Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Aug. 2009 - 3 StR 291/09
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, eine Verfallsentscheidung getroffen und die Einziehung der "sichergestellten Betäubungsmittel, Streckmittel, Betäubungsmittelutensilien und der in der Anklageschrift unter VI aufgeführten sonstigen Gegenstände" angeordnet. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat lediglich zum Ausspruch über die Einziehung Erfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Die Einziehungsanordnung kann nicht bestehen bleiben; denn die Strafkammer hat die Einziehungsgegenstände nicht ausreichend konkret bezeichnet. Nach ständiger Rechtsprechung müssen einzuziehende Gegenstände so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsorganen Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht. Dies kann bei umfangreichem Material in einer besonderen Anlage zum Urteilstenor erfolgen. Die Bezugnahme auf die Anklageschrift oder ein Asservatenverzeichnis genügt jedoch nicht (vgl. BGHR StGB § 74 Abs. 1 Urteilsformel 1; BGH NJW 1994, 1421, 1423; Beschl. vom 28. November 2006 - 4 StR 404/06; StraFo 2008, 302; vgl. auch Fischer, StGB 52. Aufl. § 74 Rdn. 21 m. w. N.). Der Senat kann hier die Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände nicht in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nachholen, weil die erforderlichen Angaben jedenfalls nicht vollständig in den Urteilsgründen enthalten sind. Im Übrigen erscheint es bei einem Teil der in der Anlage VI zur Anklageschrift aufgeführten Gegenstände zweifelhaft, ob die sachlichrechtlichen Einziehungsvoraussetzungen vorliegen. Der Senat hebt deshalb die Einziehungsentscheidung insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht die Möglichkeit zu geben, über die Einziehung einheitlich in der gebotenen Form unter Beachtung der materiellen Voraussetzungen neu zu entscheiden.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.
(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.
(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.
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a) dahin ergänzt und neu gefasst, dass 374,57 Gramm Heroingemisch (Asservat 270-01), 14,37 Gramm Streckmittel (Asservat 270-02), 150,23 Gramm Heroingemisch (Asservat 270-03), 0,86 Gramm Kokain (Asservat 270-04), 296,18 Gramm Heroingemisch (Asservat 270-05), 296,68 Gramm Streckmittel (Asservat 270-06) und das bei dem Angeklagten S. sichergestellte Handy der Marke Nokia (Asservatenliste 5702/05) eingezogen werden,
b) mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Einziehung von Gegenständen "gemäß Asservatenlisten Nr. 6368/05 und 5689/05" angeordnet worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten des "unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 3 Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und eines weiteren Falles des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer halbautomatischen Selbstladewaffe mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm" schuldig gesprochen. Es hat die Angeklagten jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt, den Verfall des Wertersatzes "in Höhe eines Betrages von jeweils 5.000 €" sowie den Verfall der beim Angeklagten K. sichergestellten 6.040 € sowie der in der Garage aufgefundenen 3.500 € angeordnet. Des Weiteren hat es die Einziehung folgender "bei den Angeklagten sichergestellter Gegenstände" angeordnet: "Asservate 270-01 bis 270-06 gemäß dem Wirkstoffgutachten des Prof. Dr. B. vom 26.10.2005, - Handy Nokia (Asservatenliste 5702/05), - Gegenstände gemäß Asservatenliste Nr. 6368/05 und 5689/05."
- 2
- Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat nur zum Ausspruch über die Einziehung in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 3
- Ist die Einziehung von Gegenständen anzuordnen, sind die einzuziehenden Gegenstände in der Urteilsformel oder, sofern es sich um eine Vielzahl von Gegenständen handelt, jedenfalls in einer Anlage hierzu (vgl. BGHSt 9, 88, 90) so konkret zu bezeichnen, dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung geschaffen ist (st. Rspr.; vgl.
- 4
- Keinen Bestand haben kann dagegen die Anordnung der Einziehung der "Gegenstände gemäß Asservatenliste Nr. 6368/05 und 5689/05", weil diese Gegenstände auch in den Urteilsgründen nicht näher bezeichnet worden sind, so dass dem Senat eine rechtliche Nachprüfung der insoweit ebenfalls auf § 74 StGB gestützten Einziehungsanordnung nicht möglich ist. Insoweit bedarf die Sache daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanović Ernemann
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.