Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4 StR 207/12

bei uns veröffentlicht am23.08.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 207/12
vom
23. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 23. August 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 15. Februar 2012 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Höhe des Tagessatzes der im Fall II. 1 der Urteilsgründe wegen fahrlässiger Körperverletzung verhängten Geldstrafe von 90 Tagessätzen auf 5 € festgesetzt wird. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus einer anderweitigen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten und wegen Vergewaltigung , wegen Körperverletzung in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, und wegen versuchter Nötigung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
2
1. In den Fällen II. 1 und II. 6 der Urteilsgründe hat es jeweils Einzelgeldstrafen in Höhe von 90 bzw. 60 Tagessätzen verhängt; dabei hat es die Höhe des Tagessatzes im Fall II. 1 der Urteilsgründe auf 70 €, im Fall II. 6 der Urteilsgründe auf 5 € festgesetzt, ohne dies näher zu begründen. Nach den Feststellungen zur Person des Angeklagten erzielte dieser von 2004 bis 2007/2008 aus einer selbständigen Tätigkeit ein monatliches Einkommen von 2.000 bis 2.500 €. Das Landgericht hat die Höhe des Tagessatzes für die im August 2007 begangene Tat unter II. 1 der Urteilsgründe offenbar wegen des damals erziel- ten Einkommens auf 70 € bestimmt, während es die Tagessatzhöhe für die im Mai 2011 begangene Tat unter II. 6 der Urteilsgründe auf 5 € festgesetzt hat. Dies ist rechtsfehlerhaft. Für die Höhe der Tagessätze sind die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten bei Erlass des Urteils maßgebend (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1988 - 2 StR 596/88, BGHR StGB § 40 Abs. 2 Satz 1 Einkommen 2).
3
2. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 3. Juli 2012 bemerkt der Senat:
4
a) Die mit der - zulässigen - Verfahrensrüge (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Mai 2000 - 1 StR 183/00, NStZ-RR 2001, 174) geltend gemachte Beanstandung , das Landgericht habe die Gründe für die Teileinstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO rechtsfehlerhaft weder in dem Einstellungsbeschluss noch in den Urteilsgründen dargelegt bzw. erörtert, bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Es trifft zwar zu, dass in einem Fall, in dem die Anklagevorwürfe allein auf der Aussage einer Belastungszeugin aufbauen, wegen einiger dieser Taten das Verfahren aber nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wird, den Gründen für die Einstellung Beweisbedeutung für die Frage der Glaubwürdigkeit der einzigen Belastungszeugin zukommen kann. In einem solchen Fall kann ein Erörterungsmangel vorliegen, wenn der Grund für die Einstellung nicht mitgeteilt wird (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. Juni 2008 - 5 StR 143/08, NStZ 2008, 581). Unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen ergibt sich daraus jedoch kein den Angeklagten beschwerender Rechtsfehler. Zum einen ist den Urteilsgründen zu entnehmen, dass der Angeklagte das jeweilige Rahmengeschehen, das den einzelnen Taten zugrunde liegt, entsprechend den Feststellungen geschildert und sich noch in seinem letzten Wort für die "reinen" Körperverletzungshandlungen entschuldigt hat; dies gilt im Fall II. 1 der Urteilsgründe auch für die Anwendung von Gewalt durch das Würgen der Geschädigten M. . Zum anderen sind die Angaben der Nebenklägerin M. über gewalttätige Reaktionen des Angeklagten in Situationen, die seinen Vorstellungen nicht entsprachen, durch die Angaben der Geschädigten G. und der Zeugin A. bestätigt worden. Im Fall II. 3 der Urteilsgründe konnte sich das Landgericht zusätzlich zu der Aussage der Geschädigten auf die Angaben des Zeugen P. und der Mutter der Geschädigten M. stützen. Im Übrigen hat sich die Strafkammer unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Falschbelastungsmotivs umfassend mit der Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben auseinandergesetzt.
5
b) Die Rüge der Verletzung von § 261 StPO, der Inhalt der in der Hauptverhandlung verlesenen polizeilichen Vernehmung der Zeugin G. sei nicht hinreichend in die Beweiswürdigung eingeflossen, ist bereits nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), da die Revision nicht mitteilt, ob die Verlesung im Wege des Urkundenbeweises oder zum Zwecke des Vorhaltes an die vernommene Zeugin erfolgt ist.
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Quentin Reiter

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4 StR 207/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2012 - 4 StR 207/12

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R
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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 40 Verhängung in Tagessätzen


(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze. (2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der

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Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Mai 2000 - 1 StR 183/00

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 183/00 vom 30. Mai 2000 in der Strafsache gegen wegen sexueller Nötigung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Mai 2000 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen
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Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2018 - 4 StR 346/17

bei uns veröffentlicht am 13.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 346/17 vom 13. Februar 2018 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Februar

Referenzen

(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.

(2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.

(3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes können geschätzt werden.

(4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 183/00
vom
30. Mai 2000
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Mai 2000 gemäß § 349
Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 17. Dezember 1999 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a) Soweit die Revision beanstandet, das Landgericht habe das Verfahren hinsichtlich eines weiteren dem Angeklagten zur Last gelegten Vorwurfs des sexuellen Mißbrauchs der Geschädigten U. v on ähnlicher Begehungsweise und ähnlichem Gewicht wie die abgeurteilte Tat gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, ohne im Urteil dafür Gründe anzugeben, entspricht die Rüge nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Zutreffend geht die Revision zwar davon aus, daß in einem Fall, in dem der Anklagevorwurf wegen zwei Taten allein auf der Aussage einer einzigen Belastungszeugin aufbaut, wegen einer dieser Taten das Verfahren aber nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wird, den Gründen dafür Beweisbedeutung für die entscheidende Frage der Glaubwürdigkeit der einzigen Belastungszeugin
zukommen kann; wird der Grund für die Einstellung nicht mitgeteilt, liegt darin ein Erörterungsmangel (BGH StV 1998, 580, 582). Der Beschwerdeführer hat den Mangel auch richtig als Verfahrensfehler beanstandet. Bei der Beantwortung der Frage, ob einer - möglicherweise verletzten - Rechtsnorm verfahrens- oder sachlich-rechtlicher Charakter zukommt, ist grundsätzlich darauf abzuheben, daß für die sachlich-rechtliche Überprüfung dem Revisionsgericht allein die Urteilsurkunde zur Verfügung steht; alle anderen Erkenntnisquellen sind ihm verschlossen. Soweit sich der Rechtsfehler nicht allein aus der Urteilsurkunde erschließen läßt, weil er sich auf das der Entscheidung vorausgegangene Verfahren bezieht, verbleibt es bei der Verfahrensrüge. Der von der Revision geltend gemachte Erörterungsmangel betrifft zwar insoweit das sachliche Recht, als er in den Bereich der Beweiswürdigung fällt. Doch kann die Frage, ob und was im Zusammenhang mit einer Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO zu erörtern ist, nicht notwendig aus der Urteilsurkunde allein erschlossen werden. Eine derartige Verfahrenseinstellung kann in den Urteilsgründen zwar mitgeteilt sein; eine Verpflichtung dazu allein aus verfahrensrechtlicher Sicht enthält die Strafprozeßordnung aber nicht. Selbst wenn sich das Urteil aber dazu äußert, kann diese Ä ußerung unvollständig sein, so wenn in der Hauptverhandlung Gründe für die Verfahrenseinstellung genannt wurden, diese sich aber im Urteil nicht finden. Das bedeutet, daß eine entsprechende Rüge mit der - insbesondere der nicht ausgeführten - Sachrüge nicht ausreichend begründet ist, da auf dieser Grundlage eine abschließende Prüfung nicht möglich ist. Daran ändert nichts, daß es Urteile gibt, in denen eine teilweise erfolgte Verfahrenseinstellung, die Gründe dafür und ihre Auswirkung auf die Beweiswürdigung umfassend darge-
stellt sind. Eine solche Erörterung erfolgt in der Regel nur, wenn dazu nach Meinung des Tatgerichts Anlaß bestand. Die Prüfung, ob eine - fehlende - Erörterung geboten gewesen wäre, eröffnet nur die Verfahrensrüge. Der Fall ist dem vergleichbar, daß der Tatrichter ausgeschiedenen Verfahrensstoff dem Angeklagten bei der Strafzumessung angelastet hat, ohne vorher auf diese Möglichkeit hingewiesen zu haben; auch in diesem Fehler hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach einigem Schwanken einen Verfahrensfehler gesehen (BGHR StPO § 154 Abs. 1 Verwertungsverbot 1). Ist aber eine Verfahrensrüge zu erheben, muß der Revisionsführer den Sachverhalt so umfassend vortragen, daß das Revisionsgericht allein auf Grund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zutrifft (BGH NJW 1995, 2047; BGH StV 1996, 530). Hier hat der Beschwerdeführer die Tatsache der Einstellung und die fehlende Erörterung der Gründe dafür im Urteil mitgeteilt; er hat auch, wenn auch in sehr summarischer Form, den Sachverhalt angesprochen, auf den sich die Einstellung bezog. Was fehlt ist jedoch eine Ä ußerung dazu, ob und ggf. welche Gründe für die Einstellung in der Hauptverhandlung erörtert wurden, denn die mangelnde Begründung der Einstellung im Urteil könnte im Ergebnis nur dann einen Verfahrensfehler darstellen, wenn es sich um Gründe handelte, die auf die anschließend getroffene Sachentscheidung Einfluß nehmen konnten, wie etwa zweifelhafte Glaubhaftigkeit der Angaben der einzigen Belastungszeugin zu dem eingestellten Vorfall.
Es ist auch - ungeachtet insoweit fehlender Protokollierungspflicht - in der Regel nicht so, daß eine Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung kommentarlos erfolgt. Sollte es in Ausnahmefällen dennoch so sein, müßte vom Beschwerdeführer zumindest aber das Vorbringen verlangt werden, daß für die Einstellung keine Gründe angeführt wurden, die für die Beweiswürdigung ohne Bedeutung waren, wie etwa Verfahrensbeschränkung aus prozeßökonomischen Gründen.
b) Die weitere Rüge, das Landgericht habe § 261 StPO verletzt, weil es auf den Inhalt einer Reihe in der Hauptverhandlung auf Antrag der Verteidigung ganz oder teilweise verlesener Vernehmungsprotokolle, Gutachten und sonstige Urkunden nicht eingegangen sei, greift gleichfalls nicht durch. Zwar muß das Urteil erkennen lassen, daß der Tatrichter Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, in seine Überlegungen einbezogen hat (BGHR StPO § 261 Inbegriff 7, 15). Doch kann nicht aus jedem Schweigen zu den in der Hauptverhandlung erhobenen Beweisen darauf geschlossen werden, das Gericht habe diese Beweismittel unbeachtet gelassen. Die Erörterungsbedürftigkeit in den schriftlichen Gründen beurteilt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Nur mit Umständen, die im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch beweiserheblich waren, muß sich der Tatrichter im Urteil auseinandersetzen. Ob das der Fall war, läßt sich dem Beweisgehalt der Beweismittel selbst nicht ohne weiteres entnehmen. Die weitere Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung kann dem Beweismittel jede Bedeutung genommen haben. Das gilt insbesondere , soweit es sich um Beweise von Hilfstatsachen handelt, auf die die Beweisanträge der Verteidigung weitgehend abzielten. Würde man eine weitergehende Begründungspflicht verlangen, liefe das darauf hinaus, daß der
Tatrichter in seinem schriftlichen Urteil nicht das Ergebnis der Hauptverhandlung zu begründen, sondern den Gang der Hauptverhandlung zu dokumentieren hätte (vgl. G. Schäfer StV 1995, 147, 156). 2. Ebenso können die Angriffe gegen die Beweiswürdigung, die die Revision mit der Sachrüge vorbringt, keinen Erfolg haben. Insbesondere mußte sich das Landgericht nicht ausdrücklich mit der Frage einer unbewußten Suggestion der Geschädigten durch die Heimleiterin M. befassen. Die Geschädigte hatte sich zunächst dem Mitpatienten K. und später dem früheren Werkstattleiter B. offenbart. Beide sind dann mit ihr zur Sozialpädagogin Ba. gegangen, wo sie den Sachverhalt wieder in gleicher Weise schilderte. Frau Ba. bewog die Geschädigte schließlich, sich mit der Heimleiterin in Verbindung zu setzen. Bei dieser Entstehungsgeschichte der Aussage liegt die Möglichkeit einer unbewußten Suggestion durch die Heimleiterin fern. Schäfer Maul Granderath Nack Kolz

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.