Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Sept. 2016 - 4 StR 341/16

bei uns veröffentlicht am01.09.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 341/16
vom
1. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Bankrotts u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:010916B4STR341.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 1. September 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 19. April 2016
a) aufgehoben, soweit dort eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren unter Einbeziehung der in den Urteilen des Amtsgerichts Paderborn vom 24. Oktober 2012 und vom 26. August 2013 verhängten Einzelstrafen und Auflösung der im Urteil vom 26. August 2013 verhängten Gesamtstrafe gebildet wurde und
b) im Schuld- und Strafausspruch wie folgt neu gefasst: Der Angeklagte wird wegen Insolvenzverschleppung, Bankrotts in zehn Fällen, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 23 Fällen und Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Paderborn vom 24. Oktober 2012 und vom 26. August 2013 und Auflösung der dort verhängten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Ferner hat es gegen den Angeklagten eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren wegen Insolvenzverschleppung , Bankrotts in zehn Fällen, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 22 Fällen und Betruges verhängt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Diese hat Erfolg, soweit sie sich gegen die vom Landgericht verhängten Gesamtfreiheitsstrafen wendet, was zur „Wiederherstellung“ der vom Amtsgericht Paderborn im Urteil vom 26. August 2013 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe sowie im Ergebnis zur Bestätigung der vom Landgericht verhängten zweiten Gesamtfreiheitsstrafe führt. Im Übrigen hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
2
1. Die Gesamtstrafenbildung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
3
a) Nach den insofern vom Landgericht getroffenen Feststellungen wurde der Angeklagte am 24. Oktober 2012 vom Amtsgericht Paderborn wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die dort verhängten Einzelstrafen von zwei Monaten und drei Mal fünf Monaten wurden anschließend in die vom Amtsgericht Paderborn am 26. August 2013 wegen Insolvenzverschleppung in zwei Fällen, Verletzung der Buchführungspflicht in drei Fällen und Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in sieben Fällen verhängte Gesamtstrafe von zwei Jahren einbezogen, deren Vollstreckung das Amtsgericht ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt hat.
4
b) Die unter Einbeziehung der in diesen Urteilen verhängten Einzelstrafen nunmehr vom Landgericht vorgenommene nachträgliche Gesamtstrafenbildung ist rechtsfehlerhaft.
5
Die Gesamtstrafenbildung durch das Amtsgericht Paderborn im Urteil vom 26. August 2013 war richtig. Da die nunmehr abgeurteilte erste Tat, mit der die Strafkammer die nachträgliche Gesamtstrafe gebildet hat, zum 29. Juli 2013 fällige Sozialversicherungsbeiträge betraf (Fall III.A.1. der Entscheidungsgründe ), diese Tat aber erst nach dem Urteil vom 24. Oktober 2012 begangen wurde , schied eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB aus. Denn ungeachtet der Frage nach der Beendigung einer Tat nach § 266a Abs. 1 StGB (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. März 2012 – 1 StR 662/11, NStZ 2012, 510, 511) bildet in einem solchen Fall nur die (zeitlich) erste Vorverurteilung eine Zäsur mit der Folge, dass eine später begangene Straftat gesamtstrafenrechtlich so zu betrachten ist, als ob sie nach der (aus der ersten und zweiten Vorverurteilung gewissermaßen zusammengesetzten) ersten und einzigen Vorverurteilung begangen wäre (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Mai 2013 – 4 StR 111/13, StraFo 2013, 345 f.; vom 17. November 2015 – 4 StR 276/15, StraFo 2016, 82 f.).
6
c) Dies hat zur Folge, dass das angefochtene Urteil aufzuheben ist, soweit dort eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe gebildet wurde. Damit ist die Verurteilung des Amtsgerichts Paderborn vom 26. August 2013 – mithin auch die dort unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 24. Oktober 2012 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und die dort bewilligte Aussetzung der Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung – „wiederhergestellt“.
7
Rechtsfehlerhaft ist infolgedessen auch die zweite vom Landgericht im angefochtenen Urteil verhängte Gesamtstrafe. Denn dort hätte die Strafe für die nunmehr abgeurteilte erste Tat (Nichtabführen der zum 29. Juli 2013 fälligen Sozialversicherungsbeiträge) von zwei Monaten einbezogen werden müssen. Dies holt der Senat nach. Um jegliche Beschwer des Angeklagten auszuschließen , setzt der Senat die Gesamtstrafe – unter Einbeziehung dieser Einzelstrafe – auf die vom Landgericht bereits verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren fest (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO) und fasst den Tenor entsprechend neu.
8
2. Im Übrigen weist das Urteil aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 1. August 2016 dargelegten Gründen keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Schuldsprüche halten der rechtlichen Überprüfung noch stand (vgl. zu den Anforderungen an die Urteilsfeststellungen zur Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung: BGH, Beschluss vom 23. Juli 2015 – 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341, 342 f., zu § 266a StGB: BGH, Beschluss vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16, denen angesichts der hier vorliegenden Umstände, insbesondere im Hinblick auf das vollumfängliche Geständnis des als Geschäftsführer von GmbHs erfahrenen und mehrmals einschlägig vorbestraften Angeklagten sowie die Angaben der Insolvenzverwalter noch genügt ist).
9
3. Der – auch infolge des drohenden Bewährungswiderrufs – lediglich geringfügige Erfolg des Rechtsmittels des Angeklagten rechtfertigt keine Kostenteilung (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Sept. 2016 - 4 StR 341/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Sept. 2016 - 4 StR 341/16

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafgesetzbuch - StGB | § 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt


(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldst
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 662/11
vom
7. März 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. März 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten S. gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 14. September 2011 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass er wegen einer Anstiftung zu 115 Fällen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt ist, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt ist. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Anstiftung zu 115 Fällen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, jeweils rechtlich zusammentreffend mit gewerbsmäßigem Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird".
2
Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er ein Verfahrenshindernis geltend macht und die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des angefochtenen Urteils (§ 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO).
3
I. Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor; Verfolgungsverjährung ist für die im Zeitraum 2001 bis 2003 begangenen Taten nicht eingetreten.
4
Der vorliegende konkrete Einzelfall gibt dem Senat keinen Anlass von der gefestigten Rechtsprechung abzuweichen, dass bei echten Unterlassungsdelikten wie § 266a Abs. 1 StGB und § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB die Taten erst beendet sind, wenn die Beitragspflicht erloschen ist, sei es durch Beitragsentrichtung , sei es durch Wegfall des Beitragsschuldners (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 11. August 2011 - 1 StR 295/11; Senatsbeschluss vom 18. Mai 2010 - 1 StR 111/10 mwN; BGH, Beschluss vom 27. September 1991 - 2 StR 315/91).
5
II. Der Schuldspruch (§ 26 StGB zu § 266a StGB in Tateinheit mit § 263 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
1. Das Landgericht hat die im Entscheidungszeitpunkt geänderte, dem Angeklagten günstigere Rechtslage nicht berücksichtigt.
7
Von dem durch Gesetz vom 23. Juli 2004 (BGBl. I S. 1842) neu gefassten Tatbestand des § 266a StGB sind nunmehr auch betrugsähnliche Begehungsweisen erfasst, so dass die Vorenthaltung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteilen nach neuem Recht dem Betrug als lex specialis vorgeht (vgl. BTDrucks. 15/2573 S. 28; Senatsbeschluss vom 24. April 2007 - 1 StR 639/06 mwN). Diese Gesetzeslage ist bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise als die dem Angeklagten günstigere gemäß § 2 Abs. 3 StGB zur Anwendung zu bringen. Dies gilt hier schon deshalb, weil die Strafkammer das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB bejaht hat (vgl. hierzu Senatsbeschluss aaO und BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 2007 - 5 StR 481/07 und 5 StR 482/07).
8
Daher hat die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen Betruges zu entfallen.
9
Entgegen der Auffassung des Revisionsführers wäre ansonsten die Bejahung eines Betruges grundsätzlich nicht zu beanstanden gewesen. Denn den Urteilsgründen (insbesondere UA S. 10 und UA S. 11 ff.) lassen sich hinreichend die jeweiligen Einzugsstellen entnehmen und, dass der Arbeitgeber dort erfasst ist (vgl. zur Problematik auch Senatsbeschluss vom 18. Mai 2010 - 1 StR 111/10). Nach den Feststellungen wurden die zuständigen Einzugsstellen über die jeweils fortbestehende Verpflichtung zur Abführung der Beiträge getäuscht (vgl. auch Senatsurteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10 Rn. 29).
10
2. Zutreffend weist der Generalbundesanwalt darauf hin, dass der Angeklagte in rechtlicher Hinsicht nur eine Anstiftungshandlung (zu 115 Fällen) begangen hat und auch deshalb der Schuldspruch entsprechend zu ändern ist.
11
Der Senat schließt aus, dass der Angeklagte sich bei einem Hinweis gemäß § 265 StPO anders, insbesondere erfolgreicher hätte verteidigen können und stellt daher den Schuldspruch selbst in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang um.
12
III. Die Änderung des Schuldspruchs hat den Fortfall der vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen zur Folge. Der Senat kann jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen lassen. Er schließt aus, dass bei richtiger Bewertung des Konkurrenzverhältnisses (einerseits betreffend die Anzahl der Taten und andererseits hinsichtlich des Zurücktretens des Betruges) und bei Berücksichtigung auch der Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 28, 49 StGB im Ergebnis eine (noch) niedrigere Strafe verhängt worden wäre. In Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts ist der Senat der Überzeugung, dass nach dem Tatbild und dem durch die Anstiftungshandlung des Angeklagten verwirklichten Un- recht der Tatrichter auf keine geringere Strafe als die - zur Bewährung ausgesetzte - Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten erkannt hätte.
13
Auf die Frage, ob diese in Anbetracht aller Umstände milde Strafe gemäß § 354 Abs. 1a StPO ohnehin angemessen wäre, kommt es danach nicht an.
14
IV. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen auch nur teilweise zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 111/13
vom
7. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Geldfälschung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Mai 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 22. Oktober 2012 im Strafausspruch dahin geändert, dass die Einbeziehung der Strafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 11. November 2011 entfällt und der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen Geldfälschung (Tatzeit : Juni bis August 2011) auf eine Einzelstrafe von zwei Jahren und vier Monaten erkannt und ihn unter Einbeziehung der Strafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 11. November 2011 (Tatzeit: 11. Mai 2010) unter Auflösung des Gesamtstrafenbeschlusses desselben Amtsgerichts vom 26. März 2012, mit dem eine nachträgliche Gesamtstrafe aus den Einzelgeldstrafen aus dem Strafbefehl vom 11. November 2011 und der Geldstrafe aus einem weiteren Strafbefehl dieses Gerichts vom 2. August 2010 gebildet worden war, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zugleich hat es klargestellt, dass die Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 2. August 2010 in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 15 Euro bestehen bleibt.
2
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg ; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 11. November 2011, durch den der Angeklagte zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt wurde, ist gesamtstrafenrechtlich „verbraucht“, weil aus den beiden ihm zugrunde liegenden Einzelstrafen und der im vorausgegangenen Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 2. August 2010 verhängten Strafe (Verurteilung wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen) mit Beschluss vom 26. März 2012 rechtsfehlerfrei gemäß § 55 StGB eine nachträgliche Gesamtstrafe von 160 Tagessätzen gebildet worden war. Da alle Straftaten , die dem Strafbefehl vom 11. November 2011 zugrunde liegen, schon durch den Strafbefehl vom 2. August 2010 hätten geahndet werden können, hat der Strafbefehl vom 11. November 2011 gesamtstrafenrechtlich keine eigenständige Bedeutung. In einem solchen Fall bildet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die erste Vorverurteilung eine Zäsur mit der Folge, dass die hier verfahrensgegenständliche, zwischen den beiden Vorverurteilungen begangene Straftat der Geldfälschung gesamtstrafenrechtlich so zu betrachten ist, als ob sie nach der (aus der ersten und zweiten Vorverurteilung gewissermaßen zusammengesetzten) ersten und einzigen Vorverurteilung begangen wäre (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193; BGH, Beschluss vom 22. Juli 1997 – 1 StR 340/97, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 13; Beschluss vom 20. November 1997 – 4 StR 475/97).
4
Die von der Strafkammer vorgenommene Einbeziehung der Strafen aus der (letzten) Vorverurteilung durch das Amtsgericht Lemgo vom 11. November 2011 hat daher zu entfallen.
5
2. Bei der vom Landgericht verhängten Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten kann es unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbotes des § 358 Abs. 2 StPO nicht verbleiben.
6
Danach darf die Summe aus einer Freiheitsstrafe und den Tagessätzen einer Geldstrafe die frühere Gesamtfreiheitsstrafe nicht übersteigen, wenn eine aus Freiheits- und Geldstrafe gebildete Gesamtstrafe keinen Bestand hat und nunmehr auf beide Strafarten nebeneinander erkannt wird (vgl. BayObLG, Urteil vom 20. Januar 1971 – RReg. 1 St 132/70, BayObLGSt 1971, 7, 8; MeyerGoßner , StPO, 56. Aufl., § 331 Rn. 20 mwN; Bringewat, Die Bildung der Gesamtstrafe , 1987, Rn. 287 mwN). Da das Landgericht den Angeklagten wegen Geldfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt hat und die Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Lemgo vom 26. März 2012 wieder gesondert besteht, wäre der Angeklagte in unzulässiger Weise schlechter gestellt. Daher ist die Freiheitsstrafe für die Geldfälschung um drei Monate zu reduzieren. Der Senat kann, da wegen der besonderen Gegebenheiten des Falles diese Rechtsfolge vorgegeben ist, in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO und in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts selbst entscheiden.
7
3. Der geringfügige Erfolg der Revision des Angeklagten rechtfertigt es nicht, ihn von einem Teil der Kosten des Rechtsmittels freizustellen.
Roggenbuck Franke Bender
Quentin Reiter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 276/15
vom
17. November 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: besonders schweren Raubes u.a.
zu 2.: Raubes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 17. November 2015 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 17. Februar 2015 dahin geändert, dass dieser Angeklagte wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt wird. Die Einbeziehung einer Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 und die Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung aus diesem Urteil entfallen. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten K. und die Revision des Angeklagten H. werden verworfen. 3. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. „wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27.08.2014 bezüglich der gefährlichen Körperverletzung in Höhe von 9 Monaten Freiheitsstrafe und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstra- fe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt“; ferner hat es die Adhäsions- entscheidung aus jenem Urteil aufrechterhalten. Den Angeklagten H. hat das Landgericht wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen die Verurteilungen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Rechtsmittel der Angeklagten; der Angeklagte H. beanstandet zudem das Verfahren. Die Revision des Angeklagten K. hat hinsichtlich der Gesamtstrafenbildung und Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung Erfolg. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet.
2
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten K. ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO), soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch hinsichtlich der Tat vom 9. August 2014 richtet. Jedoch haben die Einbeziehung einer Einzelstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 und die Aufrechterhaltung der Adhäsionsentscheidung aus diesem Urteil keinen Bestand.
3
a) Nach den hierzu vom Landgericht getroffenen Feststellungen wurde der Angeklagte K. am 27. Februar 2009 vom Amtsgericht Essen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt (Tatzeit: 9. November 2008). Auf die hiergegen eingelegte Berufung hin verurteilte das Landgericht Essen den Angeklagten am 27. August 2014 unter Einbeziehung einer Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 15. Juli 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. In diesem Strafbefehl war gegen den Angeklagten wegen eines Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz eine Freiheitsstrafe von drei Monaten (mit Bewährung) verhängt worden (Tatzeit: 13. Januar 2014). Den nunmehr abgeurteilten besonders schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung hat der Angeklagte am 9. August 2014 begangen.
4
b) Angesichts dieser Feststellungen war die nachträgliche Gesamtstrafenbildung im Urteil des Landgerichts Essen vom 27. August 2014 richtig; insbesondere ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass dem Strafbefehl des Amtsgerichts Essen vom 15. Juli 2014 Zäsurwirkung zukommt. Da die nunmehr abgeurteilte Tat aber erst nach diesem Strafbefehl vom 15. Juli 2014 begangen wurde, scheidet eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB aus.
5
In einem solchen Fall bildet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die (zeitlich) erste Vorverurteilung eine Zäsur mit der Folge, dass eine später begangene Straftat gesamtstrafenrechtlich so zu betrachten ist, als ob sie nach der (aus der ersten und zweiten Vorverurteilung gewissermaßen zusammengesetzten) ersten und einzigen Vorverurteilung begangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 4 StR 111/13, StraFo 2013, 345 f.). So verhält es sich hier. Damit ist eine Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 1 StGB mit der verhängten Einzelstrafe für die am 9. November 2008 begangene, jedoch erst am 27. August 2014 abgeurteilte Tat ausgeschlossen; sie ist infolge der in diesem Urteil zutreffend gebildeten nachträglichen Gesamt- strafe gesamtstrafenrechtlich „verbraucht“ und steht für eine erneute Gesamt- strafenbildung nicht mehr zur Verfügung (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2014 – 4 StR 574/13 mwN).
6
2. Das Rechtsmittel des Angeklagten H. hat insgesamt keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO; vgl. zur Abgrenzung zwischen Raub und Diebstahl auch die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 13. März 2002 – 1 StR 47/02, NStZ 2003, 89, und vom 9. Juli 2013 – 3 StR 174/13, juris Rn. 8).
7
Zu der von diesem Angeklagten H. erhobenen Verfahrensrüge bemerkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 14. September 2015, dass diese – soweit sie die Vorgänge inZusammenhang mit der Nebenklage betrifft – bereits deshalb unzulässig ist, weil die Revision die Tatsachen nicht mitteilt, die für die Prüfung von Bedeutung sind, ob der Befangenheitsantrag rechtzeitig im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StPO gestellt wurde (vgl. SSW-StPO/Widmaier, § 338 Rn. 23; Radtke/Hohmann/Nagel, § 338 StPO Rn. 37). Dass die Entscheidung des Landgerichts über das Ablehnungs- gesuch den Antrag ohne nähere Ausführungen als „rechtzeitig im Sinne des § 25 Abs. 1 StPO“ erachtet, ersetzt den nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO notwendigen Revisionsvortrag schon deshalb nicht, weil dem nach Beschwerdegrundsätzen entscheidenden Revisionsgericht im Rahmen des § 338 Nr. 3 StPO die umfassende Prüfung obliegt, ob das Ablehnungsgesuch „mit Unrecht“ verworfen wurde, was auch bei einem als unbegründet zurückgewiesenen, tatsächlich jedoch bereits unzulässigen Antrag nicht der Fall ist (vgl. SSWStPO /Widmaier, § 338 Rn. 21; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 338 Rn. 27 f.).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 5 1 8 / 1 4
vom
23. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1.: Bankrottes u.a.
zu 2.: Betruges u.a.
zu 3.: Betruges u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten Am. und M.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 23. Juli
2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, § 357 StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten M. und Am. wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 16. Juni 2014,
a) soweit es den Angeklagten M. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte schuldig ist des Betruges in drei Fällen, der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in vier Fällen sowie des Bankrotts, bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen III. 2. b) cc) (1)-(2), III. 2. b) dd) (1)-(2), III. 3. b)-c) und III. 4. a)-b) der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe;
b) soweit es die Angeklagte Am. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass die Angeklagte schuldig ist der Beihilfe zum Betrug, der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in drei Fällen sowie des Bankrotts, bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen III. 3. a)-c) und III. 4. a)-b) der Urteilsgründe, über die Gesamtstrafe sowie über die Kompensation wegen Verfahrensverzögerung ;
c) soweit es den Mitangeklagten G. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Mitangeklagte schuldig ist des Betruges, der Beihilfe zum Betrug, der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in drei Fällen sowie des Bankrotts , bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. unter Freispruch im Übrigen wegen Betruges in fünf Fällen, vorsätzlicher Insolvenzverschleppung sowie vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue , zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und bestimmt, dass drei Monate der Strafe als bereits vollstreckt gelten. Die Angeklagte Am. hat es der Beihilfe zum Betrug, der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung sowie des vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue schuldig gesprochen und gegen sie eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und dahin erkannt, dass zwei Monate als bereits vollstreckt gelten. Den nicht revidierenden Mitangeklagten G. hat die Strafkammer wegen Betruges, Beihilfe zum Betrug, Insolvenzverschleppung sowie vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue, zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt und ebenfalls eine Kompensationsentscheidung getroffen. Die Revisionsführer wenden sich gegen ihre Verurteilungen mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Revision des Angeklagten M.
3
1. Der Schuldspruch weist mit Blick auf die konkurrenzrechtliche Bewertung einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten M. auf, soweit dieser wegen Betruges in fünf Fällen sowie wegen Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in fünf Fällen verurteilt worden ist. Im Einzelnen:
4
a) In den Fällen III. 2. b) cc) [S. GmbH] und dd) [h. GmbH & Co. KG] der Urteilsgründe täuschte der Angeklagte zu verschiedenen Zeitpunkten die jeweiligen Vertreter der geschädigten Gesellschaften vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht handelnd über die Leistungsfähigkeit der A. GmbH (im Folgenden: A. ) als Verkäuferin von Solarmodulen und erwirkte hierdurch jeweils den Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages. Die S. GmbH zahlte als Käuferin auf eine erstellte Ab- schlagsrechnung zunächst 26.850,51 € und - nach weiteren bewussten Falsch- angaben des Angeklagten - auf eine zweite Abschlagsrechnung weitere 61.830,08 €. Im Fall h. GmbH& Co. KG leistete die getäuschte Käuferin auf eine erstellte Abschlagsrechnung zunächst eine Anzahlung in Höhe von 58.152,91 € und- ebenfalls nach einer weiteren Täuschung durch den Angeklagten - später auch den Restkaufpreis in Höhe von 135.690,12 €. Beide Verträge erfüllte die A. in der Folgezeit nicht.
5
Hiernach hat sich der Angeklagte nicht wegen vier, sondern nur wegen zwei tatmehrheitlich zueinander stehender Taten des Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht. Mehrere Handlungen während eines Gesamtablaufs, die ebenso wie die erste Täuschung nur auf die Herbeiführung des vom Täter von vornherein ins Auge gefassten endgültigen Erfüllungsschadens gerichtet sind, haben rechtlich keine selbständige Bedeutung, mag sich der Erfüllungsschaden auch nur in Etappen realisieren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 1998 - 4 StR 274/98, NStZ-RR 1999, 110; vom 21. November 2001 - 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 168). So liegt der Fall hier. Das Vermögen der Geschädigten war bereits durch den jeweiligen Vertragsabschluss geschädigt worden. Mit der Erbringung der versprochenen Leistung in jeweils zwei Raten (Erfüllungsschaden) materialisierte sich der zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertragli- chen Ansprüche zu bestimmende Schaden und bemaß sich - wie vom Landgericht zutreffend angenommen - nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, da die Gegenleistung völlig ausblieb (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238, 239; vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639; Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, NStZ 2015, 89, 91).
6
b) Auch in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe (Zahlungen zum Vorteil der P. GmbH) hält die konkurrenzrechtliche Beurteilung durch das Landgericht, das drei selbständige Taten des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue angenommen hat, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Bei einer Deliktsserie unter Beteiligung mehrerer Personen ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden einzelnen Beteiligten gesondert zu prüfen und dabei auf seinen individuellen Tatbeitrag abzustellen. Wirkt ein Täter an einzelnen Taten anderer Beteiligter selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine Tatbeiträge hierzu im Aufbau und in der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten "Geschäftsbetriebes", sind diese Tathandlungen als uneigentliches Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Als rechtlich selbständige Taten können dem Mittäter - soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - nur solche Einzeltaten der Serie zugerechnet werden, für die er einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag leistet (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 2014 - 3 StR 365/14, NStZ 2015, 334; vom 17. September 2013 - 3 StR 259/13, juris Rn. 3).
7
Nach diesen Maßstäben liegen in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe nur zwei Taten des Angeklagten vor: Die Strafkammer hat lediglich mit der von dem Angeklagten M. durchgeführten Überweisung vom 19. Mai 2008 einen individualisierten, nur diese Einzeltat [Fall III. 3. a) der Urteilsgründe] för- dernden Tatbeitrag dieses Angeklagten festgestellt. Im Übrigen hat sie keine Feststellungen dahin getroffen, welcher der Angeklagten den gemeinsam gefassten Tatentschluss hinsichtlich der im Einzelnen dargestellten Zahlungen zum Vorteil der P. GmbH jeweils umsetzte. Der Beitrag desAngeklagten erschöpfte sich insoweit neben seiner Mitwirkung an der Tatabrede darin, dass er sich weiter um die Kundenakquise kümmerte und hierdurch half, den Geschäftsbetrieb der A. , aus dem heraus die Zahlungen zu Gunsten der P. GmbH getätigt wurden, aufrecht zu erhalten. Zu dem durch die Überweisung vom 19. Mai 2008 verwirklichten Delikt des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue tritt somit lediglich eine weitere Tat des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue als uneigentliches Organisationdelikt hinzu.
8
c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO (KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 354 Rn. 15 mwN) ab. Es ist auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die eine andere konkurrenzrechtliche Beurteilung tragen. Zusammen mit Fall III. 2. b) "cc)" (richtig "ee"), Fall 17 der Anklage) der Urteilsgründe ergeben sich insgesamt drei selbständige Delikte des Betruges und mit den Fällen III. 4. a)-b) vier Fälle des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue. § 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Bei der Neufassung des Schuldspruchs hatte die Bezeichnung des Bankrotts und der Insolvenzverschleppung als "vorsätzlich" zu entfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 1992 - 3 StR 61/92, BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung

7).


9
2. Zum Strafausspruch gilt:
10
a) Die Änderung der Konkurrenzverhältnisse führt zum Wegfall der für die Fälle III. 2. b) cc) (1)-(2) und dd) (1)-(2) sowie für die Fälle III. 3. b) und c) der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen. Die im Fall II. 3. a) festgesetzte Einzelstrafe kann bestehen bleiben, weil sie angesichts des von der Kammer festgestellten individualisierten Tatbeitrages des Angeklagten von dem Rechtsfehler nicht betroffen ist.
11
b) Keinen Bestand haben auch die Einzelstrafen für die Fälle III. 4. a) und b) der Urteilsgründe (Darlehensgewährung an die AngeklagtenM. und G. ). Die Strafkammer hat insoweit das Vorliegen besonders schwerer Fälle gemäß § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB mit der Erwägung bejaht, dass der Angeklagte bei beiden Taten gewerbsmäßig gehandelt habe. Diese Annahme tragen die Urteilsgründe nicht. Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282). Zu der hiernach erforderlichen Wiederholungsabsicht verhalten sich die Urteilsgründe - auch im Gesamtzusammenhang des Urteils - nicht.
12
c) Die Aufhebung der vorstehend genannten Einzelstrafen entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.
13
3. Im Übrigen hat die auf die Sachbeschwerde gebotene umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten M. ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
14
a) Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO strafbar gemacht hat.
15
aa) Nach den diesbezüglichen Feststellungen waren die Angeklagten und der nicht revidierende Mitangeklagte G. Geschäftsführer und Gesellschafter der A. . Ab Dezember 2007 kam es mangels Deckung der auf Guthabenbasis geführten Geschäftskonten zu näher dargestellten Rückbuchungen in Höhe von insgesamt 12.716,77 €. Am 31. Dezember 2007 betrug "das Ver- mögen derA. … 177.753,42 €", während sich "die Schulden auf 275.279,57 €" beliefen, "so dass sich ein negatives Reinvermögen und damit eine rechnerische Überschuldung in Höhe von 97.526,15 € ergaben. Zu diesem Zeitpunkt wussten die Angeklagten zumindest, dass die A. ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen konnte." In der Folgezeit besserte sich die Situation nicht. Mit Versäumnisurteil vom 2. Januar 2008 titulierte das Landgericht Traunstein gegen die A. einen Zahlungsanspruch in Höhe von 63.592,89 €, es folgten weitere - in den Urteilsgründen näher dargelegte - Rückbuchungen, eine Kontenpfändung seitens des Finanzamtes, die Anmahnung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für die Monate August bis Oktober 2007 sowie am 18. April 2008 eine erneute Pfändungsandrohung durch das Finanzamt. In der Gesellschafterversammlung vom 27. April 2008 beschlossen die Angeklagten mit dem Mitangeklagten G. , dass die vollen Geschäftsführer-Gehälter zunächst nur noch anteilsmäßig gezahlt würden, wenn Geld auf dem Firmenkonto vorhanden sei. Einen Insolvenzantrag stellten die Angeklagten nicht; erst am 13. Januar 2009 wurde das Insolvenzverfahren aufgrund des Insolvenzantrags einer Gläubigerin eingeleitet.
16
bb) Diese Feststellungen belegen entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht, dass die A. bereits zum 31. Dezember 2007 zahlungsunfähig oder überschuldet im Sinne von § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO war.
17
Zahlungsunfähigkeit liegt gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Sie ist in der Regel durch eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits festzustellen (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02, NStZ 2003, 546, 547, sog. betriebswirtschaftliche Methode). Eine derartige Gegenüberstellung enthält das Urteil nicht. Soweit dort die am 31. Dezember 2007 bestehenden "Schulden" dem "Vermögen" der A. gegenübergestellt werden, lässt sich - auch im Gesamtzusammenhang des Urteils - nicht erkennen, dass hiermit ausschließlich fällige Verbindlichkeiten gemeint waren.
18
Die Zahlungsunfähigkeit kann zwar auch durch sogenannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen belegt werden (sog. wirtschaftskriminalistische Methode; vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 156). Als solche kommen unter anderem in Betracht die ausdrückliche Erklärung, nicht zahlen zu können, das Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen , gescheiterte Vollstreckungsversuche, Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern, der Sozialversicherungsabgaben oder der sonstigen Betriebskosten, Scheck- und Wechselproteste oder Insolvenzanträge von Gläubigern (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2013 - 1 StR 665/12, BGHR InsO § 15a Abs. 4 Zahlungsunfähigkeit 1; G/J/W/Otte, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 15a InsO Rn. 68 mwN). Auch aufgrund derartiger Indizien lässt sich anhand der Urteilsgründe aber nicht nachvollziehen, dass die A. zum 31. Dezember 2007 zahlungsunfähig war. Festgestellt sind bis zu diesem Tag nur Rückbu- chungen in Höhe von insgesamt 12.716,77 € und eine- durch ein zwei Tage später ergangenes Versäumnisurteil titulierte - Verbindlichkeit in Höhe von 63.592,84 €. Diesen Schulden stand jedoch ein Vermögen in Höhe von 177.753,42 € gegenüber. Angesichts dessen versteht es sich nicht von selbst, dass keine Finanzmittel zur Tilgung der fälligen Verbindlichkeiten bereitstanden , was daher der näheren Begründung bedurft hätte.
19
Auch eine Überschuldung der A. zum 31. Dezember 2007 lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Diese liegt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn das Vermögen die Schulden nicht mehr deckt. Um sie zu ermitteln , bedarf es eines Überschuldungsstatus in Form einer Vermögensbilanz, die über die tatsächlichen Werte des Gesellschaftsvermögens Auskunft gibt (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02, NStZ 2003, 546, 547). Eine solche bilanzielle Darstellung des Überschuldungsstatus enthalten die Urteilsgründe nicht. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Tatbestandsalternative der Überschuldung auch ein vorsätzliches Handeln des Angeklagten nicht festgestellt.
20
cc) Die Urteilsgründe belegen aber eine Zahlungsunfähigkeit der A. jedenfalls zum 27. April 2008. Neben den bereits dargestellten Krisensignalen sind insoweit weitere Rückbuchungen in Höhe von mindestens 15.945,45 €, eine Kontenpfändung in Höhe von 7.695,58 € und eine weitere Pfändungsan- drohung seitens des Finanzamtes in die Bewertung einzustellen, die schließlich in dem Gesellschafterbeschluss vom 27. April 2008 mündeten, wonach die Gehälter für die Geschäftsführung nur noch dann anteilsmäßig ausgezahlt werden sollten, soweit die - auf Guthabenbasis geführten - Gesellschaftskonten entsprechende Guthaben auswiesen. In einer Gesamtschau belegen diese Beweisanzeichen sicher, dass die A. zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage war, ihre fälligen Verbindlichkeiten kurzfristig zu erfüllen. Soweit die Urteilsgründe an anderer Stelle Zahlungseingänge vom 25. April 2008 (UA S. 19) und vom 30. April 2008 (UA S. 13) in fünf- und sechsstelliger Höhe ausweisen, sind diese nicht geeignet, die Indizwirkung der aufgeführten Beweisanzeichen zu entkräften. Da es sich hierbei um - rechtsfehlerfrei festgestellte - betrügerisch erwirkte Vorauszahlungen der Kunden der A. handelte, bestanden insoweit bereits mit der Zahlung fällige Rückzahlungsansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 31 BGB) in entsprechender Höhe.
21
dd) Soweit entgegen der Auffassung des Landgerichts für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht bereits auf den 31. Dezember 2007, sondern auf den 27. April 2008 abgestellt wird, steht § 265 StPO dem nicht entgegen. Der Angeklagte hätte sich gegen den so gefassten Tatvorwurf nicht wirksamer als geschehen verteidigen können; insbesondere hat die Strafkammer eine vom 31. Dezember 2007 an durchgängig bestehende Zahlungsunfähigkeit angenommen und sich insoweit auch mit Angaben des Angeklagten zu wirtschaftlichen Vorgängen auseinandergesetzt, die zeitlich nach dem 27. April 2008 lagen ("5-Megawatt-Deal").
22
ee) Auch der Strafausspruch bleibt unberührt. Soweit die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt hat, dass der Insolvenzantrag "über einen langen Zeitraum" nicht gestellt worden ist, trägt diese Erwägung auch hinsichtlich des 27. Aprils 2008 als maßgeblichem Stichtag für die Zahlungsunfähigkeit.
23

b) Die Kompensationsentscheidung wird von der Teilaufhebung des Schuld- und Strafausspruches nicht erfasst (BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, NStZ 2010, 531, 532).
24
Sie ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil sich das Landgericht bei der Bemessung der Kompensation rechtsfehlerhaft an der Höhe der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe orientiert hat. Die im Wege des sog. Vollstreckungsmodells vorzunehmende Kompensation koppelt den Ausgleich für das erlittene Verfahrensunrecht von Fragen des Tatunrechts, der Schuld und der Strafhöhe ab. Der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung dar. Sie richtet sich nicht nach der Höhe der Strafe. Auch das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld spielen weder für die Frage, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist, noch für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2011 - 3 StR 206/11, NStZ 2012, 316, 317 mwN; vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 138). Der Senat kann aber ausschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des richtigen Maßstabs auf eine noch höhere Kompensation als drei Monate entschieden hätte.
25
II. Revision der Angeklagten Am.
26
1. Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Fälle III. 3. a)-c) der Urteilsgründe (Taten zum Vorteil der P. GmbH) durch das Landgericht als drei selbständige Delikte des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue erweist sich auch hinsichtlich der Angeklagten Am. aus den zur Revision des Angeklagten M. dargestellten Gründen als rechtsfehlerhaft. Da die Strafkammer keine nur jeweils eine Einzeltat fördernden Tatbeiträge der Angeklagten Am. festge- stellt hat, ist die - im Übrigen rechtsfehlerfrei festgestellte - mittäterschaftliche Mitwirkung der Angeklagten Am. hinsichtlich der Zahlungen zu Gunsten der P. GmbH nach den im Rahmen der Revision des Angeklagten M. dargestellten Maßstäben zum uneigentlichen Organisationsdelikt als eine Tat zu werten.
27
Der Schuldspruch war entsprechend § 354 Abs. 1 StPO zu ändern. Der Senat kann ausschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen zu individualisierten Tatbeiträgen der Angeklagten Am. möglich wären. Zusammen mit den Fällen III. 4. a) und b) der Urteilsgründe ergeben sich insgesamt drei Fälle des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue. § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, da sich die Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
28
2. Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses führt zum Wegfall der in den Fällen III. 3. a) bis c) festgesetzten Einzelstrafen.
29
Aufzuheben sind darüber hinaus die in den Fällen III. 4. a) und b) der Urteilsgründe (Darlehensgewährung an die Angeklagten M. und G. ) verhängten Einzelstrafen. Die Strafkammer ist bei der Strafrahmenwahl vom Vorliegen besonders schwerer Fälle gemäß § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB ausgegangen. Wie bereits dargelegt, handelt gewerbsmäßig, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will. Die Gewerbsmäßigkeit setzt dabei stets eigennütziges Handeln und damit einen vom Täter erstrebten Zufluss von Vermögensvorteilen an sich selbst voraus; es genügt daher nicht, wenn eine Einnahmequelle allein für Dritte geschaffen werden soll (BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 2014 - 4 StR 584/13, StraFo 2014, 215; vom 19. De- zember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282). Dass die AngeklagteAm. aus den Darlehensgewährungen der A. an den Angeklagten M. und den Mitangeklagten G. eigene finanzielle Vorteile gezogen hat oder ziehen wollte, ist nicht festgestellt. Daneben belegen die Urteilsgründe auch nicht, dass die Angeklagte Am. mit der erforderlichen Wiederholungsabsicht handelte.
30
Auch wenn das Landgericht im Rahmen der konkreten Strafzumessung mildernd zu Gunsten der Angeklagten Am. bedacht hat, dass diese von den Darlehen nicht selbst profitierte, kann der Senat nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des Regelstrafrahmens auf eine mildere Rechtsfolge erkannt hätte.
31
Der Wegfall der genannten Einzelstrafen entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.
32
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Gewerbsmäßigkeit ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB ist. Der Beteiligte, bei dem sie fehlt, kann daher nicht allein deshalb nach § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB bestraft werden, weil andere Mittäter gewerbsmäßig gehandelt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - 4 StR 584/13, StraFo 2014, 215).
33
3. Die Kompensationsentscheidung des Landgerichts kann keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat den Ausgleich für die festgestellten Verfahrensverzögerungen auch bei der Angeklagten Am. unter Berücksichtigung der konkreten Höhe der verhängten Freiheitsstrafen bestimmt. Dies ist aus den zur Revision des Angeklagten M. dargelegten Gründen rechtsfehlerhaft. Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung der zutreffenden Maßstäbe zu einer der Angeklagten Am. günstigeren Entscheidung gelangt wäre.
34
4. Im Übrigen hat die Revision keinen Erfolg. Insbesondere hält auch der Schuldspruch wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 InsO) der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Senat nimmt insoweit auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Revision des Angeklagten M. Bezug.
35
III. Nach § 357 StPO ist die Entscheidung im Hinblick auf die fehlerhafte konkurrenzrechtliche Beurteilung der Fälle III. 3. a)-c) der Urteilsgründe auf den Mitangeklagten G. zu erstrecken, da insoweit Schuld- und Strafausspruch auf demselben sachlich-rechlichen Mangel (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 5 StR 276/04, NJW 2005, 374, 376) beruhen.
36
Im Übrigen scheidet eine Erstreckung aus: Hinsichtlich der rechtsfehlerhaften Annahme eines gewerbsmäßigen Handelns im Rahmen der Fälle III. 4. a)-b) der Urteilsgründe handelt es sich um einen Darstellungsmangel der Strafzumessung , der bei dem Mitangeklagten G. aufgrund derErleichterungen des § 267 Abs. 4 StPO (vgl. LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 267 Rn. 137) nicht gegeben ist. Bei der fehlerhaften Bestimmung der Kompensation kommt eine direkte oder analoge Anwendung von § 357 StPO schließlich ebenfalls nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 364/08, NJW 2009, 307, 308 mwN). Becker Hubert Schäfer RiBGH Gericke befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Mayer Becker

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 1/16
vom
20. April 2016
in dem selbständigen Verfallsverfahren
gegen
wegen Verfalls
ECLI:DE:BGH:2016:200416B1STR1.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. April 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Verfallsbeteiligten wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 10. September 2015 mit den Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat in dem selbständigen Verfallsverfahren festgestellt, dass die Verfallsbeteiligte durch Taten des Angeklagten B. Vermögenswerte im Gesamtwert von 458.407,34 € erlangt hat und der Verfall von Wertersatz nicht angeordnet werden kann, weil Ansprüche der Verletzten entgegenstehen. Die Revision der Verfallsbeteiligten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Sie hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde die Verfallsbeteiligte – eine türkische Gesellschaft mit beschränkter Haftung und selbständiger Zweigniederlassung in G. – am 21. Februar 1997 von dem Angeklagten B. gegründet, der 95 % der Gesellschaftsanteile hielt. Das Verfahren wurde zunächst gegen den Angeklagten B. betrieben, wobei die Nebenbeteiligung der Verfallsbeteiligten angeordnet war. Infolge unbekannten Aufenthalts wurde das Verfahren vom Landgericht gegen den Angeklagten B. gemäß § 205 StPO vorläufig eingestellt und gegen die Verfallsbeteiligte im selbständigen Verfallsverfahren fortgesetzt. Der Angeklagte B. war zumindest bis Mitte 2008 alleiniger faktischer Geschäftsführer der Verfallsbeteiligten und formal als Einzelprokurist der selbständigen Zweigniederlassung der Verfallsbeteiligten im Handelsregister eingetragen. Die Verfallsbeteiligte beschäftigte von April 2003 bis Mai 2008 insgesamt 98 türkische Arbeitnehmer im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auf verschiedenen Baustellen in Deutschland und führte mit diesen insgesamt 36 Werkverträge über Rohbauarbeiten aus. Den vorgenannten türkischen Arbeitnehmern standen im Tatzeitraum nach dem jeweils gültigen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für das Bauhauptgewerbe Mindeststundenlöhne (brutto) in Höhe von 10,12 € bis 10,40 € zu. Ihre regelmäßige monatliche Arbeitszeit belief sich auf 200 bis 220 Arbeitsstunden. Sämtliche türkische Arbeitnehmer wurden für die Verfallsbeteiligte in der Türkei ausschließlich für eine Tätigkeit auf deutschen Baustellen angeworben und waren weder vor noch nach dieser Beschäftigung für die Verfallsbeteiligte in der Türkei tätig. Gegenüber den türkischen und deutschen Behörden wurde die Tätigkeit aller 98 türkischen Arbeitnehmer mit Wissen und Wollen des Angeklagten B. als sog. „Entsendefall“ dargestellt; d.h. als ein Sachverhalt, bei welchem ein Arbeitneh- mer eines Unternehmens mit Sitz in der Türkei vorübergehend zur Arbeitsleis- tung in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland entsandt wird, um dort eine Arbeit für Rechnung dieses Unternehmens auszuführen. Die türkischen Behörden stellten den türkischen Arbeitnehmern auf Antrag der Verfallsbeteiligten bzw. der jeweiligen Arbeitnehmer sog. A/T 1 oder A/T 11-Entsendebescheinigungen aus. Der Angeklagte B. wusste, dass es bei keinem der türkischen Arbeitnehmer eine Vorbeschäftigung oder eine von vornherein vorgesehene Anschlussbeschäftigung bei der Verfallsbeteiligten in der Türkei gab. Er unterließ die Anmeldung der türkischen Arbeitnehmer zur deutschen Sozialversicherung unter Berufung auf das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über soziale Sicherheit vom 30. April 1964 (BGBl. 1965 II, S. 1170), zuletzt ergänzt durch Zusatzabkommen vom 2. November 1984 (BGBl. 1984 II, S. 1040) und entrichtete für die 98 türkischen Arbeitnehmer in der Türkei Sozialversicherungsbeiträge für die Dauer der „Entsendezeit“ nach Deutschland. Der alleinige faktische Geschäftsführer der Ver- fallsbeteiligten, der Angeklagte B. , war jedoch tatsächlich verpflichtet, die türkischen Arbeitnehmer bei der zuständigen Einzugsstelle – der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) – als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer anzumelden und der genannten Einzugsstelle gemäß § 28a SGB IV monatlich für jeden in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung bzw. nach dem Recht der Arbeitsförderung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten Meldung zu erstatten. Darüber hinaus war er verpflichtet, die Beiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit entsprechend diesen Meldungen bei Fälligkeit monatlich an die genannte Einzugsstelle abzuführen. Diesen Verpflichtungen kam der Angeklagte B. im Zeitraum April 2003 bis Mai 2008 nicht nach, wodurch er der Verfallsbeteiligten die Abführung entsprechender Sozialversicherungsbeiträge ersparte.
3
Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge legte das Landgericht den tariflichen Mindestbruttolohn und die von den türkischen Arbeitnehmern für die Verfallsbeteiligte geleisteten Arbeitsstunden zugrunde. Die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit der türkischen Arbeitnehmer ermittelte das Landgericht im Wege der Schätzung unter Hinzuziehung der vom Zoll aufgefundenen Arbeitsstundenaufzeichnungen und entsprechenden zeugenschaftlichen Bekundungen türkischer Arbeitnehmer zu ihren Arbeitszeiten. Die danach festgestellten vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge führte das Landgericht für die einzelnen Monate – getrennt nach Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil – tabellarisch auf, ohne allerdings die Berechnung im Einzelnen darzulegen und die maßgeblichen Beitragssätze der örtlich zuständigen Krankenkasse sowie die gesetzlichen Beitragssätze der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung anzuführen. Ausweislich der tatrichterlichen Feststellungen beläuft sich der Gesamtbetrag nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge auf 801.030,57 €, wobei sich ein Arbeitgeberanteil in Höhe von 323.997,47 € und ein Arbeitnehmeranteil in Höhe von 477.033,10 € ergibt. Von dieser Summe hat das Landgericht – ohne konkrete Anhaltspunkte – einen Sicherheitsabschlag in Höhe von 20 % vorgenommen, um auszugleichen , dass einzelne Arbeitnehmer weniger gearbeitet haben könnten, so dass sich ein Gesamtbetrag nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 640.824,45 € ergibt. Letztlich wurde der vom Landgericht als erlangt festgestellte Betrag auf 458.407,34 € beschränkt, weil in dieser Höhe Vermögenswerte der Verfallsbeteiligten gesichert worden waren.
4
Im Rahmen der Beweiswürdigung hat sich das Landgericht im Hinblick auf die Feststellungen zu den vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum April 2003 bis Mai 2008 auf die Bekundungen des ZeugenM. gestützt, der bei der Deutschen Rentenversicherung für die Berechnung der Beitragsforderungen zuständig ist und dem Landgericht im Rahmen der Beweisaufnahme den Berechnungsvorgang erläuterte. Der Zeuge M. habe die monatliche Bruttolohnsumme errechnet, indem er die vom Zoll ermittelten Ar- beitsstunden der türkischen Arbeitnehmer mit den jeweils gültigen Mindestlöhnen der niedrigsten Lohngruppe (Lohngruppe I) des gültigen allgemeinverbindlichen Tarifvertrags für das Bauhauptgewerbe multipliziert habe. Sodann habe er „unter Anwendung der jeweiligen im Urteil nicht näher genannten Arbeitge- ber- und Arbeitnehmerbeitragssätze zur Sozialversicherung“ die offenen Sozialversicherungsbeiträge – gegliedert nach Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil – für jeden der 62 verfahrensgegenständlichen Monate errechnet. Dieser Berechnungsmethode ist das Landgericht gefolgt, wobei es zum einen davon abgesehen hat, für die Monate April 2003 bis Juli 2004 Arbeitgeberanteile als vorenthalten zu berücksichtigen, und zum anderen – ohne konkrete Anhaltspunkte – den bereits erwähnten Sicherheitsabschlag von 20 % vorgenommen hat.

II.

5
Das Urteil hält rechtlicher Überprüfung nicht vollumfänglich stand.
6
Dem Tatgericht obliegt es nach ständiger Rechtsprechung, die geschuldeten Beiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl , Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93 und vom 22. März 1994 - 1 StR 31/94; Urteil vom 20. März 1996 - 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543; Radtke in MüKo StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 61, 133), weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht möglich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635; Radtke in MüKo StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 136). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschluss vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Dementsprechend genügt es gerade nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2002 - 5 StR 16/02, BGHSt 47, 318). Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (BGH, Beschluss vom 4. März 1993 - 1 StR 16/93, StV 1993, 364; Radtke in MüKo StGB, 2. Aufl., § 266a Rn. 133).
7
Den vorgenannten Anforderungen trägt das Urteil nicht ausreichend Rechnung. Zwar bestehen gegen die Schätzung des Landgerichts hinsichtlich der durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit der türkischen Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der aufgefundenen Arbeitsstundenaufzeichnungen und der zeugenschaftlichen Bekundungen türkischer Arbeitnehmer zu ihren Arbeitszeiten keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Allerdings stützt das Landgericht seine Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge allein auf die Bekundungen und Berechnung des Zeugen M. von der Deutschen Rentenversicherung, ohne die Berechnung für das Revisionsgericht im Einzelnen nachvollziehbar darzulegen. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Landgericht lediglich ausgeführt, dass die vorenthaltenen Sozialversiche- rungsbeiträge anhand der ermittelten Bruttolohnsumme „unter Anwendung der jeweiligen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitragssätze zur Sozialversicherung“ errechnet worden seien. Welche Beitragssätze letztlich der Berechnung zugrunde liegen, führt das Urteil nicht aus, weshalb eine Berechnung der vorent- haltenen Sozialversicherungsbeiträge nicht möglich ist und diese unzureichenden Feststellungen damit einer vollumfänglichen revisionsgerichtlichen Nachprüfung entgegenstehen.
8
Auch ist es im vorliegenden Fall nicht ausnahmsweise ausreichend, lediglich die Höhe der vorenthaltenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge und die darin enthaltenen Arbeitnehmeranteile, die geschädigten Krankenkassen und die betroffenen Beitragsmonate festzustellen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - 1 StR 424/10, NStZ 2011, 161), weil es sich gerade nicht um einen Fall des schlichten Nichtzahlens ordnungsgemäß angemeldeter Beiträge handelt, bei welchem der vom Arbeitgeber eingereichte Beitragsnachweis gemäß § 28f Abs. 3 S. 3 SGB IV die geschuldeten und in der Regel vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge belegt.
9
Der Senat kann infolge der fehlenden revisionsgerichtlichen Nachprüfbarkeit – auch in Anbetracht des großzügigen Sicherheitsabschlags in Höhe von 20 % und der wenig nachvollziehbaren Beschränkung auf den Betrag, in dessen Höhe Vermögenswerte der Verfallsbeteiligten gesichert werden konnten – nicht ausschließen, dass das angefochtene Urteil auf dem vorgenannten Mangel beruht und möglicherweise bei richtiger Anwendung des Gesetzes anders ausgefallen wäre.
10
Das neue Tatgericht wird dementsprechend unter Beachtung obiger Ausführungen neue Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge zu treffen haben. Die übrigen Feststellungen des Landgerichts sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und bleiben insoweit bestehen.
11
Da das Urteil im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweist, war die weitergehende Revision der Verfallsbeteiligten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen. Raum Graf Jäger Cirener RinBGH Dr. Fischer ist im Urlaub und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.