Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2018 - 4 StR 591/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:101018B4STR591.17.0
bei uns veröffentlicht am10.10.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 591/17
vom
10. Oktober 2018
BGHSt: ja zu 1.
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––
Zur Zueignungsabsicht beim Diebstahl, wenn der Täter Pfandleergut entwendet
, um es gegen Auskehrung des Pfandbetrages in das Pfandsystem zurückzugeben.
BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2018 – 4 StR 591/17 – LG Essen
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:101018B4STR591.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 10. Oktober 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 6. Juli 2017 wird verworfen; jedoch wird der Strafausspruch dahin klargestellt, dass der Angeklagte in den Fällen II. 7 und II. 8 der Urteilsgründe jeweils zu einer Einzelfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt ist.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die insoweit im Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die der Adhäsionsklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gemeinschaftlichen“ Rau- bes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen Wohnungseinbruch- diebstahls, wegen Diebstahls in zwölf Fällen, „davon in einem Fall gemeinschaftlich“ , in zwei weiteren Fällen „im Versuch“, davon in einem Fall in Tatein- heit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln, wegen wahlweise Betruges oder Computerbetruges in sechs Fällen und wegen Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und einen Vorwegvollzug von vier Monaten und zwei Wochen Freiheitsstrafe bestimmt. Außerdem hat es eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Lediglich der Strafausspruch bedarf der aus der Beschlussformel ersichtlichen Klarstellung.
2
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler nicht ergeben. Der Erörterung bedarf nur das Folgende :
3
1. Die Verurteilung wegen Diebstahls im Fall II. 1 der Urteilsgründe ist im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
4
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts gelangte der Angeklagte durch ein Loch in einem Zaun auf das Gelände eines Getränkehandels in M. . Dort entwendete er unter Mitwirkung eines gesondert verfolgten Bekannten zahlreiche, zumeist nach Abgabe durch die Verbraucher bereits zusammengepresste Plastikpfandflaschen sowie einen Kasten mit Glaspfandflaschen; der Pfandwert betrug insgesamt 325 Euro. Beide beabsichtigten, die gepressten Plastikpfandflaschen auszubeulen und das gesamte Pfandleergut nochmals abzugeben, um dafür Pfand zu erhalten.
5
b) Das Landgericht hat sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand des Diebstahls im Sinne des § 242 StGB jedenfalls hinsichtlich der Plastikflaschen hinreichend belegt.
6
aa) Das entwendete Pfandleergut war insgesamt für den Angeklagten nach den insoweit maßgeblichen Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 1953 – 3 StR 485/52, BGHSt 6, 377, 378; Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 242 Rn. 4) fremd.
7
(1) Für die Eigentumsverhältnisse an der jeweiligen Pfandflasche (nicht an ihrem Inhalt) auf den verschiedenen Vertriebsstufen des Pfandsystems bis hin zum Endverbraucher ist deren konkrete Beschaffenheit maßgeblich. Ist die Flasche mit einer besonderen, dauerhaften Kennzeichnung versehen, die sie als Eigentum eines bestimmten Herstellers/Abfüllers ausweist (sog. Individualflasche ), verbleibt das Eigentum an ihr, unabhängig vom Eigentumsübergang an dem veräußerten Getränk, beim Hersteller/Abfüller. Mangels zivilrechtlicher Einigung findet deshalb ein Eigentumsübergang an den jeweiligen Flaschen auf den einzelnen Handelsstufen nicht statt (BGH, Urteil vom 9. Juli 2007 – II ZR 233/05, NJW 2007, 2913, 2914). Weist die Flasche solche individuellen Merkmale nicht auf, wird sie vielmehr von unbestimmt vielen Herstellern verwendet (sog. Einheitsflasche), geht nicht nur das Eigentum am Inhalt, sondern auch dasjenige an der Flasche selbst auf allen Vertriebsstufen auf den jeweils nächsten Erwerber über (BGH, Urteil vom 9. Juli 2007, aaO; ebenso Kretschmer in Leipold/Tsambikakis/Zöller, AnwK StGB, 2. Aufl., § 242 Rn. 52; zur im Ergebnis umstrittenen rechtlichen Einordnung des sog. Flaschenpfandes vgl. auch Staudinger /Wiegand, BGB, Neubearb. 2009, § 1204 Rn. 59; jurisPK-BGB/Protz, 8. Aufl., § 1204 Rn. 4, jeweils mwN).
8
(2) Danach waren die entwendeten Flaschen für den Angeklagten fremd. Denn das hier in Rede stehende Pfandleergut stand entweder nach wie vor im Eigentum des Herstellers/Abfüllers oder – soweit sog. Einheitheitsleergut betroffen war – im Eigentum des letzten Erwerbers.
9
bb) Dass das Landgericht ferner ohne nähere Erörterung davon ausgegangen ist, dass der Angeklagte in der Absicht handelte, sich das Pfandleergut rechtswidrig zuzueignen, ist aus Rechtsgründen im Ergebnis – jedenfalls in Bezug auf die Plastikflaschen – ebenfalls nicht zu beanstanden.
10
(1) Zum Vorliegen von Zueignungsabsicht im Fall der Entwendung von Pfandleergut zum Zweck der Rückgabe gegen Erstattung des Pfandgeldes gilt das Folgende:
11
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die der sog. Vereinigungstheorie des Reichsgerichts folgt (vgl. dazu RGSt 61, 228, 233), setzt Zueignung voraus, dass entweder die Sache selbst oder der in ihr verkörperte Wert dem Vermögen des Berechtigten dauerhaft entzogen und dem des Nichtberechtigten zumindest vorübergehend einverleibt wird (BGH, Urteil vom 23. April 1953 – 3 StR 219/52, BGHSt 4, 236, 238; Beschluss vom 16. Dezember 1987 – 3 StR 209/87, BGHSt 35, 152, 156 f.; vgl. auch SSW-StGB/Kudlich, 3. Aufl., § 242 Rn. 41, 43; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 242 Rn. 35, jeweils mwN). Sachwert im Sinne dieser Theorie ist nur der nach Art und Funktion mit der Sache verbundene Wert, während der erzielbare Veräußerungserlös an der Sache vom Begriff des Sachwerts nicht erfasst wird (vgl. RGSt 55, 59, 60; BGH, Beschluss vom 21. Januar 1964 – 5 StR 514/63, BGHSt 19, 387, 388; Kudlich aaO, Rn. 43 mwN).
12
Hiervon ausgehend liegt eine Zueignung des Sachwerts nicht vor, wenn der Täter beabsichtigt, das entwendete Pfandgut gegen Entgelt in das Pfandsystem zurückzuführen. Denn das Pfandgeld ist nicht der unmittelbar im Pfandgut verkörperte Wert. Es dient vielmehr lediglich als Anreiz zur Rückgabe der Pfandflaschen und wird erst durch die Verwertung im Pfandsystem erzielt (vgl.
OLG Hamm, Beschluss vom 31. Juli 2007 – 4 Ss 208/07, NStZ 2008, 154, 155; Hellmann, JuS 2001, 353, 355; Schmitz/Göckenjahn/Ischebeck, Jura 2006, 821, 825). Diebstahl kommt in diesen Fällen deshalb nur in Betracht, wenn sich der Täter die Sache selbst zueignen will. Dies setzt voraus, dass der Täter die Flaschen unter Leugnung des Eigentumsrechts des wahren Eigentümers in das Pfandsystem, das insoweit einer Rücknahmepflicht unterliegt, zurückgelangen lassen, er sich also eine eigentümerähnliche Stellung an dem Leergut anmaßen will (vgl. Fischer aaO, Rn. 35a; Kudlich aaO, Rn. 46; zur Rücknahmepflicht vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2009 – V ZR 255/08, NJW-RR 2010, 1432, 1433, Tz. 15 f.).
13
Hierfür maßgeblich ist die Vorstellung des Täters über die Eigentumsverhältnisse an den entwendeten Pfandflaschen und die Folgen ihrer Rückführung in das Pfandsystem (vgl. Rengier, Strafrecht Besonderer Teil I, 20. Aufl., § 2. Diebstahl, Rn. 134; Leipziger Kommentar zum StGB/Vogel, 12. Aufl., § 242 Rn. 169; MünchKommStGB/Schmitz, 3. Aufl., § 242 Rn. 145 mwN; Schmitz/ Goeckenjahn/Ischebeck, Jura 2006, 821, 823 ff.; missverständlich bzw. zu eng: OLG Hamm, Beschluss vom 31. Juli 2007 – 4 Ss 208/07, NStZ 2008, 154 f., das nicht auf das Vorstellungsbild des Täters, sondern auf die tatsächliche zivilrechtliche Eigentumslage abstellt, also eine rein objektive Betrachtung vornimmt ). Da das Vorstellungsbild des Angeklagten von der tatsächlichen zivilrechtlichen Rechtslage abweichen kann, sind hierzu Feststellungen zu treffen. Es ist wie folgt zu unterscheiden:
14
(a) Bei der Wegnahme von Einheitsflaschen ist Zueignungsabsicht zu bejahen, wenn der Täter bei zutreffender Einschätzung der Eigentumslage in der Absicht handelt, das dem Eigentümer entwendete Pfandleergut gegen Erstattung des Pfandbetrages in das Pfandsystem zurückzugeben. In diesem Fall beabsichtigt er, sich wie ein Eigentümer des Pfandleerguts zu gerieren und die Eigentümerstellung des wahren Eigentümers zu leugnen. Das gilt selbst dann, wenn er das Pfandleergut dem Händler zurückgeben will, dem er es zuvor entwendet hat. Denn die Rückgabe des Pfandleerguts gegen Entgelt an den Eigentümer schließt die Zueignungsabsicht nicht aus, wenn der Täter dessen Eigentumsrecht leugnet und eine eigene Berechtigung vortäuscht (Fischer aaO, Rn. 35a mwN; Hellmann, JuS 2001, 353, 354; Rengier aaO, Rn. 132 mwN).
15
(b) Bei Wegnahme von Individualflaschen, die in den Vertrieb gelangt sind, aber gleichwohl im Eigentum des Herstellers/Abfüllers verbleiben, kann es sich anders verhalten. Zueignungsabsicht liegt nicht vor, wenn der Täter – was freilich die Ausnahme sein dürfte – die Eigentumslage richtig einschätzt und durch die Rückgabe der Individualflaschen das Eigentumsrecht des Herstellers /Abfüllers deshalb nicht leugnen will, sondern dieses anerkennt (Rengier aaO, Rn. 134; MünchKommStGB/Schmitz aaO; vgl. auch Kudlich aaO; Hellmann , JuS 2001, 353, 355; ebenso für die Rückgabe gegen Finderlohn schon RGSt 55, 59, 60). Das ist anzunehmen, wenn der Täter erkennt, dass Eigentümer der entwendeten Individualflaschen der Hersteller/Abfüller geblieben ist, und er ihm das Pfandleergut über das Pfandsystem wieder zukommen lassen möchte. In diesem Fall maßt er sich weder eine eigentümerähnliche Stellung an noch ist sein Vorsatz darauf gerichtet, den Eigentümer dauerhaft zu enteignen.
16
(c) Geht der Täter – dies dürfte den Regelfall darstellen – indes davon aus, dass das Eigentum auch bei Individualflaschen im Vertriebsweg auf den jeweiligen Erwerber der Getränke übergeht, handelt er – wie bei der Wegnahme von Einheitsflaschen – mit der für einen Diebstahl erforderlichen Zueignungsabsicht. Nach seiner Vorstellung will er auch in diesem Fall den (vermeintlichen) Eigentümer enteignen und beabsichtigt, durch Rückgabe in das Pfandsystem sich selbst an die Stelle des wahren Eigentümers zu setzen. Damit sind sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des Diebstahls erfüllt. Dies ergibt sich aus Folgendem:
17
Der Diebstahl ist ein sogenanntes erfolgskupiertes Delikt. In objektiver Hinsicht setzt der Tatbestand lediglich die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache voraus. Die Zueignung dieser Sache ist kein Merkmal des objektiven Tatbestands; das Ausbleiben eines Zueignungserfolges hindert deshalb die Verwirklichung des Tatbestandes nicht (sog. überschießende Innentendenz; vgl. Eser/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 242 Rn. 46; Hoyer in SK-StGB, 9. Aufl., § 242 Rn. 67 und 111; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 242 Rn. 32; Wessels/Hettinger, Strafrecht BT 2, 36. Aufl., Rn. 164; Leipziger Kommentar zum StGB/Vogel, 12. Aufl., § 242 Rn. 169; Küper in FS Gössel, Gläubiger -Eigenmacht, Selbsthilfe und Zueignungsunrecht, 2002, S. 429, 447 f.).
18
Unerheblich für die Tatbestandsverwirklichung ist daher, dass vom Täter entwendetes und von ihm in das Pfandsystem zurückgeführtes Individualleergut systembedingt wieder an den auf den Flaschen ausgewiesenen Eigentümer zurückgelangt, dieser also objektiv nicht enteignet wird. Ausreichend für eine Tatvollendung ist vielmehr, dass der Täter bei der Wegnahme in der Absicht handelt, über das entwendete Leergut unter Verdrängung des nach seiner Vorstellung wahren Eigentümers selbst wie ein Eigentümer zu verfügen.
19
(2) Dies zugrunde gelegt tragen die Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen Diebstahls. Jedenfalls dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich entnehmen, dass die vom Angeklagten mehrheitlich entwendeten, zusammengepressten Plastikflaschen Einheitsflaschen waren und der Angeklagte bei deren Wegnahme Zueignungsabsicht hatte.
20
Demgegenüber enthält das Urteil keinen Hinweis darauf, ob es sich bei dem entwendeten Kasten mit den Glaspfandflaschen um Einheits- oder Individualflaschen handelte. Insoweit fehlen auch Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten bei deren Wegnahme. Sollte insoweit eine Strafbarkeit des Angeklagten nicht in Betracht kommen, würde sich der Schuldumfang der Tat jedoch nur unmaßgeblich verringern. Der Senat kann daher jedenfalls ausschließen , dass sich dieser Umstand bei Bemessung der Einzel- und Gesamtstrafe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hätte.
21
2. Der Rechtsfolgenausspruch in den Fällen II. 7 und II. 8 der Urteilsgründe bedarf wegen eines offensichtlichen Fassungsversehens der Klarstellung.
22
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 7. Dezember 2017 insoweit das Folgende ausgeführt: „Soweit bei der Festsetzung der Einzelstrafen für die Tat II. 7 (UA S. 7-8) zwei Einzelstrafen von jeweils fünf Monaten – bei der Strafzumessung bezeichnet als ‚Einbruch Arnold – Versuch, allerdings in Tateinheit mit dem Besitz von Amphetaminen‘ und ‚Einbruch Mehrfamilienhaus R. straße‘ (UA S. 30-31) – angeführt sind, hingegen für den Fall II. 8 keine Einzelstrafe angegeben ist, handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen. Die Kammer hat die im Fall II. 7 verwirklichten Straftatbestände ausdrücklich als tateinheitlich begangen bewertet (UA S. 25, 30), weshalb auszuschließen ist, dass sie hierfür zwei Einzelstrafen festsetzen wollte. Aus der Chronologie und dem Umstand, dass lediglich für die Tat II. 8 keine Einzelstrafe angeführt ist, ergibt sich, dass die Kammer bei der Strafzumessung den dieser Tat zugrunde liegenden Einbruch in das Mehrfamilienhaus in der B. straße (UA S. 8) lediglich verse- hentlich mit ‚Einbruch Mehrfamilienhaus R. straße‘ bezeichnet hat.“
23
Dem tritt der Senat bei.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2018 - 4 StR 591/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2018 - 4 StR 591/17

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 242 Diebstahl


(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.
Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2018 - 4 StR 591/17 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Nov. 2009 - V ZR 255/08

bei uns veröffentlicht am 13.11.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 255/08 Verkündet am: 13. November 2009 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtsho

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(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 255/08 Verkündet am:
13. November 2009
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 10. Juli 2008 wird als unzulässig verworfen , soweit über den Feststellungs- und den Unterlassungsantrag zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin vertreibt stilles Mineralwasser in Mehrwegflaschen aus Kunststoff. Die Flaschen tragen die Prägung "GG-Pool". Sie werden von der Klägerin und in den weiteren Stufen des Handels gegen 0,15 € Pfand abgegeben. Die Beklagte importiert stilles Mineralwasser, das sie in individualisierten Einwegflaschen aus Kunststoff vertreibt, für die 0,25 € Pfand erhoben werden. Die von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen weisen eine Banderole mit dem Aufdruck "Pfand" oder "Pfandflasche" auf.
2
Das zurückgegebene Leergut wird unzureichend sortiert; von der Klägerin in den Verkehr gebrachte Mehrwegflaschen gelangen an die Beklagte, Einwegflaschen , die die Beklagte in den Verkehr gebracht hat, gelangen an die Klägerin. Die Beklagte verpresste die an sie gelangten Mehrwegflaschen. Die Klägerin bot der Beklagten die an sie gelangten, von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Einwegflaschen zur Rücknahme an und verlangte Auszahlung des Pfands. Das verweigerte die Beklagte. Nachdem sich mehrere 100.000 von der Beklagten in den Verkehr gebrachte Flaschen bei der Klägerin angesammelt hatten, ließ auch die Klägerin die Flaschen verpressen und veräußerte das hierdurch gewonnene Material.
3
Die Klägerin hat zuletzt beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, an sie gelangte oder künftig gelangende "G."PET -Mehrwegflaschen gegen Erstattung von 0,15 € pro Flasche herauszugeben , es zu unterlassen, diese Flaschen zu vernichten, und 193.180,06 € (Pfand für 796.230 Einwegflaschen zuzüglich 3.677,29 € Verpressungskosten abzüglich 9.554,73 € Erlös) zuzüglich Zinsen an sie zu zahlen.
4
Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dem Feststellungs- und dem Unterlassungsantrag stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 166.108,24 € zuzüglich der verlangten Zinsen verurteilt. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage, soweit zugunsten der Klägerin entschieden worden ist.

Entscheidungsgründe:

I.


5
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe durch den Verkauf ihres Wassers an den Großhandel und durch den weiteren Vertrieb das Eigentum an den von ihr in den Verkehr gebrachten Flaschen nicht verloren. Die Beklagte dürfe die Flaschen nicht vernichten, sondern habe sie der Klägerin herauszugeben. Dies bedeute nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keine nach Art. 28 EG verbotene Diskriminierung der Beklagten.
6
Der Aufdruck "Pfand" oder "Pfandflasche" auf der Banderole der von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen führe zu der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung der Beklagten, die von ihr in den Verkehr gebrachten Flaschen gegen Erstattung des Pfands zurückzunehmen. Das gelte auch für die in den Besitz der Klägerin gelangten Flaschen. Da diese zwischenzeitlich verpresst worden seien, sei die Beklagte nach §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB insoweit zu Schadensersatz verpflichtet. Es seien 0,216 € pro Flasche zu ersetzen ; die in dem Pfandbetrag von 0,25 € enthaltene Mehrwertsteuer brauche die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz nicht zu erstatten. Auch insoweit sei das Verlangen der Klägerin im Hinblick auf Art. 28 EG unbedenklich.

II.


7
Die Revision der Beklagten ist unzulässig, soweit das Berufungsgericht über den von der Klägerin erhobenen Feststellungs- und den Unterlassungsantrag entschieden hat. Insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).

8
1. Wenn - wie hier - die Revision nach dem Tenor des Berufungsurteils uneingeschränkt zugelassen ist, kann sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleichwohl eine Beschränkung der Zulassung aus den Entscheidungsgründen ergeben. So verhält es sich, wenn das Berufungsgericht die Möglichkeit der Nachprüfung im Revisionsverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (st. Rechtspr., vgl. BGHZ 155, 392, 394; BGH, Urt. v. 5. November 2003, VIII ZR 320/02, NJW-RR 2004, 426; Urt. v. 27. Mai 2009, XII ZR 111/08, NJW 2009, 2450, 2451; Senat, Beschl. v. 2. Juli 2009, V ZB 40/09, NJW-RR 2009, 1431, 1432). Das ist hier der Fall. Zur Zulassung der Revision heißt es in dem Urteil des Berufungsgerichts , die Revision sei zuzulassen, weil bisher "noch nicht höchstrichterlich entschieden (sei), ob es mit der Gewährleistung des freien Warenverkehrs in Art. 28 EG vereinbar ist, einen ausländischen Abfüller oder Vertreiber von Getränken in Einweggetränkeverpackungen allein aufgrund des Aufdruckes "Pfand" auf der Banderole seiner Flaschen zur Pfandrückzahlung auch an inländische Getränkeabfüller oder -vertreiber zu verpflichten."
9
Damit hat das Berufungsgericht seine Zulassungsentscheidung nicht nur begründet, sondern die Zulassung der Revision auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung beschränkt. Die - nach Ansicht des Berufungsgerichts - grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage hat nur die Entscheidung über die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung von Pfand für die von ihr in den Verkehr gebrachten Einwegflaschen zum Gegenstand, während Gegenstand des Urteils im Übrigen die Pflichten der Beklagten im Hinblick auf die von der Klägerin in den Verkehr gebrachten Mehrwegflaschen sind.
10
Bei dem Zahlungsantrag handelt es sich um einen selbständigen prozessualen Anspruch, über den durch Teil- oder Grundurteil hätte entschieden wer- den können (§§ 301, 304 ZPO). Bezieht sich aber bei einer Anspruchshäufung (§ 260 ZPO) die Zulassungsfrage nur auf einen prozessualen Anspruch, ist in der Angabe des Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung der Revision auf diesen Anspruch zu sehen (BGHZ 155, 392, 394; BGH, Urt. v. 27. Mai 2009, XII ZR 111/08, NJW 2009, 2450, 2451; Senat, Beschl. v. 2. Juli 2009, V ZB 40/09, NJW-RR 2009, 1431, 1432; ferner BGHZ 153, 358, 362 zu §§ 621d, 546 ZPO a.F.). Dieses Verständnis trägt der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung, indem es verhindert, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsrechtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (BGH, Urt. v. 27. Mai 2009, XII ZR 111/08, NJW 2009, 2450, 2451 m.w.N.), und entspricht der Auffassung des Berufungsgerichts, dass sich im Hinblick auf die von der Klägerin in den Verkehr gebrachten Mehrwegflaschen weder eine entscheidungserhebliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung stellt noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision erfordert (§ 543 ZPO).
11
2. Gründe, die im vorliegenden Fall ein anderes Verständnis der Zulassungsentscheidung nahe legen könnten, liegen nicht vor. Aus der ausführlichen Erörterung der Auswirkungen von Art. 28 EG auf die von der Klägerin aus dem Eigentum an den Mehrwegflaschen geltend gemachten Ansprüche folgt nicht, dass das Berufungsgericht die aufgeworfene Rechtsfrage auch diesbezüglich für grundsätzlich klärungsbedürftig hielte. Insoweit wendet es nämlich - anders als hinsichtlich der von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Einwegflaschen - die höchstrichterliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs an, zu der es aus der Sicht des Berufungsgerichts einer ergänzenden Stellung- nahme des Bundesgerichtshofs aus der Sicht des Berufungsgerichts nicht mehr bedarf.

III.


12
Soweit die Beklagte sich gegen die Verurteilung zur Zahlung wendet, ist die Revision zulässig, aber nicht begründet.
13
1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte der Klägerin die Pfandbeträge für die Einwegflaschen zu erstatten hat, die die Beklagte in den Verkehr gebracht hat. Diese Verpflichtung ergibt sich aus den rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Parteien. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hatte das Verpressen dieser Flaschen nicht zur Folge, dass ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB an die Stelle des - weiterhin erfüllbaren - Anspruchs der Klägerin auf Pfanderstattung getreten ist.
14
a) Das Berufungsgericht meint, die Beklagte habe durch den Aufdruck "Pfand" oder "Pfandflasche" auf ihren Flaschen gegenüber jedem Besitzer ihre Bereitschaft erklärt, gegen die Rückgabe der Flasche einen Pfandbetrag zu erstatten. Das ist entgegen der Meinung der Revision nicht zu beanstanden.
15
Nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGHZ 173, 159, 169) enthält der auf die Flaschenbanderole aufgedruckte Begriff "Pfand" die verbindliche Zusage, die Flasche gegen Erstattung des Pfandbetrags zurückzunehmen. Diese Willenserklärung wird von dem Vertreiber dadurch abgegeben, dass er eine individualisierte Flasche mit einer Banderole in den Verkehr bringt, nach der bei dem Erwerb des abgefüllten Getränks für die Flasche Pfand zu zahlen ist. Das bedeutet zugleich, dass die Flasche zurückgegeben werden kann und der als Pfand bezahlte Betrag erstattet wird. Die Aussage richtet sich nicht nur an die Vertragspartner des Vertreibers und ist auch nicht auf dessen Abnehmer begrenzt. Die Auslegung der in der Banderole enthaltenen Erklärung ergibt vielmehr, dass der Vertreiber sich zur Rückzahlung des Pfands an jeden Dritten bereit erklärt, der im Besitz seiner Flaschen ist, ohne dass insoweit zwischen Mehrweg- und Einwegflaschen zu unterscheiden ist (BGH, Urt. v. 9. Juli 2007, II ZR 232/05, NJW 2007, 2912).
16
Dem schließt sich der Senat an. Weder kritische Stimmen in der Literatur (Hartmann/Henn, Jura 2008, 691, 695; Weber, NJW 2008, 948, 951; zustimmend dagegen Faust, JuS 2007, 1059, 1060; Wilhelm, LMK II/2007, 64) noch die Einwände der Revision führen zu einer anderen Beurteilung.
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aa) Es ist nämlich allein sachgerecht, dass der Abfüller oder Erstvertreiber , der bei dem Inverkehrbringen seiner Flaschen Pfand erhält, die eingenommenen Pfandbeträge später wieder auskehren muss. Das folgt aus dem System der Pfanderhebung. Nach diesem können die geleerten Einwegflaschen nicht nur an den Vertreiber zurückgegeben werden, der sie in den Verkehr gebracht hat, sondern an alle Abfüller oder Vertreiber, die pfandpflichtige Einwegflaschen gleicher Art in den Verkehr bringen. Gälte das Angebot zur Erstattung des Pfands jedoch nicht gegenüber einem Abfüller oder Erstvertreiber, fehlte es diesem gegenüber an einer vertraglichen Verpflichtung zur Pfanderstattung. Ein Hersteller oder Vertreiber, an den fremde Flaschen zurückgelangen, hätte keinen durch den Besitz der Flaschen vermittelten vertraglichen Anspruch gegen denjenigen, der die Flaschen in den Verkehr gebracht und das Pfand für diese eingenommen hat. Das Pfandsystem würde gestört.

18
Das ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die Verpflichtung der Beklagten aus der Verpackungsverordnung , die von ihr in den Verkehr gebrachten Flaschen zurückzunehmen, beendet war, nachdem die Flaschen an die Klägerin gelangt waren (BGH, Urt. v. 6. März 2007, KZR 6/06, NJW-RR 2007, 836, 837). Die Verpackungsverordnung regelt allein die öffentlich-rechtliche Verpflichtung, bei dem Inverkehrbringen von Einwegflaschen und deren weiterer Abgabe die Rückgabe der Flaschen durch die Erhebung von Pfand sicherzustellen und so die Umwelt davor zu bewahren, von weggeworfenen Flaschen belastet zu werden. Dieses Ziel ist erreicht, wenn die leeren Flaschen an einen Abfüller gelangen, der seinerseits an die Vorgaben der Verpackungsverordnung gebunden und bei dem damit die ordnungsgemäße Vernichtung der Flaschen sichergestellt ist.
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Das hiervon zu unterscheidende zivilrechtliche Pfandsystem kann sich sinnvollerweise nicht auf die bloße Umsetzung dieser öffentlich-rechtlichen Vorgaben beschränken. Es muss auch den erforderlichen Innenausgleich unter den Abfüllern herstellen und verhindern, dass ein Abfüller aufgrund der gesetzlichen Rücknahmepflicht mehr Pfand auszahlen muss, als er selbst eingenommen hat. Das lässt sich systemgerecht nur erreichen, wenn ein Abfüller oder Erstvertreiber, an den weniger Flaschen zurückgelangen, als er in den Verkehr gebracht hat, auf vertraglicher Grundlage anderen Systemteilnehmern zur Pfanderstattung verpflichtet ist, an die die Flaschen gelangen.
20
bb) Die Auslegung der Bezeichnung "Pfandflasche" als Angebot auf Abschluss eines Vertrages, die Flasche entleert gegen Zahlung des Pfandbetrags zurückzunehmen, scheitert auch nicht daran, dass die Modalitäten der Rückgabe nicht aufgeführt sind. Diese ergeben sich vielmehr ohne weiteres aus dem in der Praxis geübten Verfahren.
21
Bei den von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen handelt es sich um individualisierte Flaschen, die den Aufdruck "Pfand" oder "Pfandflasche" tragen. Dass der Pfandbetrag nicht angegeben ist, steht der Auslegung der Banderole als Angebot an jedermann nicht entgegen. Es entspricht nämlich der Üblichkeit, dass für bestimmte Flaschenarten stets derselbe Betrag erhoben wird. Dieser Betrag ist den beteiligten Marktkreisen bekannt oder zumindest gemäß § 315 BGB bestimmbar (vgl. BGH, Urt. v. 2. Oktober 1991, VIII ZR 240/90, NJW-RR 1992, 183, 184). Danach ist hier derjenige Pfandbetrag geschuldet , der für 1,5 Liter PET Einwegpfandflaschen üblicherweise erhoben wird. Das ist der in der Verpackungsverordnung als Mindestpfand für Einweggetränkeverpackungen bestimmte Betrag von 0,25 € (vgl. auch BGH, Urt. v. 9. Juli 2007, II ZR 232/05, NJW 2007, 2912). Aus dem Umstand, dass die Höhe des nach dem Angebot der Beklagten geschuldeten Pfandes damit letztlich auf die Verpackungsverordnung zurückgeht, folgt entgegen der Ansicht der Revision jedoch nicht, dass auch die übrigen Bestimmungen dieser Verordnung heranzuziehen wären. Die rechtsgeschäftliche Verpflichtung der Beklagten zur Auszahlung des Pfands besteht nämlich grundsätzlich unabhängig von einer etwaigen entsprechenden Verpflichtung nach der Verordnung (BGH, Urt. v. 9. Juli 2007, II ZR 232/05, NJW 2007, 2912, 2913).
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cc) Entgegen der Ansicht der Revision werden die Interessen eines anderen Herstellers oder Vertreibers, zu dem die Flaschen gelangen, auch nicht dadurch gewahrt, dass er diese verpressen und das Rohmaterial veräußern kann. Wie die Revisionserwiderung zutreffend aufzeigt, steht dem entgegen, dass der Materialwert weit unter dem Pfandbetrag liegt. Die Klägerin hat aus der Verpressung von 796.230 Flaschen einen Reinerlös von 5.877,44 € erzielt, also 0,0074 € je Flasche, während die Beklagte für diese Flaschen jeweils 0,25 € je Flasche als Pfand eingenommen hat.
23
b) Auch die Meinung der Revision, das Angebot der Beklagten auf Rückerstattung des Pfandbetrages sei wegen Widerrufs nach § 130 Abs. 1 Satz 2 oder § 658 BGB unwirksam, führt zu keiner anderen Beurteilung.
24
Das Angebot der Beklagten zur Pfanderstattung ist nicht widerrufbar. § 130 BGB ist abdingbar (BGH, Urt. v. 4. Juli 1976, IV ZR 123/75, WM 1976, 1130, 1132; MünchKomm-BGB/Einsele, 5. Aufl., § 130 Rdn. 40 a.E.; Palandt /Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 130 Rdn. 11; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 130 Rdn. 29; Kümpel, WM 1993, 824, 825; ferner Staudinger /Singer/Benedict, BGB [2004], § 130 Rdn. 24). Der Aufdruck "Pfand" oder "Pfandflasche" auf den von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen enthält keinen Widerrufsvorbehalt. Das System der Pfanderstattung schließt einen Widerruf aus.
25
Die Systembeteiligten müssen auch Flaschen zurücknehmen, die sie nicht in den Verkehr gebracht haben. Damit ist es unvereinbar, dass diesen einerseits fremde Flaschen angedient werden können und andererseits die Verpflichtung zur Rücknahme und Pfanderstattung widerrufen werden könnte. Die Teilnahme an dem zivilrechtlichen Pfandsystem bedeutet vielmehr den Verzicht auf das Recht, die in dem Aufdruck auf der Banderole verkörperte Erklärung gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB widerrufen zu können.

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Entgegen der Ansicht der Revision gilt dies unabhängig davon, wie der Vertrag rechtlich zu qualifizieren ist, dessen Abschluss durch den Aufdruck "Pfand" oder "Pfandflasche" angeboten wird.
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2. Auch die Verpressung der Flaschen steht dem Zahlungsanspruch der Klägerin nicht entgegen.
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a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin zumindest für einen Teil der an sie gelangten, von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Einwegflaschen Zahlung von 0,25 € Pfand je Flasche gegen Rückgabe der Flaschen von der Beklagten gefordert. Hinsichtlich dieser Flaschen hat die Klägerin mithin erklärt, das Angebot der Beklagten auf Erstattung des Pfands anzunehmen. Auf die Aufforderung der Klägerin, die Flaschen zurückzunehmen , weil ihre Lagerkapazitäten erschöpft seien und die Flaschen daher verpresst werden müssten, hat die Beklagte der Klägerin die Verpressung freigestellt. Dementsprechend ist die Klägerin verfahren.
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Damit ist der Klägerin die Übergabe der Flaschen an die Beklagte unmöglich geworden. Das berührt den Zahlungsanspruch der Klägerin nicht, weil die eingetretene Unmöglichkeit in erster Linie auf dem Verhalten der Beklagten beruht, die Rücknahme der Flaschen zu verweigern und der Klägerin die Verpressung anheim zu stellen, § 326 Abs. 2 BGB. Das Interesse der Beklagten an einem Rückerhalt der Flaschen erschöpfte sich im Hinblick auf deren geringen Materialwert, der auch noch um die Verpressungskosten zu mindern ist, im Wesentlichen darin, zu verhindern, für dieselben Flaschen noch einmal auf Zahlung in Anspruch genommen werden zu können. Dass dies nicht passieren würde, war durch die Verpressung der Flaschen seitens der Klägerin gewährleistet.

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b) Entsprechend verhält es sich mit den später an die Klägerin gelangten Flaschen. Die Ablehnung der Rücknahme jeglicher Flaschen von der Klägerin führte dazu, dass es zur Begründung der vertraglichen Verpflichtung der Beklagten hinreichte, dass die Klägerin die von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen aussortierte und verpressen ließ, § 151 BGB.
31
c) Die Beklagte wird hierdurch auch nicht unzumutbar belastet. Es widerspricht nicht dem Gebot der Billigkeit, dass die Beklagte Beträge, die sie als Pfandzahlungen eingenommen hat, als sie ihre Flaschen in den Verkehr gebracht hat, wieder auskehren muss (vgl. BGH, Urt. v. 6. März 2007, KZR 6/06, NJW-RR 2007, 836, 838; Urt. v. 9. Juli 2007, II ZR 232/05, NJW 2007, 2912, 2913). Dass die Beklagte dadurch Nachteile erleidet, dass sie für an sie gelangte oder gelangende Mehrwegflaschen der Klägerin 0,25 € je Flasche an den Großhandel bezahlt, von der Klägerin bei Rückgabe der Flaschen jedoch nur 0,15 € je Flasche verlangen kann, ändert hieran nichts. Dass die Beklagte ohne eine Verpflichtung, § 8 Abs. 1 Satz 1 VerpackV a.F., Mehrwegflaschen der Klägerin angenommen und für diese 0,25 € pro Flasche ausgezahlt hat, hat nichts damit zu tun, dass die Beklagte die von ihr in den Verkehr gebrachten Flaschen gegen Erstattung des vereinnahmten Pfands zurückzunehmen hat, sondern ist Folge davon, dass die Klägerin mit dem Großhandel keine Sortierung der Flaschen vereinbart hat, eine Sortierung auch nicht selbst vornimmt und die an sie gelangenden Flaschen sogleich verpresst. Die damit verbundenen Nachteile kann die Beklagte nicht auf die Klägerin abwälzen. Diese sortiert das ihr angelieferte Leergut und ist deshalb in der Lage, das Erstattungsangebot der Beklagten anzunehmen. Soweit beide Parteien gegenüber ihren Großhändlern unrichtig abrechnen, berührt dies die Ansprüche der Parteien gegeneinander nicht.

32
d) Da der Klägerin ein vertraglicher Anspruch auf Pfanderstattung zusteht , kann dahingestellt bleiben, ob andere Anspruchsgrundlagen, etwa die von der Revisionserwiderung in Betracht gezogenen in § 426 Abs. 1 BGB, §§ 683 Satz 2, 670 BGB oder § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (vgl. dazu BGH, Urt. v. 6. März 2007, KZR 6/06, NJW-RR 2007, 836, 838) den von dem Berufungsgericht der Klägerin zugesprochenen Anspruch rechtfertigen.
33
3. Auch die Rügen der Revision, das Berufungsgericht habe zu Unrecht keine Kosten für den Transport der Flaschen von der Klägerin zu der Beklagten angesetzt, es seien unzutreffende Verpressungskosten angenommen worden, bleiben ohne Erfolg. Transportkosten für eine Rücklieferung der Flaschen an die Beklagte lassen den vertraglichen Anspruch der Klägerin auf Pfanderstattung ebenso unberührt wie die Höhe der von der Klägerin für die Verpressung aufgewendeten Kosten. Diese ist im Übrigen nach den tatbestandlichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils von der Beklagten nicht bestritten worden. Berichtigung nach § 320 ZPO hat die Beklagte nicht beantragt. Im Revisionsverfahren ist die Höhe dieser Kosten daher als unstreitiges Parteivorbringen im Sinne von § 559 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legen (vgl. BGHZ 173, 159, 168 m.w.N.).
34
4. Das Gebot der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 28 EG steht weder der Erstattungspflicht der Beklagten entgegen noch führt es dazu, dass ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien nicht festgestellt werden könnte. Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bedarf es nicht.
35
a) Ausländische Getränkehersteller und -vertreiber werden von der Pfandpflicht für Einwegverpackungen insoweit stärker betroffen als inländische Unternehmen, als letztere in größerem Umfang Mehrwegflaschen zur Verpackung der von ihnen in den Verkehr gebrachten Getränke nutzen. Das lässt die Vereinbarkeit von § 8 Abs. 1 VerpackV a.F., nunmehr § 9 Abs. 1 VerpackV, mit Art. 28 EG nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Dezember 2004 jedoch unberührt, weil diese Folge im Hinblick auf den mit der Verpackungsverordnung erstrebten Schutz der Umwelt gerechtfertigt ist (Rs. C-463/01, Slg. 2004, I 11734 = NVwZ 2005, 194 ff. - Kommission/ Deutschland, und Rs. C-309/02, Slg. 2004, I 11794 = NVwZ 2005, 190 ff. - Radlberger Getränkegesellschaft; ferner BGH, Urt. v. 22. Januar 2009, III ZR 233/07, NJW 2009, 2534, 2536 f.). So verhält es sich auch hier mit der Auslegung der Erklärung "Pfand" oder "Pfandflasche" auf den Banderolen der von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen. Die Auslegung als Angebot der Beklagten auf Erstattung des Pfands gewährleistet die Vollständigkeit der vertraglichen Beziehungen dahin, dass kein Abfüller oder Erstvertreiber daraus einen Vorteil ziehen kann, dass ihm weniger Flaschen zur Rückgabe angedient werden, als er in den Verkehr gebracht hat.
36
b) Auch das Vorbringen der Revision, die Verpflichtung zur Rücknahme von Einwegverpackungen aus Deutschland in das Ausland führe zu Transporten und damit zu zusätzlichen Umweltbelastungen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dieses Vorbringen richtet sich nicht gegen die Auslegung der Erklärung auf den von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen, sondern zielt darauf, Importeure von in Einwegflaschen abgefüllten pfandpflichtigen Getränken gegenüber inländischen Herstellern oder Abfüllern zu bevorzugen, und ist damit offenbar verfehlt.
37
Im Übrigen ist ein Pfand- und Rücknahmesystem von Leerverpackungen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein notwendiger Bestandteil eines Systems, das die Wiederverwendung von Verpackungen sicherstellen soll (Rs. C-309/02, aaO, Rdn. 76). Das zwingende, die Maßnahme rechtfertigende Erfordernis des Umweltschutzes besteht in der Verbesserung der Verpackungsabfallverwertung, in der Verringerung von Abfällen in der Natur und - aufgrund des Anreizes, Mehrwegverpackungen zu benutzen, - in einer Verringerung der zu beseitigenden Abfälle (Rs. C-463/01, aaO, Rdn. 76 f.; Rs. C-309/02, aaO, Rdn. 77 f.). Transporte, die mit einer Rücknahme verbunden sind, stehen der Erreichung dieser Ziele nicht entgegen. Darüber hinaus kann nicht außer Betracht bleiben, dass der Transport entleerter Einwegverpackungen in das Ausland durch die Teilnahme ausländischer Getränkehersteller und - vertreiber an einem System entfällt, nach welchem die Verpackungen in Deutschland zurückgenommen, verwertet oder vernichtet werden.
38
c) Der Europäische Gerichtshof hat dementsprechend die Einführung eines Pflichtpfands für Einwegverpackungen in den genannten Urteilen allein hinsichtlich der Übergangsfrist und der Möglichkeit zur Teilnahme an einem Rücknahmesystem beanstandet. Dass diese Momente von der Auslegung der Erklärungen "Pfand" oder "Pfandflasche" berührt werden, macht die Revision weder geltend, noch ist insoweit eine Diskriminierung der Beklagten ersichtlich.

IV.


39
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth

Vorinstanzen:
LG Mainz, Entscheidung vom 24.11.2005 - 12 HK.O 138/04 Kartell -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 10.07.2008 - U 1842/05. Kart -