Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2015 - 4 StR 39/15

bei uns veröffentlicht am25.02.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR39/15
vom
25. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Diebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 25. Februar 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten K. gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 25. August 2014 wird mit der Maßgabe verworfen, dass dieser Angeklagte dreier Fälle der Beihilfe zum Diebstahl sowie dreier Fälle der Beihilfe zum versuchten Diebstahl schuldig ist.
Der Angeklagte K. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 25. August 2014 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen B.VII. und B.VIII. der Urteilsgründe verurteilt worden ist, sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten M. wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels dieses Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen „Beihilfe zum Dieb- stahl in sechs Fällen, wovon es in drei Fällen beim Versuch blieb,“ zu einer Ge- samtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M. hat es wegen „Diebstahls in vier Fällen, wovon es in zwei Fällen beim Versuch blieb,“ eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verhängt. Hiergegen wenden sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge; der Angeklagte K. hat zudem eine – nicht ausgeführte – Verfahrensrüge erhoben. Das Rechtsmittel des Angeklagten K. führt lediglich zu einer Klarstellung des Schuldspruchs. Die Revision des Angeklagten M. hat hinsichtlich der Verurteilung in den Fällen B.VII. und B.VIII. der Urteilsgründe und – infolgedessen – im Gesamtstrafenausspruch Erfolg.
2
1. Die Beweiswürdigung ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen stellt. Die schriftlichen Urteilsgründe müssen daher so sorgfältig und strukturiert abgefasst sein, dass die tatgerichtliche Entscheidung nachvollziehbar und einer revisionsrechtlichen Überprüfung anhand dieses Maßstabes zugänglich ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. August 2014 – 3 StR 224/14 mwN).
3
Dabei dienen die schriftlichen Urteilsgründe nicht der Nacherzählung des Ablaufs der Ermittlungen oder der Dokumentation des Gangs der Hauptverhandlung. Die Annahme, es sei notwendig, das Revisionsgericht im Detail darüber zu unterrichten, welche Ergebnisse die im Hauptverhandlungsprotokoll verzeichneten Beweiserhebungen erbracht haben, ist verfehlt (BGH aaO). Auch muss der Tatrichter nicht für alle Feststellungen einen Beleg erbringen (BGH, Urteil vom 17. April 2014 – 3 StR 27/14, NStZ-RR 2014, 279 f. mwN). Er ist im Fall einer Verurteilung des Angeklagten grundsätzlich aber verpflichtet, die für den Schuldspruch wesentlichen Beweismittel im Rahmen seiner Beweiswürdigung heranzuziehen und einer erschöpfenden Würdigung zu unterziehen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 20. März 2002 – 5 StR 448/01). Insofern beurteilt sich die Erörterungsbedürftigkeit nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme; (nur) mit Umständen, die im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch beweiserheblich waren, muss sich der Tatrichter im Urteil auseinandersetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Mai 2000 – 1 StR 183/00, NStZ-RR 2001, 174 f.; Urteil vom 24. Januar 2006 – 5 StR 410/05). Es ist deshalb regelmäßig überflüssig, nach den tatsächlichen Feststellungen sämtliche in der Hauptverhandlung erhobenen Beweismittel, auf denen das Urteil beruhen soll, aufzuzählen; dies kann die Würdigung der Beweise nicht ersetzen (so bereits BGH, Beschluss vom 17. Oktober 1996 – 1 StR 614/96) und stellt lediglich eine vermeidbare Fehlerquelle dar, da sie Anlass zu Rügen nach § 261 StPO geben kann (BGH, Beschluss vom 17. November 1999 – 3 StR 385/99, NStZ 2000, 211).
4
2. Daran gemessen ist verfehlt, dass das Landgericht im Anschluss an die Feststellungen mitteilt, dass diese unter anderem auf den Angaben von 17, teils sogar mit ihren Geburtsnamen bezeichneten Zeugen, auf im Einzelnen aufgeführten, in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden und in Augenschein genommenen Lichtbildern beruhen, es indes auf die Lichtbilder weder gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO verweist, noch die Inhalte der Urkunden näher mitteilt und von den 17 vernommenen Zeugen im Folgenden lediglich fünf Aussagen dargestellt und erörtert werden.
5
3. Hierauf beruht das Urteil hinsichtlich des Angeklagten K. aber nicht. Denn das Landgericht stützt seine Überzeugung von der Täterschaft dieses Angeklagten auf dessen Geständnis sowie auf das dieses bestätigende (Teil-) Geständnis des an einem Teil der dem Angeklagten K. zur Last gelegten Taten beteiligten Angeklagten M. und eines weiteren, als Zeugen vernommenen Beteiligten an einer der Taten.
6
Da das Urteil hinsichtlich des Angeklagten K. auch im Übrigen keinen ihn beschwerenden Rechtsfehler aufweist, hat sein Rechtsmittel keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Senat fasst jedoch – entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 23. Januar 2015 – den Schuldspruch neu, um insbesondere klarzustellen, dass der Angeklagte K. nicht einer versuchten Beihilfe zum Diebstahl in drei Fällen schuldig ist, sondern dreier Fälle der Beihilfe zum versuchten Diebstahl.
7
4. Dagegen hat das Rechtsmittel des Angeklagten M. in den Fällen B.VII. und B.VIII. der Urteilsgründe Erfolg.
8
Hinsichtlich des Falls B.III. der Urteilsgründe stützt das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft zwar rechtsfehlerfrei auf die Geständnisse des Angeklagten M. und des Angeklagten K. . Auch trägt im Fall B.VI. der Urteilsgründe insbesondere das Geständnis des Angeklagten K. und die Aussage des an dieser Tat beteiligten Zeugen die Feststellung, der Angeklagte M. sei Mittäter dieses Einbruchdiebstahls.
9
Nicht von den Ausführungen in der Beweiswürdigung getragen wird aber die Feststellung, der Angeklagte M. habe sich auch in den Fällen B.VII. und B.VIII. der Urteilsgründe als (Mit-)Täter an den (versuchten) Einbruchdiebstählen beteiligt. Zu diesen Tatvorwürfen schwieg der Angeklagte M. , der Angeklagte K. war an ihnen nicht beteiligt und ein Augenzeuge konnte im Fall B.VIII. nur eine „grobe Beschreibung“ eines Täters geben, die – ohne dass die Strafkammer dies näher erläutert – „durchaus auf den Angeklagten M. zutrifft“ (UA S. 11). Ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten M. stützt die Strafkammer wesentlich darauf, dass im Fall B.VII. vor dem Gebäude, in das eingebrochen worden war, ein Kopfhörer und im Fall B.VIII. am Tatort ein Hammer mit der DNA des Angeklagten M. gefundenwurde (UA S. 11). Nähere Ausführungen zu den DNA-Gutachten – die vermutlich in der Einleitung zur Beweiswürdigung als verlesene Urkunden „aufgelistet“ sind – enthält das Urteil nicht.
10
Dies genügt den Anforderungen an eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung nicht. Denn das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind. Für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung ist danach erforderlich, dass der Tatrichter mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben, mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist und, sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, inwieweit dieser Umstand bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war (vgl. Senat, Urteil vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NJW 2014, 2454, 2455).
11
Da das Urteil hierzu keinerlei Ausführungen enthält, hat es hinsichtlich des Angeklagten M. in den Fällen B.VII. und B.VIII. der Urteilsgründe keinen Bestand. Dies hat die Aufhebung des Ausspruchs über die gegen ihn verhängte Gesamtstrafe zur Folge. Im Übrigen weist das Urteil keinen diesen Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf (§ 349 Abs. 2 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2015 - 4 StR 39/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2015 - 4 StR 39/15

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese
Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2015 - 4 StR 39/15 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2015 - 4 StR 39/15 zitiert oder wird zitiert von 22 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2015 - 4 StR 39/15 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2006 - 5 StR 410/05

bei uns veröffentlicht am 24.01.2006

5 StR 410/05 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 24. Januar 2006 in der Strafsache gegen wegen Totschlags Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Januar 2006, an der teilgenommen haben: Richter Basdorf als

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2002 - 5 StR 448/01

bei uns veröffentlicht am 20.03.2002

Nachschlagewerk: ja BGHSt : nein Veröffentlichung: ja StGB § 27; AO § 370 Abs. 1; § 41 Abs. 2; UStG § 15 Abs. 1 1. Wird durch Abschluß eines Scheinvertrages eine Gehaltszahlung verschleiert, so kann darin Beihilfe zur Einkommensteuerhinterziehu

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Mai 2000 - 1 StR 183/00

bei uns veröffentlicht am 30.05.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 183/00 vom 30. Mai 2000 in der Strafsache gegen wegen sexueller Nötigung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Mai 2000 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Aug. 2014 - 3 StR 224/14

bei uns veröffentlicht am 07.08.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 224/14 vom 7. August 2014 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. August 2014

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juni 2014 - 4 StR 439/13

bei uns veröffentlicht am 05.06.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 439/13 vom 5. Juni 2014 BGHSt: nein BGHR: ja (nur III.) Nachschlagewerk: ja (nur III.) Veröffentlichung: ja (nur III.) ––––––––––––––––––––––––––- StPO § 267 Abs. 1 Satz 2 Nach dem

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Apr. 2014 - 3 StR 27/14

bei uns veröffentlicht am 17.04.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 2 7 / 1 4 vom 17. April 2014 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu 2.: Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in ni
16 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2015 - 4 StR 39/15.

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2020 - 4 StR 652/19

bei uns veröffentlicht am 11.02.2020

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 652/19 vom 11. Februar 2020 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes in elf tateinheitlichen Fällen u.a. ECLI:DE:BGH:2020:110220B4STR652.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des G

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2016 - 1 StR 194/16

bei uns veröffentlicht am 22.11.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 194/16 vom 22. November 2016 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung ECLI:DE:BGH:2016:221116U1STR194.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22.

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2018 - 4 StR 377/17

bei uns veröffentlicht am 18.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 377/17 vom 18. Januar 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen zu 1. und 3.: Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl u.a. zu 2. und 4.: schweren Bandendiebstahls u.a. ECLI:DE:BGH:2018:180118B4STR377.17.0

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2018 - 3 StR 195/18

bei uns veröffentlicht am 20.09.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 195/18 vom 20. September 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen zu 1. und 2.: Geiselnahme u.a. zu 3.: besonders schweren Raubes u.a. ECLI:DE:BGH:2018:200918U3STR195.18.0 Der 3. St

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 224/14
vom
7. August 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. August
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 23. Oktober 2013, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil in den Einzelstrafaussprüchen betreffend die Fälle B. I. 6 und 7 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die zweite Gesamtfreiheitsstrafe mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der jeweiligen Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen unter jeweiliger Einbeziehung von Strafen aus Vorverurteilungen zu zwei Gesamtfreiheitsstrafen von fünf Jahren sowie von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt , Wertersatzverfall in Höhe von 17.000 € angeordnet sowie den Angeklagten im Übrigen freigesprochen. Die Revision des Angeklagten richtet sich mit materiell- und verfahrensrechtlichen Rügen gegen seine Verurteilung. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit der Sachrüge die Strafzumessung in den Fällen B. I. 6 und 7 der Urteilsgründe. Beide Rechtsmittel haben Erfolg.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts entschloss sich der wegen begangener Betäubungsmittelstraftaten inhaftierte Angeklagte im Februar 2011, aus der Justizvollzugsanstalt heraus weiterhin Rauschgiftgeschäfte zu tätigen und vornehmlich Kokain zu verkaufen. Er gewann den gesondert verfolgten R. dafür, mit ihm in arbeitsteiligem Vorgehen die Geschäfte durchzuführen. Dem Angeklagten kam dabei die führende Position zu. Er bestimmte die einzukaufende Menge und die Preise für den Weiterverkauf, während R. entsprechend den Vorgaben des Angeklagten für die Entgegennahme, Bezahlung sowie den Absatz der Drogen verantwortlich war. In einzelnen Fällen nahm der Angeklagte auch direkt Kontakt zu potentiellen Abnehmern auf. Nach Absprache mit dem Angeklagten übernahm R. in der Zeit vom 19. Juli 2011 bis zum 26. September 2011 in fünf Fällen (Fälle B. I. 1 bis 5 der Urteilsgründe) von dem gesondert verfolgten S. jeweils 100 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils 31,5%. In zwei weiteren Fällen (Fälle B. I. 6 und 7 der Urteilsgründe) kaufte er am 4. und 13. Oktober 2011 von S. jeweils 200 Gramm Kokain mit demselben Wirkstoffgehalt.
3
I. Revision des Angeklagten
4
Das Rechtsmittel des Angeklagten dringt mit der Sachrüge durch; auf die Beanstandungen des Verfahrens kommt es deshalb nicht mehr an. Der Angeklagte rügt zu Recht, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts materiellrechtlicher Prüfung nicht standhält. Den Urteilsgründen ist insbesondere auch in ihrem Gesamtzusammenhang nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Erwägun- gen die Strafkammer sich ihre Überzeugung davon verschafft hat, dass der Angeklagte sich an jedem einzelnen der abgeurteilten Betäubungsmittelgeschäfte durch einen individuellen Tatbeitrag beteiligte.
5
1. Die Beweiswürdigung ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlichrechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen stellt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 - 3 StR 154/14, juris Rn. 8, mwN). Die schriftlichen Urteilsgründe müssen daher so sorgfältig und strukturiert abgefasst sein, dass die tatgerichtliche Entscheidung nachvollziehbar und einer revisionsrechtlichen Überprüfung anhand dieses Maßstabes zugänglich ist (BGH, Beschluss vom 13. November 2012 - 3 StR 364/12, NStZ-RR 2013, 78, 79). Es ist zwar anzuerkennen, dass die Abfassung der Urteilsgründe stets auch Ausdruck individueller richterlicher Gestaltung und Bewertung sowie der in Spruchkörpern gewachsenen Erfahrung und Übung ist (so auch schon BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - 2 StR 470/06, NStZ 2007, 720). Aufgabe des Tatgerichts ist es jedoch, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden. Das Abfassen unangemessen breiter Urteilsgründe ist weder durch § 267 StPO noch sachlichrechtlich geboten, da es, unabhängig von der vermeidbaren Bindung personeller Ressourcen beim Tatgericht, dazu geeignet sein kann, den Blick auf das Wesentliche zu verstellen und damit den Bestand des Urteils zu gefährden (BGH, Beschluss vom 3. Februar2009 - 1 StR 687/08, BGHR StPO § 267 Darstellung 2). Die schriftlichen Urteilsgrün- de dienen nicht der Nacherzählung des Ablaufs der Ermittlungen oder der Dokumentation des Gangs der Hauptverhandlung. Die Annahme, es sei notwendig , das Revisionsgericht im Detail darüber zu unterrichten, welche Ergebnisse die im Hauptverhandlungsprotokoll verzeichneten Beweiserhebungen erbracht haben, ist verfehlt (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - 2 StR 470/06, NStZ 2007, 720). So ist es regelmäßig nicht angebracht, Zeugenaussagen in umfänglicher Weise ohne Bezug zu Einzelheiten der Beweiswürdigung wiederzugeben ; denn die bloße Wiedergabe des Beweisergebnisses ersetzt nicht dessen Würdigung (BGH, Beschluss vom 20. September 2000 - 3 StR 287/00, bei Becker, NStZ-RR 2001, 257, 264). Entsprechendes gilt für die Ergebnisse von Überwachungsmaßnahmen im Bereich der Telekommunikation.
6
2. Diesen Anforderungen wird das vorliegende Urteil nicht gerecht. Bereits die äußerst knappe, zum strafbaren Kerngeschehen nicht wesentlich über die Darlegungen in dem konkreten Anklagesatz der dem Verfahren zugrunde liegenden Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg hinausgehende Darstellung des festgestellten Sachverhalts unter der Ordnungsziffer B. I. wird mehrfach unterbrochen durch den jeweils mehrseitigen Einschub vollständig und wörtlich wiedergegebener Telefongespräche. Sodann folgen unter der Ordnungsziffer B. II. auf insgesamt 45 Seiten weitere, ebenfalls vollständig und wörtlich wiedergegebene Telefonate des Angeklagten mit R. , daneben aber auch etwa mit seiner damaligen Freundin, einem „T. “, einem „P. “ oder einer unbekannten weiblichen Person. Nach der Wiedergabe eines gegen R. ergangenen Urteils - ebenfalls in wörtlicher Form - und der mehrseitigen Dokumentation sonstiger Beweisergebnisse folgt im Abschnitt C. der Urteilsgründe die knappe eigentliche Beweiswürdigung. Die besonders bedeutsame Frage, in welcher Form der Angeklagte an den abgeurteilten Taten beteiligt war und welche Rolle ihm dabei zukam, hat die Strafkammer nur kursorisch abgehandelt. Dabei hat sie zunächst in einem, zu der konkreten Einbindung des An- geklagten in die einzelnen abgeurteilten Taten nichtssagenden Satz auf eine Aussage abgestellt, die R. als Zeuge in einem Verfahren vor der Staatsanwaltschaft Schwerin gemacht hatte. Diese Bekundung R. s sei - so das Landgericht - glaubhaft, weil sie Bestätigung durch die weiteren Beweisergebnisse erfahren habe. So belege die umfangreich durchgeführte Überwachung der Telekommunikation, dass der Angeklagte an R. s Taten beteiligt gewesen sei. Sodann hat die Strafkammer jedoch lediglich dargelegt, auf welche Weise sie sich die Überzeugung verschafft hat, dass der Angeklagte an den überwachten Gesprächen als Sprecher teilnahm. Es folgen kurze Hinweise insbesondere zum Gewinn des Angeklagten, zu einem Angebot an einen Käufer, das Rauschgift zu einem bestimmten Preis erwerben zu können, sowie schließlich zu einer Liste mit Namen von Personen, die dem Angeklagten Geld schuldeten. Einen näheren Bezug dieser Umstände zu den konkret abgeurteilten Taten hat das Landgericht nicht hergestellt.
7
Der Beweiswürdigung kann danach zwar möglicherweise noch ausreichend entnommen werden, dass der Angeklagte in Betäubungsmittelgeschäfte des R. eingebunden war; die konkret abgeurteilten Taten werden jedoch nicht belegt. Es fehlt vielmehr bezüglich der festgestellten Sachverhalte, welche die Strafbarkeit unmittelbar begründen - das mehrfache Handeltreiben mit Betäubungsmitteln durch deren Erwerb mit der Absicht, sie gewinnbringend weiter zu veräußern durch R. in Absprache mit dem Angeklagten -, an einer tragfähigen Darlegung, aufgrund welcher Indizien das Landgericht sich seine diesbezügliche , die Verurteilung tragende Überzeugung verschafft hat. Die Strafkammer hat weitestgehend das Beweisergebnis lediglich dargestellt, es aber nicht gewertet. Diese allein dem Tatgericht obliegende Würdigung kann der Senat nach Maßgabe der Aufgabenverteilung zwischen Tat- und Revisionsgericht nicht unter eigener Bewertung des ihm in den Urteilsgründen ausführlich unterbreiteten Beweisstoffs nachholen bzw. ersetzen. Nach alldem vermag der Senat sich der Auffassung des Generalbundesanwalts, die vom Landgericht getroffenen Feststellungen beruhten unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe auf einer im Ergebnis in sachlichrechtlicher Hinsicht revisionsrechtlich noch hinzunehmenden Beweiswürdigung, nicht anzuschließen.
8
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler stellt einen sachlichrechtlichen Mangel des Urteils dar (KK-Kuckein, 7. Aufl., § 267 Rn. 12, 13), der im angefochtenen Umfang zu dessen Aufhebung zwingt. Auf die weiteren missverständlichen Formulierungen der Urteilsgründe, auf die der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift hingewiesen hat, kommt es demnach ebenso wenig an wie auf die aus den Gründen der Antragsschrift rechtsfehlerhafte Begründung der Entscheidung zum Wertersatzverfall.
9
4. Mit Blick auf die umfängliche Darstellung des Ergebnisses der Telekommunikationsüberwachung besteht Anlass, für das weitere Verfahren auf Folgendes hinzuweisen:
10
In den Urteilsgründen ist grundsätzlich zwischen den Feststellungen und der Beweiswürdigung zu trennen. Die Feststellungen müssen zunächst die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO. Darüber hinaus soll in den Feststellungen das enthalten sein, was zum Verständnis und zur Beurteilung der Tat notwendig ist. Die Indiztatsachen müssen nicht zusammen mit den Feststellungen zur Tat geschildert werden. Sie können auch im Rahmen der Beweiswürdigung festgestellt und belegt werden. Die Darstellungsweise richtet sich dabei nach den Erfordernissen im Einzelfall. Beruht die Überzeugung des Landgerichts aber auf einer Vielzahl von Indizien - wie hier auf Zeitpunkt und Inhalt zahlreicher Telefonate -, so ist es im Interesse der Verständlichkeit des Urteils dringend angezeigt, diese Indizien im Rahmen der Beweiswürdigung abzuhandeln. Dies vermeidet eine umfangreiche, das eigentliche Tatgeschehen in den Hintergrund drängende Darstellung von zuerst mehr oder minder belanglos erscheinenden Umständen und stellt zudem sicher, dass nur solche Umstände Erwähnung im Urteil finden, die in der Beweiswürdigung eine Rolle spielen (vgl. schon BGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - 3 StR 238/05, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 14).
11
II. Revision der Staatsanwaltschaft
12
Das in zulässiger Weise auf den Strafausspruch in den Fällen B. I. 6 und 7 der Urteilsgründe und die zweite Gesamtstrafe beschränkte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist ebenfalls begründet. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht in den genannten Fällen einen minder schweren Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG bejaht hat, enthalten nicht die erforderliche Gesamtwürdigung und sind deshalb rechtsfehlerhaft.
13
Das Landgericht hat in den Fällen B. I. 6 und 7 der Urteilsgründe auf Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten sowie einem Jahr erkannt. Beide Strafen hat es dem Sonderstrafrahmen des § 29a Abs. 2 BtMG entnommen und zur Begründung ausgeführt, es liege jeweils ein minder schwerer Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor, auch wenn jeweils 200 Gramm Kokain Gegenstand der Taten gewesen seien. Mit beträchtlichem Gewicht, welches die Wahl des Sonderstrafrahmens recht- fertige, sei indessen zu bedenken gewesen, „dass in Fall 6.drei Viertel und in Fall 7. gar die gesamte gehandelte Menge sichergestellt werden konnte“.
14
Ein minder schwerer Fall liegt dann vor, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem solch erheblichen Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint. Ob dies der Fall ist, ist auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung zu entscheiden, bei der alle Umstände heranzuziehen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Eine Bewertung nur des engeren Tatgeschehens reicht ebenso wenig aus wie das bloße Herausgreifen von Einzelaspekten (st. Rspr.; vgl. etwa Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 743 ff. m. zahlr. w. N.).
15
Entgegen diesen Vorgaben hat die Strafkammer sich darauf beschränkt, insbesondere mit der vollständigen bzw. teilweisen Sicherstellung der Betäubungsmittel nur einen Teil der für die Strafzumessung bestimmenden Gesichtspunkte anzuführen. Dies reicht hier nicht aus. Über die Ausführungen des Landgerichts hinaus in die Gesamtbewertung einzustellen gewesen wären etwa der Umstand, dass der Angeklagte kurz vor Begehung der Taten wegen sonstiger Betäubungsmitteldelikte verurteilt worden war, er die Taten aus der Haft heraus beging sowie die Bedeutung seiner Tatbeiträge.
16
Demnach können die in den Fällen B. I. 6 und 7 verhängten Einzelstrafen keinen Bestand haben. Dies hat die Aufhebung der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, in die diese Einzelstrafen eingeflossen sind, zur Folge. Deshalb bedarf es keiner näheren Bewertung, dass die Strafkammer bei der Bemessung dieser Gesamtfreiheitsstrafe die in den Fällen B. I. 4 und 5 verhängten Einzelstrafen nicht aufgeführt hat.
Becker Pfister Schäfer
Mayer Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 2 7 / 1 4
vom
17. April 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
zu 2.: Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. April
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten L.
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten C.
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 21. August 2013 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und den Angeklagten C. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande schuldig gesprochen, Freiheitsstrafen von acht Jahren (Angeklagter L. ) bzw. drei Jahren und sechs Monaten (Angeklagter C. ) verhängt und einen sichergestellten LKW-Auflieger eingezogen. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen und von der Einziehung eines weiteren LKW-Aufliegers abgesehen. Gegen den Teilfreispruch und die unterbliebene Einziehungsentscheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision, mit der sie Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge erhebt. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte L. spätestens seit Ende des Jahres 2011 Mitglied einer Gruppierung von Personen, die sich entschloss, in wechselnder Beteiligung und in arbeitsteiligem Zusammenwirken für eine gewisse Dauer mehrfach Marihuana in großen Mengen aus Südeuropa nach Hannover zu bringen, um es von dort aus gewinnbringend weiter zu veräußern. Ab Februar 2012 begann der Angeklagte in Absprache mit seinen Hintermännern mit den logistischen Vorbereitungen für die Transporte, indem er eine Halle und ab dem 15. Juni 2012 eine weitere Halle mit größerer Tordurchfahrt anmietete sowie Ende Juni 2012 einen Mercedes Sprinter als Auslieferungsfahrzeug für die Betäubungsmittel erwarb. Ende September 2012 kaufte er zudem 1.000 Faltkartons, in die das Marihuana verpackt werden sollte, und holte eine Teilmenge von 300 Stück ab. Mitte Oktober 2012 mietete er schließlich ein weiteres Fahrzeug an, einen VW Golf Kombi. Insgesamt wendete er für diese Maßnahmen 41.000 € auf; das Geld hatte er von der Gruppierung erhalten.
3
Die Hintermänner aus Südeuropa versteckten insgesamt 394 kg Marihuana im Dach eines Kühl-Sattelaufliegers, nachdem sie das dort befindliche Dämmmaterial entfernt und so ausreichend Hohlräume für die Drogen geschaffen hatten. Der Angeklagte L. nahm den Sattelauflieger am 14. November 2012 in der von ihm angemieteten Halle mit der größeren Tordurchfahrt in Empfang. Bereits am 12. November 2012 war der Angeklagte C. aus Albanien nach Deutschland gekommen, um dem Angeklagten L. bei der Öffnung des von den Hintermännern wieder verschlossenen Dachs des Aufliegers sowie bei der Auslieferung der Drogen zu helfen. Nachdem sie ca. 135 kg Marihuana umgeladen hatten, fuhren die Angeklagten - jeder in einem anderen Fahrzeug - in Richtung der Innenstadt von Hannover, wo sie vereinbarungsgemäß den von dem Angeklagten C. gesteuerten, mit den Betäubungsmitteln beladenen Mercedes-Sprinter für die Abnehmer abstellen sollten. Sie wurden aber bereits nach kurzer Zeit von zwei Polizeibeamten kontrolliert, die die stark riechenden Betäubungsmittel entdeckten. Bei der anschließenden Kontrolle der Lagerhalle wurden in dem Sattelauflieger weitere ca. 259 kg Marihuana gefunden und sichergestellt.
4
In der Lagerhalle befand sich zudem ein weiterer Kühl-Sattelauflieger mit bulgarischem Kennzeichen, dessen Dach in ähnlicher Weise für versteckte Transporte vorbereitet war und den der Angeklagte L. spätestens am 17. Oktober 2012 in der Halle hatte unterstellen lassen. Die Verstecke und die Ladefläche waren leer, die Bremsen des Anhängers defekt.
5
2. Das Landgericht hat die Angeklagten aufgrund dieser Feststellungen wie dargelegt verurteilt; es hat sich hingegen nicht von einer weiteren von der Anklageschrift umfassten Tat zu überzeugen vermocht. Nach dem Anklagevorwurf habe der Angeklagte L. zu einem unbekannten Zeitpunkt nach dem 15. Juni 2012 bis zum 11. November 2012, wahrscheinlich im September 2012, eine weitere Marihuanalieferung von mindestens 394 kg erhalten, die in dem Dach des leeren und defekten, bei der Durchsuchung der Halle sichergestellten Sattelaufliegers versteckt gewesen sei. Diese Betäubungsmittel habe er in der Folgezeit verteilt und verkauft, wobei ihm der Angeklagte C. zwischen dem 8. und 28. September 2012 behilflich gewesen sei.
6
Die Revision macht gegen den Teilfreispruch mit der Verfahrensrüge geltend , die Strafkammer habe Beweisanträge der Staatsanwaltschaft, die zur weiteren Aufklärung des Tatvorwurfs hätten führen können, zu Unrecht abgelehnt. Mit der Sachrüge beanstandet die Staatsanwaltschaft die Beweiswürdigung sowie die fehlerhafte Anwendung des § 74 StGB.
7
3. Die von der Revision erhobenen Beanstandungen dringen nicht durch. Die auf die Sachrüge veranlasste materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat im freisprechenden bzw. die Einziehung des defekten Kühl-Sattelaufliegers ablehnenden Teil - auf den allein sich die Revision der Staatsanwaltschaft bezieht - auch im Übrigen einen Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten nicht ergeben.
8
a) Die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO ist unbegründet. Ergänzend zu den im Übrigen zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bedarf nur Folgendes weiterer Erörterung:
9
Die Verfahrensbeanstandung der Staatsanwaltschaft zeigt im Ansatz zutreffend auf, dass die Strafkammer Indiztatsachen, die sie in den Ablehnungsbeschlüssen als aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos behandelt hatte, in den Urteilsgründen als erwiesen festgestellt hat. Ein solches Vorgehen kann die Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO indes nur begründen, wenn sich das Tatgericht im Urteil in Widerspruch zu den Gründen der ablehnenden Beschlüsse setzt (LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 227 mwN; BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 2013 - 5 StR 143/13, NStZ 2013, 611; vom 20. Juli 2010 - 3 StR 250/10, StraFo 2010, 466), wofür es gegebenenfalls ausreicht, dass das Urteil Tatsachen, die zuvor als bedeutungslos behandelt worden waren, nunmehr Bedeutung beimisst (LR/Becker aaO; BGH, Urteil vom 18. September 1987 - 2 StR 350/87, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Hinweispflicht 1). Das hat die Strafkammer aber nicht getan; sie hat vielmehr die als bedeutungslos erachteten Indizien, die sie - zutreffend - für die vorläufige Beweiswürdigung in den Ablehnungsbeschlüssen so, als seien sie erwiesen, in das bisherige Beweisergebnis eingestellt hatte (vgl. insoweit LR/Becker aaO, Rn. 220; BGH, Beschluss vom 14. Mai 2013 - 5 StR 143/13, NStZ 2013, 611), in den Urteils- gründen als erwiesen behandelt, und sie gleichermaßen im Einklang mit den Ablehnungsbeschlüssen in die nunmehr endgültige Beweiswürdigung eingestellt. Dabei hat das Landgericht die Indiztatsachen im Ergebnis weiterhin als bedeutungslos gewürdigt, weil es die von der Beschwerdeführerin intendierten Schlüsse auch in den Urteilsgründen nicht gezogen hat.
10
Soweit die Staatsanwaltschaft mit der Verfahrensrüge geltend macht, in einem der Beschlüsse sei die von der Strafkammer vorgenommene Gesamtabwägung mit dem bisherigen Beweisergebnis nicht ausreichend, zeigt sie damit einen Rechtsfehler nicht auf. Die Strafkammer hat bei der Ablehnung des Beweisantrages auf Vernehmung zweier Zeugen nicht nur die in deren Wissen gestellten Tatsachen als zutreffend in die von ihr vorzunehmende vorläufige Beweiswürdigung eingestellt, sondern zahlreiche weitere gegen die Angeklagten sprechende Indizien und dabei insbesondere auch die Angaben des Angeklagten L. gegenüber einem Polizeibeamten gewürdigt. Dass sie dabei lediglich einen Teil der Einlassung berücksichtigt, einen anderen - wie von der Staatsanwaltschaft geltend gemacht - aber aus dem Blick verloren habe, schließt der Senat nicht zuletzt mit Blick auf die weiteren, am gleichen Tag verkündeten Ablehnungsbeschlüsse aus, die ebenfalls eine umfassende Gesamtwürdigung enthalten. Soweit die Revision offenbar die Auffassung vertritt, die von dem Angeklagten L. eingeräumte Übergabe einer Geldzählmaschine an ihn hätte zu einer anderen Bewertung der weiteren Indizien führen müssen, ersetzt sie die allein dem Tatgericht obliegende - vorläufige - Beweiswürdigung durch ihre eigene, die sie für plausibler hält. Eine solche Plausibilitätskontrolle, insbesondere dahin, ob nicht etwa eine gegenteilige Überzeugungsbildung näher gelegen hätte, findet im Revisionsverfahren indes nicht statt, denn die Annahme tatsächlicher Bedeutungslosigkeit stellt ein Element der freien tatrichter- lichen Beweiswürdigung (§ 261 StPO) dar, die in der Revisionsinstanz allein auf das Vorliegen von Rechtsfehlern geprüft wird (LR/Becker aaO, Rn. 221 mwN).
11
b) Den mit der Sachrüge vorgebrachten Angriffen gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts bleibt ebenfalls der Erfolg versagt: Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an dessen Täterschaft nicht überwinden kann, so ist dies vom Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO), dem allein es obliegt, sich unter dem Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht kann demgegenüber nur prüfen, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist , mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überzogene Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2326). Liegt ein solcher Rechtsfehler nicht vor, ist die vom Tatgericht vorgenommene Würdigung hinzunehmen, auch wenn ein anderes Ergebnis ebenso möglich gewesen wäre oder gar näher gelegen hätte (BGH, Urteil vom 4. April 2013 - 3 StR 521/12, juris Rn. 15).
12
Nach diesen Maßstäben beachtliche Rechtsfehler zeigt die Revision der Staatsanwaltschaft - worauf auch der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat - nicht auf. Insbesondere erweist sich die Beweiswürdigung nicht deshalb als lückenhaft, weil nicht zu jeder einzelnen Feststellung dargelegt wird, auf welches Beweismittel diese gründet; die Darstellung der Beweiswürdigung im Urteil dient nicht dazu, für alle Feststellungen einen Beleg zu erbringen (KK-Ott, StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 82 mwN). Soweit eine vermeintlich fehlende Erörterung von einzelnen Indizien mit urteilsfremden Umständen begründet wird, etwa damit, welche - im Urteil nicht wiedergegebenen - Angaben ein Zeuge gemacht habe, sind diese im Rahmen der Prüfung der Sachrüge unbeachtlich (BGH aaO, Rn. 16). Mit Blick auf die geltend gemachte unzureichende Erörterung einzelner Indiztatsachen bei der Gesamtabwägung der Strafkammer in den Urteilsgründen (Übergabe einer Geldzählmaschine , zeitlicher Ablauf der Handlungen des Angeklagten L. , Vornahme einer Schätzung) erschöpfen sich die Angriffe der Staatsanwaltschaft darin, ihre eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Tatgerichts zu setzen. Auch damit kann die Revision keinen Erfolg haben (BGH aaO).
13
Soweit die Beschwerdeführerin schließlich rügt, die Strafkammer habe die Einlassungen der Angeklagten ihrer Entscheidung nicht zu Grunde legen dürfen, geht auch dieser Angriff gegen die Beweiswürdigung fehl. Das Landgericht hat zwar ausgeführt, es habe die Einlassung der Angeklagten im Ergebnis nicht zu widerlegen vermocht. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, die Strafkammer habe - ohne von der Richtigkeit der Einlassungen aufgrund einer Gesamtschau der Beweiswürdigung überzeugt zu sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Januar 2011 - 1 StR 600/10, NStZ 2011, 302) - diese bei ihrer Entscheidung ohne Weiteres berücksichtigt; aus den Feststellungen des Urteils, die insoweit ersichtlich nicht den Inhalt der Einlassungen der Angeklagten als erwiesen darstellen, ergibt sich ein solches Vorgehen gerade nicht. Der Sache nach hat die Strafkammer offen gelassen, ob die Einlassungen, der Angeklagte L. habe dem Angeklagten C. im September 2012 lediglich beim Erwerb eines Gebrauchtwagens behilflich sein wollen, zutreffend waren; sie hat sich indes ungeachtet der Einlassungen außer Stande gesehen, sich von dem Sachverhalt zu überzeugen, der nach Auffassung der Staatsanwaltschaft den weiteren Anklagevorwurf begründete. Rechtsfehler in der Beweiswürdigung sind danach auch insoweit nicht ersichtlich, zumal zu berücksichti- gen ist, dass aus der etwaigen Unwahrheit der Einlassungen ohnehin nicht ohne Weiteres tragfähige Rückschlüsse darauf gezogen werden könnten, was sich in Wirklichkeit ereignet hat (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1993 - 2 StR 666/93, BGHR StPO § 261 Beweiskraft 3 mwN).
14
c) Die Rüge der Verletzung des § 74 StGB bleibt aus den zutreffenden Erwägungen, die der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegt hat, ohne Erfolg.
Schäfer Pfister Mayer Gericke Spaniol
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
1. Wird durch Abschluß eines Scheinvertrages eine Gehaltszahlung
verschleiert, so kann darin Beihilfe zur Einkommensteuerhinterziehung
des Gehaltsempfängers liegen.
2. Die Strafbarkeit eines unberechtigten Vorsteuerabzugs
aus einer Scheinrechnung entfällt nicht deswegen, weil
der Aussteller der Rechnung die dort gesondert ausgewiesene
Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt hat.
3. Zur Strafzumessung bei Lohnsteuerhinterziehung und
damit zusammenhängender Beihilfe zur Einkommensteuerhinterziehung
des Gehaltsempfängers.
BGH, Beschl. vom 20. März 2002 – 5 StR 448/01
LG Frankfurt am
Main –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 20. März 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. März 2002

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15. Februar 2001 in den Strafaussprüchen aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten K und H wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen und wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu Gesamtfreiheitsstrafen von einem Jahr und drei Monaten bzw. von sieben Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten B hat es wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt. Die Vollstreckung der Strafen sind jeweils zur Bewährung ausgesetzt worden. Alle drei Angeklagte beanstanden mit ihren Revisionen das Verfahren und rügen die Verletzung materiellen Rechts. Die Revisionen führen auf die Sachrüge zur Aufhebung der jeweiligen Strafaussprüche; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


Das Landgericht hat folgendes festgestellt:
Die Angeklagten K und H gehörten im Jahr 1993 dem ehrenamtlich tätigen Präsidium des Fußballvereins Eintracht Frankfurt an, bei dem auch der Lizenzfußballspieler Y beschäftigt war. Nachdem diesem mit Beginn der Bundesligasaison 1992/93 der Durchbruch zum “Topstürmer” der Fußballbundesliga gelungen war, fanden Anfang des Jahres 1993 Vertragsgespräche über eine Gehaltserhöhung statt, zumal da bereits andere Bundesligavereine Interesse an einer Verpflichtung von Y zeigten. Eintracht Frankfurt war daran gelegen, mit dem Spieler eine Vertragsverlängerung zu vereinbaren und eine im Arbeitsvertrag enthaltene Transferregelung zu beseitigen, nach der Y unter bestimmten Voraussetzungen eine vorzeitige Auflösung des Arbeitsvertrages verlangen konnte. Y wiederum stellte hohe Gehaltsforderungen. Nachdem die Vertragsverhandlungen zunächst ergebnislos abgebrochen worden waren, schaltete Y für die weiteren Verhandlungen den Angeklagten B ein, der eine Werbeagentur betrieb. Die Angeklagten einigten sich dann u.a. auf eine einmalige Zahlung von zwei Mio. DM zuzüglich Umsatzsteuer, die nicht direkt an Y , sondern zur Verschleierung der Zahlung über die Werbeagentur des Angeklagten B an Y weitergeleitet werden sollte. Um die anfallende Lohnsteuer nicht abführen zu müssen und um es Y zu ermöglichen, den Erhalt dieser Zahlung vor dem Finanzamt zu verheimlichen , beschlossen die Angeklagten, zum Schein einen Vertrag zwischen der Werbeagentur des Angeklagten B und Eintracht Frankfurt zu schließen , mit dem die Übertragung sämtlicher Vermarktungsrechte an der Person des Y an den Verein vorgetäuscht werden sollte. Im Juni 1993 wurden sodann mehrere den Fußballspieler Y betreffende Verträge unterzeichnet , die Gehaltsfragen regelten und die bisherige Transferregelung aufhoben. Dabei wurde die Vereinbarung zwischen Eintracht Frankfurt und
der Werbeagentur des Angeklagten B über die Übertragung der Vermarktungsrechte auf den 20. August 1993 vor- und die Verträge mit Y selbst auf den 5. März 1993 rückdatiert. Es sollte der Eindruck erweckt werden , der Vertrag über die Vermarktungsrechte sei erst ein halbes Jahr nach den übrigen Verträgen geschlossen worden. Von den von Eintracht Frankfurt gezahlten 2,3 Mio. DM behielt der Angeklagte B die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 300.000 DM, die er an das Finanzamt abführte, sowie eine Provision von 200.000 DM ein. Den restlichen Geldbetrag leitete er an eine Firma A Ltd. in Ghana weiter, deren wirtschaftlich Berechtigter Y war.
Eintracht Frankfurt gab in den beim Finanzamt eingereichten Lohnsteueranmeldungen die geleistete Zahlung nicht an und führte die darauf entfallende Lohnsteuer in Höhe von mehr als 1,2 Mio. DM nicht ab; dagegen machte der Verein die Umsatzsteuer aus der Rechnung des Angeklagten B als Vorsteuer geltend. Y wiederum erklärte den erhaltenen Geldbetrag nicht gegenüber dem Finanzamt und hinterzog die anfallende Einkommensteuer.

II.


Die Angeklagten wenden sich insbesondere dagegen, daû die Übertragung der Vermarktungsrechte an dem Bundesligafuûballspieler Y an Eintracht Frankfurt steuerlich als Scheingeschäft im Sinne von § 41 Abs. 2 AO behandelt worden ist. Sie machen geltend, daû es sich bei der gewählten Vereinbarung um eine zulässige und tatsächlich durchgeführte Vertragsgestaltung und nicht um die Verschleierung einer Gehaltszahlung an Y gehandelt habe.
1. Die erhobenen Verfahrensrügen zeigen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht auf. Der Erörterung bedarf lediglich folgendes:

Die von den Angeklagten K und H erhobene Rüge, das Landgericht habe gegen die ihm nach § 261 StPO obliegende Pflicht verstoûen, die erhobenen Beweise erschöpfend zu würdigen, weil es die Einlassung des früheren Mitangeklagten Y nicht mitgeteilt habe, obwohl seine Angaben mit den Urteilsfeststellungen im Widerspruch stünden, greift nicht durch.
Allerdings ist der Tatrichter grundsätzlich verpflichtet, alle wesentlichen Beweismittel der gesamten Hauptverhandlung im Rahmen seiner Beweiswürdigung heranzuziehen und die vorhandenen Beweise einer erschöpfenden Würdigung zu unterziehen (vgl. BGHR StPO § 261 Einlassung 5). Dies gilt auch für Sacheinlassungen, sofern sie nicht marginal sind (vgl. BGH, Beschl. vom 23. Februar 2000 – 5 StR 382/99). Der dem Tatrichter nach § 261 StPO eingeräumten Freiheit in der Überzeugungsbildung sind insoweit Grenzen gesetzt (vgl. BGH StV 1988, 138 m. Anm. Schlothauer; OLG Karlsruhe StV 2000, 658). Mit Recht stellt die Revision fest, daû grundsätzlich die Einlassung eines Mitangeklagten in der Hauptverhandlung bei der Beweiswürdigung auch dann Berücksichtigung finden muû, wenn das Verfahren gegen diesen Angeklagten – wie hier – später abgetrennt worden ist.
Eine vom Revisionsgericht auf eine entsprechende Verfahrensrüge nach § 261 StPO hin zu beachtende Lückenhaftigkeit der Beweiswürdigung kann sich nicht nur aus den Urteilsgründen selbst, sondern auch aus der aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ersichtlichen weiteren Beweisaufnahme ergeben, wenn diese in der Beweiswürdigung im Urteil keinen Niederschlag gefunden hat (vgl. hierzu BGH NStZ 2001, 440). Die Überprüfung kann jedoch nur auf die Beweisergebnisse erstreckt werden, die mit den Mitteln des Revisionsgerichts ohne weiteres feststellbar sind. Eine Rekonstruktion der
Hauptverhandlung zur Feststellung der Einlassung des früheren Mitangeklagten Y ist dem Senat damit grundsätzlich verwehrt.
Allerdings wird aus den in die Hauptverhandlung eingeführten ± und von den Revisionen entsprechend den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO mitgeteilten ± Schriftstücken deutlich, daû der frühere Mitangeklagte Y dieselben Sachverhalte zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich dargestellt hat, was seine Glaubwürdigkeit in Frage stellt. Eine nähere Auseinandersetzung mit den Angaben des Y und seiner Glaubwürdigkeit im Urteil war hier dennoch entbehrlich, weil ± wie dem Urteil mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist ± das Landgericht der Aussage des Y wegen erheblicher Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit keinen eigenständigen Beweiswert beigemessen hat. Das Landgericht ist den Angaben des Y mit äuûerster Zurückhaltung begegnet und hat seine Beweiswürdigung auf eine Vielzahl von Beweismitteln und Indizien gestützt. Die Angaben des Y hat das Landgericht dabei nie allein, sondern nur dann und nur zu einzelnen Punkten flankierend herangezogen, wenn die entsprechenden Beweistatsachen auch noch jeweils durch ein anderes Beweismittel belegt waren. Eine bloûe “Aussage gegen AussageKonstellation” , bei welcher der Bundesgerichtshof besondere Darstellungsund Begründungsanforderungen an das Urteil stellt, wenn der Tatrichter dem einzigen Belastungszeugen glaubt (vgl. BGHSt 44, 153, 158; 44, 256; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 23 m.w.N.), liegt hier nicht vor. Nähere Erörterungen zur Aussagekonstanz und zur Glaubwürdigkeit eines Aussagenden sind ansonsten regelmäûig nur dann geboten, wenn das Ergebnis der Beweiswürdigung davon abhängt. Dies war hier nicht der Fall. Das Landgericht hat seine Überzeugungsbildung auf eine Vielzahl von Beweismitteln gestützt und hat den Angaben des weitgehend für unglaubwürdig befundenen früheren Mitangeklagten Y keine maûgebliche Bedeutung beigemessen.
2. Die Schuldsprüche halten rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Das Landgericht hat sich die Überzeugung gebildet, daû der von den Angeklagten geschlossene Vertrag, mit dem die Übertragung der Vermarktungsrechte an dem Bundesligafuûballspieler Y vereinbart wurde, nicht ernstlich gewollt war und nur der Verschleierung einer Gehaltszahlung an Y diente. Die Beurteilung, ob ein Scheingeschäft vorliegt , obliegt grundsätzlich dem Tatrichter (vgl. Fischer in Hübschmann/ Hepp/Spitaler AO § 41 Rdn. 188). Das Urteil muû allerdings erkennen lassen , daû der Tatrichter die wesentlichen für und gegen ein Scheingeschäft sprechenden Umstände im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt und in eine Gesamtwürdigung einbezogen hat, so daû die vom Gericht gezogene Schluûfolgerung nicht nur eine Annahme ist oder sich als bloûe Vermutung erweist (vgl. BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26). Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts gerecht.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daû ein Lizenzfuûballspieler Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) bezieht, weil er sich auf eine längere Dauer verpflichtet und gegenüber dem Verein weisungsgebunden ist (vgl. § 1 LStDV; BFHE 170, 48, 50; Schmidt/Drenseck EStG 20. Aufl. § 19 Rdn. 15 “Sportler”; Jansen FR 1995, 461, 463; Lutz DStZ 1998, 279, 280; Pudell/Ernst SpuRt 1997, 185, 188). Es hat dabei bedacht, daû nicht sämtliche Leistungen des Arbeitgebers an einen Arbeitnehmer Lohn im Sinne von § 19 EStG sein müssen. Erfolgreiche Sportler haben die Möglichkeit, aus ihrem Bekanntheitsgrad durch Werbeeinnahmen sogar noch höhere Entgelte zu erzielen als aus der sportlichen Betätigung (vgl. Lutz DStZ 1998, 279, 281). Dabei führen Einnahmen aus der Werbetätigkeit eines Sportlers nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BStBl II 1986, 424) regelmäûig zu (nicht lohnsteuerpflichtigen ) Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG), wenn der Sportler die Werbetätigkeit selbständig und nachhaltig mit Gewinnerzielungsabsicht
ausübt und sich die Tätigkeit als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt (vgl. auch BMF-Schreiben vom 25. August 1995 ± IV B 6 ± S 2331 ± 9/95, DStR 1995, 1508). Die Tatsache, daû der bei Eintracht Frankfurt als Arbeitnehmer beschäftigte Fuûballspieler Y über sein Festgehalt hinaus von seinem Arbeitgeber eine zusätzliche Einmalzahlung erhalten hat, qualifiziert diese damit noch nicht ohne weiteres als weitere Gehaltszahlung, schlieût eine solche aber auch nicht aus.
Ein Scheingeschäft im Sinne von § 41 Abs. 2 AO liegt indes dann vor, wenn die Parteien einverständlich lediglich den äuûeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen (vgl. BGH NJW 1982, 569; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler AO § 41 Rdn. 153). Entscheidend ist dabei, ob die Parteien zur Erreichung des erstrebten Erfolges ein Scheingeschäft für genügend oder ein ernstgemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachtet haben (vgl. BGHZ 36, 84, 88 m.w.N.). Dabei sind die Interessenlage und die verfolgten wirtschaftlichen Zwecke wie auch die Frage zu berücksichtigen, ob die Beteiligten ein durch ein Scheingeschäft verdecktes Geschäft wirklich gewollt haben (vgl. Fischer aaO Rdn. 153, 158).
Diese Maûstäbe hat das Landgericht beachtet und sich aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung der für und gegen ein Scheingeschäft sprechenden Umstände die Überzeugung gebildet, daû die Angeklagten eine Veräuûerung der Vermarktungsrechte nicht ernstlich vorhatten, sondern den geschaffenen Schein eines solchen Vertrages zur Verschleierung der Lohnzahlung an Y ausnutzen wollten. Der Tatrichter hat dabei nicht verkannt, daû der Erwerb von Vermarktungsrechten dem Verein auch dann von erheblichem Nutzen hätte sein können, wenn sich eine solche Investition nicht unmittelbar wirtschaftlich ausgezahlt hätte. Auch hat er bedacht , daû die erfolgte Abführung von Umsatzsteuer für einen Vollzug des
Vertrages und damit für eine Ernstlichkeit des Vertragsschlusses sprechen kann. Auf der anderen Seite hat er ohne Rechtsfehler in die Gesamtabwägung eingestellt, daû Eintracht Frankfurt trotz angeblicher Exklusivrechte einerseits einem späteren, Y betreffenden Werbevertrag des Angeklagten B mit der Firma P nicht entgegengetreten ist, andererseits selbst keinerlei Versuche unternommen hat, den Spieler zu vermarkten und nicht einmal die naheliegende Möglichkeit genutzt hat, den Hauptsponsor des Vereins auf eine Vermarktung Y s anzusprechen. Dabei durfte auch berücksichtigt werden, daû etwaige Vermarktungsrechte beim Transfer des Y zum englischen Fuûballverein Leeds United keine Rolle gespielt haben. Ebenso durfte das Landgericht würdigen, daû die Angeklagten durch Rück- und Vordatieren der verschiedenen Verträge den Eindruck erweckt haben, der Vertrag über eine Gehaltserhöhung und derjenige über die Übertragung der Vermarktungsrechte seien im Abstand von einem halben Jahr geschlossen worden.

b) Die Verurteilungen der Angeklagten K und H wegen Lohnsteuerhinterziehung sind frei von Rechtsfehlern.
Bei der Zahlung von 2,3 Mio. DM an den Angeklagten B handelte es sich um eine verdeckte Gehaltszahlung an den Vereinsspieler Y . Der Verein war verpflichtet, für diese Lohnsteuer anzumelden (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) und an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, daû die Angeklagten K und H die Zahlung an B formal auf den Vertrag vom 20. August 1993 über die Veräuûerung der Vermarktungsrechte für Y geleistet haben; als Scheingeschäft ist dieser Vertrag für die Besteuerung unerheblich (§ 41 Abs. 2 Satz 1 AO). Maûgeblich ist vielmehr das verdeckte Geschäft einer Gehaltszahlung an den bei Eintracht Frankfurt beschäftigten Fuûballspieler Y (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 2 AO). Insoweit ist es unerheblich, daû die geleistete Zahlung nicht unmittelbar,
sondern über den Angeklagten B und die Firma A Ltd. dem Arbeitnehmer Y zugeflossen ist (vgl. Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz § 19 Rdn. B 342 m. N.).

c) Auch die Verurteilungen der drei Angeklagten wegen Beihilfe zur Einkommensteuerhinterziehung des früheren Mitangeklagten Y haben Bestand.
Als Hilfeleistung im Sinne des § 27 StGB ist grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges des Haupttäters objektiv fördert (vgl. BGHSt 42, 135, 136), ohne daû sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muû (st. Rspr., vgl. nur BGHSt 46, 107, 109).
Die strafbare Hilfeleistung liegt hier in dem Abschluû des Scheinvertrages , bei den Angeklagten K und H zudem in der Nichtaufnahme der Zahlung von 2,3 Mio. DM in die Lohnsteuerbescheinigung für Y . Hierdurch wurde (auch gegenüber den Finanzbehörden) verschleiert, daû es sich bei der geleisteten Zahlung um lohnsteuerpflichtiges Gehalt handelte. Dies ermöglichte Y die Hinterziehung der auf diesen Einkünften lastenden Einkommensteuer (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).
Einer Strafbarkeit der Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung steht nicht entgegen, daû eine Gehaltszahlung des Arbeitgebers an einen Arbeitnehmer eine objektiv “neutrale” Handlung ist (vgl. hierzu BGHSt 46, 107, 112; BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 3, 20), die grundsätzlich keine Beihilfe zur Einkommensteuerhinterziehung des Arbeitnehmers darstellt. Hier beschränkte sich das Verhalten der Angeklagten nicht auf eine bloûe Gehaltszahlung; die Angeklagten haben vielmehr die Zahlung an Y durch Abschluû eines Scheinvertrages mit dem Angeklagten B gezielt verschleiert. Unbeachtlich ist dabei, daû eine entgeltliche, zeitlich befristete Übertragung der Rechte des Y am eigenen Namen (§ 12 BGB)
und am eigenen Bild (§ 22 ff. KunstUrhG) an Eintracht Frankfurt für eine sogenannte Namens- oder Imagewerbung unter Einbindung einer Werbeagentur rechtlich zulässig gewesen wäre. Ein solcher Vertrag war nach den Urteilsfeststellungen von den Angeklagten gerade nicht ernsthaft gewollt.
Eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daû die Angeklagten weder für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Y verantwortlich noch von ihm mit der Erfüllung dieser Pflichten betraut worden waren. Den Angeklagten war bewuût , daû die getroffenen Vereinbarungen für Y nur dann wirtschaftlich von Interesse waren, wenn er die ihm zuflieûende Zahlung in seiner Einkommensteuererklärung nicht angeben würde; durch Verschleierung der Gehaltszahlung sollte gerade dies ermöglicht werden.
Schlieûlich ist eine Strafbarkeit der Angeklagten auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil es Y bei den Vertragsverhandlungen nicht vorrangig darauf ankam, eine strafbare Steuerhinterziehung begehen zu können ; er wollte vielmehr vor allem deutlich höhere Einkünfte als bisher erzielen. Verfolgt der von einem Hilfeleistenden Unterstützte neben strafbaren auch legale Ziele, stehen diese zulässigen Ziele einer Strafbarkeit des Hilfeleistenden dann nicht entgegen, wenn sich der Hilfeleistende mit dem strafbaren Tun des Unterstützten solidarisiert, indem er sich gerade die Förderung der strafbaren Handlungen des Unterstützten angelegen sein läût. So verhielt es sich hier. Mit dem Abschluû eines Scheinvertrages zur Verschleierung der Gehaltszahlung (und der Nichtabführung von Lohnsteuer) haben die Angeklagten ihr Verhalten neben der Verfolgung eigener finanzieller Interessen von Eintracht Frankfurt auch dem wirtschaftlichen Bestreben des Y und damit seinen deliktischen Zielen einer Steuerhinterziehung angepaût.

d) Die Verurteilung der Angeklagten K und H wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer durch unberechtigten Vorsteuerabzug begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die in der Rechnung über die angebliche Veräuûerung von Vermarktungsrechten ausgewiesene Umsatzsteuer durfte nicht als Vorsteuer abgezogen werden.
Ein Vorsteuerabzug gemäû § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist nur für Steuern aus Rechnungen im Sinne des § 14 UStG zulässig, denen steuerpflichtige Lieferungen oder sonstige Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zugrundeliegen. Dabei ist auf die tatsächliche Gestaltung eines Rechtsgeschäfts abzustellen; maûgeblich sind die tatsächlichen Leistungsbewegungen (vgl. BFH, BFH/NV 1987, 756; BGHR AO § 41 Abs. 1 Durchführung , tatsächliche 1; BGHR AO § 370 Abs. 1 Versuch 2). Scheingeschäfte und Scheinhandlungen sind für die Besteuerung unerheblich (§ 41 Abs. 2 Satz 1 AO).
Diese Regelung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) des Rates vom 17. Mai 1977 (ABl. EG 1977 Nr. L 145, 1), wonach ein Recht zum Vorsteuerabzug nur für solche Steuern besteht, die geschuldet werden, weil sie mit einem der Mehrwertsteuer unterworfenen Umsatz im Zusammenhang stehen , nicht aber für solche, die ausschlieûlich geschuldet werden, weil sie in einer Rechnung ausgewiesen worden sind (EuGH, Urt. vom 13. Dezember 1989 ± Rechtssache C-342/87 ± Genius Holding, Slg. 1989, 4227).
Anderes gilt auch dann nicht, wenn ± wie hier ± die über eine nicht ausgeführte Leistung gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer tatsächlich an das Finanzamt abgeführt wird. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer gilt zwar, daû zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer im Besteuerungsverfahren berichtigt werden kann, wenn die Gefährdung des Steueraufkom-
mens rechtzeitig und vollständig beseitigt worden ist (EuGH, Urt. vom 19. September 2000 ± Rechtssache C-454/98 ± Schmeink & Cofreth und Strobel , Slg. 2000 I S. 6973; vgl. hierzu auch BFHE 194, 506 und 517; BGHR AO § 370 Abs. 1 Versuch 2). Dies schlieût jedoch nicht aus, daû die Mitgliedstaaten an das Ausstellen und Verwenden von Scheinrechnungen strafrechtliche Folgen knüpfen (EuGH aaO S. 7008 Tz. 62). Ob das Steueraufkommen durch die Tat letztlich dauerhaft gefährdet wird oder ob dies nicht der Fall ist, weil der Aussteller der zum Vorsteuerabzug verwendeten Rechnung die gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge an das Finanzamt abgeführt hat, spielt für die Verwirklichung des Hinterziehungstatbestandes nach § 370 Abs. 1 AO demnach keine Rolle. Diese Frage erlangt aber bei der Strafzumessung im Rahmen der Berücksichtigung der verschuldeten Auswirkungen der Tat (vgl. § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) Bedeutung. 3. Jedoch begegnet die Strafzumessung insgesamt durchgreifenden Bedenken.

a) Das Landgericht hat die Angeklagten K und H sowohl wegen Lohnsteuerhinterziehung als auch wegen Beihilfe zur Einkommensteuerhinterziehung des Y verurteilt. Im Rahmen der Strafzumessung hat es dabei jeweils die Höhe der Hinterziehungsbeträge strafschärfend berücksichtigt. Bei Anwendung dieses an sich zutreffenden Strafzumessungsgrundes ist allerdings zu besorgen, daû das Landgericht das Verhältnis von Lohn- und Einkommensteuer nicht hinreichend bedacht hat. Die Lohnsteuer ist die Einkommensteuer der Arbeitnehmer für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die gemäû § 38 Abs. 1 EStG durch Steuerabzug vom Lohn erhoben wird (vgl. hierzu Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht § 370 AO Rdn. 202). Da es sich bei der Lohnsteuer somit lediglich um eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer handelt, ist die vom Arbeitgeber abgeführte Lohnsteuer beim Arbeitnehmer auf dessen veranlagte Einkommensteuer anzurechnen (§ 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG). Dies hat zur Folge, daû die Zahllast des Steuerpflichtigen stets um den durch Lohn-
steuerabzug bereits erhobenen Steuerbetrag niedriger als die festgesetzte Einkommensteuer ist. Zugleich bedeutet dies, daû das Steueraufkommen bei Hinterziehung sowohl der Lohnsteuer als auch der Einkommensteuer nicht in Höhe der Summe der beiden hinterzogenen Steuern gefährdet ist. Diesen Umstand hat das Landgericht bei der Strafzumessung wegen Beihilfe zur Einkommensteuerhinterziehung des Y nicht erkennbar zugunsten der Angeklagten K und H berücksichtigt. Dies führt insoweit zur Aufhebung des Strafausspruchs. Aus demselben Grund ist auch der Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten B aufzuheben, den das Landgericht wegen Beihilfe sowohl zur Lohnsteuerhinterziehung als auch zur Einkommensteuerhinterziehung des Y verurteilt hat. Der Senat kann darüber hinaus nicht ausschlieûen, daû sich der Rechtsfehler auf die Strafzumessung wegen Hinterziehung von Lohnsteuer ausgewirkt hat, und hebt daher auch die hierfür verhängten Einzelstrafen auf.
b) Auch soweit die Angeklagten wegen Umsatzsteuerhinterziehung bzw. Beihilfe hierzu verurteilt worden sind, hält die Strafzumessung rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte B als Aussteller einer Scheinrechnung über die angebliche Übertragung von Vermarktungsrechten die in dieser Rechnung gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt, welche die Angeklagten K und H gegenüber dem Finanzamt als Vorsteuer geltend gemacht haben. Zwar hat die Tatsache, daû der Aussteller einer Scheinrechnung die dort gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt hat, für die Strafbarkeit des Rechnungsempfängers, der die Vorsteuer aus dieser Rechnung geltend gemacht hat, auûer Betracht zu bleiben (vgl. oben II.2.d.). Jedoch hat der Umstand, daû der Rechnungsaussteller eine solche Abführung von Anfang an vorhatte und der Rechnungsempfänger dies wuûte, für die Strafzumessung Bedeutung. In diesem Fall ist die Tat nicht auf eine dauerhafte Gefährdung des Steueraufkommens gerichtet, sofern die Verwendung von Scheinrechnungen nicht ± wie es etwa bei einem
Umsatzsteuerkarussell der Fall sein kann ± an anderer Stelle zu Steuerverkürzungen führen soll. Dies hat das Landgericht nicht bedacht.

c) Die erforderliche Neufestsetzung der Einzelstrafen bedingt die Aufhebung der gegen die Angeklagten K und H festgesetzten Gesamtfreiheitsstrafen.
Harms Häger Raum Brause Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 183/00
vom
30. Mai 2000
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Mai 2000 gemäß § 349
Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 17. Dezember 1999 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a) Soweit die Revision beanstandet, das Landgericht habe das Verfahren hinsichtlich eines weiteren dem Angeklagten zur Last gelegten Vorwurfs des sexuellen Mißbrauchs der Geschädigten U. v on ähnlicher Begehungsweise und ähnlichem Gewicht wie die abgeurteilte Tat gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, ohne im Urteil dafür Gründe anzugeben, entspricht die Rüge nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Zutreffend geht die Revision zwar davon aus, daß in einem Fall, in dem der Anklagevorwurf wegen zwei Taten allein auf der Aussage einer einzigen Belastungszeugin aufbaut, wegen einer dieser Taten das Verfahren aber nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wird, den Gründen dafür Beweisbedeutung für die entscheidende Frage der Glaubwürdigkeit der einzigen Belastungszeugin
zukommen kann; wird der Grund für die Einstellung nicht mitgeteilt, liegt darin ein Erörterungsmangel (BGH StV 1998, 580, 582). Der Beschwerdeführer hat den Mangel auch richtig als Verfahrensfehler beanstandet. Bei der Beantwortung der Frage, ob einer - möglicherweise verletzten - Rechtsnorm verfahrens- oder sachlich-rechtlicher Charakter zukommt, ist grundsätzlich darauf abzuheben, daß für die sachlich-rechtliche Überprüfung dem Revisionsgericht allein die Urteilsurkunde zur Verfügung steht; alle anderen Erkenntnisquellen sind ihm verschlossen. Soweit sich der Rechtsfehler nicht allein aus der Urteilsurkunde erschließen läßt, weil er sich auf das der Entscheidung vorausgegangene Verfahren bezieht, verbleibt es bei der Verfahrensrüge. Der von der Revision geltend gemachte Erörterungsmangel betrifft zwar insoweit das sachliche Recht, als er in den Bereich der Beweiswürdigung fällt. Doch kann die Frage, ob und was im Zusammenhang mit einer Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO zu erörtern ist, nicht notwendig aus der Urteilsurkunde allein erschlossen werden. Eine derartige Verfahrenseinstellung kann in den Urteilsgründen zwar mitgeteilt sein; eine Verpflichtung dazu allein aus verfahrensrechtlicher Sicht enthält die Strafprozeßordnung aber nicht. Selbst wenn sich das Urteil aber dazu äußert, kann diese Ä ußerung unvollständig sein, so wenn in der Hauptverhandlung Gründe für die Verfahrenseinstellung genannt wurden, diese sich aber im Urteil nicht finden. Das bedeutet, daß eine entsprechende Rüge mit der - insbesondere der nicht ausgeführten - Sachrüge nicht ausreichend begründet ist, da auf dieser Grundlage eine abschließende Prüfung nicht möglich ist. Daran ändert nichts, daß es Urteile gibt, in denen eine teilweise erfolgte Verfahrenseinstellung, die Gründe dafür und ihre Auswirkung auf die Beweiswürdigung umfassend darge-
stellt sind. Eine solche Erörterung erfolgt in der Regel nur, wenn dazu nach Meinung des Tatgerichts Anlaß bestand. Die Prüfung, ob eine - fehlende - Erörterung geboten gewesen wäre, eröffnet nur die Verfahrensrüge. Der Fall ist dem vergleichbar, daß der Tatrichter ausgeschiedenen Verfahrensstoff dem Angeklagten bei der Strafzumessung angelastet hat, ohne vorher auf diese Möglichkeit hingewiesen zu haben; auch in diesem Fehler hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach einigem Schwanken einen Verfahrensfehler gesehen (BGHR StPO § 154 Abs. 1 Verwertungsverbot 1). Ist aber eine Verfahrensrüge zu erheben, muß der Revisionsführer den Sachverhalt so umfassend vortragen, daß das Revisionsgericht allein auf Grund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zutrifft (BGH NJW 1995, 2047; BGH StV 1996, 530). Hier hat der Beschwerdeführer die Tatsache der Einstellung und die fehlende Erörterung der Gründe dafür im Urteil mitgeteilt; er hat auch, wenn auch in sehr summarischer Form, den Sachverhalt angesprochen, auf den sich die Einstellung bezog. Was fehlt ist jedoch eine Ä ußerung dazu, ob und ggf. welche Gründe für die Einstellung in der Hauptverhandlung erörtert wurden, denn die mangelnde Begründung der Einstellung im Urteil könnte im Ergebnis nur dann einen Verfahrensfehler darstellen, wenn es sich um Gründe handelte, die auf die anschließend getroffene Sachentscheidung Einfluß nehmen konnten, wie etwa zweifelhafte Glaubhaftigkeit der Angaben der einzigen Belastungszeugin zu dem eingestellten Vorfall.
Es ist auch - ungeachtet insoweit fehlender Protokollierungspflicht - in der Regel nicht so, daß eine Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung kommentarlos erfolgt. Sollte es in Ausnahmefällen dennoch so sein, müßte vom Beschwerdeführer zumindest aber das Vorbringen verlangt werden, daß für die Einstellung keine Gründe angeführt wurden, die für die Beweiswürdigung ohne Bedeutung waren, wie etwa Verfahrensbeschränkung aus prozeßökonomischen Gründen.
b) Die weitere Rüge, das Landgericht habe § 261 StPO verletzt, weil es auf den Inhalt einer Reihe in der Hauptverhandlung auf Antrag der Verteidigung ganz oder teilweise verlesener Vernehmungsprotokolle, Gutachten und sonstige Urkunden nicht eingegangen sei, greift gleichfalls nicht durch. Zwar muß das Urteil erkennen lassen, daß der Tatrichter Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, in seine Überlegungen einbezogen hat (BGHR StPO § 261 Inbegriff 7, 15). Doch kann nicht aus jedem Schweigen zu den in der Hauptverhandlung erhobenen Beweisen darauf geschlossen werden, das Gericht habe diese Beweismittel unbeachtet gelassen. Die Erörterungsbedürftigkeit in den schriftlichen Gründen beurteilt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Nur mit Umständen, die im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch beweiserheblich waren, muß sich der Tatrichter im Urteil auseinandersetzen. Ob das der Fall war, läßt sich dem Beweisgehalt der Beweismittel selbst nicht ohne weiteres entnehmen. Die weitere Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung kann dem Beweismittel jede Bedeutung genommen haben. Das gilt insbesondere , soweit es sich um Beweise von Hilfstatsachen handelt, auf die die Beweisanträge der Verteidigung weitgehend abzielten. Würde man eine weitergehende Begründungspflicht verlangen, liefe das darauf hinaus, daß der
Tatrichter in seinem schriftlichen Urteil nicht das Ergebnis der Hauptverhandlung zu begründen, sondern den Gang der Hauptverhandlung zu dokumentieren hätte (vgl. G. Schäfer StV 1995, 147, 156). 2. Ebenso können die Angriffe gegen die Beweiswürdigung, die die Revision mit der Sachrüge vorbringt, keinen Erfolg haben. Insbesondere mußte sich das Landgericht nicht ausdrücklich mit der Frage einer unbewußten Suggestion der Geschädigten durch die Heimleiterin M. befassen. Die Geschädigte hatte sich zunächst dem Mitpatienten K. und später dem früheren Werkstattleiter B. offenbart. Beide sind dann mit ihr zur Sozialpädagogin Ba. gegangen, wo sie den Sachverhalt wieder in gleicher Weise schilderte. Frau Ba. bewog die Geschädigte schließlich, sich mit der Heimleiterin in Verbindung zu setzen. Bei dieser Entstehungsgeschichte der Aussage liegt die Möglichkeit einer unbewußten Suggestion durch die Heimleiterin fern. Schäfer Maul Granderath Nack Kolz
5 StR 410/05

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 24. Januar 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. Januar
2006, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
alsVertreterinderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt B ,
Rechtsanwalt Bo
alsVerteidiger,
Rechtsanwältin E
alsNebenklägervertreterin,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 5. April 2005 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenklägerin.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags unter Einbeziehung einer anderweitig wegen Totschlags verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Mit ihrer nur hinsichtlich der Verneinung niedriger Beweggründe vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision erstrebt die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung wegen Mordes; der Angeklagte beanstandet das Verfahren und erhebt die näher ausgeführte Sachrüge. Beide Rechtsmittel bleiben erfolglos.

I.


Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen lernte der Angeklagte am späten Abend des 16. Juni 1990 im Ostteil Berlins die später von ihm getötete U S kennen. Möglicherweise verbrachten der
Angeklagte und sein späteres Opfer die Nacht zusammen und hatten einvernehmlichen Geschlechtsverkehr.
Noch in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden des 17. Juni 1990 fuhr der Angeklagte mit U S in seinem Pkw auf einer Landstraße in Brandenburg. Er bog in einen Feldweg ein und hielt an einem nahe gelegenen Waldstück. Hier kam es dann zwischen dem Angeklagten und U S offenbar im Zusammenhang mit sexuellen Wünschen des Angeklagten zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Angeklagte U S an einen Baum fesselte. Sie konnte aber danach entweichen und in Richtung Landstraße flüchten. Als der Angeklagte, der U S hinterherlief, diese erreicht hatte, zog sie plötzlich ein Klapptaschenmesser , öffnete dieses und hielt es dem Angeklagten entgegen, um ihn auf diese Weise abzuwehren und von sich fern zu halten. Hierüber geriet der Angeklagte in Wut, griff nach einem am Boden liegenden Stock und schlug U S damit das Messer aus der Hand. Die junge Frau flüchtete erneut.
Nunmehr beschloss der Angeklagte aus Wut und Verärgerung, U S zu töten. Er hob das Klapptaschenmesser vom Boden auf, lief seinem Opfer hinterher, holte es alsbald wieder ein und stach mehrfach auf U S ein, so dass diese zu Fall kam. Alsdann stürzte er sich auf die am Boden Liegende, würgte sie massiv am Hals, stach ihr mehrfach mit dem Messer in den Brust- und Bauchbereich, die Lendenregion, das Gesicht und den Hals und schlug ihr mit einem schweren Ast quer über das Gesicht. Der Angeklagte brachte seinem Opfer insgesamt 33 Stichverletzungen und schwerste Schlagverletzungen bei. Anschließend schleifte der Angeklagte das Opfer ca. 15 Meter in den Wald hinein und legte die sterbende junge Frau, deren Jeanshose geöffnet war, mit gespreizten Beinen und nach oben gestreckten Armen ab, breitete anschließend das Hemd und die Jacke des Opfers über dessen teilweise entblößten Oberkörper aus und verließ den Ort. Wenig später verstarb U S an den erlittenen Verletzungen.

Das Landgericht hat das Tatgeschehen als Mord im Sinne des § 112 Abs. 1 StGB-DDR gewertet und der Straffindung gemäß § 2 Abs. 3 StGB § 212 Abs. 1 StGB zu Grunde gelegt. Vom Vorliegen von Mordmerkmalen im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB hat sich das Landgericht nicht zu überzeugen vermocht.

II.


Die Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
Soweit die Staatsanwaltschaft mit sachlichrechtlichen Erwägungen eine Verurteilung wegen Verdeckungsmordes begehrt, kann ihr Rechtsmittel deshalb keinen Erfolg haben, weil das Landgericht bei fehlerfreier Beweiswürdigung eine Verdeckungsabsicht des Angeklagten nicht festzustellen vermochte.
Auch die Begründung, mit der das Landgericht das Mordmerkmal der sonstigen niedrigen Beweggründe verneint hat, hält sachlichrechtlicher Nachprüfung noch stand. Ein Tötungsbeweggrund ist niedrig, wenn er nach allgemeiner sittlicher Würdigung auf tiefster Stufe steht und deshalb besonders verachtenswert ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich aufgrund einer Gesamtwürdigung , welche die Umstände der Tat, die Lebensverhältnisse des Täters und seine Persönlichkeit einschließt (vgl. BGHSt 47, 128, 130 m.w.N.). Bei einer Tötung aus Wut oder Verärgerung kommt es darauf an, ob diese Antriebsregungen ihrerseits auf einer niedrigen Gesinnung beruhen (BGH NJW 1995, 3196). Bei diesen Abwägungen steht dem Tatrichter ein Beurteilungsspielraum zu, den das Revisionsgericht nicht durch eigene Erwägungen ausfüllen kann (vgl. BGH, Urt. v. 11. Oktober 2005 – 1 StR 195/05 m.w.N.). Den Anforderungen an eine solche Gesamtwürdigung wird das angefochtene Urteil trotz der insoweit sehr knappen Ausführungen noch gerecht. Nach den Feststellungen handelte der Angeklagte aus spontaner Wut
und Verärgerung über die – freilich durch Notwehr gerechtfertigte – Bedrohung mit einem Messer durch sein Opfer. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Tatvorgeschehens – namentlich des zuvor möglicherweise erfolgten einverständlichen Geschlechtsverkehrs und der möglicherweise einvernehmlichen Autofahrt – liegt die Verneinung niedriger Beweggründe noch innerhalb des vom Revisionsgericht hinzunehmenden tatrichterlichen Beurteilungsspielraums.

III.


Auch der Revision des Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.
1. Die Verfahrensrügen greifen sämtlich nicht durch.

a) Soweit die Revision beanstandet, dass die – überwiegend geständigen – Angaben des Angeklagten in seinen polizeilichen Vernehmungen in Ermangelung einer § 136 und § 163a StPO genügenden Belehrung des als Beschuldigten vernommenen Angeklagten einem Verwertungsverbot unterlägen und darüber hinaus das Recht des Angeklagten auf Verteidigerkonsultation gemäß § 137 StPO beeinträchtigt worden sei (Rüge Nr. 1), ist der Revisionsvortrag zum Ablauf und Inhalt der beanstandeten Vernehmungen allenfalls bruchstückhaft und daher unzureichend im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.

b) Die auf eine Verletzung des § 261 StPO gestützte Beanstandung, das Landgericht habe sich in der Beweiswürdigung nicht mit den Aussagen der Zeuginnen K und S sowie der Zeugen H und Ba (Rügen Nr. 2 und 5) auseinandergesetzt, bleibt ohne Erfolg. Der Tatrichter ist nicht gehalten, in dem Urteil die Bekundung eines jeden in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen oder Sachverständigen wiederzugeben und abzuhandeln. Er muss nur die wesentlichen beweiserheblichen Umstände erörtern (BGH StV 1991, 340). Ob die Bekundungen der genannten Zeugen
beweiserheblich waren, kann das Revisionsgericht nicht feststellen. Was die Zeugen in der Hauptverhandlung bekundet haben, steht nicht fest. Die Rekonstruktion der Beweisaufnahme ist dem Revisionsgericht grundsätzlich versagt. Allenfalls dann, wenn sich das Revisionsgericht mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln den Beweisgehalt des Beweismittels ohne weiteres unmittelbar selbst zu erschließen vermag, kann die Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO unter Umständen erfolgreich sein (st. Rspr.; vgl. BGH StV 1991, 549; 1993, 115; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 6, 22, 30). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

c) Die auf eine Verletzung des § 261 StPO gestützte Beanstandung, das Landgericht habe sich mit der verlesenen Aussage des verstorbenen Zeugen M nicht hinreichend auseinandergesetzt (Rüge Nr. 3), ist unvollständig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Revision weist in ihrer rechtlichen Würdigung darauf hin, dass keine Ähnlichkeit zwischen der von dem Zeugen gesehenen Person und dem Angeklagten bestanden habe. Solches hätte sich aber erst aus dem im Zusammenhang mit den verlesenen Urkunden in Augenschein genommenen Lichtbild des Angeklagten aus dem Jahr 1989 erschließen können. Zum Verständnis der Rüge hätte demnach auch dieses Bild mit vorgelegt werden müssen. Dass es in Augenschein genommen worden ist, teilt die Revision mit.

d) Soweit die Revision mit der Rüge nach § 244 Abs. 2 StPO beanstandet , das Landgericht habe nicht aufgeklärt, ob dem Angeklagten Vergaserkraftstoff und welches Fahrzeug ihm im Tatzeitraum zur Verfügung standen und welche genaue berufliche Tätigkeit das Tatopfer ausgeübt hatte, sind diese Rügen (Nr. 4 und 6) ebenfalls unzulässig. Sie bezeichnen keine konkrete Beweisbehauptung (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Aufklärungsrüge

6).



e) Die Rüge (Nr. 7), § 265 StPO sei verletzt, weil das Landgericht nicht förmlich darauf hingewiesen habe, dass es entgegen dem Inhalt der zuge-
lassenen Anklage genauere Feststellungen zu dem vom Angeklagten zur Tatzeit benutzten Fahrzeug nicht treffen könne, ist unbegründet. Das Tatgericht war nicht verpflichtet, dem Angeklagten seine Bewertung des Ergebnisses der dazu durchgeführten Beweisaufnahme mitzuteilen (vgl. BGHSt 43, 212). Umstände, die zu Hinweisen hätten nötigen können (vgl. BGHSt 48, 221, 228 f.), trägt die Revision nicht vor.

f) Die Rüge (Nr. 8) einer nicht eingehaltenen Wahrunterstellung nach § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO ist unbegründet. Die dem Beweisantrag der Verteidigung ohne eine Sinnveränderung folgende Wahrunterstellung betrifft lediglich die Identität eines vom Zeugen P vor dem Sankt-HedwigKrankenhaus in einem PKW beobachteten wartenden Mannes, nicht aber die Dauer von dessen Anwesenheit bis zum Verlassen des Krankenhauses durch das Tatopfer. Der Umstand, dass in der Tatnacht nicht der Angeklagte, sondern ein Dritter vor der Arbeitsstätte des Opfers beobachtet wurde, durfte auch als wahr unterstellt werden. Er war nicht von vornherein bedeutungslos, sondern geeignet, zu Gunsten des Angeklagten die belastende Beweislage einzuengen. Indes war das Landgericht nicht gehalten, die als wahr unterstellte Tatsache noch im Urteil als bedeutsam anzusehen und sie als solche in die Beweiswürdigung und seine Abwägung einzustellen (vgl. BGH, Beschl. vom 24. November 2005 – 1 StR 443/05). Dass die Verteidigung des Angeklagten durch die Wahrunterstellung von weiterem effektiven Verteidigungsvorbringen abgehalten worden wäre, ist nicht ersichtlich.

g) Die Rügen (Nr. 9, 11 bis 13) einer Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO im Hinblick auf die erfolgte Ablehnung von Beweisanträgen als bedeutungslos (fünf Anträge vom 22. März 2005 betreffend die Zeugen Me V , , W , Pi und G sechs ; Anträge vom 29. März 2005 betreffend sechs Ärzte) sind unbegründet. Das Landgericht hat diese Anträge unter ausreichender Darlegung seiner vorläufigen Beweiswürdigung mit zutreffender Begründung abgelehnt.

h) Die Beanstandung (Rüge Nr. 10), das Tatgericht habe zu Unrecht die Inaugenscheinnahme des Tatortes abgelehnt, bleibt unvollständig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Revision hat es versäumt, die in dem ablehnenden Beweisbeschluss in Bezug genommenen Skizzen und Fotos vorzulegen.

i) Soweit die Revision beanstandet (Rüge Nr. 14), § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO sei dadurch verletzt, dass das Landgericht die am 23. März 2005 beantragte molekulargenetische Untersuchung von sichergestellten Holzbruchstücken und eines Faserschreibers abgelehnt hat, bleibt dies ohne Erfolg. Es liegt in dem Antrag vom 23. März 2005 schon kein Beweisantrag vor, weil der Angeklagte insoweit keine bestimmte Beweisbehauptung erhebt, sondern nur das Beweisziel umschreibt, der Angeklagte habe die betreffenden Gegenstände nicht berührt (vgl. BGHSt 39, 251). Die Zurückweisung dieser Beweisanregung durch das Landgericht wäre auch unter Aufklärungsgesichtspunkten rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere vor dem Hintergrund des Inhalts der polizeilichen Vernehmungen des Angeklagten.

j) Die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 4 StPO durch Ablehnung eines Hilfsbeweisantrags auf Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens (Rüge Nr. 15) erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Ohne Kenntnis des Inhalts der im Antrag in Bezug genommenen polizeilichen Vernehmungen vom 24. und 25. August 2004 kann der Senat nicht beurteilen, ob der behauptete Verfahrensmangel vorliegt.

k) Soweit die Revision einen Verstoß gegen § 261 StPO darin erblickt (Rüge Nr. 16), dass sich das Landgericht nicht mit dem DNA-Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Bri bezüglich eines nicht von der Geschädigten stammenden Kopfhaares und eines blond gefärbten Haares auseinandergesetzt hat, begründet solches keinen Erörterungsmangel. Die Beweismittel waren schlicht unergiebig. Die Haare konnten keiner Person zugeordnet werden, weil kein DNA-Nachweis erbracht werden konnte. Als Auf-
klärungsrüge war der Vortrag der Revision nicht zu verstehen. Ein weiteres DNA-Gutachten hat im Übrigen auch keine weitere Aufklärung erbracht.
2. Die sachlichrechtliche Überprüfung des Urteils ergibt auch unter Berücksichtigung der von der Revision erhobenen Einzelbeanstandungen keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler. Soweit die Revision die Beweiswürdigung des Tatgerichts angreift, erschöpft sie sich darin, die rechtsfehlerfrei festgestellten Indiztatsachen anders als das Landgericht zu würdigen, ohne dabei durchgreifende Rechtsfehler in der Beweiswürdigung des Landgerichts aufzudecken. Einer umfassenderen Erörterung der Beweisanzeichen bedurfte es angesichts des verfestigten, gegen den Angeklagten sprechenden Beweisergebnisses (Täterwissen offenbarende, teilgeständige Einlassungen vor der Polizei, selbstbelastendes Schreiben des Angeklagten an seine Ehefrau, gesicherte Spermaspur des Angeklagten am Slip des Opfers) nicht.
Die mit sachverständiger Hilfe gewonnene Erkenntnis von Dritt-DNA unter den Fingernägeln musste angesichts des Berufs des Opfers und der weitgehenden modernen Nachweismethoden keine Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten erwecken und nötigte auch nicht zu näherer Erörterung.
Sachlichrechtlich musste die mit sachverständiger Hilfe gewonnene Erkenntnis uneingeschränkter Schuldfähigkeit des jegliche Angaben zur Sache verweigernden Angeklagten bei Tatbegehung auch angesichts des fest-
gestellten Tatbildes nicht näher hinterfragt werden, insbesondere nachdem über ihn in der einbezogenen Sache zu angeblich eingeschränkter Schuldfähigkeit ersichtlich eine Fehldiagnose getroffen worden war. Basdorf Häger Gerhardt Brause Schaal

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 439/13
vom
5. Juni 2014
BGHSt: nein
BGHR: ja (nur III.)
Nachschlagewerk: ja (nur III.)
Veröffentlichung: ja (nur III.)
––––––––––––––––––––––––––-
Nach dem gegenwärtig erreichten wissenschaftlichen Stand der forensischen Molekulargenetik
sind zur Nachvollziehbarkeit der Wahrscheinlichkeitsberechnung bei
DNA-Vergleichsuntersuchungen, die keine Besonderheiten in der forensischen Fragestellung
aufweisen, im tatrichterlichen Urteil keine Ausführungen zur unabhängigen
Vererblichkeit der untersuchten Merkmalsysteme erforderlich (in Fortführung zu
BGHSt 58, 212).
BGH, Urteil vom 5. Juni 2014 - 4 StR 439/13 - LG Neuruppin
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
8. Mai 2014 in der Sitzung vom 5. Juni 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender
als beisitzende Richter,
Richterin am Landgericht
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger in der Verhandlung am 8. Mai 2014,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 7. Mai 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit ihrer vom Generalbundesanwalt vertretenen, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass die Schwurgerichtskammer den Angeklagten nicht auch wegen eines tateinheitlich begangenen versuchten Tötungsdelikts verurteilt hat. Das Rechtsmittel des Angeklagten wendet sich mit mehreren Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge gegen die Verurteilung. Während die Revision der Staatsanwaltschaft begründet ist, bleibt das Rechtsmittel des Angeklagten ohne Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen gelangte der Angeklagte am 22. Oktober 2012 gegen 20.40 Uhr auf dem Rückweg von einer Gaststätte zu seiner Wohnung an die Fußgängerbrücke, die östlich der Abfahrt B. die Bundesautobahn A 10 überquert. Leicht enthemmt durch den vorangegangenen Alkoholgenuss verspürte der Angeklagte Lust, die gusseisernen Abdeckroste der an beiden Enden der Brücke befindlichen Regenwassergullys auf die Fahrbahnen der Bundesautobahn zu werfen. Er hob die Roste, welche jeweils eine Größe von 44 x 44 cm, eine Höhe von 6 cm und ein Gewicht von jeweils 41,5 kg aufwiesen , aus den Rahmen der Schächte, trug sie auf die Brücke und ließ sie auf die in östlicher und westlicher Richtung führenden Fahrbahnen fallen. Zwar unterquerte in diesen Augenblicken kein Fahrzeug die Brücke, sodass nicht zu befürchten war, dass ein fahrendes Fahrzeug von den schweren Eisenrosten getroffen wird. Jedoch handelte der Angeklagte gleichwohl in der Absicht, Unglücksfälle herbeizuführen. Er rechnete damit und wollte auch, dass Fahrzeuge, die über die flach auf den Fahrbahnen liegenden Roste fuhren, erhebliche Schäden nehmen. Er dachte allerdings nicht daran, Unfälle mit tödlichem Ausgang herbeizuführen.
3
Während einer der Gullyroste auf dem rechten Fahrstreifen der nach Osten führenden Richtungsfahrbahn auftraf und vermutlich schon durch den Aufprall in mehrere Teile zerbrach, blieb der andere Rost unbeschädigt auf dem linken Fahrstreifen der Gegenfahrbahn liegen. Der Fahrzeugverkehr auf der Bundesautobahn, dessen Geschwindigkeit an dieser Stelle erst ab 21.00 Uhr auf 100 km/h für Pkws und 60 km/h für Lkws beschränkt ist, war durch die in der Dunkelheit nicht rechtzeitig sichtbaren Hindernisse erheblich gefährdet. Der auf der nach Osten führenden Fahrbahn liegende Rost oder dessen Trümmer- teile wurden von drei Pkws überrollt, was jeweils Schäden u.a. an der Bereifung der Fahrzeuge zur Folge hatte. Über den unzerbrochenen Abdeckrost auf der Gegenfahrbahn fuhren ebenfalls drei Pkws, wodurch bei zwei Fahrzeugen Reifen beschädigt wurden. Bei einem dieser Fahrzeuge platzte der rechte Vorderreifen , was dazu führte, dass der mit vier Personen besetzte Pkw auf den rechten Fahrstreifen der Fahrbahn schleuderte, ehe der Fahrer das Fahrzeug wieder unter Kontrolle bringen konnte und auf dem Standstreifen anhielt.

II.


4
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet.
5
1. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Landgericht den festgestellten Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht nicht umfassend gewürdigt hat. Die Schwurgerichtskammer ist zwar davon ausgegangen, dass der Angeklagte bei seinem Tun „auch Personenschäden billigend in Kauf nahm“, hat es jedoch versäumt,eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung nach §§ 22, 224 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 StGB zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2010 – 4 StR 450/09, insoweit in NStZ-RR 2010, 373 nicht abgedruckt).
6
2. Die Ausführungen der Schwurgerichtskammer zur Verneinung eines bedingten Tötungsvorsatzes beim Angeklagten halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
7
a) Bedingter Tötungsvorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fern liegende Folge seines Handelns erkennt (Wissens- element) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet (Willenselement). Beide Elemente des bedingten Vorsatzes müssen in jedem Einzelfall umfassend geprüft und gegebenenfalls durch tatsächliche Feststellungen belegt werden (vgl. BGH, Urteile vom 17. Juli 2013 – 2 StR 139/13, StraFo 2013, 467; vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 702). Ihre Bejahung oder Verneinung kann nur auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalles erfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 4 StR 364/13, StV 2014, 345, 346; Urteil vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183 Rn. 26), in welche insbesondere die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung, die konkrete Angriffsweise des Täters, seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung und seine Motivationslage einzubeziehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 – 3 StR 45/13, NStZ 2013, 581, 582). Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau stellt die auf der Grundlage der dem Täter bekannten Umstände zu bestimmende objektive Gefährlichkeit der Tathandlung einen wesentlichen Indikator sowohl für das kognitive, als auch für das voluntative Vorsatzelement dar (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2013 – 4 StR 364/13, aaO, mwN; Urteile vom 16. Mai 2013 – 3 StR 45/13, aaO, vom 23. Februar 2012 – 4 StR 608/11, NStZ 2012, 443, 444). Hat der Täter eine offensichtlich äußerst gefährliche Gewalthandlung begangen, liegt es – vorbehaltlich in die Gesamtbetrachtung einzustellender gegenläufiger Umstände im Einzelfall – nahe, dass er den Eintritt des Todes als mögliche Folge seines Tuns erkannt und, indem er gleichwohl sein gefährliches Handeln begonnen oder fortgesetzt hat, den Todeserfolg auch billigend in Kauf genommen hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 – 5 StR 360/11, NStZ 2012, 207, 208 mwN).
8
b) Diesen Anforderungen werden die Erwägungen, mit denen das Landgericht das Vorliegen eines bedingten Tötungsvorsatzes des Angeklagten verneint hat, nicht gerecht.
9
Es ist bereits zu besorgen, dass das Landgericht mit der Hervorhebung der „sehr hohen natürlichen Hemmschwelle“ bei der Tötung eines anderen Menschen diesem Gesichtspunkt eine Bedeutung beigemessen hat, die ihm nicht zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, aaO Rn. 31 ff.).
10
Die Ausführungen zur Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil lassen ferner nicht erkennen, ob die Schwurgerichtskammer es schon für nicht nachweisbar gehalten hat, dass der Angeklagte mit Gefahren für das Leben von Fahrzeuginsassen als Folge seines Tuns rechnete, oder sich nicht hat davon überzeugen können, dass der Angeklagte einen als möglich erkannten tödlichen Erfolg billigte oder sich zumindest um des erstrebten Zieles willen mit ihm abfand (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, aaO Rn. 27). Die erforderliche Gesamtschau aller in objektiver und subjektiver Hinsicht für das Tatgeschehen bedeutsamen Umstände hat das Landgericht weder zum kognitiven noch hinsichtlich des voluntativen Elements des bedingten Tötungsvorsatzes erkennbar vorgenommen. Soweit die Schwurgerichtskammer bei ihrer Beurteilung der von den Abdeckrosten oder ihren Trümmerteilen ausgehenden Gefahren für den Kraftfahrzeugverkehr maßgeblich darauf abgestellt hat, dass infolge des Überfahrens der Hindernisse tatsächlich keine Personenschäden eintraten, hat sie übersehen, dass aus der im konkreten Fall ausgebliebenen Realisierung einer Gefahr nicht ohne Weiteres auf das Ausmaß der Gefährdung geschlossen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom23. Februar 2012 – 4 StR 608/11, aaO). Auch die Höhe der an den Fahrzeugen jeweils entstan- denen Sachschäden ist für die Einschätzung der mit dem Überfahren der Hindernisse verbundenen Risiken für Leib und Leben der Fahrzeuginsassen ohne jede Aussagekraft. Das Landgericht hätte in diesem Zusammenhang vielmehr unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten – wie etwa der Blickrichtung des Angeklagten bei den Abwürfen, der Beschaffenheit der gusseisernen Abdeckroste und deren Trümmerteile, des Verkehrsaufkommens auf der Bundesautobahn zur Tatzeit, der unter der Fußgängerbrücke gefahrenen Geschwindigkeiten , der beim Überfahren der Hindernisse drohenden Schäden insbesondere an den Reifen der Fahrzeuge und deren zu erwartenden Auswirkungen auf das Fahrverhalten der Fahrzeuge – eine Bewertung der Gefahrenlage , die von der vom Angeklagten bewusst geschaffenen Situation ausging, vornehmen und sich mit der Frage befassen müssen, ob sich aus der Perspektive des Angeklagten für jedermann die Möglichkeit von in ihrem Verlauf weder vorhersehbaren noch beherrschbaren Unfallgeschehen mit unkalkulierbaren Folgen auch für das Leben von Fahrzeuginsassen aufgedrängt hätte. Hierbei wäre auch zu berücksichtigen gewesen, dass das Überfahren des unzerbrochenen Rostes in einem Fall bei dem betroffenen Fahrzeug zum Platzen des rechten Vorderreifens mit einem anschließenden Schleudervorgang vom linken auf den rechten Fahrstreifen der Fahrbahn der Bundesautobahn führte, welchen das Landgericht als „Beinahe-Unfall“ mit konkreter Gefahr für Leib oder Leben der vier Insassen gewertet hat. Insgesamt entbehrt die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe als Folge seines Handelns zwar nicht näher umschriebene Personenschäden, nicht aber den Tod von Menschen billigend in Kauf genommen, einer tragfähigen Begründung.

III.


11
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen. Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
12
Die Darstellung der Ergebnisse des DNA-Vergleichsgutachtens im angefochtenen Urteil begegnet keinen sachlich-rechtlichen Bedenken.
13
1. Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten „in erster Linie“ auf eine vom Landeskriminalamt durchgeführte vergleichende molekulargenetische Untersuchung von zwei jeweils an der Unterseite des unzerbrochenen Abdeckrostes gesicherten Abriebspuren gestützt. Zum Ergebnis des Gutachtens teilen die Urteilsgründe mit, dass das zelluläre Material aus den beiden Abriebspuren jeweils in allen 16 untersuchten PCR-Systemen mit dem DNA-Vergleichsmaterial vom Angeklagten übereinstimme , wobei die festgestellte Merkmalskombination in der deutschen Population nur ca. einmal unter 3,5 Quadrillionen Personen vorkomme. Zur getrennten Vererblichkeit der 16 untersuchten Merkmalsysteme verhalten sich die Urteilsausführungen nicht.
14
2. Diese Darstellung des DNA-Vergleichsgutachtens genügt den in sachlich -rechtlicher Hinsicht zu stellenden Anforderungen. Nach dem gegenwärtig erreichten wissenschaftlichen Stand der forensischen Molekulargenetik sind – abweichendvon der Bewertung in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – zur Nachvollziehbarkeit der Wahrscheinlichkeitsberechnung bei DNA-Vergleichsuntersuchungen, die keine Besonderheiten in der forensi- schen Fragestellung aufweisen, keine Ausführungen zur genetischen Unabhängigkeit der untersuchten Merkmalsysteme im tatrichterlichen Urteil erforderlich.
15
a) Das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013 – 4 StR 270/13, NStZ-RR 2014, 115, 116; Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212 Rn. 12; Beschluss vom 19. August 1993 – 4 StR 627/92, BGHSt 39, 291, 296 f.). Dabei dürfen die Anforderungen, welche das Tatgericht an das Gutachten zu stellen hat, nicht mit den sachlich-rechtlichen Anforderungen an den Inhalt der Urteilsgründe gleichgesetzt werden. Mögliche Fehlerquellen sind nur zu erörtern, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013 – 4 StR 270/13, aaO; Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, aaO). Dies beeinträchtigt die Rechtsposition des Angeklagten nicht, da er etwaige Fehler des Sachverständigengutachtens sowohl in der Hauptverhandlung als auch mit der Verfahrensrüge im Revisionsverfahren geltend machen kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, aaO).
16
Für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung ist danach in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für erforderlich gehalten worden, dass der Tatrichter mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob diese unabhängig voneinander vererbbar sind (und mithin die Pro- duktregel anwendbar ist), ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben, mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist und, sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, inwieweit dieser Umstand bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, aaO, Rn. 13 mwN auch zur früheren Rspr.; Beschlüsse vom 16. April 2013 – 3 StR 67/13; vom 31. Juli 2013 – 4 StR 270/13, aaO). Soweit damit bislang stets ausdrückliche Ausführungen zur unabhängigen Vererbbarkeit der untersuchten Merkmalsysteme verlangt worden sind, hält der Senat hieran für die in der Praxis vorkommenden Regelfälle der DNA-Vergleichsuntersuchung , die keine Besonderheiten in der forensischen Fragestellung aufweisen , nicht fest.
17
b) Der Senat hat zu der Frage, ob bei den Merkmalsystemen, die in Deutschland von Rechtsmedizinischen Instituten, den Landeskriminalämtern und vom Bundeskriminalamt bei der vergleichenden DNA-Untersuchung von Tatortspuren üblicherweise eingesetzt werden, nach dem Stand der forensischen DNA-Analytik gewährleistet ist, dass sie unabhängig voneinander vererbt werden, gutachterliche Stellungnahmen der Sachverständigen Prof. Dr. vom Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums und Privatdozentin Dr. vom Institut für Rechtsmedizin der Universität eingeholt. Unter Berücksichtigung der Ausführungen der beiden Sachverständigen in der Revisionshauptverhandlung ist von folgenden Gegebenheiten auszugehen :
18
aa) Die im Bereich der forensischen DNA-Analytik tätigen öffentlichen und privaten Einrichtungen orientieren sich bei der Auswahl der bei molekulargenetischen Vergleichsuntersuchungen zu verwendenden STR-Systeme an dem Format, das für die Einstellung von DNA-Identifizierungsmustern in die DNA-Analyse-Datei beim Bundeskriminalamt und den diesbezüglichen automatisierten Informationsaustausch innerhalb der Europäischen Union (vgl. Art. 2 ff. des Beschlusses 2008/615/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität, ABl. L 210 vom 6. August 2008, S. 1; Art. 1 und 3 des Ausführungsgesetzes zum Prümer Vertrag und zum Ratsbeschluss Prüm, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 zur Umsetzung des Beschlusses des Rates 2008/615/JI vom 23. Juni 2008, BGBl. I 2009, S. 2507) vorgesehen ist. Nach Errichtung der als Verbunddatei nach § 11 BKAG beim Bundeskriminalamt geführten DNAAnalyse -Datei im Jahr 1998 erstreckte sich die Speicherung in der Datei zunächst auf die Ergebnisse in den fünf STR-Systemen VWA, HUMTH01, SE33, D21S11 und FGA (FIBRA). Mit Entschließung des Rates vom 25. Juni 2001 über den Austausch von DNS-Analyseergebnissen (ABl. C 187 vom 3. Juli 2001, S. 1) wurde zur Erleichterung des Informationsaustauschs ein Europäischer Standardsatz (ESS) von DNA-Markern definiert, der – mit Ausnahme des Systems SE33 – die bis dahin für die DNA-Analyse-Datei beim Bundeskriminalamt herangezogenen Systeme und darüber hinaus die STR-Systeme D3S1358, D8S1179 und D18S51 umfasste. Durch die weitere Ratsentschließung vom 30. November 2009 (Entschließung des Rates vom 30. November 2009 über den Austausch von DNS-Analyseergebnissen, ABl. C 296 vom 5. Dezember 2009, S. 1) erfolgte die Erweiterung des Europäischen Standardsatzes (ESS) von sieben auf insgesamt zwölf Merkmalsysteme unter Einbeziehung der STRSysteme D1S1656, D2S441, D10S1248, D12S391 und D22S1045. Die Entschließungen des Rates vom 25. Juni 2001 und 30. November 2009 enthielten jeweils die Aufforderung an die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, bei der kriminaltechnischen DNA-Analyse zumindest die zum Europäischen Stan- dardsatz gehörenden DNA-Marker zu verwenden. Zur Umsetzung der im Rahmen der Europäischen Union beschlossenen Empfehlungen wurde auf der 167. Tagung der AG Kripo am 15./16. September 2010 durch die Kriminalämter des Bundes und der Länder festgelegt, für die in der DNA-Analyse-Datei beim Bundeskriminalamt zu speichernden DNA-Identifizierungsmuster die zwölf Merkmalsysteme des Europäischen Standardsatzes und zusätzlich das seit Errichtung der Datei berücksichtigte System SE33 heranzuziehen. Darüber hinaus sollen auch weitere routinemäßig untersuchte Merkmalsysteme obligatorisch in der DNA-Analyse-Datei gespeichert werden. Hierbei handelt es sich in der derzeitigen forensischen Praxis um drei STR-Systeme – D2S1338, D16S539 und D19S433 –, die in für die Untersuchungslabore kommerziell verfügbaren STR-Typisierungs-Kits mit enthalten sind, da sie in einer Reihe von europäischen Ländern in deren nationalen Datenbanken erfasst werden.
19
bb) Die bis zu 16 genannten Merkmalsysteme werden bei molekulargenetischen Vergleichsuntersuchungen ohne Besonderheiten in der forensischen Fragestellung routinemäßig eingesetzt. Zu den Regelfällen der DNA-Analyse gehört insbesondere die Vergleichsuntersuchung von an Gegenständen gesicherten unspezifischen Tatortspuren. Lediglich in speziellen Fallkonstellationen – z.B. bei Mischspuren von Mitspurenverursachern verschiedenen Geschlechts bei Sexualdelikten oder bei schlechtem Spurenmaterial in Fällen der Exhumierung – besteht aus forensischer Sicht die Notwendigkeit, ergänzende molekulargenetische Untersuchungen durchzuführen, bei denen über die 16 genannten Merkmale hinaus weitere autosomale Merkmalsysteme oder DNA-Marker, die auf den Geschlechtschromosomen des menschlichen Genoms lokalisiert sind, zur Anwendung kommen.
20
cc) Die Unabhängigkeit der Vererbung von Merkmalen als genetische Voraussetzung zur Anwendung der Produktregel ist seit vielen Jahrzehnten etabliert und bildet in Verbindung mit den Gesetzmäßigkeiten des HardyWeinberg -Gleichgewichts die Grundlage aller biostatistischen Berechnungen zur Wahrscheinlichkeit von DNA-Identifizierungsmustern, die sich aus den Merkmalen verschiedener Genorte zusammensetzen (vgl. Peter Schneider/ Anslinger/Eckert/Fimmers/Harald Schneider, NStZ 2013, 693, 694 f.). Die Unabhängigkeit der Vererblichkeit bei verschiedenen Merkmalsystemen hängt von deren Lokalisierung im menschlichen Genom ab. Genetische Merkmale, die auf verschiedenen Chromosomen des menschlichen Genoms liegen, werden unabhängig voneinander vererbt. Befinden sich zwei Genorte auf einem Chromosom , führt der Vorgang des chromosomalen Crossing-over bei der Entwicklung der Keimzellen dazu, dass die Allele der beiden Genorte auf einem elterlichen Chromosom getrennt werden können. Je nach Entfernung und Lage der Genorte auf dem Chromosom kann dies mit einer als Rekombinationsrate bezeichneten Wahrscheinlichkeit zwischen 0 % und 50 % geschehen. In einer Population , in der über mehrere Generationen eine ausreichend zufällige Partnerwahl stattgefunden hat, kann bei einer Rekombinationsrate von über 10 % zwischen zwei Genorten davon ausgegangen werden, dass das Vorkommen der Merkmale an beiden Genorten praktisch unabhängig ist, sodass die Multiplikation über die Merkmalshäufigkeiten an beiden Genorten nicht zu einer relevanten Abweichung führt (vgl. Peter Schneider/Anslinger/Eckert/Fimmers/Harald Schneider, aaO).
21
dd) Von den 16 routinemäßig bei der vergleichenden DNA-Untersuchung zur Anwendung kommenden Merkmalsystemen liegen die STR-Systeme D1S1656, D2S1338, D3S1358, FGA (FIBRA), SE33, D8S1179, D10S1248, HUMTH01, VWA, D16S539, D18S51, D19S433, D21S11 und D22S1045 auf jeweils unterschiedlichen Chromosomen des menschlichen Genoms und sind daher voneinander unabhängig vererbbar. Die Genorte der STRSysteme D2S441 und D12S391 befinden sich jeweils mit den Systemen D2S1338 bzw. VWA auf einem Chromosom. Zu den Kopplungsverhältnissen zwischen diesen jeweils auf einem Chromosom lokalisierten Merkmalsystemen existieren belastbare wissenschaftliche Daten aus drei Studien (B. Budowle, J. Ge, R. Chakraborty, A.J. Eisenberg, R. Green, J. Mulero, R.T. Lagace, L. Hennessy: Population genetic analyses of the NGM STR loci. Int. J. Legal Med., (2011), 125, 101-109; K. Lewis O’Connor, C.R. Hill, P.M. Vallone, J.M. Butler, Linkage disequilibrium analysis of D12S391 and vWA in U.S. population and paternity samples, and Corrigendum to: Linkage disequilibrium analysis of D12S391 and vWA in U.S. population and paternity samples. Forensic Sci. Int. Genet. (2011) 5, 538-540 und 541-542; C. Phillips, D. Ballard, P. Gill, D. Syndercombe Court, A. Carracedo, M.V. Lareu. The recombination landscape around forensic STRs: Accurate measurement of genetic distances between syntenic STR pairs using HapMap high density SNP data. Forensic Sci. Int. Genet. (2012) 6, 354-365). Danach liegen die STR-Systeme D2S1338 und D2S441 mit einem Abstand von über 100 Millionen Basenpaaren auf dem langen bzw. kurzen Arm des Chromosoms 2 und weisen eine Rekombinationsrate von 50 % auf. Die Genorte der STR-Systeme VWA und D12S391 befinden sich mit einem Abstand von 6,36 Millionen Basenpaaren auf dem kurzen Arm des Chromosoms 12, wobei in den vorhandenen wissenschaftlichen Studien eine mittlere Rekombinationsrate von 12 % ermittelt worden ist. Damit ist auch für diese jeweils auf einem Chromosom lokalisierten Markerpaare die genetische Unabhängigkeit der Merkmale gesichert.
22
c) Aus den Darlegungen der beiden Sachverständigen Prof. Dr. und Dr. ergeben sich für die in sachlich-rechtlicher Hinsicht zu stellenden Anforderungen an die Darstellung vergleichender molekulargenetischer Untersuchungen im tatrichterlichen Urteil die folgenden Konsequenzen:
23
Nach dem gegenwärtig erreichten wissenschaftlichen Stand der forensischen Molekulargenetik ist die Durchführung von DNA-Vergleichsuntersuchungen soweit vereinheitlicht, dass in den Regelfällen, die keine Besonderheiten in den forensischen Fragestellungen aufweisen, standardmäßig bis zu 16 der oben genannten STR-Systeme Anwendung finden, deren genetische Unabhängigkeit wissenschaftlich gesichert ist. In diesen Fällen bedarf es im tatrichterlichen Urteil keiner Ausführungen zur unabhängigen Vererblichkeit der Merkmalsysteme. Etwas anderes gilt für die Fälle der ergänzenden DNA-Analyse, in welchen andere autosomale Markersysteme oder geschlechtsgebunden vererbliche DNA-Merkmale in die Untersuchung mit einbezogen werden. In diesen Ausnahmekonstellationen, in denen die Unabhängigkeit der weiteren autosomalen STR-Systeme im Einzelfall gesondert geprüft und die Besonderheiten der geschlechtsgebundenen Vererbung berücksichtigt werden müssen, ist der Tatrichter gehalten, im Urteil hierzu nähere Ausführungen zu machen.
24
d) Die oben zitierten Entscheidungen des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs , denen der erkennende Senat in der Vergangenheit gefolgt ist, stehen der dargelegten Entscheidung nicht entgegen. Da der Senat auf der Grundlage des in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Maßstabs für die sachlich-rechtlichen Anforderungen an die Darstellung von Sachverständigengutachten im tatrichterlichen Urteil lediglich eine im Tatsächlichen abweichende Bewertung des wissenschaftlichen Stands der DNA- Analyse vorgenommen hat, fehlt es an einer eine Rechtsfrage betreffenden Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 GVG.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.