersuchungshaft nachfolgende Schreiben des Rechtsanwalts B. erwähnt, in denen er dem Angeklagten mitteilt, an den K. sei noch nicht herangetreten worden, dies sei im Moment auch nicht erforderlich und dass dem D. „etwas mehr als nur die Fresse poliert wer- de bei passender Gelegenheit“. Inwieweit diese Schreiben Rückschlüsse auf frühere Gespräche betreffend den D. erlauben, bleibt unerörtert.
7
3. Zudem begegnen die Ausführungen der Strafkammer zur Frage der hinreichenden Konkretisierung der in Aussicht genommenen Tat durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Ausgehend von der zutreffenden Annahme, dass die Bestimmungshandlung und der Vorsatz sich auf eine hinreichend konkretisierte Tat richten müsse, wird dies maßgeblich deswegen verneint, da „völlig offen“sei, ob der Anzustiftende K. „überhaupt bereit gewesen wäre“, die Tat auszuführen. Dies lässt besorgen, dass das Landgericht von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen ist. Der Tatbestand der versuch- ten Anstiftung nach § 30 Abs. 1 StGB knüpft allein an die abstrakte Gefährlichkeit des Tatverhaltens an, die darin liegt, dass derjenige, der einen anderen zur Begehung eines Verbrechens auffordert, Kräfte in Richtung auf das angegriffene Rechtsgut in Bewegung setzt, über die er nicht mehr die volle Herrschaft behält (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 1951 - 1 StR 3/51, BGHSt 1, 305, 309 zu § 49a StGB aF; BGH, Urteil vom 29. Oktober 1997 - 2 StR 239/97, BGHR StGB § 30 Abs. 1 Satz 1 Bestimmen 3). Deswegen genügt es bereits, dass der Täter es für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat, dass der Aufgeforderte die Aufforderung ernst nehmen und durch sie zur Tat bestimmt werden könnte (BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 - 3 StR 113/98, BGHSt 44, 99; BGH, Urteil vom 27. Juli 2000 - 4 StR 185/00). Dass der Angeklagte davon ausgegangen sein müsste, dass K. zur Tötung eines Menschen für 10.000 € „ohne weiteres bedingungslos bereit gewesen wäre“- wie es die Strafkammer im Anschluss an die Erwägungen zur mangelnden tatsächlichen Bereitschaft des K. noch prüft und verneint - ist hierfür nicht erforderlich.

III.

8
Da die wenigen getroffenen Feststellungen keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Angeklagte von dem Versuch der Anstiftung rechtswirksam zurückgetreten ist, war der Freispruch aufzuheben. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Nack Rothfuß Graf Cirener Radtke

Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 243/05
vom
24. November 2005
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Anstiftung zum Mord
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. November
2005, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 6. Dezember 2004 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zur Schuldfähigkeit aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer - Schwurgericht - des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Anstiftung zum Mord zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen diesen Strafausspruch richtet sich die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat Erfolg.

I.


Der Angeklagte ist Facharzt für Frauenheilkunde. Nach den Feststellungen betrieb seine Ehefrau K. S. , die in der Praxis des Angeklagten als Sprechstundenhilfe gearbeitet hatte, seit dem August 2003 die Scheidung. Sie
hatte bemerkt, "dass der Angeklagte - seiner langjährigen Neigung folgend - intime Beziehungen zu anderen Frauen, namentlich zu seinen Patientinnen, unterhielt", und fühlte sich von dem Angeklagten, der sie aus dem Praxisbetrieb ausgeschlossen hatte, in zunehmendem Maße gegängelt und in ihren persönlichen Freiheiten geknebelt. Der Angeklagte versuchte, seine Ehefrau, die das alleinige Sorgerecht für die beiden gemeinsamen Kinder beanspruchte, als ungeeignet für deren Erziehung darzustellen. Unter anderem wandte er sich an den sozialpsychiatrischen Dienst des Landkreises, um eine Einweisung seiner Ehefrau in eine psychiatrische Einrichtung herbeizuführen.
Nachdem das Familiengericht im Oktober 2003 K. S. das Sorgerecht für die ehelichen Kinder übertragen und dem Angeklagten ein Umgangsrecht zugesprochen hatte, fasste der Angeklagte den Entschluss, seine Ehefrau töten zu lassen. Er hielt den Lebensgefährten einer seiner Patientinnen, A. F. , für geeignet, die Tat auszuführen. Im Oktober oder November 2003 traf sich der Angeklagte in seiner Praxis mit A. F. und dessen Freund M. M. . Der Angeklagte bot die Zahlung von 40.000 Euro als Lohn für die Erfüllung des Auftrages, seine Ehefrau zu töten, an. A. F. und M. M. waren sich einig, den Auftrag keinesfalls auszuführen. A. F. wollte jedoch ausloten, wie weit der Angeklagte gehen würde. Nach einem weiteren Treffen mit A. F. und M. M. ließ der Angeklagte A. F. zwei 500-Euro-Noten zukommen, von denen F. eine an M. M. weitergab. Im Dezember 2003 bot der Angeklagte M. M. an, er werde 10.000 Euro mehr zahlen, wenn "sie bis zum Ende des Jahres verschwunden" sei. Anfang Januar 2004 suchte der Angeklagte die Lebensgefährtin von A. F. auf und erklärte, "es solle jetzt endlich passieren, sie müsse bedenken, dass sie zwei Kinder habe. Sonst werde er sich sein Geld über ein Inkassounternehmen zurückholen." A. F. befürchtete nach die-
sem "Auftritt" des Angeklagten, dass K. S. ernsthaft in Gefahr sei. Er wandte sich deshalb an einen Rechtsanwalt, der die Polizei einschaltete. Der Angeklagte wurde am 10. Januar 2004 nach einem weiteren Treffen mit A. F. , bei dem der Angeklagte erklärt hatte, die Sache müsse bis Mittwoch erledigt sein, in Untersuchungshaft genommen.
Nach Auffassung des Landgerichts hat sich der Angeklagte der versuchten Anstiftung zum Mord schuldig gemacht, weil A. F. und M. M. , hätten sie die Tat ausgeführt, aus Habgier gehandelt hätten. Da der Angeklagte demgegenüber keines der Mordmerkmale des § 211 StGB verwirklicht habe, sei der gemäß § 30 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen von drei Jahren bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe gemäß § 28 Abs. 1 StGB nochmals zu mildern, so dass von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu elf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe auszugehen sei.

II.


Der Strafausspruch hat keinen Bestand, weil schon die Strafrahmenwahl durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet; damit kommt es auf die Einzelbeanstandungen der Beschwerdeführerin zu den Strafzumessungserwägungen im engeren Sinne nicht an. Dass nach der Vorstellung des Angeklagten von den Tatumständen (vgl. BGHR StGB § 28 Abs. 1 Merkmal 3) die Vorraussetzungen für die obligatorische (vgl. BGHR aaO) Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB vorliegen, ist durch die bisherigen Feststellungen nicht rechtsfehlerfrei belegt.
1. Allerdings ist die Annahme des Landgerichts, bei dem Angeklagten liege keines der Mordmerkmale vor, soweit es die täterbezogenen Merkmale
betrifft, im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat, wie die Urteilsausführungen belegen, nicht verkannt, dass die Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB ausgeschlossen ist, wenn sowohl Teilnehmer als auch Täter ein täterbezogenes Mordmerkmal verwirklicht haben und diese Merkmale gleichartig sind (vgl. BGHSt 23, 39, 40; BGH NJW 2005, 996, 997).

a) Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte selbst aus Habgier gehandelt haben könnte, enthalten die Urteilsfeststellungen nicht.

b) Auch die Nichtannahme des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Nicht jede Tötung des Intimpartners, die geschieht, weil sich dieser vom Täter abwenden will, ist deswegen zwangsläufig schon aus niedrigen Beweggründen begangen (vgl. BGH StV 1997, 290). Vielmehr beruht eine solche Tat bei einem Motivbündel nur dann auf niedrigen Beweggründen, wenn das Hauptmotiv oder die vorherrschenden Motive, die der Tat ihr Gepräge geben, nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen (vgl. BGHR § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 20). Die Wertung des Landgerichts, im Hinblick darauf, dass es sich um einen durch wechselseitige Vorwürfe und Demütigungen geprägten Beziehungskonflikt gehandelt habe, und im Hinblick auf die Auseinandersetzungen um das Sorgerecht für die Kinder seien die Beweggründe des Angeklagten „jedenfalls“ nachvollziehbar, ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden.
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die - pauschale - Verneinung des Mordmerkmals der Heimtücke. Würde der Haupttäter nach der Vorstellung des Anstiftenden von den Tatumständen bei dem angestrebten Tötungsdelikt ein tatbezogenes Merkmal der zweiten Gruppe des § 211 StGB verwirklichen, ist für eine Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB
kein Raum (vgl. BGH NJW 2005, 996, 997 m.w.N.). Ist das angestrebte Tötungsdelikt nach der Vorstellung des Anstiftenden ein Heimtückemord, bleibt es bei der streng akzessorischen Bestrafung des Teilnehmers, so dass bei einer versuchten Anstiftung zum Heimtückemord der nur einmal nach § 30 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB gemilderte Ausgangsstrafrahmen von drei Jahren bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe zu Grunde zu legen ist. Zu der Frage , ob der Vorsatz des Angeklagten eine mögliche Verwirklichung des Mordmerkmals der Heimtücke bei der angestrebten Tötung seiner Ehefrau durch die damit beauftragten Täter umfasste, verhalten sich die Urteilsgründe jedoch nicht. Das ist unter den hier gegebenen Umständen rechtsfehlerhaft:
Für den Anstifter reicht, auch soweit es die Verwirklichung der Mordmerkmale durch die mit der Ausführung der Tat Beauftragten betrifft, bedingter Vorsatz aus (vgl. BGHSt 44, 99; BGH NJW 2005, 996, 997). Bedingten Vorsatz in diesem Sinne hat ein Straftäter aber auch dann, wenn er aus Gleichgültigkeit mit jeder eintretenden Möglichkeit einverstanden ist (vgl. BGHSt 40, 304, 306 f.). Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte hinsichtlich der eigentlichen Durchführung der Tat keine Vorgaben gemacht. Dass die Tötung in offener Konfrontation ausgeführt werden würde, lag nach den gesamten Umständen fern (vgl. BGH NJW 2005, 996, 997). Danach liegt, zumal der Anstiftervorsatz die fremde Haupttat nicht in allen Einzelheiten, sondern nur in ihren Hauptmerkmalen erfassen muss, die Annahme einer versuchten Anstiftung zur heimtückischen Tötung nahe.
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt zur Aufhebung nur des Strafausspruchs , denn die Prüfung eines bedingten Vorsatzes des Angeklagten hinsichtlich des weiteren Mordmerkmals der Heimtücke lässt den Schuldspruch wegen versuchter Anstiftung zum Mord unberührt. Dieser ist, unabhängig da-
von, ob sich der Vorsatz des Angeklagten auch auf eine heimtückische Tatbegehung erstreckte, schon deshalb gerechtfertigt, weil der Angeklagte nach den Feststellungen davon ausging, die von ihm mit der Tatausführung Beauftragten würden die Tat allein des Geldes wegen, mithin aus Habgier, begehen. Die Frage, ob der Angeklagte mit der Möglichkeit einer heimtückischen Tatbegehung rechnete und diese in Kauf genommen hat, kann hiervon losgelöst geprüft und entschieden werden (vgl. BGHSt 41, 222). Insoweit sind ungeachtet des rechtkräftigen Schuldspruchs ergänzende Feststellungen durch den neuen Tatrichter , die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, möglich.
4. Die gemäß § 301 StPO gebotene Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dies gilt insbesondere auch für die Erwägungen, mit denen das Landgericht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB ausgeschlossen hat.

III.


Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
Bei einer doppelten Milderung des Strafrahmens des § 211 StGB gemäß § 49 StGB im Hinblick auf § 30 Abs. 1 und auf § 28 Abs. 1 StGB würde die versuchte Anstiftung zum Mord mit sechs Monaten Freiheitsstrafe eine wesentlich geringere Mindeststrafe nach sich ziehen, als eine versuchte Anstiftung zum Totschlag, weil der Strafrahmen des § 212 StGB nur einmal im Hinblick auf § 30 StGB zu mildern wäre. Eine versuchte Anstiftung zum Totschlag zöge mithin eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren als Mindeststrafe nach sich. Die Frage, ob
in derartigen Fällen der Beteiligung am Mord zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen die für eine Beteiligung am Totschlag zu verhängende Mindeststrafe eine „Sperrwirkung“ entfaltet, diese also nicht unterschritten werden kann, hat der Bundesgerichtshof bisher offen gelassen (dazu neigend BGH, Beschluss vom 30. Juni 2005 – 1 StR 227/05 m. N.). Der Senat bejaht diese Frage. Bei Gesetzeskonkurrenz entfaltet ebenso wie bei Tateinheit (§ 52 Abs. 2 Satz 2 StGB) das zurücktretende Delikt eine Sperrwirkung hinsichtlich der Mindeststrafe (st. Rspr., vgl. BGHSt 1, 152, 156; BGH NStZ 2003, 440 m. w. N.). Für die nach ständiger Rechtsprechung (seit BGHSt 1, 368, 370, vgl. auch BGHSt 36, 231, 233) als eigenständig zu begreifenden Straftatbestände der §§ 211, 212 StGB kann nicht anderes gelten, denn der Unrechtsgehalt des Totschlags ist im Mord enthalten (vgl. BGHSt 36, 231, 235), weil die vorsätzliche Tötung im Sinne des § 212 notwendiges Merkmal auch des § 211 StGB ist (vgl. BGHSt 1, 368, 370; 36, 231, 235).
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

5 StR 111/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 3. Mai 2011
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Mai 2011

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 9. Dezember 2010 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts hat das Landgericht im Ergebnis rechtsfehlerfrei den bedingten Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten D. angenommen. Die missverständliche Formulierung (UA S. 29, 35) versteht der Senat dahin, dass der Angeklagte im Zeitpunkt des Angriffs aufgrund des Vorgeschehens damit rechnete, dass sich im Fahrzeug noch weitere Personen befanden.
Der Senat kann die Verwerfung der Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO durch Beschluss aussprechen. Der Generalbundesanwalt hat einen entsprechenden Antrag gestellt, jedoch mit der Maßgabe, den Schuldspruch – von tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung in fahrlässige Körperverletzung – abzuändern. Dieser Zusatz hindert den Senat aber nicht an der uneingeschränkten Verwerfung des Rechtsmittels, auch wenn der Generalbundesanwalt § 349 Abs. 4 StPO in seinem Antrag zitiert hat (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 1993 – 2 StR 346/93, BGHR StPO § 349 Abs. 2 Antrag 1 mwN).
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(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.