Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Nov. 2017 - 3 StR 266/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:281117B3STR266.17.0
bei uns veröffentlicht am28.11.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 266/17
vom
28. November 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Urkundenfälschung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:281117B3STR266.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 28. November 2017 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 6. Dezember 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in zehn Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug und in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem Betrug zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde Erfolg. Auf die Verfahrensrüge kommt es daher nicht mehr an.
2
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Teil einer von Bremen aus agierenden Gruppierung, deren Mitglieder auf der Grundlage eines gemeinsamen Tatplans in arbeitsteiligem Zusammenwirken mehrere Betrugstaten begingen, um sich auf diese Weise eine Einnahmequelle von ei- nigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Sie trugen - ohne hierzu berechtigt zu sein - auf Überweisungsformularen die Kontodaten von Firmen oder Privatpersonen, die sie im Internet recherchiert hatten, als vermeintliche Auftraggeber ein und versahen die Unterschriftenfelder mit der Signatur des jeweiligen Entscheidungsträgers, die sie ebenfalls aus dem Internet kopiert oder gescannt hatten. Für die meist hohen Geldbeträge gaben sie Empfängerkonten an, die sie zuvor unter Verwendung verfälschter Personaldokumente bei der Z. Bank in Polen eröffnet hatten. In diesem Rahmen beging der Angeklagte die unter II.C.1. bis II.C.8. der Urteilsgründe aufgeführten Taten.
3
In den Fällen II.C.1. bis II.C.4. der Urteilsgründe fuhr er zusammen mit weiteren Mitgliedern der Gruppierung - unter anderem dem gesondert verurteilten O. - mit einem Pkw, den er zuvor gemietet hatte, nach Polen, wo O. und ein unbekannt gebliebener weiterer Täter unter Verwendung verfälschter niederländischer Reisepässe in unterschiedlichen Filialen der Z. Bank Zielkonten für spätere deliktische Überweisungen eröffneten, was der Angeklagte wusste und billigte. In zwei weiteren Fällen richtete der Angeklagte auf die gleiche Art und Weise selbst solche Konten ein (Fälle II.C.5. und II.C.6. der Urteilsgründe). In der Folgezeit hob er zwei Mal in Polen Bargeld von Zielkonten bei der Z. Bank ab, nachdem dort zuvor aufgrund missbräuchlicher Überweisungen Geldbeträge gutgeschrieben worden waren (Fälle II.C.7. und II.C.8. der Urteilsgründe); die Strafkammer hat sich in diesen Fällen jedoch nicht davon überzeugen können, dass der Angeklagte bereits am Ausfüllen der Überweisungsträger und deren Einreichen bei den zuständigen Banken mitwirkte.
4
Darüber hinaus beteiligte sich der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts außerhalb der Strukturen der Bremer Gruppierung an zwei weiteren gleichgelagerten Fällen des Betrugs, wobei die Überweisung in einem Fall (II.C.9. der Urteilsgründe) durchgeführt und im anderen Fall (II.C.10. der Urteilsgründe) noch vor der Gutschrift auf dem Zielkonto angehalten wurde. Auch hinsichtlich dieser Fälle hat sich die Strafkammer nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Angeklagte bereits am Ausfüllen der Überweisungsträger und deren Einreichen bei der zuständigen Bank mitwirkte. Im Fall II.C.9. der Urteilsgründe bestand der Tatbeitrag des Angeklagten darin, dass er nach der Gutschrift des Überweisungsbetrags das Geld von dem Zielkonto abhob. Im Fall II.C.10 ist den Feststellungen keine konkrete Tathandlung des Angeklagten zu entnehmen.
5
Das Landgericht hat den Angeklagten hinsichtlich der Fälle II.C.1. bis II.C.6. jeweils wegen mittäterschaftlich begangener, gewerbsmäßiger Urkundenfälschung durch das Gebrauchen einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB verurteilt. Die Fälle II.C.7. bis II.C.10. hat es jeweils als mittäterschaftlich begangene, gewerbsmäßige Urkundenfälschung in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Betrug gemäß § 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 267 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB gewertet, wobei es im Fall II.C.10. beim Versuch des Betruges blieb.
6
II. Die rechtliche Würdigung des Landgerichts hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
7
1. Die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II.C.1. bis II.C.4. der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden Bedenken, da die Feststellungen des Landgerichts die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten nicht tragen.
8
Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 2016 - 3 StR 129/16, NStZ-RR 2016, 335; vom 8. Dezember 2015 - 3 StR 439/15, StV 2016, 648). Ob in diesem Sinne Mittäterschaft vorliegt, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen (BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2016 - 3 StR 221/16, NStZ 2017, 296, 297; vom 8. Dezember 2015 - 3 StR 439/15, StV 2016, 648). Dabei erfordert Mittäterschaft zwar weder zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst noch die Anwesenheit am Tatort; auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs - oder Unterstützungshandlung beschränkt, kann ausreichen (BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 2016 - 3 StR 129/16, NStZ-RR 2016, 335; vom 8. Dezember 2015 - 3 StR 439/15, StV 2016, 648). Jedoch muss sich die betreffende Mitwirkung nicht nur als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller darstellten (BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2016 - 3 StR 221/16, NStZ 2017, 296, 297; vom 8. Dezember 2015 - 3 StR 439/15, StV 2016, 648). Demgemäß setzt (Mit-)Täterschaft unter dem Blickwinkel der Tatherrschaft voraus, dass der Täter durch seinen Beitrag Einfluss auf die Tatausführung nehmen kann (BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2016 - 3 StR 221/16, NStZ 2017, 296, 297; vom 8. Dezember 2015 - 3 StR 439/15, StV 2016, 648). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich wiederum nach dem Verhältnis seines Beitrags zu der eigentlichen tatbestandsverwirklichenden Ausführungshandlung (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juni 2016 - 3 StR 221/16, NStZ 2017, 296, 297).
9
Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten in den Fällen II.C.1. bis II.C.4. der Urteilsgründe auch dann durchgreifenden Bedenken, wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurteilungsspielraum zugesteht, der nur einer begrenzten revisionsrechtlichen Kontrolle unterliegen soll (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2016 - 3 StR 221/16, NStZ 2017, 296, 297; vom 8. Dezember 2015 - 3 StR 439/15, StV 2016, 648, 649); denn ein solcher Spielraum wäre hier überschritten.
10
Bezugspunkt für die Einordnung der Mitwirkung des Angeklagten in den betroffenen Fällen ist das Vorlegen der verfälschten niederländischen Reisepässe in den Filialen der Z. Bank durch den gesondert verurteilten O. und ein weiteres Mitglied der Gruppierung, da der Tatbestand der Urkundenfälschung in Form des Gebrauchens einer unechten Urkunde hierdurch erfüllt wurde. Etwaige Beiträge des Angeklagten, die gerade in Bezug auf diese Handlungen die Voraussetzungen einer mittäterschaftlichen Beteiligung nach den oben genannten Maßstäben erfüllen würden, sind den Feststellungen jedoch nicht zu entnehmen. Danach wirkte der Angeklagte an diesen Taten lediglich in der Weise mit, dass er Fahrzeuge mietete und zusammen mit weiteren Mitgliedern der Gruppierung nach Polen fuhr, wo diese die Tathandlungen vollzogen. Dieser Beitrag rechtfertigt eine Zurechnung der Taten im Wege der Mittäterschaft nicht. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit der Angeklagte durch diese im Vorfeld anzusiedelnden Handlungen Einfluss auf die späteren Tatausführungen nehmen konnte und mithin Tatherrschaft hatte. Allein der Umstand, dass er durch sein Zutun die Taten förderte, reicht nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2015 - 3 StR 439/15, StV 2016, 648 f.); dies entspricht vielmehr dem Charakter einer Beihilfehandlung (vgl. MüKoStGB/Joecks, 3. Aufl., § 25 Rn. 195). Weitere konkrete Handlungen des Angeklagten, mit denen er bestimmend darauf einwirken konnte, ob, wann, wo und wie die Taten durchgeführt wurden (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 2. Juli 1991 - 1 StR 353/91, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 11), teilen die Urteilsgründe nicht mit.
11
Auch der Umstand, dass der Angeklagte in den Tatplan der Mitglieder der Gruppierung eingebunden war und in diesem Wissen handelte, führt nicht zur Annahme von Mittäterschaft, da die bloße Kenntnis und Billigung einer Tat die fehlende Tatherrschaft nicht kompensieren können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Juli 2017 - StB 14/17, NJW 2017, 2693, 2694; vom 14. Juli 2016 - 3 StR 129/16, NStZ-RR 2016, 335). Gleiches gilt hier für das eigene - auch finanzielle - Interesse des Angeklagten, welches die Strafkammer unter anderem daraus schließt, dass er an der Tatbeute beteiligt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 1994 - 3 StR 726/93, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 33). Denn dieses erreicht hier nicht das nötige Gewicht, um die Annahme eines mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten bei der Urkundenfälschung in Form des Gebrauchmachens von den falschen Pässen begründen zu können.
12
2. Hinsichtlich der Fälle II.C.5. und II.C.6. der Urteilsgründe kann das Urteil ebenfalls keinen Bestand haben, weil nicht auszuschließen ist, dass es für diese Fälle an der Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts fehlt und insoweit ein Verfahrenshindernis besteht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1986 - 3 StR 472/85, BGHSt 34, 1, 3).
13
Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist nichts ersichtlich. Den Feststellungen ist ebenfalls nicht zweifelsfrei zu entnehmen , dass für diese Taten ein inländischer Tatort begründet ist (§ 3 StGB). Dies gilt auch mit Blick auf den Handlungsort gemäß § 9 Abs. 1 StGB. Handlungsort im Sinne dieser Norm ist jeder Ort, an dem der Täter eine auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete Handlung vornimmt, sofern damit die Schwelle zum Versuchsstadium überschritten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 1986 - 4 StR 622/85, BGHSt 34, 101, 106). Dagegen reichen bloße Vorbereitungshandlungen im Inland nicht aus, um die deutsche Strafgewalt zu begründen, es sei denn, dass diese selbständig mit Strafe bedroht sind oder es sich um mittäterschaftliche Beiträge eines anderen Tatbeteiligten zu der im Ausland vollzogenen Tat handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 - 1 StR 705/08, NStZ-RR 2009, 197; Urteil vom 4. Dezember 1992 - 2 StR 442/92, BGHSt 39, 88, 90 f.).
14
Soweit das Landgericht die Annahme eines inländischen Tatorts vor diesem Hintergrund darauf gestützt hat, dass sowohl der Angeklagte als auch seine "Mittäter" Tatbeiträge im Bundesgebiet geleistet hätten, die der Vorbereitung und Herbeiführung der Tatbestandsverwirklichung dienten, greift dies jedenfalls hinsichtlich der Fälle II.C.5. und II.C.6. zu kurz, da die Urteilsgründe keine konkreten Feststellungen hierzu enthalten. Danach fuhr der Angeklagte mit dem gesondert verurteilten O. mit mehreren gefälschten Pässen nach Polen , wo zunächst O. und sodann am Tag darauf der Angeklagte jeweils unter Vorlage verfälschter niederländischer Reisepässe Konten auf AliasPersonalien eröffneten. Weitere Einzelheiten zur Vorbereitung der Taten des Angeklagten teilen die Urteilsgründe nicht mit. Insbesondere ist den Feststellungen nicht zu entnehmen, wer sich welche Pässe wann, wo und wie verschaffte und besaß. Vor diesem Hintergrund kann nicht abschließend beurteilt werden, ob gerade in Bezug auf das allein den Tatbestand der Urkundenfälschung verwirklichende Vorlegen der falschen Pässe in den Fällen II.C.5. bis II.C.6. der Urteilsgründe entsprechende Beiträge durch etwaige Mittäter im Inland geleistet wurden.
15
3. Die rechtliche Würdigung des Landgerichts hinsichtlich der Fälle II.C.7. und II.C.8. der Urteilsgründe begegnet ebenfalls durchgreifenden Bedenken , da die Annahme mittäterschaftlichen Handelns nach den oben aufgezeigten Maßstäben von den Feststellungen nicht getragen wird. Es fehlt an Beiträgen des Angeklagten, mit denen er Einfluss auf die Taten hätte nehmen können. Nach den Feststellungen des Landgerichts hob der Angeklagte in diesen Fällen Bargeld von Konten bei der Z. Bank in Polen ab, nachdem aufgrund missbräuchlicher Überweisungen entsprechende Gutschriften zugunsten dieser Konten bewirkt worden waren; dagegen hat sich die Strafkammer nicht davon überzeugen können, dass der Angeklagte bereits am Ausfüllen der Überweisungsträger und deren Einreichen bei den zuständigen Banken mitwirkte.
16
Auf dieser Grundlage ist eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung (§ 267 StGB) in Ermangelung eines entsprechenden Beitrags des Angeklagten nicht dargetan; auch die Voraussetzungen für die Annahme einer mittäterschaftlichen Beteiligung am Betrug (§ 263 StGB) sind nicht erfüllt. Das Abheben von Bargeld von den Zielkonten nach Gutschrift der entsprechenden Beträge kommt hierfür nicht in Betracht, weil die Taten zu dieser Zeit bereits beendet waren und eine Beteiligung daran demgemäß nicht mehr möglich war (vgl. S/S-Eser/Bosch, StGB, 29. Aufl., Vorbem. §§ 22 ff. Rn. 10).
17
Beendigung tritt beim Betrug mit dem Abschluss der Tat im Ganzen ein, wozu gehört, dass der erstrebte Vermögensvorteil tatsächlich erlangt ist (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 273). Dies ist beim Überweisungsbetrug der Fall, wenn der Betrag auf dem Zielkonto des Täters gutgeschrieben ist und der Geschädigte keine Möglichkeit mehr hat, den Täter daran zu hindern , hierüber zu verfügen.
18
Geschädigter ist in der Konstellation des Überweisungsbetruges - neben dem Inhaber des belasteten Kontos (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 - 3 StR 178/13, BGHR StGB § 263a Konkurrenzen 2) - das Kreditinstitut, bei dem das belastete Konto des vermeintlich Anweisenden geführt wird. Denn nach der gesetzlichen Bestimmung des § 675u BGB hat ein Zahlungsdienstleister im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen gegen den Zahler. Zudem ist er verpflichtet, dem Zahler den Zahlungsbetrag unverzüglich zu erstatten und das Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte. Somit hat das Kreditinstitut des vermeintlich Anweisenden das Risiko zu tragen, dass ein rechtsgrundlos überwiesener Betrag bei dem begünstigten Empfänger nicht mehr beigetrieben werden kann.
19
Vor diesem Hintergrund kommt es für den Eintritt der Tatbeendigung maßgeblich darauf an, ab wann der Täter über die deliktisch erlangte Gutschrift gesichert zu verfügen vermag, ohne dass der Zahlungsdienstleister des Belastungskontos als Geschädigter dies verhindern kann. Dies hängt davon ab, ob das belastete und das begünstigte Konto bei demselben oder bei verschiedenen Kreditinstituten geführt werden. Denn beiden Konstellationen liegen andere Zahlungswege und Rechtsverhältnisse der Beteiligten zugrunde, aus denen sich wiederum unterschiedliche Rechte der geschädigten Bank gegenüber dem begünstigten Empfänger ergeben.
20
Werden das belastete und das begünstigte Konto bei demselben Kreditinstitut unterhalten, steht dieses jeweils in einer vertraglichen Beziehung zu den betroffenen Kontoinhabern und vollzieht die Überweisung im Wege einer Umbuchung oder Verrechnung des Betrages (Schmieder, in: Schimansky/Bunte/Lwowski [Hrsg.], Bankrechts-Handbuch, Band I, 5. Aufl., § 46 Rn. 5 f.). Damit erfüllt die Bank gegenüber dem Inhaber des Ausgangskontos ihre aus dem Zahlungsdienstevertrag gemäß § 675f BGB folgende Pflicht zur Ausführung der Überweisung und gegenüber dem Inhaber des Zielkontos dessen Anspruch aus dem zwischen ihm und der Bank bestehenden Zahlungsdienstevertrag auf Gutschrift des Betrages (vgl. Schmieder, in: Schimansky /Bunte/Lwowski [Hrsg.], Bankrechts-Handbuch, Band I, 5. Aufl., § 47 Rn. 1, 9). Die Erteilung der Gutschrift stellt dann ein abstraktes Schuldversprechen des Zahlungsdienstleisters gegenüber dem begünstigten Kontoinhaber dar, das diesem gegenüber der Bank eine selbständige, vom Deckungsverhältnis zwischen der Bank und dem Inhaber des belasteten Kontos unabhängige Forderung vermittelt (Schmieder, in: Schimansky/Bunte/Lwowski [Hrsg.], Bankrechts -Handbuch, Band I, 5. Aufl., § 47 Rn. 11). Allerdings besteht für die Bank in dieser Konstellation gemäß Nr. 8 Abs. 1 AGB-Banken die Möglichkeit, fehlerhafte Gutschriften auf Kontokorrentkonten durch eine Belastungsbuchung rückgängig zu machen, soweit ihr ein Rückzahlungsanspruch gegen den durch die Gutschrift begünstigten Kunden zusteht (Stornobuchung). Auf diese Weise kann die Bank das in der Gutschrift liegende abstrakte Schuldversprechen einseitig widerrufen (BGH, Urteil vom 29. Mai 1978 - II ZR 166/77, BGHZ 72, 9, 11). Übertragen auf die Fälle des Überweisungsbetrugs bedeutet dies, dass die geschädigte Bank über das Recht verfügt, die deliktische Gutschrift des Betra- ges gegenüber dem begünstigten Empfänger zu stornieren und damit den endgültigen Eintritt der Vermögensverschiebung einseitig zu verhindern. Denn die zugrunde liegende Überweisung unter missbräuchlicher Verwendung der Daten des Inhabers des Zahlungskontos ist als "fehlerhaft" im Sinne von Nr. 8 Abs. 1 AGB-Banken anzusehen und wegen des Fehlens einer Leistung im Verhältnis zwischen dem vermeintlich Anweisenden und dem Zahlungsempfänger steht der Bank gegen den Empfänger auch ein Rückzahlungsanspruch im Wege der Eingriffskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 BGB zu (vgl. für die Fallgruppe des "Phishing" Bunte, in: Bunte [Hrsg.], AGB-Banken, 4. Aufl., Rn. 152).
21
Anders verhält es sich hingegen, wenn das belastete und das begünstigte Konto bei unterschiedlichen Kreditinstituten geführt werden. In diesem Fall bestehen vertragliche Beziehungen zwischen dem vermeintlich Anweisenden und seiner Bank (Deckungsverhältnis), dem Begünstigten und dessen Bank (Inkassoverhältnis) und den beiden beteiligten Banken (Interbankenverhältnis), die jeweils unabhängig voneinander Rechte und Pflichten der Beteiligten auslösen (vgl. Schmieder, in: Schimansky/Bunte/Lwowski [Hrsg.], BankrechtsHandbuch , Band I, 5. Aufl., § 46 Rn. 19). Da in dieser Konstellation die Bank des vermeintlich Anweisenden in keinem direkten Rechtsverhältnis zu dem Zahlungsempfänger steht, übernimmt dessen Bank im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses mit der Bank des vermeintlich Anweisenden auf deren Auftrag hin die Ausführung der Überweisung, wobei sie lediglich als deren Erfüllungsgehilfin agiert (vgl. Schmieder, in: Schimansky/Bunte/Lwowski [Hrsg.], Bankrechts-Handbuch, Band I, 5. Aufl., § 49 Rn. 133). In diesem Rahmen schreibt die Bank des Empfängers den Betrag, nachdem sie ihn gemäß der rechtlichen Ausgestaltung im Interbankenverhältnis erhalten hat, auf dem Zielkonto gut und erfüllt damit ihre gegenüber dem Empfänger aus dem Zah- lungsdienstevertrag resultierende Pflicht (vgl. Schmieder, in: Schimansky /Bunte/Lwowski [Hrsg.], Bankrechts-Handbuch, Band I, 5. Aufl., § 49 Rn. 163). Fehlt es an einem rechtmäßigen, autorisierten Auftrag des vermeintlich Anweisenden gegenüber dessen Bank und wird die Überweisung dennoch auf dem beschriebenen Weg bis zur Gutschrift des Betrages auf dem Konto des Empfängers vollzogen, bleibt es dabei, dass der Zahlungsdienstleister des Inhabers des (rechtsgrundlos) belasteten Kontos aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 675u BGB keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen hat. Anders aber als in der Konstellation der "Hausüberweisung" steht der Bank hier kein Stornorecht gegenüber dem begünstigten Empfänger zu, da sie zu ihm gerade nicht in einer vertraglichen Beziehung steht. Auch die Möglichkeit einer mittelbaren Stornierung des Betrages durch das Kreditinstitut des Empfängers ist nicht eröffnet, da ein originäres Stornorecht der Bank des vermeintlich Anweisenden gegenüber dem Empfänger gerade nicht besteht und sich ein solches auch nicht aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Empfänger und seinem Zahlungsdienstleister ergibt. Innerhalb dieses Verhältnisses erweist sich die Überweisung nicht als fehlerhaft, da die Bank des Empfängers als Erfüllungsgehilfin der Bank des vermeintlich Anweisenden ohne eigene Sachprüfungskompetenz die Überweisung auftragsgemäß ausgeführt hat und dem Empfänger aus dem Girovertrag mit seiner Bank ein Anspruch auf Gutschrift des Betrages zustand. Ungeachtet etwaiger verbleibender Ansprüche gegen den Empfänger besteht für die geschädigte Bank nach Gutschrift des Betrages auf dem Konto des begünstigten Empfängers somit keine Möglichkeit mehr, diesen an der Verfügung über den Geldbetrag zu hindern.
22
Dies zugrunde legend waren die Betrugstaten zur Zeit der Abhebung des Geldes durch den Angeklagten bereits beendet, da die vorausgegangenen Überweisungen im mehrgliedrigen Überweisungsverkehr vollzogen wurden. Im Fall II.C.7. der Urteilsgründe wurde das belastete Konto bei der Volksbank C. e.G. geführt und im Fall II.C.8. bei der Sparkasse Zi. . In beiden Fällen wurden die Beträge auf Zielkonten bei der Z. Bank in Polen gutgeschrieben. Der Umstand, dass es sich hierbei um eine ausländische Bank handelt und damit - insbesondere im Interbankenverhältnis - gegebenenfalls auch internationale Rechtsnormen Anwendung finden, lässt dieses Ergebnis unberührt, da er auf die hier entscheidende Frage der Zugriffsmöglichkeiten der geschädigten Bank auf das Empfängerkonto im Grundsatz keine Auswirkungen hat.
23
4. Die Ausführungen zu den Fällen II.C.7. und II.C.8. der Urteilsgründe gelten für Fall II.C.9. der Urteilsgründe entsprechend, da das Landgericht auch hinsichtlich dieser Tat lediglich das Abheben von Bargeld vom Zielkonto als Tatbeitrag des Angeklagten sicher festgestellt hat. Da auch in diesem Fall die Überweisung im Interbankenverhältnis vollzogen wurde, indem das belastete Konto bei der Sparkasse B. und das begünstigte Zielkonto bei der P. AG geführt wurde, war eine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten nach dem Vollzug der Überweisung nicht mehr möglich.
24
5. Schließlich begegnet auch die rechtliche Würdigung hinsichtlich der Tat zu II.C.10. der Urteilsgründe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Auch insoweit tragen die Feststellungen des Landgerichts die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten nicht. Den Urteilsgründen ist weder zu entnehmen, dass er einen bestimmten Beitrag zu der konkreten Tatausführung geleistet hätte, noch ist ersichtlich, dass er sonst Tatherrschaft gehabt hätte, etwa indem er im Rahmen der Planung und Organisation der Taten eine derart exponierte Stellung eingenommen hätte, dass er gegenüber den - von der Strafkammer vermuteten - weiteren Beteiligten eine übergeordnete Stellung eingenommen hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 1984 - 2 StR 470/84, BGHSt 33, 50, 53).
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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 129/16 vom 14. Juli 2016 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a. ECLI:DE:BGH:2016:140716B3STR129.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwe

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2016 - 3 StR 221/16

bei uns veröffentlicht am 30.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 221/16 vom 30. Juni 2016 in der Strafsache gegen wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:300616B3STR221.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2015 - 3 StR 439/15

bei uns veröffentlicht am 08.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 439/15 vom 8. Dezember 2015 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a. ECLI:DE:BGH:2015:081215B3STR439.15.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Besc

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2014 - 3 StR 178/13

bei uns veröffentlicht am 20.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 1 7 8 / 1 3 vom 20. Februar 2014 in der Strafsache gegen wegen Urkundenfälschung u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Februar 2014, an der teilgenommen haben:
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Nov. 2017 - 3 StR 266/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2019 - 4 StR 465/18

bei uns veröffentlicht am 16.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 465/18 vom 16. Januar 2019 in der Strafsache gegen wegen Betruges ECLI:DE:BGH:2019:160119B4STR465.18.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführe

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Aug. 2019 - 3 StR 189/19

bei uns veröffentlicht am 06.08.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 189/19 vom 6. August 2019 in der Strafsache gegen wegen Raubes mit Todesfolge ECLI:DE:BGH:2019:060819B3STR189.19.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhör

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Aug. 2019 - 3 StR 190/19

bei uns veröffentlicht am 06.08.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 190/19 vom 6. August 2019 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: Volksverhetzung u.a. zu 2.: Volksverhetzung ECLI:DE:BGH:2019:060819B3STR190.19.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2018 - 3 StR 627/17

bei uns veröffentlicht am 26.07.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 627/17 vom 26. Juli 2018 in der Strafsache gegen wegen Geldwäsche ECLI:DE:BGH:2018:260718B3STR627.17.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwal

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 129/16
vom
14. Juli 2016
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:140716B3STR129.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 14. Juli 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 23. November 2015, soweit es sie betrifft,
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass die Angeklagte der Beihilfe zur besonders schweren räuberischen Erpressung und der Beihilfe zur räuberischen Erpressung schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Jugendstrafe aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung und wegen räuberischer Erpressung zu der Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der An- geklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung der Angeklagten wegen - jeweils mittäterschaftlich begangener - räuberischer Erpressung (§ 255, § 249 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB) und besonders schwerer räuberischer Erpressung (§ 255, § 250 Abs. 2 Nr. 1, § 25 Abs. 2 StGB) begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
a) Die Angeklagte und der Mitangeklagte waren übereingekommen, ihren gemeinsamen Lebensunterhalt künftig durch Überfälle auf Tankstellen zu bestreiten. Gegenstand des Urteils sind zwei von mehreren in Umsetzung dieses Entschlusses begangene Taten: - Auf der Suche nach einem geeigneten Tatobjekt stießen die Angeklagte und der Mitangeklagte am Abend des 20. März 2014 auf eine Tankstelle in H. . Beim langsamen Vorbeifahren stellten sie fest, dass sich dort nur eine Angestellte aufhielt. Sie hielten die Gelegenheit deshalb für günstig und parkten in der Nähe. Die Angeklagte wartete wie vereinbart im Pkw; der Mitangeklagte begab sich, ausgestattet mit einem Schreckschussrevolver und mit Pfefferspray, in den Verkaufsraum und verlangte von der Angestellten unter Vorzeigen des Revolvers die Herausgabe des Kasseninhalts. Aus Angst packte die Angestellte diesen in eine vom Mitangeklagten mitgebrachte Plastiktüte. Damit kehrte der Mitangeklagte zum Pkw zurück und fuhr zusammen mit der Angeklagten weg.
- Gleichermaßen kamen sie am Abend des 22. März 2014 zu einer Tankstelle in B. , konnten aber beim Vorbeifahren nicht erkennen , wie viele Personen sich dort aufhielten. Sie stellten ihren Pkw auf dem
Parkplatz eines nahe gelegenen Supermarkts ab; während die Angeklagte wiederum im Fahrzeug blieb, beobachtete der Mitangeklagte die Tankstelle zunächst von einem Nachbargrundstück aus. Wegen des Publikumsverkehrs verzichtete er auf die Mitnahme von Revolver und Pfefferspray. Als ihm die Situation günstig erschien, ging der Mitangeklagte in den Verkaufsraum der Tankstelle und forderte von der dort anwesenden Angestellten die Herausgabe von Bargeld. Dabei täuschte er vor, im Besitz einer Schusswaffe zu sein. Aus Angst packte die Angestellte den Kasseninhalt in die ihr hingehaltene Plastiktüte. Wie zuvor begab sich der Mitangeklagte mit der Beute zurück zur Angeklagten und fuhr zusammen mit dieser weg.
4
Die benutzten Fahrzeuge hatte die Angeklagte jeweils auf ihren Namen angemietet. Ob sie diese bei den Taten auch steuerte, konnte das Landgericht nicht feststellen.
5
b) Dies trägt nicht die Annahme von Mittäterschaft der Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB); ihre Tatbeiträge sind vielmehr in beiden Fällen als Beihilfe zu den Taten des Mitangeklagten zu werten (§ 27 Abs. 1 StGB).
6
aa) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft oder Beihilfe anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 17.Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26).
7
bb) Daran gemessen stellt sich die Tätigkeit der Angeklagten nach dem äußeren Erscheinungsbild in Bezug zu den Tatbeiträgen des Mitangeklagten nur als Beihilfe zu dessen Erpressungstaten dar. Die Angeklagte war zwar in die Auswahl und in die Auskundschaftung der Tatobjekte eingebunden, ebenso mietete sie die Tatfahrzeuge in eigenem Namen an. Darin liegen aus objektiver Sicht aber keine Tatbeiträge von einem Gewicht, das den Schluss auf eine Tatherrschaft der Angeklagten oder wenigstens auf ihren Willen dazu tragen könnte. Die Ausführung der Taten oblag allein dem Mitangeklagten und war ebenso wie der Eintritt des Taterfolgs dem Einfluss und dem Willen der Angeklagten in jeder Hinsicht entzogen. Der gemeinsame Tatentschluss und das auch aus dem Bestreiten des gemeinsamen Lebensbedarfs folgende Interesse der Angeklagten am Gelingen der Überfälle vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.
8
c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende , die Annahme von Mittäterschaft tragende Tatbeiträge der Angeklagten festgestellt werden können. Er ändert deshalb den Schuldspruch ent- sprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, denn auch bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Taten hätte sich die Angeklagte nicht wirksamer verteidigen können.
9
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Urteils im Ausspruch über die Jugendstrafe. Die zugehörigen Feststellungen werden von der abweichenden rechtlichen Bewertung der Tatbeiträge der Angeklagten nicht berührt und sind deshalb aufrechtzuerhalten. Der neue Tatrichter kann insoweit ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.
Becker Mayer Gericke Spaniol Tiemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 439/15
vom
8. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:081215B3STR439.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 8. Dezember 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 26. Juni 2015, soweit es die Angeklagte betrifft , mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe sowie
b) im Strafausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in fünf Fällen und versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zur Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer auf sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Das Urteil hat keinen Bestand, soweit die Angeklagte in den Fällen II. 2.
a) und c) (Fälle 1 und 3) der Urteilsgründe wegen - gemeinschaftlich begangener - besonders schwerer räuberischer Erpressung sowie im Fall II. 2. g) (Fall
6) der Urteilsgründe wegen - jeweils gemeinschaftlich begangener - versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 2 StGB) verurteilt worden ist.
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts überfiel der Mitangeklagte L. in allen Fällen alleine Tankstellen, die zuvor beide Angeklagte gemeinsam danach ausgesucht hatten, dass sich nur eine einzige weibliche Angestellte im Kassenraum befand. Zur Begehung dieser Straftaten hatten sich die beiden Angeklagten aus Geldnot entschlossen; im Tatzeitraum bestritten sie ihren gemeinsamen Lebensbedarf aus der Tatbeute. Der Mitangeklagte L. hatte vor dem ersten Überfall - mit Wissen und Billigung der Angeklagten - einen Gas-/Schreckschussrevolver und Munition erworben, mit der er - wie von beiden Angeklagten von Anfang an geplant - das Tankstellenpersonal bedrohte. Er hatte gleichzeitig ein Pfefferspray gekauft, das nach dem Plan der Angeklagten - falls notwendig - als Gewaltmittel eingesetzt werden sollte. In den Fällen II. 2. b) bis e) (Fälle 2 bis 5) der Urteilsgründe benutzten die Angeklagten für die Fahrten zu den Tatorten und von diesen weg Fahrzeuge, die die Angeklagte auf ihren Namen angemietet hatte. In den Fällen II. 2. b), d) und e) (Fälle 2, 4 und 5) der Urteilsgründe war die Angeklagte bei diesen Fahrten jeweils die Fahrzeugführerin. In den übrigen Fällen (II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe fuhr die Angeklagte hingegen jeweils als Beifahrerin des Mit- angeklagten L. zu den Tatorten mit und wartete in einiger Entfernung von den Tankstellen auf dem Beifahrersitz auf dessen Rückkehr.
4
2. Die Feststellungen zu den Fällen II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe tragen die vom Landgericht hinsichtlich der Erpressungstaten angenommene Mittäterschaft der Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB) nicht.
5
a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft oder Beihilfe anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26).
6
b) Nach diesen Maßstäben begegnet die rechtliche Einordnung der Beteiligung der Angeklagten als Mittäterschaft in den vorbezeichneten drei Fällen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Anders als in den übrigen Fällen, bei denen die Angeklagte den Mitangeklagten L. zum Tatort gebracht, während des Überfalls absprachegemäß auf dem Fahrersitz fluchtbereit auf ihn gewartet und ihn danach mit dem Fahrzeug vom Tatort weggefahren hatte (Fälle 2, 4 und 5), wirkte die Angeklagte in den Fällen 1, 3 und 6 der Urteilsgründe lediglich beim Ausspähen der Tankstellen mit, begleitete den Mitangeklagten L. bei den Fahrten zu den Tatorten und nach den Überfällen von diesen weg als Beifahrerin und wartete während der Taten auf die Rückkehr des in dieser Zeit die Überfälle alleine durchführenden Mitangeklagten.
7
Die Tätigkeit der Angeklagten im Rahmen der Überfälle in den Fällen II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe stellt sich nach dem äußeren Erscheinungsbild inBezug zu den Tatbeiträgen des Mitangeklagten L. als Beteiligungshandlung an dessen Erpressungstaten dar, die für sich weder auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen hierzu schließen lassen. Die Taten beging der Mitangeklagte L. alleine; ihre Ausführung und ihr Erfolg waren nach den Feststellungen in den vorbezeichneten Fällen in jeder Hinsicht dem Einfluss und dem Willen der Angeklagten entzogen. Der vom Landgericht festgestellte gemeinsame Tatentschluss und das auch aus dem Bestreiten des gemeinsamen Lebensbedarfes folgende Interesse der Angeklagten am Gelingen der Überfälle vermag eine andere Beurteilung und die rechtliche Einordnung dieser Tatbeiträge durch das Landgericht nicht zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen sein sollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254 und vom 10. Dezember 2013 - 5 StR 387/13, juris Rn. 10). Ein solcher Beurteilungsspielraum , den das Landgericht im vorliegenden Urteil, das zur Mittäterschaft der Angeklagten keine nähere rechtliche Subsumption oder wertende Betrachtung enthält, ersichtlich nicht ausgefüllt hat, wäre hier jedenfalls überschritten. Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte sei in den Fällen 1, 3 und 6 der Urteilsgründe als Mittäterin der vollendeten bzw. der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung anzusehen, hält der rechtlichen Überprüfung danach nicht stand.
8
c) Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht die Angeklagte im Fall II. 2. g) (Fall 6) der Urteilsgründe - tateinheitlich zur versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung - wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 2 StGB verurteilt hat. Bei diesem Überfall setzte der Mitangeklagte L. gegen die durch die Bedrohung mit dem Revolver nicht (genügend) beeindruckte Zeugin R. das mitgeführte Pfefferspray ein, verletzte die Tankstellenkassiererin dadurch im Gesicht, im Bereich des Dekolletés sowie an den Unterarmen und fügte ihr erhebliche Schmerzen zu. Während des gesamten Überfalles wartete die Angeklagte (erneut) im Fahrzeug auf dem Beifahrersitz verweilend auf die Rückkehr des Mitangeklagten, der das von den Angeklagten genutzte Fahrzeug vor und nach dem Überfall steuerte.
9
Ob ein Abwesender Mittäter einer gefährlichen Körperverletzung eines anderen ist, richtet sich nach den allgemeinen Regeln der Mittäterschaft, der Anstiftung oder Beihilfe (s. oben 1. b); insoweit gilt daher dasselbe wie auch für den Tatbestand der gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar2015 - 3 StR 233/14, juris Rn. 68, insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 60, 166 mwN).
Nach den Feststellungen leistete die Angeklagte einen wesentlichen Tatbeitrag (auch) zu der - wiederum alleine von dem Mitangeklagten L. ausgeführten - gefährlichen Körperverletzung nicht, sodass - trotz des gemeinsamen Tatplanes der Angeklagten, das Pfefferspray notfalls als Gewaltmittel einzusetzen - die angenommene Mittäterschaft der Angeklagten auch insoweit nicht belegt ist.
10
3. Die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils im vorbezeichneten Umfang führt zum Wegfall der verhängten Jugendstrafe.
11
Die Sache muss zum Schuldspruch in den aufgehobenen Einzelfällen sowie zum Strafausspruch neu verhandelt und entschieden werden.
Becker Hubert Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 221/16
vom
30. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:300616B3STR221.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 30. Juni 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 18. Dezember 2015 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II.11., 12., 14. und 15. der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
c) im Maßregelausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen unerlaubten" Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen, davon in vier Fällen (II.11., 12., 14. und 15. der Urteilsgründe) in Tateinheit mit "gemeinschaftlicher unerlaubter" Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt und zudem seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Außerdem hat es bestimmt, dass acht Monate der Gesamtfreiheitsstrafe vor dem Vollzug der Maßregel zu vollstrecken sind. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch in den Fällen II.1.-10., 13. und 16. der Urteilsgründe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hingegen hat das Urteil keinen Bestand, soweit der Angeklagte in den Fällen II.11., 12., 14. und 15. der Urteilsgründe tateinheitlich wegen - gemeinschaftlich begangener - Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Zudem hält die Anordnung der Maßregel sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.
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1. Nach den zu den Fällen II.11., 12., 14. und 15. der Urteilsgründe vom Landgericht getroffenen Feststellungen bestellte in allen Fällen die nichtrevidierende frühere Mitangeklagte, die Lebensgefährtin des Angeklagten, telefonisch bei unbekannt gebliebenen Personen in den Niederlanden Heroin (in Fall II.11. zusätzlich 3 g Kokain), ließ sich in der Folge von der Schwester des Angeklagten mit deren Pkw in die Niederlande fahren, holte dort die Betäubungsmittel ab und brachte sie in das Bundesgebiet in die gemeinsam mit dem Angeklagten bewohnte Wohnung. Der Angeklagte wartete währenddessen zu Hause und hielt - falls erforderlich - telefonischen Kontakt. In einem Fall (II.11.) telefonierte auch der Angeklagte im Vorfeld der Abholung der Betäubungsmittel wegen des Termins mit dem unbekannten Verkäufer. Die Betäubungsmittel waren nach dem gemeinsamen Tatplan des Angeklagten und seiner Lebensgefährtin abzüglich eines zum Eigenkonsum bestimmten Anteils zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. In allen Fällen wurde ein Teil der eingeführten Betäubungsmittel in der Folge an die gesondert Verfolgten Kay R. und Ilona S. verkauft. Mit dem Gewinn sollte der gemeinsame Lebensunterhalt sowie der eigene Drogenkonsum des Angeklagten und seiner Lebensgefährtin finanziert werden.
4
Diese Feststellungen tragen die vom Landgericht in Bezug auf die Einfuhr der Betäubungsmittel angenommene Mittäterschaft des Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB) nicht. Zwar ist es nicht erforderlich, dass der Täter der Einfuhr das Rauschgift eigenhändig ins Inland verbringt. Vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, (Mit-)Täter der Einfuhr des unmittelbar handelnden Täters sein, wenn er einen Tatbeitrag erbringt, der sich bei wertender Betrachtung nicht nur als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der zur Tatbestandsverwirklichung führenden Tätigkeit aller Mitwirkenden darstellt, und der die Tathandlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 1992 - 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 319; Beschluss vom 5. April 2016 - 3 StR 554/15, NStZ-RR 2016, 209, 210; jeweils mwN). Wesentliche Anhaltspunkte für die Täterschaft sind dabei der Grad seines Eigeninteresses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 1991 - 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 33; vom 31. März 2015 - 3 StR 630/14, StraFo 2015, 259, 260). Entscheidender Bezugspunkt für all diese Merkmale ist der Einfuhrvorgang selbst, wobei dem Interesse des mit den zu beschaffenden Betäubungsmitteln Handel Treibenden am Gelingen des Einfuhrvorgangs keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 2014 - 3 StR 137/14, StV 2015, 633; vom 2. Juni 2016 - 1 StR 161/16, juris Rn. 3 f.; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 166 mwN). Auch der im Inland aufhältige Empfänger von Betäubungsmitteln aus dem Ausland kann wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar sein, wenn er sie durch Dritte über die Grenze bringen lässt und dabei mit Täterwillen die Tatbestandsverwirklichung fördernde Beiträge leistet. Hat der Empfänger hingegen keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, kann er sich zwar etwa wegen einer Bestellung des Rauschgifts wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar machen; die bloße Bereitschaft zur Entgegennahme der eingeführten Betäubungsmittel begründet aber weder die Stellung als Mittäter noch als Gehilfe der Einfuhr (Körner /Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 167 mwN).
5
Nach diesen Maßstäben begegnet die Einordnung der Beteiligung des Angeklagten als Mittäterschaft an der Einfuhr durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Angeklagte hatte zwar ein nicht unerhebliches Interesse an dem Erwerb der Betäubungsmittel sowie deren Transport nach Deutschland, da er diese teilweise mitverkaufen und teilweise selbst konsumieren wollte. Dies begründet hier jedoch mit Blick auf den Umfang seiner Tatbeteiligung und seine fehlende Tatherrschaft ebenso wenig eine (Mit-)Täterschaft an der Einfuhr wie der Umstand, dass er jeweils - falls erforderlich - telefonischen Kontakt hielt. Es bleibt nach den getroffenen Feststellungen bereits unklar, ob der Angeklagte während der Einfuhrvorgänge tatsächlich mit seiner Lebensgefährtin telefonierte und unter welchen Umständen ein Telefonkontakt erforderlich werden konnte oder sollte. Den Feststellungen lässt sich daher nicht entnehmen, dass der An- geklagte einen auch nur geringen Einfluss auf den konkreten Transport der Betäubungsmittel von den Niederlanden nach Deutschland hatte. Diesen führte vielmehr allein seine ebenfalls mit erheblichem Eigeninteresse handelnde Lebensgefährtin aus. Bei dem Erwerb der Betäubungsmittel war der Angeklagte ebenso wenig zugegen wie bei der sich anschließenden Rückfahrt nach Deutschland. Der vom Landgericht festgestellte gemeinsame Tatplan und das im Vorfeld zur Tat II.11. der Urteilsgründe von dem Angeklagten mit dem Verkäufer geführte Telefonat vermag die rechtliche Einordnung dieser Tatbeiträge durch das Landgericht nicht zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen sein sollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254 und vom 10. Dezember 2013 - 5 StR 387/13, juris Rn. 10). Denn ein solcher Beurteilungsspielraum wäre aus den dargelegten Gründen hier jedenfalls überschritten.
6
Die Sache bedarf daher insoweit neuer tatgerichtlicher Verhandlung und Entscheidung. Es ist nicht auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere, über die bisherigen Feststellungen hinausgehende Umstände festgestellt werden können, welche die Annahme rechtfertigen, der Angeklagte habe sich an der Einfuhr als (Mit-)Täter, Anstifter oder Gehilfe beteiligt.
7
Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln bedingt auch die Aufhebung des - für sich genommen rechtsfehlerfreien - Schuldspruchs wegen tateinheitlich verwirklichten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie der Gesamtstrafe. Um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, sieht der Senat davon ab, die insoweit bislang getroffenen Feststellungen auch nur teilweise bestehen zu lassen.
8
2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält revisionsrechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.
9
Zwar hat das Landgericht rechtsfehlerfrei einen Hang des Angeklagten zum übermäßigen Konsum von Betäubungsmitteln, den symptomatischen Zusammenhang zwischen diesem und den abgeurteilten Taten sowie auch die Gefahr festgestellt, dass der Angeklagte aufgrund seines Hangs weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird (§ 64 Satz 1 StGB). Indes ergeben die Urteilsgründe nicht hinreichend, dass die erforderliche konkrete Aussicht auf einen Therapieerfolg im Sinne des § 64 Satz 2 StGB besteht. Ein solcher ist nur dann anzunehmen, wenn die Entzugsbehandlung voraussichtlich innerhalb der in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB für diese Maßregel festgesetzten Höchstfrist zum Erfolg führen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. April 2012 - 3 StR 65/12, BGHR StGB § 64 Abs. 2 Erfolgsaussicht 1; vom 15. April 2014 - 3 StR 48/14, NStZ-RR 2014, 212, 213). Dies bleibt nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen offen, weil es die voraussichtliche Dauer für eine erfolgreiche Therapie nicht festgestellt hat. Eine präzise Prognose hinsichtlich der voraussichtlich notwendigen Dauer des Maßregelvollzuges ist zudem Voraussetzung für die Bemessung eines etwa vorweg zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2013 - 4 StR 60/13, juris Rn. 3 mwN). Die Anordnung der Maßregel kann daher keinen Bestand haben. Da es möglich erscheint, dass ein sachverständig beratener neuer Tatrichter zu der Prognose gelangt, die erforderliche Dauer einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt werde (voraussichtlich) zwei Jahre nicht übersteigen, bedarf die Sache auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Durch die Aufhebung der Anordnung der Maßregel ist zugleich die Anordnung über den Vorwegvollzug gegenstandslos.
Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 439/15
vom
8. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:081215B3STR439.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 8. Dezember 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 26. Juni 2015, soweit es die Angeklagte betrifft , mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe sowie
b) im Strafausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in fünf Fällen und versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zur Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer auf sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Das Urteil hat keinen Bestand, soweit die Angeklagte in den Fällen II. 2.
a) und c) (Fälle 1 und 3) der Urteilsgründe wegen - gemeinschaftlich begangener - besonders schwerer räuberischer Erpressung sowie im Fall II. 2. g) (Fall
6) der Urteilsgründe wegen - jeweils gemeinschaftlich begangener - versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 2 StGB) verurteilt worden ist.
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts überfiel der Mitangeklagte L. in allen Fällen alleine Tankstellen, die zuvor beide Angeklagte gemeinsam danach ausgesucht hatten, dass sich nur eine einzige weibliche Angestellte im Kassenraum befand. Zur Begehung dieser Straftaten hatten sich die beiden Angeklagten aus Geldnot entschlossen; im Tatzeitraum bestritten sie ihren gemeinsamen Lebensbedarf aus der Tatbeute. Der Mitangeklagte L. hatte vor dem ersten Überfall - mit Wissen und Billigung der Angeklagten - einen Gas-/Schreckschussrevolver und Munition erworben, mit der er - wie von beiden Angeklagten von Anfang an geplant - das Tankstellenpersonal bedrohte. Er hatte gleichzeitig ein Pfefferspray gekauft, das nach dem Plan der Angeklagten - falls notwendig - als Gewaltmittel eingesetzt werden sollte. In den Fällen II. 2. b) bis e) (Fälle 2 bis 5) der Urteilsgründe benutzten die Angeklagten für die Fahrten zu den Tatorten und von diesen weg Fahrzeuge, die die Angeklagte auf ihren Namen angemietet hatte. In den Fällen II. 2. b), d) und e) (Fälle 2, 4 und 5) der Urteilsgründe war die Angeklagte bei diesen Fahrten jeweils die Fahrzeugführerin. In den übrigen Fällen (II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe fuhr die Angeklagte hingegen jeweils als Beifahrerin des Mit- angeklagten L. zu den Tatorten mit und wartete in einiger Entfernung von den Tankstellen auf dem Beifahrersitz auf dessen Rückkehr.
4
2. Die Feststellungen zu den Fällen II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe tragen die vom Landgericht hinsichtlich der Erpressungstaten angenommene Mittäterschaft der Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB) nicht.
5
a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft oder Beihilfe anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26).
6
b) Nach diesen Maßstäben begegnet die rechtliche Einordnung der Beteiligung der Angeklagten als Mittäterschaft in den vorbezeichneten drei Fällen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Anders als in den übrigen Fällen, bei denen die Angeklagte den Mitangeklagten L. zum Tatort gebracht, während des Überfalls absprachegemäß auf dem Fahrersitz fluchtbereit auf ihn gewartet und ihn danach mit dem Fahrzeug vom Tatort weggefahren hatte (Fälle 2, 4 und 5), wirkte die Angeklagte in den Fällen 1, 3 und 6 der Urteilsgründe lediglich beim Ausspähen der Tankstellen mit, begleitete den Mitangeklagten L. bei den Fahrten zu den Tatorten und nach den Überfällen von diesen weg als Beifahrerin und wartete während der Taten auf die Rückkehr des in dieser Zeit die Überfälle alleine durchführenden Mitangeklagten.
7
Die Tätigkeit der Angeklagten im Rahmen der Überfälle in den Fällen II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe stellt sich nach dem äußeren Erscheinungsbild inBezug zu den Tatbeiträgen des Mitangeklagten L. als Beteiligungshandlung an dessen Erpressungstaten dar, die für sich weder auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen hierzu schließen lassen. Die Taten beging der Mitangeklagte L. alleine; ihre Ausführung und ihr Erfolg waren nach den Feststellungen in den vorbezeichneten Fällen in jeder Hinsicht dem Einfluss und dem Willen der Angeklagten entzogen. Der vom Landgericht festgestellte gemeinsame Tatentschluss und das auch aus dem Bestreiten des gemeinsamen Lebensbedarfes folgende Interesse der Angeklagten am Gelingen der Überfälle vermag eine andere Beurteilung und die rechtliche Einordnung dieser Tatbeiträge durch das Landgericht nicht zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen sein sollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254 und vom 10. Dezember 2013 - 5 StR 387/13, juris Rn. 10). Ein solcher Beurteilungsspielraum , den das Landgericht im vorliegenden Urteil, das zur Mittäterschaft der Angeklagten keine nähere rechtliche Subsumption oder wertende Betrachtung enthält, ersichtlich nicht ausgefüllt hat, wäre hier jedenfalls überschritten. Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte sei in den Fällen 1, 3 und 6 der Urteilsgründe als Mittäterin der vollendeten bzw. der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung anzusehen, hält der rechtlichen Überprüfung danach nicht stand.
8
c) Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht die Angeklagte im Fall II. 2. g) (Fall 6) der Urteilsgründe - tateinheitlich zur versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung - wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 2 StGB verurteilt hat. Bei diesem Überfall setzte der Mitangeklagte L. gegen die durch die Bedrohung mit dem Revolver nicht (genügend) beeindruckte Zeugin R. das mitgeführte Pfefferspray ein, verletzte die Tankstellenkassiererin dadurch im Gesicht, im Bereich des Dekolletés sowie an den Unterarmen und fügte ihr erhebliche Schmerzen zu. Während des gesamten Überfalles wartete die Angeklagte (erneut) im Fahrzeug auf dem Beifahrersitz verweilend auf die Rückkehr des Mitangeklagten, der das von den Angeklagten genutzte Fahrzeug vor und nach dem Überfall steuerte.
9
Ob ein Abwesender Mittäter einer gefährlichen Körperverletzung eines anderen ist, richtet sich nach den allgemeinen Regeln der Mittäterschaft, der Anstiftung oder Beihilfe (s. oben 1. b); insoweit gilt daher dasselbe wie auch für den Tatbestand der gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar2015 - 3 StR 233/14, juris Rn. 68, insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 60, 166 mwN).
Nach den Feststellungen leistete die Angeklagte einen wesentlichen Tatbeitrag (auch) zu der - wiederum alleine von dem Mitangeklagten L. ausgeführten - gefährlichen Körperverletzung nicht, sodass - trotz des gemeinsamen Tatplanes der Angeklagten, das Pfefferspray notfalls als Gewaltmittel einzusetzen - die angenommene Mittäterschaft der Angeklagten auch insoweit nicht belegt ist.
10
3. Die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils im vorbezeichneten Umfang führt zum Wegfall der verhängten Jugendstrafe.
11
Die Sache muss zum Schuldspruch in den aufgehobenen Einzelfällen sowie zum Strafausspruch neu verhandelt und entschieden werden.
Becker Hubert Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 221/16
vom
30. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:300616B3STR221.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 30. Juni 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 18. Dezember 2015 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II.11., 12., 14. und 15. der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
c) im Maßregelausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen unerlaubten" Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen, davon in vier Fällen (II.11., 12., 14. und 15. der Urteilsgründe) in Tateinheit mit "gemeinschaftlicher unerlaubter" Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt und zudem seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Außerdem hat es bestimmt, dass acht Monate der Gesamtfreiheitsstrafe vor dem Vollzug der Maßregel zu vollstrecken sind. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch in den Fällen II.1.-10., 13. und 16. der Urteilsgründe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hingegen hat das Urteil keinen Bestand, soweit der Angeklagte in den Fällen II.11., 12., 14. und 15. der Urteilsgründe tateinheitlich wegen - gemeinschaftlich begangener - Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Zudem hält die Anordnung der Maßregel sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.
3
1. Nach den zu den Fällen II.11., 12., 14. und 15. der Urteilsgründe vom Landgericht getroffenen Feststellungen bestellte in allen Fällen die nichtrevidierende frühere Mitangeklagte, die Lebensgefährtin des Angeklagten, telefonisch bei unbekannt gebliebenen Personen in den Niederlanden Heroin (in Fall II.11. zusätzlich 3 g Kokain), ließ sich in der Folge von der Schwester des Angeklagten mit deren Pkw in die Niederlande fahren, holte dort die Betäubungsmittel ab und brachte sie in das Bundesgebiet in die gemeinsam mit dem Angeklagten bewohnte Wohnung. Der Angeklagte wartete währenddessen zu Hause und hielt - falls erforderlich - telefonischen Kontakt. In einem Fall (II.11.) telefonierte auch der Angeklagte im Vorfeld der Abholung der Betäubungsmittel wegen des Termins mit dem unbekannten Verkäufer. Die Betäubungsmittel waren nach dem gemeinsamen Tatplan des Angeklagten und seiner Lebensgefährtin abzüglich eines zum Eigenkonsum bestimmten Anteils zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. In allen Fällen wurde ein Teil der eingeführten Betäubungsmittel in der Folge an die gesondert Verfolgten Kay R. und Ilona S. verkauft. Mit dem Gewinn sollte der gemeinsame Lebensunterhalt sowie der eigene Drogenkonsum des Angeklagten und seiner Lebensgefährtin finanziert werden.
4
Diese Feststellungen tragen die vom Landgericht in Bezug auf die Einfuhr der Betäubungsmittel angenommene Mittäterschaft des Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB) nicht. Zwar ist es nicht erforderlich, dass der Täter der Einfuhr das Rauschgift eigenhändig ins Inland verbringt. Vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, (Mit-)Täter der Einfuhr des unmittelbar handelnden Täters sein, wenn er einen Tatbeitrag erbringt, der sich bei wertender Betrachtung nicht nur als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der zur Tatbestandsverwirklichung führenden Tätigkeit aller Mitwirkenden darstellt, und der die Tathandlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 1992 - 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 319; Beschluss vom 5. April 2016 - 3 StR 554/15, NStZ-RR 2016, 209, 210; jeweils mwN). Wesentliche Anhaltspunkte für die Täterschaft sind dabei der Grad seines Eigeninteresses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 1991 - 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 33; vom 31. März 2015 - 3 StR 630/14, StraFo 2015, 259, 260). Entscheidender Bezugspunkt für all diese Merkmale ist der Einfuhrvorgang selbst, wobei dem Interesse des mit den zu beschaffenden Betäubungsmitteln Handel Treibenden am Gelingen des Einfuhrvorgangs keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 2014 - 3 StR 137/14, StV 2015, 633; vom 2. Juni 2016 - 1 StR 161/16, juris Rn. 3 f.; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 166 mwN). Auch der im Inland aufhältige Empfänger von Betäubungsmitteln aus dem Ausland kann wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar sein, wenn er sie durch Dritte über die Grenze bringen lässt und dabei mit Täterwillen die Tatbestandsverwirklichung fördernde Beiträge leistet. Hat der Empfänger hingegen keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, kann er sich zwar etwa wegen einer Bestellung des Rauschgifts wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar machen; die bloße Bereitschaft zur Entgegennahme der eingeführten Betäubungsmittel begründet aber weder die Stellung als Mittäter noch als Gehilfe der Einfuhr (Körner /Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 167 mwN).
5
Nach diesen Maßstäben begegnet die Einordnung der Beteiligung des Angeklagten als Mittäterschaft an der Einfuhr durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Angeklagte hatte zwar ein nicht unerhebliches Interesse an dem Erwerb der Betäubungsmittel sowie deren Transport nach Deutschland, da er diese teilweise mitverkaufen und teilweise selbst konsumieren wollte. Dies begründet hier jedoch mit Blick auf den Umfang seiner Tatbeteiligung und seine fehlende Tatherrschaft ebenso wenig eine (Mit-)Täterschaft an der Einfuhr wie der Umstand, dass er jeweils - falls erforderlich - telefonischen Kontakt hielt. Es bleibt nach den getroffenen Feststellungen bereits unklar, ob der Angeklagte während der Einfuhrvorgänge tatsächlich mit seiner Lebensgefährtin telefonierte und unter welchen Umständen ein Telefonkontakt erforderlich werden konnte oder sollte. Den Feststellungen lässt sich daher nicht entnehmen, dass der An- geklagte einen auch nur geringen Einfluss auf den konkreten Transport der Betäubungsmittel von den Niederlanden nach Deutschland hatte. Diesen führte vielmehr allein seine ebenfalls mit erheblichem Eigeninteresse handelnde Lebensgefährtin aus. Bei dem Erwerb der Betäubungsmittel war der Angeklagte ebenso wenig zugegen wie bei der sich anschließenden Rückfahrt nach Deutschland. Der vom Landgericht festgestellte gemeinsame Tatplan und das im Vorfeld zur Tat II.11. der Urteilsgründe von dem Angeklagten mit dem Verkäufer geführte Telefonat vermag die rechtliche Einordnung dieser Tatbeiträge durch das Landgericht nicht zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen sein sollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254 und vom 10. Dezember 2013 - 5 StR 387/13, juris Rn. 10). Denn ein solcher Beurteilungsspielraum wäre aus den dargelegten Gründen hier jedenfalls überschritten.
6
Die Sache bedarf daher insoweit neuer tatgerichtlicher Verhandlung und Entscheidung. Es ist nicht auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere, über die bisherigen Feststellungen hinausgehende Umstände festgestellt werden können, welche die Annahme rechtfertigen, der Angeklagte habe sich an der Einfuhr als (Mit-)Täter, Anstifter oder Gehilfe beteiligt.
7
Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln bedingt auch die Aufhebung des - für sich genommen rechtsfehlerfreien - Schuldspruchs wegen tateinheitlich verwirklichten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie der Gesamtstrafe. Um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, sieht der Senat davon ab, die insoweit bislang getroffenen Feststellungen auch nur teilweise bestehen zu lassen.
8
2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält revisionsrechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.
9
Zwar hat das Landgericht rechtsfehlerfrei einen Hang des Angeklagten zum übermäßigen Konsum von Betäubungsmitteln, den symptomatischen Zusammenhang zwischen diesem und den abgeurteilten Taten sowie auch die Gefahr festgestellt, dass der Angeklagte aufgrund seines Hangs weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird (§ 64 Satz 1 StGB). Indes ergeben die Urteilsgründe nicht hinreichend, dass die erforderliche konkrete Aussicht auf einen Therapieerfolg im Sinne des § 64 Satz 2 StGB besteht. Ein solcher ist nur dann anzunehmen, wenn die Entzugsbehandlung voraussichtlich innerhalb der in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB für diese Maßregel festgesetzten Höchstfrist zum Erfolg führen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. April 2012 - 3 StR 65/12, BGHR StGB § 64 Abs. 2 Erfolgsaussicht 1; vom 15. April 2014 - 3 StR 48/14, NStZ-RR 2014, 212, 213). Dies bleibt nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen offen, weil es die voraussichtliche Dauer für eine erfolgreiche Therapie nicht festgestellt hat. Eine präzise Prognose hinsichtlich der voraussichtlich notwendigen Dauer des Maßregelvollzuges ist zudem Voraussetzung für die Bemessung eines etwa vorweg zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2013 - 4 StR 60/13, juris Rn. 3 mwN). Die Anordnung der Maßregel kann daher keinen Bestand haben. Da es möglich erscheint, dass ein sachverständig beratener neuer Tatrichter zu der Prognose gelangt, die erforderliche Dauer einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt werde (voraussichtlich) zwei Jahre nicht übersteigen, bedarf die Sache auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Durch die Aufhebung der Anordnung der Maßregel ist zugleich die Anordnung über den Vorwegvollzug gegenstandslos.
Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 439/15
vom
8. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:081215B3STR439.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 8. Dezember 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 26. Juni 2015, soweit es die Angeklagte betrifft , mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe sowie
b) im Strafausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in fünf Fällen und versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zur Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer auf sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Das Urteil hat keinen Bestand, soweit die Angeklagte in den Fällen II. 2.
a) und c) (Fälle 1 und 3) der Urteilsgründe wegen - gemeinschaftlich begangener - besonders schwerer räuberischer Erpressung sowie im Fall II. 2. g) (Fall
6) der Urteilsgründe wegen - jeweils gemeinschaftlich begangener - versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 2 StGB) verurteilt worden ist.
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts überfiel der Mitangeklagte L. in allen Fällen alleine Tankstellen, die zuvor beide Angeklagte gemeinsam danach ausgesucht hatten, dass sich nur eine einzige weibliche Angestellte im Kassenraum befand. Zur Begehung dieser Straftaten hatten sich die beiden Angeklagten aus Geldnot entschlossen; im Tatzeitraum bestritten sie ihren gemeinsamen Lebensbedarf aus der Tatbeute. Der Mitangeklagte L. hatte vor dem ersten Überfall - mit Wissen und Billigung der Angeklagten - einen Gas-/Schreckschussrevolver und Munition erworben, mit der er - wie von beiden Angeklagten von Anfang an geplant - das Tankstellenpersonal bedrohte. Er hatte gleichzeitig ein Pfefferspray gekauft, das nach dem Plan der Angeklagten - falls notwendig - als Gewaltmittel eingesetzt werden sollte. In den Fällen II. 2. b) bis e) (Fälle 2 bis 5) der Urteilsgründe benutzten die Angeklagten für die Fahrten zu den Tatorten und von diesen weg Fahrzeuge, die die Angeklagte auf ihren Namen angemietet hatte. In den Fällen II. 2. b), d) und e) (Fälle 2, 4 und 5) der Urteilsgründe war die Angeklagte bei diesen Fahrten jeweils die Fahrzeugführerin. In den übrigen Fällen (II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe fuhr die Angeklagte hingegen jeweils als Beifahrerin des Mit- angeklagten L. zu den Tatorten mit und wartete in einiger Entfernung von den Tankstellen auf dem Beifahrersitz auf dessen Rückkehr.
4
2. Die Feststellungen zu den Fällen II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe tragen die vom Landgericht hinsichtlich der Erpressungstaten angenommene Mittäterschaft der Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB) nicht.
5
a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft oder Beihilfe anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26).
6
b) Nach diesen Maßstäben begegnet die rechtliche Einordnung der Beteiligung der Angeklagten als Mittäterschaft in den vorbezeichneten drei Fällen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Anders als in den übrigen Fällen, bei denen die Angeklagte den Mitangeklagten L. zum Tatort gebracht, während des Überfalls absprachegemäß auf dem Fahrersitz fluchtbereit auf ihn gewartet und ihn danach mit dem Fahrzeug vom Tatort weggefahren hatte (Fälle 2, 4 und 5), wirkte die Angeklagte in den Fällen 1, 3 und 6 der Urteilsgründe lediglich beim Ausspähen der Tankstellen mit, begleitete den Mitangeklagten L. bei den Fahrten zu den Tatorten und nach den Überfällen von diesen weg als Beifahrerin und wartete während der Taten auf die Rückkehr des in dieser Zeit die Überfälle alleine durchführenden Mitangeklagten.
7
Die Tätigkeit der Angeklagten im Rahmen der Überfälle in den Fällen II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe stellt sich nach dem äußeren Erscheinungsbild inBezug zu den Tatbeiträgen des Mitangeklagten L. als Beteiligungshandlung an dessen Erpressungstaten dar, die für sich weder auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen hierzu schließen lassen. Die Taten beging der Mitangeklagte L. alleine; ihre Ausführung und ihr Erfolg waren nach den Feststellungen in den vorbezeichneten Fällen in jeder Hinsicht dem Einfluss und dem Willen der Angeklagten entzogen. Der vom Landgericht festgestellte gemeinsame Tatentschluss und das auch aus dem Bestreiten des gemeinsamen Lebensbedarfes folgende Interesse der Angeklagten am Gelingen der Überfälle vermag eine andere Beurteilung und die rechtliche Einordnung dieser Tatbeiträge durch das Landgericht nicht zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen sein sollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254 und vom 10. Dezember 2013 - 5 StR 387/13, juris Rn. 10). Ein solcher Beurteilungsspielraum , den das Landgericht im vorliegenden Urteil, das zur Mittäterschaft der Angeklagten keine nähere rechtliche Subsumption oder wertende Betrachtung enthält, ersichtlich nicht ausgefüllt hat, wäre hier jedenfalls überschritten. Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte sei in den Fällen 1, 3 und 6 der Urteilsgründe als Mittäterin der vollendeten bzw. der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung anzusehen, hält der rechtlichen Überprüfung danach nicht stand.
8
c) Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht die Angeklagte im Fall II. 2. g) (Fall 6) der Urteilsgründe - tateinheitlich zur versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung - wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 2 StGB verurteilt hat. Bei diesem Überfall setzte der Mitangeklagte L. gegen die durch die Bedrohung mit dem Revolver nicht (genügend) beeindruckte Zeugin R. das mitgeführte Pfefferspray ein, verletzte die Tankstellenkassiererin dadurch im Gesicht, im Bereich des Dekolletés sowie an den Unterarmen und fügte ihr erhebliche Schmerzen zu. Während des gesamten Überfalles wartete die Angeklagte (erneut) im Fahrzeug auf dem Beifahrersitz verweilend auf die Rückkehr des Mitangeklagten, der das von den Angeklagten genutzte Fahrzeug vor und nach dem Überfall steuerte.
9
Ob ein Abwesender Mittäter einer gefährlichen Körperverletzung eines anderen ist, richtet sich nach den allgemeinen Regeln der Mittäterschaft, der Anstiftung oder Beihilfe (s. oben 1. b); insoweit gilt daher dasselbe wie auch für den Tatbestand der gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar2015 - 3 StR 233/14, juris Rn. 68, insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 60, 166 mwN).
Nach den Feststellungen leistete die Angeklagte einen wesentlichen Tatbeitrag (auch) zu der - wiederum alleine von dem Mitangeklagten L. ausgeführten - gefährlichen Körperverletzung nicht, sodass - trotz des gemeinsamen Tatplanes der Angeklagten, das Pfefferspray notfalls als Gewaltmittel einzusetzen - die angenommene Mittäterschaft der Angeklagten auch insoweit nicht belegt ist.
10
3. Die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils im vorbezeichneten Umfang führt zum Wegfall der verhängten Jugendstrafe.
11
Die Sache muss zum Schuldspruch in den aufgehobenen Einzelfällen sowie zum Strafausspruch neu verhandelt und entschieden werden.
Becker Hubert Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 221/16
vom
30. Juni 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:300616B3STR221.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 30. Juni 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 18. Dezember 2015 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II.11., 12., 14. und 15. der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
c) im Maßregelausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen unerlaubten" Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen, davon in vier Fällen (II.11., 12., 14. und 15. der Urteilsgründe) in Tateinheit mit "gemeinschaftlicher unerlaubter" Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt und zudem seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Außerdem hat es bestimmt, dass acht Monate der Gesamtfreiheitsstrafe vor dem Vollzug der Maßregel zu vollstrecken sind. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch in den Fällen II.1.-10., 13. und 16. der Urteilsgründe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hingegen hat das Urteil keinen Bestand, soweit der Angeklagte in den Fällen II.11., 12., 14. und 15. der Urteilsgründe tateinheitlich wegen - gemeinschaftlich begangener - Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Zudem hält die Anordnung der Maßregel sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.
3
1. Nach den zu den Fällen II.11., 12., 14. und 15. der Urteilsgründe vom Landgericht getroffenen Feststellungen bestellte in allen Fällen die nichtrevidierende frühere Mitangeklagte, die Lebensgefährtin des Angeklagten, telefonisch bei unbekannt gebliebenen Personen in den Niederlanden Heroin (in Fall II.11. zusätzlich 3 g Kokain), ließ sich in der Folge von der Schwester des Angeklagten mit deren Pkw in die Niederlande fahren, holte dort die Betäubungsmittel ab und brachte sie in das Bundesgebiet in die gemeinsam mit dem Angeklagten bewohnte Wohnung. Der Angeklagte wartete währenddessen zu Hause und hielt - falls erforderlich - telefonischen Kontakt. In einem Fall (II.11.) telefonierte auch der Angeklagte im Vorfeld der Abholung der Betäubungsmittel wegen des Termins mit dem unbekannten Verkäufer. Die Betäubungsmittel waren nach dem gemeinsamen Tatplan des Angeklagten und seiner Lebensgefährtin abzüglich eines zum Eigenkonsum bestimmten Anteils zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. In allen Fällen wurde ein Teil der eingeführten Betäubungsmittel in der Folge an die gesondert Verfolgten Kay R. und Ilona S. verkauft. Mit dem Gewinn sollte der gemeinsame Lebensunterhalt sowie der eigene Drogenkonsum des Angeklagten und seiner Lebensgefährtin finanziert werden.
4
Diese Feststellungen tragen die vom Landgericht in Bezug auf die Einfuhr der Betäubungsmittel angenommene Mittäterschaft des Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB) nicht. Zwar ist es nicht erforderlich, dass der Täter der Einfuhr das Rauschgift eigenhändig ins Inland verbringt. Vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, (Mit-)Täter der Einfuhr des unmittelbar handelnden Täters sein, wenn er einen Tatbeitrag erbringt, der sich bei wertender Betrachtung nicht nur als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der zur Tatbestandsverwirklichung führenden Tätigkeit aller Mitwirkenden darstellt, und der die Tathandlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 1992 - 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 319; Beschluss vom 5. April 2016 - 3 StR 554/15, NStZ-RR 2016, 209, 210; jeweils mwN). Wesentliche Anhaltspunkte für die Täterschaft sind dabei der Grad seines Eigeninteresses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 1991 - 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 33; vom 31. März 2015 - 3 StR 630/14, StraFo 2015, 259, 260). Entscheidender Bezugspunkt für all diese Merkmale ist der Einfuhrvorgang selbst, wobei dem Interesse des mit den zu beschaffenden Betäubungsmitteln Handel Treibenden am Gelingen des Einfuhrvorgangs keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 2014 - 3 StR 137/14, StV 2015, 633; vom 2. Juni 2016 - 1 StR 161/16, juris Rn. 3 f.; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 166 mwN). Auch der im Inland aufhältige Empfänger von Betäubungsmitteln aus dem Ausland kann wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar sein, wenn er sie durch Dritte über die Grenze bringen lässt und dabei mit Täterwillen die Tatbestandsverwirklichung fördernde Beiträge leistet. Hat der Empfänger hingegen keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, kann er sich zwar etwa wegen einer Bestellung des Rauschgifts wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar machen; die bloße Bereitschaft zur Entgegennahme der eingeführten Betäubungsmittel begründet aber weder die Stellung als Mittäter noch als Gehilfe der Einfuhr (Körner /Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 167 mwN).
5
Nach diesen Maßstäben begegnet die Einordnung der Beteiligung des Angeklagten als Mittäterschaft an der Einfuhr durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Angeklagte hatte zwar ein nicht unerhebliches Interesse an dem Erwerb der Betäubungsmittel sowie deren Transport nach Deutschland, da er diese teilweise mitverkaufen und teilweise selbst konsumieren wollte. Dies begründet hier jedoch mit Blick auf den Umfang seiner Tatbeteiligung und seine fehlende Tatherrschaft ebenso wenig eine (Mit-)Täterschaft an der Einfuhr wie der Umstand, dass er jeweils - falls erforderlich - telefonischen Kontakt hielt. Es bleibt nach den getroffenen Feststellungen bereits unklar, ob der Angeklagte während der Einfuhrvorgänge tatsächlich mit seiner Lebensgefährtin telefonierte und unter welchen Umständen ein Telefonkontakt erforderlich werden konnte oder sollte. Den Feststellungen lässt sich daher nicht entnehmen, dass der An- geklagte einen auch nur geringen Einfluss auf den konkreten Transport der Betäubungsmittel von den Niederlanden nach Deutschland hatte. Diesen führte vielmehr allein seine ebenfalls mit erheblichem Eigeninteresse handelnde Lebensgefährtin aus. Bei dem Erwerb der Betäubungsmittel war der Angeklagte ebenso wenig zugegen wie bei der sich anschließenden Rückfahrt nach Deutschland. Der vom Landgericht festgestellte gemeinsame Tatplan und das im Vorfeld zur Tat II.11. der Urteilsgründe von dem Angeklagten mit dem Verkäufer geführte Telefonat vermag die rechtliche Einordnung dieser Tatbeiträge durch das Landgericht nicht zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen sein sollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254 und vom 10. Dezember 2013 - 5 StR 387/13, juris Rn. 10). Denn ein solcher Beurteilungsspielraum wäre aus den dargelegten Gründen hier jedenfalls überschritten.
6
Die Sache bedarf daher insoweit neuer tatgerichtlicher Verhandlung und Entscheidung. Es ist nicht auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere, über die bisherigen Feststellungen hinausgehende Umstände festgestellt werden können, welche die Annahme rechtfertigen, der Angeklagte habe sich an der Einfuhr als (Mit-)Täter, Anstifter oder Gehilfe beteiligt.
7
Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln bedingt auch die Aufhebung des - für sich genommen rechtsfehlerfreien - Schuldspruchs wegen tateinheitlich verwirklichten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie der Gesamtstrafe. Um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, sieht der Senat davon ab, die insoweit bislang getroffenen Feststellungen auch nur teilweise bestehen zu lassen.
8
2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält revisionsrechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.
9
Zwar hat das Landgericht rechtsfehlerfrei einen Hang des Angeklagten zum übermäßigen Konsum von Betäubungsmitteln, den symptomatischen Zusammenhang zwischen diesem und den abgeurteilten Taten sowie auch die Gefahr festgestellt, dass der Angeklagte aufgrund seines Hangs weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird (§ 64 Satz 1 StGB). Indes ergeben die Urteilsgründe nicht hinreichend, dass die erforderliche konkrete Aussicht auf einen Therapieerfolg im Sinne des § 64 Satz 2 StGB besteht. Ein solcher ist nur dann anzunehmen, wenn die Entzugsbehandlung voraussichtlich innerhalb der in § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB für diese Maßregel festgesetzten Höchstfrist zum Erfolg führen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. April 2012 - 3 StR 65/12, BGHR StGB § 64 Abs. 2 Erfolgsaussicht 1; vom 15. April 2014 - 3 StR 48/14, NStZ-RR 2014, 212, 213). Dies bleibt nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen offen, weil es die voraussichtliche Dauer für eine erfolgreiche Therapie nicht festgestellt hat. Eine präzise Prognose hinsichtlich der voraussichtlich notwendigen Dauer des Maßregelvollzuges ist zudem Voraussetzung für die Bemessung eines etwa vorweg zu vollziehenden Teils der Freiheitsstrafe (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2013 - 4 StR 60/13, juris Rn. 3 mwN). Die Anordnung der Maßregel kann daher keinen Bestand haben. Da es möglich erscheint, dass ein sachverständig beratener neuer Tatrichter zu der Prognose gelangt, die erforderliche Dauer einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt werde (voraussichtlich) zwei Jahre nicht übersteigen, bedarf die Sache auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Durch die Aufhebung der Anordnung der Maßregel ist zugleich die Anordnung über den Vorwegvollzug gegenstandslos.
Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 439/15
vom
8. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:081215B3STR439.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 8. Dezember 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 26. Juni 2015, soweit es die Angeklagte betrifft , mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) in den Fällen II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe sowie
b) im Strafausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in fünf Fällen und versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zur Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer auf sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Das Urteil hat keinen Bestand, soweit die Angeklagte in den Fällen II. 2.
a) und c) (Fälle 1 und 3) der Urteilsgründe wegen - gemeinschaftlich begangener - besonders schwerer räuberischer Erpressung sowie im Fall II. 2. g) (Fall
6) der Urteilsgründe wegen - jeweils gemeinschaftlich begangener - versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 2 StGB) verurteilt worden ist.
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts überfiel der Mitangeklagte L. in allen Fällen alleine Tankstellen, die zuvor beide Angeklagte gemeinsam danach ausgesucht hatten, dass sich nur eine einzige weibliche Angestellte im Kassenraum befand. Zur Begehung dieser Straftaten hatten sich die beiden Angeklagten aus Geldnot entschlossen; im Tatzeitraum bestritten sie ihren gemeinsamen Lebensbedarf aus der Tatbeute. Der Mitangeklagte L. hatte vor dem ersten Überfall - mit Wissen und Billigung der Angeklagten - einen Gas-/Schreckschussrevolver und Munition erworben, mit der er - wie von beiden Angeklagten von Anfang an geplant - das Tankstellenpersonal bedrohte. Er hatte gleichzeitig ein Pfefferspray gekauft, das nach dem Plan der Angeklagten - falls notwendig - als Gewaltmittel eingesetzt werden sollte. In den Fällen II. 2. b) bis e) (Fälle 2 bis 5) der Urteilsgründe benutzten die Angeklagten für die Fahrten zu den Tatorten und von diesen weg Fahrzeuge, die die Angeklagte auf ihren Namen angemietet hatte. In den Fällen II. 2. b), d) und e) (Fälle 2, 4 und 5) der Urteilsgründe war die Angeklagte bei diesen Fahrten jeweils die Fahrzeugführerin. In den übrigen Fällen (II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe fuhr die Angeklagte hingegen jeweils als Beifahrerin des Mit- angeklagten L. zu den Tatorten mit und wartete in einiger Entfernung von den Tankstellen auf dem Beifahrersitz auf dessen Rückkehr.
4
2. Die Feststellungen zu den Fällen II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe tragen die vom Landgericht hinsichtlich der Erpressungstaten angenommene Mittäterschaft der Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB) nicht.
5
a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft oder Beihilfe anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26).
6
b) Nach diesen Maßstäben begegnet die rechtliche Einordnung der Beteiligung der Angeklagten als Mittäterschaft in den vorbezeichneten drei Fällen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Anders als in den übrigen Fällen, bei denen die Angeklagte den Mitangeklagten L. zum Tatort gebracht, während des Überfalls absprachegemäß auf dem Fahrersitz fluchtbereit auf ihn gewartet und ihn danach mit dem Fahrzeug vom Tatort weggefahren hatte (Fälle 2, 4 und 5), wirkte die Angeklagte in den Fällen 1, 3 und 6 der Urteilsgründe lediglich beim Ausspähen der Tankstellen mit, begleitete den Mitangeklagten L. bei den Fahrten zu den Tatorten und nach den Überfällen von diesen weg als Beifahrerin und wartete während der Taten auf die Rückkehr des in dieser Zeit die Überfälle alleine durchführenden Mitangeklagten.
7
Die Tätigkeit der Angeklagten im Rahmen der Überfälle in den Fällen II. 2. a), c) und g) (Fälle 1, 3 und 6) der Urteilsgründe stellt sich nach dem äußeren Erscheinungsbild inBezug zu den Tatbeiträgen des Mitangeklagten L. als Beteiligungshandlung an dessen Erpressungstaten dar, die für sich weder auf eine Tatherrschaft noch auf einen Willen hierzu schließen lassen. Die Taten beging der Mitangeklagte L. alleine; ihre Ausführung und ihr Erfolg waren nach den Feststellungen in den vorbezeichneten Fällen in jeder Hinsicht dem Einfluss und dem Willen der Angeklagten entzogen. Der vom Landgericht festgestellte gemeinsame Tatentschluss und das auch aus dem Bestreiten des gemeinsamen Lebensbedarfes folgende Interesse der Angeklagten am Gelingen der Überfälle vermag eine andere Beurteilung und die rechtliche Einordnung dieser Tatbeiträge durch das Landgericht nicht zu rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen sein sollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteile vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254 und vom 10. Dezember 2013 - 5 StR 387/13, juris Rn. 10). Ein solcher Beurteilungsspielraum , den das Landgericht im vorliegenden Urteil, das zur Mittäterschaft der Angeklagten keine nähere rechtliche Subsumption oder wertende Betrachtung enthält, ersichtlich nicht ausgefüllt hat, wäre hier jedenfalls überschritten. Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte sei in den Fällen 1, 3 und 6 der Urteilsgründe als Mittäterin der vollendeten bzw. der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung anzusehen, hält der rechtlichen Überprüfung danach nicht stand.
8
c) Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht die Angeklagte im Fall II. 2. g) (Fall 6) der Urteilsgründe - tateinheitlich zur versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung - wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2, § 25 Abs. 2 StGB verurteilt hat. Bei diesem Überfall setzte der Mitangeklagte L. gegen die durch die Bedrohung mit dem Revolver nicht (genügend) beeindruckte Zeugin R. das mitgeführte Pfefferspray ein, verletzte die Tankstellenkassiererin dadurch im Gesicht, im Bereich des Dekolletés sowie an den Unterarmen und fügte ihr erhebliche Schmerzen zu. Während des gesamten Überfalles wartete die Angeklagte (erneut) im Fahrzeug auf dem Beifahrersitz verweilend auf die Rückkehr des Mitangeklagten, der das von den Angeklagten genutzte Fahrzeug vor und nach dem Überfall steuerte.
9
Ob ein Abwesender Mittäter einer gefährlichen Körperverletzung eines anderen ist, richtet sich nach den allgemeinen Regeln der Mittäterschaft, der Anstiftung oder Beihilfe (s. oben 1. b); insoweit gilt daher dasselbe wie auch für den Tatbestand der gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar2015 - 3 StR 233/14, juris Rn. 68, insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 60, 166 mwN).
Nach den Feststellungen leistete die Angeklagte einen wesentlichen Tatbeitrag (auch) zu der - wiederum alleine von dem Mitangeklagten L. ausgeführten - gefährlichen Körperverletzung nicht, sodass - trotz des gemeinsamen Tatplanes der Angeklagten, das Pfefferspray notfalls als Gewaltmittel einzusetzen - die angenommene Mittäterschaft der Angeklagten auch insoweit nicht belegt ist.
10
3. Die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils im vorbezeichneten Umfang führt zum Wegfall der verhängten Jugendstrafe.
11
Die Sache muss zum Schuldspruch in den aufgehobenen Einzelfällen sowie zum Strafausspruch neu verhandelt und entschieden werden.
Becker Hubert Mayer Gericke Spaniol

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 14/17
vom
5. Juli 2017
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
Zur Beteiligung an der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.
BGH, Beschluss vom 5. Juli 2017 - StB 14/17 - Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat
ECLI:DE:BGH:2017:050717BSTB14.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie des Beschuldigten und seiner Verteidiger am 5. Juli 2017 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 8. Mai 2017 aufgehoben. Der Beschuldigte ist aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Beschuldigten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

I.


1
Der Beschuldigte befindet sich auf der Grundlage des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 8. Mai 2017 (Az.: 3 BGs 61/17) seit dem 9. Mai 2017 in Untersuchungshaft.
2
Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte sei dringend verdächtig, in Straßburg, Wien, Frankfurt am Main und anderen Orten gemeinschaftlich handelnd eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben, nämlich eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 StGB oder des § 212 StGB, die nach den Umständen bestimmt und geeignet sei, den Bestand und die Sicherheit des Staates zu beeinträchtigen, indem "ei- ne Waffe beschafft und verwahrt wurde" (§ 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 25 Abs. 2 StGB).
3
Mit der die Annahme eines dringenden Tatverdachts rechtfertigenden Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass den Beschuldigten, den Mitbeschuldigten Franco A. - beide Angehörige der Bundeswehr jeweils im Rang eines Oberleutnants, stationiert bei einer Deutsch-Französischen Brigade in Frankreich - und einen weiteren Mitbeschuldigten eine rechtsextremistische Gesinnung und die Ablehnung der aus ihrer Sicht zu ausländerfreundlichen Politik der Bundesregierung verbinde. Um ihrer politischen Überzeugung Ausdruck zu verleihen, hätten die Beschuldigten zu einem derzeit noch nicht genau bekannten Zeitpunkt im Jahre 2015 den gemeinsamen Tatplan gefasst, einen Angriff auf das Leben hochrangiger Politiker und Personen des öffentlichen Lebens vorzunehmen, die sich für ihr - aus Sicht der Beschuldigten - flüchtlingsfreundliches Engagement besonders auszeichnen. Zum weiteren Vorantreiben ihres Vorhabens hätten sie sich in Österreich eine Pistole verschafft, die zunächst in einem Versteck zwischengelagert worden sei. Als Anschlagsopfer seien Personen vorgesehen gewesen, die auf einer bei dem Beschuldigten aufgefundenen und von ihm gefertigten Namensliste verzeichnet gewesen seien. Die Tat habe durch den Mitbeschuldigten Franco A. ausgeführt werden sollen. Dieser habe sich entsprechend dem gemeinsamen Tatplan die fiktive Identität eines syrischen Flüchtlings verschafft, um die Ermittlungen in Richtung der in Deutschland erfassten Asylbewerber zu lenken. Zu diesem Zweck habe er sich in Kenntnis und mit Unterstützung der weiteren Beschuldigten unter Abgabe seiner Fingerabdrücke als syrischer Flüchtling registrieren lassen, staatliche Leistungen bezogen und das Asylverfahren vollständig durchlaufen. Spätestens am 22. Januar 2017 habe er sich in den Besitz der Schusswaffe gebracht und diese in einer Toilette am Flughafen Wien-Schwechat/Österreich verwahrt, wo sie am 24. Januar 2017 von der österreichischen Polizei entdeckt und sichergestellt worden sei.
4
Gegen diesen Haftbefehl und dessen Invollzugsetzung wendet sich der Beschuldigte mit seiner Beschwerde, welcher der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs nicht abgeholfen hat.

II.


5
Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.
6
Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen besteht kein dringender Tatverdacht dahin, der Beschuldigte habe sich an einer Tat nach § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) oder Gehilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) beteiligt. Auch mit Blick auf sonstige, möglicherweise in Betracht kommende Delikte scheidet die Aufrechterhaltung des Haftbefehls aus. Im Einzelnen :
7
1. a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs - oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, ist aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. aus neuerer Zeit etwa BGH, Beschlüsse vom 21. Februar 2017 - 3 StR 455/16, juris Rn. 4; vom 4. April 2017 - 3 StR 451/16, juris Rn. 7 jew. mwN).
8
b) Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf die Strafbarkeit wegen mittäterschaftlicher Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ist daneben die auf dem Gesetzeszweck beruhende besondere Struktur dieser Norm zu beachten:
9
Der Gesetzgeber hat sich, um die mit § 89a StGB bezweckte Verlagerung der Strafbarkeit in das Vorbereitungsstadium einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (BT-Drucks. 16/12428, S. 1 f., 12) verfassungskonform ausgestalten zu können, betreffend den objektiven Tatbestand einer besonderen Regelungstechnik bedient: Die Tathandlung wird in § 89a Abs. 1 Satz 1 StGB zunächst nur unspezifisch als Vorbereiten einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat umschrieben. Sie wird jedoch sodann durch die abschließende Aufzählung einzelner Tatvarianten in § 89a Abs. 2 Nr. 1 bis 3, Abs. 2a StGB näher eingegrenzt. Nach der Gesetzeskonzeption knüpft die Strafbarkeit somit an konkret umschriebene Vorbereitungshandlungen an, die in Verbindung mit den tatbestandlich vorausgesetzten Beweggründen, die dem Tun des Täters zugrunde liegen, bereits eine - mehr oder weniger große - Gefahr für die genannten Rechtsgüter begründen. Gerade in diesen objektiven Handlungen muss sich der auf die Begehung eines schweren staatsgefährdenden Gewaltdelikts gerichtete Entschluss des Täters manifestieren.
10
Somit begründet § 89a StGB weder eine Strafbarkeit für Personen, die ausschließlich eine der dort genannten objektiven Tathandlungen vornehmen, ohne dass diese auf die Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gerichtet ist, noch für Personen, die diese subjektive Vorstellung haben, ohne sie durch eine der abschließend aufgeführten objektiven Tathandlungen nach außen zu manifestieren. Pönalisiert ist auch nicht die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat durch Handlungen, die nicht in § 89a Abs. 2, 2a StGB enumerativ aufgeführt sind. Unter Strafe gestellt ist vielmehr allein eine rechtsgutsgefährdende Betätigung gerade in der von § 89a Abs. 2, 2a StGB benannten Art und Weise.
11
Deshalb kommt es für die Annahme der Mittäterschaft nicht maßgebend allein darauf an, ob sich die Handlungen des Beschuldigten und diejenigen der Mitbeschuldigten in die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat einfügen. § 89a StGB ist zwar kein eigenhändiges Delikt. Aufgrund der beschriebenen Tatbestandsstruktur ist jedoch auch bei der Mittäterschaft entscheidend , dass die konkrete Straftat, mithin die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gerade durch die Verwirklichung einer der enumerativ aufgeführten Tatvarianten begangen wird. Auf den hiesigen Fall, in dem allein § 89a Abs. 2 Nr. 2 StGB in Betracht kommt, übertragen bedeutet dies, dass die Tatbeiträge der Beschuldigten sich bezüglich des Sichverschaffens oder Verwahrens der Waffe so ergänzen müssten, dass gerade hierauf bezogen die Voraussetzungen der Mittäterschaft gegeben sind.
12
c) Auf der Grundlage des derzeitigen Ermittlungsergebnisses folgt hieraus:
13
aa) Ein Zusammenwirken des Beschuldigten und des Mitbeschuldigten Franco A. während der Tatausführung ist nicht zu erkennen.
14
(1) Es bestehen zurzeit keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte - wie in dem Haftbefehl angenommen - sich die Waffe gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten Franco A. verschaffte, mithin auf irgendeinem Wege die tatsächliche (Mit-)Herrschaftsgewalt über sie herstellte (vgl. S/SSternberg -Lieben, StGB, 29. Aufl., § 89a Rn. 14). Ein Beleg hierfür ist weder in dem angefochtenen Beschluss aufgeführt, noch ist ein solcher ansonsten ersichtlich. Vielmehr kann lediglich angenommen werden, dass der Mitbeschuldigte Franco A. sich auf bisher ungeklärte Weise in den Besitz der Waffe brachte.
15
(2) Es ist derzeit ebenfalls nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Beschuldigte die Waffe verwahrte, mithin sie in Gewahrsam hatte (vgl. S/SSternberg -Lieben aaO). Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Mitbeschuldigte Franco A. sie bei sich trug, als er sich am 22. Januar 2017 in Begleitung des Beschuldigten in dem Gebäude des Flughafens Wien-Schwechat befand. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte sich an dem Verstecken der Pistole beteiligte, etwa indem er einen hierfür geeigneten Ort auskundschaftete, den Mitbeschuldigten Franco A. bei dessen Tätigkeit absicherte o.ä., sind nicht ermittelt. Es kann dahinstehen, ob ausreichend belastbare Indizien für die Annahme vorliegen, der Beschuldigte habe gewusst, dass der Mitbeschuldigte Franco A. die Waffe mit sich führte und auf der Toilette versteckte, sowie dies gebilligt. Denn nach den insoweit allgemein geltenden Maßgaben, von denen abzuweichen kein Anlass besteht, vermag allein die Kenntnis eines Beschuldigten von der Tat eines Mitbeschuldigten und sein Wille, diese als gemeinsame anzusehen, eine Mittäterschaft nicht zu begründen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 - 3 StR 336/15, NStZ-RR 2016, 6, 7; vom 22. März 2017 - 3 StR 475/16, juris Rn. 12). Der Beschuldigte war weiter nicht zugegen, als der Mitbeschuldigte Franco A. einige Tage später die versteckte Waffe wieder an sich nehmen wollte. Belastbare Hinweise darauf, dass er in diesen Vorgang in irgendeiner Weise involviert war, bestehen nicht.
16
bb) Ein zuvor gefasster gemeinsamer Entschluss des Beschuldigten und des Mitbeschuldigten Franco A. zur gleichberechtigten, arbeitsteiligen Deliktsbegehung oder ein Beitrag des Beschuldigten im Vorbereitungsstadium, der so große Bedeutung hat, dass er in (mit-)bestimmender Weise in das Ausführungsstadium hineinwirkte, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
17
Das derzeitige Ermittlungsergebnis bietet insgesamt im Wesentlichen Grund für die Annahme, der Beschuldigte sei mit dem Mitbeschuldigten Franco A. freundschaftlich verbunden, teile dessen politische Gesinnung, habe diesen am 18. Januar 2016 im Dienst mit einer Autopanne entschuldigt, als er unter seiner Legende als Asylbewerber Leistungen in Empfang nahm, habe eine handschriftliche Auflistung gefertigt, auf der Personen des öffentlichen Lebens und politisch links gerichtete Institutionen aufgeführt sind, und habe diese in seiner Wohnung aufbewahrt. Alle diese Tätigkeiten unterfallen zum einen für sich genommen nicht den in § 89a Abs. 2, 2a StGB abschließend aufgeführten Tathandlungen. Sie stehen zum anderen zu dem Sichverschaffen und Verwahren der Waffe durch den Mitbeschuldigten Franco A. nicht in dem für die Annahme einer Mittäterschaft erforderlichen Zusammenhang. Diese Umstände sind somit - unabhängig von ihrem jeweiligen Beweiswert in Bezug auf die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat als solcher - weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit auch mit Blick auf die übrigen Ermittlungsergebnisse geeignet, einen dringenden Verdacht für die (mit-)täterschaftliche Begehung einer Straftat nach § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB durch den Beschuldigten zu begründen.
18
2. Für die Beteiligung in Form der Beihilfe gilt Entsprechendes. Hierfür muss der Gehilfe einen die Haupttat fördernden Beitrag leisten. Im Rahmen des § 89a StGB genügt es nicht, wenn sich diese Unterstützung in irgendeiner Weise auf die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Haupttat bezieht. Vielmehr muss die Haupttat in ihrer konkreten Form, mithin die Verwirklichung einer der konkreten Tatbestandsalternativen des § 89a Abs. 2, 2a StGB, gefördert werden. Dies bedeutet hier, dass der Beschuldigte einen Beitrag zu dem Sichverschaffen oder Verwahren der Waffe durch den Mitbeschuldigten Franco A. hätte leisten müssen. Dies wird durch das bisherige Ermittlungsergebnis nicht belegt. Dieses bietet über die entsprechend geltenden Ausführungen zur Mittäterschaft hinaus insbesondere auch keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte den Mitbeschuldigten Franco A. in dessen Tatentschluss, sich die Waffe zu verschaffen und diese zu verwahren, bestärkte , mithin der psychischen Beihilfe dringend verdächtig ist. Soweit der Beschuldigte im Übrigen etwa den Mitbeschuldigten Franco A. deckte, als dieser Leistungen für Asylbewerber entgegen nahm, scheidet eine Beihilfe zu einer Straftat nach § 89a StGB ebenfalls aus. Denn das Begründen und Aufrechterhalten einer Legende - hier als Asylbewerber - fällt als solches nicht unter den Katalog des § 89a Abs. 2, 2a StGB.
19
3. Es kann offen bleiben, ob der bisher ermittelte Sachverhalt einen dringenden Verdacht für die Begehung sonstiger Delikte, etwa der Nichtanzeige einer Straftat nach § 138 Abs. 2 Nr. 1 StGB (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil vom 10. August 2016 - 2 StR 493/15, juris Rn. 43 mwN) oder der Beihilfe zum Betrug (§§ 263, 27 StGB) durch Förderung der Entgegennahme von Leistungen für Asylbewerber begründet. Mit Blick auf die Bedeutung einer solchen Tat und die insoweit zu erwartende Sanktion wäre hinsichtlich des mit der Inhaftierung verbundenen schweren Eingriffs in die Rechte des Beschuldigten die Anord- nung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft nicht mehr verhältnismäßig (§ 112 Abs. 1 Satz 2 StPO).
20
4. Der Schriftsatz des Generalbundesanwalts vom heutigen Tage hat bei der Entscheidung vorgelegen.
Becker Schäfer Tiemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 129/16
vom
14. Juli 2016
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:140716B3STR129.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 14. Juli 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 23. November 2015, soweit es sie betrifft,
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass die Angeklagte der Beihilfe zur besonders schweren räuberischen Erpressung und der Beihilfe zur räuberischen Erpressung schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Jugendstrafe aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung und wegen räuberischer Erpressung zu der Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der An- geklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung der Angeklagten wegen - jeweils mittäterschaftlich begangener - räuberischer Erpressung (§ 255, § 249 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB) und besonders schwerer räuberischer Erpressung (§ 255, § 250 Abs. 2 Nr. 1, § 25 Abs. 2 StGB) begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
a) Die Angeklagte und der Mitangeklagte waren übereingekommen, ihren gemeinsamen Lebensunterhalt künftig durch Überfälle auf Tankstellen zu bestreiten. Gegenstand des Urteils sind zwei von mehreren in Umsetzung dieses Entschlusses begangene Taten: - Auf der Suche nach einem geeigneten Tatobjekt stießen die Angeklagte und der Mitangeklagte am Abend des 20. März 2014 auf eine Tankstelle in H. . Beim langsamen Vorbeifahren stellten sie fest, dass sich dort nur eine Angestellte aufhielt. Sie hielten die Gelegenheit deshalb für günstig und parkten in der Nähe. Die Angeklagte wartete wie vereinbart im Pkw; der Mitangeklagte begab sich, ausgestattet mit einem Schreckschussrevolver und mit Pfefferspray, in den Verkaufsraum und verlangte von der Angestellten unter Vorzeigen des Revolvers die Herausgabe des Kasseninhalts. Aus Angst packte die Angestellte diesen in eine vom Mitangeklagten mitgebrachte Plastiktüte. Damit kehrte der Mitangeklagte zum Pkw zurück und fuhr zusammen mit der Angeklagten weg.
- Gleichermaßen kamen sie am Abend des 22. März 2014 zu einer Tankstelle in B. , konnten aber beim Vorbeifahren nicht erkennen , wie viele Personen sich dort aufhielten. Sie stellten ihren Pkw auf dem
Parkplatz eines nahe gelegenen Supermarkts ab; während die Angeklagte wiederum im Fahrzeug blieb, beobachtete der Mitangeklagte die Tankstelle zunächst von einem Nachbargrundstück aus. Wegen des Publikumsverkehrs verzichtete er auf die Mitnahme von Revolver und Pfefferspray. Als ihm die Situation günstig erschien, ging der Mitangeklagte in den Verkaufsraum der Tankstelle und forderte von der dort anwesenden Angestellten die Herausgabe von Bargeld. Dabei täuschte er vor, im Besitz einer Schusswaffe zu sein. Aus Angst packte die Angestellte den Kasseninhalt in die ihr hingehaltene Plastiktüte. Wie zuvor begab sich der Mitangeklagte mit der Beute zurück zur Angeklagten und fuhr zusammen mit dieser weg.
4
Die benutzten Fahrzeuge hatte die Angeklagte jeweils auf ihren Namen angemietet. Ob sie diese bei den Taten auch steuerte, konnte das Landgericht nicht feststellen.
5
b) Dies trägt nicht die Annahme von Mittäterschaft der Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB); ihre Tatbeiträge sind vielmehr in beiden Fällen als Beihilfe zu den Taten des Mitangeklagten zu werten (§ 27 Abs. 1 StGB).
6
aa) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft oder Beihilfe anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 17.Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26).
7
bb) Daran gemessen stellt sich die Tätigkeit der Angeklagten nach dem äußeren Erscheinungsbild in Bezug zu den Tatbeiträgen des Mitangeklagten nur als Beihilfe zu dessen Erpressungstaten dar. Die Angeklagte war zwar in die Auswahl und in die Auskundschaftung der Tatobjekte eingebunden, ebenso mietete sie die Tatfahrzeuge in eigenem Namen an. Darin liegen aus objektiver Sicht aber keine Tatbeiträge von einem Gewicht, das den Schluss auf eine Tatherrschaft der Angeklagten oder wenigstens auf ihren Willen dazu tragen könnte. Die Ausführung der Taten oblag allein dem Mitangeklagten und war ebenso wie der Eintritt des Taterfolgs dem Einfluss und dem Willen der Angeklagten in jeder Hinsicht entzogen. Der gemeinsame Tatentschluss und das auch aus dem Bestreiten des gemeinsamen Lebensbedarfs folgende Interesse der Angeklagten am Gelingen der Überfälle vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.
8
c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende , die Annahme von Mittäterschaft tragende Tatbeiträge der Angeklagten festgestellt werden können. Er ändert deshalb den Schuldspruch ent- sprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, denn auch bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Taten hätte sich die Angeklagte nicht wirksamer verteidigen können.
9
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Urteils im Ausspruch über die Jugendstrafe. Die zugehörigen Feststellungen werden von der abweichenden rechtlichen Bewertung der Tatbeiträge der Angeklagten nicht berührt und sind deshalb aufrechtzuerhalten. Der neue Tatrichter kann insoweit ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.
Becker Mayer Gericke Spaniol Tiemann

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt.

(2) Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, gilt das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter

1.
zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist oder
2.
zur Zeit der Tat Ausländer war, im Inland betroffen und, obwohl das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung nach der Art der Tat zuließe, nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen innerhalb angemessener Frist nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist.

Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden.

(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.

(2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 705/08
vom
20. Januar 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Januar 2009 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Heilbronn vom 13. Juni 2008 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§
349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Auch hinsichtlich der rechtsfehlerfrei festgestellten Betrugstaten in den
Fällen 3, 5 und 6 des Urteils ist ein Tatort im Sinne von § 9 StGB in Deutschland
gegeben, so dass auch insoweit das deutsche Strafrecht Anwendung findet
Zwar sind in diesen Fällen die Fahrzeuge nicht in Deutschland, sondern
in Italien oder Spanien in betrügerischer Absicht an gutgläubige Käufer veräußert
worden. Diese Verkäufe wurden indes nach dem gemeinsamen Tatplan
des Angeklagten und des Mitangeklagten R. dadurch vorbereitet, dass der
Mitangeklagte die Fahrzeuge unter Vorlage gefälschter Papiere in Deutschland
zuließ, was nach der Vorstellung des Angeklagten für den späteren Verkauf ein
wesentlicher Gesichtspunkt für die Höhe des Kaufpreises war.
Diesen für die Verwirklichung der Betrugstaten geleisteten Tatbeitrag des
insoweit mittäterschaftlich handelnden Mitangeklagten muss sich der Angeklag-
te zurechnen lassen. Der gemeinschaftliche Angriff auf das geschützte Rechtsgut
im Sinne des § 9 StGB ging daher von jedem Ort aus, an dem ein Mittäter
seinen Tatbeitrag leistete. Dies gilt auch dann, wenn sich das Handeln des einen
Mittäters auf Tatbeiträge beschränkt, die für sich gesehen nur Vorbereitungshandlungen
sind (BGHSt 39, 88, 91).
Die Entscheidung 4 StR 402/00 - nicht 01 - bezieht sich nicht auf diese
Fallgestaltung.
Nack Wahl Kolz
Hebenstreit Elf

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 1 7 8 / 1 3
vom
20. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Urkundenfälschung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Februar
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2013 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug oder Computerbetrug, wegen Computerbetruges sowie wegen versuchten Computerbetruges in fünf Fällen verurteilt ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug oder Computerbetrug, Computerbetruges in zwei Fällen sowie versuchten Computerbetruges in fünf Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
2
Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen versuchte der Angeklagte in zwei Fällen, durch die Einreichung gefälschter Überweisungsträger die jeweiligen Banken zu veranlassen, ohne Wissen der Kontoinhaber Überweisungen auf Fremdkonten vorzunehmen, für die er sich wiederum ohne Wissen ihrer Inhaber EC-Karten und PIN-Nummern verschafft hatte. Er hatte die Absicht, die - nach seiner Vorstellung nach maschineller Bearbeitung - überwiesenen Beträge nach der Gutschrift von den Zielkonten abzuheben und für eigene Zwecke zu verwenden. Die Überweisungen wurden allerdings nicht ausgeführt (Fälle II. 2. a) (1) und (2) der Urteilsgründe). In drei weiteren Fällen versuchte er, an Geldautomaten Gelder abzuheben, die durch Dritte in der beschriebenen Weise auf die jeweiligen Konten überwiesen worden waren. Dies misslang (Fälle II. 2. a) (3), (4) und (5) der Urteilsgründe). Schließlich reichte er am 27. September 2011 bei der Bank fünf mit gefälschter Unterschrift versehene Überweisungsträger zu Lasten des Kontos der Fa. D. e.G. ein, mit denen insgesamt rund 5.000 € auf das Konto eines anderen Kunden überwiesen und dort gutgeschrieben wurden. Ob die Überweisung nach Prüfung durch einen Bankmitarbeiter oder maschineller Überprüfung durchgeführt wurde, konnte nicht festgestellt werden (Fall II. 2. b) (1) der Urteilsgründe). Der Angeklagte beabsichtigte, die Beträge vom Konto des Kunden abzuheben, dessen EC-Karte und PIN er sich auf unbekanntem Wege verschafft hatte. Diesen Entschluss setzte er noch am gleichen Tag um, indem er im Abstand von einer Minute vom selben Geldautomaten einmal 550 € und einmal 450 € abhob (Fälle II. 2. b) (2) und (3) der Urteilsgründe).
3
Das Landgericht hat den Fall II. 2. b) (1) der Urteilsgründe als Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug oder Computerbetrug und die Fälle II. 2. b) (2) und (3) der Urteilsgründe jeweils als Computerbetrug gewertet. Zur Begründung der von ihm angenommenen Tatmehrheit hat es u.a. ausgeführt, dass durch die jeweiligen Taten zwar allein die Bank geschädigt sei. Dennoch sei das Abheben des Geldes keine mitbestrafte Nachtat zu der vorangegangenen manipulierten Überweisung, da hierdurch die zunächst durch das Überweisen verursachte schadensgleiche Vermögensgefährdung der Bank zum Schaden vertieft worden sei.
4
Die Verurteilung wegen versuchten Computerbetruges in den Fällen II. 2. a) (1) bis (5) der Urteilsgründe sowie wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug oder Computerbetrug im Fall II. 2. b) (1) der Urteilsgründe begegnet keinen durchgreifenden sachlichrechtlichen Bedenken. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht auch angenommen, dass die letztgenannte Tat zu dem als Computerbetrug gewerteten nachträglichen Abheben des Geldes in den Fällen II. 2. b) (2) und (3) im Verhältnis der Tatmehrheit steht. Dagegen hält der Schuldspruch wegen zweifachen Computerbetrugs in den Fällen II. 2. b) (2) und (3) der Urteilsgründe rechtlicher Überprüfung nicht stand. Der ausdrücklichen Erörterung bedürfen lediglich die folgenden Gesichtspunkte:
5
1. Die Urteilsgründe belegen nicht, dass der Angeklagte sich in den Fällen II. 2. b) (2) und (3) der Urteilsgründe wegen zweier Fälle des Computerbetruges (§ 263a Abs. 1 StGB) strafbar gemacht hat.
6
a) Nach den Feststellungen hob der Angeklagte mit der auf unbekannte Weise erlangten EC-Karte des Kontoinhabers am gleichen Bankautomaten um 16.52 Uhr 550 € und um 16.53 Uhr 450 € von dem Konto ab, auf dem die nicht autorisierten Überweisungen gutgeschrieben worden waren. Auf dieser Tatsachengrundlage erweist sich die konkurrenzrechtliche Beurteilung der beiden Abhebungen als zwei selbständige Taten als nicht tragfähig. Vielmehr stellen sich die einzelnen, in kurzem zeitlichen Abstand getätigten Zugriffe an ein und demselben Geldautomaten nicht als selbständige Taten, sondern als in natürlicher Handlungseinheit stehende Teile einer einheitlichen Tat nach § 263a Abs. 1 StGB dar (BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2011 - 3 StR 432/10, juris Rn. 19; vom 24. Juli 2012 - 4 StR 193/12, NStZ-RR 2013, 13). Mithin liegt lediglich ein Computerbetrug vor.
7
b) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Dem steht § 265 StPO nicht entgegen, weil der Angeklagte sich gegen den abweichenden Tatvorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
8
c) Damit entfällt eine der beiden Einzelstrafen von 60 Tagessätzen zu je 1 €. Der Gesamtstrafenausspruch hat dennoch Bestand.Die bloße Korrektur des Konkurrenzverhältnisses hat keine Verringerung des Tatunrechts und des Schuldgehalts in seiner Gesamtheit zur Folge (BGH, Beschluss vom 30. März 2004 - 4 StR 529/03, wistra 2004, 417, 418). Der Senat schließt deshalb aus, dass das Landgericht vor dem Hintergrund der verbleibenden Einzelstrafen von einem Jahr und neun Monaten, fünf Mal acht Monaten und 60 Tagessätzen die Gesamtstrafe ohne die Verhängung einer weiteren Einzelstrafe von 60 Tagessätzen milder als geschehen zugemessen hätte (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
9
2. Bei den Fällen II. 2. b) (1) der Urteilsgründe - Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug oder Computerbetrug - einerseits und II. 2. b) (2) und (3) der Urteilsgründe - Computerbetrug - andererseits handelt es sich um zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehende, materiellrechtlich selbständige Straftaten, die insbesondere nicht als mitbestrafte Vor- oder Nachtat hinter die jeweils andere zurücktreten.
10
a) Der durch das Abheben des Geldes verwirklichte Computerbetrug bleibt nicht als mitbestrafte Nachtat straflos.
11
aa) Die mitbestrafte Nachtat ist eine selbständige, den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllende rechtswidrige und schuldhafte Handlung, durch die der Täter den Erfolg der Vortat oder die durch diese erlangte Position sichert, ausnutzt oder verwertet. Sie bleibt straflos, wenn die Bewertung des konkreten Sachverhalts ergibt, dass dieser nachfolgenden, an sich strafbaren Handlung wegen ihres inneren - funktionalen - Zusammenhangs mit der (Vor-) Haupttat kein eigener Unwertgehalt zukommt, so dass auch kein Bedürfnis besteht , sie neben der Haupttat selbständig zu bestrafen. Voraussetzung für die Straflosigkeit der Nachtat ist, dass die Geschädigten der beiden Straftaten identisch sind, die Nachtat kein neues Rechtsgut verletzt und der Schaden qualitativ nicht über das durch die Haupttat verursachte Maß hinaus erweitert wird (BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 - 2 StR 69/07, NStZ 2008, 396 mwN).
12
bb) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die durch das Einreichen gefälschter Überweisungsträger veranlasste Überweisung vom Konto der D. e.G. auf das des anderen Bankkunden führte bei der D. e.G. einen Vermögensschaden im Sinne der §§ 263, 263a StGB herbei. Es kann dahinstehen , ob bereits durch diese Transaktion daneben auch die Bank einen strafrechtlich relevanten Schaden erlitt. Diese wurde jedenfalls (endgültig bzw. vertiefend) durch das unbefugte Abheben des Geldes geschädigt. Ob der betreffende Kontoinhaber beim Abheben des Geldes in der hiesigen Fallkonstellation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass seinem Konto zunächst ein Geldbetrag gutgeschrieben und dieser sodann abgehoben wird, neben der Bank als Geschädigter anzusehen ist, bedarf somit keiner Entscheidung. Im Einzelnen:
13
(1) Mit dem Überweisungsauftrag erhält die Bank den Auftrag, zu Lasten des Girokontos des Überweisenden eine Gutschrift auf einem Empfängerkonto zu bewirken. Bei hausinternen Überweisungen erfolgt dies durch eine bankinterne Verrechnung, bei der der Betrag dem Empfängerkonto gutgeschrieben wird. Das Buchgeld verbleibt dabei, da ein weiteres Kreditinstitut auf Seiten des Empfängers der Gutschrift nicht beteiligt ist, bei der überweisenden Bank (vgl. Trück in Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl., Müller-Gugenberger/Bieneck, § 49 Rn. 43). Zwar erwirbt der Empfänger mit der Gutschrift auf seinem Konto, die ein abstraktes Schuldversprechen begründet, einen Anspruch gegen die Bank auf Auszahlung des Betrages. Doch ist die Bank damit nicht der Gefahr einer zweifachen Forderung - durch den Inhaber des Überweisungskontos wie den des Empfängerkontos - hinsichtlich des selben Betrages ausgesetzt. Denn ihr steht bei Fehlbuchungen nach AGB-Banken Nr. 8 ein Stornorecht zu, das sie ohne Beteiligung des Inhabers des Kontos, dem der Betrag fälschlicherweise gutgeschrieben wurde, ausüben kann; diese Rückbuchung beseitigt den materiellen Anspruch des Kontoinhabers aus dem abstrakten Schuldversprechen (BGH, Beschlüsse vom 8. November 2000 - 5 StR 433/00, BGHSt 46, 196, 201 f.; vom 6. März 2012 - 4 StR 669/11, StV 2012, 407, 408). Durch die nicht autorisierte Überweisung wegen eines möglichen Zugriffs des Täters auf das Zielkonto tritt somit allenfalls eine Vermögensgefährdung für die Bank ein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Oktober 1995 - 1 StR 372/95, NStZ 1996, 203; vom 24. April 2007 - 4 StR 558/06, NStZ-RR 2007, 236 f.; vgl. auch Beschluss vom 6. März 2012 - 4 StR 669/11, StV 2012, 407, 408). Ob diese nach den Vorgaben aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschlüsse vom 10. März 2009 - 2 BvR 1980/07, NJW 2009, 2370; vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., NJW 2010, 3209) bereits einen Schaden im Sinne der Tatbestände des Betrugs bzw. Computerbetrugs darstellt, erscheint zweifelhaft. Einen insoweit relevanten Vermögensschaden erleidet die Bank aber spätestens dann, wenn das Geld - wie vorliegend - vom Täter an einem Geldautomaten vom Empfängerkonto abgehoben wird. Denn das am Geldautomaten abgehobene Bargeld wird aus dem Vermögen des Geldinstituts ausgefolgt ; ein Aufwendungsersatzanspruch gegenüber dem Kontoinhaber hat die Bank bei unberechtigten Abhebungen nicht (BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 - 2 StR 69/07, NStZ 2008, 396, 397).
14
(2) Durch die mittels eines gefälschten Überweisungsträgers veranlasste Überweisung von ihrem Konto entstand (auch) der D. e.G. ein Schaden im Sinne der §§ 263, 263a StGB. Zwar wird das Vermögen des Inhabers des Überweisungskontos durch die Fehlbuchung materiell nicht vermindert, da er seinen Anspruch aus dem Bankguthaben nicht verliert. Daneben kann er jederzeit - unter Einhaltung der Frist des § 676b Abs. 2 BGB - nach § 675u Satz 2 BGB eine Wiederherstellung seines Kontostandes verlangen. Dennoch entsteht ihm in Höhe des überwiesenen Betrages ein faktischer, messbarer wirtschaftlicher Nachteil. Der Inhaber des Überweisungskontos trägt nämlich das Risiko, die Fehlbuchung überhaupt zu bemerken, um eine Wiederherstellung seines Kontostandes verlangen zu können. Bis dahin weist sein Konto einen um den abgebuchten Betrag verminderten Kontostand auf, was - wenn auch nur vorübergehend - seine Bonität berührt und ihn jedenfalls faktisch daran hindert, über diesen Betrag zu disponieren (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 416/12, BGHSt 58, 119, 127). Das "Buchgeld" ist - solange die Wiedergutschrift aussteht - für den Kontoinhaber nicht verfügbar (BGH, Urteil vom 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, NJW 2001, 3190, 3191). Die unberechtigte Kontobelastung kann im weiteren Verlauf auch zu Folgeschäden führen, etwa dadurch, dass die Bank einen begebenen Scheck nicht einlöst, einen Wechsel zu Protest gehen lässt oder eine Überweisung nicht ausführt, so dass sich der Kontoinhaber seinerseits Regressansprüchen ausgesetzt sehen kann (BGH, Urteil vom 10. Juli 2001 - VI ZR 206/00, NJW 2001, 3183, 3184).
15
b) Umgekehrt erweist sich die manipulierte Überweisung des Geldbetrages nicht im Verhältnis zum späteren unbefugten Abheben als mitbestrafte Vortat.
16
Eine straflose mitbestrafte Vortat liegt vor, wenn diese das notwendige oder regelmäßige Mittel zur Haupttat ist. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben ; denn das unbefugte Abheben des Geldes von einem Konto erfordert nicht notwendigerweise oder regelmäßig, dass auf dieses Konto zuvor von einem anderen mittels eines gefälschten Überweisungsträgers ein Geldbetrag überwiesen wurde.
17
c) Da der Angeklagte nach alldem mit der manipulierten Überweisung eine Straftat - jedenfalls auch - zum Nachteil der D. e.G. als Inhaberin des Überweisungskontos und mit dem Abheben des Geldes am Bankautomaten eine weitere Straftat mit einem eigenständigen Unwertgehalt - jedenfalls auch - zum Nachteil der Bank begangen hat, hat er sich wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug oder Computerbetrug (zur Zulässigkeit der Wahlfeststellung zwischen Betrug und Computerbetrug vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2008 - 4 StR 623/07, NStZ 2008, 281, 282) sowie wegen eines nachfolgenden Computerbetruges strafbar gemacht (zum entsprechend zu bewertenden Verhältnis zwischen betrügerischer Scheckeinlösung und nachfolgenden Computerbetrug vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 - 2 StR 69/07, NStZ 2008, 396, 397).
18
3. Der geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt eine Ermäßigung der Gebühr und die Auferlegung eines Teils der Auslagen auf die Staatskasse nach § 473 Abs. 4 StPO nicht.
Schäfer Hubert Mayer
Gericke Spaniol

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch unrichtige Gestaltung des Programms, durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, durch unbefugte Verwendung von Daten oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflußt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 263 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Wer eine Straftat nach Absatz 1 vorbereitet, indem er

1.
Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
2.
Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die zur Begehung einer solchen Tat geeignet sind, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überlässt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 gilt § 149 Abs. 2 und 3 entsprechend.

Im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers gegen diesen keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen. Er ist verpflichtet, dem Zahler den Zahlungsbetrag unverzüglich zu erstatten und, sofern der Betrag einem Zahlungskonto belastet worden ist, dieses Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte. Diese Verpflichtung ist unverzüglich, spätestens jedoch bis zum Ende des Geschäftstags zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem dem Zahlungsdienstleister angezeigt wurde, dass der Zahlungsvorgang nicht autorisiert ist, oder er auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. Hat der Zahlungsdienstleister einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Zahlers vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat der Zahlungsdienstleister seine Verpflichtung aus Satz 2 unverzüglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt. Wurde der Zahlungsvorgang über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so treffen die Pflichten aus den Sätzen 2 bis 4 den kontoführenden Zahlungsdienstleister.

(1) Durch einen Einzelzahlungsvertrag wird der Zahlungsdienstleister verpflichtet, für die Person, die einen Zahlungsdienst als Zahler, Zahlungsempfänger oder in beiden Eigenschaften in Anspruch nimmt (Zahlungsdienstnutzer), einen Zahlungsvorgang auszuführen.

(2) Durch einen Zahlungsdiensterahmenvertrag wird der Zahlungsdienstleister verpflichtet, für den Zahlungsdienstnutzer einzelne und aufeinander folgende Zahlungsvorgänge auszuführen sowie gegebenenfalls für den Zahlungsdienstnutzer ein auf dessen Namen oder die Namen mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Zahlungskonto zu führen. Ein Zahlungsdiensterahmenvertrag kann auch Bestandteil eines sonstigen Vertrags sein oder mit einem anderen Vertrag zusammenhängen.

(3) Der Zahlungsdienstnutzer ist berechtigt, einen Zahlungsauslösedienst oder einen Kontoinformationsdienst zu nutzen, es sei denn, das Zahlungskonto des Zahlungsdienstnutzers ist für diesen nicht online zugänglich. Der kontoführende Zahlungsdienstleister darf die Nutzung dieser Dienste durch den Zahlungsdienstnutzer nicht davon abhängig machen, dass der Zahlungsauslösedienstleister oder der Kontoinformationsdienstleister zu diesem Zweck einen Vertrag mit dem kontoführenden Zahlungsdienstleister abschließt.

(4) Zahlungsvorgang ist jede Bereitstellung, Übermittlung oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger. Zahlungsauftrag ist jeder Auftrag, den ein Zahler seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs entweder unmittelbar oder mittelbar über einen Zahlungsauslösedienstleister oder den Zahlungsempfänger erteilt.

(5) Der Zahlungsdienstnutzer ist verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister das für die Erbringung eines Zahlungsdienstes vereinbarte Entgelt zu entrichten. Für die Erfüllung von Nebenpflichten nach diesem Untertitel hat der Zahlungsdienstleister nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt, sofern dies zugelassen und zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart worden ist; dieses Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein.

(6) In einem Zahlungsdiensterahmenvertrag zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister darf das Recht des Zahlungsempfängers, dem Zahler für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments eine Ermäßigung oder einen anderweitigen Anreiz anzubieten, nicht ausgeschlossen werden.

Im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers gegen diesen keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen. Er ist verpflichtet, dem Zahler den Zahlungsbetrag unverzüglich zu erstatten und, sofern der Betrag einem Zahlungskonto belastet worden ist, dieses Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte. Diese Verpflichtung ist unverzüglich, spätestens jedoch bis zum Ende des Geschäftstags zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem dem Zahlungsdienstleister angezeigt wurde, dass der Zahlungsvorgang nicht autorisiert ist, oder er auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. Hat der Zahlungsdienstleister einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Zahlers vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat der Zahlungsdienstleister seine Verpflichtung aus Satz 2 unverzüglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt. Wurde der Zahlungsvorgang über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so treffen die Pflichten aus den Sätzen 2 bis 4 den kontoführenden Zahlungsdienstleister.