Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juni 2012 - 5 StR 286/12

bei uns veröffentlicht am21.06.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 286/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 21. Juni 2012
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am am 21. Juni 2012

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 7. März 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen II.1a und b der Urteilsgründe wegen Diebstahls mit Waffen in zwei Fällen verurteilt wurde;
b) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte im Fall II.2 der Urteilsgründe wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte schuldig ist;
c) im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie wegen Diebstahls mit Waffen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und die Vollziehung von einem Jahr der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Unterbringung angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilungen wegen Diebstahls mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB) haben keinen Bestand.
3
a) Nach den Feststellungen hebelte der Angeklagte mit „zwei mitge- brachten Schraubendrehern“ ein Fenster auf,um in die Geschäftsräume einer Firma zu gelangen, aus denen er eine LED-Lampe entwendete. Kurze Zeit später begab er sich zu den Geschäftsräumen einer weiteren Firma und schlug zwei Glasschiebetüren zum Lagerraum ein oder hebelte sie auf. Er trug anschließend einen Wandtresor mit über 7.000 € hinaus, wobei er die „verwendeten Schraubendreher gebrauchsbereit bei sich führte“.
4
b) Diese Feststellungen reichen nicht aus, um die Erfüllung des Tatbestands von § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB zu belegen. Das Beisichführen eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass es sich um einen Gegenstand handelt, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Juni 2008 – 3 StR 246/07, BGHSt 52, 257 – und vom 1. September 2004 – 2 StR 313/04, NJW 2004, 3437; Urteil vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, StV 2010, 628), etwa bei einer Eignung als Stichwerkzeug. Solche Feststellungen zur objektiven Gefährlichkeit hinsichtlich der Beschaffenheit der als Einbruchswerkzeug mitgeführten Schraubendreher hat das Landgericht nicht getroffen. Es grenzt diese – ohne sie näher zu beschreiben – nicht von „sonstigen Werkzeugen“ in Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1b StGB ab, bei denen eine Verwendungsabsicht des Täters zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist.
5
2. Auch das Konkurrenzverhältnis im Fall II.2 der Urteilsgründe hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
6
a) Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen entwendete der Angeklagte in einem Kaufhaus ein Notebook, schlug auf der Flucht einem ihn verfolgenden Kaufhausdetektiv mit der Faust ins Gesicht und setzte Pfefferspray gegen ihn ein, um sich den Besitz des Diebesgutes zu erhalten. Als er die zwischenzeitlich eingetroffenen Polizeibeamten bemerkte, ergriff der Angeklagte das vorübergehend abgelegte Notebook und floh weiter. Gegen die ihn ergreifenden Polizeibeamten setzte sich der Angeklagte mit körperlicher Gewalt zur Wehr.
7
b) Die Wertung des Landgerichts, dass der besonders schwere räuberische Diebstahl in Tatmehrheit (§ 53 StGB) zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte steht, ist rechtsfehlerhaft. Die Beutesicherungsabsicht dauerte auch bei der Festnahme des Angeklagten fort, so dass tateinheitliche Begehung (§ 52 StGB) vorliegt.
8
c) Der Senat stellt daher den Schuldspruch entsprechend um. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
9
3. Die Aufhebung der Schuldsprüche und die Schuldspruchänderung haben den Wegfall der Einzelstrafaussprüche und der – entgegen der Dar- stellung in den Urteilsgründen nicht „eng zusammengezogenen“ – Gesamt- freiheitsstrafe zur Folge.
10
4. Der Senat hebt auch die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) auf, weil die Erwägungen des Landgerichts nicht frei von Rechtsfehlern sind.
11
Die Strafkammer geht zutreffend von einem Hang des Angeklagten aus, zur Befriedigung seiner langjährigen Suchtmittelabhängigkeit schwerwiegende Straftaten zu begehen. Die von ihr angenommene hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg (§ 64 Satz 2 StGB) ist aber nicht ausreichend begründet. Das Landgericht legt lediglich dar, dass die Unwilligkeit des Angeklagten, sich im Maßregelvollzug therapieren zu lassen, einer Unterbringungsanordnung nicht entgegensteht. Unerörtert bleibt hingegen , ob überhaupt eine konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten durch die Behandlung zu heilen oder eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren. Der Angeklagte hat seit 1996 eine Vielzahl von Entwöhnungsbehandlungen absolviert und ist stets wieder rückfällig geworden. Auch eine 2003/2004 durchgeführte Unterbringung in einer Entziehungsanstalt blieb nach neun Monaten ohne Erfolg und wurde für erledigt erklärt. Es versteht sich daher nicht von selbst, dass eine erneute Maßregelanordnung einen Erfolg erzielen könnte.
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Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juni 2012 - 5 StR 286/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juni 2012 - 5 StR 286/12

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juni 2012 - 5 StR 286/12 zitiert 6 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


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Strafgesetzbuch - StGB | § 244 Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel b

Referenzen - Urteile

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 556/09 vom 18. Februar 2010 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen besonders schweren Raubes Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Februar 2010, an der teilgenommen h

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 246/07 vom 3. Juni 2008 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja __________________ StGB § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Ein Taschenmesser ist grundsätzlich ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 A
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juni 2012 - 5 StR 286/12.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2017 - 1 StR 112/17

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 112/17 vom 20. September 2017 in der Strafsache gegen wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a. ECLI:DE:BGH:2017:200917U1STR112.17.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichts

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Tenor Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Waiblingen vom 28. Januar 2015 mit den zugehörigen Feststellungen a u f g e h o b e n. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kost

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 246/07
vom
3. Juni 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________
Ein Taschenmesser ist grundsätzlich ein gefährliches Werkzeug im Sinne des §
244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB; dies gilt unabhängig davon, ob der Dieb es
allgemein für den Einsatz gegen Menschen vorgesehen hat.
BGH, Beschl. vom 3. Juni 2008 - 3 StR 246/07 - OLG Celle
in der Vorlegungssache
gegen
wegen Diebstahls mit Waffen u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Juni 2008 beschlossen:
Ein Taschenmesser ist grundsätzlich ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB; dies gilt unabhängig davon, ob der Dieb es allgemein für den Einsatz gegen Menschen vorgesehen hat.

Gründe:

1
Die Vorlegungssache betrifft die Frage, ob der Täter die Voraussetzungen des Diebstahls mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB) erfüllt, wenn er bei der Begehung der Tat ein Taschenmesser bei sich führt.

I.

2
Das Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck hat den Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB) sowie wegen Diebstahls (§§ 242, 243 StGB) in drei weiteren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Der für die Vorlegung maßgeblichen Verurteilung wegen Diebstahls mit Waffen liegen folgende Feststellungen zugrunde:
3
Der Angeklagte begab sich in einen Lebensmittelmarkt. An seinem Gürtel führte er ein klappbares Taschenmesser mit einer längeren Klinge bei sich, um von Whiskeyflaschen, die er stehlen wollte, die Sicherungsetiketten abzuschneiden. Der Angeklagte nahm drei Flaschen Whiskey aus einem Regal, ging einen Gang weiter, entfernte dort mit dem Messer die Sicherungsetiketten und verließ das Geschäft, ohne zu bezahlen. Das Amtsgericht ist der Einlassung des Angeklagten gefolgt, er habe das Messer keinesfalls gegen Menschen einsetzen wollen.
4
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Sprungrevision zum Oberlandesgericht Celle eingelegt und diese mit der allgemeinen Sachrüge begründet.
5
1. Das Oberlandesgericht beabsichtigt, den Schuldspruch des Amtsgerichts wegen Diebstahls mit Waffen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO in eine Verurteilung wegen einfachen Diebstahls zu ändern. Es vertritt die Auffassung, die Voraussetzungen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB seien nicht gegeben; denn der Angeklagte habe kein anderes gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift bei sich geführt. Bei der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals müsse die vom Täter mit dem Werkzeug verbundene Gebrauchsabsicht Berücksichtigung finden. Ein Werkzeug, das konstruktionsbedingt nur der Bearbeitung von Gegenständen diene und das der Täter allein in dieser Funktion nutzen wolle, erfülle das Qualifizierungsmerkmal der Gefährlichkeit nicht; es müsse vielmehr hinzukommen, dass der Täter allgemein bereit sei, den Gegenstand unabhängig von dessen konstruktionsbedingten Eigenschaften gegen Menschen einzusetzen, ohne dass festgestellt werden müsse, diese Bereitschaft des Täters habe auch bei dem konkreten Diebstahl vorgelegen.
6
An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht Celle durch die Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 12. April 2000 - 5 St RR 206/99 - (NStZ-RR 2001, 202), des Oberlandesgerichts München vom 16. Mai 2006 - 5 St RR 169/05 - (NStZ-RR 2006, 342) und des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 16. Juni 2003 - 1 Ss 41/03 - (NStZ 2004, 212) gehindert. Nach deren Auffassung kommt es für die Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB nur darauf an, dass der Täter bei der Begehung des Diebstahls ein Werkzeug vorsätzlich mit sich führt, das nach "seiner objektiven Beschaffenheit und nach der konkreten Art seiner Benutzung" geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen; eine auch nur generelle Absicht oder "Widmung", das Werkzeug auch gegen Menschen einzusetzen, sei demgegenüber nicht erforderlich.
7
Das Oberlandesgericht Celle hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt: "Ist ein ′anderes gefährliches Werkzeug′ gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 1. a) StGB ein Tatmittel, das allein nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen , oder muss bei Werkzeugen, die als Gebrauchsgegenstand nicht zur Verletzung von Personen bestimmt sind, sondern jederzeit sozialadäquat von jedermann bei sich geführt werden können - wie etwa ein Taschenmesser - als subjektives Element seitens des Täters hinzutreten eine generelle, vom konkreten Lebenssachverhalt losgelöste Bestimmung des Werkzeuges zur Verwendung gegen Menschen, wobei die in § 244 Abs. 1 Nr. 1. b) StGB vorausgesetzte konkrete Verwendungsabsicht nicht vorliegen muss?"
8
2. Der Generalbundesanwalt hält eine Einschränkung des den Diebstahl qualifizierenden Tatbestandsmerkmals durch das vom vorlegenden Oberlandesgericht geforderte subjektive Element für nicht geboten. Er beantragt zu beschließen : "'Andere gefährliche Werkzeuge′ im Sinne von § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB sind Gegenstände, die nicht als Angriffs- oder Verteidigungsmittel konstruiert, die jedoch aufgrund ihrer objek- tiven Zweckbestimmung oder Beschaffenheit zur Verursachung erheblicher Verletzungen von Personen generell geeignet sind."

II.

9
Die Vorlegungsvoraussetzungen gemäß § 121 Abs. 2 GVG sind erfüllt.
10
Das Oberlandesgericht Celle kann über die Revision des Angeklagten nicht wie von ihm beabsichtigt entscheiden, ohne von den tragenden Erwägungen der genannten Entscheidungen des Oberlandesgerichts München und des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts sowie von der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Hamm (Beschl. vom 7. September 2000 - 2 Ss 638/00, NJW 2000, 3510) abzuweichen. Ob auch die Divergenz zu der Rechtsmeinung des aufgelösten Bayerischen Obersten Landesgerichts die Vorlegungspflicht noch begründet (vgl. Hannich in KK 5. Aufl. § 121 GVG Rdn. 17), bedarf daher keiner Entscheidung.
11
Die Vorlegungsfrage ist jedoch zu weit gefasst, weil sie den Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht in genügendem Maße Rechnung trägt und über die für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblichen Gesichtspunkte hinausgeht (vgl. BGHSt 25, 281, 283; 43, 285, 288; 45, 140, 142). Das Oberlandesgericht hat zunächst der Tatsache keine hinreichende Beachtung geschenkt , dass es sich bei dem Taschenmesser des Angeklagten um ein solches mit einer relativ langen Klinge handelte (vgl. das amtsgerichtliche Urteil UA S. 6). Entscheidungserheblich ist daher allein, ob derartige größere Taschenmesser unabhängig von einer allgemeinen Zweckbestimmung des Täters zu deren potentiellem Einsatz gegen Menschen als gefährliche Werkzeuge im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB einzustufen sind; darauf, ob dies für alle auf dem Markt vertriebenen Taschenmesser gilt, also auch solche mit sehr kurzer Klinge, kommt es demnach nicht an. Ebenso wenig stellt sich die Frage, ob eine Einschränkung des Tatbestandsmerkmals "anderes gefährliches Werkzeug" in den Fällen vorzunehmen ist, in denen der Täter den in Rede stehenden Gegenstand ohne jede Gebrauchsabsicht in "sozialadäquater" Weise bei der Tatbegehung mit sich führt; denn der Angeklagte hat das Taschenmesser hier zielgerichtet zur Entfernung der Sicherungsetiketten und damit zur Verwirklichung des Diebstahls mitgeführt und auch verwendet, so dass er es gerade nicht in "sozialadäquater" Form bei sich getragen hat. Der Senat präzisiert deshalb die Rechtsfrage wie folgt: "Ist ein Taschenmesser grundsätzlich ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, oder nur dann, wenn der Dieb es allgemein auch für den Einsatz gegen Menschen vorgesehen hat?"

III.

12
Der Senat beantwortet die Vorlegungsfrage wie aus der Beschlussformel ersichtlich.
13
1. § 244 StGB hat seine heutige Fassung durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BGBl I 164 ff.) erhalten. Dieses hat mit der Formulierung "Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug" das gefährliche Werkzeug in § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB als Oberbegriff des Qualifikationstatbestandes eingeführt. § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB aF bedrohte demgegenüber nur für Waffen das reine Mitsichführen mit erhöhter Strafe und setzte für alle sonstigen Werkzeuge und Mittel voraus, dass der Täter sie beim Diebstahl bei sich hatte, um den Widerstand eines anderen durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden (so jetzt auch § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB nF). Unter den somit nach neuem Recht von dem Begriff des gefährlichen Werkzeugs mit umfassten Waffen sind nach einhelliger Meinung solche im technischen Sinne zu verstehen, das heißt Gegenstände, die nach ihrer Art für Angriffs- oder Verteidigungszwecke bestimmt und zur Verursachung erheblicher Verletzungen generell geeignet sind (vgl. BGHSt 45, 92, 93; Fischer, StGB 55. Aufl. § 244 Rdn. 3 a; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 244 Rdn. 3). Sie unterscheiden sich von anderen gefährlichen Werkzeugen bezüglich der ihnen innewohnenden generellen Bestimmung. Während Waffen zum Einsatz als Angriffs- oder Verteidigungsmittel bestimmt sind, ist dies bei anderen gefährlichen Werkzeugen nicht der Fall.
14
Der Gesetzgeber hat den Begriff des gefährlichen Werkzeugs dem Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung (§ 223 a Abs. 1 StGB aF bzw. § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nF) entnommen. Er war der Ansicht, auf die zu dieser Vorschrift entwickelten Auslegungskriterien könne auch bei der Interpretation des wortlautgleichen Tatbestandsmerkmals des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB zurückgegriffen werden (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 13/9064 S. 18). Zu § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist allgemein anerkannt, dass ein Werkzeug dann als gefährlich anzusehen ist, wenn es aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Verwendung im konkreten Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2007, 95).
15
Die Rechtsprechung hat diese vom Gesetzgeber vorgegebene Definition auf die Fälle des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, in denen das gefährliche Werkzeug verwendet werden muss, übertragen (vgl. BGHSt 45, 249, 250; BGH NStZ 1999, 135, 136; 1999, 301, 302; BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1 a Waffe 2; Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 1). In einigen Entscheidungen hat sie zunächst das Tatbestandsmerkmal des anderen gefährlichen Werkzeugs auch in den Fällen des Beisichführens gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB entsprechend interpretiert (vgl. BGH NJW 1998, 2915; 1998, 2916; 1998, 3130; NStZ 1999, 135, 136, jew. zu § 250 StGB; BayObLG NStZRR 2001, 202; OLG Hamm NJW 2000, 3510).
16
In Rechtsprechung und Literatur besteht mittlerweile allerdings weitestgehend Einigkeit darüber, dass für die Auslegung des Begriffs "anderes gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB die vom Gesetzgeber angeregte Orientierung an der genannten Definition dogmatisch verfehlt bzw. systemwidrig ist (vgl. BGH NStZ 1999, 301, 302; NJW 2002, 2889, 2890; Eser aaO Rdn. 5; Hoyer in SK-StGB § 244 Rdn. 10; Fischer aaO Rdn. 7; Lackner/Kühl, StGB 26. Aufl. § 244 Rdn. 3; Kindhäuser, Strafrecht BT II 4. Aufl. § 4 Rdn. 11; Fischer NStZ 2003, 569; Kindhäuser/Wallau StV 2001, 18; 2001, 352; Küper in FS für Hanack S. 569, 577, 581; ders. JZ 1999, 187, 189; Otto, GK Strafrecht BT 7. Aufl. § 41 Rdn. 52; Lesch GA 1999, 365, 366; Maatsch GA 2001, 75, 76; Streng GA 2001, 359, 360; Jäger JuS 2000, 651, 653; jeweils m. w. N.; aA noch OLG München NStZ-RR 2006, 342). Denn anders als bei der gefährlichen Körperverletzung , die "mittels" des gefährlichen Werkzeugs begangen wird, stellt das andere gefährliche Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB - wie im Falle von § 177 Abs. 3 Nr. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB - gerade kein Tatmittel dar. Für die Verwirklichung des Tatbestandes reicht nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes vielmehr das bloße Beisichführen aus, so dass es - im Gegensatz zu § 177 Abs. 4 Nr. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB - zu einer Verwendung im konkreten Einzelfall, an deren Art die Gefährlichkeit gemessen werden könnte, nicht kommt (so schon BGH NStZ 1999, 301, 302; vgl. auch BGH NStZ 2002, 594, 595).
17
Der Auslegungshinweis des Gesetzgebers ist deshalb für die Beantwortung der Vorlegungsfrage nicht tauglich.
18
2. Vor diesem Hintergrund sind in Rechtsprechung und Literatur zahlreiche unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des Tatbestandsmerkmals des anderen gefährlichen Werkzeugs für diejenigen Tatbestände entwickelt worden, die lediglich voraussetzen, dass der Täter das Werkzeug bei der Begehung der Tat bei sich führt. Soweit ersichtlich herrscht dabei noch insofern Einigkeit, dass unter einem Werkzeug als solchem jeder körperliche Gegenstand zu verstehen ist, der nach seiner konkreten Beschaffenheit die Eigenschaft aufweist, als Mittel zur Gewaltanwendung oder -drohung eingesetzt werden zu können (vgl. BGHSt 24, 339, 341; 38, 116, 117; NJW 1996, 2663 zu §§ 244, 250 StGB aF; Sander in MünchKomm-StGB § 250 Rdn. 16). Zu der Frage, welche zusätzlichen Kriterien erfüllt sein müssen, damit ein solcher Gegenstand als anderes gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB anzusehen ist, werden in Rechtsprechung und Literatur jedoch unterschiedliche Auffassungen vertreten:
19
a) Unter Bezugnahme auf einen - die Entscheidung allerdings nicht tragenden - Hinweis des Senats (NStZ 1999, 301, 302) ist ein Teil der Rechtsprechung (vgl. OLG Frankfurt StV 2002, 145; StraFo 2006, 467; OLG Braunschweig NJW 2002, 1735, 1736) ebenso wie das vorlegende Oberlandesgericht Celle der Meinung, bei Werkzeugen, die als Gebrauchsgegenstand nicht allgemein zur Verletzung von Personen bestimmt seien, sondern jederzeit sozialadäquat von jedermann bei sich geführt werden könnten, sei erforderlich, dass als subjektives Element eine generelle, vom konkreten Lebenssachverhalt losgelöste Bestimmung des Werkzeuges zur Verwendung gegen Menschen seitens des Täters hinzutrete, ohne dass indes die in § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB vorausgesetzte konkrete Verwendungsabsicht gegeben sein müsse. An- dere Obergerichte sind der Ansicht, ein Werkzeug sei bereits dann im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB gefährlich, wenn es objektiv geeignet sei, erhebliche Verletzungen zu verursachen, und damit dem Täter bei Begehung des Diebstahls die Möglichkeit biete, es - etwa in einer bedrängten Situation - als Gewalt- oder Drohungsmittel einzusetzen. Der Tatbestand enthalte jedoch eine einschränkende subjektive Komponente durch das Merkmal des Beisichführens, die insbesondere zum Tragen komme, wenn der Täter einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens in sozialadäquater Weise bei sich führe (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG NStZ 2004, 212; OLG Celle StV 2005, 336; ähnlich OLG München NStZ-RR 2006, 342).
20
b) Die in der Literatur vertretenen Meinungen lassen sich in zwei Gruppen einteilen:
21
aa) Ein Teil des Schrifttums ist der Auffassung, eine Auslegung des Tatbestandsmerkmals sei allein anhand objektiver Kriterien nicht möglich. Da nahezu jeder Gegenstand so eingesetzt werden könne, dass er erhebliche Verletzungen hervorzurufen geeignet sei, müsse für die Annahme eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB auf subjektiver Ebene ein begrenzendes Element hinzutreten. Dieses wird teilweise - der Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts entsprechend oder zumindest nahe kommend - darin gesehen, dass der Täter zumindest generell den Willen haben müsse, das Werkzeug auch zu Verletzungs- oder Bedrohungszwecken einzusetzen (vgl. Erb JR 2001, 206, 207; Geppert Jura 1999, 599, 602; Küper in FS für Hanack S. 569, 585 ff.; ders. JZ 1999, 187, 192 ff.). Andere Vertreter dieses Ansatzes fordern, der Täter müsse das Werkzeug einer gegebenenfalls gefährlichen Verwendung "gewidmet" (vgl. Rengier, Strafrecht BT I 9. Aufl. § 4 Rdn. 25; Hilgendorf ZStW 112 (2000), 811, 812 f.; Maatsch GA 2001, 75, 83) oder einen "inneren Verwendungsvorbehalt" gefasst haben, bei dessen Umsetzung sich das Werkzeug als gefährlich erweise (vgl. Wessels /Hillenkamp, Strafrecht BT/2 30. Aufl. § 4 Rdn. 262 b).
22
bb) Der - wohl überwiegende - Teil der Literatur befürwortet hingegen eine Interpretation des Tatbestandsmerkmals allein anhand objektiver Kriterien. Nach diesen Auffassungen ist die Gefährlichkeit eines Werkzeuges nur nach seiner objektiven Zweckbestimmung oder Beschaffenheit zu bestimmen (vgl. Fischer aaO Rdn. 9 b; Laufhütte/Kuschel in LK 11. Aufl. Nachtrag zu § 250 Rdn. 6; Eser aaO; Schmitz in MünchKomm-StGB § 244 Rdn. 14 ff.; Hoyer aaO; Kindhäuser aaO Rdn. 7 ff.; Otto aaO Rdn. 53; Dencker JR 1999, 33, 36; Fischer NStZ 2003, 569, 572; Hörnle Jura 1998, 169, 172; Jäger aaO, 654; Kindhäuser /Wallau StV 2001, 18 f.; dies. StV 2001, 352, 353; Lesch aaO 376; Mitsch ZStW 111 (1999), 65, 79; Schlothauer/Sättele StV 1998, 505, 507; Schroth NJW 1998, 2861, 2864; Streng GA 2001, 359, 365 ff.; alle m. w. N.).
23
Innerhalb dieses Ansatzes wird mit einer Vielzahl unterschiedlicher Anforderungen die Anwendbarkeit des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB vorrangig mit dem Ziel begrenzt, das bloße Beisichführen von Alltagsgegenständen wie Kugelschreibern, Gürteln, Krawatten, Miniaturschraubenziehern oder Schlüsseln nicht unter den Qualifikationstatbestand zu fassen. Es wird insbesondere vertreten, als andere gefährliche Werkzeuge im Sinne der Norm seien nur solche Gegenstände anzusehen, die zu potentiellen Verletzungszwecken eingesetzt werden könnten (Hörnle aaO), von einer zumindest annähernden abstrakten Gefährlichkeit seien wie Waffen (Dencker aaO), in der konkreten Tatsituation keine andere Funktion erfüllen könnten, als zu Verletzungszwecken eingesetzt zu werden (Eser aaO Rdn. 7; Schlothauer/Sättele StV 1998, 505, 508), nach ihrer objektiven Beschaffenheit Waffen ähnelten und bei missbräuchlicher Verwendung das selbe Verletzungspotential aufwiesen wie "echte" Waffen (Fischer NStZ 2003, 569, 572), eine objektive Waffenähnlichkeit besä- ßen (Mitsch aaO), aufgrund ihres immanenten Eskalationspotentials und den damit verbundenen Risiken für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nach dem Gesetz nicht für jedermann frei verfügbar seien (Lesch aaO 376), denen eine Waffenersatzfunktion zukomme (Streng aaO) oder vor deren Benutzung generell gewarnt bzw. bezüglich derer üblicherweise auf Vorsicht im Umgang mit ihnen hingewirkt werde (Hohmann/Sander, Strafrecht BT Teilbd. 1, 2. Aufl. § 2 Rdn. 5; Sander in MünchKomm-StGB § 250 Rdn. 29). Schließlich wird gefordert , die konkreten Tatumstände müssten einen objektiven Beobachter zu der Annahme veranlassen, der Täter wolle den Gegenstand zweckentfremdet in gefährlicher Weise verwenden (vgl. Kindhäuser aaO Rdn. 9).
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3. Bereits die Anzahl der geschilderten Lösungsansätze weist darauf hin, dass die Fassung des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB missglückt ist. Diese lässt von vornherein keine Auslegung des Begriffs des "anderen gefährlichen Werkzeugs" zu, die unter Anwendung allgemeiner und für jeden Einzelfall gleichermaßen tragfähiger rechtstheoretischer Maßstäbe für alle denkbaren Sachverhaltsvarianten eine in sich stimmige Gesetzesanwendung gewährleisten könnte. So ist es etwa schwer verständlich, dass es innerhalb des Strafgesetzbuches und sogar einzelner Normen (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Abs. 2 Nr. 1 StGB oder § 177 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 1 StGB) zu einer unterschiedlichen Auslegung dieses wortgleichen Tatbestandsmerkmals kommen kann (vgl. hierzu schon BGH NStZ 1999, 301; NStZ-RR 2002, 265; aA noch BGH NStZ 2002, 594, 595). Beachtet man zudem die Untauglichkeit des vom Gesetzgeber erteilten Auslegungshinweises, so wird deutlich, dass mit den Mitteln herkömmlicher Auslegungstechnik eine umfassende, sachgerechte Lösung für alle denkbaren Einzelfälle nicht zu erreichen ist. Der Senat sieht deshalb davon ab, im vorliegenden Fall über die Beantwortung der präzisierten, dem konkreten Sachverhalt angepassten Rechtsfrage hinaus den Versuch zu unter- nehmen, das Tatbestandsmerkmal "anderes gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB allgemeingültig zu definieren.
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4. Dies vorausgesetzt gilt:
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a) Den in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen, die bei der Bestimmung des Begriffs des anderen gefährlichen Werkzeugs auf eingrenzende subjektive Kriterien wie eine - gegebenenfalls generelle - Verwendungsabsicht , einen "Verwendungsvorbehalt" oder einen "Widmungsakt" des Täters abstellen, vermag der Senat nicht zu folgen; an seinem Hinweis in der Entscheidung NStZ 1999, 301, 302 hält er nicht fest.
27
aa) Die genannten Ansichten lassen sich bereits nicht mit dem Wortlaut des Gesetzes in Einklang bringen. § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB enthält nach seiner insoweit sprachlich klaren und eindeutigen Fassung - im Gegensatz zu § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB - gerade kein über den Vorsatz bezüglich der objektiven Tatbestandsmerkmale hinausgehendes, wie auch immer im Einzelnen zu definierendes subjektives Element. Insbesondere das Erfordernis einer auf den Einsatz des gefährlichen Werkzeugs als Nötigungsmittel gegen Personen gerichtete Absicht, sei sie generell gefasst oder auf den konkreten Diebstahl bezogen, lässt sich der Norm nicht entnehmen.
28
Eine derartige Gebrauchsabsicht kann auch nicht in die Tathandlung des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB hineininterpretiert werden; denn der Täter führt ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich, wenn er es bewusst in der Weise bei sich hat, dass er sich seiner jederzeit bedienen kann. Ein darüber hinausgehender Wille, den Gegenstand gegebenenfalls gegen Personen einzusetzen , ist nicht notwendig (vgl. BGHSt 43, 8, 10; BGHR BtMG § 30 a Abs. 2 Mitsichführen 2 jeweils für Fälle des Mitsichführens im Sinne des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG).
29
bb) Dieses aus dem Wortlaut der Norm folgende Ergebnis wird durch systematische und teleologische Gesichtspunkte bestätigt: Die Absicht, das Werkzeug gegen Personen einzusetzen, wird nur von § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB gefordert, dessen Tatbestand verlangt, dass der Täter ein sonstiges Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um es zu Nötigungszwecken zu verwenden. Diese Vorschrift ist vom Gesetzgeber als Auffangtatbestand konzipiert worden, unter den das Beisichführen von Gegenständen zu subsumieren ist, von denen zwar objektiv an sich keine Leibesgefahr ausgeht, die aber zur Verhinderung oder Überwindung des Widerstands einer anderen Person durch Gewalt oder der Drohung mit Gewalt eingesetzt werden sollen (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 13/9064 S. 18). Tatmittel sind deshalb bei dieser Tatbestandsalternative grundsätzlich beliebige Gegenstände, ohne dass es auf deren objektive Gefährlichkeit ankommt; denn durch die beschriebene Verwendungsabsicht wird die Gefahr des Einsatzes auch solcher Gegenstände zu Zwecken der Gewaltanwendung oder Drohung konkretisiert (vgl. Fischer aaO Rdn. 7, 10) und damit die im Vergleich zum Grundtatbestand des Diebstahls (§ 242 StGB) höhere Strafdrohung gerechtfertigt.
30
Demgegenüber will der Gesetzgeber mit § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB Fallgestaltungen mit einer während der Begehung der Tat erhöhten, abstrakt -objektiven Gefährlichkeit erfassen, die sich bereits daraus ableitet, dass der Täter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, weil in diesen Fällen die latente Gefahr des Einsatzes als Nötigungsmittel besteht (vgl. Fischer aaO Rdn. 7; Geppert Jura 1999, 599, 600). Dieser Gedanke galt bereits zu § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB aF für den Dieb, der bei der Tat eine Schusswaffe mit sich führte (vgl. Ruß in LK 12. Aufl. § 244 Rdn. 3), und ist vom Gesetzgeber durch die Neuregelung im Sechsten Gesetz zur Reform des Strafrechts nicht aufgegeben worden; vielmehr ist die tatbestandliche Erweiterung auf andere gefährliche Werkzeuge nach der Intention des Gesetzgebers im Hinblick auf Ungereimtheiten vorgenommen worden, die auftreten könnten, wenn Schusswaffen und andere, ebenso bzw. ähnlich gefährliche Gegenstände nicht gleich behandelt würden (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 13/9064 S. 18).
31
Der Differenzierung bezüglich der subjektiven Voraussetzungen der jeweiligen Tatbestandsalternative des § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt somit die gesetzgeberische Absicht zu Grunde, das Beisichführen von Werkzeugen, die im Falle ihres Einsatzes gegen Personen aufgrund ihrer Beschaffenheit objektiv die Eignung besitzen, schwere Verletzungen herbeizuführen, wegen der latenten Gefahr des Gebrauchs durch den Täter selbst ohne dessen Verwendungsabsicht oder -vorbehalt mit erhöhter Strafe zu bedrohen. Dieser Konzeption des Gesetzes liefe es zuwider, wollte man in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB zur Bestimmung des anderen gefährlichen Werkzeugs auf ein zusätzliches subjektives Element abstellen (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 265, 266; NStZ 2002, 594, 595).
32
b) Bei der Bestimmung des Tatbestandsmerkmals "anderes gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB muss somit allein auf objektive Kriterien zurückgegriffen werden. Dabei ist indes nicht zu verkennen , dass gegen diesen Ansatz und die in seinem Rahmen vertretenen einzelnen Auffassungen durchaus gewichtige Argumente vorgebracht werden können. So kann etwa die Bestimmung eines anderen gefährlichen Werkzeugs nach rein objektiven Kriterien in Anbetracht der zahlreichen in Betracht kommenden Gegenstände zu einer schwer kalkulierbaren Einzelfallkasuistik führen, bei der zudem die Gefahr von widersprüchlichen Entscheidungen offenkundig ist. Hinzu kommt, dass im Einzelfall schwierige Abgrenzungsfragen vor allem zu sonstigen Werkzeugen oder Mitteln im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB, aber auch etwa zum Diebstahl in einem besonders schweren Fall (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB) oder zum Wohnungseinbruchsdiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB) im Hinblick auf die hierzu regelmäßig verwendeten Einbruchswerkzeuge aufgeworfen werden können. Jedoch lassen aus den dargelegten Gründen sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck des Gesetzes keinen Raum für ein zusätzliches subjektives Element zur Eingrenzung des Tatbestandsmerkmals "anderes gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB. Die sich hieraus ergebenden Misslichkeiten sind gegebenenfalls durch eine adäquate Neufassung des Gesetzes zu beseitigen. Bis zu einer derartigen gesetzlichen Neuregelung wird es indes für besondere Sachverhaltsvarianten - soweit nach den anerkannten Auslegungskriterien möglich - weiterer Präzisierungen des Tatbestandes durch die Rechtsprechung bedürfen.
33
Für die hiesige Sachverhaltsgestaltung sind die Voraussetzungen eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB jedenfalls zu bejahen. Hierfür sind folgende Überlegungen maßgebend:
34
Messer, die nicht ohnehin als Angriffs- oder Verteidigungsmittel konstruiert sind und wie etwa Spring-, Fall-, Faust- oder Faltmesser zu den Waffen im technischen Sinne gehören, erfüllen nach ständiger Rechtsprechung, von der abzuweichen kein Anlass besteht, regelmäßig die Voraussetzungen eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB (vgl. BGH NStZ 1999, 136; NStZ-RR 2001, 41; BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 1; BGH NStZ-RR 2006, 12, 13 für den Fall eines Klappmessers ). Die von ihnen ausgehende hohe abstrakte Gefahr, die Grund für die Strafschärfung durch den Qualifikationstatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB ist, ist evident und kommt derjenigen von Waffen im technischen Sinne zumindest nahe.
35
Dies gilt in vergleichbarer Weise für Taschenmesser mit einer längeren Klinge (zuletzt jeweils offen gelassen, weil nicht entscheidungserheblich in BGH StV 2002, 191 für § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB; NStZ-RR 2003, 12; 2005, 340). Auch diese sind objektiv zum Schneiden und Stechen bestimmt und nach ihrer Beschaffenheit hierzu geeignet. Von einem sonstigen Messer unterscheiden sie sich im Wesentlichen lediglich dadurch, dass die Klinge von Hand ausgeklappt werden muss. Dieser Umstand nimmt, worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist, einem Taschenmesser aber nicht seine objektive Gefährlichkeit. Ein solches Messer kann wie jedes andere jederzeit gegen Personen gebraucht werden und im Falle seines Einsatzes dem Opfer erhebliche, unter Umständen sogar tödliche Verletzungen zufügen. Die latente Gefahr, die von einem derartigen , von dem Dieb bei der Tat bei sich geführten Taschenmesser ausgeht, ist deshalb nicht in einem Umfang geringer als diejenige von sonstigen Messern mit einer vergleichbar langen feststehenden Klinge, dass nach dem Zweck der Norm eine unterschiedliche Bewertung gerechtfertigt wäre. Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 556/09
vom
18. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Februar
2010, an der teilgenommen haben:
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. E. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten A. E. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 6. Juli 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen.
Jeder Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des versuchten schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 25 Abs. 2, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen. Den Angeklagten M. E. hat es zur Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, gegen den Angeklagten A. E. hat es eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Die Beschwerdeführerin beanstandet insbesondere, dass das Landgericht die Tat nicht als vollendeten (besonders) schweren Raub gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gewürdigt hat. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg. Die Angeklagten wenden sich jeweils mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gegen das Urteil des Landgerichts. Das Rechtsmittel des Angeklagten M. E. hat dessen Verteidiger in der Revisionshauptverhandlung wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Die Revisionen der Angeklagten bleiben ohne Erfolg.
2
Das Landgericht hat festgestellt:
3
Die Angeklagten beabsichtigten zunächst in eine Tankstelle einzubrechen , um Tabakwaren zu stehlen. Als Einbruchswerkzeuge führte der Angeklagte M. E. einen Meißel mit eingedrückter Spitze, der Angeklagte A. E. einen Schraubendreher mit sich, dessen spitzes Ende abgebrochen war. Da wider Erwarten der Kassierer noch anwesend war, entschlossen sich die Angeklagten, trotz der veränderten Umstände "mit ihrem geplanten Vorhaben fortzufahren". Als der Kassierer sah, dass sich die Angeklagten mit übergezogenen Sturmmasken der Eingangstür der Tankstelle näherten, löste er bei der Polizei einen - stillen - Alarm aus. Die Angeklagten stürmten in den Verkaufsraum und erklärten dem Zeugen, "er solle sich ruhig verhalten, dann werde auch nichts passieren". Auf Geheiß eines der Angeklagten musste sich das Opfer in einen Nebenraum begeben, um dort die Beleuchtung im Verkaufsraum zu löschen. Auf dem Weg dorthin hielt der Angeklagte A. E. den Kassierer mit einer Hand an dessen linken Arm fest und drückte mit seiner anderen Hand den abgebrochenen Schraubendreher gegen den Rücken des Zeugen. Dieser sah das Werkzeug aus den Augenwinkeln und verspürte einen leichten Druck. Den vom Angeklagten M. E. mitgeführten Mei- ßel nahm er hingegen zunächst nicht wahr. Nachdem der Zeuge das Licht gelöscht hatte und sie in den Verkaufsraum zurückgekehrt waren, wiesen die Angeklagten ihn an, sich auf einen Stuhl zu setzen und auf den Boden zu schauen. Sie verlangten zunächst die Herausgabe des Tresorschlüssels und forderten den Zeugen sodann auf - nachdem dieser erklärt hatte, einen solchen Schlüssel nicht zu besitzen - die Kasse zu öffnen, was dieser auch tat. Der Angeklagte M. E. nahm Geld aus der Kasse und steckte selbst 800 € in Scheinen in seine Hosentasche, während er dem Angeklagten A. E. eine Münzrolle im Wert von 50 € übergab, die dieser ebenfalls einsteckte. Sodann füllten die Angeklagten - nachdem sie Schraubendreher und Meißel weggelegt hatten, um mit beiden Händen arbeiten zu können - Zigarettenstangen in so genannte gelbe Säcke, die sie von dem Tatopfer verlangt und erhalten hatten. Sie hatten bereits zwei Säcke gefüllt sowie zum Abtransport bereit gestellt und waren dabei einen dritten Sack zu befüllen, als mehrere Polizeibeamte eintrafen, den Verkaufsraum stürmten und die Angeklagten festnahmen.
4
I. Revision der Staatsanwaltschaft
5
Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten in objektiver Hinsicht den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, nicht hingegen den des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht, sowie die Wertung , die Tat sei von den Angeklagten nicht vollendet, sondern lediglich versucht worden, hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.
6
1. Zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass es sich bei dem von dem Angeklagten A. E. geführten Schraubendreher um ein gefährliches Werkzeug im Sinne beider Qualifikationsvarianten handelte; denn dieser Schraubendreher war ein Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet war, einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen , etwa bei einem Einsatz als Stichwerkzeug.
7
2. Dieses gefährliche Werkzeug hat der Angeklagte A. E. nicht (nur) im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB bei sich geführt, sondern gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auch verwendet. Das Landgericht ist von einem rechtlich unzutreffenden Begriff des Verwendens ausgegangen.
8
a) Das Tatbestandsmerkmal des Verwendens umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels im Grundtatbestand, so dass es immer dann zu bejahen ist, wenn der Täter zur Wegnahme einer fremden beweglichen Sache eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht (BGHSt 45, 92, 94 f. m. w. N.; BGH NStZ 2008, 687; Sander in MünchKomm-StGB § 250 Rdn. 58). Dabei setzt (vollendetes) Verwenden zur Drohung voraus, dass das Opfer das Nötigungsmittel als solches erkennt und die Androhung seines Einsatzes wahrnimmt. Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (BGHSt 16, 386) und dessen Verwirklichung er nach dem Inhalt seiner Äußerung für den Fall des Bedingungseintritts will. Die Äußerung der Drohung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (Fischer, StGB 57. Aufl. § 240 Rdn. 31 m. w. N.). Kein Verwenden ist das bloße Mitsichführen und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn es offen erfolgt (BGH NStZ-RR 2004, 169; Fischer aaO § 250 Rdn. 18).
9
b) Danach hat der Angeklagte A. E. , indem er dem Kassierer den Schraubendreher - den dieser gesehen hatte - in den Rücken drückte, entgegen der Auffassung des Landgerichts den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB objektiv verwirklicht. Er drohte durch diese Handlung - im Zusammenwirken mit der vorangegangen Äußerung, wenn sich der Zeuge ruhig verhalte, werde (ihm) nichts geschehen - konkludent damit, bei Widerstand und Nichtbefolgung seiner Forderungen dieses gefährliche Werkzeug als Stichwerkzeug gegen ihn einzusetzen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts setzt der Begriff des Verwendens nicht voraus, dass sich aus der Art des Einsatzes des objektiv gefährlichen Tatmittels eine konkrete Gefahr erheblicher Verletzungen ergibt. Vielmehr genügt jedes Benutzen solcher Tatmittel bei der Anwendung von Gewalt oder - wie hier - als Drohmittel (BGHSt 45, 92, 94 f.).
10
3. Die Auffassung des Landgerichts, die Angeklagten hätten hinsichtlich der aus der Kasse entnommenen 800 € in Banknoten und der Münzrolle im Wert von 50 €, die sich die Angeklagten schon in ihre Hosentaschen gesteckt hatten, bevor die Polizei eintraf und sie festnahm, "noch keinen hinreichenden neuen Gewahrsam begründet" und somit die Tat nur versucht, begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11
a) Die vollendete Wegnahme setzt voraus, dass fremder Gewahrsam gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist. Letzteres beurteilt sich danach , ob der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt hat, dass er sie ohne Behinderung durch den früheren Gewahrsamsinhaber ausüben kann. Für die Frage der Sachherrschaft kommt es entscheidend auf die Anschauungen des täglichen Lebens an. Dabei macht es sowohl für die Sachherrschaft des bisherigen Gewahrsamsinhabers wie für die des Täters einen entscheidenden Unterschied, ob es sich bei dem Diebesgut um umfangreiche, namentlich http://127.0.0.1:50001/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-16-271_enr62'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50001/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-16-273_enr62'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore - 8 - schwere Sachen handelt, deren Abtransport mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, oder ob es nur um kleine, leicht transportable Gegenstände geht. Bei unauffälligen, leicht beweglichen Sachen, wie etwa bei Geldscheinen sowie Geld- und Schmuckstücken, lässt die Verkehrsauffassung für die vollendete Wegnahme schon ein Ergreifen und Festhalten der Sache genügen. Steckt der Täter einen Gegenstand in Zueignungsabsicht in seine Kleidung, so schließt er allein durch diesen tatsächlichen Vorgang die Sachherrschaft des Bestohlenen aus und begründet eigenen ausschließlichen Gewahrsam. Die Verkehrsauffassung weist daher im Regelfall einer Person, die einen Gegenstand in der Tasche ihrer Kleidung trägt, die ausschließliche Sachherrschaft zu (vgl. BGHSt 16, 271, 273 f.; 23, 254, 255 m. w. N.).
12
Der Annahme eines Gewahrsamswechsels steht in diesen Fällen nicht entgegen, dass sich der erbeutete Gegenstand, wie etwa bei Festnahme des Täters am Tatort, noch im Gewahrsamsbereich des Berechtigten befindet. Die Tatvollendung setzt keinen gesicherten Gewahrsam voraus. Die alsbaldige Entdeckung des Täters und seine Festnahme gibt nur die Möglichkeit, ihm die Sache wieder abzunehmen. Auch eine etwaige Beobachtung dieses Tatvorgangs ändert an der Vollziehung des Gewahrsamswechsels nichts, da der Diebstahl keine heimliche Tat ist und die Beobachtung dem Bestohlenen lediglich die Möglichkeit gibt, den ihm bereits entzogenen Gewahrsam wiederzuerlangen. Demgemäß nimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung regelmäßig Vollendung der Wegnahme an, wenn der Täter innerhalb fremder Räume leicht bewegliche Gegenstände in seine Kleidung steckt (vgl. BGHSt 26, 24, 25 f.; Schmitz in MünchKomm-StGB § 242 Rdn. 52, 61, 72).
13
b) Nach diesen Maßstäben war hier die Wegnahme mit dem Einstecken des Geldes in die Kleidung vollendet. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Strafkammer zur Begründung ihrer rechtlichen Würdigung herangezogenen Entscheidung des Bundes gerichtshofs in StV 1985, 323, die eine andere Fallgestaltung zum Gegenstand hat. Dahinstehen kann deshalb, ob auch die Wegnahme der in die Säcke gepackten Zigarettenstangen bereits vollendet war, zumal die bisherigen Feststellungen offen lassen, wie groß und schwer diese ganz bzw. teilweise befüllten Behältnisse waren (vgl. Ruß in LK 11. Aufl. § 242 Rdn. 42 m. w. N.).
14
4. Die Sache bedarf insgesamt der neuen Verhandlung und Entscheidung. Die bisherigen Feststellungen belegen die Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes eines besonders schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. StGB durch die Angeklagten - namentlich durch den Angeklagten M. E. - nicht hinreichend. Daher ist der Senat gehindert , den Schuldspruch selbst abzuändern.
15
Der Senat weist den neuen Tatrichter darauf hin, dass die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat die Kennzeichnung der jeweils gegebenen Qualifikation notwendig macht. Daher wird im Falle der Verurteilung nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf "besonders schweren Raub" zu erkennen sein (vgl. BGH, Beschl. vom 8. Juli 2008 - 3 StR 229/08 - Rdn. 5, insoweit in NStZ-RR 2008, 342 nicht abgedruckt; BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 30).
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5. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt nicht zur Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Urteils zu Gunsten der Angeklagten (§ 301 StPO; vgl. unten II.).
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II. Revisionen der Angeklagten
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Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet; sie zeigen weder zum Schuldspruch noch zum Strafausspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
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Das Landgericht hat zwar im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten beider Angeklagten berücksichtigt, dass sie "ein gefährliches Werkzeug mit sich" führten; diese Erwägung lässt mit Blick auf den vom Landgericht angenommenen schweren Raub gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB einen Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB besorgen. Nicht frei von rechtlichen Bedenken ist ferner, dass die Strafkammer bei dem Angeklagten M. E. ihrer Strafzumessung den Strafrahmen des minder schweren Falles gemäß § 250 Abs. 3 StGB (Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren) zugrunde gelegt hat, ohne zu erörtern, ob statt dessen die Anwendung des nach Versuchsgrundsätzen (§§ 22, 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB) gemilderten Strafrahmens der Raubqualifikation nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB in Betracht kommt, der zwar nicht im Höchstmaß, aber im Mindestmaß für die Angeklagten günstiger ist, als der des minder schweren Falles. Daher wäre im Hinblick auf die im unteren Strafrahmenbereich angesiedelte Strafe eine Erörterung dieser Milderungsmöglichkeit geboten gewesen (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 43). Der Senat kann angesichts der beiden außergewöhnlich milden Strafen hier indes ausschließen, dass das Landgericht ohne die aufgezeigten Rechtsfehler (noch) geringere Strafen festgesetzt hätte.
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Die Revision des Angeklagten M. E. dringt auch mit ihrer Beanstandung nicht durch, das Landgericht habe die Möglichkeit einer weiteren Milderung des Sonderstrafrahmens des § 250 Abs. 3 StGB nach §§ 22, 23 Abs.
1, § 49 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB übersehen. Denn aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass das Landgericht einen minder schweren Fall nur unter der Voraussetzung angenommen hat, dass der gesetzliche (fakultative) Milderungsgrund des § 23 Abs. 2 StGB im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung neben den allgemeinen strafmildernden Umständen zu Gunsten des Angeklagten zusätzlich Berücksichtigung findet (UA S. 21). Danach war wegen des sich aus § 50 StGB ergebenden Verbots der Doppelverwertung vertypter Strafmilderungsgründe für eine weitere Milderung des Strafrahmens des minder schweren Falles nach Versuchsgrundsätzen kein Raum.
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Soweit der Angeklagte A. E. die den Mitangeklagten betreffende Strafrahmenwahl rügt, könnte sich ein solcher Rechtsfehler nicht zu seinem Nachteil ausgewirkt haben.
Sost-Scheible Pfister von Lienen
Hubert Schäfer

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.