Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2015 - 3 StR 551/14

bei uns veröffentlicht am20.01.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 5 5 1 / 1 4
vom
20. Januar 2015
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Eine geheimdienstliche Agententätigkeit wird nicht ohne Weiteres im Sinne des
§ 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB "gegen die Bundesrepublik Deutschland" ausgeübt,
wenn die Ausforschungsbemühungen sich gegen Mitglieder oder Unterstützer
einer durch die Europäische Union gelisteten ausländischen terroristischen
Vereinigung richten, insbesondere gegen Führungsmitglieder, die mit internationalem
Haftbefehl gesucht werden.
BGH, Beschluss vom 20. Januar 2015 - 3 StR 551/14 - OLG Koblenz
in der Strafsache
gegen
wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
20. Januar 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 21. Juli 2014 im Strafausspruch aufgehoben ; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an einen anderen Strafsenat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision hat zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
2
Nach den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen verübten seit Beginn der 1980er Jahre extremistische Angehörige der Glaubensgemeinschaft der Sikhs terroristische Anschläge gegen indische Einrichtungen und deren Repräsentanten mit dem Ziel, durch den Einsatz gewalttätiger Mittel ei- nen unabhängigen Staat namens "Khalistan" ("Land der Reinen") zu bilden. Die Anhänger der militanten "Khalistan-Bewegung" sind in mehreren Gruppierungen organisiert, darunter die "Babbar Khalsa" (im Folgenden: BK), deren Auslandsorganisation "Babbar Khalsa International" (im Folgenden: BKI) sowie die "International Sikh Youth Federation" (im Folgenden: ISYF). Die BKI und die ISYF sind von der Europäischen Union als terroristische Organisationen gelistet. Der Angeklagte stand von November 2012 bis März 2013 in Kontakt mit einem inoffiziell in Deutschland operierenden Führungsoffizier des indischen Inlandsgeheimdienstes "Intelligence Bureau" (im Folgenden: IB). Er erklärte sich bereit, für den IB als nachrichtendienstlicher Informant tätig zu werden und berichtete dem Führungsoffizier in mehreren Telefonaten über auch in Deutschland aufenthältige indische Staatsangehörige oder Personen indischer Herkunft und gegebenenfalls über deren Zugehörigkeit zu Organisationen, vorrangig aus dem Bereich der extremistischen Sikhs. Der Führungsoffizier beauftragte den Angeklagten insbesondere, Informationen über eine namentlich benannte Person einzuholen, die von den indischen Sicherheitsbehörden wegen terroristischer und krimineller Delikte mit einem internationalen Haftbefehl gesucht wird. Diese Person soll sich einer Waffenausbildung unterzogen haben und zum Führungskader der BK gehören. Seine Ehefrau soll sich mit zwei gemeinsamen Kindern seit Dezember 2012 in Deutschland aufhalten. In Erfüllung dieses Auftrags beschaffte der Angeklagte Informationen über die genannte Person sowie deren Familienmitglieder und gab die gewonnenen Erkenntnisse in zwei Telefongesprächen an den Führungsoffizier weiter.
3
Das Oberlandesgericht hat die Tätigkeit des Angeklagten ohne Einschränkung als geheimdienstliche Agententätigkeit (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB) gewertet. Der Angeklagte sei funktionell in die Ausforschungsbemühungen des Geheimdienstes einer fremden Macht eingegliedert und seine Tätigkeit insge- samt gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet gewesen. Auch wenn einige der von dem Führungsoffizier benannten und von dem Angeklagten ausgeforschten Organisationen in der Europäischen Union als terroristische Vereinigungen gelistet seien und ein Teil der Personen, denen der Angeklagte nachgeforscht habe, diesen Vereinigungen zuzurechnen sei, bestehe ein Interesse der Bundesrepublik Deutschland, von derartigen Personen und Organisationen ausgehende Gefahren unter Ausübung eigener Staatsgewalt abzuwehren. Demgegenüber habe der Angeklagte die Informationen unter Umgehung der in Deutschland geltenden Rechtshilferegeln weiter gegeben. Im Rahmen der Strafzumessung hat es zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt , dass die Tätigkeit des Angeklagten auch Organisationen und Personen in Deutschland betroffen habe, an deren Aufklärung der indische Staat auch nach europäischer Rechtslage ein anerkennenswertes Interesse besitze und der Schaden für die Integrität der Bundesrepublik Deutschland vor diesem Hintergrund nicht als hoch zu veranschlagen sei.
4
1. Der Schuldspruch hält im Ergebnis sachlichrechtlicher Prüfung stand. Die Tätigkeit des Angeklagten war allerdings nicht im Sinne des § 99 Abs. 1 Nr. 1 StGB gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet und somit nicht tatbestandsmäßig, soweit sie die Mitglieder der von der Europäischen Union als terroristisch gelisteten Organisationen, insbesondere das mit internationalem Haftbefehl gesuchte, namentlich benannte Führungsmitglied der BK betraf; denn im Rahmen der bei der Prüfung des genannten Tatbestandsmerkmals anzustellenden Gesamtbetrachtung erlangt auch der Gesichtspunkt Bedeutung, ob die Ausforschung des Betroffenen gerade vor dem Hintergrund seines eigenen Verhaltens den Interessen der Bundesrepublik Deutschland widerspricht. Aufgrund des demnach geringeren Unrechts- und Schuldgehalts der Tat kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben. Im Einzelnen:
5
a) Der Senat hält im Grundsatz an seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung fest, wonach das Tatbestandsmerkmal "gegen die Bundesrepublik Deutschland" nicht eng im Sinne eines unmittelbar gegen den Bestand der Bundesrepublik oder gegen ihre staatlichen Institutionen gerichteten Handelns zu verstehen ist; vielmehr genügt eine Tätigkeit gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Es reicht aus, wenn staatliche Belange zumindest mittelbar berührt sind und die Bundesrepublik Deutschland in ihrer funktionalen Stellung als politische Macht betroffen ist. Dies ist in der Regel auch dann der Fall, wenn die Spionagetätigkeit sich gegen Ausländerorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland oder sonst gegen hier lebende Ausländer richtet (st. Rspr. seit BGH, Beschluss vom 22. September 1980 - StB 25/80, BGHSt 29, 325; vgl. auch KG, Urteil vom 8. Mai 2008 - (1) 3 StE 1/08 - 2 (4/08), juris Rn. 35 ff.; KG, Urteil vom 12. Januar 2011 - (1) 3 StE 5/10-2 (7/10); OLG Celle, Urteil vom 20. April 2011 - 3 StE 1/11). Tatbestandsmäßig sind deshalb regelmäßig Ausforschungen, von denen Personen betroffen werden, denen ein Asylrecht zusteht, oder die sich gegen Exilanten oder deren Organisationen richten, die sich unter dem Schutz des Art. 5 GG in Deutschland in legaler Weise politisch betätigen, ohne dass es darauf ankommt, ob die ausgespähten Personen "im Lager" der Bundesrepublik Deutschland stehen (KG, Urteil vom 8. November 2007 - (1) 3 StE 2/07 - (5/07), NStZ 2008, 573; aA noch KG, Urteil vom 29. September 2003 - (2) 3 StE 1/03-1 (3/03), NStZ 2004, 209). Denn solche Ausforschungen sind in der Regel dazu geeignet, bei den Betroffenen Angst vor Repressionen auszulösen und so den ihnen zustehenden Freiraum für politisches und gesellschaftliches Engagement einzuengen [KG, Urteil vom 12. Januar 2011 - (1) 3 StE 5/10-2 (7/10)]. Dies läuft den Interessen der Bundesrepublik Deutschland zuwider, die gehalten ist, den hier unter dem Schutz des Grundgesetzes lebenden und sich betätigenden Ausländern diesen Schutz auch zu gewähren.
6
b) Die bisherige Rechtsprechung bedarf allerdings der einschränkenden Präzisierung dahin, dass eine geheimdienstliche Agententätigkeit nicht - jedenfalls nicht ohne Weiteres - im Sinne des § 99 Abs. 1 StGB gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist, wenn sie Mitglieder oder Unterstützer von durch die Europäische Union gelisteten ausländischen terroristischen Vereinigungen, insbesondere mit internationalem Haftbefehl gesuchte Führungsmitglieder, betrifft. Dies folgt aus dem am Wortsinn, an Sinn und Zweck sowie der Historie der Vorschrift ausgerichteten Verständnis des Tatbestandsmerkmals. Hierzu gilt:
7
aa) Bereits der Wortsinn des Tatbestandsmerkmals "gegen die Bundesrepublik Deutschland" lässt eine Auslegung nicht zu, die auf einen inhaltlichen Antagonismus der Spionagetätigkeit zu den staatlichen Interessen der Bundesrepublik Deutschland verzichtet. Das Tatbestandsmerkmal "gegen" kennzeichnet - soweit im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung - nach seinem Wortsinn die Ausrichtung, die Hinwendung oder die Zielrichtung und dient dazu, einen Gegensatz, einen Widerstand oder eine Abneigung zu bezeichnen (Duden, Das Bedeutungswörterbuch, 4. Aufl., 2010). Auch wenn die Interpretation der Norm nicht an diesem engen Wortsinn haften bleiben darf, sondern daneben die Historie sowie Sinn und Zweck der Vorschrift in den Blick zu nehmen hat, so markiert im Bereich des materiellen Strafrechts der grundsätzlich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch der Gegenwart zu bestimmende mögliche Wortsinn des Gesetzes doch die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Auslegung (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 18. September 2006 - 2 BvR 2126/05, NJW 2007, 1193; BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2006 - 1 StR 384/06, NJW 2007, 524, 525). Diese Grenze wäre jedenfalls bei einem Verständnis der Norm überschritten, bei dem letztlich allein maßgebend wäre, dass die Spionagetätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt wurde, mithin der räumliche Bezug zu deren Staatsgebiet ausreichen würde.
8
bb) Der Wille des Gesetzgebers spricht ebenfalls nicht für eine ausnahmslose Erfassung aller geheimdienstlichen Aktivitäten gegen Ausländer auf deutschem Boden. Die heutige Fassung der Norm beruht in dem hier relevanten Bereich auf der Neugestaltung der Vorschrift durch das Achte Strafrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1968 (BGBl. I S. 741). Durch dieses wurde die zuvor auf Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland aus bestimmten Sachbereichen ausgerichtete Beschränkung des Tatbestands aufgegeben und durch das Merkmal "gegen die Bundesrepublik Deutschland" ersetzt. Der Gesetzgeber wollte damit einen zentralen, bewusst weit gefassten Spionagetatbestand als wirksames Instrument zur Abwehr fremder Agententätigkeiten schaffen , der nicht mehr an den Begriff des Staatsgeheimnisses anknüpft, sondern im Ausgangspunkt darauf abzielt, die gesamte Spionagetätigkeit fremder Geheimdienste zu erfassen, ohne zunächst auf die Natur der Informationen abzustellen , auf die die Spionagetätigkeit gerichtet ist. Die Vorschrift wurde vom Gesetzgeber bewusst weit gefasst, um alle nachrichtendienstlichen Bestrebungen zu erfassen, gleichgültig, ob sie unmittelbar oder mittelbar deutsche Interessen gefährden, ob sie auf die Abklärung politischer, wirtschaftlicher oder technischer Verhältnisse abzielen (BGH, Urteil vom 21. April 1983 - 3 StR 80/83, BGHSt 31, 317, 322 f.; Beschluss vom 22. Dezember 2004 - 3 BGs 191/04 - 3 BJs 29/03-4, NStZ 2006, 160). Ausweislich der Gesetzesmaterialien sollte das Merkmal "gegen die Bundesrepublik Deutschland" allerdings eine gewichtige Begrenzung dieses so erweiterten Tatbestands darstellen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2012 - AK 10 und 11/12, juris Rn. 13). Dieser umfasst nicht schrankenlos das allgemeine Interesse der Bundesrepublik Deutschland am Unterbleiben jeglicher Operationen fremder Geheimdienste auf ihrem Ge- biet (LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 99 Rn. 8). Vielmehr sollten nur die geheimdienstlichen Operationen fremder Mächte erfasst sein, die sich gegen die Bundesrepublik Deutschland als Zielland richten und ihre Interessen beeinträchtigen. Nach den Gesetzesmaterialien ist dies in der Regel nicht der Fall, wenn ein fremder Geheimdienst nur gegen Angehörige des eigenen Landes oder gegen dritte Länder tätig werde (BT-Drucks. V/2860, S. 23). Damit sollte nach dem Willen des Gesetzgebers insbesondere nicht jegliches Interesse, das die Bundesrepublik Deutschland auch an Angelegenheiten fremder Staaten hat, als Schutzobjekt des § 99 StGB in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1983 - 3 StR 312/83, BGHSt 32, 104, 107). Auch genügt es nicht allein, dass der fremde Nachrichtendienst ohne Kooperation mit den bzw. Abdeckung der zuständigen deutschen Stellen operiert (Lampe NStZ 2004, 210, 211; MüKoStGB/Lampe/Hegmann, 2. Aufl., § 99 Rn. 18); denn dies würde dazu führen, dass letztlich jede Agententätigkeit eines fremden Geheimdienstes, die nicht mit den deutschen Diensten koordiniert wäre, von der Strafvorschrift erfasst wäre. Damit würde dem Merkmal "gegen die Bundesrepublik Deutschland" wider der gesetzgeberischen Intention der wesentliche, Schranken setzende Sinngehalt genommen.
9
Der Senat hat allerdings in der Folgezeit in praktischer Umkehrung dieses vom Gesetzgeber intendierten Regel-Ausnahme-Verhältnisses dahin erkannt , dass der Tatbestand des § 99 Abs. 1 StGB von denkbaren seltenen Ausnahmefällen abgesehen auch dann erfüllt sei, wenn die geheimdienstliche Agententätigkeit sich gegen Ausländerorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland oder sonst gegen hier lebende Ausländer richte (BGH, Beschluss vom 22. September 1980 - StB 25/80, BGHSt 29, 325, 327 ff.). Danach sollte genügen, dass das allgemeine Interesse der Bundesrepublik Deutschland an der Abwehr der Spionagetätigkeit fremder Geheimdienste berührt wurde, so- weit diese auf die umfassende Ausforschung aller in den Bereich der Bundesrepublik Deutschland einbezogenen Angelegenheiten ausgerichtet war (BGH aaO, BGHSt 29, 325, 331). Gerade vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass dieser, vom Bundesverfassungsgericht als mit dem Grundgesetz vereinbar angesehenen (BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1981 - 2 BvR 215/81, BVerfGE 57, 250, 267 ff.) Würdigung - jedenfalls auch - die Bewertung der spezifischen, durch die politische Zweiteilung der Welt in Europa geprägten Verhältnisse und die damit einhergehende Erkenntnis zugrunde lag, dass die Ausspähung ausländischer Gruppierungen regelmäßig Teil eines operativen Gesamtkonzepts vor allem der Nachrichtendienste der osteuropäischen Länder war, das darauf gerichtet war, das gesamte Potential des Ziellands Bundesrepublik Deutschland zu erfassen (BGH aaO, 328 f.; Lampe, NStZ 2004, 210, 211; LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., Vor § 93 Rn. 3; MüKoStGB/Lampe/Hegmann, 2. Aufl., § 99 Rn. 18). Sie kann deshalb nicht ohne Weiteres in vollem Umfang auf die heutigen Verhältnisse übertragen werden. Diese sind im hier interessierenden Bereich unter anderem wesentlich dadurch geprägt, dass in der Bundesrepublik Deutschland ausländische Organisationen tätig sind, die terroristische Ziele verfolgen, welche den Interessen der Bundesrepublik Deutschland eindeutig widerstreiten. Mit der Einführung des § 129b StGB hat der Gesetzgeber zudem eine Wertentscheidung getroffen und deutlich gemacht, dass Tätigkeiten zu Gunsten einer solchen Gruppierung, welche die Voraussetzungen einer Vereinigung erfüllt, sei es in der Form des Gründens, der Beteiligung als Mitglied, des Unterstützens oder des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer, nach den hier geltenden Wertmaßstäben im materiellen Sinne strafbares Unrecht darstellen. Hiermit ist es nicht vereinbar, wenn die geheimdienstliche Tätigkeit eines Agenten, der eine solche Vereinigung in der Bundesrepublik Deutschland ausspäht, ohne Weiteres regelmäßig als gegen die Interessen der Bundesre- publik Deutschland gerichtet bewertet wird (vgl. KG, Urteil vom 29. September 2003 - (2) 3 StE 1/03-1 (3/03), NStZ 2004, 209, 210).
10
cc) Eine solche Betrachtungsweise stünde auch mit Sinn und Zweck der Vorschrift nicht im Einklang. Diese gehen dahin, dazu beizutragen, der Bundesrepublik Deutschland den Freiraum zu sichern, den sie benötigt, um sich in den Gegenläufigkeiten der internationalen Politik möglichst ungehindert und wirksam bewegen zu können, ihre eigenen politischen Vorstellungen zum Tragen zu bringen und so die Grundlage zu gewährleisten, auf der sich freiheitliche Demokratie mit ihren Grundrechtsgarantien verwirklichen und weiterentwickeln lässt (BVerfG aaO, BVerfGE 57, 250, 268 f.; Beschluss vom 15. Mai 1995 - 2 BvL 19/91 u.a., BVerfGE 92, 277, 317 f.). Diese Zwecksetzung ist zwar einerseits weit gefasst, steht aber andererseits doch einer pauschalisierenden Auslegung entgegen, die sich auch im Grenzbereich des Wortlauts der Norm in einem theoretisch-abstrahierenden Verständnis erschöpft, ohne die Besonderheiten des Einzelfalles in wertender Betrachtung in die Beurteilung mit einzubeziehen. Für die hier in Rede stehende Ausforschung von Ausländern oder ihrer Organisationen in Deutschland kann daher nicht davon abgesehen werden, auch die konkreten Hintergründe und Ziele der Ausspähungsbemühungen in den Blick zu nehmen und diesen auch darauf zu richten, ob sich das Vorgehen des Agenten in der spezifischen konspirativen Vorgehensweise einer geheimdienstlichen Tätigkeit erschöpft oder ob er darüber hinaus zu Mitteln greift, die sich auch unabhängig von der nachrichtendienstlichen Betätigung als Verstoß gegen die deutsche Rechtsordnung, insbesondere als strafbar erweisen. Richtet sich die Ausforschung gegen eine ausländische terroristische Vereinigung oder eines ihrer Mitglieder oder Unterstützer, so darf darüber hinaus nicht unberücksichtigt bleiben, dass hiermit gerade ein Zweck verfolgt wird, dessen Erfüllung auch der Bundesrepublik Deutschland durch internationale, insbe- sondere europarechtliche Vorgaben (vgl. aus neuerer Zeit etwa den Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28. November 2008, ABl. EU 2008 Nr. L 330 S. 21) obliegt.
11
dd) Danach handelte der Angeklagte zwar gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland, soweit seine Ausforschungsbemühungen bloße Sympathisanten der gelisteten Organisationen, Familienangehörige des mit Haftbefehl gesuchten Führungsmitglieds der BK sowie gänzlich unbeteiligte Dritte betrafen. Demgegenüber erfüllte die Tätigkeit des Angeklagten jedoch nicht die Voraussetzungen des § 99 StGB, soweit sie darin bestand, Informationen über die gelisteten Organisationen, deren Mitglieder und Unterstützer sowie insbesondere das mit internationalem Haftbefehl gesuchte Führungsmitglied der BK zu beschaffen und weiterzuleiten; insoweit belegen die Feststellungen ein Handeln gegen die Bundesrepublik Deutschland nicht.
12
ee) Im vorliegenden Fall bedarf es keiner näheren Betrachtung, ob das Tatbestandsmerkmal "gegen die Bundesrepublik Deutschland" auch bei Ausforschungen von Mitgliedern oder Unterstützern ausländischer terroristischer Vereinigungen erfüllt sein kann, etwa wenn die deutsche Souveränität in gravierender Weise missachtet wird (Lampe NStZ 2004, 210, 212), operative Methoden praktiziert werden, die mit den Grundwerten der Verfassung kollidieren (MüKoStGB/Lampe/Hegmann, 2. Aufl., § 99 Rn. 18), oder eine zumindest abstrakte Gefahr dafür besteht, dass die gewonnenen Erkenntnisse in einer Weise genutzt werden, die den Kern- und Wesensgehalt der nach den Maßgaben des Grundgesetzes schutzwürdigen Belange der Betroffenen beeinträchtigen. Soweit das Oberlandesgericht in den Erwägungen zur rechtlichen Würdigung ausgeführt hat, der Zweck der Informationsweitergabe sei unklar und nicht ausschließbar allein auf die Abwehr verbrecherischer Bestrebungen gerichtet ge- wesen, bieten die getroffenen Feststellungen hierfür keinen näheren Anhaltspunkt.
13
c) Somit kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben; denn das Oberlandesgericht ist von einem zu hohen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat ausgegangen. Es hat auf der Grundlage seiner rechtlichen Bewertung zwar strafmildernd berücksichtigt, dass die Tätigkeit des Angeklagten auch Organisationen und Personen in Deutschland betroffen habe, an deren Aufklärung der indische Staat auch nach europäischer Rechtslage ein anerkennenswertes Interesse besitze, so dass der Schaden für die Integrität der Bundesrepublik Deutschland vor diesem Hintergrund nicht als hoch zu veranschlagen sei. Nach den dargelegten Maßstäben hätte das Tatgericht indes bei der Ermittlung des Unrechts- und Schuldumfangs die Aufklärungsbemühungen des Angeklagten gegen die terroristische Vereinigung bzw. den mit Haftbefehl Gesuchten außer Betracht lassen müssen. Es ist nicht auszuschließen, dass das Oberlandesgericht in diesem Fall auf eine geringere Strafe erkannt hätte.
14
2. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
Becker Pfister Schäfer Gericke Spaniol

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Jan. 2015 - 3 StR 551/14

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Strafgesetzbuch - StGB | § 129b Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung


(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausg
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(1) Wer

1.
für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder
2.
gegenüber dem Geheimdienst einer fremden Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 94 oder § 96 Abs. 1, in § 97a oder in § 97b in Verbindung mit § 94 oder § 96 Abs. 1 mit Strafe bedroht ist.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er

1.
eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung solcher Geheimnisse besonders verpflichtet, oder
2.
durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.

(3) § 98 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer

1.
für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder
2.
gegenüber dem Geheimdienst einer fremden Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 94 oder § 96 Abs. 1, in § 97a oder in § 97b in Verbindung mit § 94 oder § 96 Abs. 1 mit Strafe bedroht ist.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er

1.
eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung solcher Geheimnisse besonders verpflichtet, oder
2.
durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.

(3) § 98 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Wer

1.
für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder
2.
gegenüber dem Geheimdienst einer fremden Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 94 oder § 96 Abs. 1, in § 97a oder in § 97b in Verbindung mit § 94 oder § 96 Abs. 1 mit Strafe bedroht ist.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er

1.
eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung solcher Geheimnisse besonders verpflichtet, oder
2.
durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.

(3) § 98 Abs. 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 384/06
vom
25. Oktober 2006
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2006 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Bamberg vom 11. April 2006 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt und den Verfall von 75.000 € angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
1. Nach den Urteilsfeststellungen erwarb der Angeklagte als Betreiber des Ladengeschäfts "S. " von Anfang des Jahres 2001 bis Mitte des Jahres 2004 in acht Fällen von einem oder mehreren unbekannten Lieferanten zwischen 8,0 und 22,7 kg psilocybin- und psilocinhaltige Pilze mit einem Wirkstoffgehalt von 0,08% Psilocin. Er veräußerte die Pilze anschließend gewinnbringend an gewerbliche und nichtgewerbliche Abnehmer, nachdem er sie – trotz ihres unangenehmen fischigen Geruchs – in "Duftdosen" und "Duftkissen" gefüllt hatte, um ihre Bestimmung für den Konsum zu verschleiern. Der Angeklagte erkannte die Strafbarkeit seines Verhaltens.
3
2. Unter Berufung auf das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 15. März 2006 – 1 Ss 341/05 (NStZ-RR 2006, 218) macht die Revision geltend, dass psilocybin- und psilocinhaltige Pilze nicht dem Anwendungsbereich des BtMG unterfielen. Bei den Pilzen habe es sich nicht um Pflanzen oder Pflanzenteile im Sinne der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG in den im Tatzeitraum geltenden Fassungen und somit nicht um ein Betäubungsmittel im Sinne des BtMG gehandelt. Die Bedeutung des Wortes "Pflanze" habe sich gewandelt. Der allgemeine Sprachgebrauch gehe heute – und auch schon bei Beginn der Tathandlungen – dahin, dass Pilze nicht zu den Pflanzen gehörten, vielmehr eine Organismusgruppe sui generis bildeten. Es müsse nämlich "davon ausgegangen werden, dass es insbesondere unter den Angehörigen jüngerer Generation unzählige strafmündige Bürger (gebe) …, denen die Annahme, zu den Pflanzen gehörten auch Pilze, völlig fremd" sei und "die deshalb nicht auf den Gedanken kämen, Pilze unter 'Pflanzen' einzuordnen" (OLG Koblenz NStZ-RR 2006, 218, 219). Die Anwendung des BtMG auf nicht von den Anlagen erfasste Stoffe verstoße indessen gegen das verfassungsrechtliche Verbot strafbegründender Analogie (Art. 103 Abs. 2 GG).

II.

4
Die Revision ist unbegründet, auch wenn aus heutiger wissenschaftlicher Sicht Pilze keine Pflanzen sind, sondern biologisch eine eigenständige Kategorie von Organismen darstellen. Denn auch im Tatzeitraum erfassten die Strafvorschriften des BtMG gleichwohl den Umgang mit psilocybin- und psilocinhaltigen Pilzen (so schon bisher die h.M.; vgl. BGH NStZ 2005, 229; Urt. vom 25. Juni 2002 – 1 StR 157/02; BayObLGSt 2002, 33, 35; 2002, 135, 137 f.; OLG Köln, Beschl. vom 14. Oktober 2003 – Ss 396-397/03; Eberth/Müller, Verteidigung in Betäubungsmittelstrafsachen 4. Aufl. 2004 S. 4; Hügel/Junge/Lander /Winkler, Deutsches Betäubungsmittelrecht 8. Aufl. 4. Lfg. 2006 § 2 BtMG Rdn. 5, § 29 BtMG Rdn. 2.2.1; Joachimski/Haumer, BtMG 7. Aufl. 2002 § 1 Rdn. 34; Körner, BtMG 5. Aufl. 2001 § 2 Rdn. 18 f., Teil C 1 Rdn. 325; Weber, BtMG 2. Aufl. 2003 § 1 Rdn. 163). Hierzu bedarf es keiner Analogie; diese Pilze werden vielmehr von dem Pflanzenbegriff im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 BtMG und der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG in den vom 1. Februar 1998 bis 17. März 2005 geltenden Fassungen erfasst.
5
1. Als spezielle Ausformung des Willkürverbots für die Strafgerichtsbarkeit verpflichtet das Bestimmtheitsgebot nach Art. 103 Abs. 2 GG den Gesetzgeber , die Voraussetzungen der Strafbarkeit so genau zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände für den Normadressaten schon aus dem Gesetz selbst zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln und konkretisieren lassen (BVerfGE 71, 108, 114; 73, 206, 234; 75, 329, 340 f.; 78, 374, 381 f.; BVerfG NJW 2001, 1848, 1849; 2005, 2140, 2141). Dieser strenge Gesetzesvorbehalt garantiert, dass im Bereich des Strafrechts nur der Gesetzgeber abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet (BVerfGE 47, 109, 120; 71, 108, 114; 105, 135, 153; BVerfG NJW 2005, 2140, 2141). Dies dient dem Schutz des Normadressaten, der in der Lage sein muss, anhand der gesetzlichen Regelung vorauszusehen, ob ein Verhalten strafbar ist; in Grenzfällen muss für ihn wenigstens das Risiko einer Bestrafung erkennbar sein (BVerfGE 71, 108, 115; BVerfG NJW 2001, 1848, 1849). Hieraus folgt das Verbot strafbegründender oder -schärfender Analogie nach Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB (BVerfGE 14, 174, 185; 26, 41, 42; 64, 389, 393 f.). Der mögliche Wortsinn des Gesetzes markiert die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Auslegung, wobei dieser aus der Sicht des Normadressaten – also grundsätzlich nach dem allgemeinen Sprachverständnis der Gegenwart – zu bestimmen ist (BVerfGE 71, 108, 115; 92, 1, 12; NJW 2001, 1848, 1849; 2005, 2140, 2141; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft 3. Aufl. 1995 S. 141 ff.).
6
2. Der Wille des Gesetzgebers war auch für den Tatzeitraum darauf gerichtet , bestimmte halluzinogen wirkende Pilze dem BtMG zu unterstellen.
7
a) Die Anlage I enthält eine Liste der Wirkstoffe, welche nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel darstellen; zu ihnen zählt auch Psilocybin und Psilocin. Mit der 10. BtMÄndV, die am 1. Februar 1998 in Kraft trat, wurde die Anlage I um die hier relevante Klausel (fünfter Gedankenstrich am Ende der Anlage) ergänzt. Hiernach unterfielen der Anlage I auch "Pflanzen und Pflanzenteile … mit in dieser oder einer anderen Anlage aufgeführten (Wirk-)Stoffen, wenn sie als Betäubungsmittel missbräuchlich verwendet werden sollen". Mit der am 1. Juli 2001 in Kraft getretenen 15. BtMÄndV wurde die Klausel ergänzt unter anderem um "Pilzmycelien …, die zur Gewinnung von Organismen mit in dieser oder einer anderen Anlage aufgeführten (Wirk-)Stoffen geeignet sind". Seit der 19. BtMÄndV, in Kraft getreten am 18. März 2005, bezieht sich die Klausel in der heute gültigen Fassung allgemein auf "Organismen".
8
b) Der Verordnungsgeber wollte mit der im Jahr 1998 eingeführten Klausel den Anwendungsbereich des BtMG auf die in den Anlagen zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgelisteten Wirkstoffe auch in ihrer natürlich vorkommenden Form erstrecken. Mit dem Begriff der "Pflanzen" sollten – seinerzeit selbstverständlich – auch Pilze erfasst werden. So nennt die Begründung als Beispiel "Psilocybin in Pilzen" (BRDrucks. 881/97 S. 40). Die Wortwahl im Anlagentext erfolgte auf der Grundlage der Einteilung des Pflanzenreichs in höhere und niedere Pflanzen, wobei die Pilze zu letztgenannten gezählt wurden (Körner aaO § 2 Rdn. 18).
9
Auch aus der Erweiterung der Klausel im Jahr 2001 ergibt sich – entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers –, dass der Verordnungsgeber nach wie vor davon ausging, Pilze seien vom Pflanzenbegriff erfasst. Die Erweiterung diente dazu, den Anwendungsbereich des BtMG auf bestimmte Organismen zu erstrecken, welche selbst noch keine der aufgelisteten Wirkstoffe enthalten, ihrerseits aber der Gewinnung von derartigen Wirkstoffen enthaltenden Organismen dienen. Da der Verordnungsgeber die Pilzfruchtkörper – umgangssprachlich mit Pilzen gleichgesetzt – vom Pflanzenbegriff erfasst sah, erstreckte er den Anwendungsbereich des BtMG folgerichtig unter anderem auf diese Fruchtkörper hervorbringende Mycelien, also die gewöhnlich nicht sichtbar im Boden befindlichen Pilzgeflechte; exemplarisch für den erweiterten Anwendungsbereich genannt sind in der Verordnungsbegründung dementsprechend "Mycelien zur Gewinnung psilocybinhaltiger Pilze" (BRDrucks. 252/01 S. 45).
10
Mit der Neufassung im Jahr 2005 bezweckte der Verordnungsgeber lediglich eine Klarstellung. Der Begründung zufolge wird durch "die Neufassung … klargestellt, dass Pilze, sofern sie (Wirk-)Stoffe enthalten, die in einer der Anlagen genannt sind, Betäubungsmittel sind" (BRDrucks. 958/04 S. 4).
11
3. Der Wortlaut der den Anwendungsbereich des BtMG bestimmenden Regelungen der § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BtMG i.V.m. der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG in den vom 1. Februar 1998 bis 17. März 2005 geltenden Fassungen war auch geeignet, dem Normadressaten den gesetzgeberischen Willen, auch den Umgang mit psilocybin- und psilocinhaltigen Pilzen unter Strafe zu stellen, zu vermitteln. Die Wortlautgrenze war nicht überschritten, da eine derartige Interpretation im Tatzeitraum vom aus der Sicht des Normadressaten erkennbaren Wortsinn des Terminus "Pflanze" gedeckt ist, für ihn also jedenfalls das Risiko einer Strafbarkeit erkennbar war.
12
a) Bereits die Gesetzessystematik weist deutlich darauf hin, dass auch Pilze vom Pflanzenbegriff des BtMG (vgl. auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) umfasst sind. Die Bestimmung des Wortsinns hat nicht isoliert, sondern im Zusammenhang des Normtextes zu erfolgen; das heißt hier vor dem Hintergrund, dass nach der Anlage I aF zu § 1 Abs. 1 BtMG Pflanzen nur dann dem Anwendungsbereich des BtMG unterfallen, wenn sie eine der aufgelisteten Wirkstoffe enthalten, umgekehrt Psilocybin und Psilocin in natürlicher Form ausschließlich in Pilzen vorkommen (Uchtenhagen in Kreuzer [Hrsg.], Handbuch des Betäubungsmittelstrafrechts 1998 § 1 Rdn. 82). Hinzu kommt, dass die betreffende Klausel der Anlage I in der Fassung, die sie aufgrund der 15. BtMÄndV vom 1. Juli 2001 bis zum 17. März 2005 hatte, ausdrücklich "Pilzmycelien" erfasst, die keine der aufgelisteten Wirkstoffe enthalten, aber ihrerseits zur Gewinnung von "Organismen" (also auch Pilzfruchtkörpern) mit diesen Wirkstoffen geeignet sind. Dass der verständige Leser des Normtextes ernsthaft annehmen konnte, der Umgang mit Mycelien zum Zweck der Gewinnung von psilocybin- oder psilocinhaltigen Pilzfruchtkörpern unterfalle dem BtMG, beim Umgang mit diesen Pilzfruchtkörpern selbst bestehe aber kein Risiko, sich strafbar zu machen, liegt fern.
13
b) Die Bedeutung des Pflanzenbegriffs ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zu bestimmen und nicht anhand der spezifisch wissenschaftlichen Terminologie in der Biologie. Der Einwand, es sei ausnahmsweise eine biologisch-systematische Begriffsbestimmung geboten und Pilze seien daher vor Inkrafttreten der 19. BtMÄndV nicht erfasst gewesen, da die in den Anlagen zu § 1 Abs. 1 BtMG genannten Begriffe allesamt wissenschaftlicher Art seien (so AG Hamburg StraFo 2004, 360, 361), dringt nicht durch. Denn die Anlagen wenden sich, da sie strafbegründende Wirkung haben, auch an den Bürger und berücksichtigen – trotz der Komplexität der wissenschaftlichen Erkenntnisse über Betäubungsmittel – dessen Sprachverständnis. So sind dort etwa für die Wirkstoffe nicht nur die chemischen Namen, was für eine wissenschaftliche Klassifikation ausreichend wäre, genannt. Vielmehr finden sich auch wissen- schaftlich nicht eindeutige Bezeichnungen ("Trivialnamen"). Überdies könnte der Pflanzenbegriff in der Anlage I nicht anders bestimmt werden als in § 2 BtMG, der jedenfalls keine spezifisch wissenschaftliche Terminologie enthält.
14
Aber selbst die auf der biologisch-systematischen Terminologie beruhende Argumentation greift zu kurz. Zwar ist in der Biologie mittlerweile anerkannt , dass Pilze als eine eigene Organismengruppe neben den (Grün-)Pflanzen stehen. Diese Abgrenzung wird jedoch nicht trennscharf durchgehalten. So wird die Pilzkunde (Mykologie) auch weiterhin als ein Teilgebiet der Botanik (Pflanzenkunde) angesehen. Botanische Standardwerke widmen sich nach wie vor in eigenen Abschnitten den Pilzen; beispielhaft finden sich dort folgende Aussagen: "Steht eine Pflanzengruppe im Mittelpunkt des … Interesses, so erfolgt die Benennung botanischer Teildisziplinen nach dieser, so bei der Algologie , Mykologie ..." (Jäger/Neumann/Ohmann, Botanik 5. Aufl. 2003 S. 6); oder: "Zum Pflanzenreich werden herkömmlicherweise auch die Pilze gestellt" (Strasburger , Lehrbuch der Botanik 35. Aufl. 2002 S. 1). Ferner werden Pilze etwa unter dem Oberbegriff "Pflanzenorganismen" behandelt (vgl. Lüttge/ Kluge/Bauer, Botanik 5. Aufl. 2005 S. 267 ff.), oder Pilzen wird der Begriff der höheren Pflanzen gegenübergestellt (vgl. Frey/Lösch, Lehrbuch der Geobotanik 2. Aufl. 2004 S. 343; aus der älteren Lit. Geschwinde, Rauschdrogen 3. Aufl. 1996 Rdn. 412; Wagenitz, Wörterbuch der Botanik 1996 S. 281 Stichwort "Pflanzenreich"). Im Übrigen hat die auf einer naturwissenschaftlichen Fachsprache beruhende biologische Systematik in den allgemeinen Sprachgebrauch nur fragmentarisch Eingang gefunden.
15
c) Wenngleich die teilweise uneinheitliche Terminologie in der Biologie zwar einen Hinweis auf die Bestimmung der Wortlautgrenze – nämlich in einem weiten Sinn – geben kann, kommt es letztlich entscheidend auf den möglichen Wortsinn nach dem allgemeinen Sprachverständnis an. Der Pflanzenbegriff – zumal im Kontext der Anlage I aF zu § 1 Abs. 1 BtMG – schließt daher nicht schon deshalb psilocybin- bzw. psilocinhaltige Pilze aus, weil die biologische Terminologie inzwischen – wenn auch nur teilweise und stark vereinfacht – Eingang in zahlreiche Nachschlagewerke und Lehrbücher gefunden hat (so aber OLG Koblenz NStZ-RR 2006, 218). Dies besagt nämlich noch nicht, dass mit dem Wort "Pflanzen" umgangssprachlich gleichwohl nicht auch Pilze gemeint sein können. Denn Nachschlagewerke und Lehrbücher können zwar den allgemeinen Sprachgebrauch prägen, die dort verwendete Terminologie spiegelt ihn aber häufig nicht genau wider und gibt mithin keine sichere Auskunft über dessen aktuellen Stand.
16
Vor dem Hintergrund der Einteilung der lebenden Natur mittels des Begriffspaars Flora und Fauna werden die Pilze (Pilzfruchtkörper) wegen ihrer für den Laien augenscheinlichen Nähe zu den Pflanzen nach dem allgemeinen Sprachgebrauch vielmehr nach wie vor – jedenfalls im Tatzeitraum – diesen zugeordnet. Immerhin kauft man Pilze auch gemeinhin beim Obst- und Gemüsehändler. Bestätigt wird die Zuordnung durch eine Recherche im Internet, das jedermann zur Veröffentlichung eigener Texte zugänglich ist und das deshalb umfassender Auskunft über das gesamte Spektrum des aktuellen Sprachgebrauchs geben kann. Dort finden sich zwar durchaus etliche Webseiten, auf denen darauf hingewiesen wird, dass Pilze – aus wissenschaftlicher Sicht – keine Pflanzen seien, selbst dort aber auch mit dem Zusatz, dass Pilze irrtümlich (d.h. umgangssprachlich) immer noch den Pflanzen zugerechnet werden (vgl. d. Nachw. bei OLG Koblenz, Urt. vom 15. März 2006 – 1 Ss 341/05, teilweise nicht abgedruckt in NStZ-RR 2006, 218). Auf anderen Webseiten werden Pilze hingegen wie selbstverständlich als Pflanzen bezeichnet (vgl. d. Nachw. in der Antragsschrift der Generalbundesanwältin vom 16. August 2006 sowie exemplarisch "Bertelsmann Wörterbuch" bei www.wissen.de unter dem Stichwort "Pilz": "Pflanze ohne Chlorophyll, die von organischen Stoffen lebt ...").

III.

17
Hinsichtlich des weiteren Revisionsvorbringens wird auf die – auch im Übrigen zutreffenden – Ausführungen der Generalbundesanwältin in ihrer Antragsschrift verwiesen. Nack Kolz Hebenstreit Elf Graf

(1) Wer

1.
für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder
2.
gegenüber dem Geheimdienst einer fremden Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 94 oder § 96 Abs. 1, in § 97a oder in § 97b in Verbindung mit § 94 oder § 96 Abs. 1 mit Strafe bedroht ist.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er

1.
eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung solcher Geheimnisse besonders verpflichtet, oder
2.
durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.

(3) § 98 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Wer

1.
für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland ausübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gerichtet ist, oder
2.
gegenüber dem Geheimdienst einer fremden Macht oder einem seiner Mittelsmänner sich zu einer solchen Tätigkeit bereit erklärt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 94 oder § 96 Abs. 1, in § 97a oder in § 97b in Verbindung mit § 94 oder § 96 Abs. 1 mit Strafe bedroht ist.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden, mitteilt oder liefert und wenn er

1.
eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung solcher Geheimnisse besonders verpflichtet, oder
2.
durch die Tat die Gefahr eines schweren Nachteils für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt.

(3) § 98 Abs. 2 gilt entsprechend.