Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2017 - GSSt 3/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:240717BGSST3.17.0
bei uns veröffentlicht am24.07.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
GSSt 3/17
vom
24. Juli 2017
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
Im Rahmen der bei der tatgerichtlichen Ermessensentscheidung über die
Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gebotenen
Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände kann eine selbstverschuldete
Trunkenheit die Versagung der Strafrahmenmilderung tragen,
auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung
von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse
des Einzelfalls nicht festgestellt ist.
BGH, Beschluss vom 24. Juli 2017- GSSt 3/17 - LG Osnabrück
ECLI:DE:BGH:2017:240717BGSST3.17.0

in der Strafsache gegen

wegen Totschlags
Der Große Senat für Strafsachen hat durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum, die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf und Dr. Schäfer, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider und die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach, Dr. Quentin und Gericke am 24. Juli 2017 beschlossen:
Im Rahmen der bei der tatgerichtlichen Ermessensentscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände kann eine selbstverschuldete Trunkenheit die Versagung der Strafrahmenmilderung tragen, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls nicht festgestellt ist.

Gründe:

1
Die Vorlage betrifft eine Frage aus dem Bereich der Strafzumessung.

I.


2
1. In dem beim 3. Strafsenat anhängigen Verfahren hat das Landgericht den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt.
3
a) Nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen tötete der Angeklagte mit bedingtem Vorsatz seinen Mitbewohner durch Gewalteinwirkung auf den Brust- und Bauchbereich sowie gegen den Kopf, nachdem beide gemeinsam Alkohol konsumiert hatten. Das Landgericht hat weder den Anlass der Tat noch den Grad der Alkoholisierung des Angeklagten festzustellen vermocht. Es ist sachverständig beraten davon ausgegangen, dass der Angeklagte bei erhalten gebliebener Unrechtseinsicht nicht ausschließbar auf Grund einer mittelgradigen Berauschung in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.
4
b) Die Strafkammer hat die Strafe dem Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB entnommen. Für einen benannten minder schweren Fall des Totschlags (§ 213 Alternative 1 StGB) hat sie keinen Anhaltspunkt gefunden. Einen sonstigen minder schweren Fall (§ 213 Alternative 2 StGB) hat sie sowohl unter Berücksichtigung allein der allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte als auch unter Hinzuziehung des wegen der Alkoholisierung des Angeklagten zum Tatzeitpunkt angenommenen vertypten Milderungsgrundes des § 21 StGB abgelehnt. Von einer Strafrahmenmilderung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB hat das Landgericht ebenfalls abgesehen. Es ist davon ausgegangen, dass dies im Fall einer alkoholbedingten erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit möglich sei, wenn diese auf verschuldeter Trunkenheit beruht. Eine Alkoholkrankheit oder -überempfindlichkeit des Angeklagten, die ein Verschulden hinsichtlich der Trunkenheit ausgeschlossen hätte, hat die Strafkammer nicht festgestellt.
5
Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Strafkammer auf die Erwägungen zur Frage des Vorliegens eines unbenannten minder schweren Falles gemäß § 213 Alternative 2 StGB Bezug genommen und sodann zuguns- ten des Angeklagten dessen durch die Alkoholisierung als konstellativem Faktor beeinflusste affektive Aufladung in der Tatsituation mildernd berücksichtigt.
6
Der Angeklagte hat die Verurteilung mit der Revision umfassend angegriffen und die Verletzung materiellen Rechts beanstandet.
7
Der 3. Strafsenat hält die Entscheidung des Landgerichts für rechtsfehlerfrei und beabsichtigt, dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend die Revision des Angeklagten zu verwerfen. Er versteht die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil dahin, die Strafkammer habe die Strafrahmenverschiebung in Ausübung tatgerichtlichen Ermessens abgelehnt. Das Landgericht sei nicht davon ausgegangen, das selbstverantwortliche Sich-Berauschen des Täters vor der Tat führe von Rechts wegen regelmäßig zur Versagung der Strafrahmenmilderung. Dafür spreche zum einen der Umstand, dass die Ausführungen auf den Beschluss des Senats vom 2. August 2012 (3 StR 216/12, NStZ 2012, 687, 688) verwiesen, dem sich erstgenannter Rechtssatz nicht entnehmen lasse. Sie nähmen gerade nicht auf das Senatsurteil vom 27. März 2003 (3 StR 435/02, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31) Bezug, in dem dieser die Ansicht vertreten hat, dass eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB in der Regel ausscheide, wenn die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf verschuldeter Trunkenheit beruhe. Zum anderen habe das Landgericht ausdrücklich seinen rechtlichen Ansatz dergestalt umschrieben, dass bei verschuldeter Trunkenheit die Versagung der Strafrahmenverschiebung - lediglich - "in Betracht kommt".
8
Der 3. Strafsenat ist der Auffassung, das Tatgericht übe sein Ermessen bei der Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich nicht fehlerhaft aus, wenn es im Rahmen einer Gesamtwürdigung der schuldrelevanten Umstände die Versagung der Milderung allein auf den Umstand stütze, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf selbstverschuldeter Trunkenheit beruhe. Gleiches gilt nach seiner Ansicht für die Entscheidung über die Annahme eines minder schweren Falles. Bereits das selbstverantwortliche Sich-Betrinken des Täters vor der Tat sei ein schulderhöhender Umstand, weil eine alkoholische Berauschung generell das Risiko strafbaren Verhaltens, insbesondere im Bereich der Gewalt- und Sexualdelikte, erhöhe. Dieses dem Alkoholrausch selbst innewohnende Risiko zähle zum Allgemeinwissen. Der Alkoholrausch stelle somit erkennbar eine abstrakte Gefahr für strafrechtlich geschützte Rechtsgüter dar, die sich, falls der Berauschte eine rechtswidrige Tat begehe, in der konkreten Rechtsgutsgefährdung oder -verletzung realisiere. Insoweit habe das selbstverantwortliche Sich-Betrinken Einfluss auf die Tatschuld, auch wenn eine durch den Alkoholkonsum bedingte, vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Umstände des Einzelfalls nicht festgestellt sei.
9
Der 3. Strafsenat hat deshalb bei den anderen Strafsenaten gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG angefragt, ob diese an (gegebenenfalls) entgegenstehender Rechtsprechung festhalten (BGH, Beschluss vom 15. Oktober2015 - 3 StR 63/15, NStZ 2016, 203).
10
Hierauf haben der 1., 2. und 5. Strafsenat mitgeteilt, ihre Rechtsprechung stehe der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats entgegen; sie hielten an dieser fest (BGH, Beschlüsse vom 10. Mai 2016 - 1 ARs 21/15; vom 7. November 2016 - 2 ARs 386/15, NStZ-RR 2017, 70; vom 1. März 2016 - 5 ARs 50/15). Der 5. Strafsenat hat ausgeführt, ein Fall selbst zu verantwor- tender Trunkenheit spreche in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht habe, und zur weiteren Begründung auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 17. August 2004 (5 StR 93/04, BGHSt 49, 239) Bezug genommen. Der 1. Strafsenat hat darauf hingewiesen, dass seine Rechtsprechung an diese Entscheidung anknüpfe, und sich - soweit ersichtlich - erstmals die vom 5. Strafsenat aufgestellten Kriterien zur vorhersehbar signifikanten Risikoerhöhung zu eigen gemacht. Schulderhöhende Umstände könnten dann zur Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte Tatschuld aufwögen. Dies sei bei einer selbst verschuldeten Trunkenheit ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht der Fall. Der 2. Strafsenat hat darüber hinaus ausgeführt, die Auffassung des 3. Strafsenats greife mit Blick auf den Schuldgrundsatz zu kurz und lasse insbesondere unberücksichtigt , dass jede Schulderhöhung wenigstens einfache Fahrlässigkeit voraussetze. Er hat weiter geäußert, nicht nachvollziehen zu können, wie eine Gesamtwürdigung aller relevanten Gesichtspunkte ermessensfehlerfrei vorgenommen worden sein könne, wenn das Tatgericht die Versagung der Strafrahmenmilderung allein und damit ausschließlich auf einen Umstand gestützt habe.
11
Der 4. Strafsenat hat die Anfrage dahin verstanden, dass nach Ansicht des 3. Strafsenats die Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB eine Ermessensentscheidung des Tatgerichts sei und im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung im Einzelfall die selbst verschuldete Trunkenheit die Versagung der Strafmilderung tragen könne, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straf- taten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse nicht festgestellt sei. Soweit der so verstandenen Anfrage seine bisherige Rechtsprechung entgegenstehe , halte er daran nicht fest. Im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände sei die selbst verschuldete Trunkenheit ein - neben anderen - zu berücksichtigender Umstand. Feste Regeln, die das Tatgericht bei der Abwägung zu beachten, und Vorgaben, welches Gewicht es einzelnen Umständen beizumessen habe, befürworte der Senat nicht (Beschluss vom 28. April 2016 - 4 ARs 16/15, NStZ-RR 2016, 305 f.).
12
Der 3. Strafsenat hat daraufhin mit Beschluss vom 20. Dezember 2016 (vgl. hierzu Beukelmann, NJW-Spezial 2017, 184) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (vgl. Beschlüsse vom 1. August 1975 - 3 StR 212/75, BeckRS 1975, 00206; vom 28. Oktober 1985 - 3 StR 189/85, NStZ 1986, 114, 115) dem Großen Senat für Strafsachen wegen Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 GVG und wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 4 GVG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: Kann der Tatrichter im Rahmen der nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände die Ermessensentscheidung, von einer Strafrahmenverschiebung abzusehen, rechtsfehlerfrei allein darauf stützen, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten auf von diesem verschuldeter Trunkenheit beruht, auch wenn eine durch die Trunkenheit bedingte, vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten auf Grund der persönlichen oder der situativen Verhältnisse des Einzelfalls nicht festgestellt ist?
13
Der Generalbundesanwalt erachtet die Vorlage für zulässig und beantragt , im Sinne der Anfrage des 3. Strafsenats zu entscheiden.
14
Der Angeklagte hat sich der Ansicht des 1., 2. und 5. Strafsenats angeschlossen.

II.


15
Die Vorlegungsfrage ist angesichts des sachlichen Anliegens des 3. Strafsenats sprachlich nicht völlig eindeutig gefasst, soweit dort darauf abgestellt wird, ob das Tatgericht seine Entscheidung über die Strafrahmenmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB allein auf den Umstand einer vom Täter selbst verschuldeten Trunkenheit stützen könne. Diese Formulierung kann - wie die Ausführungen des 2. und des 4. Strafsenats belegen - dahin verstanden werden, dass es für die Entscheidung ausschließlich auf diesen bestimmten Gesichtspunkt ankommen soll. Dieser Sinngehalt ist vor dem Hintergrund der im hier relevanten Zusammenhang erforderlichen, auch vom 3. Strafsenat für rechtlich geboten gehaltenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände nicht plausibel. Die Vorlegungsfrage ist deshalb in Anlehnung an die diesbezüglichen Erwägungen des 4. Strafsenats wie folgt neu zu fassen: Kann im Rahmen der bei der tatgerichtlichen Ermessensentscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände eine selbstverschuldete Trunkenheit die Versagung der Strafmilderung tragen, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls nicht festgestellt ist?

III.


16
Die Vorlegung ist gemäß § 132 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 GVG zulässig.
17
1. Sie betrifft die rechtlichen Maßstäbe, an denen sich die Ausübung des durch § 21 StGB den Tatgerichten eingeräumten Ermessens auszurichten hat, und damit eine Rechtsfrage i.S.d. § 132 Abs. 2 GVG.
18
2. Der 3. Strafsenat kann die im Ausgangsverfahren eingelegte Revision nach seinem vertretbaren und deshalb vom Großen Senat für Strafsachen hinzunehmenden Verständnis der Gründe des landgerichtlichen Urteils nur dann verwerfen, wenn er - abweichend von der aufrechterhaltenen Rechtsauffassung des 1., 2. und 5. Strafsenats (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG) - dem Tatgericht zubilligt , im Rahmen der nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände die Vorwerfbarkeit der zur erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit führenden Trunkenheit zu berücksichtigen, ohne dass zusätzlich eine signifikante Erhöhung des Risikos strafbaren Handelns auf Grund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalles festgestellt ist.
19
3. Die zur Entscheidung gestellte Rechtsfrage ist zudem von grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 4 GVG); die ihr zugrunde liegende Konstellation prägt eine Vielzahl der Fälle, in denen über eine Strafrahmenmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu entscheiden ist.

IV.


20
Der Große Senat für Strafsachen beantwortet die Vorlegungsfrage in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Sinne.
21
1. In Rechtsprechung und Literatur besteht für die Fälle der auf verschuldeter Trunkenheit beruhenden erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Täters bei Tatbegehung keine Einigkeit über die Voraussetzungen, unter denen der Tatrichter die fakultative Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ablehnen darf oder gar muss.
22
a) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelte sich wie folgt:
23
aa) Unter Hinweis auf das Urteil des Obersten Gerichtshofs für die Britische Zone vom 10. Januar 1950 (StS 427/49, OGHSt 2, 324) befand der Bundesgerichtshof - noch zur Vorgängerregelung des § 51 Abs. 2 StGB aF - anfänglich , dass in "der Regel die selbstverschuldete Trunkenheit Anlaß sein (wird), die Strafe nicht zu mildern" (Urteil vom 2. August 1951 - 3 StR 395/51, bei Dallinger MDR 1951, 657). Sodann beanstandete er indes eine die Strafmilderung ablehnende tatrichterliche Entscheidung, die damit begründet worden war, dass bei bestimmten Delikten grundsätzlich von der "Kann"-Vorschrift des § 51 Abs. 2 StGB aF kein Gebrauch zu machen sei, soweit die erheblich verminderte Zurechnungsfähigkeit des Täters auf "Angetrunkenheit" beruhe. Er monierte, dass der Tatrichter diese Möglichkeit jedenfalls hätte erwägen müssen (Urteil vom 10. September 1953 - 2 StR 695/52, NJW 1953, 1760). In der Folgezeit äußerte er sich weiterhin in der Tendenz ablehnend gegenüber einer Strafmilderung bei vorwerfbarer Alkoholisierung (Urteil vom 16. Januar 1962 - 5 StR 588/61, Umdr. S. 4 [unveröffentl.]; zu weiteren ähnlichen Entscheidungen des BGH aus den Jahren 1954 und 1960 vgl. Foth, DRiZ 1990, 417, 418; Schnarr in Hettinger [Hrsg.], Reform des Sanktionenrechts, Bd. 1, 2001, S. 1, 49 ff.).
24
bb) In den 1970er Jahren änderte sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wesentlich. Mit Beschluss vom 24. März 1972 (2 StR 413/71, bei Dallinger, MDR 1972, 570) äußerte er die Auffassung, dem im Zustand erheblich verminderter Zurechnungsfähigkeit handelnden Täter dürfe allein der hierfür ursächliche übermäßige Alkoholkonsum "nicht zum Nachteil gereichen"; vielmehr müssten weitere auf die abzuurteilende Tat bezogene Umstände hinzutreten. Als einen solchen Umstand erkannte er an, dass der Täter bereits früher unter Alkoholeinwirkung Straftaten begangen hatte und diesem daher bewusst war oder zumindest hätte bewusst sein können, dass er nach dem Alkoholkonsum zu Straftaten neigt (vgl. Beschlüsse vom 24. März 1972 - 2 StR 413/71, aaO; vom 1. August 1975 - 3 StR 212/75, BeckRS 1975, 00206; vom 26. Juli 1977 - 1 StR 317/77, bei Holtz, MDR 1977, 982; ähnlich Urteil vom 21. September 1971 - 5 StR 410/71, bei Dallinger, MDR 1972, 16; Beschluss vom 14. Oktober 1980 - 1 StR 498/80, BeckRS 1980, 02962).
25
In den Folgejahren präzisierte und verschärfte der Bundesgerichtshof die Anforderungen an das vorhersehbar die Neigung zu Straftaten begründende deliktische Vorverhalten, allerdings mit Unterschieden im Detail (vgl. Urteile vom 30. Oktober 1986 - 4 StR 501/86, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 3; vom 6. Mai 1993 - 1 StR 136/93, NJW 1993, 2544, 2545; Beschlüsse vom 28. Oktober 1985 - 3 StR 189/85, NStZ 1986, 114, 115; vom 13. Juni 1986 - 2 StR 276/86, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 14; vom 7. September 1989 - 4 StR 433/89, BGHR StGB § 21 Vorverschulden 1; vom 7. Januar 2003 - 4 StR 490/02, NStZ-RR 2003, 136, 137; ferner Urteile vom 6. März 1986 - 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 33; vom 29. April 1997 - 1 StR 511/95, BGHSt 43, 66, 78; Beschlüsse vom 25. Januar 1991 - 5 StR 600/90, BGHR StGB § 177 Abs. 2 Strafrahmenwahl 7; vom 16. Februar 1993 - 5 StR 675/92, StV 1993, 355 f.).
26
cc) Mit Urteil vom 27. März 2003 (3 StR 435/02, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31) erklärte der 3. Strafsenat, er wolle an dieser Rechtsprechung nicht mehr festhalten. Er führte - nicht tragend - aus, dass eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB in der Regel nicht in Betracht komme, wenn die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf verschuldeter Trunkenheit beruhe. Insbesondere sei eine vorangegangene Straffälligkeit des Täters unter Alkoholeinfluss in einem Ausmaß, dass dieser damit rechnen könne, unter Alkoholeinfluss ein der Anlasstat vergleichbares Delikt zu begehen, nicht erforderlich.
27
dd) Der 1. und der 2. Strafsenat äußerten sich zunächst dem Grunde nach aufgeschlossen gegenüber einer Rechtsprechungsänderung (vgl. Urteile vom 9. Juli 2003 - 2 StR 106/03, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 32; vom 16. September 2004 - 1 StR 233/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 36; vom 19. Oktober 2004 - 1 StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37; offen gelassen in den Beschlüssen vom 5. August 2003 - 1 StR 302/03, bei Schäfer, JR 2004, 425 f.; vom 10. September 2003 - 2 StR 304/03, bei Schäfer aaO, S. 426). Soweit es in der Folgezeit entscheidungserheblich darauf ankam, folgten sie allerdings mit leichten Abwandlungen der zuvor entwickelten Ansicht (1. Strafsenat: Beschluss vom 25. März 2014 - 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238, 239; vgl. ferner Beschlüsse vom 23. April 2013 - 1 StR 105/13, juris Rn. 9; vom 10. November 2016 - 1 StR 501/16, juris Rn. 4; 2. Strafsenat: Urteile vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40; vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, juris Rn. 24).
28
ee) Der 5. Strafsenat pflichtete in einer ausführlich begründeten Grundsatzentscheidung (Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239) dem Anliegen des 3. Strafsenats, zu einer Änderung der Rechtsprechung zu gelangen, prinzipiell bei. In der Sache entschied er sodann dahin, für die Ablehnung der Strafrahmenmilderung sei zwar nicht erforderlich, dass der Täter schon einmal unter Alkoholeinfluss vergleichbare Straftaten begangen habe. Auch müsse das Vorverhalten nicht zu Vorstrafen oder einem Strafverfahren geführt haben. Die generelle Steigerung des Risikos der Begehung strafbarer Handlungen nach Alkoholgenuss reiche aber für sich allein nicht aus, um den Schuldgehalt der Tat zu erhöhen und schon deshalb die regelmäßige Ablehnung einer Strafrahmenverschiebung bei selbstverschuldeter Trunkenheit zu rechtfertigen. Diese komme vielmehr nur in Betracht, "wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht" habe (vgl. im Einzelnen auch Urteile vom 11. Juni 2008 - 5 StR 612/07, NStZ 2008, 619, 620; vom 29. Oktober 2008 - 5 StR 456/08, NStZ 2009, 202, 203; vom 7. Mai 2009 - 5 StR 64/09, NStZ 2009, 496, 497; Beschlüsse vom 13. Januar 2010 - 5 StR 510/09, NStZ-RR 2010, 234, 235; vom 10. März 2010 - 5 StR 62/10, juris Rn. 10; Urteil vom 1. Dezember 2011 - 5 StR 360/11, juris Rn. 26).
29
ff) Der 4. Strafsenat schloss sich der Rechtsprechung des 5. Strafsenats an und verneinte in Fällen, in denen der Angeklagte bislang niemals unter Alkoholeinfluss aggressiv (Urteil vom 15. Dezember 2005 - 4 StR 314/05, NStZ 2006, 274, 275) bzw. nicht wegen eines Gewaltdelikts verurteilt war (Urteil vom 23. Februar 2006 - 4 StR 444/05, NStZ-RR 2006, 185, 186), eine signifikante Risikoerhöhung.
30
gg) Der 3. Strafsenat war nach seiner Entscheidung vom 27. März 2003 nur mit Fallgestaltungen befasst, in denen die zur erheblich verminderten Schuldfähigkeit führende Trunkenheit vom Angeklagten jeweils nicht oder nur eingeschränkt verschuldet war (vgl. Urteil vom 12. Juni 2008 - 3 StR 84/08, NStZ 2009, 258 f.; Beschlüsse vom 16. Januar 2008 - 3 StR 479/07, NStZ 2008, 330; vom 2. August 2012 - 3 StR 216/12, NStZ 2012, 687, 688).
31
b) Im Schrifttum stieß die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , insbesondere die Entscheidung des 5. Strafsenats vom 17. August 2004, überwiegend auf eine positive Resonanz (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 21 Rn. 25, 25b; SSW-StGB/Kaspar, 3. Aufl., § 21 Rn. 28; Matt/Renzikowski/Safferling, StGB, § 21 Rn. 22; Schäfer/Sander/van Gemmeren , Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 1016 ff.; LK/Schöch, StGB, 12. Aufl., § 21 Rn. 52, 54 f. mwN; noch weitergehend - Anwendung der Grundsätze der actio libera in causa - SK-StGB/Rudolphi, 38. Lfg., § 21 Rn. 4b; S/S-Perron/Weißer, StGB, 29. Aufl., § 21 Rn. 21; NK-StGB/Schild, 4. Aufl., § 21 Rn. 18; MüKoStGB/Streng, 3. Aufl., § 21 Rn. 26; vgl. auch AnwK-StGB/Conen, 2. Aufl., § 21 Rn. 41, 43). Die Entscheidung des 3. Strafsenats vom 27. März 2003 erfuhr dagegen nur vereinzelt Zustimmung (vgl. Foth, NStZ 2003, 597 sowie - tendenziell - Detter, NStZ 2003, 471, 472), ganz überwiegend aber Widerspruch :
32
Die Berufung auf die Intentionen des historischen Gesetzgebers sei nicht zulässig, da diese gerade nicht zum Inhalt der Norm geworden seien (vgl. Baier , JA 2004, 104, 106; Neumann, StV 2003, 527, 528; Rau, JR 2004, 401, 405; Scheffler, Blutalkohol 2003, 449). Dem Willen des historischen Gesetzgebers des Jahres 1933 könne heute ohnedies keine entscheidende Bedeutung zukommen , weil er die Versagung der Strafrahmenmilderung als kriminalpolitisch motivierte Ausnahme von dem Grundsatz einer schuldangemessenen Bestrafung verstanden habe, die unter der Geltung des Grundgesetzes nicht mehr in Betracht komme (vgl. Frister, JZ 2003, 1019; Verrel/Hoppe, JuS 2005, 308,

310).


33
Die durch die Trunkenheit bewirkte Reduzierung der Schuld, die in der Strafrahmenverschiebung zum Ausdruck komme, könne im Bereich der schweren Kriminalität allein durch das selbstverantwortliche Sich-Berauschen nicht ausgeglichen werden. Da nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB der Strafrahmen proportional zur Höchst- und Mindeststrafe herabgesetzt werde, gehe das Gesetz nämlich davon aus, dass sich das wegen der erheblich verminderten Schuldfähigkeit abzuziehende "Schuldquantum" entsprechend der Schwere des Delikts vergrößere (vgl. Frister aaO, S. 1019 f.; Neumann aaO, S. 530 f.).
34
Das Spannungsverhältnis zu § 323a StGB sei gesetzlich angelegt in den streng voneinander zu unterscheidenden Bezugspunkten des strafrechtlichen Vorwurfs, dem Sich-Berauschen einerseits und der Straftat andererseits (vgl. Duensing, StraFo 2005, 15, 22; Rau aaO, S. 404). Es könne im Bereich der mittleren Kriminalität dadurch aufgelöst werden, dass die Strafe wegen Vollrausches durch den nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen der Rauschtat nach oben begrenzt werde (vgl. Baier aaO; Neumann aaO, S. 529). Des Weiteren wurde es teilweise für notwendig erachtet, zur Angleichung auch bei § 323a StGB vorauszusetzen, dass der Täter seine Rauschtat vorhersehen können müsse; die Deutung des Vollrauschtatbestandes als abstraktes Gefährdungsdelikt und damit der Rauschtat als objektive Bedingung der Strafbarkeit verstoße gegen das Schuldprinzip und sei mithin nicht haltbar (vgl. Neumann aaO, S. 530; Scheffler aaO, S. 450; Streng, NJW 2003, 2963, 2965).
35
Schließlich könne die Sondervorschrift des § 7 WStG nicht als Argument für die Versagung einer Strafrahmenmilderung dienen; denn sie sei allein den Besonderheiten des Wehrstrafrechts geschuldet und daher nicht verallgemeinerungsfähig (vgl. Baier aaO, S. 107; Duensing aaO; Rau aaO, S. 404; Streng aaO, S. 2964; Verrel/Hoppe aaO, S. 310 f.). Die Vorschrift sei ihrerseits - bei wortlautgetreuer Anwendung - nicht mit dem Grundsatz schuldangemessenen Strafens zu vereinbaren (vgl. Frister aaO, S. 1020; Neumann aaO, S. 530).
36
2. Den bisher vertretenen Auffassungen ist somit gemein, dass sie - sei es in Form einer Regelvermutung, sei es für bestimmte Gesichtspunkte - weitgehende inhaltliche Vorgaben für die Beantwortung der Frage machen, unter welchen Voraussetzungen eine Strafrahmenmilderung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen ist bzw. zu unterbleiben hat. Sie werden damit dem Umstand, dass die betreffende Entscheidung nach den gesetzlichen Vorgaben im pflichtgemäßen Ermessen der Tatgerichte steht, nicht in ausreichendem Maße gerecht. Dessen eingedenk sind für die Beantwortung der Vorlegungsfrage folgende Erwägungen maßgebend:
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Die tatgerichtliche Ermessensentscheidung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ist vom Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbar. Bei Anwendung der insoweit geltenden Maßstäbe ist das Absehen von der Strafmilderung nicht allein deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Tatgericht im Rahmen der vorzuneh- menden Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände maßgeblich darauf abgestellt hat, dass der Angeklagte die Trunkenheit selbst verschuldete; dies gilt auch, wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse nicht festgestellt ist. Denn das selbstverschuldete Sich-Betrinken stellt einen schulderhöhenden Umstand dar, der bereits für sich genommen die aufgrund der erheblichen Verminderung der Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, herabgesetzte Tatschuld kompensieren kann. Dies folgt insbesondere aus den allgemein bekannten Folgen des Alkoholkonsums sowie seiner Bewertung im sonstigen Bereich der Strafzumessung, einem Vergleich zum Regelungsgehalt der § 323a StGB, § 122 OWiG und steht mit dem Willen des Gesetzgebers in Einklang. Im Einzelnen :
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a) Bei § 21 StGB handelt es sich um einen Schuldminderungsgrund, an den eine Strafzumessungsregel anknüpft (h.M., vgl. LK/Schöch, StGB, 12. Aufl., § 21 Rn. 1 mwN; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 21 Rn. 2; S/SPerron /Weißer, StGB, 29. Aufl., § 21 Rn. 1; SSW-StGB/Kaspar, 3. Aufl., § 21 Rn. 1; Duensing, StraFo 2005, 15, 18, 21 mwN; Schnarr, Alkohol als Strafmilderungsgrund , in: Hettinger, Reform des Sanktionenrechts, 2001, S. 40; aA - Strafzumessungsgrund: Foth, NStZ 2003, 597 ff.; BeckOK-StGB/Eschelbach, 33. Ed., Einl. zu § 21). Der vermindert schuldfähige Täter ist für seine Tat verantwortlich und wird deshalb für sie bestraft. Mit der Möglichkeit der Strafmilderung trägt § 21 StGB indes der Tatsache Rechnung, dass normabweichende psychologische Zustandsbilder es einem Schuldfähigen erheblich schwerer machen können, sich normgerecht zu verhalten (vgl. LK/Schöch, aaO, § 21 Rn. 1 mwN; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 21 Rn. 1; S/S-Perron/Weißer, aaO, § 21 Rn. 1; Fischer, aaO, § 21 Rn. 2), weswegen die vom Gesetz für den Regelfall vorgesehene Strafe möglicherweise das schuldangemessene Strafmaß übersteigt.
39
Der Schuldgehalt der Tat bestimmt sich allerdings nicht allein nach dem Grad der Schuldfähigkeit des Täters, sondern nach den gesamten für die Tatschuld relevanten Umständen des Einzelfalls. Es ist möglich, dass die Tat trotz verminderter Schuldfähigkeit des Täters ihrem Schuldgehalt nach immer noch schwerer wiegt als der denkbar leichteste Regelfall, der dem Gesetzgeber bei der Bestimmung der Regelstrafdrohung eines Delikts vorgeschwebt hat. Dem trägt die Vorschrift des § 21 StGB Rechnung, indem sie lediglich eine fakultative Strafmilderung vorsieht (vgl. BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Die von Teilen der Literatur vertretene Gegenauffassung, nach der eine Versagung der Strafrahmenverschiebung das Schuldprinzip missachte und § 21 StGB deshalb - entgegen dem Gesetzeswortlaut - in eine zwingend anzuwendende Milderungsvorschrift umgedeutet werden müsse (vgl. S/S-Perron/Weißer, aaO, § 21 Rn. 19, 21; Maurach-Zipf, Strafrecht AT, 5. Aufl., 1977, Teilbd. 1, S. 529; Schmidhäuser, Strafrecht AT, 2. Aufl., 1975, S. 778 Fn. 23; Stratenwerth, Strafrecht AT Bd. I, 2. Aufl., 1976, S. 165; Lenckner, in Göppinger/Witter, Handbuch der forensischen Psychiatrie, 1972, Bd. I, S. 129 ff.; Jacobs, Strafrecht AT, 2. Aufl., 1991, 18. Abschn. Rn. 33; Rautenberg, Verminderte Schuldfähigkeit, S. 180 ff.), überzeugt vor diesem Hintergrund nicht. Denn die verminderte Schuldfähigkeit verringert die Tatschuld nicht in allen Fällen so stark, dass der weniger gewichtige Schuldgehalt im Normalstrafrahmen nicht zutreffend erfasst werden kann (LK/Schöch, aaO, § 21 Rn. 40; vgl. auch Schnarr, aaO, S. 1, 66 ff.).
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b) Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB entscheidet das Tatgericht nach seinem pflichtgemäßen Ermes- sen auf Grund einer Gesamtwürdigung der im Einzelfall bedeutsamen Umstände. Dabei folgt aus dem für die Regelung des § 21 StGB wesentlichen Schuldprinzip auch, dass die tatgerichtliche Ermessensentscheidung, ob eine Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen oder zu versagen ist, nach dem Schuldgehalt der Tat, also unter Berücksichtigung aller schuldrelevanten Umstände des Einzelfalls, zu treffen ist (vgl. BGH, Urteile vom 10. November 1954 - 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30 f.; vom 11. Juni 2008 - 5 StR 612/07, NStZ 2008, 619, 620, und vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, aaO, 40, 42; Beschlüsse vom 4. September 1992 - 2 StR 380/92, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 24; vom 7. Januar 2003 - 4 StR 490/02, NStZRR 2003, 136; vom 23. Juni 2010 - 2 StR 222/10, NStZ-RR 2010, 336; vom 7. September 2015 - 2 StR 350/15, aaO). Diese in ständiger Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof vertretene Auffassung wird in der Literatur überwiegend geteilt (vgl. insb. LK/Schöch, aaO, § 21 Rn. 1 mwN; LK/Jähnke, StGB, 11. Aufl., § 21 Rn. 18; MüKo/StGB/Streng, 3. Aufl., § 21 Rn. 20 ff.; Fischer, aaO, § 21 Rn. 20; SSW-StGB/Kaspar, aaO, § 21 Rn. 16 ff.; Roxin, Strafrecht AT, Bd. I, 4. Aufl., 2006, § 20 Rn. 41; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts , Allgemeiner Teil, 5. Aufl., 1996, S. 443 f.; Bruns, Strafzumessungsrecht, 2. Aufl., 1974, S. 524 ff.). Auch nach dem Standpunkt des Bundesverfassungsgerichts verstößt die Versagung der Milderung trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 StGB selbst bei Anwendung der lebenslangen Freiheitsstrafe nicht gegen das Schuldprinzip, wenn die Strafe wegen beträchtlich schulderhöhender Umstände verhältnismäßig ist (BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1978 - 1 BvR 983/78, BVerfGE 50, 5). Demgegenüber dürfen schuldindifferente Faktoren, insbesondere Präventionserwägungen, bei der Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nicht berücksichtigt werden (MüKo/StGB/Streng, aaO, § 21 Rn. 21; LK/Schöch, aaO, § 21 Rn. 44; NK-StGB/Schild, 4. Aufl., § 21 Rn. 30; SSW-StGB/Kaspar, aaO; Roxin, aaO, § 20 Rn. 39). Deshalb könnten Überlegungen, die etwa an die "sittliche Schuld" der Selbstintoxikation anknüpfen (vgl. Rautenberg, DtZ 1997, 45, 47) oder generalpräventiv das Bewusstsein der Rechtsgemeinschaft von der Gefährlichkeit des Alkoholkonsums stärken sollen, eine Versagung der Strafrahmenmilderung von vornherein nicht tragen (vgl. MüKo/StGB/Streng, aaO, § 21 Rn. 21 mwN).
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c) Von diesen Maßgaben ausgehend ist es Aufgabe des Tatgerichts, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen ent- und belastenden Umstände festzustellen, einer wertenden Betrachtung zu unterziehen und gegeneinander abzuwägen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2016 - 4 ARs 16/15, NStZ-RR 2016, 305 mwN). Welchen Umständen es bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (vgl. BGH, Urteile vom 2. August 2012 - 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336 f.; vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, juris Rn. 23). Ihm steht dabei ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. BGH, Urteile vom 19. Oktober 2004 - 1 StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37; vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05, aaO; vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, aaO). Die Wertungen des Tatgerichts, insbesondere die Gewichtung der für und gegen eine Strafrahmenverschiebung sprechenden Umstände des Einzelfalls , sind in der Revisionsinstanz allein auf Rechtsfehler zu überprüfen. Hat es die für die Beurteilung wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend ermittelt und berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, aaO, S. 241), so kann das Revisionsgericht nur beanstanden, dass es gesetzlich vorgegebene Wertungsmaßstäbe missachtet oder eine gerechtem Schuldausgleich nicht mehr entsprechende Strafe verhängt hat.

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d) Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist im Rahmen der Ermessensausübung im Ausgangspunkt Bedacht darauf zu nehmen, dass auf Grund der erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit der Schuldgehalt der Tat in aller Regel verringert ist (BGH, Urteile vom 10. November 1954 - 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30; vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, aaO Rn. 24; Beschluss vom 7. September 2015 - 2 StR 350/15, juris Rn. 4). Um dem Prinzip zu genügen , dass die Strafe das Maß der Schuld nicht überschreiten darf, erfordert die Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB schulderhöhende Umstände, die diese Schuldminderung kompensieren (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 - 1 ARs 21/15 mwN; Roxin, aaO, § 20 Rn. 37 ff.; Salger/Mutzbauer, NStZ 1993, 561, 562). Es ist im Grundsatz anerkannt und wird auch durch den vorlegenden Senat nicht in Zweifel gezogen (vgl. Vorlegungsbeschluss Rn. 29 ff.), dass sich die auf einer Gesamtabwägung beruhende Ermessensentscheidung des Tatgerichts an diesem Kompensationsgedanken auszurichten hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, aaO; vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05, aaO; vom 26. Mai 2004 - 2 StR 386/03, NStZ 2004, 619; MüKo/StGB/Streng, aaO, § 21 Rn. 22; SSW-StGB/Kaspar, aaO, § 21 Rn. 28; Fischer, aaO, § 21 Rn. 18; jeweils mwN). Das Ausmaß der fakultativen Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB lässt dabei erkennen, dass der Gesetzgeber die Tatschuld als typischerweise beträchtlich verringert ansieht, wenn der Täter vermindert schuldfähig war. Hieraus folgt, dass es für die Verweigerung der Milderung eines besonderen Grundes bedarf, der umso gewichtiger sein muss, je gravierender sich die Beibehaltung des Regelstrafrahmens auswirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. September 1992 - 2 StR 380/92, aaO; vom 25. Oktober 1989 - 2 StR 350/89, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 18 mwN; LK/Jähnke, StGB, 11. Aufl., § 21 Rn. 19; SSW-StGB/Kaspar, aaO, § 21 Rn. 18).
Dies führt jedoch nicht dazu, dass die tatgerichtliche Ermessensent43 scheidung über die Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ohne Weiteres dann als rechtsfehlerhaft zu bewerten ist, wenn das Tatgericht von der Strafmilderung maßgeblich deshalb absieht, weil der Angeklagte die Trunkenheit selbst verschuldete. Denn das selbstverantwortliche SichBetrinken des Täters vor der Tat stellt für sich allein einen schulderhöhenden Umstand dar, der im Rahmen der Ermessensausübung nach § 21 StGB regelmäßig Berücksichtigung finden darf, ohne dass dies von einzelfallbezogenen Feststellungen dazu abhängig ist, ob sich auf Grund der jeweiligen persönlichen oder situativen Verhältnisse das Risiko der Begehung von Straftaten infolge der Alkoholisierung (für den Täter) vorhersehbar signifikant erhöht hatte.
44
aa) Dass bereits allein das selbstverantwortliche Sich-Betrinken des Täters vor der Tat einen schulderhöhenden Umstand darstellt, ergibt sich aus Folgendem :
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(1) Durch den Alkoholmissbrauch versetzt sich der Sich-Betrinkende in einen Zustand, der durch Enthemmung (vgl. BGH, Urteile vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05, aaO; vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, aaO, Rn. 24 [Senkung der Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligem und aggressivem Verhalten]), Verminderung von Einsichts- und Urteilsvermögen sowie Verschlechterung von Körperbeherrschung und Reaktionsfähigkeit gekennzeichnet ist. Davon, dass Alkoholkonsum eine solche enthemmende Wirkung hat, geht auch § 21 StGB aus; andernfalls könnte die akute Alkoholintoxikation nicht als krankhafte seelische Störung zu einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit führen. Mit der Intoxikation treten hirnorganische Veränderungen ein, die einerseits z.B. erhöhte Reizoffenheit und Antriebssteigerung bedingen und auf diesem Wege aggressionsbahnende Effekte haben können (vgl. Konrad/Rasch, aaO, S. 121; Nedopil/Müller, Forensische Psychiatrie, 4. Aufl., S. 148 f.; Schalast/Leygraf, in: F. Schneider/Frister [Hrsg.] Alkohol und Schuldfähigkeit S. 182 f.); andererseits können Benommenheit und Müdigkeit auftreten. Mit der Herabsetzung der geistigen und körperlichen Kräfte kann jedenfalls ein trügerisches Gefühl erhaltener oder gar gesteigerter Leistungsfähigkeit einhergehen. Dieser Zustand bedingt eine erhöhte Gefährlichkeit des Berauschten, der sich gegenüber seiner Umwelt häufig in ihm sonst wesensfremder Weise verhält (vgl. BGH, Urteile vom 2. Mai 1961 - 1 StR 139/61, BGHSt 16, 124, 125; vom 22. August 1996 - 4 StR 217/96, BGHSt 42, 235, 243; vom 27. März 2003 - 3 StR 435/02, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Daneben belegen statistische Daten (vgl. etwa Polizeiliche Kriminalstatistik, Jahrbuch 2015, S. 161) und zahlreiche wissenschaftliche Studien jedenfalls, dass insbesondere Alkoholkonsum und Gewalt oft gemeinsam auftreten (vgl. etwa die Übersicht bei Görgen/Nowak, Alkohol und Gewalt, S. 5 ff.).
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Vor diesem Hintergrund haben weite Teile der Rechtsprechung - darunter alle Strafsenate des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa BGH, Urteile vom 7. Mai 1957 - 5 StR 127/57, BGHSt 10, 247, 251; vom 2. Mai 1961 - 1 StR 139/61, BGHSt 16, 124, 125; vom 22. August 1996 - 4 StR 217/96, BGHSt 42, 235, 242; vom 27. März 2003 - 3 StR 435/02, aaO; vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, aaO, S. 242; vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05, aaO; vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15, aaO Rn. 24 ff.; Beschluss vom 6. November 1996 - 5 ARs 59/96, NStZ-RR 1997, 163, 165) - und strafrechtlichen Literatur (vgl. etwa Foth, DRiZ 1990, 417, 419 f.; Schnarr, aaO, S. 83 f.; Rautenberg, DtZ 1997, 45; Schäfer, DRiZ 1996, 196; Lackner, JuS 1968, 215, 218 f.) als allgemeinkundigen Erfahrungssatz gefolgert, eine alkoholische Berauschung erhöhe generell das Risiko strafbaren Verhaltens, insbesondere im Bereich der Gewalt- und Sexualdelikte. Allerdings wird in der Rechtsprechung auch gese- hen, dass es trotz verbreiteten hohen Alkoholkonsums "nur in einem Bruchteil der Fälle erheblicher Alkoholisierung zu einer rechtswidrigen Tat" kommt (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, aaO, S. 242).
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In der Wissenschaft herrscht bei anhaltender Forschung mittlerweile eine gewisse Einigkeit darüber, dass alkoholassoziierte Gewaltkriminalität auf einer komplexen Interaktion verschiedener biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren beruht (vgl. Proescholdt/Walter/Wiesbeck, FortschrNeurolPsychiatr 2012, 441 f., 447; Görgen/Nowak, aaO, S. 22; Konrad/Rasch, aaO, S. 120; Schalast/Leygraf, aaO). Ob der Rausch zu deliktischem Verhalten führt, hängt zudem nicht allein von dem Sich-Betrinkenden ab, namentlich dessen Prädispositionen in der Persönlichkeit, sondern auch von häufig gleichsam zufälligen situativen Umständen (vgl. schon BGH, Urteil vom 29. Oktober 1957 - 5 StR 483/57, JR 1958, 28; Lackner, JuS 1968, 215, 218 f.; vgl. auch Nedopil /Müller, aaO, S. 154; Proescholdt/Walter/Wiesbeck, aaO, 441, 445). Die vorhandenen Befunde sowie die hohe Komorbidität von antisozialer Persönlichkeitsstörung und Substanzmissbrauch relativieren somit zwar die Vorstellung einer direkten kriminogenen Wirkung von Alkohol (vgl. Schalast/Leygraf, aaO), beseitigen sie jedoch nicht. Die Wirkungen starken Alkoholgenusses sind nicht sicher vorauszuberechnen (vgl. BGH, Urteile vom 12. April 1951 - 4 StR 78/50, BGHSt 1, 124, 126; vom 27. März 2003 - 3 StR 435/02, aaO).
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Das so beschriebene dem Alkoholkonsum selbst innewohnende Risiko zählt zum Allgemeinwissen. Es ist selbst Menschen von geringer Lebenserfahrung in aller Regel bekannt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 1957 - 5 StR 127/57, BGHSt 10, 247, 251). Jedermann weiß oder kann zumindest wissen, dass er mit seiner Trunkenheit "das Tor für unbestimmtes rechtliches Versagen (vor allem) gegenüber unerwartet auftretenden Anforderungen öffnet" (Lackner aaO, S. 220; ebenso Schnarr aaO, S. 83). Der Alkoholkonsum stellt somit für jedermann erkennbar eine abstrakte Gefahr für strafrechtlich geschützte Rechtsgüter dar, die sich, falls der Sich-Betrinkende eine rechtswidrige Tat begeht, in der konkreten Rechtsgutsgefährdung oder Rechtsgutsverletzung realisiert (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2003 - 3 StR 435/02, aaO). Geht jemand dieses allgemeinkundige Risiko einer Alkoholintoxikation vorwerfbar ein, sind bereits allein dadurch das Handlungsunrecht seiner im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangenen Tat sowie die Tatschuld signifikant erhöht. Das gilt nicht zuletzt im Verhältnis zu demjenigen Täter, der etwa aufgrund eines neurologischen oder hirnorganischen Defekts in einem nicht vorwerfbaren Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit handelt.
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(2) Hiermit ist die Ansicht, die Schuldrelevanz sei bereits dem Grunde nach davon abhängig, inwieweit der Täter infolge persönlicher Vorerfahrungen oder situativer Umstände einen - zusätzlichen - Anhalt für die Gefahr eigenen deliktischen Verhaltens hat, nicht vereinbar. Derartige Gesichtspunkte sind zwar geeignet, das Maß der Schuld zu beeinflussen; sie sind indessen nicht konstitutiv für deren Begründung. Hiergegen lässt sich nicht mit Erfolg einwenden , eine Schulderhöhung setze wenigstens Fahrlässigkeit in Bezug auf die Straftat als geringste Schuldform und damit die objektive und subjektive Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit der Tat während des Sich-Berauschens voraus. Dieser Gesichtspunkt würde, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, im Ergebnis einen eigenständigen Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen dem Sich-Berauschen und dem konkreten tatbestandlichen Unrecht im Sinne eines originären Fahrlässigkeitsvorwurfs konstituieren. Dies stünde im Widerspruch zu der fortbestehenden strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Täters, der die Straftat im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begeht. Die schuldrelevante Berücksichtigung eines nicht im gesetzlichen Tatbestand normierten Umstands setzt jedoch allein voraus, dass dieser vom Täter mit der Folge seiner Zurechenbarkeit zu verantworten ist. Dies zeigt sich etwa in der Regelung des § 46 Abs. 2 StGB, der zahlreiche Strafzumessungstatsachen benennt, die nicht mit dem strafbarkeitsbegründenden Handeln selbst in einem Beziehungszusammenhang stehen müssen. Hinzu kommt, dass die genannte Auffassung den Betrachtungswinkel auf die enthemmende und hierdurch teilweise aggressionsfördernde Wirkung des Alkohols einschränkt. Damit lässt sie einen wesentlichen Teil rauschbedingter Gefahrenquellen , insbesondere die herabgesetzte Beherrschung körperlicher und geistiger Kräfte, außer Betracht. Diese hindert den Betrunkenen vielfach, den ihm obliegenden Sorgfaltspflichten ordnungsgemäß nachzukommen, was sich in einer Vielzahl denkbarer strafrechtlich relevanter Verfehlungen niederschlagen kann (vgl. schon Begründung zu § 351 StGB im Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1960 [E 60], BT-Drucks. III/2150 S. 498 und im Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1962 [E 62], BT-Drucks. IV/650 S. 537).
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(3) Damit steht im Einklang, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne die Berücksichtigung der verschuldeten Trunkenheit für sich als schuldrelevantes Merkmal zulässig ist, ohne dass dies von einer darüber hinausgehenden subjektiven Beziehung zu der später begangenen Tat abhängig ist. Wendet das Tatgericht etwa wegen alkoholbedingter erheblich verminderter Schuldfähigkeit des Täters den nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen an, darf es nach allgemeiner Meinung bei der Straffindung innerhalb dieses Strafrahmens in die Abwägung strafschärfend den Umstand mit einbeziehen, dass der Täter den Zustand schuldhaft herbeigeführt hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 1976 - 2 StR 101/76, BGHSt 26, 311, 312; ferner BGH, Urteile vom 21. Juli 1984 - 1 StR 330/84, NStZ 1984, 548; vom 9. Februar 2000 - 3 StR 392/99, NStZ-RR 2000, 166, 168; Beschluss vom 2. Juli 1985 - 1 StR 280/85, NJW 1986, 793, 794; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 1127; Schnarr in Hettinger [Hrsg.], Reform des Sanktionenrechts, 2001, Bd. 1, S. 1, 43; S/S-Stree/Kinzig, StGB, 29. Aufl., § 46 Rn. 49). In diesem Zusammenhang ist - soweit ersichtlich - die Forderung, die verschuldete Trunkenheit dürfe - als Grundlage für einen gerechten Schuldausgleich (§ 46 Abs. 1 Satz 1 StGB) - nur gewürdigt werden, wenn eine für den Täter vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten auf Grund der persönlichen und situativen Verhältnisse des Einzelfalls festgestellt ist, noch nicht erhoben worden. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass insoweit berücksichtigungsfähige Präventionszwecke (s. § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB) bemüht würden.
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(4) Dass es sich bei dem selbstverantwortlichen Sich-Betrinken um ein tatschuldrelevantes Merkmal handelt, entspricht im Übrigen den den Regelungen des § 323a StGB und des § 122 OWiG zugrundeliegenden Wertungen. Die Vorschriften lassen Rückschlüsse auf die vom Gesetzgeber vorgenommene Beurteilung zu, dass es sich bei dem schuldhaft herbeigeführten Rausch nicht um eine sozialadäquate, wertneutrale Erscheinung handelt, sondern dass ihm als offenkundigem Gefahrenherd ein Unwert anhaftet, der geeignet ist, das Ob und das Wie strafrechtlicher Sanktionen zu bestimmen:
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Im Hinblick auf die allgemeine Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit des schwer Berauschten hat der Gesetzgeber das Sich-in-einen-Rausch-Versetzen in § 323a StGB und § 122 OWiG als ein selbständiges, rechtlich fassbares sanktionswürdiges Unrecht tatbestandlich normiert. Er hat lediglich die Ahndung des schuldhaften Sich-Berauschens durch die Einfügung einer objektiven Bedingung der Strafbarkeit bzw. der Bußgeldbewehrung dahin eingeschränkt, dass ein "folgenloser" Rausch keine Sanktion nach sich ziehen soll. Demgegenüber wird derjenige wegen der Berauschung mit Strafe oder Geldbuße sanktioniert, der in diesem Zustand in rechtswidriger Weise einen Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestand verwirklicht und hierfür nicht bestraft oder mit Geldbuße belegt werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war bzw. nicht vorwerfbar gehandelt hat oder dies zumindest nicht auszuschließen ist (vgl. BGH, Urteile vom 12. April 1951 - 4 StR 78/50, BGHSt 1, 124, 125; vom 2. Mai 1961 - 1 StR 139/61, BGHSt 16, 124, 125 f.; vom 1. Juni 1962 - 4 StR 88/62, BGHSt 17, 333, 334; vom 26. Oktober 1965 - 1 StR 394/65, BGHSt 20, 284, 285; vom 22. August 1996 - 4 StR 217/96, BGHSt 42, 235, 242 f.; Beschlüsse vom 18. August 1983 - 4 StR 142/82, BGHSt 32, 48, 55 f.; vom 17. Oktober 1991 - 4 StR 465/91, BGHR StGB § 323a Abs. 2 Strafzumessung 5; KK/Rengier, OWiG, 4. Aufl., § 122 Rn. 8 mwN).
53
Vor diesem Hintergrund erklärt sich zwanglos, dass der Gesetzgeber das Sich-Berauschen im Grundsatz als Unrecht bewertet, die Straf- oder Ahndbarkeit indes davon abhängig gemacht hat, ob bzw. in welchem Umfang sich die für die Rechtsgüter Dritter oder die Allgemeinheit gesteigerte Gefahr, die von einem Berauschten ausgeht, tatsächlich in einer konkreten rechtswidrigen Tat niedergeschlagen hat. Weder für die Straftat nach § 323a StGB noch für die Ordnungswidrigkeit nach § 122 OWiG ist indes vorausgesetzt, dass sich der Täter im Zeitpunkt des Sich-Berauschens bewusst war oder hätte bewusst sein können, dass er im Rausch zur Begehung von Straftaten oder ordnungswidrigem Verhalten neige (vgl. BGH, Urteile vom 12. April 1951 - 4 StR 78/50, BGHSt 1, 124, 125; vom 23. November 1951 - 2 StR 491/51, BGHSt 2, 14, 18; vom 2. Mai 1961 - 1 StR 139/61, BGHSt 16, 124, 127; Beschlüsse vom 15. Oktober 1956 - GSSt 2/56, BGHSt 9, 390, 394; vom 17. Oktober 1991 - 4 StR 465/91, BGHR StGB § 323a Abs. 2 Strafzumessung 5; Bohnert/Krenberger/Krumm, OWiG, 4. Aufl., § 122 Rn. 2, 14; Göhler/Gürtler, OWiG, 16. Aufl., § 122 Rn. 7a; KK/Rengier, aaO, Rn. 25; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 323a Rn. 14 mwN; s. aber auch zu vielen abweichenden Stimmen in der Literatur MüKoStGB/Geisler, 2. Aufl., § 323a Rn. 57 ff. mwN).
54
Die in den § 323a StGB, § 122 OWiG enthaltene Wertung ist schließlich nicht darauf zu reduzieren, dass einem Rausch nur dann strafrechtlich erhebliches Unrecht innewohnt, wenn er zumindest nicht ausschließbar zur völligen Aufhebung der Steuerungsfähigkeit führt (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, aaO, S. 252). Der hierauf begrenzte Anwendungsbereich der genannten Normen ist nicht Ausdruck eines nur beschränkten Straf- und Regelungsbedürfnisses. Denn die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines nur erheblich vermindert schuldfähigen Täters besteht fort. Hieraus folgt, dass es insoweit einer gesonderten tatbestandlichen Erfassung des dem vorwerfbaren Rausch innewohnenden Unwerts nicht bedarf.
55
bb) Die hiesige Lösung steht im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers. Dieser hat die Entscheidung über die Strafmilderung bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit gerade mit Blick auf die verschuldete Trunkenheit dem tatrichterlichen Ermessen überantwortet. Im Einzelnen:
56
Der "Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuches" von 1927 (vgl. Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger vom 27. November 1933; Rautenberg, DtZ 1997, 45, 47) hatte den zwingenden Ausschluss der Strafmilderung bei verschuldeter Trunkenheit mit demHinweis auf das Schuldprinzip abgelehnt und stattdessen erstmals eine "Kann"-Vorschrift vorgesehen. Zu der mit einer solchen Regelung verfolgten Intention äußerte sich die Begründung des Entwurfs dahin, dass er es "dem richterlichen Ermessen (überlässt), zu entscheiden, ob und inwieweit eine selbstverschulde- te Trunkenheit, die die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließt, als strafmildernd zu berücksichtigen ist" (Reichstagsdrucksache, III. Wahlperiode 1924/27, Nr. 3390, Begründung S. 15; abgedruckt in Schubert/Regge/Rieß/Schmid [Hrsg.], Quellen zur Reform des Straf- und Strafprozeßrechts, I. Abt.: Weimarer Republik, Bd. 1, 1995, S. 495). Mit dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl. I, S. 995) wurde die verminderte Zurechnungsfähigkeit in § 51 Abs. 2 StGB aF als fakultativer Strafmilderungsgrund erstmals kodifiziert.
57
Die Reformarbeiten in der Nachkriegszeit führten dazu, dass an der fakultativen Strafmilderung festgehalten und kein Milderungszwang eingeführt wurde, und mündeten letztlich in den seit dem 1. Januar 1975 geltenden § 21 StGB. Zum Ermessen heißt es in der Begründung des Entwurfs eines Strafgesetzbuches von 1962 (E 1962): Ob die Schuld verringert ist, "beruht auf einer Gesamtwürdigung, bei der außer dem Grade der Schuldfähigkeit auch andere Umstände zu berücksichtigen sind; so die Tatschuldumstände (...), aber auch Schuldumstände vor der Tat (z.B. schuldhafte Herbeiführung der verminderten Schuldfähigkeit). Dass die Milderung nur zugelassen und nicht vorgeschrieben ist, ermöglicht einen Ausgleich zwischen der Verminderung der Schuldfähigkeit einerseits und erschwerenden Schuldumständen andererseits bei der Gesamtwürdigung der Schwere der Schuld" (BT-Drucks. IV/650, S. 142; ebenso - wortlautidentisch - die Begründungen zum "Entwurf eines Allgemeinen Teils eines Strafgesetzbuches nach den Beschlüssen der Großen Strafrechtskommission in erster Lesung" von 1958 [E 1958, veröffentlicht vom Bundesministerium der Justiz, Begründung S. 30 f.] und zum Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1960 [E 1960, BR-Drucks. 270/60, S. 134]; s. hierzu Rautenberg, Verminderte Schuldfähigkeit, 1984, S. 176). Durch die vorzugswürdige "elastischere" Ermessensvorschrift erübrige sich eine Regelung über den zwingenden Ausschluss der Strafrahmenmilderung bei selbstverschuldeten Bewusstseinsstörungen (vgl. BT-Drucks. IV/650, S. 142; ferner E 1958, aaO, Begründung S. 31; E 1960, BR-Drucks. 270/60, S. 134).
58
cc) Zusammenfassend kommt es nach alldem nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob mit dem vorlegenden Senat anzunehmen ist, für die hiesige Lösung stritten weitere Gesichtspunkte, darunter etwa die Regelung des § 7 WStG (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 3 StR 63/15, juris Rn. 43 ff.). Das Tatgericht überschreitet aus den dargelegten Gründen jedenfalls nicht die Grenzen des ihm bei der Entscheidung über eine Strafrahmenmilderung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB eingeräumten Ermessens, wenn es im Rahmen der Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände in den Blick nimmt, dass der Angeklagte die Trunkenheit selbst verschuldet hat. Ihm obliegt die Bewertung, ob das Gewicht dieses Umstands nach den Umständen des Einzelfalls hoch genug ist, um die aufgrund der erheblich verminderten Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit verringerte Tatschuld aufzuwiegen. An feste Regeln ist es dabei nicht gebunden.
59
3. Da die Entscheidung - zumindest auch - auf den spezifischen Auswirkungen des Alkoholkonsums und der allgemeinen Kenntnis hierüber beruht, ist davon abzusehen, die dargelegten Grundsätze der Anregung des Generalbundesanwalts folgend auf alle anderen Fälle vorwerfbarer Rauschzustände zu erstrecken (vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 591/03, StV 2005, 19).
Limperg Raum Sost-Scheible Graf Schäfer Schneider König Krehl Eschelbach Quentin Gericke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2017 - GSSt 3/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2017 - GSSt 3/17

Referenzen - Gesetze

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2017 - GSSt 3/17 zitiert 13 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 132


(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate. (2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Sena

Strafgesetzbuch - StGB | § 51 Anrechnung


(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann

Strafgesetzbuch - StGB | § 323a Vollrausch


(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 122 Vollrausch


(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, handelt ordnungswidrig, wenn er in diesem Zustand eine mit Geldbuße bedrohte Handlung begeht und ihretwegen gegen ihn keine

Wehrstrafgesetz - WStrG | § 7 Selbstverschuldete Trunkenheit


(1) Selbstverschuldete Trunkenheit führt nicht zu einer Milderung der angedrohten Strafe, wenn die Tat eine militärische Straftat ist, gegen das Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des Dienstes begangen wird. (2) Der Trunkenheit steht ein Ra

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2017 - GSSt 3/17 zitiert oder wird zitiert von 31 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2017 - GSSt 3/17 zitiert 23 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2016 - 3 StR 63/15

bei uns veröffentlicht am 20.12.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 63/15 vom 20. Dezember 2016 in der Strafsache gegen wegen Totschlags ECLI:DE:BGH:2016:201216B3STR63.15.0 Dem Großen Senat für Strafsachen wird gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2013 - 1 StR 105/13

bei uns veröffentlicht am 23.04.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 105/13 vom 23. April 2013 in der Strafsache gegen wegen schweren räuberischen Diebstahls u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. April 2013 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2016 - 1 StR 501/16

bei uns veröffentlicht am 10.11.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 501/16 vom 10. November 2016 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung ECLI:DE:BGH:2016:101116B1STR501.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. November 2016 beschlossen : 1.

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Aug. 2012 - 3 StR 216/12

bei uns veröffentlicht am 02.08.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 216/12 vom 2. August 2012 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Aug. 2012 - 3 StR 132/12

bei uns veröffentlicht am 02.08.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 132/12 vom 2. August 2012 in der Strafsache gegen wegen Totschlags Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 2. August 2012 an der teilgenommen haben: Vorsitzender

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. März 2014 - 1 StR 65/14

bei uns veröffentlicht am 25.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 6 5 / 1 4 vom 25. März 2014 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. März 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Jan. 2010 - 5 StR 510/09

bei uns veröffentlicht am 13.01.2010

5 StR 510/09 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 13. Januar 2010 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer Vergewaltigung u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Januar 2010 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten

Bundesgerichtshof Urteil, 01. Dez. 2011 - 5 StR 360/11

bei uns veröffentlicht am 01.12.2011

5 StR 360/11 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 1. Dezember 2011 in der Strafsache gegen 1. , 2. wegen versuchten Totschlags u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung am 30. November und 1. De

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Feb. 2006 - 4 StR 444/05

bei uns veröffentlicht am 23.02.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 444/05 vom 23. Februar 2006 in der Strafsache gegen wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Februar 2006, an der

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Aug. 2004 - 5 StR 93/04

bei uns veröffentlicht am 17.08.2004

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StGB § 21 Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit, spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB, wenn

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Aug. 2004 - 5 StR 591/03

bei uns veröffentlicht am 17.08.2004

5 StR 591/03 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 17. August 2004 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Mordes u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. August 2004, an der teilgenommen haben: Richter

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2004 - 1 StR 233/04

bei uns veröffentlicht am 16.09.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 233/04 vom 16. September 2004 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. September 2004, an der teilgenom

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Okt. 2004 - 1 StR 254/04

bei uns veröffentlicht am 19.10.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 254/04 vom 19. Oktober 2004 in der Strafsache gegen wegen schwerer Körperverletzung Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Oktober 2004, an der teilgenommen haben: V

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. März 2010 - 5 StR 62/10

bei uns veröffentlicht am 10.03.2010

5 StR 62/10 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 10. März 2010 in der Strafsache gegen wegen Totschlags Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. März 2010 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Cott

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Jan. 2003 - 4 StR 490/02

bei uns veröffentlicht am 07.01.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 490/02 vom 7. Januar 2003 in der Strafsache gegen wegen Mordes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes- anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Januar 2003 gemä

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juni 2008 - 3 StR 84/08

bei uns veröffentlicht am 12.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 84/08 vom 12. Juni 2008 in der Strafsache gegen wegen Mordes u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Juni 2008, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter a

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2008 - 5 StR 456/08

bei uns veröffentlicht am 29.10.2008

5 StR 456/08 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 29. Oktober 2008 in der Strafsache gegen wegen Körperverletzung mit Todesfolge u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. Oktober 2008, an der teilgenomme

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2018 - 3 StR 63/15

bei uns veröffentlicht am 08.03.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 63/15 vom 8. März 2018 in der Strafsache gegen wegen Totschlags ECLI:DE:BGH:2018:080318B3STR63.15.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2016 - 2 ARs 386/15

bei uns veröffentlicht am 07.11.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 ARs 386/15 vom 7. November 2016 in der Strafsache gegen wegen Totschlags hier: Antwort auf den Anfragebeschluss des 3. Strafsenats vom 15. Oktober 2015 - 3 StR 63/15 ECLI:DE:BGH:2016:071116B2ARS386.15.0 Der 2. S

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Aug. 2016 - 2 StR 504/15

bei uns veröffentlicht am 24.08.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 504/15 vom 24. August 2016 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. ECLI:DE:BGH:2016:240816U2STR504.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. August 2016

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Mai 2016 - 1 ARs 21/15

bei uns veröffentlicht am 10.05.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 ARs 21/15 vom 10. Mai 2016 in der Strafsache gegen wegen Totschlags hier: Anfragebeschluss des 3. Strafsenats vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15 ECLI:DE:BGH:2016:100516B1ARS21.15.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgeric

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2016 - 4 ARs 16/15

bei uns veröffentlicht am 28.04.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 ARs 16/15 vom 28. April 2016 in der Strafsache gegen wegen Totschlags hier: Anfragebeschluss des 3. Strafsenats vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15 ECLI:DE:BGH:2016:280416B4ARS16.15.0 Der 4. Strafsenat des Bundes

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Sept. 2015 - 2 StR 350/15

bei uns veröffentlicht am 07.09.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 350/15 vom 7. September 2015 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2015:070915B2STR350.15.0 Der 2. Strafsenat des Bu
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Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2018 - 5 StR 385/18

bei uns veröffentlicht am 12.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 385/18 vom 12. Dezember 2018 in der Strafsache gegen wegen Totschlags u.a. ECLI:DE:BGH:2018:121218U5STR385.18.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Dezember 201

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2019 - 1 StR 614/18

bei uns veröffentlicht am 26.02.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 614/18 vom 26. Februar 2019 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. ECLI:DE:BGH:2019:260219B1STR614.18.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Februar 2019 nach Anhörung des Besch

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2019 - 1 StR 651/18

bei uns veröffentlicht am 22.05.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 651/18 vom 22. Mai 2019 in der Strafsache gegen wegen Mordes u.a. ECLI:DE:BGH:2019:220519B1STR651.18.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwa

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2019 - 5 StR 677/18

bei uns veröffentlicht am 23.10.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 677/18 vom 23. Oktober 2019 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung ECLI:DE:BGH:2019:231019U5STR677.18.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23.

Referenzen

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 216/12
vom
2. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
2. August 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 25. Januar 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Strafausspruch und
b) soweit die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des An- geklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht. Der Rechtsfolgenausspruch hat hingegen keinen Bestand.
3
1. Der Strafausspruch ist nicht frei von durchgreifenden Rechtsfehlern. Das Landgericht ist zunächst vom Normalstrafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB ausgegangen. Eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB und §§ 46a, 49 Abs. 1 StGB hat es abgelehnt. Zum einen sei zwar im Hinblick auf die erhebliche Alkoholisierung des Angeklagten zur Tatzeit nicht auszuschließen , dass dessen Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen sei; dies rechtfertige indes eine Strafrahmenverschiebung nicht, denn der Angeklagte habe gewusst, "dass er unter Alkoholeinfluss leichter reizbar ist, und er angesichts des morgendlichen Streits mit der Geschädigten und der insoweit unklaren , möglicherweise gefahrgeneigten Situation zum Zeitpunkt ihrer Rückkehr trotzdem in erheblichen Maße Alkohol zu sich genommen hatte". Zum anderen habe sich der Angeklagte zwar durch den im Rahmen der Hauptverhandlung abgeschlossenen Vergleich gegenüber der Nebenklägerin verpflichtet, zur Ab- geltung der Ansprüche aus der Tat einen Betrag von 10.000 € zu zahlen; da sich der Angeklagte weiterhin auf Notwehr berufen habe, sei dies jedoch kein Ausdruck der Übernahme von Verantwortung und rechtfertige daher eine Strafrahmenmilderung ebenfalls nicht. Sodann hat das Landgericht dennoch "im Ergebnis" einmal von der "sowohl in § 21 StGB als auch in § 46a StGB" vorgesehenen Milderungsmöglichkeit Gebrauch gemacht und ist daher von einem Strafrahmen von einem Monat bis sieben Jahre und sechs Monaten Freiheits- strafe ausgegangen. Die Annahme eines minder schweren Falles komme dagegen "angesichts des Tatbildes augenscheinlich nicht in Betracht".
4
Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Liegen die Voraussetzungen vertypter Strafmilderungsgründe nicht vor oder lehnt der Tatrichter deren Anwendung in Ausübung ihm eingeräumten Ermessens ab, so ist es unzulässig, die dort vorgesehene (fakultative) Strafrahmenverschiebung dennoch zumindest einmal vorzunehmen, weil nach den Umständen die tatbestandlichen Voraussetzungen der in Betracht kommenden Vorschriften zumindest teilweise vorliegen oder das Tatgericht sein Ermessen ablehnend ausgeübt hat. Zwar ist ein Angeklagter durch eine derartige fehlerhafte Rechtsanwendung in der Regel nicht beschwert. Hier liegt es indes anders. Jedenfalls die Ablehnung der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ist mit der vom Landgericht gegebenen Begründung nicht haltbar. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich dies letztlich nachteilig für den Angeklagten ausgewirkt hat. Im Einzelnen :
5
a) Zwar können Umstände, welche die Schuld erhöhen, zur Versagung der Strafrahmenmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen. Dies kommt bei einer alkoholbedingten Verminderung der Schuldfähigkeit dann in Betracht, wenn sie auf einer selbst zu verantwortenden, verschuldeten Trunkenheit beruht, die dem Täter uneingeschränkt vorwerfbar ist ("Vorverschulden"; vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 21 Rn. 25 ff. mwN). Ein die Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigender Alkoholrausch ist aber dann nicht (uneingeschränkt) verschuldet, wenn der Täter alkoholkrank oder alkoholüberempfindlich ist. Eine Alkoholerkrankung, bei der schon die Alkoholaufnahme nicht als ein die Schuld erhöhender Umstand zu werten ist, liegt re- gelmäßig vor, wenn der Täter den Alkohol aufgrund eines unwiderstehlichen oder ihn weitgehend beherrschenden Hanges trinkt, der seine Fähigkeit, der Versuchung zum übermäßigen Alkoholkonsum zu widerstehen, einschränkt (st. Rspr.; vgl. Fischer, aaO, § 21 Rn. 26 mwN).
6
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen lassen es als möglich erscheinen, dass der Angeklagte zur Zeit der Tat im dargestellten Sinne alkoholkrank war. Das Landgericht hat zum Alkoholkonsum des Angeklagten festgestellt , dass in der Zeit von der Aufnahme der näheren Beziehung zu der Geschädigten im März 2011 bis zur Tat am 7. Juli 2011 der Alltag des Angeklagten - im Vergleich zu seinem vorherigen Konsumverhalten, das aus dem täglichen Trinken von Bier und - in unregelmäßigen Abständen - dem zusätzlichen Genuss von Apfelkorn bestanden hatte - von einem gesteigerten Alkoholkonsum geprägt war, der sich darin äußerte, dass der Angeklagte - mit der Geschädigten - bereits zum Frühstück Alkohol trank. Nach den - ersichtlich allein auf den Angaben des Angeklagten beruhenden - Feststellungen des Landgerichts nahm er vor der Tat - über den Tag verteilt - eine Flasche (0,7 Liter) Apfelkorn und fünf Flaschen Bier zu sich. Zum Zeitpunkt der Blutentnahme um 21 Uhr betrug seine Blutalkoholkonzentration 2,57 Promille, die Rückrechnung auf die Tatzeit um 19:15 Uhr ergab 3,12 Promille. Sachverständig beraten konnte das Landgericht deshalb eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten gemäß § 21 StGB nicht ausschließen. Danach hätte sich das Landgericht im Rahmen der Frage einer Strafrahmenmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB auch mit der Frage, ob vor der Tat dessen Fähigkeit eingeschränkt war, der Versuchung zum übermäßigen Alkoholkonsum zu widerstehen, näher auseinandersetzen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2008 - 3 StR 84/08, NStZ 2009, 258).
7
b) Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass sich die rechtsfehlerhafte Ablehnung des Milderungsgrundes nach § 21 StGB bei der Verneinung eines minder schweren Falles (§ 224 Abs. 1 Halbs. 2 StGB) zu Lasten des Angeklagten ausgewirkt hat. Das Landgericht hat insoweit allein auf das Tatbild abgestellt. Schon dies wird der gebotenen Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände (vgl. Fischer, aaO, § 46 Rn. 85 mwN) nur schwerlich gerecht. Sollte indes zusätzlich der vertypte Milderungsgrund nach § 21 StGB zu berücksichtigen gewesen sein, so kam es zumindest in Betracht, die Tat des nicht vorbestraften und sich bindend zur Schadenswiedergutmachung verpflichtenden Angeklagten als minder schweren Fall einzustufen.
8
2. Auch die Entscheidung des Landgerichts, die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abzulehnen , kann nicht bestehen bleiben. Die sachverständig beratene Strafkammer hat bereits das Bestehen eines Hanges verneint. Mitgeteilt werden hierzu lediglich die Ergebnisse der Beurteilung des Sachverständigen. Eine Auseinandersetzung mit den Feststellungen zum Alkoholkonsum des Angeklagten fehlt völlig. Hinzu kommt, dass die (zusätzliche) Begründung der Ablehnung eines Hanges, der Alkoholmissbrauch des Angeklagten erreiche einen chronischen Alkoholismus nicht und es fehle insbesondere eine körperliche Abhängigkeit , besorgen lässt, dass die Strafkammer bei ihrer Beurteilung und Entscheidung von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgegangen sein könnte. Für einen Hang im Sinne von § 64 StGB genügt bereits eine - auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene - intensive Neigung, Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 3 StR 374/11, NStZ-RR 2012, 106; Fischer, aaO, § 64 Rn. 7).
9
3. Die Sache bedarf daher zum Strafausspruch und zur Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt - hierzu naheliegend unter Heranziehung eines anderen Sachverständigen - neuer Verhandlung und Entscheidung.
Becker Pfister Hubert Mayer Ri'in BGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 63/15
vom
8. März 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
ECLI:DE:BGH:2018:080318B3STR63.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 8. März 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 8. August 2014 wird verworfen; jedoch gelten von der verhängten Freiheitsstrafe drei Monate als vollstreckt. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Hiergegen wendet er sich mit seiner Revision , mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat lediglich wegen der nach Verkündung des angefochtenen Urteils eingetretenen Verfahrensverzögerung den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen tötete der Angeklagte am Abend des 14. Dezember 2013 in seiner Wohnunterkunft den Mitbewohner K. nach gemeinsamem Alkoholkonsum durch massive Gewalteinwirkung auf den Brust- und Bauchbereich sowie durch Schläge gegen den Kopf, die er unter anderem mit einem stumpfen Gegenstand ausführte. Bei Begehung der Tat war der weder alkoholkranke noch alkoholüberempfindliche Angeklagte bei erhalten gebliebener Unrechtseinsicht - nicht ausschließbar - auf Grund einer mittelgradigen Berauschung in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert.
3
2. Die auf Grund der Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Einzugehen ist nur auf die Strafrahmenwahl:
4
a) Das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB entnommen. Für einen benannten minder schweren Fall des Totschlags (§ 213 Alternative 1 StGB) hat es keinen Anhaltspunkt gefunden. Einen sonstigen minder schweren Fall (§ 213 Alternative 2 StGB) hat es sowohl unter Berücksichtigung allein der allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte als auch unter Hinzuziehung des - wegen der Alkoholisierung des Angeklagten zur Tatzeit angenommenen - vertypten Milderungsgrundes des § 21 StGB verneint und auch von einer Strafrahmenmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB abgesehen. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass im Fall einer alkoholbedingten erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit eine Strafrahmenverschiebung nach § 213 Alternative 2 bzw. §§ 21, 49 Abs. 1 StGB unterbleiben könne, wenn der übermäßige Alkoholkonsum verschuldet ist. Wegen der - mangels Alkoholkrankheit oder -überempfindlichkeit - vorwerfbaren Trunkenheit hat es eine Milderung des Strafrahmens abgelehnt.
5
Bei der Ablehnung der Strafrahmenmilderung hat das Schwurgericht tatrichterliches Ermessen ausgeübt; es hat nicht die Ansicht vertreten, das selbstverantwortliche Sich-Berauschen des Täters vor der Tat führe von Rechts wegen regelmäßig zur Versagung der Strafrahmenmilderung. Dafür spricht zum einen der Umstand, dass die Urteilsausführungen auf den Beschluss des Senats vom 2. August 2012 (3 StR 216/12, NStZ 2012, 687, 688) verweisen, dem sich erstgenannter Rechtssatz nicht entnehmen lässt. Sie nehmen gerade nicht auf das Urteil des Senats vom 27. März 2003 (3 StR 435/02, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31) Bezug, in dem er die Ansicht vertreten hat, dass eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB in der Regel ausscheide , wenn die verminderte Schuldfähigkeit des Täters auf selbstverantwortlicher Alkoholisierung beruhe. Zum anderen hat das Landgericht ausdrücklich seinen rechtlichen Ansatz dergestalt umschrieben, dass bei verschuldeter Trunkenheit die Versagung der Strafrahmenverschiebung - nur - "in Betracht kommt" (UA S. 48).
6
b) Das Absehen von einer Strafrahmenmilderung erweist sich als rechtsfehlerfrei.
7
aa) Der Senat hat - nach Anfrage bei den übrigen Strafsenaten (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG) - die Frage, ob das Tatgericht sein Ermessen bei der Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich nicht rechtsfehlerhaft ausübt, wenn es im Rahmen einer Gesamtwürdigung der schuldrelevanten Umstände die Versagung der Strafmilderung allein auf den Umstand stützt, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf von diesem verschuldeter Trunkenheit beruht, gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG dem Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs zur Entscheidung vorgelegt (s. im Einzelnen den in dieser Sache ergangenen Vorlagebeschluss vom 20. Dezember 2016, NStZ-RR 2017, 135). Der Große Senat hat mit Beschluss vom 24. Juli 2017 (GSSt 3/17) unter Neufassung der Vorlegungsfrage wie folgt entschieden: "Im Rahmen der bei der tatgerichtlichen Ermessensentscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gebotenen Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände kann eine selbstverschuldete Trunkenheit die Versagung der Strafrahmenmilderung tragen, auch wenn eine vorhersehbar signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen und situativen Verhältnisse des Einzelfalls nicht festgestellt ist."
8
bb) Nach diesem Maßstab durfte das Landgericht, obwohl die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 21 StGB vorlagen, in Ausübung seines Ermessens wegen der Vorwerfbarkeit der Alkoholisierung eine Strafrahmenmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB ablehnen. Anders als der Beschwerdeführer meint, hing die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nicht von Feststellungen zur Vorhersehbarkeit der Tat im Zeitpunkt des Sich-Berauschens ab; dazu, ob der Angeklagte erkennbar zu Gewalttaten in alkoholisiertem Zustand neigte, brauchten sich die Urteilsgründe nicht zu verhalten.
9
Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Landgericht angesichts der Vorwerfbarkeit der Alkoholisierung einen sonstigen minder schweren Fall im Sinne von § 213 Alternative 2 StGB verneint hat. Es hat rechtsfehlerfrei den für die Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB geltenden Maßstab auf den unbenannten minder schweren Fall übertragen. Die Entscheidung hierüber nimmt das Tatgericht ebenfalls auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Umstände vor, die nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Kontrolle unterliegt (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2015 - 3 StR 638/14, NStZ-RR 2015, 240 mwN). Soweit es für die Prüfung den vertypten Milderungsgrund des § 21 StGB heranzieht, steht dessen Gewichtung in seinem pflichtgemäßen Ermessen.
10
cc) Die Darstellung der Strafrahmenwahl in den Urteilsgründen hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand. Das Landgericht hat im Rahmen seines Rechtsfolgenermessens neben der verschuldeten Trunkenheit ersichtlich die - unmittelbar zuvor dargelegten (s. UA S. 47 f.) - übrigen bestimmenden schuldrelevanten Strafzumessungsgesichtspunkte in Bedacht genommen und der selbstverantworteten Alkoholisierung bei der gebotenen Gesamtwürdigung ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Der Senat vermag daher dem Beschwerdeführer nicht darin zu folgen, dass das Landgericht keine Einzelfallabwägung , sondern eine pauschale Bewertung von Fällen verminderter Schuldfähigkeit infolge vorwerfbarer Trunkenheit vorgenommen habe. Ermessensfehler lässt die Entscheidung nicht erkennen.
11
3. Die - mittlerweile eingetretene - zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung führende Verletzung des Beschleunigungsgebots gebietet eine Kompensation nach dem Vollstreckungsmodell (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 135 ff.), die der Senat auf drei Monate der verhängten Freiheitsstrafe bemisst. Eine Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht scheidet aus, weil weder das landgerichtliche Verfahren noch dessen Urteil an einem Rechtsfehler leidet (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 2 StR 495/12, juris Rn. 33).
12
a) Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK fordert eine Erledigung des Strafverfahrens in angemessener Zeit. Wird das hieraus folgende Beschleunigungsgebot in rechtsstaatswidriger Weise verletzt, ist eine Kompensation angezeigt.
13
Nicht jede im Strafprozess vorkommende Verzögerung führt zu einer derartigen Verletzung des Beschleunigungsgebots. Dies gilt auch für besondere Verfahrensvorgänge, die das Gesetz vorsieht, wie das in § 132 GVG geregelte Verfahren (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 429/09, StV 2011, 407 f.). Die für die Anfrage, die Vorlage und die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen benötigten Zeiträume sind für sich genommen keine Gründe für eine Kompensation.
14
Etwas anderes gilt bei überlanger Verfahrensdauer, die das Maß des Angemessenen überschreitet. Ob ein solcher Fall vorliegt, ist durch eine auf die Verhältnisse des konkreten Einzelfalles bezogene Gesamtwürdigung zu prüfen. Dabei sind vor allem die durch Verhalten der Justizorgane verursachten Verzögerungen , aber auch die Gesamtdauer des Verfahrens, die Schwere des Tatvorwurfs , der Umfang und die Schwierigkeit des Prozessstoffs sowie das Ausmaß der mit dem Andauern des Verfahrens für den Betroffenen verbundenen Belastungen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 2 StR 495/12, juris Rn. 35; Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 147).
15
b) Hieran gemessen war das nunmehr mehr als drei Jahre währende Revisionsverfahren überlang.
16
Das angefochtene Urteil ist am 8. August 2014 ergangen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Angeklagte bereits nahezu acht Monate in Untersuchungshaft , die bis zum heutigen Tag vollzogen wird. Am 24. Februar 2015 sind die Akten mit dem Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof eingegangen. Am 28. Februar 2015 hat der Beschwerdeführer die Begründung der Sachrüge nachgereicht. Nachdem der Senat die Sache zweimal vorberaten hatte, ist am 15. Oktober 2015 der Anfragebeschluss ergangen , der am 10. November 2015 an die anderen Strafsenate abgesandt worden ist. Deren Antworten sind am 15. März 2016 (5. Strafsenat), 28. Juni 2016 (1. Strafsenat), 22. August 2016 (4. Strafsenat) sowie 20. Januar 2017 (2. Strafsenat) eingegangen. Noch bevor sämtliche Antworten vorlagen, hat der Senat am 20. Dezember 2016 den Vorlagebeschluss erlassen; er ist dem Großen Senat für Strafsachen am 22. Februar 2017 übermittelt worden. Dieser hat über die Vorlage am 24. Juli 2017 beraten und beschlossen; anschließend sind die Gründe abgesetzt worden. Der Beschluss ist beim Senat am 1. März 2018 eingegangen.
17
Die Prüfung der geschilderten Abläufe ergibt, dass - trotz der für die Richter aller Strafsenate und des Großen Senats erforderlichen zeitintensiven Befassung mit der hier entscheidungserheblichen Rechtsfrage - die Zeiträume zwischen der Absendung der Anfrage an die anderen Strafsenate und der Übermittlung der Vorlage an den Großen Senat (mit fast 15 Monaten) sowie zwischen dieser Übermittlung und dem Eingang dessen Beschlusses (mit knapp 13 Monaten) unangemessen groß waren. Darüber hinaus ist bei der Prüfung insbesondere auch die Gesamtdauer des Revisionsverfahrens von mehr als drei Jahren in den Blick zu nehmen, die es unter den gegebenen Umständen im Ganzen als (um ein Jahr) zu lang erscheinen lässt.
18
c) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Umfang der zur Kompensation erforderlichen Vollstreckungsanrechnung nicht mit dem Ausmaß der Verfahrensverzögerung gleichzusetzen, sondern sie hat nach den Umständen des Einzelfalls grundsätzlich einen eher geringen Bruchteil der Strafe zu betragen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 147; vom 7. Juni 2011 - 4 StR 643/10, BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 41; vom 12. Februar 2015 - 4 StR 391/14, wistra 2015, 241, 242). Um jede Benachteiligung auszuschließen, erklärt der Senat unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere auch der gegen den Angeklagten vollzogenen Untersuchungshaft, drei Monate der verhängten Freiheitsstrafe als vollstreckt.
19
4. Angesichts des geringen Erfolges der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Becker RiBGH Gericke befindet Berg sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Hoch Leplow

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 ARs 21/15
vom
10. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
hier: Anfragebeschluss des 3. Strafsenats vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15
ECLI:DE:BGH:2016:100516B1ARS21.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Mai 2016 beschlossen:
Der Umstand, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf von diesem zu verantwortender Trunkenheit beruht, rechtfertigt für sich allein die Versagung einer Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nicht.

Gründe:


1
1. Der 3. Strafsenat hat über die Revision eines Angeklagten zu entscheiden , der wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt worden ist. Das Landgericht hat eine Strafrahmenverschiebung nach § 213 bzw. §§ 21, 49 Abs. 1 StGB mit der Begründung versagt, der Angeklagte habe die bei ihm festgestellte erheblich verminderte Schuldfähigkeit durch verschuldete Trunkenheit selbstverantwortlich herbeigeführt. Es ist sachverständig beraten davon ausgegangen, dass der Angeklagte aufgrund einer mittelgradigen Berauschung bei erhalten gebliebener Unrechtseinsicht nicht ausschließbar in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war. Eine Alkoholkrankheit oder Alkoholüberempfindlichkeit, die ein Verschulden hinsichtlich der Trunkenheit ausgeschlossen hätte, hat das Landgericht verneint. Feststellungen zu einer vorhersehbar alkoholbedingten Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund persönlicher oder situativer Verhältnisse des Einzelfalls hat das Landgericht nicht getroffen.
2
Der 3. Strafsenat beabsichtigt, die Revision des Angeklagten zu verwerfen und zu entscheiden: „Der Tatrichter übt sein Ermessen bei der Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich nicht rechtsfehlerhaft aus, wenn er im Rahmen einer Gesamtwürdigung der schuldmindernden Umstände die Versagung der Strafmilderung allein auf den Umstand stützt, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf von die- sem verschuldeter Trunkenheit beruht.“
3
Er fragt gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei den anderen Senaten an, ob deren Rechtsprechung dem entgegensteht und ob – sollte dies der Fall sein – daran festgehalten wird.
4
2. Der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats steht Rechtsprechung des 1. Strafsenats entgegen.
5
Der Senat stimmt dem anfragenden Senat darin zu, dass es in der Regel gegen eine Verschiebung des Strafrahmens gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB spricht, wenn die erheblich verminderte Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit beruht. Dies setzt allerdings voraus, dass sich dabei aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant erhöht hat (Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1 StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37 unter Verweisung auf BGH, Beschluss vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239; vgl. auch BGH, Beschluss vom 5. August 2003 – 1 StR 302/03). Denn Umstände, die die Schuld erhöhen, können dann zur Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen (vgl. Senat, Beschluss vom 23. April 2013 – 1 StR 105/13). Über die fakultative Strafrahmenverschiebung entscheidet der Tatrichter aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Gesichtspunkte. Einer revisionsrechtlichen Überprüfung ist die Entscheidung über die fakultative Strafrahmenverschiebung nur eingeschränkt zugänglich; insoweit steht dem Tatrichter ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1 StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37).
6
Somit rechtfertigt nach der Rechtsprechung des Senats der Umstand der selbst verschuldeten Trunkenheit des Täters eine Versagung der Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nicht, wenn sich nicht zugleich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge zu verantwortender Trunkenheit erhöht hat. Hierfür genügt etwa das Wissen des Täters, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt, aber trotzdem Alkohol trinkt (vgl. Senat, Beschlüsse vom 23. April 2013 – 1 StR 105/13 und vom 25. März 2014 – 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238; vgl. auch Senat, Urteile vom 16. September 2004 – 1 StR 233/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 36, vom 29. April 1997 – 1 StR 511/95, BGHSt 43, 66, 78 und vom 6. Mai 1993 – 1 StR 136/93, BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; Beschluss vom 2. März 1993 – 1 StR 26/93, StV 1993, 421; Urteile vom 6. Oktober 1992 – 1 StR 574/92 und vom 15. Dezember 1987 – 1 StR 498/87, BGHSt 35, 143). Einschlägiger Vorverurteilungen bedarf es jedoch nicht (Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1 StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37).
7
3. An dieser Rechtsprechung, die an den Beschluss des 5. Strafsenats vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239 anknüpft, hält der Senat fest. Den Ausführungen des 5. Strafsenats in der genannten Entscheidung schließt sich der Senat an.
Raum Jäger Cirener
Fischer Bär

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 386/15
vom
7. November 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
hier: Antwort auf den Anfragebeschluss des 3. Strafsenats vom
15. Oktober 2015 - 3 StR 63/15
ECLI:DE:BGH:2016:071116B2ARS386.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2016 gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG beschlossen:
Die beabsichtigte Entscheidung des 3. Strafsenats widerspricht der Rechtsprechung des 2. Strafsenats, der an dieser festhält.

Gründe:

1
1. Der 3. Strafsenat beabsichtigt zu entscheiden:
2
"Der Tatrichter übt sein Ermessen bei der Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich nicht rechtsfehlerhaft aus, wenn er im Rahmen einer Gesamtwürdigung der schuldmindernden Umstände die Versagung der Strafrahmenmilderung allein auf den Umstand stützt, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf von diesem verschuldeter Trunkenheit beruht."
3
Er hat daher mit Beschluss vom 15. Oktober 2015 (3 StR 63/15) bei den anderen Strafsenaten angefragt, ob deren Rechtsprechung dem entgegensteht und ob - sollte dies der Fall sein - daran festgehalten wird.
4
2. Der Senat versteht den Anfragebeschluss so, dass der 3. Strafsenat der Auffassung ist, dass jede verschuldete Trunkenheit eines Angeklagten in einem Maße schulderhöhend wirkt, dass allein deswegen die Strafrahmenmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB versagt werden kann und es dabei nicht auf das Vorliegen einschlägiger Vorerfahrungen des Täters oder sonst das Risiko erhöhendes Verhalten ankommt. Denn der 3. Strafsenat sieht im Ergebnis keinen Ermessensfehler darin, dass das Tatgericht dem Angeklagten die fakultative Strafrahmenmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB allein deswegen versagt hat, weil dieser sich schuldhaft durch Alkoholgenuss in den Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit versetzt hat, obwohl das Landgericht Feststellungen zu einer vorhersehbar alkoholbedingten Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund persönlicher oder situativer Verhältnisse des Einzelfalls nicht getroffen hat.
5
3. Der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats steht Rechtsprechung des 2. Strafsenats entgegen (vgl. Senat, Urteil vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05 -, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40; Beschluss vom 7. September 2015 - 2 StR 350/15, NStZ-RR 2016, 74); an dieser hält er fest.
6
Ob bei Vorliegen verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB eine Strafrahmenmilderung vorzunehmen oder zu versagen ist, hat der Tatrichter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (Senat, Beschluss vom 7. September 2015 - 2 StR 350/15, aaO); seine Wertung ist vom Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen , wenn sie erkennbar auf einer vollständigen Tatsachengrundlage beruht (Senat, Urteil vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40 mwN). Eine schematische Behandlung der Frage einer fakultativen Strafrahmenmilderung allein wegen Vorliegens eines selbst zu verantwortenden Alkoholrausches hält der Senat daher nicht für angebracht; vielmehr ist eine differenzierte, auf eine Verschuldensprüfung im Einzelfall abstellende Lösung vorzuziehen.
7
Danach spricht es bei selbst zu verantwortender Trunkenheit des Täters in der Regel zwar gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls infolge der Alkoholisierung das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant erhöht hat. Umgekehrt rechtfertigt aber der Umstand, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf von diesem verschuldeter Trun- kenheit beruht, für sich allein die Versagung einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 21, § 49 Abs. 1 StGB nicht. Diese Erwägungen gelten nach Auffassung des Senats gleichermaßen im Rahmen der Prüfung eines unbenannten minder schweren Falls nach § 213 StGB.
8
Der Tatrichter hat über die vom Gesetz eingeräumte Möglichkeit einer Strafrahmenmilderung auf Grund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Gesichtspunkte zu entscheiden, wobei ihm bei der Bewertung der für die Feststellung einer vorwerfbaren Vorhersehbarkeit relevanten objektiven und subjektiven Umstände ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt ist. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, dass der Schuldgehalt der Tat bei einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit in aller Regel vermindert ist (Senat, Beschluss vom 7. September 2015 - 2 StR 350/15; Urteil vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15). Zwar kann die Minderung der Tatschuld durch schulderhöhende Umstände kompensiert werden. Dies kommt etwa in Betracht, wenn der Täter die Begehung von Straftaten vorausgesehen hat oder hätte voraussehen können, weil er aus früheren Erfahrungen weiß, dass er unter Alkohol- oder Drogenkonsum zur Begehung von Straftaten neigt (Senat, Beschluss vom 7. September 2015 - 2 StR 350/15, NStZ-RR 2016, 74) oder sich für ihn aus anderen Umständen ergibt, dass es bei Alkoholisierung zu Straftaten kommen könnte (Senat, Urteile vom 15. Februar 2006 - 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40 und vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15).
9
Die Ansicht des anfragenden 3. Strafsenats, es liege kein Ermessensfehler darin, dass das Tatgericht dem Angeklagten die fakultative Strafrahmenmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB allein deswegen versagt hat, weil dieser sich schuldhaft durch Alkoholgenuss in den Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit versetzt hat, berücksichtigt nicht, dass das Tatgericht auf Grund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Gesichtspunkte zu entscheiden hat. Nicht nachzuvollziehen vermag der Senat daher, wie eine "Gesamtwürdigung" aller relevanten Gesichtspunkte - wie in der dem Anfragebeschluss zugrunde liegenden Entscheidung - ermessensfehlerfrei vorgenommen worden sein sollte, wenn der Tatrichter die Versagung der Strafrahmenmilderung allein (ausschließlich) auf einen Umstand gestützt hat.
10
Die der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats zugrunde liegende Rechtsauffassung greift mit Blick auf den Schuldgrundsatz zu kurz (vgl. LK/Schöch, 12. Aufl., § 21 Rn. 56; Lackner/Kühl, 28. Aufl., § 21 Rn. 4a mwN), insbesondere lässt sie unberücksichtigt, dass jede Schulderhöhung wenigstens (einfache) Fahrlässigkeit als geringste Schuldform voraussetzt. Aus diesem Grund ist für eine Versagung der Strafrahmenmilderung zumindest Fahrlässigkeit des Täters, also Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit bezüglich eines rechtswidrigen Ereignisses in objektiver und subjektiver Hinsicht erforderlich, etwa Vorerfahrungen mit vergleichbaren Straftaten oder die Alkoholisierung in einer Umgebung, in der sich aufgrund der persönlichen und situativen Verhältnisse des Einzelfalles das Risiko der Begehung von Straftaten erhöht hat (BGH, Urteil vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239, 242). Das allgemeinkundige Wissen, dass eine alkoholische Berauschung generell die Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligen und aggressiven Verhalten zu senken pflegt, reicht insoweit nicht (vgl. Senat, Urteil vom 24. August 2016 - 2 StR 504/15).
11
Damit kann eine Strafrahmenmilderung wegen eigenverantwortlich herbeigeführter Trunkenheit nach § 21, § 49 Abs. 1 StGB nur dann abgelehnt bzw. ein unbenannter minder schwerer Fall im Sinne von § 213 StGB verneint werden , wenn im Rahmen der Ermessensentscheidung geprüft und berücksichtigt wurde, ob sich aufgrund der persönlichen und situativen Verhältnisse des Ein- zelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten infolge der Alkoholisierung vorhersehbar signifikant erhöht hat. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des 5. Strafsenats in der genannten Entscheidung an. Fischer Krehl Eschelbach Zeng Bartel
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf
zu verantwortender Trunkenheit, spricht dies in der Regel gegen
eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB,
wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse
des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar
signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob
dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu
bestimmen; seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter
revisionsgerichtlicher Überprüfung.
BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04
LG Potsdam

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 17. August 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. August
2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P
als Verteidiger für den Angeklagten G ,
Rechtsanwalt V
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Justizhauptsekretärin N ,
Justizangestellte R
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. Juli 2003 in den Strafaussprüchen gegen die Angeklagten G und M mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten M gegen dieses Urteil wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Nötigung jeweils – unter Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund erheblicher Alkoholisierung – zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Während die Staatsanwaltschaft mit ihren zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen lediglich den Strafausspruch beanstandet, wendet sich der Angeklagte M mit der Sachrüge umfassend gegen seine Verurteilung.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts spricht der Angeklagte G seit dem Jugendalter dem Alkohol zu und ist deutlich alkoholgewöhnt. Er ist mehrfach wegen Eigentums- und Verkehrsdelikten, darunter auch Trunkenheit im Verkehr, vorbestraft. Am Tattag hatte er von den frühen Morgenstunden an über den Tag verteilt mehrere Flaschen Bier getrunken, bevor er mit dem ebenfalls bereits angetrunkenen, bislang unbestraften Angeklagten M den später Geschädigten Pi in der Absicht aufsuchte, diesen zu mißhandeln. Die Angeklagten hatten über Pi das von ihnen nicht weiter überprüfte Gerücht gehört, er habe ein kleines Mädchen vergewaltigt. Gemeinsam wollten beide „ihre Freude an Gewalttätigkeit an ihm ausleben“.
In der Wohnung von Pi schlugen und traten die Angeklagten sogleich auf diesen ein und forderten ihn auf zuzugeben, daß er das Mädchen vergewaltigt habe. Der Geschädigte mußte in einem vom Angeklagten G gesteuerten PKW zu dem wegen Beihilfe an dem strafbaren Geschehen inzwischen rechtskräftig verurteilten K mitkommen. Dort mißhandelten G und M ihr Opfer unter Beschimpfungen weiter, so daß Pi schließlich im Gesicht blutete und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Anschließend fuhren alle gemeinsam mit dem Auto des G zu einem Imbiß und sodann über Land; der Geschädigte mußte nun in den Kofferraum steigen. An einem Wehr wurde er von den Angeklagten halb entkleidet und in das 15 bis 18 Grad kalte Wasser gestoßen. Nach einiger Zeit zogen die Angeklagten den Geschädigten schließlich wieder an Land, traten auf ihn ein, bis er das Bewußtsein verlor, und ließen ihn halbnackt und bewußtlos liegen. Pi erlitt durch die Mißhandlungen der Angeklagten vielfache Prellungen, eine Rippenfraktur und eine – unbehandelt lebensgefährliche – traumatische Hirnblutung, zudem eine Unterkühlung und Herzrhythmusstörungen. Während des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens hatten
beide Angeklagte nicht unerhebliche Mengen Bier und andere alkoholische Getränke zu sich genommen.
Das Landgericht hat den Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Nr. 4 (i.V.m. § 52 Abs. 2) StGB nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund der Alkoholisierung der Angeklagten und dadurch verursachter erheblicher Verminderung der „Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit“ (richtig: Steuerungsfähigkeit, vgl. Tröndle /Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 5 m.w.N.) verschoben. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Trunkenheit desAngeklagten G sei am Tattag nicht verschuldet gewesen, weil er bislang weitgehend vom Alkohol beherrscht wurde; mangels Einlassung des Angeklagten M auch sei zu dessen Gunsten davon auszugehen, daß seine Trunkenheit unverschuldet gewesen sei.

II.


Die auf den jeweiligen Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.
1. Die Beschwerdeführerin hat ihre Rechtsmittel wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Wie sich aus der Revisionsbegründungsschrift vom 24. September 2003 ergibt, sollen allein die zugunsten der Angeklagten vorgenommenen Strafrahmenverschiebungen und damit die verhängten Rechtsfolgen angegriffen werden; nur insoweit wird die Sachrüge ausgeführt. Ungeachtet der Erhebung einer nicht ausdrücklich beschränkten Sachrüge und eines umfassenden Aufhebungsantrags ist dem Revisionsvortrag deshalb eine Beschränkung der Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch zu entnehmen (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; BGH, Urteil vom 16. März 2004 – 5 StR 364/03). Diese Beschränkung ist auch wirksam, da die Feststellungen des Landgerichts zum Schuldspruch weder widersprüchlich oder lückenhaft und damit ergänzungsbedürftig noch mit den Feststellungen zum Strafausspruch untrennbar verknüpft sind. Für die Frage der
Strafzumessung bilden die Feststellungen zum Schuldspruch eine tragfähige Grundlage, auch wenn sie – was der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend angedeutet hat – eine weitergehende strafrechtliche Bewertung des Geschehens zum Nachteil der Angeklagten hätten rechtfertigen können.
2. Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei aufgrund von plausiblen Trinkmengenangaben des Angeklagten G , von Zeugenbeschreibungen über den Zustand der Angeklagten und eines insgesamt auf erhebliche Enthemmung hindeutenden Tatbildes bei beiden Angeklagten sachverständig beraten zu dem Ergebnis gelangt, daß ihre Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.
3. Die Staatsanwaltschaft beanstandet gleichwohl zu Recht die zu Gunsten der Angeklagten vorgenommene Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB.

a) Der 3. Strafsenat hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die bisherige – in sich eher uneinheitliche und teils sogar widersprüchliche – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich überdacht werden sollte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31 mit Anmerkungen : Foth NStZ 2003, 597; Frister JZ 2003, 1019; Neumann StV 2003, 527; Scheffler Blutalkohol 2003, 449; Streng NJW 2003, 2963; zustimmend der 2. Strafsenat in BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 32). Der Senat pflichtet diesem Anliegen bei, gelangt indes zu dem folgenden differenzierenden und bisheriger Rechtsprechung nicht tragend widersprechenden Ergebnis:
Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB entscheidet der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen Ermessen aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände. Beruht die
erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit , spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu bestimmen. Seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung und ist regelmäßig hinzunehmen , sofern die dafür wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend ermittelt und bei der Wertung ausreichend berücksichtigt worden sind.

b) Die vom Senat gefundene Lösung beruht insbesondere auf folgenden Erwägungen:
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß eine erhebliche Einschränkung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit grundsätzlich den Schuldgehalt der Tat vermindert (vgl. BGHSt 7, 28, 30; BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; so auch schon RGSt 69, 314, 317). Dies allein zwingt jedoch nicht zu einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 Abs. 1 StGB. Dem Tatrichter ist in Fällen erheblich verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB grundsätzlich ein Ermessen bei der Entscheidung eingeräumt , ob er aufgrund dieses Umstandes die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB durch eine Verschiebung des anzuwendenden Strafrahmens mildert oder nicht (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 21). Nach dem Gesetzeswortlaut des § 21 StGB „kann“ die Strafe lediglich gemildert werden; weder „muß“ noch „soll“ der Strafrahmen verschoben werden. Der Gesetzgeber hat damit zu erkennen gegeben, daß auch eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB für sich allein weder zwingend noch in der Regel zu einer durchgreifenden Verringerung des Schuldumfangs führt (vgl. auch Foth in Festschrift für Hannskarl Salger, 1995, S. 31, 37).
Die Minderung der Tatschuld durch Einschränkung der Schuldfähigkeit kann nämlich durch schulderhöhende Umstände kompensiert werden
(st. Rspr., vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 20 ff. m.w.N.; BVerfGE 50, 5, 11 f.). Der 3. Strafsenat sieht einen solchen Umstand generell in jeder vorwerfbar herbeigeführten Alkoholisierung (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dabei kommt indes nicht ausreichend zur Geltung , daß jede Schulderhöhung wenigstens (einfache) Fahrlässigkeit als geringste Schuldform voraussetzt. Notwendige Elemente solcher Fahrlässigkeit sind Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des rechtswidrigen Ergebnisses ganz allgemein (objektiv) und speziell für den Täter (subjektiv). Bezugspunkt des schulderhöhenden Moments muß zudem das konkret begangene Unrecht sein; es bedarf also einer bestimmten subjektiven Beziehung zu der später begangenen rechtswidrigen Handlung (Jähnke in LK 11. Aufl. § 21 Rdn. 22).
Trotz verbreiteten vielfachen Alkoholgebrauchs und -mißbrauchs kommt es nur in einem Bruchteil der Fälle erheblicher Alkoholisierung zu einer rechtswidrigen Tat. Häufig ist eine Gefährdung anderer gänzlich ausgeschlossen (vgl. Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 224). Andererseits ist nicht zu verkennen, daß Alkohol das Risiko der Begehung strafbarer Handlungen generell erhöht; ein großer Teil der Straftaten gegen Leib und Leben sowie gegen die sexuelle Selbstbestimmung wird unter Alkoholeinfluß begangen. Dieser Befund rechtfertigt indes nicht die Annahme, es sei stets objektiv und subjektiv vorhersehbar, daß bei erheblicher Alkoholisierung in der konkreten Situation die Begehung von Straftaten durch den Betrunkenen drohe. Dies hängt vielmehr von der jeweiligen Person des Täters und von der Situation ab, in der getrunken wird oder in die sich der Täter betrunken begibt.
(1) Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Strafmilderung bei erheblicher Alkoholisierung zu versagen, wenn der Täter die für ihn besonders ungünstige Wirkung des Alkoholgenusses kannte und wußte oder wissen mußte, daß er dann zu Gewalttätigkeiten oder anderen Straftaten neigt (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; vgl. Trönd-
le/Fischer aaO § 21 Rdn. 25 m.w.N.). Damit kommt es also darauf an, ob besondere Umstände in der Person des Täters im konkreten Einzelfall vorhersehbar das Risiko der Begehung rechtswidriger Taten signifikant erhöht haben. Soweit in diesem Zusammenhang teilweise zusätzlich gefordert wird, der Täter müsse schon zuvor nach Ausmaß und Intensität mit der jetzigen Tat vergleichbare Straftaten begangen haben (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 6, 14, 16; weitere Nachweise bei Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 21 Rdn. 20), hält der Senat daran nicht fest. An die Vergleichbarkeit sind schon nach bisheriger Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4). Zu differenzieren ist hier allenfalls nach weit zu fassenden Deliktsgruppen. Wer unter dem Einfluß erheblicher Mengen Alkohol – wie er aufgrund persönlicher Vorerfahrung weiß oder wissen muß – zu gewalttätigen Übergriffen auf andere neigt, den trifft in Hinblick auf die enthemmende Wirkung des Alkohols in Fällen der Gewaltkriminalität grundsätzlich ein schulderhöhender Fahrlässigkeitsvorwurf; anderes gilt nur, wenn die bisher unter Alkoholeinfluß begangenen Straftaten ganz anderer Art waren als die nunmehr zu beurteilende, wenn also die neue Tat so unvergleichbar mit den früheren ist, daß der Täter mit Ähnlichem gar nicht re chnen kann (BGHR aaO). Entscheidend ist somit regelmäßig nicht die äußerliche Vergleichbarkeit der einzelnen Taten, sondern die nämliche Wurzel des jeweiligen deliktischen Verhaltens (Jähnke aaO § 21 Rdn. 22).
Bei alldem müssen die Vorerfahrungen nicht unbedingt zu Vorstrafen oder auch nur Strafverfahren geführt haben. Denn es geht in diesem Zusammenhang um das Wissen des Täters von seiner Gefährlichkeit und nicht notwendig um den – gegebenenfalls hinzutretenden – Gesichtspunkt der Warnfunktion einer früheren Verurteilung.
(2) Die Gefahr der Begehung von Straftaten in erheblich alkoholisiertem Zustand kann indes signifikant und vorhersehbar nicht nur durch die Person des Täters, sondern auch durch die Umstände der jeweiligen Situati-
on erhöht werden. Wer in einer gefahrträchtigen Lage in erheblichem Maße dem Alkohol zuspricht, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich mit einer gewissen Leichtfertigkeit in die Tatsituation gebracht hat (BGH NStZ 1990, 537, 538). Vorwerfbar ist dabei, daß in einer solchen Situation trotz konkreter Vorhersehbarkeit der durch eine weitere Alkoholisierung drohenden Rechtsbrüche getrunken wird (vgl. auch Jähnke aaO). Insbesondere in stark emotional aufgeladenen Krisensituationen wird die Gefahr von Gewalttätigkeiten durch die enthemmende Wirkung erheblicher Alkoholisierung regelmäßig vorhersehbar erhöht (vgl. BGH NStZ 1990, 537, 538). Gleiches gilt für das Trinken in Gruppen, aus denen heraus – gerade auch aufgrund gruppendynamischer Prozesse – leicht Straftaten gegen andere begangen werden. Wer sich etwa in einer Gruppe marodierender Hooligans oder gewaltbereiter Radikaler betrinkt, muß konkret mit der Begehung von Straftaten im trunkenen Zustand rechnen. Die Alkoholisierung kann – wenn nicht bereits die Grundsätze der actio libera in causa eine Strafmilderung ausschließen – auch nicht demjenigen zugute kommen, der sich in Fahrbereitschaft betrinkt, also weiß oder damit rechnen muß, noch als Fahrer am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 316 Rdn. 54; König in LK 11. Aufl. § 316 Rdn. 243).
Es macht für die Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB auch keinen relevanten Unterschied, ob der Täter in einer erkennbar gewaltträchtigen Situation enthemmend dem Alkohol zuspricht oder sich, sofern ihm dies insoweit vorzuwerfen ist, bereits durch Trunkenheit enthemmt, bewußt in eine solche Situation begibt. Wer sich schon angetrunken einer gewaltbereiten Gruppe anschließt, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er trotz der bekanntermaßen enthemmenden Wirkung seiner Alkoholisierung eine gewaltträchtige Situation aufgesucht hat.
In diesem Zusammenhang muß es auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Trunkenheit als solche vorwerfbar ist oder nicht, da auch
letzterenfalls andere schulderhöhende Momente die Versagung der Strafmilderung rechtfertigen können (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29). Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände ist es deshalb nicht ohne weiteres ausgeschlossen, auch einem alkoholabhängigen Täter zwar nicht die Alkoholisierung als solche , aber – bei insoweit noch vorhandener Hemmungsfähigkeit – als schulderhöhend vorzuwerfen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat, obwohl er wußte oder wissen mußte, daß er sich dort infolge seiner Beherrschung durch den Alkohol nur eingeschränkt werde steuern können. Je eher ein alkoholabhängiger Täter von den infolge seines Zustandes von ihm ausgehenden Gefahren für andere weiß – etwa aufgrund früher unter Alkoholeinfluß begangener Straftaten – und je schwererwiegend die Straftaten sind, mit deren Begehung er rechnet oder rechnen muß, desto weniger wird eine Strafmilderung in Betracht kommen, wenn er sich dessen ungeachtet in eine gewaltträchtige Situation begeben hat und ihm dies vorzuwerfen ist (vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29).
(3) Auch in anderer Weise kann an ein konkret tatbezogenes Verschulden des Täters vor Tatbeginn angeknüpft und eine Strafmilderung trotz Tatbegehung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit aufgrund vorhergehender schulderhöhender Momente versagt werden. So hat nach den Grundsätzen der – im Rahmen des § 21 StGB unproblematisch anwendbaren (vgl. Lenckner/Perron aaO § 21 Rdn. 11 m.w.N.) – actio libera in causa eine Strafmilderung regelmäßig auszuscheiden, wenn sich die Vorstellung des Täters in nicht berauschtem Zustand schon auf eine bestimmte Tat bezogen hat (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3; § 21 Strafrahmenverschiebung 22; BGH NStZ 1999, 448). Wurde der Tatentschluß zu einer Zeit gefaßt, in der eine erhebliche Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens noch nicht vorlag, wird deshalb zumeist für eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kein Raum sein (vgl. BGHSt 34, 29, 33; BGH, Beschluß vom 15. April 1999 – 4 StR 93/99, zitiert bei Detter NStZ 1999, 495; BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3). Verstärkt gilt dies, wenn
der Täter sich gar gezielt berauscht hat, um hierdurch vorhandene Hemmungen gegen eine Tatausführung abzubauen.
(4) Die Wertung, ob im Falle erheblicher Minderung der Steuerungsfähigkeit der Strafrahmen gemildert werden soll oder nicht, hat grundsätzlich der Tatrichter anhand einer Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4 und Strafrahmenverschiebung 21). Ihm obliegt es auch, die Begriffe der objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit strafbaren Verhaltens bei vorwerfbarer Alkoholisierung anhand der besonderen Umstände in der Person des Täters und in der Situation des Tatgeschehens in wertender Betrachtung auszufüllen. Seine Bewertung wird das Revisionsgericht, wenn sie auf einer vollständigen Auswertung der maßgeblichen Tatsachengrundlagen beruht, regelmäßig hinzunehmen haben, auch wenn anderes vertretbar oder gar näherliegend gewesen wäre.
Bei Anwendung der genannten Grundsätze wird bei Gewaltdelikten in vielen Fällen eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nach vorwerfbarer Alkoholisierung ausscheiden. Zumeist liegen entweder in der Person des Täters oder doch zumindest in der Situation Umstände vor, die in Zusammenhang mit der Alkoholisierung das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant erhöht haben. An die Überzeugungsbildung des Tatrichters dürfen dabei nicht übertrieben hohe Anforderungen gestellt werden; die vielfältig verheerenden Wirkungen übermäßigen Alkoholgebrauchs sind allgemeinkundig.
Im Rahmen der Abwägung aller schuldrelevanten Umstände kann auch von Bedeutung sein, welchen Grad die Enthemmung durch Alkoholisierung innerhalb des durch § 21 StGB abgesteckten Rahmens erreicht hat. Eine solchermaßen differenzierende Bestimmung des Umfangs und der Auswirkungen verminderter Schuldfähigkeit auf die Tatschuld setzt jedoch
nachvollziehbare Darlegungen des Tatrichters voraus (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 2, 17).
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände des Einzelfalls können auch solche schulderhöhenden Momente gegen eine Strafmilderung sprechen, die nicht unmittelbar mit der Berauschung verknüpft sind (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 11; BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu können eine Mehrzahl von Geschädigten oder mitverwirklichte Straftatbestände ebenso zählen wie die näheren Umstände der Tatausführung oder andere Tatmodalitäten (vgl. BT-Drucks. aaO; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5 und Strafzumessung 18). Auch einem erheblich in seiner Steuerungsfähigkeit verminderten Täter kann nämlich die Art der Tatausführung – etwa eine besonders gefühlskalte, rücksichtslose oder brutale Tatbegehung – schulderhöhend vorgeworfen werden (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15 und Strafzumessung 4, 18). In diesem Fall wird der Tatrichter jedoch zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu beachten haben, daß diese Umstände die Tatschuld nicht im gleichen Ausmaß wie bei nicht berauschten Tätern erhöhen, sofern sie ihren Grund in der erheblichen Verminderung der Hemmungsfähigkeit haben (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 46 Rdn. 28, 33 m.w.N.; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5); eine Ausnahme hiervon kommt indes in Betracht, wenn dem Täter in Hinblick auf seine bisherigen Erfahrungen unter Alkoholeinfluß vor dem Hintergrund des von ihm weiterhin nicht gezähmten Alkoholgenusses gerade eine derart schwerwiegende Art seines Tatverhaltens zum Vorwurf gemacht werden müßte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15).
(5) In Fällen, in denen die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe in Frage steht, wird der Tatrichter besonders darauf Bedacht zu nehmen haben , daß der schuldmindernde Umstand einer erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit angesichts der Absolutheit der Strafdrohung ohne Strafrahmenverschiebung bei der konkreten Strafzumessung nicht berücksichtigt
werden kann; die Frage der Strafrahmenverschiebung gewinnt im Vergleich zur Prüfung bei zeitigen Freiheitsstrafen deshalb ungleich mehr an Gewicht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 4 StR 54/04). Dies wird zu besonders sorgfältiger Prüfung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände sowie zu einer im Zweifel eher zurückhaltenden Gewichtung zu Lasten des Täters Anlaß geben müssen (vgl. BGH StV 2003, 499). Wenn allein die Wahl zwischen lebenslanger Freiheitsstrafe und einer zeitigen Freiheitsstrafe besteht, müssen deshalb besondere erschwerende Gründe vorliegen, um die mit den Voraussetzungen des § 21 StGB verbundene Schuldminderung so auszugleichen, daß die gesetzliche Höchststrafe verhängt werden darf (st. Rspr., vgl. BGHR § 21 Strafrahmenverschiebung 7, 8, 12, 18, 25; vgl. auch BVerfGE 50, 5, 11). Gebieten solche Umstände wie etwa das schuldsteigernde Tatbild die Versagung einer Strafrahmenverschiebung und die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe, wird eine Feststellung besonderer Schuldschwere nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB trotz erheblich verminderter Schuldfähigkeit nur in besonders gravierenden Ausnahmefällen in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschluß vom 14. Juni 1999 – 5 StR 177/99; vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 25).
Bedenklich kann aus entsprechenden Gründen auch die Verhängung der für das Delikt vorgesehenen zeitigen Höchststrafe aus dem nicht nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB geminderten Strafrahmen trotz erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit sein (vgl. RGSt 69, 314, 317).
(6) Der Senat weist vorsorglich darauf hin, daß das, was für Alkohol gilt, nicht ohne weiteres gleichermaßen auf andere Genuß- und Betäubungsmittel übertragen werden kann (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tage – 5 StR 591/03). Die enthemmende und hierdurch teils aggressionsfördernde Wirkung des Alkohols ist allgemein bekannt. Bei Betäubungsmitteln sind die Wirkungsweisen dagegen differenzierter und unter Umständen weniger konkret vorhersehbar, zumal die Dosierung und die individuelle Verträglichkeit meist von Fall zu Fall erheblichen Schwankungen unterliegen.

c) Dem gefundenen Ergebnis widersprechen weder die historischen Absichten des Gesetzgebers noch der Rechtsgedanke des § 323a StGB.
(1) Die Überlegungen des historischen Gesetzgebers sprechen nicht für einen Grundsatz, wonach im Falle vorwerfbarer Alkoholisierung eine Strafmilderung stets zu versagen ist (Neumann StV 2003, 527, 528 m.w.N.; vgl. aber BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31; Foth DRiZ 1990, 417, 418 ff.; ders. NStZ 2003, 597, 598; zur historischen Entwicklung ausführlich : Rautenberg, Verminderte Schuldfähigkeit, 1984, S. 9 ff. m.w.N.; Schnarr in: Hettinger [Hrsg.], Reform des Sanktionenrechts, 2001, Band 1, S. 7 ff.). Eine dem heutigen § 21 StGB entsprechende Vorschrift wurde erstmals durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl. I, 995) in das deutsche Strafgesetzbuch eingeführt. Aus der amtlichen Gesetzesbegründung ergeben sich für die aufgeworfene Frage keine tragfähigen Hinweise (vgl. ReichsAnz 1933, Nr. 277, Erste Beilage, S. 1, linke Spalte). Die Gesetzesänderung fußte indes auf der umfangreichen kriminalpolitischen Reformdiskussion der Zwanziger Jahre (hierzu näher Foth, jeweils aaO; Rautenberg aaO). Dabei wurde zwar auch eine gesetzliche Ausnahme der vorgesehenen Milderung bei vorwerfbarer Alkoholisierung vorgeschlagen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs von 1925; ebenso bereits § 18 Abs. 2 des Entwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1919 und § 63 Abs. 2 des Vorentwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1909; ausführlich hierzu Rautenberg aaO). Gegen diese Vorschläge wurden jedoch auch zur damaligen Zeit gewichtige Bedenken geltend gemacht (vgl. Alsberg in Aschrott/Kohlrausch [Hrsg.], Reform des Strafrechts, 1926, S. 51, 73 ff.). Letztlich sind die in den Entwürfen verschiedentlich vorgesehenen ausdrücklichen Ausnahmen bei vorwerfbarer Alkoholisierung nicht Gesetz geworden. In den Beratungen der Reichstagsvorlage von 1927 wurde hierzu erklärt, den Reichsrat hätten zwei Gründe veranlaßt, den vorgesehenen Ausschluß einer Strafmilderung bei Trunkenheit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs von 1925) zu strei-
chen und statt der obligatorischen eine fakultative Milderung vorzuschlagen: Zum einen erscheine die Konsequenz unerträglich, dem ganz betrunkenen Täter eine Milderung zu gewähren, nicht aber dem nur halb betrunkenen; zum anderen sei nicht einzusehen, warum die Frage der Selbstverschuldung nur bei der Trunkenheit berücksichtigt werden sollte (vgl. Rautenberg DtZ 1997, 45, 47 m.w.N.). Dies legt nahe anzunehmen, daß der Gesetzgeber in Kenntnis entgegenstehender Vorschläge bewußt auf eine solche Regelung verzichtet hat, also gerade keine zwingende Versagung der Strafmilderung in diesen Fällen wollte (Neumann StV 2003, 527, 528). In der Gesetzesbegründung von 1933 heißt es lediglich, die Annahme verminderter Zurechnungsfähigkeit sei Grundlage für eine Strafmilderung, wobei das Gesetz von den Beschlüssen der Reichstagsausschüsse insoweit abweiche, als die Milderung nicht zwingend sei, sondern in das Ermessen des Richters gestellt werde (ReichsAnz aaO).
Die Gesetzesmaterialien zur Reform des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs in den Sechziger Jahren, die zur Formulierung des § 21 StGB in der heutigen Form geführt hat, sprechen gleichermaßen für eine differenzierende Lösung. § 21 StGB wurde einerseits als Kann-Vorschrift konzipiert , um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Verminderung der Schuldfähigkeit nicht notwendig zu einer Minderung der Schuld in ihrer Gesamtheit führt; im Rahmen einer Gesamtwürdigung sollten außer dem Grad der Schuldfähigkeit auch andere schuldrelevante Umstände berücksichtigt werden können (BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu gehören nach Auffassung des Gesetzgebers nicht nur unmittelbar der Tat anhaftende Schuldumstände wie etwa eine große Anzahl getöteter Menschen, sondern auch schuldrelevante Umstände vor der Tat wie insbesondere die schuldhafte Herbeiführung der verminderten Schuldfähigkeit (ebd.). Ausdrücklich sprach sich der Gesetzgeber andererseits gegen eine Vorschrift aus, wonach die Strafmilderung – entsprechend den Vorschlägen in den Entwürfen von 1909 und 1925 – bei vorwerfbarer Alkoholisierung stets zu versagen sei (BT-Drucks. IV/650, S. 142 rechte Spalte). Zu der entsprechenden Regelung
in § 7 WStG, wonach bei selbstverschuldeter Trunkenheit eine Strafmilderung ausscheidet, wenn die Tat eine militärische Straftat ist, gegen das Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des Dienstes begangen wurde, wird dabei auf die besonderen Anforderungen an militärische Disziplin verwiesen. In das allgemeine Strafrecht könne dieser Rechtsgrundsatz nicht ohne weiteres übertragen werden (ebd.).
Gerade die Vorschrift des § 7 WStG läßt sich systematisch stimmig eher erklären, wenn es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, wonach bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich mangels Minderung der Gesamtschuld von einer Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Abstand zu nehmen ist. Gäbe es nämlich einen solchen Grundsatz, wäre § 7 WStG überflüssig. Unverständlich wäre in diesem Fall auch die Beschränkung des Milderungsverbots auf militärische Straftaten und solche, die gegen das Kriegsvölkerrecht verstoßen oder in Ausübung des Dienstes begangen werden. Aus § 7 WStG folgt vielmehr im Umkehrschluß, daß „selbstverschuldete“ Trunkenheit in anderen Fällen durchaus die Strafe mildern kann, also nicht stets jede Strafmilderung aufgrund des Umstandes ausscheidet, daß der Rauschzustand vorwerfbar herbeigeführt wurde.
Schließlich hat der Gesetzgeber auch im Rahmen der Reformdiskussion anläßlich der deutschen Wiedervereinigung trotz entsprechender Vorschläge gerade nicht diejenigen Normen des Strafrechts der DDR übernommen , wonach eine Strafmilderung bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit ausscheidet, wenn sich der Täter schuldhaft in einen die Zurechnungsfähigkeit vermindernden Rauschzustand versetzt hat (§ 16 Abs. 2 Satz 3 StGBDDR; vgl. auch § 15 Abs. 3 StGB-DDR; dazu näher Neumann StV 2003, 527 mit Fn. 3; Rautenberg DtZ 1997, 45).
(2) Auch die Vorschrift des § 323a StGB spricht nicht für eine Versagung der Strafmilderung in allen Fällen schuldhafter Alkoholisierung. Das Vergehen des Vollrauschs ist von allen anderen Straftatbeständen tatsäch-
lich und rechtlich verschieden (BGHSt 1, 275, 277). Es handelt sich zudem bei dieser Strafnorm um „eine der umstrittensten, wenn nicht die strittigste des ganzen Strafgesetzbuchs“ (Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 1). Auch der Bundesgerichtshof ist deshalb bislang nicht zu einem durchgehend einheitlichen Verständnis dieser Vorschrift gelangt (vgl. etwa BGHSt 10, 247 einerseits, BGHSt 16, 124 andererseits). Der Ort, den – in den Schwierigkeiten der Sache angelegten (vgl. Spendel aaO § 323a Rdn. 2) – Streit zum Verständnis des § 323a StGB zu klären, kann indes nicht die hier zur Entscheidung stehende Frage sein, ob bei zu verantwortender Alkoholisierung eine Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich ausgeschlossen sein sollte oder nicht (vgl. Streng NJW 2003, 2963, 2965).
Die Anwendung des Vollrauschtatbestandes setzt stets voraus, daß der Täter aufgrund nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit wegen seines rechtswidrigen Tuns ansonsten überhaupt nicht bestraft werden könnte. Für eine solche Regelung gibt es unzweifelhaft ein kriminalpolitisches Bedürfnis (vgl. BGHSt [GS] 9, 390, 395; Spendel aaO § 323a Rdn. 2). Diese Frage stellt sich im Rahmen des § 21 StGB jedoch nicht, weil es hier nicht um die Alternative völliger Straflosigkeit, sondern lediglich um die Strafrahmenwahl geht (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Bei § 21 StGB spielen deshalb Gesichtspunkte eine Rolle, die im Rahmen des § 323a StGB aufgrund der notwendigen Struktur des Vollrauschtatbestandes keine Berücksichtigung finden können.
Zudem geht es bei § 21 StGB nicht wie bei § 323a StGB um Rauschzustände, die (zumindest nicht ausschließbar) wegen aufgehobener Schuldfähigkeit den Schuldvorwurf bezüglich des rechtswidrigen Tuns vollständig entfallen lassen. Der Vorschrift des § 323a StGB läßt sich nicht der Rechtsgedanke entnehmen, jeder Rausch, wie stark er auch sei, werde von der Rechtsordnung mißbilligt; aus § 323a StGB läßt sich lediglich folgern, daß ein Rausch dann als rechtswidrig angesehen werden kann, wenn er (zumindest nicht ausschließbar) zur völligen Aufhebung der Steuerungsfä-
higkeit führt, sich der Täter also im Umgang mit seiner Umwelt zu einem völlig unberechenbaren Risiko macht.
Die Ansicht, eine die Steuerungsfähigkeit lediglich vermindernde Alkoholisierung sei für sich schon rechtswidrig oder zumindest schulderhöhend , würde zudem zu Spannungen mit anderen Rechtsgrundsätzen führen. Im Zusammenhang mit der Gastwirtshaftung hat der Bundesgerichtshof etwa festgestellt, daß der Ausschank und Genuß alkoholischer Getränke in Gastwirtschaften zu den allgemein als sozial üblich anerkannten Verhaltensweisen gehört, auch wenn dies nicht selten zu körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen bis zur Grenze der rechtlichen Verantwortlichkeit führt (BGHSt 19, 152, 154). Die Verabreichung alkoholischer Getränke wird als sozial übliches und von der Allgemeinheit gebilligtes Verhalten deshalb auch nicht als pflichtwidrig oder rechtswidrig angesehen (BGHSt 26, 35, 37 f.; vgl. auch Streng NJW 2003, 2963, 2965 m.w.N.). Dies gilt solange, als der Trinkende, sei es auch nur eingeschränkt, rechtlich verantwortlich ist. Anders verhält es sich nur, wenn die Trunkenheit offensichtlich einen solchen Grad erreicht, daß der Trunkene nicht mehr Herr seiner Entschlüsse ist und nicht mehr eigenverantwortlich handeln kann (BGHSt 26, 35, 38).
Hinzu kommt folgendes: Das Spannungsverhältnis zwischen § 323a StGB einerseits und §§ 21, 49 Abs. 1 StGB andererseits läßt sich aufgrund der derzeitigen Gesetzesfassung nicht ohne jeden Wertungswiderspruch lösen (Neumann StV 2003, 527, 528 ff.; Streng NJW 2003, 2963, 2965). Ungereimt erscheint es einerseits, wenn bei Straftaten mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe dem vermindert schuldfähigen Betrunkenen eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gewährt wird und ihm dann eine geringere Strafe droht als demjenigen, der rauschbedingt (zumindest nicht ausschließbar) schuldunfähig handelt (vgl. BGH StV 1997, 73, 75; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dem wird freilich dadurch Rechnung zu tragen sein, daß bei der Strafzumessung im Rahmen des § 323a StGB auf Grundlage des in § 323a Abs. 2 StGB zum Ausdruck ge-
kommenen Rechtsgedankens darauf Bedacht genommen wird, welcher Strafrahmen sich dem weniger Betrunkenen öffnen würde (vgl. BGHR StGB § 323a Strafzumessung 5). Die Auflösung des Widerspruchs durch die generelle Versagung einer Strafrahmenverschiebung bei vorwerfbarer Alkoholisierung (so BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31) geht in Fällen schwererer, den Strafrahmen des § 323a Abs. 1 StGB überschreitender Delikte über das Gebotene hinaus und führt sogleich zu anderen, weit gewichtigeren Wertungswidersprüchen (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Diese ergeben sich augenfällig bei schwerwiegenden Verbrechen, etwa Tötungsdelikten , wenn dem Täter bei verschuldeter Alkoholisierung jede Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB versagt wird, bei noch höherer Alkoholisierung , die nicht ausschließbar zur Schuldunfähigkeit führt, dann anstelle lebenslanger Freiheitsstrafe oder eines Strafrahmens von Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren nur noch Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren gemäß § 323a Abs. 1 StGB angedroht ist (Neumann aaO; vgl. hierzu auch die Gesetzgebungsvorschläge zur Änderung des § 323a StGB in BT-Drucks. 14/545 und 14/759, ablehnend BT-Drucks. 14/9148).

d) Die vom Tatgericht vorgenommene Zubilligung der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB begegnet hier letztlich durchgreifenden Bedenken.
(1) In Anwendung der oben genannten Grundsätze hätte sich das Landgericht bei der notwendigen Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände bei dem Angeklagten G nicht zur Begründung der Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB mit der Überlegung begnügen dürfen, dessen Alkoholisierung sei unverschuldet, weil er weitgehend vom Alkohol beherrscht werde. Es hätte auch erwägen müssen, ob dem etwa schulderhöhend entgegensteht, daß dieser Angeklagte sich zu dem späteren Opfer in der festen Absicht begeben hat, an diesem seine Freude an Gewalttätigkeiten auszuleben, und dabei ersichtlich in Kauf nahm, infolge seiner Alkoholisierung besonders enthemmt zu sein, zudem durch weitere
Alkoholisierung zunehmend enthemmt zu werden. Auch demjenigen, der weitgehend durch Alkohol beherrscht wird, kann unter Umständen schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich trotz Vorhersehbarkeit – zumal weiterer – alkoholischer Enthemmung bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat. Aus den vom Tatrichter getroffenen Feststellungen zu dem schon in der Ausgangssituation gewaltträchtigen Tatgeschehen erschließt sich zwanglos, daß für ihn bei Beginn des Tatgeschehens ohne weiteres vorhersehbar war, daß seine vorhandene und weiter drohende Alkoholisierung das Risiko erheblicher Gewalttaten signifikant erhöht hat; vieles spricht auch dafür, daß er das Aufsuchen dieser gewaltträchtigen Situation ohne weiteres vermeiden konnte.
Es ist zudem nicht ausgeschlossen, daß einer Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bereits die oben genannten Grundsätze der actio libera in causa entgegenstehen. Hierfür reichen indes die bisherigen Feststellungen nicht aus, zumal angesichts des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens; es bleibt nämlich unklar, ob der Angeklagte G , als er den Entschluß faßte, das Opfer zu mißhandeln, bereits in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war oder nicht (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3).
(2) Bei dem Angeklagten M entbehrt die Annahme, auch dessen Trunkenheit sei unverschuldet gewesen, bereits jeder tatsächlichen Grundlage. Das Landgericht hat diese Feststellung ohne nähere Angaben allein auf die Anwendung des Zweifelsatzes gestützt. Der Zweifelsatz bedeutet indes nicht, daß das Gericht von der dem Angeklagten günstigsten Fallkonstellation auch dann ausgehen muß, wenn hierfür – wie vorliegend – keine Anhaltspunkte bestehen (BGH NJW 2003, 2179 m.w.N.). Ohne weitere tatsächliche Anhaltspunkte wird der neue Tatrichter dem Angeklagten M nicht unterstellen dürfen, daß seine Trunkenheit unverschuldet ist; die Feststellungen zu seinem Vorleben bieten hierfür keinerlei Anlaß. Bei der etwaigen Prüfung einer erneuten Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB wird
die Strafkammer in Anwendung der oben genannten Grundsätze einerseits zwar bedenken müssen, daß M nach den bisherigen Feststellungen bislang nicht durch Gewalttaten unter Alkoholeinfluß auffällig geworden ist. Gegen eine Strafrahmenverschiebung dürfte andererseits aber sprechen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben und in dieser weiter dem Alkohol zugesprochen hat.
(3) Es läßt sich auch nicht ausschließen, daß der Rechtsfolgenausspruch auf einer etwa fehlerhaft zugebilligten Strafrahmenverschiebung beruht. Die Höhe der verhängten Strafen erscheint zwar für die von der Staatsanwaltschaft noch beim Schöffengericht angeklagte Tat im Ergebnis nicht unangemessen. Angesichts des gesamten Tatbildes läßt sich von Seiten des Revisionsgerichts aber auch nicht etwa feststellen, daß eine etwas schwerere Bestrafung nicht mehr schuldangemessen wäre.
(4) Die Feststellungen des Tatgerichts zum Strafausspruch – und damit auch diejenigen zu den Voraussetzungen des § 21 StGB – sind insgesamt aufzuheben (§ 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter wird danach (sachverständig beraten) die bisherigen Befunde zur Alkoholisierung der Angeklagten , namentlich in Hinblick auf die Fahrfähigkeiten G s und fehlende Angaben bei M , kritisch zu hinterfragen haben. Gegebenenfalls wird zumindest bei dem Angeklagten G zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) vorliegen und diese Maßregel deshalb neben der Strafe anzuordnen ist.

III.


Die Revision des Angeklagten M ist offensichtlich unbegründet. Die tatgerichtlichen Feststellungen zu seiner sicheren Identifizierung als Mittäter – bei mißlungenem Alibibeweis – sind sachlichrechtlich nicht zu beanstanden. Zulässige verfahrensrechtliche Beanstandungen im Zusammenhang mit Wiedererkennungsleistungen sind nicht erhoben worden.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Brause

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 ARs 16/15
vom
28. April 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
hier: Anfragebeschluss des 3. Strafsenats vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15
ECLI:DE:BGH:2016:280416B4ARS16.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. April 2016 gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG beschlossen:
1. Der Senat versteht die Anfrage des 3. Strafsenats wie folgt:
a) Die Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ist eine Ermessensentscheidung des Tatrichters.

b) Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung kann im Einzelfall die selbstverschuldete Trunkenheit die Versagung der Strafmilderung tragen, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse nicht festgestellt ist.
2. Soweit der so verstandenen Anfrage Rechtsprechung des 4. Strafsenats entgegensteht, hält er daran nicht fest.

Gründe:


I.


1
Der 3. Strafsenat hat über die Revision eines Angeklagten zu entscheiden , der wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt worden ist. Das Landgericht hat dem Angeklagten eine Strafrahmenmilderung nach § 213 bzw. §§ 21, 49 Abs. 1 StGB versagt und dies damit begründet, dass die Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten auf einer von ihm selbst zu verantwortenden, verschuldeten Trunkenheit beruhe. Feststellungen zu einer vorhersehbar signifikanten Erhöhung des Risikos der Begehung vonStraftaten infolge der Alkoholisierung aufgrund persönlicher oder situativer Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239, 241) hat das Landgericht nicht getroffen.
2
Der 3. Strafsenat beabsichtigt, die Revision des Angeklagten zu verwerfen und zu entscheiden: „Der Tatrichter übt sein Ermessen beider Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich nicht rechtsfehlerhaft aus, wenn er im Rahmen einer Gesamtwürdigung der schuldmindernden Umstände die Versagung der Strafmilderung allein auf den Umstand stützt, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfä- higkeit des Täters auf von diesem verschuldeter Trunkenheit beruht.“
3
Er hat gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei den übrigen Strafsenaten angefragt, ob deren Rechtsprechung entgegensteht und ob – sollte dies der Fall sein – daran festgehalten wird.

II.


4
Der Senat versteht die Anfrage des 3. Strafsenats wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich. Soweit der so verstandenen beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats Rechtsprechung des 4. Strafsenats entgegensteht (Beschluss vom 7. September 1989 – 4 StR 433/89, BGHR StGB § 21 Vorverschulden 1; vgl. auch – wenngleich hinsichtlich der Vorlagefrage nicht tragend – Urteile vom 15. Dezember 2005 – 4 StR 314/05, NStZ 2006, 274 f. und vom 23. Februar 2006 – 4 StR 444/05, NStZ-RR 2006, 185, 186), hält der Senat an dieser Rechtsprechung nicht fest.
5
Bei der Entscheidung, ob dem Angeklagten die Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zugute kommen soll, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des Tatrichters (BGH, Beschluss vom 24. September 1990 – 4 StR 369/90, BGHR § 21 Strafrahmenverschiebung 21; Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239, 241), die revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (BGH, Urteile vom 29. Oktober 2008 – 5 StR 456/08, NStZ 2009, 202, 203 und vom 7. Mai 2009 – 5 StR 64/09, NStZ 2009, 496, 497). Es ist Aufgabe des Tatrichters, auf Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen und gegeneinander abzuwägen (BGH, Urteile vom 24. März 2015 – 5 StR 6/15 Rn. 7 und vom 31. Juli 2014 – 4 StR 216/14 Rn. 4). Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (st. Rspr.; siehe etwa BGH, Urteil vom 2. August 2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336 f.; BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2007 – 5 StR 530/07, NStZ-RR 2008, 310 f.; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 46 Rn. 146 mwN).
6
Im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände ist dabei die selbst zu verantwortende Trunkenheit ein zu berücksichtigender Umstand unter anderen (vgl. BGH, Urteile vom 15. Dezember 2005 – 4 StR 314/05, vom 23. Februar 2006 – 4 StR 444/05, jeweils aaO, und vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239, 241). Feste Regeln, die der Tatrichter bei dieser Abwägung zu beachten hätte, und insbesondere, welches Gewicht er einzelnen Umständen beizumessen hätte, befürwortet der Senat nicht. Im Rahmen der vom Tatrichter zu treffenden Ermessensentscheidung kann deshalb auch die selbst zu verantwortende Trunkenheit den Ausschlag dafür geben, im Einzelfall die Strafmilderung nach §§ 21, 49 StGB zu versagen.
Das Revisionsgericht prüft diese Ermessensentscheidung lediglich daraufhin nach, ob dem Tatrichter ein Rechtsfehler unterlaufen ist.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 490/02
vom
7. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Januar 2003 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 18. Juli 2002 im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes und Vergewaltigung zu lebenslanger Freiheitsstrafe (als Gesamtstrafe) verurteilt und die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten festgestellt. Es hat außerdem dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, daß 15 Jahre der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen sind. Die Revision des Angeklagten, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt, führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs. Im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte die Halbschwester seiner Ehefrau erdrosselt, um die zuvor von ihm begangene Vergewaltigung des Tatopfers zu verdecken. Das Landgericht hat für den Mord auf lebenslange , für die Vergewaltigung auf sechs Jahre Freiheitsstrafe als Einzelstrafe erkannt. Es hat bei beiden Taten nicht auszuschließen vermocht, daß die Hemmungsfähigkeit des Angeklagten infolge Alkoholgenusses im Zusammenwirken mit einer Persönlichkeitsstörung erheblich vermindert war (§ 21 StGB). Gleichwohl hat die Strafkammer von der danach gegebenen Möglichkeit, den jeweiligen Strafrahmen gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu mildern, weder beim Mord noch bei der Vergewaltigung Gebrauch gemacht. Zur Begründung hat das Landgericht bei beiden Straftaten maßgeblich darauf abgestellt, der Angeklagte sei wegen Gewaltdelikten, die er unter Alkoholeinfluß begangen habe, vorverurteilt gewesen. Ihm sei deshalb vorzuwerfen, daß er sich, "noch frei in seinen Entscheidungen" , entschlossen habe, wieder zu trinken. Seinen Zustand habe er in Kenntnis seiner Gefährlichkeit gerade Frauen gegenüber herbeigeführt. Diese Begründung begegnet in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Zwar kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB abgelehnt werden, wenn der Täter schon früher unter Alkoholeinfluß straffällig geworden ist und deshalb wußte oder sich dessen hätte bewußt sein können, daß er in einem solchen Zustand zu Straftaten neigt (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 3, 6, 9 und 14 m.w.N.). Allerdings dürfen dem vermindert schuldfähigen Täter solche Taten nicht schulderhöhend angerechnet werden, mit deren Begehung er aufgrund des Ausmaßes und der Intensität seiner bisher unter Alko-
holeinwirkung begangenen Straftaten nicht rechnen konnte (BGHSt 35, 143, 145; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 6 und 14).
Weitere Voraussetzung für eine Versagung der Strafrahmenmilderung ist, daß dem Angeklagten die Alkoholaufnahme zum Vorwurf gemacht werden kann. Dies kommt in der Regel dann nicht in Betracht, wenn der Täter alkoholkrank ist oder wenn der Alkohol den Täter zumindest weitgehend beherrscht, wenn also in der aktuellen Alkoholaufnahme kein schulderhöhender Umstand gesehen werden kann (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 19; BGH NStZ-RR 1999, 12).
Daß diese Voraussetzungen hier vorliegen, hat das Landgericht nicht ausreichend festgestellt.
Es hätte hierzu zunächst der näheren Darlegung der Straftaten bedurft, die nach Überzeugung der Strafkammer zur Tatzeit auf eine alkoholbedingt erhöhte Gewaltbereitschaft des Angeklagten insbesondere Frauen gegenüber schließen lassen. Allein die pauschale Feststellung, der Angeklagte sei bereits früher unter Alkoholeinfluß straffällig geworden und wegen Raubes und Körperverletzung sowie wegen versuchten (schweren) Diebstahls bereits vorbestraft gewesen, vermag dies nicht zu belegen. Soweit die Strafkammer davon ausgeht, es sei vor den hier abgeurteilten Taten "schon zweimal vorgekommen , daß der Angeklagte alkoholisiert seine Ehefrau vergewaltigt" habe (UA 8), fehlt es ebenfalls an der Mitteilung von Einzelheiten zu den Umständen dieser Taten, insbesondere zum Ausmaß der vom Angeklagten angewandten Gewalt und zum Grad seiner Alkoholisierung. Die beiden massiven Sexualdelikte, derentwegen der Angeklagte in den Jahren 1993 und 1997 verurteilt wurde, be-
ging er erst nach den hier ausgeurteilten Straftaten. Diese Taten können deshalb bei der Prüfung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB keine Berücksichtigung finden.
Nach den getroffenen Feststellungen liegt es zudem nahe, daß dem Angeklagten der Alkoholkonsum nur eingeschränkt zum Vorwurf gemacht werden kann, weil er zur Tatzeit alkoholkrank war. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, daß der Angeklagte bereits im Alter von 15 Jahren begann, regelmäßig Alkohol zu trinken und sich bei ihm schon früh das "Vollbild einer Alkoholkrankheit" ausbildete. Er hatte sich zu einem jungen Erwachsenen mit selbstunsicherer Persönlichkeit entwickelt, der sich unter Alkoholeinfluß stärker fühlte. Das Trinken gehörte zu seinem Leben. Die sachverständig beratene Strafkammer ist deshalb zu dem Ergebnis gelangt, der Angeklagte sei zur Tatzeit alkoholabhängig gewesen.
Angesichts dieser Umstände durfte sich das Landgericht nicht darauf beschränken festzustellen, der Angeklagte habe sich am Tattag zum Alkoholkonsum entschlossen, als er "noch frei in seiner Entscheidung war". Es hätte sich vielmehr ausdrücklich damit auseinandersetzen müssen, ob angesichts seiner Alkoholabhängigkeit in der Alkoholaufnahme überhaupt ein Umstand gesehen werden kann, der es rechtfertigt, von der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 StGB abzusehen.
Schließlich wird das Urteil auch nicht den erhöhten Anforderungen gerecht , die an die Ablehnung einer Strafrahmenverschiebung zu stellen sind, wenn, wie hier beim Mord, allein die Wahl zwischen lebenslanger und zeitiger Freiheitsstrafe besteht. In einem solchen Fall müssen besondere erschweren-
de Umstände vorliegen, um die mit den Voraussetzungen des § 21 StGB verbundene Schuldminderung so auszugleichen, daß die gesetzliche Höchststrafe verhängt werden darf (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 18 m.w.N.). Es fehlt insoweit bereits an der gebotenen Gesamtabwägung aller für und gegen den Täter sprechenden schuldrelevanten Umstände (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 24).
2. Demgemäß muß für beide Taten die Strafe neu zugemessen werden. Die Aufhebung des Strafausspruchs erfaßt zwangsläufig auch die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld des Angeklagten (§ 57 a StGB).
Daß sich der Angeklagte im Tatzeitpunkt in einem Zustand befunden hat, in dem seine Einsichtsfähigkeit gefehlt hat oder seine Steuerungsfähigkeit vollständig aufgehoben war, kann der Senat angesichts der getroffenen Feststellungen ausschließen.
3. Der Senat hat auch den Maßregelausspruch aufgehoben, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, über den Rechtsfolgenausspruch gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines weiteren psychiatrischen Sachverständigen insgesamt neu zu entscheiden. Darüber hinaus wird hinsichtlich der rechtlich bedenklichen Feststellungen zum Vorliegen eines Hanges, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, und zu der rechtsfehlerhaften Anordnung des Vorwegvollzugs der Strafe (vgl. insoweit BGHSt 37, 160) auf
die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 25. November 2002 verwiesen.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 233/04
vom
16. September 2004
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. September
2004, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
in Begleitung von Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 22. Januar 2004 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die Revision des Angeklagten wird verworfen. 4. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie die hierdurch im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenklägerin zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen tateinheitl ich begangener zweifacher gefährlicher Körperverletzung mit tateinheitlich begangener zweifacher versuchter gefährlicher Körperverletzung mit Widerstand gegen Vollstrekkungsbeamte und unerlaubtem Besitz von Schußwaffen zu einer Freiheitsstrafe
von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision eine Verurteilung des Angeklagten auch wegen versuchten Totschlags. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Dagegen ist die Revision des Angeklagten unbegründet.

I.


Die Revision der Staatsanwaltschaft
1. Die Begründung, mit welcher das Landgericht einen bedingten Tötungsvorsatz ausgeschlossen hat, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Nach den Feststellungen gab der Angeklagte, der sich durch seine Nachbarin und drei weitere Frauen in seiner Nachtruhe gestört fühlte und diese vertreiben wollte, vom Fenster seines im Erdgeschoß gelegenen Schlafzimmers mit einem halbautomatischen Selbstladegewehr Kaliber 22 aus der Hüfte heraus in schneller Folge sechs Schüsse auf die rund 27 Meter entfernten Frauen ab. Eine der Frauen wurde durch einen Geschoßsplitter von einem Abpraller am rechten Oberschenkel verletzt; eine Frau erlitt einen Durchschuß am rechten Fuß. Die beiden anderen Frauen wurden nicht getroffen. Die durch einen Ingenieur für Waffentechnik sachverständig beratene Strafkammer hat sich davon überzeugt, daß die Flugbahnen von insgesamt fünf Geschossen - einschließlich eines Pfostenschusses - in Richtung der Personengruppe verliefen. Die Geschoßwirkung reichte aus, um auf eine Entfernung von 25 Metern zwei hintereinander eingespannte Holzbretter von jeweils 20 mm zu durchschlagen. Aufgrund eines Treffers an einem Betonpfosten in Höhe von rund
1,10 Meter sowie des Spurenbildes der übrigen Einschüsse hat die Strafkammer ausgeschlossen, daß der Angeklagte in den Boden schießen wollte, um die Frauen zu vertreiben. Aufgrund der festgestellten Umstände habe es der Angeklagte nicht in der Hand gehabt, wo und wie er getroffen habe.
Wenn das Landgericht bei dieser Sachlage von bedingtem Körperverletzungsvorsatz ausgegangen ist, weil der Angeklagte trotz der festgestellten Alkoholisierung (BAK maximal 2,18 o/oo) erkannt hatte, daß ein Feuern mit dem Kleinkalibergewehr auf die Frauen die körperliche Unversehrtheit dieser Personen verletzen konnte und dies billigend in Kauf nahm, ist nicht ersichtlich, warum er trotz Kenntnis von der Gefährlichkeit seines Handelns die Gefahr des Todes der Frauen nicht erkannt haben könnte. Wer - wie der im Umgang mit Schußwaffen und deren Wirkungen vertraute Angeklagte - sich dessen bewußt war, daß bei der gegebenen Vorgehensweise das Trefferbild unklar sein würde und deshalb die abgefeuerten Projektile ohne weiteres die im Einwirkungsbereich der Schüsse befindlichen Personen treffen konnten, weiß auch um deren mögliche tödliche Wirkung.
Die Auffassung des Landgerichts, dem Angeklagten sei nur bedingter Körperverletzungsvorsatz nachzuweisen, läßt besorgen, daß es sich zwar von dem für den bedingten Tötungsvorsatz notwendigen Wissenselement überzeugt hat, aber zu hohe Anforderungen an das Vorliegen des Willenselements gestellt hat. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird in der Regel das Vertrauen auf ein Ausbleiben des tödlichen Erfolges dann zu verneinen sein, wenn der vorgestellte Ablauf eines Geschehens einem tödlichen Ausgang so nahe ist, daß nur noch ein glücklicher Zufall diesen verhindern kann (vgl. nur BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 38).

2. Soweit das Landgericht bei der Verneinung bedingten Tötungsvorsatzes darauf abstellt, daß der Angeklagte "deutlich minderbegabt ist", erhellt sich nicht, was damit konkret zum Ausdruck gebracht werden soll. Nach den Ausführungen des in der Hauptverhandlung gehörten psychiatrischen Sachverständigen wirkt der Angeklagte deutlich minderbegabt, wobei die Minderbegabung jedoch nicht ein Ausmaß erreiche, daß auf Grund dieser eine verminderte Steuerungsfähigkeit i. S. d. § 21 StGB anzunehmen sei. Eine vorhandene Minderbegabung spielt, was allgemein die Schuld betrifft, jedoch keine Rolle. Sie kann strafrechtlich nur dann von Bedeutung sein, wenn sie sich auf die konkrete Tat ausgewirkt hat. Hierfür gibt es bei dem im Umgang mit Waffen vertrauten Angeklagten, der auch die Tatwaffe in den vergangenen Jahren dazu benutzt hatte, Jagd auf Greifvögel zu machen, keinen Anhalt.
3. Zu den Einwendungen der Staatsanwaltschaft gegen den Strafausspruch , insbesondere zu dem Vorbringen, das Landgericht habe zu Unrecht von der Möglichkeit der Strafrahmenverschiebung nach § 21, 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht, bemerkt der Senat:

a) Rechtliche Bedenken bestehen bereits gegen die Annahme, der Angeklagte sei schon deshalb in seiner Steuerungsfähigkeit alkoholbedingt erheblich vermindert gewesen, weil bei ihm eine BAK von maximal 2,18 o/oo festgestellt und die einschreitenden Polizeibeamten den Eindruck hatten, der Angeklagte sei stark alkoholisiert. Diese Ausführungen lassen besorgen, daß die Strafkammer nicht die nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geforderte umfassende Gesamtwürdigung zu der Frage vorgenommen hat, ob beim Angeklagten unter Berücksichtigung der Vorgeschichte der
Tat, seines Verhaltens vor, während und nach der Tat und seiner Alkoholgewöhnung zur Tatzeit eine durch Alkoholrausch bedingte krankhafte seelische Störung vorgelegen hat (BGHSt 43, 66, 69). Es fehlt nicht nur eine nähere Auseinandersetzung mit den Trinkgewohnheiten des Angeklagten, sondern den Urteilsgründen sind auch keine Ausführungen zur Vorgeschichte der Tat und zum Einfluß des Alkohols auf das Leistungsverhalten bei der Tatbegehung und das Nachtatverhalten zu entnehmen. Den bisherigen Feststellungen ist nur zu entnehmen, daß der Angeklagte pro Woche ca. einen Kasten Bier trinkt, und daß der Tat über längere Zeit nachbarschaftliche Streitigkeiten vorausgegangen sind. Andererseits verhielt sich der Angeklagte, der nach den Feststellungen zunächst geschlafen hatte, kurz nach der Tat noch situationsadäquat.

b) Das Urteil läßt auch nicht erkennen, daß sich die Strafkammer bewußt war, daß es sich bei der Frage, ob eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit erheblich im Sinne des § 21 StGB ist, um eine Rechtsfrage handelt, die der Tatrichter - ohne Bindung an Äußerungen von Sachver ständigen - in eigener Verantwortung zu beantworten hat (BGHSt aaO S. 77).

c) Bei der weiteren Entscheidung, ob bei Vorliegen erheblich verminderter Schuld eine Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB vorgenommen werden soll, hat die Strafkammer zwar erörtert, daß eine Schuldmilderung dann ausgeschlossen sein kann, wenn die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Täters auf verschuldeter Trunkenheit beruht (vgl. dazu BGHSt aaO S. 77 f.). Sie hat aber eine verschuldete Trunkenheit mit der Begründung verneint, der Angeklagte sei nicht in der Lage gewesen, die mit der Alkoholisierung einhergehende Gefährdung der Allgemeinheit richtig einzuschätzen : "Die Minderbegabung des Angeklagten hinderte diesen daran, bei
Aufnahme des Alkohols die Gefahren zu erkennen, die mit der Aufnahme verbunden sind." Dieser Schluß der Kammer wird weder von den bisherigen Feststellungen getragen noch entspricht er der Lebenserfahrung. Nach den bisher mitgeteilten persönlichen Verhältnissen hat der fast 70 Jahre alte Angeklagte sein bisheriges Leben durchaus gemeistert. Er ist bisher nicht vorbestraft und hat ein rechtschaffendes Berufsleben als Pflasterer und als Busfahrer geführt. In seiner Freizeit beschäftigte er sich mit der Bienen- und Taubenzucht und gehörte lange Jahre dem Schützenverein an. Ohne nähere Darlegung über das Ausmaß und den Einfluß einer Minderbegabung auf die Lebensgestaltung des Angeklagten liegt es nach dem bisher mitgeteilten Lebenslauf eher nahe, daß der Angeklagte - wie jedermann - die Gefahren des Alkohols kennt.
4. Die nach Zurückweisung der Sache nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer wird Gelegenheit haben, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB neu zu prüfen und die Gründe für die zu Gunsten des Angeklagten vorgenommene Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB näher darzulegen. Im übrigen wird zu erwägen sein, ob nach den getroffenen Feststellungen nicht nur - wie vom Landgericht angenommen - die Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt ist, sondern auch die Voraussetzungen für die (versuchte) gefährliche Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung i. S. d. § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB vorliegen.

II.


Die Revision des Angeklagten
Die Nachprüfung des Urteils auf die Rüge der Verletzun g materiellen
Rechts hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. 1. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers tragen die fehlerfrei getroffenen Feststellungen den Schuldspruch.

a) Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten, er habe nur in den Boden schießen wollen, um die Frauen zu vertreiben, für widerlegt erachtet. Die dem zugrundeliegenden Beweiserwägungen beruhen auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage.
Nach den Feststellungen hatte der im Umgang mit Schußwaffen geübte Angeklagte von seinem Standort an dem - wie sich aus den gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO in Bezug genommenen Lichtbildern ergibt - im Erdgeschoß seines Anwesens befindlichen Schlafzimmerfenster freien Blick auf die rund 27 Meter entfernte Gartenbank, in deren Bereich sich die vier Tatopfer aufhielten. Das Landgericht hat weiter festgestellt, daß der Angeklagte auf Grund der örtlichen Gegebenheiten ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, in sehr kurzer Entfernung vor seinem Schlafzimmerfenster in den Boden zu feuern, wenn es ihm nur darauf angekommen wäre, die Frauen zu vertreiben. Der Angeklagte gab gleichwohl aus der Hüfte in schneller Folge sechs Schüsse in Richtung der Frauengruppe ab. Die Einschußbeschädigungen fanden sich überwiegend im Bereich der Gartenbank und der benachbarten Haustüre. Die Geschädigte H. erlitt einen direkten Durchschuß am Fuß, die Geschädigte S. wurde durch einen Geschoßsplitter am Oberschenkel verletzt. Dies steIlt eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Überzeugung der Strafkammer dar, daß der zwar alkoholisierte, sich jedoch gegenüber den wenig später eintreffenden Polizeibeamten situationsangemessen verhaltende Angeklagte bewußt auf die vier Frauen geschossen und billigend in Kauf genommen hat, diese zu
verletzen.

b) Daß das Landgericht insoweit nur (versuchte) gefährliche Körperverletzungen mittels einer Waffe (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB), nicht dagegen auch mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) angenommen hat, beschwert den Angeklagten nicht.

c) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat das Landgericht zu Recht Widerstand in einem besonders schweren Fall nach § 113 Abs. 2 Nr. 1 StGB angenommen. Der Täter verwendet die Waffe schon dann, wenn er sie zur Drohung mit Gewalt einsetzt (BGHSt 27, 176, 180). Im übrigen hat das Landgericht der Erfüllung des Regelbeispiels im Hinblick auf den geringen Unwert der Tat für die "tateinheitlich auszusprechende Strafe" ausdrücklich kein Gewicht beigemessen.
2. Die Strafzumessung bewegt sich innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Beurteilungsspielraums und weist keinen Rechtsfehler auf.
Wahl Boetticher Schluckebier Richterin am BGH Elf ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Wahl Graf

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 254/04
vom
19. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Oktober
2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und Rechtsanwältin
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 1. Dezember 2003 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das oben benannte Urteil wird verworfen. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die hierdurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen.

Von Rechts wegen

Gründe:


I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Körperverletzung gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. An einem Schuldspruch wegen versuchten Totschlags sah sich die Straf-
kammer wegen Rücktritts des Angeklagten gehindert. Die Darlegungen hierzu beanstandet die Staatsanwaltschaft unter Erhebung der Sachrüge mit Erfolg. Der Angeklagte rügt ebenfalls die Verletzung materiellen Rechts. Die Strafkammer habe insbesondere zu Unrecht davon abgesehen, bei dem zur Tatzeit alkoholbedingt nicht ausschließbar erheblich vermindert schuldfähigen Angeklagten den Strafrahmen gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB herabzusetzen. Der Revision des Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.

II.


Die Strafkammer hat festgestellt:
Am Abend des 23. Dezember 2002 begab sich der damals 39jährige Angeklagte nach dem Besuch einer Pilsbar in Nürnberg nach R. in die ihm vertraute Gaststätte "F. " und "nervte" dort die Gäste mit seinen Sprüchen. Mit dem späteren Geschädigten, dem Zeugen W. , den er lange kannte und neben den er sich schließlich gesetzt hatte, unterhielt er sich über alte Zeiten. Dabei - es war inzwischen 23.30 Uhr geworden - bezeichnete der Angeklagte den Zeugen W. wegen eines ca. zwanzig Jahre zurückliegenden Vorfalls in der Jugendgruppe, der beide angehörten, als Verräter, ohne daß der Zeuge W. dies jedoch sonderlich ernst nahm. Da der Angeklagte der Aufforderung, damit aufzuhören, nicht nachkam, und stattdessen weiter insistierte, drehte sich W. mit den Worten "laß mich doch in Ruhe" und mit einer abwehrenden Handbewegung, die das Gesicht des Angeklagten streifte, einfach weg. Über dieses Desinteresse geriet der Angeklagte in Wut. Er nahm W. , zunächst noch sitzend, mit dem linken Arm in den "Schwitzkasten", aus dem dieser sich vergeblich herauszuwinden versuchte. Als der Angeklagte im
Verlauf der Rangelei mit dem Geschädigten im Arm aufstand, fiel - auch - das Weizenbierglas des Angeklagten um und zerbrach. Schließlich zog der Angeklagte den nach wie vor im "Schwitzkastengriff" gehaltenen, wegen Ausrutschens kurzzeitig weggesackten Geschädigten mit dem linken Arm unter dem Kinn erneut hoch - dessen Hals war deshalb gestreckt -, ergriff mit der rechten Hand den scharfkantigen Fuß des zerbrochenen Weizenbierglases und stieß ihm den Glasstumpf von unten mit Wucht vorne in die freie Halsregion. Der Angeklagte fügte dem Zeugen W. eine tiefe, 15 cm lange und stark blutende Stich-Schnittverletzung zu. Dies hätte, obwohl kein großes Halsgefäß verletzt wurde, ohne schnellen Wundverschluß zu einem tödlichen Blutverlust führen können. "Ohne daß er von dem Geschädigten durch Abwehrbewegungen oder durch die anderen Anwesenden oder sonst durch einen Umstand am weiteren Zustechen gehindert worden wäre, stach der Angeklagte nicht mehr auf den Geschädigten ein, sondern ließ den Glasstumpf fallen. Er hielt den Geschädigten jedoch weiterhin im 'Schwitzkasten', wobei der verletzte Halsbereich verdeckt war. Dem Angeklagten war bei der Ausführung des Stiches mit dem Glasstumpf klar, daß er mit dem von ihm geführten Stich in den Hals den Geschädigten auch tödlich verletzen konnte. Diese Folge nahm er billigend in Kauf. Der Angeklagte, der zwar wußte, daß er den Geschädigten am Hals verletzt hatte, ging jedoch zu diesem Zeitpunkt, als er die Wunde noch nicht sah, nicht davon aus, daß die Verletzung des Geschädigten lebensgefährlich oder gar tödlich war." Von der Wirtin am linken Arm gezogen, ließ der Angeklagte den Geschädigten dann los. Andere Gäste ergriffen erste Hilfsmaßnahmen. Die Wirtin rief den Notarzt. Der Geschädigte wurde ins Krankenhaus verbracht und sofort operiert. Wegen Verletzung der entsprechenden Muskelpartien hat er nach wie vor Schluck- und Sprechbeschwerden. Die Narbe am Hals wird den Geschädigten dauerhaft entstellen.

Im Verlauf des Abends hatte der Angeklagte vier Pils, fünf Gläser Weizenbier und drei Schnäpse getrunken. Seine Blutalkoholkonzentration betrug zur Tatzeit maximal 2,25 Promille. Der vereinsamte, arbeitslose Angeklagte ist trinkgewohnt. Er, so stellt die Strafkammer seinen Angaben folgend fest, hat vor der Tat ein bis zweimal wöchentlich - jedoch immer nach der Arbeit - Alkohol in größeren Mengen zu sich genommen. Im Zeitraum von 1998 bis 2002 befand er sich insgesamt sechs Mal zur Ausnüchterung in Polizeigewahrsam. Nach dem Tatgeschehen hat der Angeklagte seinen Alkoholkonsum eingeschränkt , was ihm, so ließ er sich ein, nicht schwer gefallen sei, da er keinen Alkohol brauche. Die sachverständig beratene Strafkammer konnte alkoholbedingte erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt nicht ausschließen. Eine Alkoholabhängigkeit, einen Hang, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, verneint sie. Vorbestraft ist der Angeklagte nicht.

III.


1. Zur Revision der Staatsanwaltschaft:
Der Senat verkennt nicht, daß sich die Strafkammer von dem Bemühen leiten ließ, der Tat und dem Täter bei der Bewertung des Geschehens und insbesondere im Rechtsfolgenausspruch gerecht zu werden. Die Darlegungen der Strafkammer zum strafbefreienden Rücktritt des Angeklagten vom Tötungsversuch tragen gleichwohl nicht.
Zutreffend hat die Strafkammer für die Abgrenzung des unbeendeten vom beendeten Versuch und damit für die Voraussetzungen strafbefreienden Rücktritts gemäß § 24 Abs. 1 1. Alt. StGB - denn zur Rettung des Geschädigten beizutragen , hatte der Angeklagte nichts beigetragen (§ 24 Abs. 1 2. Alt. StGB) und sich darum auch nicht bemüht (§ 24 Abs. 2 StGB) - darauf abgestellt, ob der Angeklagte nach der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs für möglich hielt - sogenannter Rücktrittshorizont - (seit BGHSt 31, 170; vgl. Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 24 Rdn. 15). Das Landgericht hat dies verneint. Die Strafkammer hat dabei nicht verkannt, daß bei dem mit bedingtem Tötungsvorsatz handelnden Täter Umstände festgestellt werden müssen, welche die Wertung des Gerichts rechtfertigen , der Täter habe bei Beendigung der Tathandlung einen tödlichen Erfolg nicht (mehr) für möglich gehalten (BGH - Senat - NStZ 1999, 299). Die Feststellungen hierzu sind jedoch nicht frei von Widersprüchen.
Die fehlende Vorstellung des Angeklagten von möglicherweise lebensgefährlichen Verletzungen nach der Beifügung des Stichs hat die Strafkammer allein daraus gefolgert, daß der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt die Wunde noch nicht gesehen hatte. Der allein hieraus gezogene Schluß steht aber im Widerspruch zu den Feststellungen der Strafkammer zum übrigen Tatgeschehen. Danach bedurfte es nicht erst eines Blicks auf die Wunde, um beim Angeklagten das Bewußtsein für die möglicherweise tödlichen Folgen seines dem Geschädigten beigefügten Stichs zu wecken beziehungsweise aufrechtzuerhalten.
Wenn der Angeklagte - wie die Strafammer festgestellt hat - den Glasstumpf , gefährlich wie ein Messer, mit Wucht von vorne gegen den von ihm
gestreckten Hals des Geschädigten in dem Bewußtsein, diesen mit dem Zustechen tödlich verletzen zu können, also mit bedingtem Tötungsvorsatz führte, leuchtet es nicht ein, ist es - jedenfalls ohne weitere Darlegungen - nicht ohne weiteres nachvollziehbar, warum der Angeklagte, nachdem er wie beabsichtigt zielgenau getroffen hatte, mit einer tödlichen Folge seines Stichs nun plötzlich nicht mehr gerechnet haben soll. Nach dem Stich mag der Angeklagte über sich selbst erschrocken sein, möglicherweise hielt er deshalb inne. Er mag gewünscht und gehofft haben, daß sein Verhalten doch keine ernsthaften Verletzungen zeitigte. Ein möglicher negativer Ausgang stand ihm gerade dann aber klar vor Augen.
Der Blick auf die Wunde und den am Boden liegenden Geschädigten verschaffte ihm Gewißheit über die tatsächliche Gefahr. Für die Frage des strafbefreienden Rücktritts vom Tötungsversuch hat dies im vorliegenden Fall allerdings keine Relevanz mehr. Zu diesem Zeitpunkt war die für die Entscheidung der Frage, ob aus Sicht des Angeklagten ein beendeter oder ein unbeendeter Versuch vorlag, maßgebende Zeitspanne bereits abgelaufen, denn der Angeklagte hatte keine Angriffsmöglichkeit mehr (vgl. BGHSt 31, 170 [176]; 36, 224 [225]). Der Geschädigte war durch die Umstehenden geschützt. Den Glasstumpf hatte der Angeklagte gleich nach dem ersten Stich fallen lassen. Auf die Frage der - umgekehrten - "Korrektur des Rücktrittshorizonts" (vgl. BGH NStZ 1998, 614) kann es deshalb hier nach den bisherigen Feststellungen der Strafkammer nicht mehr ankommen.
Da neue widerspruchsfreie Feststellungen, die einer Verurteilung wegen versuchten Totschlags entgegenstehen, nicht ausgeschlossen sind, kann der
Senat den Schuldspruch nicht selbst ändern. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
2. Zur Revision des Angeklagten:

a) Es mag dahinstehen, ob die Feststellungen des Landgerichts die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit tragen. Denn dies belastet ihn nicht.
Es ist frei von Rechtfehlern, daß die Strafkammer trotz verminderter Schuldfähigkeit davon abgesehen hat, den Strafrahmen gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu verschieben. Dies steht in Einklang mit Tendenzen der neueren Rechtsprechung zur Bewertung zu verantwortender Trunkenheit in diesem Zusammenhang (vgl. BGH NStZ 2003, 480; BGHR § 21 Strafrahmenverschiebung 32; BGH, Beschluß vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04 -).
Der Tatrichter entscheidet über die fakultative Strafrahmenverschiebung aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Gesichtspunkte. Beruht die erheblich verminderte Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit , spricht dies allerdings auch ohne einschlägige Vorverurteilungen in der Regel gegen eine Verschiebung des Strafrahmens. Einer umfassenden Darstellung aller in die Abwägung einzubeziehenden Umstände in den schriftlichen Urteilsgründen bedarf es nur in Ausnahmefällen. Es genügt die Mitteilung der ausschlaggebenden Aspekte. Revisionsrechtlicher Überprüfung ist die Entscheidung über die fakultative Strafrahmenverschiebung nur eingeschränkt zugänglich; insoweit steht dem Tatrichter ein weiter Ermessensspielraum zu. Diesen respektiert der Senat.
Die knappe, auf die Mitteilung der wesentlichen Umstände beschränkte Begründung der Strafkammer zur Ablehnung der fakultativen Strafrahmenver-
schiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB genügt hier zur revisionsrechtlichen Bewertung, daß ein Ermessensfehlgebrauch auszuschließen ist.

b) Auch im übrigen ergab die sachlichrechtliche Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
Nack Kolz Hebenstreit Elf Graf

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 6 5 / 1 4
vom
25. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. März 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10. Oktober 2013
a) im Fall 1 der Urteilsgründe im Strafausspruch und
b) im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung (Tat 2) sowie wegen einer weiteren gefährlichen Körperverletzung (Tat 1) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Sein Rechtsmittel führt mit der Sachrüge zur Aufhebung der für die Tat 1 festgesetzten Einzelstrafe und der gebildeten Gesamtstrafe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Das Landgericht hat festgestellt, dass sich der Angeklagte im Fall 1 der Urteilsgründe zunächst mit Bekannten auf dem Altstadtfest in H. aufhielt, später aber allein in den E. garten ging und sich dort hinsetzte , da er befürchtete, aufgrund seiner Alkoholisierung bei einem weiteren Aufenthalt auf dem Altstadtfest Unruhe zu stiften. Von ihm unabhängig gelangte auch der Zeuge O. , mit dem der Angeklagte vorher zusammen war, dorthin. O. geriet im E. garten in eine eher zufällige Auseinandersetzung mit dem späteren Geschädigten A. . Als diese durch das Einschreiten anderer Personen bereits beendet war, näherte sich der Angeklagte, der das Geschehen wohl beobachtet hatte, und schlug den Geschädigten völlig überraschend mit der Faust zu Boden. Danach trat er mindestens einmal gegen den Kopf des am Boden liegenden Geschädigten, wobei der Tritt generell geeignet war, das Leben des Geschädigten zu gefährden. Bei seinem Vorgehen war nach den getroffenen Feststellungen wegen der Alkoholisierung des Angeklagten zwar seine Einsichtsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB weder erheblich vermindert oder aufgehoben, jedoch seine Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, erheblich vermindert.
3
Das Landgericht hat wegen dieser Tat den Regelstrafrahmen des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zugrunde gelegt und einen minder schweren Fall aufgrund der Umstände des Tatbildes abgelehnt. Eine Milderung gemäß § 21 StGB hat es erkennbar nicht geprüft.

II.


4
1. Ob bei Annahme des § 21 StGB eine Milderung vorzunehmen oder zu versagen ist, hat der Tatrichter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dabei ist bei verminderter Schuldfähigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Schuldgehalt der Tat verringert ist, so dass eine Strafrahmenmilderung vorzunehmen ist, wenn nicht andere, schulderhöhende Gesichtspunkte dem entgegenstehen (BGH, Urteil vom 15. Februar 2006 – 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40; Urteil vom 26. Mai 2004 – 2 StR 386/03, NStZ 2004, 619; st. Rspr.).
5
2. Aus den Urteilsgründen ergibt sich vorliegend nicht, warum die Strafkammer bezüglich der Tat 1 den Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB nicht gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert oder unter Berücksichtigung des § 21 StGB keinen minder schweren Fall des § 224 Abs. 1 StGB angenommen hat.
6
Zwar führt die erheblich verminderte Schuldfähigkeit eines Täters nach § 21 StGB nicht zwingend, sondern nur fakultativ zu einer Strafrahmenmilderung. So kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Strafrahmenverschiebung u.U. dann abgelehnt werden, wenn der Täter schon früher unter Alkoholeinfluss straffällig geworden ist und deshalb wusste, dass er in einem solchen Zustand zu Straftaten neigt (BGH, Urteil vom 15. Februar 2006 – 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40; Urteil vom 30. Oktober 1986 – 4 StR 501/86; Beschluss vom 9. Dezember 1986 – 4 StR 658/86, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 6). Von der Strafmilderung kann weiterhin auch dann abgesehen werden, wenn die nach § 21 StGB geringere Schuld durch anderweite schulderhöhende Momente ausgeglichen wird (BGH, Beschluss vom 18. Juni 1985 – 4 StR 232/85). Allein der Umstand, dass der Angeklagte das Altstadtfest verließ und in den E. garten ging, da er befürchtete, aufgrund seiner Alkoholisierung bei einem weiteren Aufenthalt auf dem Altstadtfest Unruhe zu stiften, muss nicht zwingend zur Versagung der Milderungsmöglichkeit führen, weil der Angeklagte sich gerade an einen vermeintlich ruhigeren Platz zurückzog, um Auseinandersetzungen zu vermeiden.
7
3. Da somit nicht erkennbar ist, warum hier - anders als im Fall 2 der Urteilsgründe - eine Berücksichtigung des § 21 StGB unterblieben ist, waren der diesbezügliche Strafausspruch sowie die damit gebildete Gesamtfreiheitsstrafe aufzuheben. Raum Graf Cirener RiBGH Prof. Dr. Radtke befindet sich im Urlaub und ist deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum Mosbacher
9
Zwar können Umstände, die die Schuld erhöhen, zur Versagung der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Steuerungsfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen. Dies kann - wovon die Strafkammer zutreffend ausgeht - bei einer alkoholbedingten Verminderung der Schuldfähigkeit der Fall sein, wenn der Täter wusste, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt, aber trotzdem Alkohol trinkt. Die Strafkammer hat aber nicht erkennbar bedacht , dass das nur gilt, wenn die verminderte Schuldfähigkeit auf einer selbst zu verantwortenden, verschuldeten Trunkenheit beruht, die dem Täter uneingeschränkt vorwerfbar ist. Ein die Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigender Alkoholrausch ist aber dann nicht verschuldet, wenn der Täter alkoholkrank oder alkoholüberempfindlich ist. Eine Alkoholerkrankung, bei der schon die Alkoholaufnahme nicht als ein die Schuld erhöhender Umstand zu werten ist, liegt regelmäßig vor, wenn der Täter den Alkohol aufgrund eines unwiderstehlichen oder ihn weitgehend beherrschenden Hanges trinkt, der seine Fähigkeit, der Versuchung zum übermäßigen Alkoholkonsum zu widerstehen, einschränkt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 2. August 2012 - 3 StR 216/12).
4
Die Prüfung der Voraussetzungen des § 21 StGB und die darauf beruhende Strafrahmenbestimmung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Schwurgericht eine mögliche Alkoholerkrankung des Angeklagten nicht erwogen hat. Hierzu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt: "Eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB hat die Strafkammer abgelehnt, denn der Angeklagte habe gewusst, dass er unter Alkoholeinfluss zu Kontrollverlusten und zur Begehung von Straftaten neige. Weder eine mehrjährige Entziehungstherapie im Maßregelvollzug gemäß § 64 StGB noch eine mehrwöchige stationäre Entwöhnungstherapie , die er nach seiner Haftentlassung im Jahr 2015 durchführte, hätten zu einer Alkoholabstinenz geführt (UA S. 30). Die Strafrahmenbestimmung kann keinen Bestand haben. Zwar können Umstände, welche die Schuld erhöhen, zur Versagung der Strafrahmenmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen. Dies kann bei einer alkoholbedingten Verminderung der Schuldfähigkeit dann der Fall sein, wenn sie auf einer selbst zu verantwortenden, verschuldeten Trunkenheit beruht, die dem Täter uneingeschränkt vorwerfbar ist, insbesondere wenn der Täter wusste, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt, aber trotzdem Alkohol trinkt. Ein die Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigender Alkoholrausch ist nur dann nicht verschuldet, wenn der Täter alkoholkrank oder alkoholüberempfindlich ist. Eine Alkoholerkrankung , bei der schon die Alkoholaufnahme nicht als ein die Schuld erhöhender Umstand zu werten ist, liegt regelmäßig vor, wenn der Täter den Alkohol aufgrund eines unwiderstehlichen oder ihn weitgehend beherrschenden Hanges trinkt, der seine Fähigkeit, der Versuchung zum übermäßigen Alkoholkonsum zu widerstehen, einschränkt (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Juni 2008 - 3 StR 84/08, NStZ 2009, 258; Beschluss vom 23. April 2014 - 1 StR 105/13). Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen lassen es als naheliegend erscheinen, dass der Angeklagte im dargestellten Sinne alkoholkrank war. Eine Alkoholproblematik besteht bei ihm bereits seit seinem 14. Lebensjahr (UA S. 5, 27 f.), längere Phasen der Abstinenz erlebte er nur in den Jahren 2003 bis 2006 (Haft und Maßregel gemäß § 64 StGB - UA S. 4) und 2012 bis 2015 (Haft und freiwillige Therapie - UA S. 4 f.). Ende Mai oder Anfang Juni 2015 erlitt er mit seiner neuen Lebensgefährtin einen erneuten Rückfall. Bis zur Inhaftierung im vorliegenden Verfahren konsumierte er täglich bereits in den Morgenstunden gegen 6.00 Uhr die ersten ein bis zwei Flaschen Bier, sodann im Tagesverlauf insgesamt sechs bis acht Flaschen Bier und drei bis vier kleine Flaschen (0,1 oder 0,2 Liter) Schnaps (UA S. 5). Nach der Festnahme litt er etwa drei Tage lang unter erheblichen körperlichen Entzugserscheinungen (UA S. 5, 28). Der Sachverständige, dessen Ausführungen die Kammer beigetreten ist, ging unter klinischen Aspekten von einem schweren Abhängigkeitssyndrom aus (UA S. 28). Vor diesem Hintergrund hätte sich die Strafkammer mit der Frage einer krankhaften Alkoholsucht näher auseinandersetzen müssen (vgl. BGH aaO). Daran ändert sich auch nichts, falls die Kammer ein vorwerfbares Verhalten darin gesehen haben sollte, dass der Angeklagte nach Haftentlassung und Abbruch der Therapie im Jahr 2015 nicht abstinent geblieben ist (vgl. UA S. 30). Zum einen ergeben die Feststellungen nichts zu den für eine Vorwerfbarkeit relevanten Umständen des Rückfalls, den der Angeklagte 'erlitt' (UA S. 5), nachdem er die Therapie nicht länger wahrnehmen konnte, 'da ihm hierfür eine entsprechende Kostenzusage nicht erteilt wurde' (UA S. 4). Zum ande- ren fehlt es an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Rückfall und der etwa zweieinhalb Monate später begangenen Tat." Dem schließt sich der Senat an.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

24
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, dass der Schuldgehalt der Tat bei einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit in aller Regel vermindert ist (Senat, Beschluss vom 7. September 2015 – 2 StR 350/15, NStZ-RR 2016, 74; BGH, Urteil vom 10. November 1954 – 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30). Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit jedoch auf zu verantwortender Trunkenheit, so spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten infolge der Alkoholisierung vorhersehbar signifikant erhöht hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239; BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15; Beschluss vom 1. März 2016 – 5 ARs 50/15; weitergehend aber BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15, NStZ 2016, 203; Urteil vom 27. März 2003 – 3 StR 435/02, NJW 2003, 2394; Beschluss vom 28. April 2016 – 4 ARs 16/15). Dabei ist als allgemeinkundig vorauszusetzen , dass eine alkoholische Berauschung generell die Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligem und aggressivem Verhalten zu senken pflegt (vgl. Senat, Urteil vom 15. Februar 2006 – 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40). Weiß der Täter oder muss er damit rechnen, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt und trinkt er trotzdem Alkohol, so spricht dies in der Regel gegen die Annahme einer Strafrahmenverschiebung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 2014 – 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238, und vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15). Einschlägiger Vorverurteilungen bedarf es insoweit nicht (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37). Die genannten Umstände erhöhen die Schuld und können zur Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen.
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf
zu verantwortender Trunkenheit, spricht dies in der Regel gegen
eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB,
wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse
des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar
signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob
dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu
bestimmen; seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter
revisionsgerichtlicher Überprüfung.
BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04
LG Potsdam

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 17. August 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. August
2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P
als Verteidiger für den Angeklagten G ,
Rechtsanwalt V
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Justizhauptsekretärin N ,
Justizangestellte R
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. Juli 2003 in den Strafaussprüchen gegen die Angeklagten G und M mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten M gegen dieses Urteil wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Nötigung jeweils – unter Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund erheblicher Alkoholisierung – zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Während die Staatsanwaltschaft mit ihren zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen lediglich den Strafausspruch beanstandet, wendet sich der Angeklagte M mit der Sachrüge umfassend gegen seine Verurteilung.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts spricht der Angeklagte G seit dem Jugendalter dem Alkohol zu und ist deutlich alkoholgewöhnt. Er ist mehrfach wegen Eigentums- und Verkehrsdelikten, darunter auch Trunkenheit im Verkehr, vorbestraft. Am Tattag hatte er von den frühen Morgenstunden an über den Tag verteilt mehrere Flaschen Bier getrunken, bevor er mit dem ebenfalls bereits angetrunkenen, bislang unbestraften Angeklagten M den später Geschädigten Pi in der Absicht aufsuchte, diesen zu mißhandeln. Die Angeklagten hatten über Pi das von ihnen nicht weiter überprüfte Gerücht gehört, er habe ein kleines Mädchen vergewaltigt. Gemeinsam wollten beide „ihre Freude an Gewalttätigkeit an ihm ausleben“.
In der Wohnung von Pi schlugen und traten die Angeklagten sogleich auf diesen ein und forderten ihn auf zuzugeben, daß er das Mädchen vergewaltigt habe. Der Geschädigte mußte in einem vom Angeklagten G gesteuerten PKW zu dem wegen Beihilfe an dem strafbaren Geschehen inzwischen rechtskräftig verurteilten K mitkommen. Dort mißhandelten G und M ihr Opfer unter Beschimpfungen weiter, so daß Pi schließlich im Gesicht blutete und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Anschließend fuhren alle gemeinsam mit dem Auto des G zu einem Imbiß und sodann über Land; der Geschädigte mußte nun in den Kofferraum steigen. An einem Wehr wurde er von den Angeklagten halb entkleidet und in das 15 bis 18 Grad kalte Wasser gestoßen. Nach einiger Zeit zogen die Angeklagten den Geschädigten schließlich wieder an Land, traten auf ihn ein, bis er das Bewußtsein verlor, und ließen ihn halbnackt und bewußtlos liegen. Pi erlitt durch die Mißhandlungen der Angeklagten vielfache Prellungen, eine Rippenfraktur und eine – unbehandelt lebensgefährliche – traumatische Hirnblutung, zudem eine Unterkühlung und Herzrhythmusstörungen. Während des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens hatten
beide Angeklagte nicht unerhebliche Mengen Bier und andere alkoholische Getränke zu sich genommen.
Das Landgericht hat den Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Nr. 4 (i.V.m. § 52 Abs. 2) StGB nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund der Alkoholisierung der Angeklagten und dadurch verursachter erheblicher Verminderung der „Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit“ (richtig: Steuerungsfähigkeit, vgl. Tröndle /Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 5 m.w.N.) verschoben. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Trunkenheit desAngeklagten G sei am Tattag nicht verschuldet gewesen, weil er bislang weitgehend vom Alkohol beherrscht wurde; mangels Einlassung des Angeklagten M auch sei zu dessen Gunsten davon auszugehen, daß seine Trunkenheit unverschuldet gewesen sei.

II.


Die auf den jeweiligen Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.
1. Die Beschwerdeführerin hat ihre Rechtsmittel wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Wie sich aus der Revisionsbegründungsschrift vom 24. September 2003 ergibt, sollen allein die zugunsten der Angeklagten vorgenommenen Strafrahmenverschiebungen und damit die verhängten Rechtsfolgen angegriffen werden; nur insoweit wird die Sachrüge ausgeführt. Ungeachtet der Erhebung einer nicht ausdrücklich beschränkten Sachrüge und eines umfassenden Aufhebungsantrags ist dem Revisionsvortrag deshalb eine Beschränkung der Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch zu entnehmen (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; BGH, Urteil vom 16. März 2004 – 5 StR 364/03). Diese Beschränkung ist auch wirksam, da die Feststellungen des Landgerichts zum Schuldspruch weder widersprüchlich oder lückenhaft und damit ergänzungsbedürftig noch mit den Feststellungen zum Strafausspruch untrennbar verknüpft sind. Für die Frage der
Strafzumessung bilden die Feststellungen zum Schuldspruch eine tragfähige Grundlage, auch wenn sie – was der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend angedeutet hat – eine weitergehende strafrechtliche Bewertung des Geschehens zum Nachteil der Angeklagten hätten rechtfertigen können.
2. Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei aufgrund von plausiblen Trinkmengenangaben des Angeklagten G , von Zeugenbeschreibungen über den Zustand der Angeklagten und eines insgesamt auf erhebliche Enthemmung hindeutenden Tatbildes bei beiden Angeklagten sachverständig beraten zu dem Ergebnis gelangt, daß ihre Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.
3. Die Staatsanwaltschaft beanstandet gleichwohl zu Recht die zu Gunsten der Angeklagten vorgenommene Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB.

a) Der 3. Strafsenat hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die bisherige – in sich eher uneinheitliche und teils sogar widersprüchliche – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich überdacht werden sollte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31 mit Anmerkungen : Foth NStZ 2003, 597; Frister JZ 2003, 1019; Neumann StV 2003, 527; Scheffler Blutalkohol 2003, 449; Streng NJW 2003, 2963; zustimmend der 2. Strafsenat in BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 32). Der Senat pflichtet diesem Anliegen bei, gelangt indes zu dem folgenden differenzierenden und bisheriger Rechtsprechung nicht tragend widersprechenden Ergebnis:
Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB entscheidet der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen Ermessen aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände. Beruht die
erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit , spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu bestimmen. Seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung und ist regelmäßig hinzunehmen , sofern die dafür wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend ermittelt und bei der Wertung ausreichend berücksichtigt worden sind.

b) Die vom Senat gefundene Lösung beruht insbesondere auf folgenden Erwägungen:
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß eine erhebliche Einschränkung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit grundsätzlich den Schuldgehalt der Tat vermindert (vgl. BGHSt 7, 28, 30; BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; so auch schon RGSt 69, 314, 317). Dies allein zwingt jedoch nicht zu einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 Abs. 1 StGB. Dem Tatrichter ist in Fällen erheblich verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB grundsätzlich ein Ermessen bei der Entscheidung eingeräumt , ob er aufgrund dieses Umstandes die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB durch eine Verschiebung des anzuwendenden Strafrahmens mildert oder nicht (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 21). Nach dem Gesetzeswortlaut des § 21 StGB „kann“ die Strafe lediglich gemildert werden; weder „muß“ noch „soll“ der Strafrahmen verschoben werden. Der Gesetzgeber hat damit zu erkennen gegeben, daß auch eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB für sich allein weder zwingend noch in der Regel zu einer durchgreifenden Verringerung des Schuldumfangs führt (vgl. auch Foth in Festschrift für Hannskarl Salger, 1995, S. 31, 37).
Die Minderung der Tatschuld durch Einschränkung der Schuldfähigkeit kann nämlich durch schulderhöhende Umstände kompensiert werden
(st. Rspr., vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 20 ff. m.w.N.; BVerfGE 50, 5, 11 f.). Der 3. Strafsenat sieht einen solchen Umstand generell in jeder vorwerfbar herbeigeführten Alkoholisierung (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dabei kommt indes nicht ausreichend zur Geltung , daß jede Schulderhöhung wenigstens (einfache) Fahrlässigkeit als geringste Schuldform voraussetzt. Notwendige Elemente solcher Fahrlässigkeit sind Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des rechtswidrigen Ergebnisses ganz allgemein (objektiv) und speziell für den Täter (subjektiv). Bezugspunkt des schulderhöhenden Moments muß zudem das konkret begangene Unrecht sein; es bedarf also einer bestimmten subjektiven Beziehung zu der später begangenen rechtswidrigen Handlung (Jähnke in LK 11. Aufl. § 21 Rdn. 22).
Trotz verbreiteten vielfachen Alkoholgebrauchs und -mißbrauchs kommt es nur in einem Bruchteil der Fälle erheblicher Alkoholisierung zu einer rechtswidrigen Tat. Häufig ist eine Gefährdung anderer gänzlich ausgeschlossen (vgl. Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 224). Andererseits ist nicht zu verkennen, daß Alkohol das Risiko der Begehung strafbarer Handlungen generell erhöht; ein großer Teil der Straftaten gegen Leib und Leben sowie gegen die sexuelle Selbstbestimmung wird unter Alkoholeinfluß begangen. Dieser Befund rechtfertigt indes nicht die Annahme, es sei stets objektiv und subjektiv vorhersehbar, daß bei erheblicher Alkoholisierung in der konkreten Situation die Begehung von Straftaten durch den Betrunkenen drohe. Dies hängt vielmehr von der jeweiligen Person des Täters und von der Situation ab, in der getrunken wird oder in die sich der Täter betrunken begibt.
(1) Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Strafmilderung bei erheblicher Alkoholisierung zu versagen, wenn der Täter die für ihn besonders ungünstige Wirkung des Alkoholgenusses kannte und wußte oder wissen mußte, daß er dann zu Gewalttätigkeiten oder anderen Straftaten neigt (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; vgl. Trönd-
le/Fischer aaO § 21 Rdn. 25 m.w.N.). Damit kommt es also darauf an, ob besondere Umstände in der Person des Täters im konkreten Einzelfall vorhersehbar das Risiko der Begehung rechtswidriger Taten signifikant erhöht haben. Soweit in diesem Zusammenhang teilweise zusätzlich gefordert wird, der Täter müsse schon zuvor nach Ausmaß und Intensität mit der jetzigen Tat vergleichbare Straftaten begangen haben (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 6, 14, 16; weitere Nachweise bei Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 21 Rdn. 20), hält der Senat daran nicht fest. An die Vergleichbarkeit sind schon nach bisheriger Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4). Zu differenzieren ist hier allenfalls nach weit zu fassenden Deliktsgruppen. Wer unter dem Einfluß erheblicher Mengen Alkohol – wie er aufgrund persönlicher Vorerfahrung weiß oder wissen muß – zu gewalttätigen Übergriffen auf andere neigt, den trifft in Hinblick auf die enthemmende Wirkung des Alkohols in Fällen der Gewaltkriminalität grundsätzlich ein schulderhöhender Fahrlässigkeitsvorwurf; anderes gilt nur, wenn die bisher unter Alkoholeinfluß begangenen Straftaten ganz anderer Art waren als die nunmehr zu beurteilende, wenn also die neue Tat so unvergleichbar mit den früheren ist, daß der Täter mit Ähnlichem gar nicht re chnen kann (BGHR aaO). Entscheidend ist somit regelmäßig nicht die äußerliche Vergleichbarkeit der einzelnen Taten, sondern die nämliche Wurzel des jeweiligen deliktischen Verhaltens (Jähnke aaO § 21 Rdn. 22).
Bei alldem müssen die Vorerfahrungen nicht unbedingt zu Vorstrafen oder auch nur Strafverfahren geführt haben. Denn es geht in diesem Zusammenhang um das Wissen des Täters von seiner Gefährlichkeit und nicht notwendig um den – gegebenenfalls hinzutretenden – Gesichtspunkt der Warnfunktion einer früheren Verurteilung.
(2) Die Gefahr der Begehung von Straftaten in erheblich alkoholisiertem Zustand kann indes signifikant und vorhersehbar nicht nur durch die Person des Täters, sondern auch durch die Umstände der jeweiligen Situati-
on erhöht werden. Wer in einer gefahrträchtigen Lage in erheblichem Maße dem Alkohol zuspricht, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich mit einer gewissen Leichtfertigkeit in die Tatsituation gebracht hat (BGH NStZ 1990, 537, 538). Vorwerfbar ist dabei, daß in einer solchen Situation trotz konkreter Vorhersehbarkeit der durch eine weitere Alkoholisierung drohenden Rechtsbrüche getrunken wird (vgl. auch Jähnke aaO). Insbesondere in stark emotional aufgeladenen Krisensituationen wird die Gefahr von Gewalttätigkeiten durch die enthemmende Wirkung erheblicher Alkoholisierung regelmäßig vorhersehbar erhöht (vgl. BGH NStZ 1990, 537, 538). Gleiches gilt für das Trinken in Gruppen, aus denen heraus – gerade auch aufgrund gruppendynamischer Prozesse – leicht Straftaten gegen andere begangen werden. Wer sich etwa in einer Gruppe marodierender Hooligans oder gewaltbereiter Radikaler betrinkt, muß konkret mit der Begehung von Straftaten im trunkenen Zustand rechnen. Die Alkoholisierung kann – wenn nicht bereits die Grundsätze der actio libera in causa eine Strafmilderung ausschließen – auch nicht demjenigen zugute kommen, der sich in Fahrbereitschaft betrinkt, also weiß oder damit rechnen muß, noch als Fahrer am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 316 Rdn. 54; König in LK 11. Aufl. § 316 Rdn. 243).
Es macht für die Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB auch keinen relevanten Unterschied, ob der Täter in einer erkennbar gewaltträchtigen Situation enthemmend dem Alkohol zuspricht oder sich, sofern ihm dies insoweit vorzuwerfen ist, bereits durch Trunkenheit enthemmt, bewußt in eine solche Situation begibt. Wer sich schon angetrunken einer gewaltbereiten Gruppe anschließt, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er trotz der bekanntermaßen enthemmenden Wirkung seiner Alkoholisierung eine gewaltträchtige Situation aufgesucht hat.
In diesem Zusammenhang muß es auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Trunkenheit als solche vorwerfbar ist oder nicht, da auch
letzterenfalls andere schulderhöhende Momente die Versagung der Strafmilderung rechtfertigen können (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29). Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände ist es deshalb nicht ohne weiteres ausgeschlossen, auch einem alkoholabhängigen Täter zwar nicht die Alkoholisierung als solche , aber – bei insoweit noch vorhandener Hemmungsfähigkeit – als schulderhöhend vorzuwerfen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat, obwohl er wußte oder wissen mußte, daß er sich dort infolge seiner Beherrschung durch den Alkohol nur eingeschränkt werde steuern können. Je eher ein alkoholabhängiger Täter von den infolge seines Zustandes von ihm ausgehenden Gefahren für andere weiß – etwa aufgrund früher unter Alkoholeinfluß begangener Straftaten – und je schwererwiegend die Straftaten sind, mit deren Begehung er rechnet oder rechnen muß, desto weniger wird eine Strafmilderung in Betracht kommen, wenn er sich dessen ungeachtet in eine gewaltträchtige Situation begeben hat und ihm dies vorzuwerfen ist (vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29).
(3) Auch in anderer Weise kann an ein konkret tatbezogenes Verschulden des Täters vor Tatbeginn angeknüpft und eine Strafmilderung trotz Tatbegehung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit aufgrund vorhergehender schulderhöhender Momente versagt werden. So hat nach den Grundsätzen der – im Rahmen des § 21 StGB unproblematisch anwendbaren (vgl. Lenckner/Perron aaO § 21 Rdn. 11 m.w.N.) – actio libera in causa eine Strafmilderung regelmäßig auszuscheiden, wenn sich die Vorstellung des Täters in nicht berauschtem Zustand schon auf eine bestimmte Tat bezogen hat (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3; § 21 Strafrahmenverschiebung 22; BGH NStZ 1999, 448). Wurde der Tatentschluß zu einer Zeit gefaßt, in der eine erhebliche Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens noch nicht vorlag, wird deshalb zumeist für eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kein Raum sein (vgl. BGHSt 34, 29, 33; BGH, Beschluß vom 15. April 1999 – 4 StR 93/99, zitiert bei Detter NStZ 1999, 495; BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3). Verstärkt gilt dies, wenn
der Täter sich gar gezielt berauscht hat, um hierdurch vorhandene Hemmungen gegen eine Tatausführung abzubauen.
(4) Die Wertung, ob im Falle erheblicher Minderung der Steuerungsfähigkeit der Strafrahmen gemildert werden soll oder nicht, hat grundsätzlich der Tatrichter anhand einer Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4 und Strafrahmenverschiebung 21). Ihm obliegt es auch, die Begriffe der objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit strafbaren Verhaltens bei vorwerfbarer Alkoholisierung anhand der besonderen Umstände in der Person des Täters und in der Situation des Tatgeschehens in wertender Betrachtung auszufüllen. Seine Bewertung wird das Revisionsgericht, wenn sie auf einer vollständigen Auswertung der maßgeblichen Tatsachengrundlagen beruht, regelmäßig hinzunehmen haben, auch wenn anderes vertretbar oder gar näherliegend gewesen wäre.
Bei Anwendung der genannten Grundsätze wird bei Gewaltdelikten in vielen Fällen eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nach vorwerfbarer Alkoholisierung ausscheiden. Zumeist liegen entweder in der Person des Täters oder doch zumindest in der Situation Umstände vor, die in Zusammenhang mit der Alkoholisierung das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant erhöht haben. An die Überzeugungsbildung des Tatrichters dürfen dabei nicht übertrieben hohe Anforderungen gestellt werden; die vielfältig verheerenden Wirkungen übermäßigen Alkoholgebrauchs sind allgemeinkundig.
Im Rahmen der Abwägung aller schuldrelevanten Umstände kann auch von Bedeutung sein, welchen Grad die Enthemmung durch Alkoholisierung innerhalb des durch § 21 StGB abgesteckten Rahmens erreicht hat. Eine solchermaßen differenzierende Bestimmung des Umfangs und der Auswirkungen verminderter Schuldfähigkeit auf die Tatschuld setzt jedoch
nachvollziehbare Darlegungen des Tatrichters voraus (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 2, 17).
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände des Einzelfalls können auch solche schulderhöhenden Momente gegen eine Strafmilderung sprechen, die nicht unmittelbar mit der Berauschung verknüpft sind (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 11; BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu können eine Mehrzahl von Geschädigten oder mitverwirklichte Straftatbestände ebenso zählen wie die näheren Umstände der Tatausführung oder andere Tatmodalitäten (vgl. BT-Drucks. aaO; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5 und Strafzumessung 18). Auch einem erheblich in seiner Steuerungsfähigkeit verminderten Täter kann nämlich die Art der Tatausführung – etwa eine besonders gefühlskalte, rücksichtslose oder brutale Tatbegehung – schulderhöhend vorgeworfen werden (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15 und Strafzumessung 4, 18). In diesem Fall wird der Tatrichter jedoch zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu beachten haben, daß diese Umstände die Tatschuld nicht im gleichen Ausmaß wie bei nicht berauschten Tätern erhöhen, sofern sie ihren Grund in der erheblichen Verminderung der Hemmungsfähigkeit haben (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 46 Rdn. 28, 33 m.w.N.; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5); eine Ausnahme hiervon kommt indes in Betracht, wenn dem Täter in Hinblick auf seine bisherigen Erfahrungen unter Alkoholeinfluß vor dem Hintergrund des von ihm weiterhin nicht gezähmten Alkoholgenusses gerade eine derart schwerwiegende Art seines Tatverhaltens zum Vorwurf gemacht werden müßte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15).
(5) In Fällen, in denen die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe in Frage steht, wird der Tatrichter besonders darauf Bedacht zu nehmen haben , daß der schuldmindernde Umstand einer erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit angesichts der Absolutheit der Strafdrohung ohne Strafrahmenverschiebung bei der konkreten Strafzumessung nicht berücksichtigt
werden kann; die Frage der Strafrahmenverschiebung gewinnt im Vergleich zur Prüfung bei zeitigen Freiheitsstrafen deshalb ungleich mehr an Gewicht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 4 StR 54/04). Dies wird zu besonders sorgfältiger Prüfung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände sowie zu einer im Zweifel eher zurückhaltenden Gewichtung zu Lasten des Täters Anlaß geben müssen (vgl. BGH StV 2003, 499). Wenn allein die Wahl zwischen lebenslanger Freiheitsstrafe und einer zeitigen Freiheitsstrafe besteht, müssen deshalb besondere erschwerende Gründe vorliegen, um die mit den Voraussetzungen des § 21 StGB verbundene Schuldminderung so auszugleichen, daß die gesetzliche Höchststrafe verhängt werden darf (st. Rspr., vgl. BGHR § 21 Strafrahmenverschiebung 7, 8, 12, 18, 25; vgl. auch BVerfGE 50, 5, 11). Gebieten solche Umstände wie etwa das schuldsteigernde Tatbild die Versagung einer Strafrahmenverschiebung und die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe, wird eine Feststellung besonderer Schuldschwere nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB trotz erheblich verminderter Schuldfähigkeit nur in besonders gravierenden Ausnahmefällen in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschluß vom 14. Juni 1999 – 5 StR 177/99; vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 25).
Bedenklich kann aus entsprechenden Gründen auch die Verhängung der für das Delikt vorgesehenen zeitigen Höchststrafe aus dem nicht nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB geminderten Strafrahmen trotz erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit sein (vgl. RGSt 69, 314, 317).
(6) Der Senat weist vorsorglich darauf hin, daß das, was für Alkohol gilt, nicht ohne weiteres gleichermaßen auf andere Genuß- und Betäubungsmittel übertragen werden kann (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tage – 5 StR 591/03). Die enthemmende und hierdurch teils aggressionsfördernde Wirkung des Alkohols ist allgemein bekannt. Bei Betäubungsmitteln sind die Wirkungsweisen dagegen differenzierter und unter Umständen weniger konkret vorhersehbar, zumal die Dosierung und die individuelle Verträglichkeit meist von Fall zu Fall erheblichen Schwankungen unterliegen.

c) Dem gefundenen Ergebnis widersprechen weder die historischen Absichten des Gesetzgebers noch der Rechtsgedanke des § 323a StGB.
(1) Die Überlegungen des historischen Gesetzgebers sprechen nicht für einen Grundsatz, wonach im Falle vorwerfbarer Alkoholisierung eine Strafmilderung stets zu versagen ist (Neumann StV 2003, 527, 528 m.w.N.; vgl. aber BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31; Foth DRiZ 1990, 417, 418 ff.; ders. NStZ 2003, 597, 598; zur historischen Entwicklung ausführlich : Rautenberg, Verminderte Schuldfähigkeit, 1984, S. 9 ff. m.w.N.; Schnarr in: Hettinger [Hrsg.], Reform des Sanktionenrechts, 2001, Band 1, S. 7 ff.). Eine dem heutigen § 21 StGB entsprechende Vorschrift wurde erstmals durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl. I, 995) in das deutsche Strafgesetzbuch eingeführt. Aus der amtlichen Gesetzesbegründung ergeben sich für die aufgeworfene Frage keine tragfähigen Hinweise (vgl. ReichsAnz 1933, Nr. 277, Erste Beilage, S. 1, linke Spalte). Die Gesetzesänderung fußte indes auf der umfangreichen kriminalpolitischen Reformdiskussion der Zwanziger Jahre (hierzu näher Foth, jeweils aaO; Rautenberg aaO). Dabei wurde zwar auch eine gesetzliche Ausnahme der vorgesehenen Milderung bei vorwerfbarer Alkoholisierung vorgeschlagen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs von 1925; ebenso bereits § 18 Abs. 2 des Entwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1919 und § 63 Abs. 2 des Vorentwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1909; ausführlich hierzu Rautenberg aaO). Gegen diese Vorschläge wurden jedoch auch zur damaligen Zeit gewichtige Bedenken geltend gemacht (vgl. Alsberg in Aschrott/Kohlrausch [Hrsg.], Reform des Strafrechts, 1926, S. 51, 73 ff.). Letztlich sind die in den Entwürfen verschiedentlich vorgesehenen ausdrücklichen Ausnahmen bei vorwerfbarer Alkoholisierung nicht Gesetz geworden. In den Beratungen der Reichstagsvorlage von 1927 wurde hierzu erklärt, den Reichsrat hätten zwei Gründe veranlaßt, den vorgesehenen Ausschluß einer Strafmilderung bei Trunkenheit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs von 1925) zu strei-
chen und statt der obligatorischen eine fakultative Milderung vorzuschlagen: Zum einen erscheine die Konsequenz unerträglich, dem ganz betrunkenen Täter eine Milderung zu gewähren, nicht aber dem nur halb betrunkenen; zum anderen sei nicht einzusehen, warum die Frage der Selbstverschuldung nur bei der Trunkenheit berücksichtigt werden sollte (vgl. Rautenberg DtZ 1997, 45, 47 m.w.N.). Dies legt nahe anzunehmen, daß der Gesetzgeber in Kenntnis entgegenstehender Vorschläge bewußt auf eine solche Regelung verzichtet hat, also gerade keine zwingende Versagung der Strafmilderung in diesen Fällen wollte (Neumann StV 2003, 527, 528). In der Gesetzesbegründung von 1933 heißt es lediglich, die Annahme verminderter Zurechnungsfähigkeit sei Grundlage für eine Strafmilderung, wobei das Gesetz von den Beschlüssen der Reichstagsausschüsse insoweit abweiche, als die Milderung nicht zwingend sei, sondern in das Ermessen des Richters gestellt werde (ReichsAnz aaO).
Die Gesetzesmaterialien zur Reform des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs in den Sechziger Jahren, die zur Formulierung des § 21 StGB in der heutigen Form geführt hat, sprechen gleichermaßen für eine differenzierende Lösung. § 21 StGB wurde einerseits als Kann-Vorschrift konzipiert , um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Verminderung der Schuldfähigkeit nicht notwendig zu einer Minderung der Schuld in ihrer Gesamtheit führt; im Rahmen einer Gesamtwürdigung sollten außer dem Grad der Schuldfähigkeit auch andere schuldrelevante Umstände berücksichtigt werden können (BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu gehören nach Auffassung des Gesetzgebers nicht nur unmittelbar der Tat anhaftende Schuldumstände wie etwa eine große Anzahl getöteter Menschen, sondern auch schuldrelevante Umstände vor der Tat wie insbesondere die schuldhafte Herbeiführung der verminderten Schuldfähigkeit (ebd.). Ausdrücklich sprach sich der Gesetzgeber andererseits gegen eine Vorschrift aus, wonach die Strafmilderung – entsprechend den Vorschlägen in den Entwürfen von 1909 und 1925 – bei vorwerfbarer Alkoholisierung stets zu versagen sei (BT-Drucks. IV/650, S. 142 rechte Spalte). Zu der entsprechenden Regelung
in § 7 WStG, wonach bei selbstverschuldeter Trunkenheit eine Strafmilderung ausscheidet, wenn die Tat eine militärische Straftat ist, gegen das Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des Dienstes begangen wurde, wird dabei auf die besonderen Anforderungen an militärische Disziplin verwiesen. In das allgemeine Strafrecht könne dieser Rechtsgrundsatz nicht ohne weiteres übertragen werden (ebd.).
Gerade die Vorschrift des § 7 WStG läßt sich systematisch stimmig eher erklären, wenn es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, wonach bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich mangels Minderung der Gesamtschuld von einer Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Abstand zu nehmen ist. Gäbe es nämlich einen solchen Grundsatz, wäre § 7 WStG überflüssig. Unverständlich wäre in diesem Fall auch die Beschränkung des Milderungsverbots auf militärische Straftaten und solche, die gegen das Kriegsvölkerrecht verstoßen oder in Ausübung des Dienstes begangen werden. Aus § 7 WStG folgt vielmehr im Umkehrschluß, daß „selbstverschuldete“ Trunkenheit in anderen Fällen durchaus die Strafe mildern kann, also nicht stets jede Strafmilderung aufgrund des Umstandes ausscheidet, daß der Rauschzustand vorwerfbar herbeigeführt wurde.
Schließlich hat der Gesetzgeber auch im Rahmen der Reformdiskussion anläßlich der deutschen Wiedervereinigung trotz entsprechender Vorschläge gerade nicht diejenigen Normen des Strafrechts der DDR übernommen , wonach eine Strafmilderung bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit ausscheidet, wenn sich der Täter schuldhaft in einen die Zurechnungsfähigkeit vermindernden Rauschzustand versetzt hat (§ 16 Abs. 2 Satz 3 StGBDDR; vgl. auch § 15 Abs. 3 StGB-DDR; dazu näher Neumann StV 2003, 527 mit Fn. 3; Rautenberg DtZ 1997, 45).
(2) Auch die Vorschrift des § 323a StGB spricht nicht für eine Versagung der Strafmilderung in allen Fällen schuldhafter Alkoholisierung. Das Vergehen des Vollrauschs ist von allen anderen Straftatbeständen tatsäch-
lich und rechtlich verschieden (BGHSt 1, 275, 277). Es handelt sich zudem bei dieser Strafnorm um „eine der umstrittensten, wenn nicht die strittigste des ganzen Strafgesetzbuchs“ (Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 1). Auch der Bundesgerichtshof ist deshalb bislang nicht zu einem durchgehend einheitlichen Verständnis dieser Vorschrift gelangt (vgl. etwa BGHSt 10, 247 einerseits, BGHSt 16, 124 andererseits). Der Ort, den – in den Schwierigkeiten der Sache angelegten (vgl. Spendel aaO § 323a Rdn. 2) – Streit zum Verständnis des § 323a StGB zu klären, kann indes nicht die hier zur Entscheidung stehende Frage sein, ob bei zu verantwortender Alkoholisierung eine Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich ausgeschlossen sein sollte oder nicht (vgl. Streng NJW 2003, 2963, 2965).
Die Anwendung des Vollrauschtatbestandes setzt stets voraus, daß der Täter aufgrund nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit wegen seines rechtswidrigen Tuns ansonsten überhaupt nicht bestraft werden könnte. Für eine solche Regelung gibt es unzweifelhaft ein kriminalpolitisches Bedürfnis (vgl. BGHSt [GS] 9, 390, 395; Spendel aaO § 323a Rdn. 2). Diese Frage stellt sich im Rahmen des § 21 StGB jedoch nicht, weil es hier nicht um die Alternative völliger Straflosigkeit, sondern lediglich um die Strafrahmenwahl geht (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Bei § 21 StGB spielen deshalb Gesichtspunkte eine Rolle, die im Rahmen des § 323a StGB aufgrund der notwendigen Struktur des Vollrauschtatbestandes keine Berücksichtigung finden können.
Zudem geht es bei § 21 StGB nicht wie bei § 323a StGB um Rauschzustände, die (zumindest nicht ausschließbar) wegen aufgehobener Schuldfähigkeit den Schuldvorwurf bezüglich des rechtswidrigen Tuns vollständig entfallen lassen. Der Vorschrift des § 323a StGB läßt sich nicht der Rechtsgedanke entnehmen, jeder Rausch, wie stark er auch sei, werde von der Rechtsordnung mißbilligt; aus § 323a StGB läßt sich lediglich folgern, daß ein Rausch dann als rechtswidrig angesehen werden kann, wenn er (zumindest nicht ausschließbar) zur völligen Aufhebung der Steuerungsfä-
higkeit führt, sich der Täter also im Umgang mit seiner Umwelt zu einem völlig unberechenbaren Risiko macht.
Die Ansicht, eine die Steuerungsfähigkeit lediglich vermindernde Alkoholisierung sei für sich schon rechtswidrig oder zumindest schulderhöhend , würde zudem zu Spannungen mit anderen Rechtsgrundsätzen führen. Im Zusammenhang mit der Gastwirtshaftung hat der Bundesgerichtshof etwa festgestellt, daß der Ausschank und Genuß alkoholischer Getränke in Gastwirtschaften zu den allgemein als sozial üblich anerkannten Verhaltensweisen gehört, auch wenn dies nicht selten zu körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen bis zur Grenze der rechtlichen Verantwortlichkeit führt (BGHSt 19, 152, 154). Die Verabreichung alkoholischer Getränke wird als sozial übliches und von der Allgemeinheit gebilligtes Verhalten deshalb auch nicht als pflichtwidrig oder rechtswidrig angesehen (BGHSt 26, 35, 37 f.; vgl. auch Streng NJW 2003, 2963, 2965 m.w.N.). Dies gilt solange, als der Trinkende, sei es auch nur eingeschränkt, rechtlich verantwortlich ist. Anders verhält es sich nur, wenn die Trunkenheit offensichtlich einen solchen Grad erreicht, daß der Trunkene nicht mehr Herr seiner Entschlüsse ist und nicht mehr eigenverantwortlich handeln kann (BGHSt 26, 35, 38).
Hinzu kommt folgendes: Das Spannungsverhältnis zwischen § 323a StGB einerseits und §§ 21, 49 Abs. 1 StGB andererseits läßt sich aufgrund der derzeitigen Gesetzesfassung nicht ohne jeden Wertungswiderspruch lösen (Neumann StV 2003, 527, 528 ff.; Streng NJW 2003, 2963, 2965). Ungereimt erscheint es einerseits, wenn bei Straftaten mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe dem vermindert schuldfähigen Betrunkenen eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gewährt wird und ihm dann eine geringere Strafe droht als demjenigen, der rauschbedingt (zumindest nicht ausschließbar) schuldunfähig handelt (vgl. BGH StV 1997, 73, 75; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dem wird freilich dadurch Rechnung zu tragen sein, daß bei der Strafzumessung im Rahmen des § 323a StGB auf Grundlage des in § 323a Abs. 2 StGB zum Ausdruck ge-
kommenen Rechtsgedankens darauf Bedacht genommen wird, welcher Strafrahmen sich dem weniger Betrunkenen öffnen würde (vgl. BGHR StGB § 323a Strafzumessung 5). Die Auflösung des Widerspruchs durch die generelle Versagung einer Strafrahmenverschiebung bei vorwerfbarer Alkoholisierung (so BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31) geht in Fällen schwererer, den Strafrahmen des § 323a Abs. 1 StGB überschreitender Delikte über das Gebotene hinaus und führt sogleich zu anderen, weit gewichtigeren Wertungswidersprüchen (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Diese ergeben sich augenfällig bei schwerwiegenden Verbrechen, etwa Tötungsdelikten , wenn dem Täter bei verschuldeter Alkoholisierung jede Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB versagt wird, bei noch höherer Alkoholisierung , die nicht ausschließbar zur Schuldunfähigkeit führt, dann anstelle lebenslanger Freiheitsstrafe oder eines Strafrahmens von Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren nur noch Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren gemäß § 323a Abs. 1 StGB angedroht ist (Neumann aaO; vgl. hierzu auch die Gesetzgebungsvorschläge zur Änderung des § 323a StGB in BT-Drucks. 14/545 und 14/759, ablehnend BT-Drucks. 14/9148).

d) Die vom Tatgericht vorgenommene Zubilligung der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB begegnet hier letztlich durchgreifenden Bedenken.
(1) In Anwendung der oben genannten Grundsätze hätte sich das Landgericht bei der notwendigen Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände bei dem Angeklagten G nicht zur Begründung der Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB mit der Überlegung begnügen dürfen, dessen Alkoholisierung sei unverschuldet, weil er weitgehend vom Alkohol beherrscht werde. Es hätte auch erwägen müssen, ob dem etwa schulderhöhend entgegensteht, daß dieser Angeklagte sich zu dem späteren Opfer in der festen Absicht begeben hat, an diesem seine Freude an Gewalttätigkeiten auszuleben, und dabei ersichtlich in Kauf nahm, infolge seiner Alkoholisierung besonders enthemmt zu sein, zudem durch weitere
Alkoholisierung zunehmend enthemmt zu werden. Auch demjenigen, der weitgehend durch Alkohol beherrscht wird, kann unter Umständen schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich trotz Vorhersehbarkeit – zumal weiterer – alkoholischer Enthemmung bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat. Aus den vom Tatrichter getroffenen Feststellungen zu dem schon in der Ausgangssituation gewaltträchtigen Tatgeschehen erschließt sich zwanglos, daß für ihn bei Beginn des Tatgeschehens ohne weiteres vorhersehbar war, daß seine vorhandene und weiter drohende Alkoholisierung das Risiko erheblicher Gewalttaten signifikant erhöht hat; vieles spricht auch dafür, daß er das Aufsuchen dieser gewaltträchtigen Situation ohne weiteres vermeiden konnte.
Es ist zudem nicht ausgeschlossen, daß einer Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bereits die oben genannten Grundsätze der actio libera in causa entgegenstehen. Hierfür reichen indes die bisherigen Feststellungen nicht aus, zumal angesichts des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens; es bleibt nämlich unklar, ob der Angeklagte G , als er den Entschluß faßte, das Opfer zu mißhandeln, bereits in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war oder nicht (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3).
(2) Bei dem Angeklagten M entbehrt die Annahme, auch dessen Trunkenheit sei unverschuldet gewesen, bereits jeder tatsächlichen Grundlage. Das Landgericht hat diese Feststellung ohne nähere Angaben allein auf die Anwendung des Zweifelsatzes gestützt. Der Zweifelsatz bedeutet indes nicht, daß das Gericht von der dem Angeklagten günstigsten Fallkonstellation auch dann ausgehen muß, wenn hierfür – wie vorliegend – keine Anhaltspunkte bestehen (BGH NJW 2003, 2179 m.w.N.). Ohne weitere tatsächliche Anhaltspunkte wird der neue Tatrichter dem Angeklagten M nicht unterstellen dürfen, daß seine Trunkenheit unverschuldet ist; die Feststellungen zu seinem Vorleben bieten hierfür keinerlei Anlaß. Bei der etwaigen Prüfung einer erneuten Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB wird
die Strafkammer in Anwendung der oben genannten Grundsätze einerseits zwar bedenken müssen, daß M nach den bisherigen Feststellungen bislang nicht durch Gewalttaten unter Alkoholeinfluß auffällig geworden ist. Gegen eine Strafrahmenverschiebung dürfte andererseits aber sprechen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben und in dieser weiter dem Alkohol zugesprochen hat.
(3) Es läßt sich auch nicht ausschließen, daß der Rechtsfolgenausspruch auf einer etwa fehlerhaft zugebilligten Strafrahmenverschiebung beruht. Die Höhe der verhängten Strafen erscheint zwar für die von der Staatsanwaltschaft noch beim Schöffengericht angeklagte Tat im Ergebnis nicht unangemessen. Angesichts des gesamten Tatbildes läßt sich von Seiten des Revisionsgerichts aber auch nicht etwa feststellen, daß eine etwas schwerere Bestrafung nicht mehr schuldangemessen wäre.
(4) Die Feststellungen des Tatgerichts zum Strafausspruch – und damit auch diejenigen zu den Voraussetzungen des § 21 StGB – sind insgesamt aufzuheben (§ 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter wird danach (sachverständig beraten) die bisherigen Befunde zur Alkoholisierung der Angeklagten , namentlich in Hinblick auf die Fahrfähigkeiten G s und fehlende Angaben bei M , kritisch zu hinterfragen haben. Gegebenenfalls wird zumindest bei dem Angeklagten G zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) vorliegen und diese Maßregel deshalb neben der Strafe anzuordnen ist.

III.


Die Revision des Angeklagten M ist offensichtlich unbegründet. Die tatgerichtlichen Feststellungen zu seiner sicheren Identifizierung als Mittäter – bei mißlungenem Alibibeweis – sind sachlichrechtlich nicht zu beanstanden. Zulässige verfahrensrechtliche Beanstandungen im Zusammenhang mit Wiedererkennungsleistungen sind nicht erhoben worden.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Brause
5 StR 456/08

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 29. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung mit Todesfolge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. Oktober
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Dölp
alsbeisitzendeRichter,
Bundesanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
alsVerteidiger,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. April 2008 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
1. a) Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrem auf die Überprüfung des Strafausspruchs beschränkten Rechtsmittel die Verletzung materiellen Rechts. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
b) Nach den Feststellungen der Schwurgerichtskammer erfuhr der in seinem Selbstwertgefühl gering ausgeprägte, wenig kontaktfreudige und konfliktscheue Angeklagte am 22. September 2006 gegen Mittag, dass sein Bruder im Irak durch eine detonierte Autobombe erheblich verletzt worden war. Diese Nachricht beschäftigte und beunruhigte den Angeklagten. Er lief ziellos in der Gegend umher und trank in der Folgezeit Alkohol, um das Ereignis zu verdrängen. Im weiteren Verlauf des Tages suchte der Angeklagte ein Lokal auf. Dort traf er auf die Zeugin D. , mit der er sich, weiter Alkohol trinkend , angeregt und interessiert unterhielt. Nach Mitternacht kam es zu einem Streit zwischen der Zeugin und dem Angeklagten, in dessen Verlauf sie sich gegenseitig beleidigten. Der verärgerte Angeklagte schlug der Zeugin sodann spontan in Verletzungsabsicht mit der Hand gegen die Schulter, worauf sich die Zeugin eine schmerzhafte und blutende Kopfplatzwunde zuzog, weil sie beim Sturz von ihrem Barhocker mit dem Kopf gegen eine Tischkante gestoßen war. Der schlichtend eingreifende K. wurde seinerseits sofort von dem ansonsten zurückhaltenden Angeklagten aggressiv mit einem Barhocker bedrängt, den er wegstellte, nachdem sein Kontrahent ebenfalls einen Barhocker ergriffen hatte. Nachdem beide – unmittelbar anschließend – in eine Rangelei am Fußboden verwickelt waren, in deren Verlauf der Angeklagte eine stark blutende Kopfplatzwunde erlitt, wandte sich K. von dem Angeklagten ab. Der Angeklagte, der jetzt seine eigene Verletzung wahrnahm, ergriff sogleich und spontan einen auf dem Tresen stehenden 500 g schweren sowie einen Durchmesser von 15 cm aufweisenden Aschenbecher und warf diesen aus ein bis zwei Meter Entfernung in Richtung des Kopfes des K. . Dadurch trug dieser eine Schädelfraktur mit einer Epiduralblutung davon, die eine Hirnstammeinklemmung hervorrief. In der Folgezeit kam es durch diese Verletzung zu einem Versagen mehrfacher Vitalfunktionen, so dass K. am 10. Dezember 2006 verstarb.
3
Das Landgericht geht weiter davon aus, dass der Angeklagte infolge des Alkoholgenusses – die Entnahme einer Blutprobe war mit Rücksicht auf die eigene erhebliche Verletzung des Angeklagten unterblieben – in beiden Fällen mit einer Blutalkoholkonzentration von höchstens 2,35 Promille, errechnet aus Trinkmengenangaben, möglicherweise in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen sei. Bei der Tat zum Nachteil K. s seien die Tatfolgen trotz der alkoholischen Beeinflussung für den Angeklagten vorhersehbar gewesen.
4
Die Schwurgerichtskammer hat im Übrigen festgestellt, dass der durchschnittlich intelligente Angeklagte wegen Betruges und versuchten Be- truges vorbestraft ist. Unter anderem ist er am 27. Januar 2005 mit einer Geldstrafe belegt worden, weil er „in stark alkoholisiertem Zustand in einem Bistro … aus Verärgerung über ein angeblich gegen ihn ausgesprochenes Hausverbot für sich und andere Gäste alkoholische Getränke im Wert von 234 € bestellt“ hatte (UA S. 6), ohne diese bezahlen zu können bzw. zu wollen.
5
Im Rahmen der Strafzumessungserwägungen hat die Schwurgerichtskammer bei der Tat zum Nachteil K. das Vorliegen eines minder schweren Falles nach § 227 Abs. 2 StGB verneint, aber in beiden Fällen von der Möglichkeit der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht.
6
Bei der Strafzumessung im engeren Sinn hat das Landgericht u. a. die deutliche Alkoholisierung des Angeklagten, seine erste Inhaftierung 1 ¼ Jahr nach der Tat sowie die selbst erlittene Verletzung strafmildernd berücksichtigt.
7
2. Der Strafausspruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand.
8
a) Dass das Landgericht nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB eine Strafrahmenverschiebung vorgenommen hat, weil der Angeklagte in Folge seiner Alkoholisierung möglicherweise vermindert schuldfähig gewesen ist, ist nicht zu beanstanden.
9
Ob in derartigen Fällen eine Strafrahmenverschiebung vorgenommen wird, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung der Gesamtumstände zu beurteilen. Dabei unterliegt die pflichtgemäße Einschätzung des Tatrichters nur eingeschränkt revisionsgerichtlicher Überprüfung (BGHSt 49, 239, 242 ff.). Zwar spricht eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit aufgrund zu verantwortender Trunkenheit in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung. Allerdings muss sich das Risiko der Begehung von Straftaten für den Täter aufgrund der persönlichen und situativen Verhältnisse des Einzelfalles vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht haben (BGH aaO). Die Feststellungen des Landgerichts belegen rechtsfehlerfrei, dass dies im vorliegenden Fall gerade nicht der Fall war. Das Landgericht hat festgestellt, dass der „selten im Übermaß Alkohol“ zu sich nehmende, „konfliktscheue“ , „äußerst anpassungsfähige“ und „schwierigen Situationen regelmäßig aus dem Weg“ gehende Angeklagte grundsätzlich seinen Alkoholkonsum „ohne Schwierigkeiten steuern und kontrollieren“ könne (UA S. 5). Den Feststellungen ist weiter zu entnehmen, dass die Alkoholaufnahme des Angeklagten am Tattag einen besonderen, höchst nachvollziehbaren Grund gehabt hat, nämlich die Nachricht von der Verletzung seines Bruders im Irak durch die Explosion einer Autobombe. Unter diesen Umständen und angesichts dessen, dass die eine geringe mit alkoholischer Beeinflussung einhergehende Vorstrafe kein Gewaltdelikt zum Gegenstand hatte, konnte das Landgericht davon ausgehen, dass das Risiko der Begehung von Straftaten infolge des vorangegangenen Alkoholgenusses nicht signifikant erhöht war, als die Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und der Zeugin D. entbrannte. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs der Geschehnisse in der sich für den Angeklagten weiter aufheizenden Situation führt auch der Umstand, dass es nunmehr zu einer Auseinandersetzung des verärgerten Angeklagten mit dem sich schlichtend einschaltenden K. kam, in deren Folge, wie das Landgericht festgestellt hat, der Angeklagte „sogleich“ und „spontan“ (UA S. 10) einen auf dem Tresen stehenden Aschenbecher ergriff und diesen gegen K. warf, zu keiner anderen Bewertung.
10
Die Revision kann auch nicht mit der Erwägung des Generalbundesanwalts durchdringen, dass sich der Angeklagte im Verlauf der körperlichen Auseinandersetzungen seiner alkoholbedingten Aggressivität bewusst geworden sei, die damit einhergehende Gefahr der Begehung weiterer Gewaltdelikte erkannt habe und deshalb Veranlassung gehabt hätte, sich zurückzuziehen. Eine solche Aufspaltung des in engem zeitlichen Zusammenhang abgelaufenen Gesamtgeschehens einschließlich der inneren Vorgänge bei dem Angeklagten findet in den Urteilsgründen keine Stütze. Vielmehr ist bei lebensnaher Betrachtung von einem einheitlichen Geschehen auszugehen.
11
b) Auch die übrigen engeren Strafzumessungserwägungen begegnen keinen durchgreifenden Bedenken.
12
Soweit die Revision beanstandet, die Schwurgerichtskammer habe die zur Strafrahmenverschiebung führende Alkoholbeeinflussung gewissermaßen deckungsgleich auch als strafmildernde Umstände berücksichtigt, hat sie keinen Erfolg. Dadurch, dass der Tatrichter die „deutliche“ (UA S. 26) Alkoholisierung des Angeklagten anführt, hat er hier dem besonderen Umstand des Grades der Alkoholisierung – nach dem Kontext auch der besonderen Ursache – Rechnung getragen (vgl. BGH NStZ 1984, 548; 1992, 538) und damit bereits mehr als die nochmalige Berücksichtigung der verminderten Schuldfähigkeit als solcher angeführt.
13
Auch die strafmildernden Erwägungen des Landgerichts in Bezug auf die von dem Angeklagten verbüßte Untersuchungshaft sind frei von Rechtsfehlern. Das Landgericht hat im Gegensatz zur Revision nicht den Vollzug der Untersuchungshaft an sich zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, sondern zulässigerweise (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 21; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl. Rdn. 434) zusätzliche, den Angeklagten beschwerende Umstände gewürdigt, indem es hervorgehoben hat, dass der Angeklagte „erst mehr als 1 ¼ Jahr nach der Tat in Haft genommen wurde und er mit der Inhaftierung erst im Alter von 45 Jahren seine erste Hafterfahrung gemacht hat“ (UA S. 26, 27).
14
Desgleichen ist es von dem Senat hinzunehmen, dass die Schwurgerichtskammer die Verletzung des Angeklagten, die dieser im Rahmen des Gesamtgeschehens erlitten hat, als strafmilderndes Kriterium herangezogen hat, zumal letztlich erst jene Verletzung ausschlaggebend für den Spontanentschluss zur Tatbegehung war.
15
Darüber hinaus vermisst die Revision zu Unrecht die Berücksichtigung der Tathandlung in der Nähe eines mit dolus eventualis begangenen Totschlags. Das Landgericht führt bei der Prüfung der Anwendung eines minder schweren Falles nach § 227 Abs. 2 StGB und im Rahmen der Erwägungen zu strafschärfenden Gesichtspunkten die „hohe Pflichtwidrigkeit des Fahrlässigkeitsverstoßes“ (UA S. 26, 27) und die „Rücksichtslosigkeit“ (UA S. 27) an. Damit ist der Grenzbereich zum bedingten Vorsatz beschrieben.
16
Schließlich löst sich die Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe von der Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nicht soweit nach unten, dass gesagt werden müsste, sie lägen nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten und von der Revision hinzunehmenden Bemessungsspielraums (Fischer, StGB 55. Aufl. § 46 Rdn. 115a m.w.N.). Angesichts der von der Schwurgerichtskammer aufgeführten Zumessungserwägungen sind die festgesetzten Einzelstrafen bei dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB reduzierten Strafrahmen und die danach gefundene Gesamtfreiheitsstrafe auch mit Blick auf den Tod des K. zwar außerordentlich milde, aber im Ergebnis noch nicht unvertretbar niedrig.
Basdorf Raum Brause Schaal Dölp
5 StR 510/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Januar 2010

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 26. August 2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
a) Der mehrfach, jedoch nicht wegen Sexualstraftaten vorbestrafte 23 Jahre alte Angeklagte konsumiert bereits seit früher Jugend Alkohol und illegale Drogen. Er befand sich deshalb in der Vergangenheit schon zweimal über mehrere Monate in stationärer Therapie. Nach Beendigung der letzten Behandlung im April 2008 lebte der Angeklagte in einer sozialtherapeutisch betreuten Wohngemeinschaft und besuchte regelmäßig eine Suchtberatung. Bei ihm liegt nach Auffassung der sachverständig beratenen Strafkammer eine „psychische und Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch, schädlicher Gebrauch“ (ICD 10 F 19.1) vor; sein Trinkverhalten ist als chronisches Alkoholmissbrauchsverhalten mit schädlichen Auswirkungen im psychischen , physischen und sozialen Bereich zu beschreiben und „der Störungsform des Alpha- und Betaalkoholismus (nach Jellinek)“ zuzuordnen; eine „komplette Ausprägungsform süchtiger Abhängigkeit“ lasse sich demgegenüber nicht belegen (UA S. 4).
4
b) Der Angeklagte lebte in einer betreuten Wohngemeinschaft gemeinsam mit der zur Tatzeit 17 Jahre alten Geschädigten und einer 16-jährigen weiteren Mitbewohnerin. In der Tatnacht drang der alkoholisierte Angeklagte in das Zimmer der Geschädigten ein und forderte sie zu sexuellen Handlungen auf. Weil sie dies ablehnte, drosselte er sie mit einem Gürtel und schlug ihren Kopf gegen die Zimmerwand. Dann nötigte er sie unter Einsatz des um ihren Hals gelegten Gürtels, ihm in sein Zimmer zu folgen. Dort drohte er ihr mit einem Elektroschockgerät. Nachdem er zunächst den Oralverkehr mit ihr erzwungen hatte, forderte er sie auf, vaginal mit ihm zu verkehren. Von diesem Vorhaben ließ er jedoch ab, als die Geschädigte auf die Gefahr der Entstehung einer Schwangerschaft hinwies. Stattdessen versuchte er mehrfach erfolglos, mit seinem nicht ausreichend erigierten Glied in den Anus des Mädchens einzudringen. Schließlich gelangte er durch Selbstbefriedigung zum Samenerguss.
5
c) Die Strafkammer nimmt eine erhebliche Verminderung der Hemmungsfähigkeit (§ 21 StGB) des Angeklagten aufgrund von Alkoholgenuss an. Sie stützt sich dabei zum einen auf die von ihm angegebenen Alkoholkonsummengen , die zu einer maximalen Blutalkoholkonzentration von 2,15 ‰ geführt haben. Zum anderen begründet sie ihre Annahme mit Bekundungen der Zeugin über ihren Eindruck vom Angeklagten in der Tatnacht („der war voll auf Droge“, „völlig ausgerastet“, „übelst komisch“, „so hatte ich ihn noch nie erlebt“ – UA S. 49). Das Landgericht kommt indes zu dem Ergebnis , dass seine erheblich verminderte Schuldfähigkeit den Angeklagten nicht entlastet, „da er sehr wohl wusste …, dass er unter dem Einfluss von Alkohol aggressiv reagiert und zu Gewalthandlungen neigt.“ Bereits im Rahmen der letzten Begutachtung in einem anderen Strafverfahren, die ebenfalls durch den von der Strafkammer gehörten Sachverständigen vorgenommen worden war, sei „herausgearbeitet und vom Angeklagten so auch im Grunde bestätigt worden, dass der Grund für seine Gewalthandlungen in alkoholbedingter Enthemmung zu suchen sei“ (UA S. 48).
6
d) Eine Unterbringung nach § 64 StGB lehnt die Strafkammer gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen ab. Zwar könne „unter Umständen“ vom Vorliegen eines Hanges ausgegangen werden, wobei es sich aber um einen Grenzfall handele. Jedoch stünden hier neben der eigentlichen Entwöhnungsproblematik vorrangig sozio-rehabilitative Aspekte im Vordergrund , die besser in einer Betreuungsform außerhalb des Maßregelvollzuges zu therapieren seien.
7
2. Die Einwände der Revision gegen den Schuldspruch, insbesondere die tatrichterliche Beweiswürdigung, sowie die hierauf bezogene Verfahrensrüge sind offensichtlich unbegründet.
8
3. Indes hält der Rechtsfolgenausspruch der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand.
9
a) Das Landgericht hat dem Angeklagten eine Strafmilderung aufgrund seiner erheblich verminderten Schuldfähigkeit mit rechtsfehlerhafter Begründung versagt. Zwar kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Strafrahmenverschiebung aufgrund verminderter Schuldfähigkeit abgelehnt werden, wenn der Täter schon früher unter Alkoholeinfluss straffällig geworden ist und deshalb wusste, dass er in einem solchen Zustand zu Straftaten neigt (vgl. BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; BGHSt 49, 239, 242). Dabei sind an die Vergleichbarkeit der unter Alkoholeinfluss begangenen Straftaten keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es ist nicht erforderlich, dass der Täter zuvor bereits eine gleiche oder ähnliche Tat begangen hat. Entscheidend ist regelmäßig nicht die äußerliche Vergleichbarkeit der einzelnen Taten, sondern die nämliche Wurzel des jeweiligen deliktischen Verhaltens (BGHSt 49, 239, 243 m.w.N.). Indes kann die Versagung der Strafrahmenverschiebung nicht mit dem Hinweis auf frühere unter Alkoholeinfluss begangene Straftaten begründet werden, wenn die neue Tat im Hinblick auf ihre andersartige Anlage und Zielrichtung und den zugrunde liegenden strafrechtlich bedeutsamen Antrieb in gänzlich andere Richtung als die bisherigen Taten weist, sie also mit den bisherigen Bild der Delinquenz nicht in Einklang zu bringen ist, und mit der der Täter deshalb nicht rechnen konnte (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 3).
10
Der Angeklagte ist zwar bereits früher, soweit ersichtlich einmal, unter Alkoholeinfluss gewalttätig geworden. Er soll dabei dem Geschädigten mehrfach ins Gesicht geschlagen und gegen die Rippen getreten sowie unter dem Einfluss von Alkohol und Cannabis seine damalige Lebensgefährtin geschlagen , gewürgt und in den Arm gebissen haben. Indes weisen jener Fall und der vorliegende unterschiedliche charakteristische Besonderheiten auf. Wegen eines Delikts gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist der Angeklagte zuvor nicht bestraft worden. Auch deuten die Feststellungen nicht darauf hin, dass die situativen Verhältnisse des Einzelfalles das Risiko der Tatbegehung infolge der Alkoholisierung vorhersehbar signifikant erhöht hätten (vgl. BGHSt 49, 239, 243): Der Angeklagte trank bei sich zu Hause zunächst mit seiner anderen Mitbewohnerin, dann mit einem Freund; sein Verhältnis zu seinen beiden Mitbewohnerinnen war gut. Es bestanden weder eine intime Beziehung zur Geschädigten, noch Konflikte oder erkennbare sexuelle Spannungen innerhalb der Wohngemeinschaft, die vorhersehbar die Gefahr gewaltsamer sexueller Übergriffe des zudem massiv alkoholgefährdeten Angeklagten unter Alkoholeinfluss begründeten.
11
b) Darüber hinaus ist die Ablehnung der Unterbringung nach § 64 StGB rechtsfehlerhaft begründet.
12
Die Frage, ob ein Hang im Sinne von § 64 StGB vorliegt, wird im angefochtenen Urteil nicht abschließend geklärt. Die in diesem Zusammenhang wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen veranlassen den Senat zu dem Hinweis, dass eine Alkoholabhängigkeit nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Hanges ist (vgl. BGHR StGB § 64 Hang 2 und § 64 Abs. 1 Hang 5). Denn hierunter fällt nicht nur eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit, sondern es genügt eine eingewurzelte , aufgrund psychischer Disposition bestehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, ohne dass diese den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss (BGH, Beschluss vom 18. August 1998 – 5 StR 363/98; Beschluss vom 18. Juli 2007 – 5 StR 279/07). Eine solche Neigung liegt bei dem festgestellten Alkoholmissbrauch des Angeklagten durchaus nahe. Aus den bisherigen Feststellungen ergibt sich auch nicht, dass eine stationäre Therapie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 64 Satz 2 StGB) oder andere Voraussetzungen der Maßregelanordnung offensichtlich nicht vorliegen. Der Hinweis darauf, dass der Angeklagte besser in einer Betreuungsform außerhalb des Maßregelvollzugs zu behandeln wäre, vermag die Ablehnung der Unterbringung nach § 64 StGB auch eingedenk des eröffneten tatgerichtlichen Ermessens nicht zu rechtfertigen.
13
c) Nach alledem erscheinen auf Grund der bisherigen Feststellungen die Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB und eine Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB nahe liegend. Angesichts der bislang nicht näher aufgeklärten Motivlage und des Verhaltens und Erscheinungsbildes des Angeklagten bei der Tat bedarf es aber erneut der um- fassenden Prüfung seiner Schuldfähigkeit mit Hilfe eines Sachverständigen (§ 246a StPO). Einzubeziehen ist – unter Umständen sogar im Hinblick auf eine jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossene Unterbringung nach § 63 StGB – die Frage, ob eine sonstige schwere seelische Störung oder eine krankhafte Alkoholüberempfindlichkeit des Angeklagten in Betracht kommt.
Basdorf Raum Schaal Schneider König
10
a) Das Landgericht hat eine Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB nicht auszuschließen vermocht, jedoch die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB unter dem Gesichtspunkt der selbstverschuldeten Trunkenheit versagt (zu den hier zu beachtenden Grundsätzen BGHSt 49, 239). Dafür hat es maßgebend in alkoholisiertem Zustand begangene Gewalttaten herangezogen, derentwegen der Angeklagte in den Jahren 1996 und 1997 verurteilt worden ist. Das neue Tatgericht wird sich mit dem Umstand auseinanderzusetzen haben, dass der Angeklagte in den folgenden mehr als zehn Jahren nicht mehr in gleicher Weise straffällig geworden ist. Bei Annahme eines minder schweren Falls des Totschlags nach § 213 StGB wird eine Doppelmilderung (vgl. Fischer aaO § 213 Rdn. 17 ff.) allerdings eher fern liegen.
26
b) Da sich die Bemessung der Jugendstrafe an der erforderlichen erzieherischen Einwirkung zu orientieren hat (§ 18 Abs. 2 JGG), würde hier eine durch Alkoholisierung vermittelte Annahme des § 21 StGB – auch bei Wegfall des versuchten Tötungsdelikts (vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Januar 2005 – 5 StR 290/04, BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 59) – allerdings nicht zwingend zu einer niedrigeren Sanktion führen. Das mit einer Alkoholisierung verbundene Risiko der Begehung von Straftaten war für den Angeklagten – insbesondere mit Blick auf seine zahlreichen einschlägigen erheblichen Vorstrafen – auch ersichtlich (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 444/05
vom
23. Februar 2006
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Februar
2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. März 2005 wird verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie erstrebt eine Verurteilung des Angeklagten (auch) wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer (§ 316 a StGB). Ferner beanstandet sie, dass das Landgericht zu Gunsten des zur Tatzeit alkoholisierten Angeklagten bei der Bemessung der verhängten Strafe von der Milderungsmöglichkeit nach §§ 21, 49 StGB Gebrauch gemacht hat.
2
Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt nur in Bezug auf die Vornahme der Strafmilderung nach §§ 21, 49 StGB vertreten wird, hat keinen Erfolg.
3
1. Nach den Feststellungen bestieg der Angeklagte nach dem Besuch zweier Gaststätten, in denen er zuvor Wein und Bier in erheblichen Mengen zu sich genommen hatte, am frühen Morgen des 10. November 2004 ein Taxi. Als das Fahrtziel erreicht war, hielt der Taxifahrer gegen 3.10 Uhr – aufgrund der Tageszeit herrschte kein Verkehrsaufkommen – das Fahrzeug im Kreuzungsbereich zweier Straßen an, schaltete die Innenraumbeleuchtung ein und brachte bei laufendem Motor den Wählhebel für die Getriebeautomatik in die Parkstellung. Anschließend bat er den im Fahrzeugfond sitzenden Angeklagten um die Entrichtung des Fahrpreises in Höhe von 9,80 Euro. Spätestens jetzt entschloss sich der erheblich angetrunkene Angeklagte, den Taxifahrer unter Einsatz eines mitgeführten Pfeffersprays an der Geltendmachung des Fahrpreises zu hindern. Er beugte sich vor, sprühte dem völlig überraschten Tatopfer Pfefferspray in das Gesicht und flüchtete nach einem kurzen Gerangel aus dem Fahrzeug. Als er wenig später stürzte, konnte er von dem nacheilenden Taxifahrer überwältigt werden. Durch den Einsatz des Pfeffersprays erlitt der Fahrer des Taxis Reizungen und Schmerzen an den Augen.
4
2. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 316 a StGB verneint.
5
a) Allerdings war das Tatopfer zum Zeitpunkt des auf ihn verübten Angriffs (noch) Führer eines Kraftfahrzeugs und damit taugliches Tatobjekt einer Straftat nach § 316 a StGB. Führer eines Kraftfahrzeuges im Sinne dieser Bestimmung ist, wer das Fahrzeug in Bewegung zu setzen beginnt, es in Bewegung hält oder allgemein mit dem Betrieb des Fahrzeugs und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist (BGHSt 49, 8, 14). Befindet sich das Fahrzeug nicht mehr in Bewegung, so ist darauf abzustellen, ob das Opfer als Fahrer noch mit der Bewältigung von Betriebs- oder Verkehrsvorgängen befasst ist (BGH aaO). Dies ist, auch bei einem nicht verkehrsbedingten Halt, regelmäßig der Fall, wenn – wie hier - der Motor des Fahrzeugs noch in Betrieb ist (vgl. hierzu im Einzelnen BGH NJW 2005, 2564, 2565).
6
b) Liegt ein Angriff auf den Führer eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 316 a StGB vor, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Täter „dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs“ ausgenutzt hat. Danach ist erforderlich , dass der tatbestandsmäßige Angriff gegen das Tatopfer als Kraftfahrzeugführer unter Ausnutzung der spezifischen Bedingungen des Straßenverkehrs begangen wird (BGHSt 49, 8, 11). Das ist (objektiv) der Fall, wenn der Führer eines Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt des Angriffs noch in einer Weise mit der Beherrschung seines Kraftfahrzeugs und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist, dass er gerade deshalb leichter zum Angriffsobjekt eines Überfalls werden kann (BGH aaO S. 14 f.). Verübt der Täter den Angriff im fließenden Verkehr oder bei einem verkehrsbedingten Halt, stellt dies ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass er dabei auch die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt. Aber auch bei einem nicht verkehrsbedingten Halt (hier: zu dem Zweck, den Fahrpreis für die Beförderung zu kassieren) kann im Einzelfall eine Gegenwehr des angegriffenen Fahrzeugführers infolge spezifischer Bedingungen des Straßenverkehrs erschwert sein (vgl. die Beispielsfälle in BGH NJW 2005, 2564, 2565). Hierfür genügt jedoch nicht, dass der Fahrzeugmotor noch läuft und der Fahrer (allein) deshalb mit dem Betrieb des Fahrzeugs beschäftigt ist (BGH aaO). Vielmehr müssen weitere verkehrsspezifische Umstände vorliegen, die zu einer Beeinträchtigung der Abwehrmöglichkeiten des angegriffenen Fahrzeugführers geführt haben. Derartige Umstände hat das Landgericht mit dem Hinweis verneint, dass zur Tatzeit am Tatort kein Verkehrsaufkommen bestand, mithin das Tatopfer zum Zeitpunkt des Angriffs nicht mit der Bewältigung von Betriebs– oder Verkehrsvorgängen in einer Art und Weise beschäftigt war, die ihn in seiner Abwehrmöglichkeit beeinträchtigte. Dies ist nach den dargelegten Grundsätzen rechtlich nicht zu beanstanden, zumal die Feststellungen zudem belegen, dass auch das Fahrzeug des Tatopfers zum Tatzeitpunkt keiner besonderen Überwachung durch den Fahrer bedurfte, da es durch Einlegen des Automatikhebels in die Parkstellung gegen ein Wegrollen oder ungewolltes Beschleunigen hinreichend gesichert war.
7
3. Auch die vom Landgericht nach Maßgabe der §§ 21, 49 Abs. 1 StGB vorgenommene Strafrahmenverschiebung weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
8
Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit – wie hier – auf zu verantwortender Trunkenheit, spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung nach den genannten Bestimmungen, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter im Rahmen des ihm gesetzlich eingeräumten Ermessens in wertender Betrachtung zu bestimmen; seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Überprüfung (BGHSt 49, 239; Senatsurteil vom 15. Dezember 2005 – 4 StR 314/05).
9
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Landgerichts , den Strafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu mildern, nicht zu beanstanden. Die erkennende Strafkammer hat bei ihrer Entscheidung in erster Linie darauf abgestellt, dass der Angeklagte bislang noch nicht wegen eines Gewaltdelikts verurteilt worden ist und damit zum Ausdruck gebracht, dass eine in der Person des Angeklagten begründete, für ihn vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund seiner Alkoholisierung in Bezug auf die ausgeurteilte Tat nicht gegeben war. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen lag auch keine für den Angeklagten vorhersehbare Risikoerhöhung aufgrund der situativen Verhältnisse vor. Der Angeklagte befand sich nicht in einer gefahrträchtigen Lage, als er den Alkohol zu sich nahm. Auch danach hat er sich weder bewusst noch leichtfertig in die Tatsituation gebracht (vgl. hierzu BGHSt 49, 239, 243 f). Der Angeklagte hat – wovon das Landgericht in zutreffender Anwendung des Zweifelssatzes ausgegangen ist – den Tatentschluss spontan erst unmittelbar vor Begehung der Tat gefasst. In Bezug auf die mitgeführte Pfefferspraydose hat er sich unwiderlegt dahin eingelassen, diese zu seinem Selbstschutz mit sich geführt zu haben.
10
4. Die Nachprüfung des Urteils hat auch im Übrigen keinen den Angeklagten begünstigenden oder benachteiligenden (vgl. § 301 StPO) Rechtsfehler ergeben.
Tepperwien Maatz Athing
Solin-Stojanović Ernemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 84/08
vom
12. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Juni 2008,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin K.
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 26. November 2007 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge (Fall 4 der Urteilsgründe) sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen (Fälle 1 bis 3) zur lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Der Angeklagte wendet sich mit seiner auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision gegen den Schuldspruch im Fall 4 der Urteilsgründe sowie den gesamten Rechtsfolgenausspruch.
2
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum angefochtenen Teil des Schuldspruchs aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Rechtsfolgenausspruch hat hingegen insgesamt keinen Bestand.
3
I. Nach den Feststellungen zu den Fällen 1 bis 3 verletzte der jeweils erheblich alkoholisierte Angeklagte im Zeitraum zwischen ca. Mitte September und dem 20. Oktober 2006 aus Verärgerung den neun Jahre alten Sohn seiner Lebensgefährtin in drei Fällen schwer. Im ersten Fall schlug er mit einer Baseballkeule gezielt auf dessen linken Oberarm im Bereich des Ellenbogengelenks, wodurch er eine Fraktur verursachte. In den zwei weiteren Fällen warf er u. a. Messer auf den Geschädigten, die teilweise im Körper stecken blieben.
4
1. In diesen Fällen ist das sachverständig beratene Landgericht auf der Grundlage der festgestellten Trinkgewohnheiten des Angeklagten - Konsum von täglich vier bis sechs Litern Bier sowie einer halben bis dreiviertel Flasche Rum - und seiner Einlassung zu den Taten davon ausgegangen, eine erhebliche alkoholbedingte Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit sei nicht sicher auszuschließen. Die fakultative Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB hat es abgelehnt, weil der Angeklagte gewusst habe, dass er unter Alkoholeinfluss zu Gewalttätigkeiten neige.
5
2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
6
a) Zwar können Umstände, welche die Schuld erhöhen, zur Versagung der Strafrahmenmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen. Dies kann bei einer alkoholbedingten Verminderung der Schuldfähigkeit dann der Fall sein, wenn sie auf einer selbst zu verantwortenden , verschuldeten Trunkenheit beruht, die dem Täter uneingeschränkt vorwerfbar ist; dabei ist es regelmäßig auch ohne Belang, ob dieser schon früher unter Alkoholeinfluss vergleichbare Straftaten begangen hat (vgl. BGH NStZ 2003, 480, 481; Fischer, StGB 55. Aufl. § 21 Rdn. 20, 25 ff.). Ein die Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigender Alkoholrausch ist aber dann nicht verschuldet, wenn der Täter alkoholkrank oder alkoholüberempfindlich ist. Eine Alkoholerkrankung, bei der schon die Alkoholaufnahme nicht als ein die Schuld erhöhender Umstand zu werten ist, liegt regelmäßig vor, wenn der Täter den Alkohol aufgrund eines unwiderstehlichen oder ihn weitgehend beherrschenden Hanges trinkt, der seine Fähigkeit, der Versuchung zum übermäßigen Alkoholkonsum zu widerstehen, einschränkt (st. Rspr.; vgl. Fischer aaO § 21 Rdn. 26 m. w. N.).
7
b) Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen lassen es als möglich erscheinen, dass der Angeklagte im dargestellten Sinne alkoholkrank war. Zwar ist es bei seinen Erwägungen lediglich von einer massiven Alkoholgewöhnung ausgegangen, die ebenso wie ein Hang im Sinne des § 64 StGB für sich allein grundsätzlich nicht ausreicht, um den Alkoholkonsum als unverschuldet einzustufen. Indessen hätte das Landgericht wegen des Vorlebens des Angeklagten, das von einem bereits während der Schulzeit begonnenen Alkoholkonsum und einem langjährigen Alkoholmissbrauch gekennzeichnet war, seiner schweren Persönlichkeitsstörung, die in Konfliktsituationen regelmäßig zu einem Suchtmittelkonsum führt, der außergewöhnlich hohen täglichen Alkoholmengen, und wegen des Umstandes, dass er bei allen verfahrensgegenständlichen Taten und bei weiteren festgestellten, nicht abgeurteilten Straftaten jeweils erheblich alkoholisiert war, mit der Frage einer krankhaften Alkoholsucht näher auseinandersetzen müssen (vgl. BGH NStZ 2008, 330).
8
II. Nach den getroffenen Feststellungen zum Fall 4 beabsichtigte der Angeklagte am 15. Januar 2007 unter dem Vorwand, in eine von ihm unter einem falschen Namen angemietete Ferienwohnung einziehen zu wollen, die Vermieterin auszurauben. Nachdem es zwischen ihm und der Frau zu Unstimmigkeiten über die Hausordnung gekommen war und diese ihn zum Verlassen des Hauses aufgefordert hatte, tötete der unter Alkoholeinfluss stehende Angeklagte aus Wut die arg- und wehrlose Frau durch eine Vielzahl von Messerstichen. Anschließend entwendeten er und seine ihn begleitende Lebensgefährtin verschiedene Wertgegenstände.
9
1. Zur Beurteilung der Schuldfähigkeit hat der psychiatrische Sachverständige in seinem Gutachten im Wesentlichen ausgeführt: Für eine andere schwere seelische Abartigkeit gebe es keine Anhaltspunkte. Der Angeklagte weise zwar eine schwere Persönlichkeitsstörung mit vor allem emotionalinstabilen , narzisstischen und dissozialen Zügen auf, die sich aus einer hochgradig unreifen Emotionalität herleite. Er komme mit sich und seiner Umwelt nur zurecht, solange er Macht ausübe und Gutes tue, könne indes dann, wenn er in Frage gestellt werde, die daraus resultierenden Konflikte nicht lösen. Jedes Scheitern, jede Frustration und jeder Verlust seien für ihn Anlass für einen depressiven Rückzug und Suchtmittelkonsum, wobei der Alkoholkonsum zwar förderlich, aber nicht notwendig sei, um bei ihm aus banalen Anlässen sehr schnelle Stimmungsumschwünge und Aggressionsausbrüche zu erzeugen. Diese Persönlichkeitsstörung erreiche aber insgesamt kein Ausmaß, welches den Angeklagten in seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtige. Auch eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung zum Tatzeitpunkt sei zu verneinen. Zwar sei das Tatgeschehen - wie die Vielzahl der Messerstiche zeige - in hohem Maße affektiv besetzt gewesen, jedoch habe sich die affektive Aufladung nicht zu einem die Steuerungsfähigkeit tangierenden Affekt verdichtet.
10
Diesen Ausführungen des Sachverständigen hat sich die Strafkammer pauschal "aus eigener Überzeugung" angeschlossen. Eine die Schuldfähigkeit erheblich beeinträchtigende Alkoholisierung zur Tatzeit hat sie verneint. Dem Gutachten des Sachverständigen folgend hat die Strafkammer die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 StGB angeordnet, weil die Gefahr bestehe, dieser werde als Folge seines persönlichkeitsbedingten Unvermögens, Konflikte zu lösen und Beziehungen zu gestalten, weitere schwere Straftaten begehen. Die schwere Persönlichkeitsstörung mit ihren Begleiterscheinungen begründe einen inneren Hang des Angeklagten, in Situationen, in denen andere Personen dem Reiz zur Aggressionstat widerstehen könnten, auf ihn frustrierende und herausfordernde Anstöße mit Gewalttaten zu reagieren.
11
2. Gegen die Begründung, mit der das Landgericht eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit abgelehnt hat, bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken.
12
Aufgrund der Urteilsausführungen lässt sich schon nicht zweifelsfrei beurteilen , ob die Bewertung der Strafkammer rechtsfehlerfrei ist, dass die festgestellte schwere Persönlichkeitsstörung des Angeklagten - isoliert betrachtet - das Eingangsmerkmal einer schweren anderen seelischen Abartigkeit nicht erfüllt. Zwar führen gravierende Persönlichkeitsdefizite, die bei Straftätern häufig vorliegen, nicht notwendig zu Handlungsweisen, die sich außerhalb der Bandbreite des Verhaltens voll schuldfähiger Menschen bewegen. Jedoch ist bei einer nicht pathologisch bedingten schweren Persönlichkeitsstörung das Eingangsmerkmal dann gegeben, wenn sie in ihrem Gewicht einer krankhaften seelischen Störung gleichkommt und Symptome aufweist, die in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen stören , belasten oder einengen. Zur Beurteilung ihres Schweregrades bedarf es einer - hier nur unvollständig vorgenommenen - Gesamtschau der Persönlichkeit des Angeklagten und deren Entwicklung, der Tatvorgeschichte, dem unmittelbaren Anlass und der Ausführung der Tat sowie des Verhaltens nach der Tat (st. Rspr.; vgl. BGHSt 37, 397, 401; 49, 45, 52 f.; BGHR StGB § 63 Zustand 24; BGH NStZ 2000, 585 f.; 2005, 326, 327). Die beschriebenen Persönlichkeitsdefizite - wie die stark eingeschränkte Affektregulation mit der Folge häufiger massiver Konflikte mit anderen Menschen, die Unfähigkeit zur Gestaltung von Beziehungen, das Unvermögen, Lehr- oder Arbeitsstellen über längere Zeit zu halten, sowie die deutliche Störung des Selbstwertgefühls (vgl. Boetticher/ Nedopil/Bosinski/Saß NStZ 2005, 57, 60) - könnten möglicherweise darauf hindeuten , dass sie das Leben des Angeklagten mit ähnlichen Folgen stören, belasten und einengen wie eine krankhafte seelische Störung.
13
Vor allem hat das Landgericht im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung nicht erkennbar die sich aufdrängende Frage geprüft, ob die schwere Persönlichkeitsstörung, die Alkoholisierung und die affektive Aufladung, die nach seiner Überzeugung jeweils für sich betrachtet noch keine erhebliche Beeinträchtigung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit herbeiführten, durch ihr Zusammenwirken die Fähigkeit des Angeklagten, sich normgerecht zu verhalten , im Vergleich zu einem voll schuldfähigen Menschen in erheblichem Maße einschränkten (vgl. BGHR StGB § 21 Ursachen, mehrere 3, 5).
14
III. Wegen der dargestellten Rechtsfehler waren die verhängten Einzelstrafen und die Gesamtstrafe aufzuheben. Damit kann auch die gemäß § 66 Abs. 2 StGB angeordnete Sicherungsverwahrung nicht bestehen bleiben. Der Schuldspruch wird indes nicht berührt. Der Senat kann ausschließen, dass der Angeklagte bei einer der Taten schuldunfähig (§ 20 StGB) war.
15
IV. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
16
1. Bei der Prüfung des § 21 StGB ist nicht entscheidend, ob die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten generell erheblich eingeschränkt war. Maßgeblich kommt es vielmehr auf den Zustand bei Begehung der konkreten Tat an. Zur Beurteilung dieser Rechtsfrage überprüft der Tatrichter die vom Sachverständigen gestellte Diagnose, den Schweregrad der Störung und deren innere Beziehung zur Tat aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme. Ob eine psychische Störung ein Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 StGB erfüllt, entscheidet er nach sachverständiger Beratung in eigener Verantwortung. Gleiches gilt für die sich daran anschließende Frage, ob das Eingangsmerkmal zu einer erheblichen Einschränkung der Schuldfähigkeit führte. Denn hierbei spielen normative Gesichtspunkte eine Rolle, weil die Anforderungen entscheidend sind, welche die Rechtsordnung an jedermann stellt. Diese Anforderungen sind umso höher, je schwerwiegender das zu beurteilende Delikt ist (vgl. BGHSt 49, 45, 52 f.; BGH NStZ 2005, 326, 327; Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß NStZ 2005, 57,

58).


17
2. Der symptomatische Zusammenhang zwischen dem Hang zum übermäßigen Alkoholkonsum einerseits und den begangenen sowie künftig zu befürchtenden Straftaten andererseits ist schon dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beitrug, dass der Angeklagte die erheblichen rechtswidrigen Taten beging und dies bei einem unveränderten Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist. Er kann daher grundsätzlich nicht allein deshalb verneint werden, weil neben dem Alkoholmissbrauch Persönlichkeitsmängel eine Disposition für die Begehung von Straftaten begründen (vgl.
BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 2; BGH NStZ 2004, 681; NStZ-RR 2004, 78; Fischer aaO § 64 Rdn. 12). Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) kann neben der Anordnung von Sicherungsverwahrung (vgl. Fischer aaO § 72 Rdn. 2 a) oder der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (BGH StV 1998, 72) in Betracht kommen. Liegen die Voraussetzungen sowohl des § 63 StGB als auch des § 66 StGB vor, kann - nach der Regelung des § 72 StGB - die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus die Anordnung von Sicherungsverwahrung entbehrlich machen (vgl. Fischer aaO § 72 Rdn. 2 a m. w. N.).
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.

(1) Selbstverschuldete Trunkenheit führt nicht zu einer Milderung der angedrohten Strafe, wenn die Tat eine militärische Straftat ist, gegen das Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des Dienstes begangen wird.

(2) Der Trunkenheit steht ein Rausch anderer Art gleich.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, handelt ordnungswidrig, wenn er in diesem Zustand eine mit Geldbuße bedrohte Handlung begeht und ihretwegen gegen ihn keine Geldbuße festgesetzt werden kann, weil er infolge des Rausches nicht vorwerfbar gehandelt hat oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Die Geldbuße darf nicht höher sein als die Geldbuße, die für die im Rausch begangene Handlung angedroht ist.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

24
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, dass der Schuldgehalt der Tat bei einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit in aller Regel vermindert ist (Senat, Beschluss vom 7. September 2015 – 2 StR 350/15, NStZ-RR 2016, 74; BGH, Urteil vom 10. November 1954 – 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30). Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit jedoch auf zu verantwortender Trunkenheit, so spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten infolge der Alkoholisierung vorhersehbar signifikant erhöht hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239; BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15; Beschluss vom 1. März 2016 – 5 ARs 50/15; weitergehend aber BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15, NStZ 2016, 203; Urteil vom 27. März 2003 – 3 StR 435/02, NJW 2003, 2394; Beschluss vom 28. April 2016 – 4 ARs 16/15). Dabei ist als allgemeinkundig vorauszusetzen , dass eine alkoholische Berauschung generell die Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligem und aggressivem Verhalten zu senken pflegt (vgl. Senat, Urteil vom 15. Februar 2006 – 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40). Weiß der Täter oder muss er damit rechnen, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt und trinkt er trotzdem Alkohol, so spricht dies in der Regel gegen die Annahme einer Strafrahmenverschiebung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 2014 – 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238, und vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15). Einschlägiger Vorverurteilungen bedarf es insoweit nicht (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37). Die genannten Umstände erhöhen die Schuld und können zur Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 490/02
vom
7. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Januar 2003 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 18. Juli 2002 im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes und Vergewaltigung zu lebenslanger Freiheitsstrafe (als Gesamtstrafe) verurteilt und die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten festgestellt. Es hat außerdem dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, daß 15 Jahre der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen sind. Die Revision des Angeklagten, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt, führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs. Im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte die Halbschwester seiner Ehefrau erdrosselt, um die zuvor von ihm begangene Vergewaltigung des Tatopfers zu verdecken. Das Landgericht hat für den Mord auf lebenslange , für die Vergewaltigung auf sechs Jahre Freiheitsstrafe als Einzelstrafe erkannt. Es hat bei beiden Taten nicht auszuschließen vermocht, daß die Hemmungsfähigkeit des Angeklagten infolge Alkoholgenusses im Zusammenwirken mit einer Persönlichkeitsstörung erheblich vermindert war (§ 21 StGB). Gleichwohl hat die Strafkammer von der danach gegebenen Möglichkeit, den jeweiligen Strafrahmen gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu mildern, weder beim Mord noch bei der Vergewaltigung Gebrauch gemacht. Zur Begründung hat das Landgericht bei beiden Straftaten maßgeblich darauf abgestellt, der Angeklagte sei wegen Gewaltdelikten, die er unter Alkoholeinfluß begangen habe, vorverurteilt gewesen. Ihm sei deshalb vorzuwerfen, daß er sich, "noch frei in seinen Entscheidungen" , entschlossen habe, wieder zu trinken. Seinen Zustand habe er in Kenntnis seiner Gefährlichkeit gerade Frauen gegenüber herbeigeführt. Diese Begründung begegnet in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Zwar kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB abgelehnt werden, wenn der Täter schon früher unter Alkoholeinfluß straffällig geworden ist und deshalb wußte oder sich dessen hätte bewußt sein können, daß er in einem solchen Zustand zu Straftaten neigt (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 3, 6, 9 und 14 m.w.N.). Allerdings dürfen dem vermindert schuldfähigen Täter solche Taten nicht schulderhöhend angerechnet werden, mit deren Begehung er aufgrund des Ausmaßes und der Intensität seiner bisher unter Alko-
holeinwirkung begangenen Straftaten nicht rechnen konnte (BGHSt 35, 143, 145; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 6 und 14).
Weitere Voraussetzung für eine Versagung der Strafrahmenmilderung ist, daß dem Angeklagten die Alkoholaufnahme zum Vorwurf gemacht werden kann. Dies kommt in der Regel dann nicht in Betracht, wenn der Täter alkoholkrank ist oder wenn der Alkohol den Täter zumindest weitgehend beherrscht, wenn also in der aktuellen Alkoholaufnahme kein schulderhöhender Umstand gesehen werden kann (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 19; BGH NStZ-RR 1999, 12).
Daß diese Voraussetzungen hier vorliegen, hat das Landgericht nicht ausreichend festgestellt.
Es hätte hierzu zunächst der näheren Darlegung der Straftaten bedurft, die nach Überzeugung der Strafkammer zur Tatzeit auf eine alkoholbedingt erhöhte Gewaltbereitschaft des Angeklagten insbesondere Frauen gegenüber schließen lassen. Allein die pauschale Feststellung, der Angeklagte sei bereits früher unter Alkoholeinfluß straffällig geworden und wegen Raubes und Körperverletzung sowie wegen versuchten (schweren) Diebstahls bereits vorbestraft gewesen, vermag dies nicht zu belegen. Soweit die Strafkammer davon ausgeht, es sei vor den hier abgeurteilten Taten "schon zweimal vorgekommen , daß der Angeklagte alkoholisiert seine Ehefrau vergewaltigt" habe (UA 8), fehlt es ebenfalls an der Mitteilung von Einzelheiten zu den Umständen dieser Taten, insbesondere zum Ausmaß der vom Angeklagten angewandten Gewalt und zum Grad seiner Alkoholisierung. Die beiden massiven Sexualdelikte, derentwegen der Angeklagte in den Jahren 1993 und 1997 verurteilt wurde, be-
ging er erst nach den hier ausgeurteilten Straftaten. Diese Taten können deshalb bei der Prüfung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB keine Berücksichtigung finden.
Nach den getroffenen Feststellungen liegt es zudem nahe, daß dem Angeklagten der Alkoholkonsum nur eingeschränkt zum Vorwurf gemacht werden kann, weil er zur Tatzeit alkoholkrank war. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, daß der Angeklagte bereits im Alter von 15 Jahren begann, regelmäßig Alkohol zu trinken und sich bei ihm schon früh das "Vollbild einer Alkoholkrankheit" ausbildete. Er hatte sich zu einem jungen Erwachsenen mit selbstunsicherer Persönlichkeit entwickelt, der sich unter Alkoholeinfluß stärker fühlte. Das Trinken gehörte zu seinem Leben. Die sachverständig beratene Strafkammer ist deshalb zu dem Ergebnis gelangt, der Angeklagte sei zur Tatzeit alkoholabhängig gewesen.
Angesichts dieser Umstände durfte sich das Landgericht nicht darauf beschränken festzustellen, der Angeklagte habe sich am Tattag zum Alkoholkonsum entschlossen, als er "noch frei in seiner Entscheidung war". Es hätte sich vielmehr ausdrücklich damit auseinandersetzen müssen, ob angesichts seiner Alkoholabhängigkeit in der Alkoholaufnahme überhaupt ein Umstand gesehen werden kann, der es rechtfertigt, von der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 StGB abzusehen.
Schließlich wird das Urteil auch nicht den erhöhten Anforderungen gerecht , die an die Ablehnung einer Strafrahmenverschiebung zu stellen sind, wenn, wie hier beim Mord, allein die Wahl zwischen lebenslanger und zeitiger Freiheitsstrafe besteht. In einem solchen Fall müssen besondere erschweren-
de Umstände vorliegen, um die mit den Voraussetzungen des § 21 StGB verbundene Schuldminderung so auszugleichen, daß die gesetzliche Höchststrafe verhängt werden darf (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 18 m.w.N.). Es fehlt insoweit bereits an der gebotenen Gesamtabwägung aller für und gegen den Täter sprechenden schuldrelevanten Umstände (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 24).
2. Demgemäß muß für beide Taten die Strafe neu zugemessen werden. Die Aufhebung des Strafausspruchs erfaßt zwangsläufig auch die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld des Angeklagten (§ 57 a StGB).
Daß sich der Angeklagte im Tatzeitpunkt in einem Zustand befunden hat, in dem seine Einsichtsfähigkeit gefehlt hat oder seine Steuerungsfähigkeit vollständig aufgehoben war, kann der Senat angesichts der getroffenen Feststellungen ausschließen.
3. Der Senat hat auch den Maßregelausspruch aufgehoben, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, über den Rechtsfolgenausspruch gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines weiteren psychiatrischen Sachverständigen insgesamt neu zu entscheiden. Darüber hinaus wird hinsichtlich der rechtlich bedenklichen Feststellungen zum Vorliegen eines Hanges, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, und zu der rechtsfehlerhaften Anordnung des Vorwegvollzugs der Strafe (vgl. insoweit BGHSt 37, 160) auf
die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 25. November 2002 verwiesen.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible
4
a) Ob bei Vorliegen verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB eine Strafmilderung vorzunehmen oder zu versagen ist, hat der Tatrichter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (Senat, Urteil vom 15. Februar 2006 – 2 StR 419/05, StV 2006, 465, 466). Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen , dass der Schuldgehalt der Tat bei einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit in aller Regel vermindert ist (BGH, Urteil vom 10. November 1954 – 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30). Eine Strafrahmenverschiebung ist daher in der Regel vorzunehmen, wenn nicht andere, die Schuld des Täters erhöhende Umstände dem entgegenstehen (Senat, aaO) oder der Täter die Begehung von Straftaten vorausgesehen hat oder hätte voraussehen können, etwa, weil er aus früheren Erfahrungen weiß, dass er unter Alkohol- oder Drogeneinfluss zur Begehung von Straftaten neigt (BGH, Beschluss vom 25. März 2014 – 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238, 239; Urteil vom 29. April 1997 – 1 StR 511/95, BGHSt 43, 66, 78).

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 ARs 16/15
vom
28. April 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
hier: Anfragebeschluss des 3. Strafsenats vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15
ECLI:DE:BGH:2016:280416B4ARS16.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. April 2016 gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG beschlossen:
1. Der Senat versteht die Anfrage des 3. Strafsenats wie folgt:
a) Die Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ist eine Ermessensentscheidung des Tatrichters.

b) Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung kann im Einzelfall die selbstverschuldete Trunkenheit die Versagung der Strafmilderung tragen, auch wenn eine vorhersehbare signifikante Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse nicht festgestellt ist.
2. Soweit der so verstandenen Anfrage Rechtsprechung des 4. Strafsenats entgegensteht, hält er daran nicht fest.

Gründe:


I.


1
Der 3. Strafsenat hat über die Revision eines Angeklagten zu entscheiden , der wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt worden ist. Das Landgericht hat dem Angeklagten eine Strafrahmenmilderung nach § 213 bzw. §§ 21, 49 Abs. 1 StGB versagt und dies damit begründet, dass die Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten auf einer von ihm selbst zu verantwortenden, verschuldeten Trunkenheit beruhe. Feststellungen zu einer vorhersehbar signifikanten Erhöhung des Risikos der Begehung vonStraftaten infolge der Alkoholisierung aufgrund persönlicher oder situativer Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239, 241) hat das Landgericht nicht getroffen.
2
Der 3. Strafsenat beabsichtigt, die Revision des Angeklagten zu verwerfen und zu entscheiden: „Der Tatrichter übt sein Ermessen beider Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich nicht rechtsfehlerhaft aus, wenn er im Rahmen einer Gesamtwürdigung der schuldmindernden Umstände die Versagung der Strafmilderung allein auf den Umstand stützt, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfä- higkeit des Täters auf von diesem verschuldeter Trunkenheit beruht.“
3
Er hat gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei den übrigen Strafsenaten angefragt, ob deren Rechtsprechung entgegensteht und ob – sollte dies der Fall sein – daran festgehalten wird.

II.


4
Der Senat versteht die Anfrage des 3. Strafsenats wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich. Soweit der so verstandenen beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats Rechtsprechung des 4. Strafsenats entgegensteht (Beschluss vom 7. September 1989 – 4 StR 433/89, BGHR StGB § 21 Vorverschulden 1; vgl. auch – wenngleich hinsichtlich der Vorlagefrage nicht tragend – Urteile vom 15. Dezember 2005 – 4 StR 314/05, NStZ 2006, 274 f. und vom 23. Februar 2006 – 4 StR 444/05, NStZ-RR 2006, 185, 186), hält der Senat an dieser Rechtsprechung nicht fest.
5
Bei der Entscheidung, ob dem Angeklagten die Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zugute kommen soll, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des Tatrichters (BGH, Beschluss vom 24. September 1990 – 4 StR 369/90, BGHR § 21 Strafrahmenverschiebung 21; Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239, 241), die revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (BGH, Urteile vom 29. Oktober 2008 – 5 StR 456/08, NStZ 2009, 202, 203 und vom 7. Mai 2009 – 5 StR 64/09, NStZ 2009, 496, 497). Es ist Aufgabe des Tatrichters, auf Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen und gegeneinander abzuwägen (BGH, Urteile vom 24. März 2015 – 5 StR 6/15 Rn. 7 und vom 31. Juli 2014 – 4 StR 216/14 Rn. 4). Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (st. Rspr.; siehe etwa BGH, Urteil vom 2. August 2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336 f.; BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2007 – 5 StR 530/07, NStZ-RR 2008, 310 f.; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 46 Rn. 146 mwN).
6
Im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände ist dabei die selbst zu verantwortende Trunkenheit ein zu berücksichtigender Umstand unter anderen (vgl. BGH, Urteile vom 15. Dezember 2005 – 4 StR 314/05, vom 23. Februar 2006 – 4 StR 444/05, jeweils aaO, und vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239, 241). Feste Regeln, die der Tatrichter bei dieser Abwägung zu beachten hätte, und insbesondere, welches Gewicht er einzelnen Umständen beizumessen hätte, befürwortet der Senat nicht. Im Rahmen der vom Tatrichter zu treffenden Ermessensentscheidung kann deshalb auch die selbst zu verantwortende Trunkenheit den Ausschlag dafür geben, im Einzelfall die Strafmilderung nach §§ 21, 49 StGB zu versagen.
Das Revisionsgericht prüft diese Ermessensentscheidung lediglich daraufhin nach, ob dem Tatrichter ein Rechtsfehler unterlaufen ist.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 132/12
vom
2. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
2. August 2012 an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stade vom 22. Dezember 2011 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
Das Landgericht hat einen minder schweren Fall des Totschlags gemäß § 213 Alt. 1 StGB angenommen und diesen Sonderstrafrahmen nochmals gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert. Dies ist frei von Rechtsfehlern zum Nachteil des Angeklagten. Entgegen der Ansicht der Revision und des Generalbundesanwalts lässt aber auch die Strafzumessung im engeren Sinne im Ergebnis einen durchgreifenden, den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler nicht erkennen. Das Landgericht hat insoweit zu Gunsten des Angeklag- ten berücksichtigt, dass er nicht vorbestraft, als Erstverbüßer und nicht Deutsch sprechender Ausländer besonders strafempfindlich sei und dass er sich bereits mehr als sechs Monate in Untersuchungshaft befinde. Mildernd habe sich zudem ausgewirkt, dass er sich geständig eingelassen habe und durch die Tat auch selbst körperlich und psychisch verletzt worden sei. Das Landgericht hat "besondere Umstände, die sich zu seinen Lasten ausgewirkt hätten, nicht festgestellt". Dass es dennoch innerhalb des von ihm zugrunde gelegten Strafrahmens von drei Monaten bis sieben Jahre und sechs Monaten Freiheitsstrafe eine solche von fünf Jahren zugemessen hat, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.
3
1. Die Strafbemessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, so dass das Revisionsgericht nur bei Vorliegen eines Rechtsfehlers eingreifen darf. Ein solcher kann etwa dann gegeben sein, wenn die Begründung für die verhängte Strafe dem Revisionsgericht die ihm obliegende sachlichrechtliche Nachprüfung nicht ermöglicht, die Erwägungen des Tatrichters in sich fehlerhaft sind oder sich die Strafe von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nach oben oder unten löst (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 46 Rn. 20 ff.; KKEngelhardt , 6. Aufl., § 267 Rn. 25 mwN). Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB hat das Gericht die Umstände gegeneinander abzuwägen, die für und gegen den Täter sprechen. Dies bedeutet indes nicht, dass jeder derartige Umstand der ausdrücklichen Erörterung in den Urteilsgründen bedarf und dass die Nichterörterung stets einen Rechtsfehler begründet. Das Gericht ist vielmehr lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entschei- den (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1994 - 3 StR 311/94, NStE Nr. 42 zu § 267 StPO mwN; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 267 Rn. 18).
4
2. Nach diesen Maßstäben ist ein revisionsrechtlich bedeutsamer Fehler der Strafbemessung hier nicht ersichtlich.
5
a) Zunächst ist mit Blick auf den Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu besorgen, dass das Landgericht innerhalb des nach zweifacher Milderung gewählten Strafrahmens ausschließlich für den Angeklagten sprechende Gesichtspunkte erwogen und gleichwohl eine im oberen Bereich des Strafrahmens angesiedelte Strafe verhängt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 - 2 StR 463/02, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Begründung 23). Vielmehr hat das Landgericht auch gegen den Angeklagten sprechende Umstände festgestellt, diese aber ersichtlich lediglich nicht als bestimmend im Sinne von § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO angesehen und daher in den schriftlichen Urteilsgründen bei der Strafzumessung nicht angeführt. Dies ergibt sich bereits aus der Formulierung, es habe besondere Umstände zu seinen Lasten nicht feststellen können. Hinzuweisen ist etwa auf folgende Gesichtspunkte, die im Sinne von § 46 Abs. 2 StGB gegen den Angeklagten sprechen: So nahm das Opfer den Angeklagten unmittelbar nach dessen Einreise aus Brasilien in seine Wohnung auf, gewährte ihm mehrere Wochen lang Unterkunft und führte mit ihm eine Liebesbeziehung. Nach einer tätlichen Auseinandersetzung mit dem Opfer stach der Angeklagte mehrfach auf dieses ein, brachte ihm dabei (mindestens ) drei Stichverletzungen in den Hals bei und fügte dem nunmehr am Boden Liegenden mit einem Zimmermannshammer fünfzehn Kopfverletzungen zu, die zu trümmerartigen Brüchen des Hirnschädels und zum Tode führten. Diese besonderen Tatmodalitäten zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen , begegnet hier keinen rechtlichen Bedenken, da auch der im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert schuldfähige Täter für die von ihm begangene Tat in ihrer konkreten Ausgestaltung verantwortlich ist, so dass für eine strafschärfende Verwertung der Handlungsintensität Raum bleibt, wenn auch nur nach dem Maß der geminderten Schuld (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 29. Juni 2000 - 1 StR 223/00, StV 2001, 615, 616).
6
b) Danach besteht entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts kein Widerspruch zwischen der verhängten Freiheitsstrafe und der tatrichterlichen Bewertung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände. Namentlich kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden, dass Strafschärfungsgründe gänzlich fehlten (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar2003 - 2 StR 463/02, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Begründung 23) oder diese dem Landgericht bei der Strafzumessung völlig aus dem Blick geraten wären. Deshalb liegt auch eine rechtsfehlerhafte Lücke in der Begründung der Strafbemessung nicht vor. Die vom Generalbundesanwalt für seine gegenteilige Ansicht herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2009 - 5 StR 241/09, NStZ-RR 2009, 336) hatte die Verhängung einer Strafe zum Gegenstand, die innerhalb des Regelstrafrahmens des § 250 Abs. 2 StGB als "eine beträchtliche Übersetzung der erheblichen Mindeststrafe" unbegründet geblieben war. Hier ist dagegen die Strafe einem Strafrahmen entnommen, der sich infolge zweifacher Milderung des Regelstrafrahmens ergeben hatte. In diesen Fällen kann das Gewicht, das den Milderungsgründen zukommt, schon durch die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens so weit relativiert sein, dass es innerhalb dieses Strafrahmens kaum noch mildernde Wirkung zu entfalten vermag und die gegen den Täter sprechenden Umstände, insbesondere die Schwere der Tat, eine Strafe im oberen Bereich des gemilderten Strafrahmens rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1987 - 1 StR 77/87, BGHSt 34, 355, 359 ff.).
Becker Hubert Schäfer
Mayer Ri'in BGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker
24
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, dass der Schuldgehalt der Tat bei einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit in aller Regel vermindert ist (Senat, Beschluss vom 7. September 2015 – 2 StR 350/15, NStZ-RR 2016, 74; BGH, Urteil vom 10. November 1954 – 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30). Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit jedoch auf zu verantwortender Trunkenheit, so spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten infolge der Alkoholisierung vorhersehbar signifikant erhöht hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239; BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15; Beschluss vom 1. März 2016 – 5 ARs 50/15; weitergehend aber BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15, NStZ 2016, 203; Urteil vom 27. März 2003 – 3 StR 435/02, NJW 2003, 2394; Beschluss vom 28. April 2016 – 4 ARs 16/15). Dabei ist als allgemeinkundig vorauszusetzen , dass eine alkoholische Berauschung generell die Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligem und aggressivem Verhalten zu senken pflegt (vgl. Senat, Urteil vom 15. Februar 2006 – 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40). Weiß der Täter oder muss er damit rechnen, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt und trinkt er trotzdem Alkohol, so spricht dies in der Regel gegen die Annahme einer Strafrahmenverschiebung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 2014 – 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238, und vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15). Einschlägiger Vorverurteilungen bedarf es insoweit nicht (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37). Die genannten Umstände erhöhen die Schuld und können zur Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 254/04
vom
19. Oktober 2004
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Oktober
2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und Rechtsanwältin
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 1. Dezember 2003 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das oben benannte Urteil wird verworfen. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die hierdurch dem Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen.

Von Rechts wegen

Gründe:


I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Körperverletzung gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. An einem Schuldspruch wegen versuchten Totschlags sah sich die Straf-
kammer wegen Rücktritts des Angeklagten gehindert. Die Darlegungen hierzu beanstandet die Staatsanwaltschaft unter Erhebung der Sachrüge mit Erfolg. Der Angeklagte rügt ebenfalls die Verletzung materiellen Rechts. Die Strafkammer habe insbesondere zu Unrecht davon abgesehen, bei dem zur Tatzeit alkoholbedingt nicht ausschließbar erheblich vermindert schuldfähigen Angeklagten den Strafrahmen gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB herabzusetzen. Der Revision des Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.

II.


Die Strafkammer hat festgestellt:
Am Abend des 23. Dezember 2002 begab sich der damals 39jährige Angeklagte nach dem Besuch einer Pilsbar in Nürnberg nach R. in die ihm vertraute Gaststätte "F. " und "nervte" dort die Gäste mit seinen Sprüchen. Mit dem späteren Geschädigten, dem Zeugen W. , den er lange kannte und neben den er sich schließlich gesetzt hatte, unterhielt er sich über alte Zeiten. Dabei - es war inzwischen 23.30 Uhr geworden - bezeichnete der Angeklagte den Zeugen W. wegen eines ca. zwanzig Jahre zurückliegenden Vorfalls in der Jugendgruppe, der beide angehörten, als Verräter, ohne daß der Zeuge W. dies jedoch sonderlich ernst nahm. Da der Angeklagte der Aufforderung, damit aufzuhören, nicht nachkam, und stattdessen weiter insistierte, drehte sich W. mit den Worten "laß mich doch in Ruhe" und mit einer abwehrenden Handbewegung, die das Gesicht des Angeklagten streifte, einfach weg. Über dieses Desinteresse geriet der Angeklagte in Wut. Er nahm W. , zunächst noch sitzend, mit dem linken Arm in den "Schwitzkasten", aus dem dieser sich vergeblich herauszuwinden versuchte. Als der Angeklagte im
Verlauf der Rangelei mit dem Geschädigten im Arm aufstand, fiel - auch - das Weizenbierglas des Angeklagten um und zerbrach. Schließlich zog der Angeklagte den nach wie vor im "Schwitzkastengriff" gehaltenen, wegen Ausrutschens kurzzeitig weggesackten Geschädigten mit dem linken Arm unter dem Kinn erneut hoch - dessen Hals war deshalb gestreckt -, ergriff mit der rechten Hand den scharfkantigen Fuß des zerbrochenen Weizenbierglases und stieß ihm den Glasstumpf von unten mit Wucht vorne in die freie Halsregion. Der Angeklagte fügte dem Zeugen W. eine tiefe, 15 cm lange und stark blutende Stich-Schnittverletzung zu. Dies hätte, obwohl kein großes Halsgefäß verletzt wurde, ohne schnellen Wundverschluß zu einem tödlichen Blutverlust führen können. "Ohne daß er von dem Geschädigten durch Abwehrbewegungen oder durch die anderen Anwesenden oder sonst durch einen Umstand am weiteren Zustechen gehindert worden wäre, stach der Angeklagte nicht mehr auf den Geschädigten ein, sondern ließ den Glasstumpf fallen. Er hielt den Geschädigten jedoch weiterhin im 'Schwitzkasten', wobei der verletzte Halsbereich verdeckt war. Dem Angeklagten war bei der Ausführung des Stiches mit dem Glasstumpf klar, daß er mit dem von ihm geführten Stich in den Hals den Geschädigten auch tödlich verletzen konnte. Diese Folge nahm er billigend in Kauf. Der Angeklagte, der zwar wußte, daß er den Geschädigten am Hals verletzt hatte, ging jedoch zu diesem Zeitpunkt, als er die Wunde noch nicht sah, nicht davon aus, daß die Verletzung des Geschädigten lebensgefährlich oder gar tödlich war." Von der Wirtin am linken Arm gezogen, ließ der Angeklagte den Geschädigten dann los. Andere Gäste ergriffen erste Hilfsmaßnahmen. Die Wirtin rief den Notarzt. Der Geschädigte wurde ins Krankenhaus verbracht und sofort operiert. Wegen Verletzung der entsprechenden Muskelpartien hat er nach wie vor Schluck- und Sprechbeschwerden. Die Narbe am Hals wird den Geschädigten dauerhaft entstellen.

Im Verlauf des Abends hatte der Angeklagte vier Pils, fünf Gläser Weizenbier und drei Schnäpse getrunken. Seine Blutalkoholkonzentration betrug zur Tatzeit maximal 2,25 Promille. Der vereinsamte, arbeitslose Angeklagte ist trinkgewohnt. Er, so stellt die Strafkammer seinen Angaben folgend fest, hat vor der Tat ein bis zweimal wöchentlich - jedoch immer nach der Arbeit - Alkohol in größeren Mengen zu sich genommen. Im Zeitraum von 1998 bis 2002 befand er sich insgesamt sechs Mal zur Ausnüchterung in Polizeigewahrsam. Nach dem Tatgeschehen hat der Angeklagte seinen Alkoholkonsum eingeschränkt , was ihm, so ließ er sich ein, nicht schwer gefallen sei, da er keinen Alkohol brauche. Die sachverständig beratene Strafkammer konnte alkoholbedingte erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt nicht ausschließen. Eine Alkoholabhängigkeit, einen Hang, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen, verneint sie. Vorbestraft ist der Angeklagte nicht.

III.


1. Zur Revision der Staatsanwaltschaft:
Der Senat verkennt nicht, daß sich die Strafkammer von dem Bemühen leiten ließ, der Tat und dem Täter bei der Bewertung des Geschehens und insbesondere im Rechtsfolgenausspruch gerecht zu werden. Die Darlegungen der Strafkammer zum strafbefreienden Rücktritt des Angeklagten vom Tötungsversuch tragen gleichwohl nicht.
Zutreffend hat die Strafkammer für die Abgrenzung des unbeendeten vom beendeten Versuch und damit für die Voraussetzungen strafbefreienden Rücktritts gemäß § 24 Abs. 1 1. Alt. StGB - denn zur Rettung des Geschädigten beizutragen , hatte der Angeklagte nichts beigetragen (§ 24 Abs. 1 2. Alt. StGB) und sich darum auch nicht bemüht (§ 24 Abs. 2 StGB) - darauf abgestellt, ob der Angeklagte nach der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs für möglich hielt - sogenannter Rücktrittshorizont - (seit BGHSt 31, 170; vgl. Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 24 Rdn. 15). Das Landgericht hat dies verneint. Die Strafkammer hat dabei nicht verkannt, daß bei dem mit bedingtem Tötungsvorsatz handelnden Täter Umstände festgestellt werden müssen, welche die Wertung des Gerichts rechtfertigen , der Täter habe bei Beendigung der Tathandlung einen tödlichen Erfolg nicht (mehr) für möglich gehalten (BGH - Senat - NStZ 1999, 299). Die Feststellungen hierzu sind jedoch nicht frei von Widersprüchen.
Die fehlende Vorstellung des Angeklagten von möglicherweise lebensgefährlichen Verletzungen nach der Beifügung des Stichs hat die Strafkammer allein daraus gefolgert, daß der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt die Wunde noch nicht gesehen hatte. Der allein hieraus gezogene Schluß steht aber im Widerspruch zu den Feststellungen der Strafkammer zum übrigen Tatgeschehen. Danach bedurfte es nicht erst eines Blicks auf die Wunde, um beim Angeklagten das Bewußtsein für die möglicherweise tödlichen Folgen seines dem Geschädigten beigefügten Stichs zu wecken beziehungsweise aufrechtzuerhalten.
Wenn der Angeklagte - wie die Strafammer festgestellt hat - den Glasstumpf , gefährlich wie ein Messer, mit Wucht von vorne gegen den von ihm
gestreckten Hals des Geschädigten in dem Bewußtsein, diesen mit dem Zustechen tödlich verletzen zu können, also mit bedingtem Tötungsvorsatz führte, leuchtet es nicht ein, ist es - jedenfalls ohne weitere Darlegungen - nicht ohne weiteres nachvollziehbar, warum der Angeklagte, nachdem er wie beabsichtigt zielgenau getroffen hatte, mit einer tödlichen Folge seines Stichs nun plötzlich nicht mehr gerechnet haben soll. Nach dem Stich mag der Angeklagte über sich selbst erschrocken sein, möglicherweise hielt er deshalb inne. Er mag gewünscht und gehofft haben, daß sein Verhalten doch keine ernsthaften Verletzungen zeitigte. Ein möglicher negativer Ausgang stand ihm gerade dann aber klar vor Augen.
Der Blick auf die Wunde und den am Boden liegenden Geschädigten verschaffte ihm Gewißheit über die tatsächliche Gefahr. Für die Frage des strafbefreienden Rücktritts vom Tötungsversuch hat dies im vorliegenden Fall allerdings keine Relevanz mehr. Zu diesem Zeitpunkt war die für die Entscheidung der Frage, ob aus Sicht des Angeklagten ein beendeter oder ein unbeendeter Versuch vorlag, maßgebende Zeitspanne bereits abgelaufen, denn der Angeklagte hatte keine Angriffsmöglichkeit mehr (vgl. BGHSt 31, 170 [176]; 36, 224 [225]). Der Geschädigte war durch die Umstehenden geschützt. Den Glasstumpf hatte der Angeklagte gleich nach dem ersten Stich fallen lassen. Auf die Frage der - umgekehrten - "Korrektur des Rücktrittshorizonts" (vgl. BGH NStZ 1998, 614) kann es deshalb hier nach den bisherigen Feststellungen der Strafkammer nicht mehr ankommen.
Da neue widerspruchsfreie Feststellungen, die einer Verurteilung wegen versuchten Totschlags entgegenstehen, nicht ausgeschlossen sind, kann der
Senat den Schuldspruch nicht selbst ändern. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
2. Zur Revision des Angeklagten:

a) Es mag dahinstehen, ob die Feststellungen des Landgerichts die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit tragen. Denn dies belastet ihn nicht.
Es ist frei von Rechtfehlern, daß die Strafkammer trotz verminderter Schuldfähigkeit davon abgesehen hat, den Strafrahmen gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu verschieben. Dies steht in Einklang mit Tendenzen der neueren Rechtsprechung zur Bewertung zu verantwortender Trunkenheit in diesem Zusammenhang (vgl. BGH NStZ 2003, 480; BGHR § 21 Strafrahmenverschiebung 32; BGH, Beschluß vom 17. August 2004 - 5 StR 93/04 -).
Der Tatrichter entscheidet über die fakultative Strafrahmenverschiebung aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Gesichtspunkte. Beruht die erheblich verminderte Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit , spricht dies allerdings auch ohne einschlägige Vorverurteilungen in der Regel gegen eine Verschiebung des Strafrahmens. Einer umfassenden Darstellung aller in die Abwägung einzubeziehenden Umstände in den schriftlichen Urteilsgründen bedarf es nur in Ausnahmefällen. Es genügt die Mitteilung der ausschlaggebenden Aspekte. Revisionsrechtlicher Überprüfung ist die Entscheidung über die fakultative Strafrahmenverschiebung nur eingeschränkt zugänglich; insoweit steht dem Tatrichter ein weiter Ermessensspielraum zu. Diesen respektiert der Senat.
Die knappe, auf die Mitteilung der wesentlichen Umstände beschränkte Begründung der Strafkammer zur Ablehnung der fakultativen Strafrahmenver-
schiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB genügt hier zur revisionsrechtlichen Bewertung, daß ein Ermessensfehlgebrauch auszuschließen ist.

b) Auch im übrigen ergab die sachlichrechtliche Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
Nack Kolz Hebenstreit Elf Graf

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

24
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, dass der Schuldgehalt der Tat bei einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit in aller Regel vermindert ist (Senat, Beschluss vom 7. September 2015 – 2 StR 350/15, NStZ-RR 2016, 74; BGH, Urteil vom 10. November 1954 – 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30). Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit jedoch auf zu verantwortender Trunkenheit, so spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten infolge der Alkoholisierung vorhersehbar signifikant erhöht hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239; BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15; Beschluss vom 1. März 2016 – 5 ARs 50/15; weitergehend aber BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15, NStZ 2016, 203; Urteil vom 27. März 2003 – 3 StR 435/02, NJW 2003, 2394; Beschluss vom 28. April 2016 – 4 ARs 16/15). Dabei ist als allgemeinkundig vorauszusetzen , dass eine alkoholische Berauschung generell die Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligem und aggressivem Verhalten zu senken pflegt (vgl. Senat, Urteil vom 15. Februar 2006 – 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40). Weiß der Täter oder muss er damit rechnen, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt und trinkt er trotzdem Alkohol, so spricht dies in der Regel gegen die Annahme einer Strafrahmenverschiebung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 2014 – 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238, und vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15). Einschlägiger Vorverurteilungen bedarf es insoweit nicht (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37). Die genannten Umstände erhöhen die Schuld und können zur Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen.
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf
zu verantwortender Trunkenheit, spricht dies in der Regel gegen
eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB,
wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse
des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar
signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob
dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu
bestimmen; seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter
revisionsgerichtlicher Überprüfung.
BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04
LG Potsdam

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 17. August 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. August
2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P
als Verteidiger für den Angeklagten G ,
Rechtsanwalt V
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Justizhauptsekretärin N ,
Justizangestellte R
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. Juli 2003 in den Strafaussprüchen gegen die Angeklagten G und M mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten M gegen dieses Urteil wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Nötigung jeweils – unter Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund erheblicher Alkoholisierung – zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Während die Staatsanwaltschaft mit ihren zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen lediglich den Strafausspruch beanstandet, wendet sich der Angeklagte M mit der Sachrüge umfassend gegen seine Verurteilung.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts spricht der Angeklagte G seit dem Jugendalter dem Alkohol zu und ist deutlich alkoholgewöhnt. Er ist mehrfach wegen Eigentums- und Verkehrsdelikten, darunter auch Trunkenheit im Verkehr, vorbestraft. Am Tattag hatte er von den frühen Morgenstunden an über den Tag verteilt mehrere Flaschen Bier getrunken, bevor er mit dem ebenfalls bereits angetrunkenen, bislang unbestraften Angeklagten M den später Geschädigten Pi in der Absicht aufsuchte, diesen zu mißhandeln. Die Angeklagten hatten über Pi das von ihnen nicht weiter überprüfte Gerücht gehört, er habe ein kleines Mädchen vergewaltigt. Gemeinsam wollten beide „ihre Freude an Gewalttätigkeit an ihm ausleben“.
In der Wohnung von Pi schlugen und traten die Angeklagten sogleich auf diesen ein und forderten ihn auf zuzugeben, daß er das Mädchen vergewaltigt habe. Der Geschädigte mußte in einem vom Angeklagten G gesteuerten PKW zu dem wegen Beihilfe an dem strafbaren Geschehen inzwischen rechtskräftig verurteilten K mitkommen. Dort mißhandelten G und M ihr Opfer unter Beschimpfungen weiter, so daß Pi schließlich im Gesicht blutete und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Anschließend fuhren alle gemeinsam mit dem Auto des G zu einem Imbiß und sodann über Land; der Geschädigte mußte nun in den Kofferraum steigen. An einem Wehr wurde er von den Angeklagten halb entkleidet und in das 15 bis 18 Grad kalte Wasser gestoßen. Nach einiger Zeit zogen die Angeklagten den Geschädigten schließlich wieder an Land, traten auf ihn ein, bis er das Bewußtsein verlor, und ließen ihn halbnackt und bewußtlos liegen. Pi erlitt durch die Mißhandlungen der Angeklagten vielfache Prellungen, eine Rippenfraktur und eine – unbehandelt lebensgefährliche – traumatische Hirnblutung, zudem eine Unterkühlung und Herzrhythmusstörungen. Während des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens hatten
beide Angeklagte nicht unerhebliche Mengen Bier und andere alkoholische Getränke zu sich genommen.
Das Landgericht hat den Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Nr. 4 (i.V.m. § 52 Abs. 2) StGB nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund der Alkoholisierung der Angeklagten und dadurch verursachter erheblicher Verminderung der „Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit“ (richtig: Steuerungsfähigkeit, vgl. Tröndle /Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 5 m.w.N.) verschoben. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Trunkenheit desAngeklagten G sei am Tattag nicht verschuldet gewesen, weil er bislang weitgehend vom Alkohol beherrscht wurde; mangels Einlassung des Angeklagten M auch sei zu dessen Gunsten davon auszugehen, daß seine Trunkenheit unverschuldet gewesen sei.

II.


Die auf den jeweiligen Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.
1. Die Beschwerdeführerin hat ihre Rechtsmittel wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Wie sich aus der Revisionsbegründungsschrift vom 24. September 2003 ergibt, sollen allein die zugunsten der Angeklagten vorgenommenen Strafrahmenverschiebungen und damit die verhängten Rechtsfolgen angegriffen werden; nur insoweit wird die Sachrüge ausgeführt. Ungeachtet der Erhebung einer nicht ausdrücklich beschränkten Sachrüge und eines umfassenden Aufhebungsantrags ist dem Revisionsvortrag deshalb eine Beschränkung der Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch zu entnehmen (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; BGH, Urteil vom 16. März 2004 – 5 StR 364/03). Diese Beschränkung ist auch wirksam, da die Feststellungen des Landgerichts zum Schuldspruch weder widersprüchlich oder lückenhaft und damit ergänzungsbedürftig noch mit den Feststellungen zum Strafausspruch untrennbar verknüpft sind. Für die Frage der
Strafzumessung bilden die Feststellungen zum Schuldspruch eine tragfähige Grundlage, auch wenn sie – was der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend angedeutet hat – eine weitergehende strafrechtliche Bewertung des Geschehens zum Nachteil der Angeklagten hätten rechtfertigen können.
2. Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei aufgrund von plausiblen Trinkmengenangaben des Angeklagten G , von Zeugenbeschreibungen über den Zustand der Angeklagten und eines insgesamt auf erhebliche Enthemmung hindeutenden Tatbildes bei beiden Angeklagten sachverständig beraten zu dem Ergebnis gelangt, daß ihre Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.
3. Die Staatsanwaltschaft beanstandet gleichwohl zu Recht die zu Gunsten der Angeklagten vorgenommene Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB.

a) Der 3. Strafsenat hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die bisherige – in sich eher uneinheitliche und teils sogar widersprüchliche – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich überdacht werden sollte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31 mit Anmerkungen : Foth NStZ 2003, 597; Frister JZ 2003, 1019; Neumann StV 2003, 527; Scheffler Blutalkohol 2003, 449; Streng NJW 2003, 2963; zustimmend der 2. Strafsenat in BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 32). Der Senat pflichtet diesem Anliegen bei, gelangt indes zu dem folgenden differenzierenden und bisheriger Rechtsprechung nicht tragend widersprechenden Ergebnis:
Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB entscheidet der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen Ermessen aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände. Beruht die
erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit , spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu bestimmen. Seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung und ist regelmäßig hinzunehmen , sofern die dafür wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend ermittelt und bei der Wertung ausreichend berücksichtigt worden sind.

b) Die vom Senat gefundene Lösung beruht insbesondere auf folgenden Erwägungen:
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß eine erhebliche Einschränkung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit grundsätzlich den Schuldgehalt der Tat vermindert (vgl. BGHSt 7, 28, 30; BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; so auch schon RGSt 69, 314, 317). Dies allein zwingt jedoch nicht zu einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 Abs. 1 StGB. Dem Tatrichter ist in Fällen erheblich verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB grundsätzlich ein Ermessen bei der Entscheidung eingeräumt , ob er aufgrund dieses Umstandes die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB durch eine Verschiebung des anzuwendenden Strafrahmens mildert oder nicht (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 21). Nach dem Gesetzeswortlaut des § 21 StGB „kann“ die Strafe lediglich gemildert werden; weder „muß“ noch „soll“ der Strafrahmen verschoben werden. Der Gesetzgeber hat damit zu erkennen gegeben, daß auch eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB für sich allein weder zwingend noch in der Regel zu einer durchgreifenden Verringerung des Schuldumfangs führt (vgl. auch Foth in Festschrift für Hannskarl Salger, 1995, S. 31, 37).
Die Minderung der Tatschuld durch Einschränkung der Schuldfähigkeit kann nämlich durch schulderhöhende Umstände kompensiert werden
(st. Rspr., vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 20 ff. m.w.N.; BVerfGE 50, 5, 11 f.). Der 3. Strafsenat sieht einen solchen Umstand generell in jeder vorwerfbar herbeigeführten Alkoholisierung (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dabei kommt indes nicht ausreichend zur Geltung , daß jede Schulderhöhung wenigstens (einfache) Fahrlässigkeit als geringste Schuldform voraussetzt. Notwendige Elemente solcher Fahrlässigkeit sind Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des rechtswidrigen Ergebnisses ganz allgemein (objektiv) und speziell für den Täter (subjektiv). Bezugspunkt des schulderhöhenden Moments muß zudem das konkret begangene Unrecht sein; es bedarf also einer bestimmten subjektiven Beziehung zu der später begangenen rechtswidrigen Handlung (Jähnke in LK 11. Aufl. § 21 Rdn. 22).
Trotz verbreiteten vielfachen Alkoholgebrauchs und -mißbrauchs kommt es nur in einem Bruchteil der Fälle erheblicher Alkoholisierung zu einer rechtswidrigen Tat. Häufig ist eine Gefährdung anderer gänzlich ausgeschlossen (vgl. Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 224). Andererseits ist nicht zu verkennen, daß Alkohol das Risiko der Begehung strafbarer Handlungen generell erhöht; ein großer Teil der Straftaten gegen Leib und Leben sowie gegen die sexuelle Selbstbestimmung wird unter Alkoholeinfluß begangen. Dieser Befund rechtfertigt indes nicht die Annahme, es sei stets objektiv und subjektiv vorhersehbar, daß bei erheblicher Alkoholisierung in der konkreten Situation die Begehung von Straftaten durch den Betrunkenen drohe. Dies hängt vielmehr von der jeweiligen Person des Täters und von der Situation ab, in der getrunken wird oder in die sich der Täter betrunken begibt.
(1) Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Strafmilderung bei erheblicher Alkoholisierung zu versagen, wenn der Täter die für ihn besonders ungünstige Wirkung des Alkoholgenusses kannte und wußte oder wissen mußte, daß er dann zu Gewalttätigkeiten oder anderen Straftaten neigt (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; vgl. Trönd-
le/Fischer aaO § 21 Rdn. 25 m.w.N.). Damit kommt es also darauf an, ob besondere Umstände in der Person des Täters im konkreten Einzelfall vorhersehbar das Risiko der Begehung rechtswidriger Taten signifikant erhöht haben. Soweit in diesem Zusammenhang teilweise zusätzlich gefordert wird, der Täter müsse schon zuvor nach Ausmaß und Intensität mit der jetzigen Tat vergleichbare Straftaten begangen haben (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 6, 14, 16; weitere Nachweise bei Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 21 Rdn. 20), hält der Senat daran nicht fest. An die Vergleichbarkeit sind schon nach bisheriger Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4). Zu differenzieren ist hier allenfalls nach weit zu fassenden Deliktsgruppen. Wer unter dem Einfluß erheblicher Mengen Alkohol – wie er aufgrund persönlicher Vorerfahrung weiß oder wissen muß – zu gewalttätigen Übergriffen auf andere neigt, den trifft in Hinblick auf die enthemmende Wirkung des Alkohols in Fällen der Gewaltkriminalität grundsätzlich ein schulderhöhender Fahrlässigkeitsvorwurf; anderes gilt nur, wenn die bisher unter Alkoholeinfluß begangenen Straftaten ganz anderer Art waren als die nunmehr zu beurteilende, wenn also die neue Tat so unvergleichbar mit den früheren ist, daß der Täter mit Ähnlichem gar nicht re chnen kann (BGHR aaO). Entscheidend ist somit regelmäßig nicht die äußerliche Vergleichbarkeit der einzelnen Taten, sondern die nämliche Wurzel des jeweiligen deliktischen Verhaltens (Jähnke aaO § 21 Rdn. 22).
Bei alldem müssen die Vorerfahrungen nicht unbedingt zu Vorstrafen oder auch nur Strafverfahren geführt haben. Denn es geht in diesem Zusammenhang um das Wissen des Täters von seiner Gefährlichkeit und nicht notwendig um den – gegebenenfalls hinzutretenden – Gesichtspunkt der Warnfunktion einer früheren Verurteilung.
(2) Die Gefahr der Begehung von Straftaten in erheblich alkoholisiertem Zustand kann indes signifikant und vorhersehbar nicht nur durch die Person des Täters, sondern auch durch die Umstände der jeweiligen Situati-
on erhöht werden. Wer in einer gefahrträchtigen Lage in erheblichem Maße dem Alkohol zuspricht, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich mit einer gewissen Leichtfertigkeit in die Tatsituation gebracht hat (BGH NStZ 1990, 537, 538). Vorwerfbar ist dabei, daß in einer solchen Situation trotz konkreter Vorhersehbarkeit der durch eine weitere Alkoholisierung drohenden Rechtsbrüche getrunken wird (vgl. auch Jähnke aaO). Insbesondere in stark emotional aufgeladenen Krisensituationen wird die Gefahr von Gewalttätigkeiten durch die enthemmende Wirkung erheblicher Alkoholisierung regelmäßig vorhersehbar erhöht (vgl. BGH NStZ 1990, 537, 538). Gleiches gilt für das Trinken in Gruppen, aus denen heraus – gerade auch aufgrund gruppendynamischer Prozesse – leicht Straftaten gegen andere begangen werden. Wer sich etwa in einer Gruppe marodierender Hooligans oder gewaltbereiter Radikaler betrinkt, muß konkret mit der Begehung von Straftaten im trunkenen Zustand rechnen. Die Alkoholisierung kann – wenn nicht bereits die Grundsätze der actio libera in causa eine Strafmilderung ausschließen – auch nicht demjenigen zugute kommen, der sich in Fahrbereitschaft betrinkt, also weiß oder damit rechnen muß, noch als Fahrer am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 316 Rdn. 54; König in LK 11. Aufl. § 316 Rdn. 243).
Es macht für die Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB auch keinen relevanten Unterschied, ob der Täter in einer erkennbar gewaltträchtigen Situation enthemmend dem Alkohol zuspricht oder sich, sofern ihm dies insoweit vorzuwerfen ist, bereits durch Trunkenheit enthemmt, bewußt in eine solche Situation begibt. Wer sich schon angetrunken einer gewaltbereiten Gruppe anschließt, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er trotz der bekanntermaßen enthemmenden Wirkung seiner Alkoholisierung eine gewaltträchtige Situation aufgesucht hat.
In diesem Zusammenhang muß es auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Trunkenheit als solche vorwerfbar ist oder nicht, da auch
letzterenfalls andere schulderhöhende Momente die Versagung der Strafmilderung rechtfertigen können (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29). Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände ist es deshalb nicht ohne weiteres ausgeschlossen, auch einem alkoholabhängigen Täter zwar nicht die Alkoholisierung als solche , aber – bei insoweit noch vorhandener Hemmungsfähigkeit – als schulderhöhend vorzuwerfen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat, obwohl er wußte oder wissen mußte, daß er sich dort infolge seiner Beherrschung durch den Alkohol nur eingeschränkt werde steuern können. Je eher ein alkoholabhängiger Täter von den infolge seines Zustandes von ihm ausgehenden Gefahren für andere weiß – etwa aufgrund früher unter Alkoholeinfluß begangener Straftaten – und je schwererwiegend die Straftaten sind, mit deren Begehung er rechnet oder rechnen muß, desto weniger wird eine Strafmilderung in Betracht kommen, wenn er sich dessen ungeachtet in eine gewaltträchtige Situation begeben hat und ihm dies vorzuwerfen ist (vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29).
(3) Auch in anderer Weise kann an ein konkret tatbezogenes Verschulden des Täters vor Tatbeginn angeknüpft und eine Strafmilderung trotz Tatbegehung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit aufgrund vorhergehender schulderhöhender Momente versagt werden. So hat nach den Grundsätzen der – im Rahmen des § 21 StGB unproblematisch anwendbaren (vgl. Lenckner/Perron aaO § 21 Rdn. 11 m.w.N.) – actio libera in causa eine Strafmilderung regelmäßig auszuscheiden, wenn sich die Vorstellung des Täters in nicht berauschtem Zustand schon auf eine bestimmte Tat bezogen hat (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3; § 21 Strafrahmenverschiebung 22; BGH NStZ 1999, 448). Wurde der Tatentschluß zu einer Zeit gefaßt, in der eine erhebliche Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens noch nicht vorlag, wird deshalb zumeist für eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kein Raum sein (vgl. BGHSt 34, 29, 33; BGH, Beschluß vom 15. April 1999 – 4 StR 93/99, zitiert bei Detter NStZ 1999, 495; BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3). Verstärkt gilt dies, wenn
der Täter sich gar gezielt berauscht hat, um hierdurch vorhandene Hemmungen gegen eine Tatausführung abzubauen.
(4) Die Wertung, ob im Falle erheblicher Minderung der Steuerungsfähigkeit der Strafrahmen gemildert werden soll oder nicht, hat grundsätzlich der Tatrichter anhand einer Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4 und Strafrahmenverschiebung 21). Ihm obliegt es auch, die Begriffe der objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit strafbaren Verhaltens bei vorwerfbarer Alkoholisierung anhand der besonderen Umstände in der Person des Täters und in der Situation des Tatgeschehens in wertender Betrachtung auszufüllen. Seine Bewertung wird das Revisionsgericht, wenn sie auf einer vollständigen Auswertung der maßgeblichen Tatsachengrundlagen beruht, regelmäßig hinzunehmen haben, auch wenn anderes vertretbar oder gar näherliegend gewesen wäre.
Bei Anwendung der genannten Grundsätze wird bei Gewaltdelikten in vielen Fällen eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nach vorwerfbarer Alkoholisierung ausscheiden. Zumeist liegen entweder in der Person des Täters oder doch zumindest in der Situation Umstände vor, die in Zusammenhang mit der Alkoholisierung das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant erhöht haben. An die Überzeugungsbildung des Tatrichters dürfen dabei nicht übertrieben hohe Anforderungen gestellt werden; die vielfältig verheerenden Wirkungen übermäßigen Alkoholgebrauchs sind allgemeinkundig.
Im Rahmen der Abwägung aller schuldrelevanten Umstände kann auch von Bedeutung sein, welchen Grad die Enthemmung durch Alkoholisierung innerhalb des durch § 21 StGB abgesteckten Rahmens erreicht hat. Eine solchermaßen differenzierende Bestimmung des Umfangs und der Auswirkungen verminderter Schuldfähigkeit auf die Tatschuld setzt jedoch
nachvollziehbare Darlegungen des Tatrichters voraus (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 2, 17).
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände des Einzelfalls können auch solche schulderhöhenden Momente gegen eine Strafmilderung sprechen, die nicht unmittelbar mit der Berauschung verknüpft sind (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 11; BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu können eine Mehrzahl von Geschädigten oder mitverwirklichte Straftatbestände ebenso zählen wie die näheren Umstände der Tatausführung oder andere Tatmodalitäten (vgl. BT-Drucks. aaO; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5 und Strafzumessung 18). Auch einem erheblich in seiner Steuerungsfähigkeit verminderten Täter kann nämlich die Art der Tatausführung – etwa eine besonders gefühlskalte, rücksichtslose oder brutale Tatbegehung – schulderhöhend vorgeworfen werden (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15 und Strafzumessung 4, 18). In diesem Fall wird der Tatrichter jedoch zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu beachten haben, daß diese Umstände die Tatschuld nicht im gleichen Ausmaß wie bei nicht berauschten Tätern erhöhen, sofern sie ihren Grund in der erheblichen Verminderung der Hemmungsfähigkeit haben (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 46 Rdn. 28, 33 m.w.N.; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5); eine Ausnahme hiervon kommt indes in Betracht, wenn dem Täter in Hinblick auf seine bisherigen Erfahrungen unter Alkoholeinfluß vor dem Hintergrund des von ihm weiterhin nicht gezähmten Alkoholgenusses gerade eine derart schwerwiegende Art seines Tatverhaltens zum Vorwurf gemacht werden müßte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15).
(5) In Fällen, in denen die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe in Frage steht, wird der Tatrichter besonders darauf Bedacht zu nehmen haben , daß der schuldmindernde Umstand einer erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit angesichts der Absolutheit der Strafdrohung ohne Strafrahmenverschiebung bei der konkreten Strafzumessung nicht berücksichtigt
werden kann; die Frage der Strafrahmenverschiebung gewinnt im Vergleich zur Prüfung bei zeitigen Freiheitsstrafen deshalb ungleich mehr an Gewicht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 4 StR 54/04). Dies wird zu besonders sorgfältiger Prüfung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände sowie zu einer im Zweifel eher zurückhaltenden Gewichtung zu Lasten des Täters Anlaß geben müssen (vgl. BGH StV 2003, 499). Wenn allein die Wahl zwischen lebenslanger Freiheitsstrafe und einer zeitigen Freiheitsstrafe besteht, müssen deshalb besondere erschwerende Gründe vorliegen, um die mit den Voraussetzungen des § 21 StGB verbundene Schuldminderung so auszugleichen, daß die gesetzliche Höchststrafe verhängt werden darf (st. Rspr., vgl. BGHR § 21 Strafrahmenverschiebung 7, 8, 12, 18, 25; vgl. auch BVerfGE 50, 5, 11). Gebieten solche Umstände wie etwa das schuldsteigernde Tatbild die Versagung einer Strafrahmenverschiebung und die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe, wird eine Feststellung besonderer Schuldschwere nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB trotz erheblich verminderter Schuldfähigkeit nur in besonders gravierenden Ausnahmefällen in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschluß vom 14. Juni 1999 – 5 StR 177/99; vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 25).
Bedenklich kann aus entsprechenden Gründen auch die Verhängung der für das Delikt vorgesehenen zeitigen Höchststrafe aus dem nicht nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB geminderten Strafrahmen trotz erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit sein (vgl. RGSt 69, 314, 317).
(6) Der Senat weist vorsorglich darauf hin, daß das, was für Alkohol gilt, nicht ohne weiteres gleichermaßen auf andere Genuß- und Betäubungsmittel übertragen werden kann (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tage – 5 StR 591/03). Die enthemmende und hierdurch teils aggressionsfördernde Wirkung des Alkohols ist allgemein bekannt. Bei Betäubungsmitteln sind die Wirkungsweisen dagegen differenzierter und unter Umständen weniger konkret vorhersehbar, zumal die Dosierung und die individuelle Verträglichkeit meist von Fall zu Fall erheblichen Schwankungen unterliegen.

c) Dem gefundenen Ergebnis widersprechen weder die historischen Absichten des Gesetzgebers noch der Rechtsgedanke des § 323a StGB.
(1) Die Überlegungen des historischen Gesetzgebers sprechen nicht für einen Grundsatz, wonach im Falle vorwerfbarer Alkoholisierung eine Strafmilderung stets zu versagen ist (Neumann StV 2003, 527, 528 m.w.N.; vgl. aber BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31; Foth DRiZ 1990, 417, 418 ff.; ders. NStZ 2003, 597, 598; zur historischen Entwicklung ausführlich : Rautenberg, Verminderte Schuldfähigkeit, 1984, S. 9 ff. m.w.N.; Schnarr in: Hettinger [Hrsg.], Reform des Sanktionenrechts, 2001, Band 1, S. 7 ff.). Eine dem heutigen § 21 StGB entsprechende Vorschrift wurde erstmals durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl. I, 995) in das deutsche Strafgesetzbuch eingeführt. Aus der amtlichen Gesetzesbegründung ergeben sich für die aufgeworfene Frage keine tragfähigen Hinweise (vgl. ReichsAnz 1933, Nr. 277, Erste Beilage, S. 1, linke Spalte). Die Gesetzesänderung fußte indes auf der umfangreichen kriminalpolitischen Reformdiskussion der Zwanziger Jahre (hierzu näher Foth, jeweils aaO; Rautenberg aaO). Dabei wurde zwar auch eine gesetzliche Ausnahme der vorgesehenen Milderung bei vorwerfbarer Alkoholisierung vorgeschlagen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs von 1925; ebenso bereits § 18 Abs. 2 des Entwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1919 und § 63 Abs. 2 des Vorentwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1909; ausführlich hierzu Rautenberg aaO). Gegen diese Vorschläge wurden jedoch auch zur damaligen Zeit gewichtige Bedenken geltend gemacht (vgl. Alsberg in Aschrott/Kohlrausch [Hrsg.], Reform des Strafrechts, 1926, S. 51, 73 ff.). Letztlich sind die in den Entwürfen verschiedentlich vorgesehenen ausdrücklichen Ausnahmen bei vorwerfbarer Alkoholisierung nicht Gesetz geworden. In den Beratungen der Reichstagsvorlage von 1927 wurde hierzu erklärt, den Reichsrat hätten zwei Gründe veranlaßt, den vorgesehenen Ausschluß einer Strafmilderung bei Trunkenheit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs von 1925) zu strei-
chen und statt der obligatorischen eine fakultative Milderung vorzuschlagen: Zum einen erscheine die Konsequenz unerträglich, dem ganz betrunkenen Täter eine Milderung zu gewähren, nicht aber dem nur halb betrunkenen; zum anderen sei nicht einzusehen, warum die Frage der Selbstverschuldung nur bei der Trunkenheit berücksichtigt werden sollte (vgl. Rautenberg DtZ 1997, 45, 47 m.w.N.). Dies legt nahe anzunehmen, daß der Gesetzgeber in Kenntnis entgegenstehender Vorschläge bewußt auf eine solche Regelung verzichtet hat, also gerade keine zwingende Versagung der Strafmilderung in diesen Fällen wollte (Neumann StV 2003, 527, 528). In der Gesetzesbegründung von 1933 heißt es lediglich, die Annahme verminderter Zurechnungsfähigkeit sei Grundlage für eine Strafmilderung, wobei das Gesetz von den Beschlüssen der Reichstagsausschüsse insoweit abweiche, als die Milderung nicht zwingend sei, sondern in das Ermessen des Richters gestellt werde (ReichsAnz aaO).
Die Gesetzesmaterialien zur Reform des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs in den Sechziger Jahren, die zur Formulierung des § 21 StGB in der heutigen Form geführt hat, sprechen gleichermaßen für eine differenzierende Lösung. § 21 StGB wurde einerseits als Kann-Vorschrift konzipiert , um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Verminderung der Schuldfähigkeit nicht notwendig zu einer Minderung der Schuld in ihrer Gesamtheit führt; im Rahmen einer Gesamtwürdigung sollten außer dem Grad der Schuldfähigkeit auch andere schuldrelevante Umstände berücksichtigt werden können (BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu gehören nach Auffassung des Gesetzgebers nicht nur unmittelbar der Tat anhaftende Schuldumstände wie etwa eine große Anzahl getöteter Menschen, sondern auch schuldrelevante Umstände vor der Tat wie insbesondere die schuldhafte Herbeiführung der verminderten Schuldfähigkeit (ebd.). Ausdrücklich sprach sich der Gesetzgeber andererseits gegen eine Vorschrift aus, wonach die Strafmilderung – entsprechend den Vorschlägen in den Entwürfen von 1909 und 1925 – bei vorwerfbarer Alkoholisierung stets zu versagen sei (BT-Drucks. IV/650, S. 142 rechte Spalte). Zu der entsprechenden Regelung
in § 7 WStG, wonach bei selbstverschuldeter Trunkenheit eine Strafmilderung ausscheidet, wenn die Tat eine militärische Straftat ist, gegen das Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des Dienstes begangen wurde, wird dabei auf die besonderen Anforderungen an militärische Disziplin verwiesen. In das allgemeine Strafrecht könne dieser Rechtsgrundsatz nicht ohne weiteres übertragen werden (ebd.).
Gerade die Vorschrift des § 7 WStG läßt sich systematisch stimmig eher erklären, wenn es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, wonach bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich mangels Minderung der Gesamtschuld von einer Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Abstand zu nehmen ist. Gäbe es nämlich einen solchen Grundsatz, wäre § 7 WStG überflüssig. Unverständlich wäre in diesem Fall auch die Beschränkung des Milderungsverbots auf militärische Straftaten und solche, die gegen das Kriegsvölkerrecht verstoßen oder in Ausübung des Dienstes begangen werden. Aus § 7 WStG folgt vielmehr im Umkehrschluß, daß „selbstverschuldete“ Trunkenheit in anderen Fällen durchaus die Strafe mildern kann, also nicht stets jede Strafmilderung aufgrund des Umstandes ausscheidet, daß der Rauschzustand vorwerfbar herbeigeführt wurde.
Schließlich hat der Gesetzgeber auch im Rahmen der Reformdiskussion anläßlich der deutschen Wiedervereinigung trotz entsprechender Vorschläge gerade nicht diejenigen Normen des Strafrechts der DDR übernommen , wonach eine Strafmilderung bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit ausscheidet, wenn sich der Täter schuldhaft in einen die Zurechnungsfähigkeit vermindernden Rauschzustand versetzt hat (§ 16 Abs. 2 Satz 3 StGBDDR; vgl. auch § 15 Abs. 3 StGB-DDR; dazu näher Neumann StV 2003, 527 mit Fn. 3; Rautenberg DtZ 1997, 45).
(2) Auch die Vorschrift des § 323a StGB spricht nicht für eine Versagung der Strafmilderung in allen Fällen schuldhafter Alkoholisierung. Das Vergehen des Vollrauschs ist von allen anderen Straftatbeständen tatsäch-
lich und rechtlich verschieden (BGHSt 1, 275, 277). Es handelt sich zudem bei dieser Strafnorm um „eine der umstrittensten, wenn nicht die strittigste des ganzen Strafgesetzbuchs“ (Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 1). Auch der Bundesgerichtshof ist deshalb bislang nicht zu einem durchgehend einheitlichen Verständnis dieser Vorschrift gelangt (vgl. etwa BGHSt 10, 247 einerseits, BGHSt 16, 124 andererseits). Der Ort, den – in den Schwierigkeiten der Sache angelegten (vgl. Spendel aaO § 323a Rdn. 2) – Streit zum Verständnis des § 323a StGB zu klären, kann indes nicht die hier zur Entscheidung stehende Frage sein, ob bei zu verantwortender Alkoholisierung eine Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich ausgeschlossen sein sollte oder nicht (vgl. Streng NJW 2003, 2963, 2965).
Die Anwendung des Vollrauschtatbestandes setzt stets voraus, daß der Täter aufgrund nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit wegen seines rechtswidrigen Tuns ansonsten überhaupt nicht bestraft werden könnte. Für eine solche Regelung gibt es unzweifelhaft ein kriminalpolitisches Bedürfnis (vgl. BGHSt [GS] 9, 390, 395; Spendel aaO § 323a Rdn. 2). Diese Frage stellt sich im Rahmen des § 21 StGB jedoch nicht, weil es hier nicht um die Alternative völliger Straflosigkeit, sondern lediglich um die Strafrahmenwahl geht (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Bei § 21 StGB spielen deshalb Gesichtspunkte eine Rolle, die im Rahmen des § 323a StGB aufgrund der notwendigen Struktur des Vollrauschtatbestandes keine Berücksichtigung finden können.
Zudem geht es bei § 21 StGB nicht wie bei § 323a StGB um Rauschzustände, die (zumindest nicht ausschließbar) wegen aufgehobener Schuldfähigkeit den Schuldvorwurf bezüglich des rechtswidrigen Tuns vollständig entfallen lassen. Der Vorschrift des § 323a StGB läßt sich nicht der Rechtsgedanke entnehmen, jeder Rausch, wie stark er auch sei, werde von der Rechtsordnung mißbilligt; aus § 323a StGB läßt sich lediglich folgern, daß ein Rausch dann als rechtswidrig angesehen werden kann, wenn er (zumindest nicht ausschließbar) zur völligen Aufhebung der Steuerungsfä-
higkeit führt, sich der Täter also im Umgang mit seiner Umwelt zu einem völlig unberechenbaren Risiko macht.
Die Ansicht, eine die Steuerungsfähigkeit lediglich vermindernde Alkoholisierung sei für sich schon rechtswidrig oder zumindest schulderhöhend , würde zudem zu Spannungen mit anderen Rechtsgrundsätzen führen. Im Zusammenhang mit der Gastwirtshaftung hat der Bundesgerichtshof etwa festgestellt, daß der Ausschank und Genuß alkoholischer Getränke in Gastwirtschaften zu den allgemein als sozial üblich anerkannten Verhaltensweisen gehört, auch wenn dies nicht selten zu körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen bis zur Grenze der rechtlichen Verantwortlichkeit führt (BGHSt 19, 152, 154). Die Verabreichung alkoholischer Getränke wird als sozial übliches und von der Allgemeinheit gebilligtes Verhalten deshalb auch nicht als pflichtwidrig oder rechtswidrig angesehen (BGHSt 26, 35, 37 f.; vgl. auch Streng NJW 2003, 2963, 2965 m.w.N.). Dies gilt solange, als der Trinkende, sei es auch nur eingeschränkt, rechtlich verantwortlich ist. Anders verhält es sich nur, wenn die Trunkenheit offensichtlich einen solchen Grad erreicht, daß der Trunkene nicht mehr Herr seiner Entschlüsse ist und nicht mehr eigenverantwortlich handeln kann (BGHSt 26, 35, 38).
Hinzu kommt folgendes: Das Spannungsverhältnis zwischen § 323a StGB einerseits und §§ 21, 49 Abs. 1 StGB andererseits läßt sich aufgrund der derzeitigen Gesetzesfassung nicht ohne jeden Wertungswiderspruch lösen (Neumann StV 2003, 527, 528 ff.; Streng NJW 2003, 2963, 2965). Ungereimt erscheint es einerseits, wenn bei Straftaten mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe dem vermindert schuldfähigen Betrunkenen eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gewährt wird und ihm dann eine geringere Strafe droht als demjenigen, der rauschbedingt (zumindest nicht ausschließbar) schuldunfähig handelt (vgl. BGH StV 1997, 73, 75; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dem wird freilich dadurch Rechnung zu tragen sein, daß bei der Strafzumessung im Rahmen des § 323a StGB auf Grundlage des in § 323a Abs. 2 StGB zum Ausdruck ge-
kommenen Rechtsgedankens darauf Bedacht genommen wird, welcher Strafrahmen sich dem weniger Betrunkenen öffnen würde (vgl. BGHR StGB § 323a Strafzumessung 5). Die Auflösung des Widerspruchs durch die generelle Versagung einer Strafrahmenverschiebung bei vorwerfbarer Alkoholisierung (so BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31) geht in Fällen schwererer, den Strafrahmen des § 323a Abs. 1 StGB überschreitender Delikte über das Gebotene hinaus und führt sogleich zu anderen, weit gewichtigeren Wertungswidersprüchen (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Diese ergeben sich augenfällig bei schwerwiegenden Verbrechen, etwa Tötungsdelikten , wenn dem Täter bei verschuldeter Alkoholisierung jede Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB versagt wird, bei noch höherer Alkoholisierung , die nicht ausschließbar zur Schuldunfähigkeit führt, dann anstelle lebenslanger Freiheitsstrafe oder eines Strafrahmens von Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren nur noch Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren gemäß § 323a Abs. 1 StGB angedroht ist (Neumann aaO; vgl. hierzu auch die Gesetzgebungsvorschläge zur Änderung des § 323a StGB in BT-Drucks. 14/545 und 14/759, ablehnend BT-Drucks. 14/9148).

d) Die vom Tatgericht vorgenommene Zubilligung der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB begegnet hier letztlich durchgreifenden Bedenken.
(1) In Anwendung der oben genannten Grundsätze hätte sich das Landgericht bei der notwendigen Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände bei dem Angeklagten G nicht zur Begründung der Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB mit der Überlegung begnügen dürfen, dessen Alkoholisierung sei unverschuldet, weil er weitgehend vom Alkohol beherrscht werde. Es hätte auch erwägen müssen, ob dem etwa schulderhöhend entgegensteht, daß dieser Angeklagte sich zu dem späteren Opfer in der festen Absicht begeben hat, an diesem seine Freude an Gewalttätigkeiten auszuleben, und dabei ersichtlich in Kauf nahm, infolge seiner Alkoholisierung besonders enthemmt zu sein, zudem durch weitere
Alkoholisierung zunehmend enthemmt zu werden. Auch demjenigen, der weitgehend durch Alkohol beherrscht wird, kann unter Umständen schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich trotz Vorhersehbarkeit – zumal weiterer – alkoholischer Enthemmung bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat. Aus den vom Tatrichter getroffenen Feststellungen zu dem schon in der Ausgangssituation gewaltträchtigen Tatgeschehen erschließt sich zwanglos, daß für ihn bei Beginn des Tatgeschehens ohne weiteres vorhersehbar war, daß seine vorhandene und weiter drohende Alkoholisierung das Risiko erheblicher Gewalttaten signifikant erhöht hat; vieles spricht auch dafür, daß er das Aufsuchen dieser gewaltträchtigen Situation ohne weiteres vermeiden konnte.
Es ist zudem nicht ausgeschlossen, daß einer Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bereits die oben genannten Grundsätze der actio libera in causa entgegenstehen. Hierfür reichen indes die bisherigen Feststellungen nicht aus, zumal angesichts des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens; es bleibt nämlich unklar, ob der Angeklagte G , als er den Entschluß faßte, das Opfer zu mißhandeln, bereits in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war oder nicht (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3).
(2) Bei dem Angeklagten M entbehrt die Annahme, auch dessen Trunkenheit sei unverschuldet gewesen, bereits jeder tatsächlichen Grundlage. Das Landgericht hat diese Feststellung ohne nähere Angaben allein auf die Anwendung des Zweifelsatzes gestützt. Der Zweifelsatz bedeutet indes nicht, daß das Gericht von der dem Angeklagten günstigsten Fallkonstellation auch dann ausgehen muß, wenn hierfür – wie vorliegend – keine Anhaltspunkte bestehen (BGH NJW 2003, 2179 m.w.N.). Ohne weitere tatsächliche Anhaltspunkte wird der neue Tatrichter dem Angeklagten M nicht unterstellen dürfen, daß seine Trunkenheit unverschuldet ist; die Feststellungen zu seinem Vorleben bieten hierfür keinerlei Anlaß. Bei der etwaigen Prüfung einer erneuten Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB wird
die Strafkammer in Anwendung der oben genannten Grundsätze einerseits zwar bedenken müssen, daß M nach den bisherigen Feststellungen bislang nicht durch Gewalttaten unter Alkoholeinfluß auffällig geworden ist. Gegen eine Strafrahmenverschiebung dürfte andererseits aber sprechen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben und in dieser weiter dem Alkohol zugesprochen hat.
(3) Es läßt sich auch nicht ausschließen, daß der Rechtsfolgenausspruch auf einer etwa fehlerhaft zugebilligten Strafrahmenverschiebung beruht. Die Höhe der verhängten Strafen erscheint zwar für die von der Staatsanwaltschaft noch beim Schöffengericht angeklagte Tat im Ergebnis nicht unangemessen. Angesichts des gesamten Tatbildes läßt sich von Seiten des Revisionsgerichts aber auch nicht etwa feststellen, daß eine etwas schwerere Bestrafung nicht mehr schuldangemessen wäre.
(4) Die Feststellungen des Tatgerichts zum Strafausspruch – und damit auch diejenigen zu den Voraussetzungen des § 21 StGB – sind insgesamt aufzuheben (§ 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter wird danach (sachverständig beraten) die bisherigen Befunde zur Alkoholisierung der Angeklagten , namentlich in Hinblick auf die Fahrfähigkeiten G s und fehlende Angaben bei M , kritisch zu hinterfragen haben. Gegebenenfalls wird zumindest bei dem Angeklagten G zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) vorliegen und diese Maßregel deshalb neben der Strafe anzuordnen ist.

III.


Die Revision des Angeklagten M ist offensichtlich unbegründet. Die tatgerichtlichen Feststellungen zu seiner sicheren Identifizierung als Mittäter – bei mißlungenem Alibibeweis – sind sachlichrechtlich nicht zu beanstanden. Zulässige verfahrensrechtliche Beanstandungen im Zusammenhang mit Wiedererkennungsleistungen sind nicht erhoben worden.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Brause
24
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, dass der Schuldgehalt der Tat bei einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit in aller Regel vermindert ist (Senat, Beschluss vom 7. September 2015 – 2 StR 350/15, NStZ-RR 2016, 74; BGH, Urteil vom 10. November 1954 – 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30). Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit jedoch auf zu verantwortender Trunkenheit, so spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten infolge der Alkoholisierung vorhersehbar signifikant erhöht hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239; BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15; Beschluss vom 1. März 2016 – 5 ARs 50/15; weitergehend aber BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15, NStZ 2016, 203; Urteil vom 27. März 2003 – 3 StR 435/02, NJW 2003, 2394; Beschluss vom 28. April 2016 – 4 ARs 16/15). Dabei ist als allgemeinkundig vorauszusetzen , dass eine alkoholische Berauschung generell die Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligem und aggressivem Verhalten zu senken pflegt (vgl. Senat, Urteil vom 15. Februar 2006 – 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40). Weiß der Täter oder muss er damit rechnen, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt und trinkt er trotzdem Alkohol, so spricht dies in der Regel gegen die Annahme einer Strafrahmenverschiebung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 2014 – 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238, und vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15). Einschlägiger Vorverurteilungen bedarf es insoweit nicht (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37). Die genannten Umstände erhöhen die Schuld und können zur Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen.
4
a) Ob bei Vorliegen verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB eine Strafmilderung vorzunehmen oder zu versagen ist, hat der Tatrichter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (Senat, Urteil vom 15. Februar 2006 – 2 StR 419/05, StV 2006, 465, 466). Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen , dass der Schuldgehalt der Tat bei einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit in aller Regel vermindert ist (BGH, Urteil vom 10. November 1954 – 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30). Eine Strafrahmenverschiebung ist daher in der Regel vorzunehmen, wenn nicht andere, die Schuld des Täters erhöhende Umstände dem entgegenstehen (Senat, aaO) oder der Täter die Begehung von Straftaten vorausgesehen hat oder hätte voraussehen können, etwa, weil er aus früheren Erfahrungen weiß, dass er unter Alkohol- oder Drogeneinfluss zur Begehung von Straftaten neigt (BGH, Beschluss vom 25. März 2014 – 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238, 239; Urteil vom 29. April 1997 – 1 StR 511/95, BGHSt 43, 66, 78).

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 ARs 21/15
vom
10. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
hier: Anfragebeschluss des 3. Strafsenats vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15
ECLI:DE:BGH:2016:100516B1ARS21.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Mai 2016 beschlossen:
Der Umstand, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf von diesem zu verantwortender Trunkenheit beruht, rechtfertigt für sich allein die Versagung einer Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nicht.

Gründe:


1
1. Der 3. Strafsenat hat über die Revision eines Angeklagten zu entscheiden , der wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt worden ist. Das Landgericht hat eine Strafrahmenverschiebung nach § 213 bzw. §§ 21, 49 Abs. 1 StGB mit der Begründung versagt, der Angeklagte habe die bei ihm festgestellte erheblich verminderte Schuldfähigkeit durch verschuldete Trunkenheit selbstverantwortlich herbeigeführt. Es ist sachverständig beraten davon ausgegangen, dass der Angeklagte aufgrund einer mittelgradigen Berauschung bei erhalten gebliebener Unrechtseinsicht nicht ausschließbar in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war. Eine Alkoholkrankheit oder Alkoholüberempfindlichkeit, die ein Verschulden hinsichtlich der Trunkenheit ausgeschlossen hätte, hat das Landgericht verneint. Feststellungen zu einer vorhersehbar alkoholbedingten Erhöhung des Risikos der Begehung von Straftaten aufgrund persönlicher oder situativer Verhältnisse des Einzelfalls hat das Landgericht nicht getroffen.
2
Der 3. Strafsenat beabsichtigt, die Revision des Angeklagten zu verwerfen und zu entscheiden: „Der Tatrichter übt sein Ermessen bei der Entscheidung über die Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich nicht rechtsfehlerhaft aus, wenn er im Rahmen einer Gesamtwürdigung der schuldmindernden Umstände die Versagung der Strafmilderung allein auf den Umstand stützt, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf von die- sem verschuldeter Trunkenheit beruht.“
3
Er fragt gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei den anderen Senaten an, ob deren Rechtsprechung dem entgegensteht und ob – sollte dies der Fall sein – daran festgehalten wird.
4
2. Der beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats steht Rechtsprechung des 1. Strafsenats entgegen.
5
Der Senat stimmt dem anfragenden Senat darin zu, dass es in der Regel gegen eine Verschiebung des Strafrahmens gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB spricht, wenn die erheblich verminderte Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit beruht. Dies setzt allerdings voraus, dass sich dabei aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant erhöht hat (Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1 StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37 unter Verweisung auf BGH, Beschluss vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239; vgl. auch BGH, Beschluss vom 5. August 2003 – 1 StR 302/03). Denn Umstände, die die Schuld erhöhen, können dann zur Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen (vgl. Senat, Beschluss vom 23. April 2013 – 1 StR 105/13). Über die fakultative Strafrahmenverschiebung entscheidet der Tatrichter aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Gesichtspunkte. Einer revisionsrechtlichen Überprüfung ist die Entscheidung über die fakultative Strafrahmenverschiebung nur eingeschränkt zugänglich; insoweit steht dem Tatrichter ein weiter Ermessensspielraum zu (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1 StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37).
6
Somit rechtfertigt nach der Rechtsprechung des Senats der Umstand der selbst verschuldeten Trunkenheit des Täters eine Versagung der Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nicht, wenn sich nicht zugleich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge zu verantwortender Trunkenheit erhöht hat. Hierfür genügt etwa das Wissen des Täters, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt, aber trotzdem Alkohol trinkt (vgl. Senat, Beschlüsse vom 23. April 2013 – 1 StR 105/13 und vom 25. März 2014 – 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238; vgl. auch Senat, Urteile vom 16. September 2004 – 1 StR 233/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 36, vom 29. April 1997 – 1 StR 511/95, BGHSt 43, 66, 78 und vom 6. Mai 1993 – 1 StR 136/93, BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; Beschluss vom 2. März 1993 – 1 StR 26/93, StV 1993, 421; Urteile vom 6. Oktober 1992 – 1 StR 574/92 und vom 15. Dezember 1987 – 1 StR 498/87, BGHSt 35, 143). Einschlägiger Vorverurteilungen bedarf es jedoch nicht (Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1 StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37).
7
3. An dieser Rechtsprechung, die an den Beschluss des 5. Strafsenats vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239 anknüpft, hält der Senat fest. Den Ausführungen des 5. Strafsenats in der genannten Entscheidung schließt sich der Senat an.
Raum Jäger Cirener
Fischer Bär
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf
zu verantwortender Trunkenheit, spricht dies in der Regel gegen
eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB,
wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse
des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar
signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob
dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu
bestimmen; seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter
revisionsgerichtlicher Überprüfung.
BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04
LG Potsdam

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 17. August 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. August
2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P
als Verteidiger für den Angeklagten G ,
Rechtsanwalt V
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Justizhauptsekretärin N ,
Justizangestellte R
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. Juli 2003 in den Strafaussprüchen gegen die Angeklagten G und M mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten M gegen dieses Urteil wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Nötigung jeweils – unter Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund erheblicher Alkoholisierung – zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Während die Staatsanwaltschaft mit ihren zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen lediglich den Strafausspruch beanstandet, wendet sich der Angeklagte M mit der Sachrüge umfassend gegen seine Verurteilung.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts spricht der Angeklagte G seit dem Jugendalter dem Alkohol zu und ist deutlich alkoholgewöhnt. Er ist mehrfach wegen Eigentums- und Verkehrsdelikten, darunter auch Trunkenheit im Verkehr, vorbestraft. Am Tattag hatte er von den frühen Morgenstunden an über den Tag verteilt mehrere Flaschen Bier getrunken, bevor er mit dem ebenfalls bereits angetrunkenen, bislang unbestraften Angeklagten M den später Geschädigten Pi in der Absicht aufsuchte, diesen zu mißhandeln. Die Angeklagten hatten über Pi das von ihnen nicht weiter überprüfte Gerücht gehört, er habe ein kleines Mädchen vergewaltigt. Gemeinsam wollten beide „ihre Freude an Gewalttätigkeit an ihm ausleben“.
In der Wohnung von Pi schlugen und traten die Angeklagten sogleich auf diesen ein und forderten ihn auf zuzugeben, daß er das Mädchen vergewaltigt habe. Der Geschädigte mußte in einem vom Angeklagten G gesteuerten PKW zu dem wegen Beihilfe an dem strafbaren Geschehen inzwischen rechtskräftig verurteilten K mitkommen. Dort mißhandelten G und M ihr Opfer unter Beschimpfungen weiter, so daß Pi schließlich im Gesicht blutete und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Anschließend fuhren alle gemeinsam mit dem Auto des G zu einem Imbiß und sodann über Land; der Geschädigte mußte nun in den Kofferraum steigen. An einem Wehr wurde er von den Angeklagten halb entkleidet und in das 15 bis 18 Grad kalte Wasser gestoßen. Nach einiger Zeit zogen die Angeklagten den Geschädigten schließlich wieder an Land, traten auf ihn ein, bis er das Bewußtsein verlor, und ließen ihn halbnackt und bewußtlos liegen. Pi erlitt durch die Mißhandlungen der Angeklagten vielfache Prellungen, eine Rippenfraktur und eine – unbehandelt lebensgefährliche – traumatische Hirnblutung, zudem eine Unterkühlung und Herzrhythmusstörungen. Während des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens hatten
beide Angeklagte nicht unerhebliche Mengen Bier und andere alkoholische Getränke zu sich genommen.
Das Landgericht hat den Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Nr. 4 (i.V.m. § 52 Abs. 2) StGB nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund der Alkoholisierung der Angeklagten und dadurch verursachter erheblicher Verminderung der „Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit“ (richtig: Steuerungsfähigkeit, vgl. Tröndle /Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 5 m.w.N.) verschoben. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Trunkenheit desAngeklagten G sei am Tattag nicht verschuldet gewesen, weil er bislang weitgehend vom Alkohol beherrscht wurde; mangels Einlassung des Angeklagten M auch sei zu dessen Gunsten davon auszugehen, daß seine Trunkenheit unverschuldet gewesen sei.

II.


Die auf den jeweiligen Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.
1. Die Beschwerdeführerin hat ihre Rechtsmittel wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Wie sich aus der Revisionsbegründungsschrift vom 24. September 2003 ergibt, sollen allein die zugunsten der Angeklagten vorgenommenen Strafrahmenverschiebungen und damit die verhängten Rechtsfolgen angegriffen werden; nur insoweit wird die Sachrüge ausgeführt. Ungeachtet der Erhebung einer nicht ausdrücklich beschränkten Sachrüge und eines umfassenden Aufhebungsantrags ist dem Revisionsvortrag deshalb eine Beschränkung der Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch zu entnehmen (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; BGH, Urteil vom 16. März 2004 – 5 StR 364/03). Diese Beschränkung ist auch wirksam, da die Feststellungen des Landgerichts zum Schuldspruch weder widersprüchlich oder lückenhaft und damit ergänzungsbedürftig noch mit den Feststellungen zum Strafausspruch untrennbar verknüpft sind. Für die Frage der
Strafzumessung bilden die Feststellungen zum Schuldspruch eine tragfähige Grundlage, auch wenn sie – was der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend angedeutet hat – eine weitergehende strafrechtliche Bewertung des Geschehens zum Nachteil der Angeklagten hätten rechtfertigen können.
2. Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei aufgrund von plausiblen Trinkmengenangaben des Angeklagten G , von Zeugenbeschreibungen über den Zustand der Angeklagten und eines insgesamt auf erhebliche Enthemmung hindeutenden Tatbildes bei beiden Angeklagten sachverständig beraten zu dem Ergebnis gelangt, daß ihre Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.
3. Die Staatsanwaltschaft beanstandet gleichwohl zu Recht die zu Gunsten der Angeklagten vorgenommene Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB.

a) Der 3. Strafsenat hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die bisherige – in sich eher uneinheitliche und teils sogar widersprüchliche – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich überdacht werden sollte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31 mit Anmerkungen : Foth NStZ 2003, 597; Frister JZ 2003, 1019; Neumann StV 2003, 527; Scheffler Blutalkohol 2003, 449; Streng NJW 2003, 2963; zustimmend der 2. Strafsenat in BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 32). Der Senat pflichtet diesem Anliegen bei, gelangt indes zu dem folgenden differenzierenden und bisheriger Rechtsprechung nicht tragend widersprechenden Ergebnis:
Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB entscheidet der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen Ermessen aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände. Beruht die
erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit , spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu bestimmen. Seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung und ist regelmäßig hinzunehmen , sofern die dafür wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend ermittelt und bei der Wertung ausreichend berücksichtigt worden sind.

b) Die vom Senat gefundene Lösung beruht insbesondere auf folgenden Erwägungen:
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß eine erhebliche Einschränkung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit grundsätzlich den Schuldgehalt der Tat vermindert (vgl. BGHSt 7, 28, 30; BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; so auch schon RGSt 69, 314, 317). Dies allein zwingt jedoch nicht zu einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 Abs. 1 StGB. Dem Tatrichter ist in Fällen erheblich verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB grundsätzlich ein Ermessen bei der Entscheidung eingeräumt , ob er aufgrund dieses Umstandes die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB durch eine Verschiebung des anzuwendenden Strafrahmens mildert oder nicht (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 21). Nach dem Gesetzeswortlaut des § 21 StGB „kann“ die Strafe lediglich gemildert werden; weder „muß“ noch „soll“ der Strafrahmen verschoben werden. Der Gesetzgeber hat damit zu erkennen gegeben, daß auch eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB für sich allein weder zwingend noch in der Regel zu einer durchgreifenden Verringerung des Schuldumfangs führt (vgl. auch Foth in Festschrift für Hannskarl Salger, 1995, S. 31, 37).
Die Minderung der Tatschuld durch Einschränkung der Schuldfähigkeit kann nämlich durch schulderhöhende Umstände kompensiert werden
(st. Rspr., vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 20 ff. m.w.N.; BVerfGE 50, 5, 11 f.). Der 3. Strafsenat sieht einen solchen Umstand generell in jeder vorwerfbar herbeigeführten Alkoholisierung (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dabei kommt indes nicht ausreichend zur Geltung , daß jede Schulderhöhung wenigstens (einfache) Fahrlässigkeit als geringste Schuldform voraussetzt. Notwendige Elemente solcher Fahrlässigkeit sind Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des rechtswidrigen Ergebnisses ganz allgemein (objektiv) und speziell für den Täter (subjektiv). Bezugspunkt des schulderhöhenden Moments muß zudem das konkret begangene Unrecht sein; es bedarf also einer bestimmten subjektiven Beziehung zu der später begangenen rechtswidrigen Handlung (Jähnke in LK 11. Aufl. § 21 Rdn. 22).
Trotz verbreiteten vielfachen Alkoholgebrauchs und -mißbrauchs kommt es nur in einem Bruchteil der Fälle erheblicher Alkoholisierung zu einer rechtswidrigen Tat. Häufig ist eine Gefährdung anderer gänzlich ausgeschlossen (vgl. Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 224). Andererseits ist nicht zu verkennen, daß Alkohol das Risiko der Begehung strafbarer Handlungen generell erhöht; ein großer Teil der Straftaten gegen Leib und Leben sowie gegen die sexuelle Selbstbestimmung wird unter Alkoholeinfluß begangen. Dieser Befund rechtfertigt indes nicht die Annahme, es sei stets objektiv und subjektiv vorhersehbar, daß bei erheblicher Alkoholisierung in der konkreten Situation die Begehung von Straftaten durch den Betrunkenen drohe. Dies hängt vielmehr von der jeweiligen Person des Täters und von der Situation ab, in der getrunken wird oder in die sich der Täter betrunken begibt.
(1) Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Strafmilderung bei erheblicher Alkoholisierung zu versagen, wenn der Täter die für ihn besonders ungünstige Wirkung des Alkoholgenusses kannte und wußte oder wissen mußte, daß er dann zu Gewalttätigkeiten oder anderen Straftaten neigt (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; vgl. Trönd-
le/Fischer aaO § 21 Rdn. 25 m.w.N.). Damit kommt es also darauf an, ob besondere Umstände in der Person des Täters im konkreten Einzelfall vorhersehbar das Risiko der Begehung rechtswidriger Taten signifikant erhöht haben. Soweit in diesem Zusammenhang teilweise zusätzlich gefordert wird, der Täter müsse schon zuvor nach Ausmaß und Intensität mit der jetzigen Tat vergleichbare Straftaten begangen haben (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 6, 14, 16; weitere Nachweise bei Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 21 Rdn. 20), hält der Senat daran nicht fest. An die Vergleichbarkeit sind schon nach bisheriger Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4). Zu differenzieren ist hier allenfalls nach weit zu fassenden Deliktsgruppen. Wer unter dem Einfluß erheblicher Mengen Alkohol – wie er aufgrund persönlicher Vorerfahrung weiß oder wissen muß – zu gewalttätigen Übergriffen auf andere neigt, den trifft in Hinblick auf die enthemmende Wirkung des Alkohols in Fällen der Gewaltkriminalität grundsätzlich ein schulderhöhender Fahrlässigkeitsvorwurf; anderes gilt nur, wenn die bisher unter Alkoholeinfluß begangenen Straftaten ganz anderer Art waren als die nunmehr zu beurteilende, wenn also die neue Tat so unvergleichbar mit den früheren ist, daß der Täter mit Ähnlichem gar nicht re chnen kann (BGHR aaO). Entscheidend ist somit regelmäßig nicht die äußerliche Vergleichbarkeit der einzelnen Taten, sondern die nämliche Wurzel des jeweiligen deliktischen Verhaltens (Jähnke aaO § 21 Rdn. 22).
Bei alldem müssen die Vorerfahrungen nicht unbedingt zu Vorstrafen oder auch nur Strafverfahren geführt haben. Denn es geht in diesem Zusammenhang um das Wissen des Täters von seiner Gefährlichkeit und nicht notwendig um den – gegebenenfalls hinzutretenden – Gesichtspunkt der Warnfunktion einer früheren Verurteilung.
(2) Die Gefahr der Begehung von Straftaten in erheblich alkoholisiertem Zustand kann indes signifikant und vorhersehbar nicht nur durch die Person des Täters, sondern auch durch die Umstände der jeweiligen Situati-
on erhöht werden. Wer in einer gefahrträchtigen Lage in erheblichem Maße dem Alkohol zuspricht, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich mit einer gewissen Leichtfertigkeit in die Tatsituation gebracht hat (BGH NStZ 1990, 537, 538). Vorwerfbar ist dabei, daß in einer solchen Situation trotz konkreter Vorhersehbarkeit der durch eine weitere Alkoholisierung drohenden Rechtsbrüche getrunken wird (vgl. auch Jähnke aaO). Insbesondere in stark emotional aufgeladenen Krisensituationen wird die Gefahr von Gewalttätigkeiten durch die enthemmende Wirkung erheblicher Alkoholisierung regelmäßig vorhersehbar erhöht (vgl. BGH NStZ 1990, 537, 538). Gleiches gilt für das Trinken in Gruppen, aus denen heraus – gerade auch aufgrund gruppendynamischer Prozesse – leicht Straftaten gegen andere begangen werden. Wer sich etwa in einer Gruppe marodierender Hooligans oder gewaltbereiter Radikaler betrinkt, muß konkret mit der Begehung von Straftaten im trunkenen Zustand rechnen. Die Alkoholisierung kann – wenn nicht bereits die Grundsätze der actio libera in causa eine Strafmilderung ausschließen – auch nicht demjenigen zugute kommen, der sich in Fahrbereitschaft betrinkt, also weiß oder damit rechnen muß, noch als Fahrer am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 316 Rdn. 54; König in LK 11. Aufl. § 316 Rdn. 243).
Es macht für die Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB auch keinen relevanten Unterschied, ob der Täter in einer erkennbar gewaltträchtigen Situation enthemmend dem Alkohol zuspricht oder sich, sofern ihm dies insoweit vorzuwerfen ist, bereits durch Trunkenheit enthemmt, bewußt in eine solche Situation begibt. Wer sich schon angetrunken einer gewaltbereiten Gruppe anschließt, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er trotz der bekanntermaßen enthemmenden Wirkung seiner Alkoholisierung eine gewaltträchtige Situation aufgesucht hat.
In diesem Zusammenhang muß es auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Trunkenheit als solche vorwerfbar ist oder nicht, da auch
letzterenfalls andere schulderhöhende Momente die Versagung der Strafmilderung rechtfertigen können (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29). Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände ist es deshalb nicht ohne weiteres ausgeschlossen, auch einem alkoholabhängigen Täter zwar nicht die Alkoholisierung als solche , aber – bei insoweit noch vorhandener Hemmungsfähigkeit – als schulderhöhend vorzuwerfen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat, obwohl er wußte oder wissen mußte, daß er sich dort infolge seiner Beherrschung durch den Alkohol nur eingeschränkt werde steuern können. Je eher ein alkoholabhängiger Täter von den infolge seines Zustandes von ihm ausgehenden Gefahren für andere weiß – etwa aufgrund früher unter Alkoholeinfluß begangener Straftaten – und je schwererwiegend die Straftaten sind, mit deren Begehung er rechnet oder rechnen muß, desto weniger wird eine Strafmilderung in Betracht kommen, wenn er sich dessen ungeachtet in eine gewaltträchtige Situation begeben hat und ihm dies vorzuwerfen ist (vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29).
(3) Auch in anderer Weise kann an ein konkret tatbezogenes Verschulden des Täters vor Tatbeginn angeknüpft und eine Strafmilderung trotz Tatbegehung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit aufgrund vorhergehender schulderhöhender Momente versagt werden. So hat nach den Grundsätzen der – im Rahmen des § 21 StGB unproblematisch anwendbaren (vgl. Lenckner/Perron aaO § 21 Rdn. 11 m.w.N.) – actio libera in causa eine Strafmilderung regelmäßig auszuscheiden, wenn sich die Vorstellung des Täters in nicht berauschtem Zustand schon auf eine bestimmte Tat bezogen hat (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3; § 21 Strafrahmenverschiebung 22; BGH NStZ 1999, 448). Wurde der Tatentschluß zu einer Zeit gefaßt, in der eine erhebliche Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens noch nicht vorlag, wird deshalb zumeist für eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kein Raum sein (vgl. BGHSt 34, 29, 33; BGH, Beschluß vom 15. April 1999 – 4 StR 93/99, zitiert bei Detter NStZ 1999, 495; BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3). Verstärkt gilt dies, wenn
der Täter sich gar gezielt berauscht hat, um hierdurch vorhandene Hemmungen gegen eine Tatausführung abzubauen.
(4) Die Wertung, ob im Falle erheblicher Minderung der Steuerungsfähigkeit der Strafrahmen gemildert werden soll oder nicht, hat grundsätzlich der Tatrichter anhand einer Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4 und Strafrahmenverschiebung 21). Ihm obliegt es auch, die Begriffe der objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit strafbaren Verhaltens bei vorwerfbarer Alkoholisierung anhand der besonderen Umstände in der Person des Täters und in der Situation des Tatgeschehens in wertender Betrachtung auszufüllen. Seine Bewertung wird das Revisionsgericht, wenn sie auf einer vollständigen Auswertung der maßgeblichen Tatsachengrundlagen beruht, regelmäßig hinzunehmen haben, auch wenn anderes vertretbar oder gar näherliegend gewesen wäre.
Bei Anwendung der genannten Grundsätze wird bei Gewaltdelikten in vielen Fällen eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nach vorwerfbarer Alkoholisierung ausscheiden. Zumeist liegen entweder in der Person des Täters oder doch zumindest in der Situation Umstände vor, die in Zusammenhang mit der Alkoholisierung das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant erhöht haben. An die Überzeugungsbildung des Tatrichters dürfen dabei nicht übertrieben hohe Anforderungen gestellt werden; die vielfältig verheerenden Wirkungen übermäßigen Alkoholgebrauchs sind allgemeinkundig.
Im Rahmen der Abwägung aller schuldrelevanten Umstände kann auch von Bedeutung sein, welchen Grad die Enthemmung durch Alkoholisierung innerhalb des durch § 21 StGB abgesteckten Rahmens erreicht hat. Eine solchermaßen differenzierende Bestimmung des Umfangs und der Auswirkungen verminderter Schuldfähigkeit auf die Tatschuld setzt jedoch
nachvollziehbare Darlegungen des Tatrichters voraus (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 2, 17).
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände des Einzelfalls können auch solche schulderhöhenden Momente gegen eine Strafmilderung sprechen, die nicht unmittelbar mit der Berauschung verknüpft sind (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 11; BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu können eine Mehrzahl von Geschädigten oder mitverwirklichte Straftatbestände ebenso zählen wie die näheren Umstände der Tatausführung oder andere Tatmodalitäten (vgl. BT-Drucks. aaO; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5 und Strafzumessung 18). Auch einem erheblich in seiner Steuerungsfähigkeit verminderten Täter kann nämlich die Art der Tatausführung – etwa eine besonders gefühlskalte, rücksichtslose oder brutale Tatbegehung – schulderhöhend vorgeworfen werden (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15 und Strafzumessung 4, 18). In diesem Fall wird der Tatrichter jedoch zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu beachten haben, daß diese Umstände die Tatschuld nicht im gleichen Ausmaß wie bei nicht berauschten Tätern erhöhen, sofern sie ihren Grund in der erheblichen Verminderung der Hemmungsfähigkeit haben (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 46 Rdn. 28, 33 m.w.N.; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5); eine Ausnahme hiervon kommt indes in Betracht, wenn dem Täter in Hinblick auf seine bisherigen Erfahrungen unter Alkoholeinfluß vor dem Hintergrund des von ihm weiterhin nicht gezähmten Alkoholgenusses gerade eine derart schwerwiegende Art seines Tatverhaltens zum Vorwurf gemacht werden müßte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15).
(5) In Fällen, in denen die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe in Frage steht, wird der Tatrichter besonders darauf Bedacht zu nehmen haben , daß der schuldmindernde Umstand einer erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit angesichts der Absolutheit der Strafdrohung ohne Strafrahmenverschiebung bei der konkreten Strafzumessung nicht berücksichtigt
werden kann; die Frage der Strafrahmenverschiebung gewinnt im Vergleich zur Prüfung bei zeitigen Freiheitsstrafen deshalb ungleich mehr an Gewicht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 4 StR 54/04). Dies wird zu besonders sorgfältiger Prüfung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände sowie zu einer im Zweifel eher zurückhaltenden Gewichtung zu Lasten des Täters Anlaß geben müssen (vgl. BGH StV 2003, 499). Wenn allein die Wahl zwischen lebenslanger Freiheitsstrafe und einer zeitigen Freiheitsstrafe besteht, müssen deshalb besondere erschwerende Gründe vorliegen, um die mit den Voraussetzungen des § 21 StGB verbundene Schuldminderung so auszugleichen, daß die gesetzliche Höchststrafe verhängt werden darf (st. Rspr., vgl. BGHR § 21 Strafrahmenverschiebung 7, 8, 12, 18, 25; vgl. auch BVerfGE 50, 5, 11). Gebieten solche Umstände wie etwa das schuldsteigernde Tatbild die Versagung einer Strafrahmenverschiebung und die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe, wird eine Feststellung besonderer Schuldschwere nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB trotz erheblich verminderter Schuldfähigkeit nur in besonders gravierenden Ausnahmefällen in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschluß vom 14. Juni 1999 – 5 StR 177/99; vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 25).
Bedenklich kann aus entsprechenden Gründen auch die Verhängung der für das Delikt vorgesehenen zeitigen Höchststrafe aus dem nicht nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB geminderten Strafrahmen trotz erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit sein (vgl. RGSt 69, 314, 317).
(6) Der Senat weist vorsorglich darauf hin, daß das, was für Alkohol gilt, nicht ohne weiteres gleichermaßen auf andere Genuß- und Betäubungsmittel übertragen werden kann (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tage – 5 StR 591/03). Die enthemmende und hierdurch teils aggressionsfördernde Wirkung des Alkohols ist allgemein bekannt. Bei Betäubungsmitteln sind die Wirkungsweisen dagegen differenzierter und unter Umständen weniger konkret vorhersehbar, zumal die Dosierung und die individuelle Verträglichkeit meist von Fall zu Fall erheblichen Schwankungen unterliegen.

c) Dem gefundenen Ergebnis widersprechen weder die historischen Absichten des Gesetzgebers noch der Rechtsgedanke des § 323a StGB.
(1) Die Überlegungen des historischen Gesetzgebers sprechen nicht für einen Grundsatz, wonach im Falle vorwerfbarer Alkoholisierung eine Strafmilderung stets zu versagen ist (Neumann StV 2003, 527, 528 m.w.N.; vgl. aber BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31; Foth DRiZ 1990, 417, 418 ff.; ders. NStZ 2003, 597, 598; zur historischen Entwicklung ausführlich : Rautenberg, Verminderte Schuldfähigkeit, 1984, S. 9 ff. m.w.N.; Schnarr in: Hettinger [Hrsg.], Reform des Sanktionenrechts, 2001, Band 1, S. 7 ff.). Eine dem heutigen § 21 StGB entsprechende Vorschrift wurde erstmals durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl. I, 995) in das deutsche Strafgesetzbuch eingeführt. Aus der amtlichen Gesetzesbegründung ergeben sich für die aufgeworfene Frage keine tragfähigen Hinweise (vgl. ReichsAnz 1933, Nr. 277, Erste Beilage, S. 1, linke Spalte). Die Gesetzesänderung fußte indes auf der umfangreichen kriminalpolitischen Reformdiskussion der Zwanziger Jahre (hierzu näher Foth, jeweils aaO; Rautenberg aaO). Dabei wurde zwar auch eine gesetzliche Ausnahme der vorgesehenen Milderung bei vorwerfbarer Alkoholisierung vorgeschlagen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs von 1925; ebenso bereits § 18 Abs. 2 des Entwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1919 und § 63 Abs. 2 des Vorentwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1909; ausführlich hierzu Rautenberg aaO). Gegen diese Vorschläge wurden jedoch auch zur damaligen Zeit gewichtige Bedenken geltend gemacht (vgl. Alsberg in Aschrott/Kohlrausch [Hrsg.], Reform des Strafrechts, 1926, S. 51, 73 ff.). Letztlich sind die in den Entwürfen verschiedentlich vorgesehenen ausdrücklichen Ausnahmen bei vorwerfbarer Alkoholisierung nicht Gesetz geworden. In den Beratungen der Reichstagsvorlage von 1927 wurde hierzu erklärt, den Reichsrat hätten zwei Gründe veranlaßt, den vorgesehenen Ausschluß einer Strafmilderung bei Trunkenheit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs von 1925) zu strei-
chen und statt der obligatorischen eine fakultative Milderung vorzuschlagen: Zum einen erscheine die Konsequenz unerträglich, dem ganz betrunkenen Täter eine Milderung zu gewähren, nicht aber dem nur halb betrunkenen; zum anderen sei nicht einzusehen, warum die Frage der Selbstverschuldung nur bei der Trunkenheit berücksichtigt werden sollte (vgl. Rautenberg DtZ 1997, 45, 47 m.w.N.). Dies legt nahe anzunehmen, daß der Gesetzgeber in Kenntnis entgegenstehender Vorschläge bewußt auf eine solche Regelung verzichtet hat, also gerade keine zwingende Versagung der Strafmilderung in diesen Fällen wollte (Neumann StV 2003, 527, 528). In der Gesetzesbegründung von 1933 heißt es lediglich, die Annahme verminderter Zurechnungsfähigkeit sei Grundlage für eine Strafmilderung, wobei das Gesetz von den Beschlüssen der Reichstagsausschüsse insoweit abweiche, als die Milderung nicht zwingend sei, sondern in das Ermessen des Richters gestellt werde (ReichsAnz aaO).
Die Gesetzesmaterialien zur Reform des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs in den Sechziger Jahren, die zur Formulierung des § 21 StGB in der heutigen Form geführt hat, sprechen gleichermaßen für eine differenzierende Lösung. § 21 StGB wurde einerseits als Kann-Vorschrift konzipiert , um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Verminderung der Schuldfähigkeit nicht notwendig zu einer Minderung der Schuld in ihrer Gesamtheit führt; im Rahmen einer Gesamtwürdigung sollten außer dem Grad der Schuldfähigkeit auch andere schuldrelevante Umstände berücksichtigt werden können (BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu gehören nach Auffassung des Gesetzgebers nicht nur unmittelbar der Tat anhaftende Schuldumstände wie etwa eine große Anzahl getöteter Menschen, sondern auch schuldrelevante Umstände vor der Tat wie insbesondere die schuldhafte Herbeiführung der verminderten Schuldfähigkeit (ebd.). Ausdrücklich sprach sich der Gesetzgeber andererseits gegen eine Vorschrift aus, wonach die Strafmilderung – entsprechend den Vorschlägen in den Entwürfen von 1909 und 1925 – bei vorwerfbarer Alkoholisierung stets zu versagen sei (BT-Drucks. IV/650, S. 142 rechte Spalte). Zu der entsprechenden Regelung
in § 7 WStG, wonach bei selbstverschuldeter Trunkenheit eine Strafmilderung ausscheidet, wenn die Tat eine militärische Straftat ist, gegen das Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des Dienstes begangen wurde, wird dabei auf die besonderen Anforderungen an militärische Disziplin verwiesen. In das allgemeine Strafrecht könne dieser Rechtsgrundsatz nicht ohne weiteres übertragen werden (ebd.).
Gerade die Vorschrift des § 7 WStG läßt sich systematisch stimmig eher erklären, wenn es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, wonach bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich mangels Minderung der Gesamtschuld von einer Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Abstand zu nehmen ist. Gäbe es nämlich einen solchen Grundsatz, wäre § 7 WStG überflüssig. Unverständlich wäre in diesem Fall auch die Beschränkung des Milderungsverbots auf militärische Straftaten und solche, die gegen das Kriegsvölkerrecht verstoßen oder in Ausübung des Dienstes begangen werden. Aus § 7 WStG folgt vielmehr im Umkehrschluß, daß „selbstverschuldete“ Trunkenheit in anderen Fällen durchaus die Strafe mildern kann, also nicht stets jede Strafmilderung aufgrund des Umstandes ausscheidet, daß der Rauschzustand vorwerfbar herbeigeführt wurde.
Schließlich hat der Gesetzgeber auch im Rahmen der Reformdiskussion anläßlich der deutschen Wiedervereinigung trotz entsprechender Vorschläge gerade nicht diejenigen Normen des Strafrechts der DDR übernommen , wonach eine Strafmilderung bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit ausscheidet, wenn sich der Täter schuldhaft in einen die Zurechnungsfähigkeit vermindernden Rauschzustand versetzt hat (§ 16 Abs. 2 Satz 3 StGBDDR; vgl. auch § 15 Abs. 3 StGB-DDR; dazu näher Neumann StV 2003, 527 mit Fn. 3; Rautenberg DtZ 1997, 45).
(2) Auch die Vorschrift des § 323a StGB spricht nicht für eine Versagung der Strafmilderung in allen Fällen schuldhafter Alkoholisierung. Das Vergehen des Vollrauschs ist von allen anderen Straftatbeständen tatsäch-
lich und rechtlich verschieden (BGHSt 1, 275, 277). Es handelt sich zudem bei dieser Strafnorm um „eine der umstrittensten, wenn nicht die strittigste des ganzen Strafgesetzbuchs“ (Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 1). Auch der Bundesgerichtshof ist deshalb bislang nicht zu einem durchgehend einheitlichen Verständnis dieser Vorschrift gelangt (vgl. etwa BGHSt 10, 247 einerseits, BGHSt 16, 124 andererseits). Der Ort, den – in den Schwierigkeiten der Sache angelegten (vgl. Spendel aaO § 323a Rdn. 2) – Streit zum Verständnis des § 323a StGB zu klären, kann indes nicht die hier zur Entscheidung stehende Frage sein, ob bei zu verantwortender Alkoholisierung eine Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich ausgeschlossen sein sollte oder nicht (vgl. Streng NJW 2003, 2963, 2965).
Die Anwendung des Vollrauschtatbestandes setzt stets voraus, daß der Täter aufgrund nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit wegen seines rechtswidrigen Tuns ansonsten überhaupt nicht bestraft werden könnte. Für eine solche Regelung gibt es unzweifelhaft ein kriminalpolitisches Bedürfnis (vgl. BGHSt [GS] 9, 390, 395; Spendel aaO § 323a Rdn. 2). Diese Frage stellt sich im Rahmen des § 21 StGB jedoch nicht, weil es hier nicht um die Alternative völliger Straflosigkeit, sondern lediglich um die Strafrahmenwahl geht (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Bei § 21 StGB spielen deshalb Gesichtspunkte eine Rolle, die im Rahmen des § 323a StGB aufgrund der notwendigen Struktur des Vollrauschtatbestandes keine Berücksichtigung finden können.
Zudem geht es bei § 21 StGB nicht wie bei § 323a StGB um Rauschzustände, die (zumindest nicht ausschließbar) wegen aufgehobener Schuldfähigkeit den Schuldvorwurf bezüglich des rechtswidrigen Tuns vollständig entfallen lassen. Der Vorschrift des § 323a StGB läßt sich nicht der Rechtsgedanke entnehmen, jeder Rausch, wie stark er auch sei, werde von der Rechtsordnung mißbilligt; aus § 323a StGB läßt sich lediglich folgern, daß ein Rausch dann als rechtswidrig angesehen werden kann, wenn er (zumindest nicht ausschließbar) zur völligen Aufhebung der Steuerungsfä-
higkeit führt, sich der Täter also im Umgang mit seiner Umwelt zu einem völlig unberechenbaren Risiko macht.
Die Ansicht, eine die Steuerungsfähigkeit lediglich vermindernde Alkoholisierung sei für sich schon rechtswidrig oder zumindest schulderhöhend , würde zudem zu Spannungen mit anderen Rechtsgrundsätzen führen. Im Zusammenhang mit der Gastwirtshaftung hat der Bundesgerichtshof etwa festgestellt, daß der Ausschank und Genuß alkoholischer Getränke in Gastwirtschaften zu den allgemein als sozial üblich anerkannten Verhaltensweisen gehört, auch wenn dies nicht selten zu körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen bis zur Grenze der rechtlichen Verantwortlichkeit führt (BGHSt 19, 152, 154). Die Verabreichung alkoholischer Getränke wird als sozial übliches und von der Allgemeinheit gebilligtes Verhalten deshalb auch nicht als pflichtwidrig oder rechtswidrig angesehen (BGHSt 26, 35, 37 f.; vgl. auch Streng NJW 2003, 2963, 2965 m.w.N.). Dies gilt solange, als der Trinkende, sei es auch nur eingeschränkt, rechtlich verantwortlich ist. Anders verhält es sich nur, wenn die Trunkenheit offensichtlich einen solchen Grad erreicht, daß der Trunkene nicht mehr Herr seiner Entschlüsse ist und nicht mehr eigenverantwortlich handeln kann (BGHSt 26, 35, 38).
Hinzu kommt folgendes: Das Spannungsverhältnis zwischen § 323a StGB einerseits und §§ 21, 49 Abs. 1 StGB andererseits läßt sich aufgrund der derzeitigen Gesetzesfassung nicht ohne jeden Wertungswiderspruch lösen (Neumann StV 2003, 527, 528 ff.; Streng NJW 2003, 2963, 2965). Ungereimt erscheint es einerseits, wenn bei Straftaten mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe dem vermindert schuldfähigen Betrunkenen eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gewährt wird und ihm dann eine geringere Strafe droht als demjenigen, der rauschbedingt (zumindest nicht ausschließbar) schuldunfähig handelt (vgl. BGH StV 1997, 73, 75; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dem wird freilich dadurch Rechnung zu tragen sein, daß bei der Strafzumessung im Rahmen des § 323a StGB auf Grundlage des in § 323a Abs. 2 StGB zum Ausdruck ge-
kommenen Rechtsgedankens darauf Bedacht genommen wird, welcher Strafrahmen sich dem weniger Betrunkenen öffnen würde (vgl. BGHR StGB § 323a Strafzumessung 5). Die Auflösung des Widerspruchs durch die generelle Versagung einer Strafrahmenverschiebung bei vorwerfbarer Alkoholisierung (so BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31) geht in Fällen schwererer, den Strafrahmen des § 323a Abs. 1 StGB überschreitender Delikte über das Gebotene hinaus und führt sogleich zu anderen, weit gewichtigeren Wertungswidersprüchen (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Diese ergeben sich augenfällig bei schwerwiegenden Verbrechen, etwa Tötungsdelikten , wenn dem Täter bei verschuldeter Alkoholisierung jede Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB versagt wird, bei noch höherer Alkoholisierung , die nicht ausschließbar zur Schuldunfähigkeit führt, dann anstelle lebenslanger Freiheitsstrafe oder eines Strafrahmens von Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren nur noch Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren gemäß § 323a Abs. 1 StGB angedroht ist (Neumann aaO; vgl. hierzu auch die Gesetzgebungsvorschläge zur Änderung des § 323a StGB in BT-Drucks. 14/545 und 14/759, ablehnend BT-Drucks. 14/9148).

d) Die vom Tatgericht vorgenommene Zubilligung der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB begegnet hier letztlich durchgreifenden Bedenken.
(1) In Anwendung der oben genannten Grundsätze hätte sich das Landgericht bei der notwendigen Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände bei dem Angeklagten G nicht zur Begründung der Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB mit der Überlegung begnügen dürfen, dessen Alkoholisierung sei unverschuldet, weil er weitgehend vom Alkohol beherrscht werde. Es hätte auch erwägen müssen, ob dem etwa schulderhöhend entgegensteht, daß dieser Angeklagte sich zu dem späteren Opfer in der festen Absicht begeben hat, an diesem seine Freude an Gewalttätigkeiten auszuleben, und dabei ersichtlich in Kauf nahm, infolge seiner Alkoholisierung besonders enthemmt zu sein, zudem durch weitere
Alkoholisierung zunehmend enthemmt zu werden. Auch demjenigen, der weitgehend durch Alkohol beherrscht wird, kann unter Umständen schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich trotz Vorhersehbarkeit – zumal weiterer – alkoholischer Enthemmung bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat. Aus den vom Tatrichter getroffenen Feststellungen zu dem schon in der Ausgangssituation gewaltträchtigen Tatgeschehen erschließt sich zwanglos, daß für ihn bei Beginn des Tatgeschehens ohne weiteres vorhersehbar war, daß seine vorhandene und weiter drohende Alkoholisierung das Risiko erheblicher Gewalttaten signifikant erhöht hat; vieles spricht auch dafür, daß er das Aufsuchen dieser gewaltträchtigen Situation ohne weiteres vermeiden konnte.
Es ist zudem nicht ausgeschlossen, daß einer Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bereits die oben genannten Grundsätze der actio libera in causa entgegenstehen. Hierfür reichen indes die bisherigen Feststellungen nicht aus, zumal angesichts des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens; es bleibt nämlich unklar, ob der Angeklagte G , als er den Entschluß faßte, das Opfer zu mißhandeln, bereits in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war oder nicht (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3).
(2) Bei dem Angeklagten M entbehrt die Annahme, auch dessen Trunkenheit sei unverschuldet gewesen, bereits jeder tatsächlichen Grundlage. Das Landgericht hat diese Feststellung ohne nähere Angaben allein auf die Anwendung des Zweifelsatzes gestützt. Der Zweifelsatz bedeutet indes nicht, daß das Gericht von der dem Angeklagten günstigsten Fallkonstellation auch dann ausgehen muß, wenn hierfür – wie vorliegend – keine Anhaltspunkte bestehen (BGH NJW 2003, 2179 m.w.N.). Ohne weitere tatsächliche Anhaltspunkte wird der neue Tatrichter dem Angeklagten M nicht unterstellen dürfen, daß seine Trunkenheit unverschuldet ist; die Feststellungen zu seinem Vorleben bieten hierfür keinerlei Anlaß. Bei der etwaigen Prüfung einer erneuten Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB wird
die Strafkammer in Anwendung der oben genannten Grundsätze einerseits zwar bedenken müssen, daß M nach den bisherigen Feststellungen bislang nicht durch Gewalttaten unter Alkoholeinfluß auffällig geworden ist. Gegen eine Strafrahmenverschiebung dürfte andererseits aber sprechen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben und in dieser weiter dem Alkohol zugesprochen hat.
(3) Es läßt sich auch nicht ausschließen, daß der Rechtsfolgenausspruch auf einer etwa fehlerhaft zugebilligten Strafrahmenverschiebung beruht. Die Höhe der verhängten Strafen erscheint zwar für die von der Staatsanwaltschaft noch beim Schöffengericht angeklagte Tat im Ergebnis nicht unangemessen. Angesichts des gesamten Tatbildes läßt sich von Seiten des Revisionsgerichts aber auch nicht etwa feststellen, daß eine etwas schwerere Bestrafung nicht mehr schuldangemessen wäre.
(4) Die Feststellungen des Tatgerichts zum Strafausspruch – und damit auch diejenigen zu den Voraussetzungen des § 21 StGB – sind insgesamt aufzuheben (§ 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter wird danach (sachverständig beraten) die bisherigen Befunde zur Alkoholisierung der Angeklagten , namentlich in Hinblick auf die Fahrfähigkeiten G s und fehlende Angaben bei M , kritisch zu hinterfragen haben. Gegebenenfalls wird zumindest bei dem Angeklagten G zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) vorliegen und diese Maßregel deshalb neben der Strafe anzuordnen ist.

III.


Die Revision des Angeklagten M ist offensichtlich unbegründet. Die tatgerichtlichen Feststellungen zu seiner sicheren Identifizierung als Mittäter – bei mißlungenem Alibibeweis – sind sachlichrechtlich nicht zu beanstanden. Zulässige verfahrensrechtliche Beanstandungen im Zusammenhang mit Wiedererkennungsleistungen sind nicht erhoben worden.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Brause

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

24
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, dass der Schuldgehalt der Tat bei einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit in aller Regel vermindert ist (Senat, Beschluss vom 7. September 2015 – 2 StR 350/15, NStZ-RR 2016, 74; BGH, Urteil vom 10. November 1954 – 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30). Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit jedoch auf zu verantwortender Trunkenheit, so spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten infolge der Alkoholisierung vorhersehbar signifikant erhöht hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239; BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15; Beschluss vom 1. März 2016 – 5 ARs 50/15; weitergehend aber BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15, NStZ 2016, 203; Urteil vom 27. März 2003 – 3 StR 435/02, NJW 2003, 2394; Beschluss vom 28. April 2016 – 4 ARs 16/15). Dabei ist als allgemeinkundig vorauszusetzen , dass eine alkoholische Berauschung generell die Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligem und aggressivem Verhalten zu senken pflegt (vgl. Senat, Urteil vom 15. Februar 2006 – 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40). Weiß der Täter oder muss er damit rechnen, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt und trinkt er trotzdem Alkohol, so spricht dies in der Regel gegen die Annahme einer Strafrahmenverschiebung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 2014 – 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238, und vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15). Einschlägiger Vorverurteilungen bedarf es insoweit nicht (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37). Die genannten Umstände erhöhen die Schuld und können zur Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf
zu verantwortender Trunkenheit, spricht dies in der Regel gegen
eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB,
wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse
des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar
signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob
dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu
bestimmen; seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter
revisionsgerichtlicher Überprüfung.
BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04
LG Potsdam

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 17. August 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. August
2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P
als Verteidiger für den Angeklagten G ,
Rechtsanwalt V
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Justizhauptsekretärin N ,
Justizangestellte R
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. Juli 2003 in den Strafaussprüchen gegen die Angeklagten G und M mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten M gegen dieses Urteil wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Nötigung jeweils – unter Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund erheblicher Alkoholisierung – zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Während die Staatsanwaltschaft mit ihren zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen lediglich den Strafausspruch beanstandet, wendet sich der Angeklagte M mit der Sachrüge umfassend gegen seine Verurteilung.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts spricht der Angeklagte G seit dem Jugendalter dem Alkohol zu und ist deutlich alkoholgewöhnt. Er ist mehrfach wegen Eigentums- und Verkehrsdelikten, darunter auch Trunkenheit im Verkehr, vorbestraft. Am Tattag hatte er von den frühen Morgenstunden an über den Tag verteilt mehrere Flaschen Bier getrunken, bevor er mit dem ebenfalls bereits angetrunkenen, bislang unbestraften Angeklagten M den später Geschädigten Pi in der Absicht aufsuchte, diesen zu mißhandeln. Die Angeklagten hatten über Pi das von ihnen nicht weiter überprüfte Gerücht gehört, er habe ein kleines Mädchen vergewaltigt. Gemeinsam wollten beide „ihre Freude an Gewalttätigkeit an ihm ausleben“.
In der Wohnung von Pi schlugen und traten die Angeklagten sogleich auf diesen ein und forderten ihn auf zuzugeben, daß er das Mädchen vergewaltigt habe. Der Geschädigte mußte in einem vom Angeklagten G gesteuerten PKW zu dem wegen Beihilfe an dem strafbaren Geschehen inzwischen rechtskräftig verurteilten K mitkommen. Dort mißhandelten G und M ihr Opfer unter Beschimpfungen weiter, so daß Pi schließlich im Gesicht blutete und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Anschließend fuhren alle gemeinsam mit dem Auto des G zu einem Imbiß und sodann über Land; der Geschädigte mußte nun in den Kofferraum steigen. An einem Wehr wurde er von den Angeklagten halb entkleidet und in das 15 bis 18 Grad kalte Wasser gestoßen. Nach einiger Zeit zogen die Angeklagten den Geschädigten schließlich wieder an Land, traten auf ihn ein, bis er das Bewußtsein verlor, und ließen ihn halbnackt und bewußtlos liegen. Pi erlitt durch die Mißhandlungen der Angeklagten vielfache Prellungen, eine Rippenfraktur und eine – unbehandelt lebensgefährliche – traumatische Hirnblutung, zudem eine Unterkühlung und Herzrhythmusstörungen. Während des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens hatten
beide Angeklagte nicht unerhebliche Mengen Bier und andere alkoholische Getränke zu sich genommen.
Das Landgericht hat den Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Nr. 4 (i.V.m. § 52 Abs. 2) StGB nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund der Alkoholisierung der Angeklagten und dadurch verursachter erheblicher Verminderung der „Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit“ (richtig: Steuerungsfähigkeit, vgl. Tröndle /Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 5 m.w.N.) verschoben. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Trunkenheit desAngeklagten G sei am Tattag nicht verschuldet gewesen, weil er bislang weitgehend vom Alkohol beherrscht wurde; mangels Einlassung des Angeklagten M auch sei zu dessen Gunsten davon auszugehen, daß seine Trunkenheit unverschuldet gewesen sei.

II.


Die auf den jeweiligen Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.
1. Die Beschwerdeführerin hat ihre Rechtsmittel wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Wie sich aus der Revisionsbegründungsschrift vom 24. September 2003 ergibt, sollen allein die zugunsten der Angeklagten vorgenommenen Strafrahmenverschiebungen und damit die verhängten Rechtsfolgen angegriffen werden; nur insoweit wird die Sachrüge ausgeführt. Ungeachtet der Erhebung einer nicht ausdrücklich beschränkten Sachrüge und eines umfassenden Aufhebungsantrags ist dem Revisionsvortrag deshalb eine Beschränkung der Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch zu entnehmen (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; BGH, Urteil vom 16. März 2004 – 5 StR 364/03). Diese Beschränkung ist auch wirksam, da die Feststellungen des Landgerichts zum Schuldspruch weder widersprüchlich oder lückenhaft und damit ergänzungsbedürftig noch mit den Feststellungen zum Strafausspruch untrennbar verknüpft sind. Für die Frage der
Strafzumessung bilden die Feststellungen zum Schuldspruch eine tragfähige Grundlage, auch wenn sie – was der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend angedeutet hat – eine weitergehende strafrechtliche Bewertung des Geschehens zum Nachteil der Angeklagten hätten rechtfertigen können.
2. Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei aufgrund von plausiblen Trinkmengenangaben des Angeklagten G , von Zeugenbeschreibungen über den Zustand der Angeklagten und eines insgesamt auf erhebliche Enthemmung hindeutenden Tatbildes bei beiden Angeklagten sachverständig beraten zu dem Ergebnis gelangt, daß ihre Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.
3. Die Staatsanwaltschaft beanstandet gleichwohl zu Recht die zu Gunsten der Angeklagten vorgenommene Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB.

a) Der 3. Strafsenat hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die bisherige – in sich eher uneinheitliche und teils sogar widersprüchliche – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich überdacht werden sollte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31 mit Anmerkungen : Foth NStZ 2003, 597; Frister JZ 2003, 1019; Neumann StV 2003, 527; Scheffler Blutalkohol 2003, 449; Streng NJW 2003, 2963; zustimmend der 2. Strafsenat in BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 32). Der Senat pflichtet diesem Anliegen bei, gelangt indes zu dem folgenden differenzierenden und bisheriger Rechtsprechung nicht tragend widersprechenden Ergebnis:
Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB entscheidet der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen Ermessen aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände. Beruht die
erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit , spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu bestimmen. Seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung und ist regelmäßig hinzunehmen , sofern die dafür wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend ermittelt und bei der Wertung ausreichend berücksichtigt worden sind.

b) Die vom Senat gefundene Lösung beruht insbesondere auf folgenden Erwägungen:
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß eine erhebliche Einschränkung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit grundsätzlich den Schuldgehalt der Tat vermindert (vgl. BGHSt 7, 28, 30; BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; so auch schon RGSt 69, 314, 317). Dies allein zwingt jedoch nicht zu einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 Abs. 1 StGB. Dem Tatrichter ist in Fällen erheblich verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB grundsätzlich ein Ermessen bei der Entscheidung eingeräumt , ob er aufgrund dieses Umstandes die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB durch eine Verschiebung des anzuwendenden Strafrahmens mildert oder nicht (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 21). Nach dem Gesetzeswortlaut des § 21 StGB „kann“ die Strafe lediglich gemildert werden; weder „muß“ noch „soll“ der Strafrahmen verschoben werden. Der Gesetzgeber hat damit zu erkennen gegeben, daß auch eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB für sich allein weder zwingend noch in der Regel zu einer durchgreifenden Verringerung des Schuldumfangs führt (vgl. auch Foth in Festschrift für Hannskarl Salger, 1995, S. 31, 37).
Die Minderung der Tatschuld durch Einschränkung der Schuldfähigkeit kann nämlich durch schulderhöhende Umstände kompensiert werden
(st. Rspr., vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 20 ff. m.w.N.; BVerfGE 50, 5, 11 f.). Der 3. Strafsenat sieht einen solchen Umstand generell in jeder vorwerfbar herbeigeführten Alkoholisierung (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dabei kommt indes nicht ausreichend zur Geltung , daß jede Schulderhöhung wenigstens (einfache) Fahrlässigkeit als geringste Schuldform voraussetzt. Notwendige Elemente solcher Fahrlässigkeit sind Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des rechtswidrigen Ergebnisses ganz allgemein (objektiv) und speziell für den Täter (subjektiv). Bezugspunkt des schulderhöhenden Moments muß zudem das konkret begangene Unrecht sein; es bedarf also einer bestimmten subjektiven Beziehung zu der später begangenen rechtswidrigen Handlung (Jähnke in LK 11. Aufl. § 21 Rdn. 22).
Trotz verbreiteten vielfachen Alkoholgebrauchs und -mißbrauchs kommt es nur in einem Bruchteil der Fälle erheblicher Alkoholisierung zu einer rechtswidrigen Tat. Häufig ist eine Gefährdung anderer gänzlich ausgeschlossen (vgl. Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 224). Andererseits ist nicht zu verkennen, daß Alkohol das Risiko der Begehung strafbarer Handlungen generell erhöht; ein großer Teil der Straftaten gegen Leib und Leben sowie gegen die sexuelle Selbstbestimmung wird unter Alkoholeinfluß begangen. Dieser Befund rechtfertigt indes nicht die Annahme, es sei stets objektiv und subjektiv vorhersehbar, daß bei erheblicher Alkoholisierung in der konkreten Situation die Begehung von Straftaten durch den Betrunkenen drohe. Dies hängt vielmehr von der jeweiligen Person des Täters und von der Situation ab, in der getrunken wird oder in die sich der Täter betrunken begibt.
(1) Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Strafmilderung bei erheblicher Alkoholisierung zu versagen, wenn der Täter die für ihn besonders ungünstige Wirkung des Alkoholgenusses kannte und wußte oder wissen mußte, daß er dann zu Gewalttätigkeiten oder anderen Straftaten neigt (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; vgl. Trönd-
le/Fischer aaO § 21 Rdn. 25 m.w.N.). Damit kommt es also darauf an, ob besondere Umstände in der Person des Täters im konkreten Einzelfall vorhersehbar das Risiko der Begehung rechtswidriger Taten signifikant erhöht haben. Soweit in diesem Zusammenhang teilweise zusätzlich gefordert wird, der Täter müsse schon zuvor nach Ausmaß und Intensität mit der jetzigen Tat vergleichbare Straftaten begangen haben (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 6, 14, 16; weitere Nachweise bei Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 21 Rdn. 20), hält der Senat daran nicht fest. An die Vergleichbarkeit sind schon nach bisheriger Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4). Zu differenzieren ist hier allenfalls nach weit zu fassenden Deliktsgruppen. Wer unter dem Einfluß erheblicher Mengen Alkohol – wie er aufgrund persönlicher Vorerfahrung weiß oder wissen muß – zu gewalttätigen Übergriffen auf andere neigt, den trifft in Hinblick auf die enthemmende Wirkung des Alkohols in Fällen der Gewaltkriminalität grundsätzlich ein schulderhöhender Fahrlässigkeitsvorwurf; anderes gilt nur, wenn die bisher unter Alkoholeinfluß begangenen Straftaten ganz anderer Art waren als die nunmehr zu beurteilende, wenn also die neue Tat so unvergleichbar mit den früheren ist, daß der Täter mit Ähnlichem gar nicht re chnen kann (BGHR aaO). Entscheidend ist somit regelmäßig nicht die äußerliche Vergleichbarkeit der einzelnen Taten, sondern die nämliche Wurzel des jeweiligen deliktischen Verhaltens (Jähnke aaO § 21 Rdn. 22).
Bei alldem müssen die Vorerfahrungen nicht unbedingt zu Vorstrafen oder auch nur Strafverfahren geführt haben. Denn es geht in diesem Zusammenhang um das Wissen des Täters von seiner Gefährlichkeit und nicht notwendig um den – gegebenenfalls hinzutretenden – Gesichtspunkt der Warnfunktion einer früheren Verurteilung.
(2) Die Gefahr der Begehung von Straftaten in erheblich alkoholisiertem Zustand kann indes signifikant und vorhersehbar nicht nur durch die Person des Täters, sondern auch durch die Umstände der jeweiligen Situati-
on erhöht werden. Wer in einer gefahrträchtigen Lage in erheblichem Maße dem Alkohol zuspricht, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich mit einer gewissen Leichtfertigkeit in die Tatsituation gebracht hat (BGH NStZ 1990, 537, 538). Vorwerfbar ist dabei, daß in einer solchen Situation trotz konkreter Vorhersehbarkeit der durch eine weitere Alkoholisierung drohenden Rechtsbrüche getrunken wird (vgl. auch Jähnke aaO). Insbesondere in stark emotional aufgeladenen Krisensituationen wird die Gefahr von Gewalttätigkeiten durch die enthemmende Wirkung erheblicher Alkoholisierung regelmäßig vorhersehbar erhöht (vgl. BGH NStZ 1990, 537, 538). Gleiches gilt für das Trinken in Gruppen, aus denen heraus – gerade auch aufgrund gruppendynamischer Prozesse – leicht Straftaten gegen andere begangen werden. Wer sich etwa in einer Gruppe marodierender Hooligans oder gewaltbereiter Radikaler betrinkt, muß konkret mit der Begehung von Straftaten im trunkenen Zustand rechnen. Die Alkoholisierung kann – wenn nicht bereits die Grundsätze der actio libera in causa eine Strafmilderung ausschließen – auch nicht demjenigen zugute kommen, der sich in Fahrbereitschaft betrinkt, also weiß oder damit rechnen muß, noch als Fahrer am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 316 Rdn. 54; König in LK 11. Aufl. § 316 Rdn. 243).
Es macht für die Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB auch keinen relevanten Unterschied, ob der Täter in einer erkennbar gewaltträchtigen Situation enthemmend dem Alkohol zuspricht oder sich, sofern ihm dies insoweit vorzuwerfen ist, bereits durch Trunkenheit enthemmt, bewußt in eine solche Situation begibt. Wer sich schon angetrunken einer gewaltbereiten Gruppe anschließt, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er trotz der bekanntermaßen enthemmenden Wirkung seiner Alkoholisierung eine gewaltträchtige Situation aufgesucht hat.
In diesem Zusammenhang muß es auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Trunkenheit als solche vorwerfbar ist oder nicht, da auch
letzterenfalls andere schulderhöhende Momente die Versagung der Strafmilderung rechtfertigen können (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29). Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände ist es deshalb nicht ohne weiteres ausgeschlossen, auch einem alkoholabhängigen Täter zwar nicht die Alkoholisierung als solche , aber – bei insoweit noch vorhandener Hemmungsfähigkeit – als schulderhöhend vorzuwerfen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat, obwohl er wußte oder wissen mußte, daß er sich dort infolge seiner Beherrschung durch den Alkohol nur eingeschränkt werde steuern können. Je eher ein alkoholabhängiger Täter von den infolge seines Zustandes von ihm ausgehenden Gefahren für andere weiß – etwa aufgrund früher unter Alkoholeinfluß begangener Straftaten – und je schwererwiegend die Straftaten sind, mit deren Begehung er rechnet oder rechnen muß, desto weniger wird eine Strafmilderung in Betracht kommen, wenn er sich dessen ungeachtet in eine gewaltträchtige Situation begeben hat und ihm dies vorzuwerfen ist (vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29).
(3) Auch in anderer Weise kann an ein konkret tatbezogenes Verschulden des Täters vor Tatbeginn angeknüpft und eine Strafmilderung trotz Tatbegehung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit aufgrund vorhergehender schulderhöhender Momente versagt werden. So hat nach den Grundsätzen der – im Rahmen des § 21 StGB unproblematisch anwendbaren (vgl. Lenckner/Perron aaO § 21 Rdn. 11 m.w.N.) – actio libera in causa eine Strafmilderung regelmäßig auszuscheiden, wenn sich die Vorstellung des Täters in nicht berauschtem Zustand schon auf eine bestimmte Tat bezogen hat (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3; § 21 Strafrahmenverschiebung 22; BGH NStZ 1999, 448). Wurde der Tatentschluß zu einer Zeit gefaßt, in der eine erhebliche Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens noch nicht vorlag, wird deshalb zumeist für eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kein Raum sein (vgl. BGHSt 34, 29, 33; BGH, Beschluß vom 15. April 1999 – 4 StR 93/99, zitiert bei Detter NStZ 1999, 495; BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3). Verstärkt gilt dies, wenn
der Täter sich gar gezielt berauscht hat, um hierdurch vorhandene Hemmungen gegen eine Tatausführung abzubauen.
(4) Die Wertung, ob im Falle erheblicher Minderung der Steuerungsfähigkeit der Strafrahmen gemildert werden soll oder nicht, hat grundsätzlich der Tatrichter anhand einer Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4 und Strafrahmenverschiebung 21). Ihm obliegt es auch, die Begriffe der objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit strafbaren Verhaltens bei vorwerfbarer Alkoholisierung anhand der besonderen Umstände in der Person des Täters und in der Situation des Tatgeschehens in wertender Betrachtung auszufüllen. Seine Bewertung wird das Revisionsgericht, wenn sie auf einer vollständigen Auswertung der maßgeblichen Tatsachengrundlagen beruht, regelmäßig hinzunehmen haben, auch wenn anderes vertretbar oder gar näherliegend gewesen wäre.
Bei Anwendung der genannten Grundsätze wird bei Gewaltdelikten in vielen Fällen eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nach vorwerfbarer Alkoholisierung ausscheiden. Zumeist liegen entweder in der Person des Täters oder doch zumindest in der Situation Umstände vor, die in Zusammenhang mit der Alkoholisierung das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant erhöht haben. An die Überzeugungsbildung des Tatrichters dürfen dabei nicht übertrieben hohe Anforderungen gestellt werden; die vielfältig verheerenden Wirkungen übermäßigen Alkoholgebrauchs sind allgemeinkundig.
Im Rahmen der Abwägung aller schuldrelevanten Umstände kann auch von Bedeutung sein, welchen Grad die Enthemmung durch Alkoholisierung innerhalb des durch § 21 StGB abgesteckten Rahmens erreicht hat. Eine solchermaßen differenzierende Bestimmung des Umfangs und der Auswirkungen verminderter Schuldfähigkeit auf die Tatschuld setzt jedoch
nachvollziehbare Darlegungen des Tatrichters voraus (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 2, 17).
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände des Einzelfalls können auch solche schulderhöhenden Momente gegen eine Strafmilderung sprechen, die nicht unmittelbar mit der Berauschung verknüpft sind (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 11; BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu können eine Mehrzahl von Geschädigten oder mitverwirklichte Straftatbestände ebenso zählen wie die näheren Umstände der Tatausführung oder andere Tatmodalitäten (vgl. BT-Drucks. aaO; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5 und Strafzumessung 18). Auch einem erheblich in seiner Steuerungsfähigkeit verminderten Täter kann nämlich die Art der Tatausführung – etwa eine besonders gefühlskalte, rücksichtslose oder brutale Tatbegehung – schulderhöhend vorgeworfen werden (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15 und Strafzumessung 4, 18). In diesem Fall wird der Tatrichter jedoch zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu beachten haben, daß diese Umstände die Tatschuld nicht im gleichen Ausmaß wie bei nicht berauschten Tätern erhöhen, sofern sie ihren Grund in der erheblichen Verminderung der Hemmungsfähigkeit haben (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 46 Rdn. 28, 33 m.w.N.; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5); eine Ausnahme hiervon kommt indes in Betracht, wenn dem Täter in Hinblick auf seine bisherigen Erfahrungen unter Alkoholeinfluß vor dem Hintergrund des von ihm weiterhin nicht gezähmten Alkoholgenusses gerade eine derart schwerwiegende Art seines Tatverhaltens zum Vorwurf gemacht werden müßte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15).
(5) In Fällen, in denen die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe in Frage steht, wird der Tatrichter besonders darauf Bedacht zu nehmen haben , daß der schuldmindernde Umstand einer erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit angesichts der Absolutheit der Strafdrohung ohne Strafrahmenverschiebung bei der konkreten Strafzumessung nicht berücksichtigt
werden kann; die Frage der Strafrahmenverschiebung gewinnt im Vergleich zur Prüfung bei zeitigen Freiheitsstrafen deshalb ungleich mehr an Gewicht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 4 StR 54/04). Dies wird zu besonders sorgfältiger Prüfung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände sowie zu einer im Zweifel eher zurückhaltenden Gewichtung zu Lasten des Täters Anlaß geben müssen (vgl. BGH StV 2003, 499). Wenn allein die Wahl zwischen lebenslanger Freiheitsstrafe und einer zeitigen Freiheitsstrafe besteht, müssen deshalb besondere erschwerende Gründe vorliegen, um die mit den Voraussetzungen des § 21 StGB verbundene Schuldminderung so auszugleichen, daß die gesetzliche Höchststrafe verhängt werden darf (st. Rspr., vgl. BGHR § 21 Strafrahmenverschiebung 7, 8, 12, 18, 25; vgl. auch BVerfGE 50, 5, 11). Gebieten solche Umstände wie etwa das schuldsteigernde Tatbild die Versagung einer Strafrahmenverschiebung und die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe, wird eine Feststellung besonderer Schuldschwere nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB trotz erheblich verminderter Schuldfähigkeit nur in besonders gravierenden Ausnahmefällen in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschluß vom 14. Juni 1999 – 5 StR 177/99; vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 25).
Bedenklich kann aus entsprechenden Gründen auch die Verhängung der für das Delikt vorgesehenen zeitigen Höchststrafe aus dem nicht nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB geminderten Strafrahmen trotz erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit sein (vgl. RGSt 69, 314, 317).
(6) Der Senat weist vorsorglich darauf hin, daß das, was für Alkohol gilt, nicht ohne weiteres gleichermaßen auf andere Genuß- und Betäubungsmittel übertragen werden kann (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tage – 5 StR 591/03). Die enthemmende und hierdurch teils aggressionsfördernde Wirkung des Alkohols ist allgemein bekannt. Bei Betäubungsmitteln sind die Wirkungsweisen dagegen differenzierter und unter Umständen weniger konkret vorhersehbar, zumal die Dosierung und die individuelle Verträglichkeit meist von Fall zu Fall erheblichen Schwankungen unterliegen.

c) Dem gefundenen Ergebnis widersprechen weder die historischen Absichten des Gesetzgebers noch der Rechtsgedanke des § 323a StGB.
(1) Die Überlegungen des historischen Gesetzgebers sprechen nicht für einen Grundsatz, wonach im Falle vorwerfbarer Alkoholisierung eine Strafmilderung stets zu versagen ist (Neumann StV 2003, 527, 528 m.w.N.; vgl. aber BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31; Foth DRiZ 1990, 417, 418 ff.; ders. NStZ 2003, 597, 598; zur historischen Entwicklung ausführlich : Rautenberg, Verminderte Schuldfähigkeit, 1984, S. 9 ff. m.w.N.; Schnarr in: Hettinger [Hrsg.], Reform des Sanktionenrechts, 2001, Band 1, S. 7 ff.). Eine dem heutigen § 21 StGB entsprechende Vorschrift wurde erstmals durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl. I, 995) in das deutsche Strafgesetzbuch eingeführt. Aus der amtlichen Gesetzesbegründung ergeben sich für die aufgeworfene Frage keine tragfähigen Hinweise (vgl. ReichsAnz 1933, Nr. 277, Erste Beilage, S. 1, linke Spalte). Die Gesetzesänderung fußte indes auf der umfangreichen kriminalpolitischen Reformdiskussion der Zwanziger Jahre (hierzu näher Foth, jeweils aaO; Rautenberg aaO). Dabei wurde zwar auch eine gesetzliche Ausnahme der vorgesehenen Milderung bei vorwerfbarer Alkoholisierung vorgeschlagen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs von 1925; ebenso bereits § 18 Abs. 2 des Entwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1919 und § 63 Abs. 2 des Vorentwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1909; ausführlich hierzu Rautenberg aaO). Gegen diese Vorschläge wurden jedoch auch zur damaligen Zeit gewichtige Bedenken geltend gemacht (vgl. Alsberg in Aschrott/Kohlrausch [Hrsg.], Reform des Strafrechts, 1926, S. 51, 73 ff.). Letztlich sind die in den Entwürfen verschiedentlich vorgesehenen ausdrücklichen Ausnahmen bei vorwerfbarer Alkoholisierung nicht Gesetz geworden. In den Beratungen der Reichstagsvorlage von 1927 wurde hierzu erklärt, den Reichsrat hätten zwei Gründe veranlaßt, den vorgesehenen Ausschluß einer Strafmilderung bei Trunkenheit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs von 1925) zu strei-
chen und statt der obligatorischen eine fakultative Milderung vorzuschlagen: Zum einen erscheine die Konsequenz unerträglich, dem ganz betrunkenen Täter eine Milderung zu gewähren, nicht aber dem nur halb betrunkenen; zum anderen sei nicht einzusehen, warum die Frage der Selbstverschuldung nur bei der Trunkenheit berücksichtigt werden sollte (vgl. Rautenberg DtZ 1997, 45, 47 m.w.N.). Dies legt nahe anzunehmen, daß der Gesetzgeber in Kenntnis entgegenstehender Vorschläge bewußt auf eine solche Regelung verzichtet hat, also gerade keine zwingende Versagung der Strafmilderung in diesen Fällen wollte (Neumann StV 2003, 527, 528). In der Gesetzesbegründung von 1933 heißt es lediglich, die Annahme verminderter Zurechnungsfähigkeit sei Grundlage für eine Strafmilderung, wobei das Gesetz von den Beschlüssen der Reichstagsausschüsse insoweit abweiche, als die Milderung nicht zwingend sei, sondern in das Ermessen des Richters gestellt werde (ReichsAnz aaO).
Die Gesetzesmaterialien zur Reform des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs in den Sechziger Jahren, die zur Formulierung des § 21 StGB in der heutigen Form geführt hat, sprechen gleichermaßen für eine differenzierende Lösung. § 21 StGB wurde einerseits als Kann-Vorschrift konzipiert , um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Verminderung der Schuldfähigkeit nicht notwendig zu einer Minderung der Schuld in ihrer Gesamtheit führt; im Rahmen einer Gesamtwürdigung sollten außer dem Grad der Schuldfähigkeit auch andere schuldrelevante Umstände berücksichtigt werden können (BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu gehören nach Auffassung des Gesetzgebers nicht nur unmittelbar der Tat anhaftende Schuldumstände wie etwa eine große Anzahl getöteter Menschen, sondern auch schuldrelevante Umstände vor der Tat wie insbesondere die schuldhafte Herbeiführung der verminderten Schuldfähigkeit (ebd.). Ausdrücklich sprach sich der Gesetzgeber andererseits gegen eine Vorschrift aus, wonach die Strafmilderung – entsprechend den Vorschlägen in den Entwürfen von 1909 und 1925 – bei vorwerfbarer Alkoholisierung stets zu versagen sei (BT-Drucks. IV/650, S. 142 rechte Spalte). Zu der entsprechenden Regelung
in § 7 WStG, wonach bei selbstverschuldeter Trunkenheit eine Strafmilderung ausscheidet, wenn die Tat eine militärische Straftat ist, gegen das Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des Dienstes begangen wurde, wird dabei auf die besonderen Anforderungen an militärische Disziplin verwiesen. In das allgemeine Strafrecht könne dieser Rechtsgrundsatz nicht ohne weiteres übertragen werden (ebd.).
Gerade die Vorschrift des § 7 WStG läßt sich systematisch stimmig eher erklären, wenn es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, wonach bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich mangels Minderung der Gesamtschuld von einer Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Abstand zu nehmen ist. Gäbe es nämlich einen solchen Grundsatz, wäre § 7 WStG überflüssig. Unverständlich wäre in diesem Fall auch die Beschränkung des Milderungsverbots auf militärische Straftaten und solche, die gegen das Kriegsvölkerrecht verstoßen oder in Ausübung des Dienstes begangen werden. Aus § 7 WStG folgt vielmehr im Umkehrschluß, daß „selbstverschuldete“ Trunkenheit in anderen Fällen durchaus die Strafe mildern kann, also nicht stets jede Strafmilderung aufgrund des Umstandes ausscheidet, daß der Rauschzustand vorwerfbar herbeigeführt wurde.
Schließlich hat der Gesetzgeber auch im Rahmen der Reformdiskussion anläßlich der deutschen Wiedervereinigung trotz entsprechender Vorschläge gerade nicht diejenigen Normen des Strafrechts der DDR übernommen , wonach eine Strafmilderung bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit ausscheidet, wenn sich der Täter schuldhaft in einen die Zurechnungsfähigkeit vermindernden Rauschzustand versetzt hat (§ 16 Abs. 2 Satz 3 StGBDDR; vgl. auch § 15 Abs. 3 StGB-DDR; dazu näher Neumann StV 2003, 527 mit Fn. 3; Rautenberg DtZ 1997, 45).
(2) Auch die Vorschrift des § 323a StGB spricht nicht für eine Versagung der Strafmilderung in allen Fällen schuldhafter Alkoholisierung. Das Vergehen des Vollrauschs ist von allen anderen Straftatbeständen tatsäch-
lich und rechtlich verschieden (BGHSt 1, 275, 277). Es handelt sich zudem bei dieser Strafnorm um „eine der umstrittensten, wenn nicht die strittigste des ganzen Strafgesetzbuchs“ (Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 1). Auch der Bundesgerichtshof ist deshalb bislang nicht zu einem durchgehend einheitlichen Verständnis dieser Vorschrift gelangt (vgl. etwa BGHSt 10, 247 einerseits, BGHSt 16, 124 andererseits). Der Ort, den – in den Schwierigkeiten der Sache angelegten (vgl. Spendel aaO § 323a Rdn. 2) – Streit zum Verständnis des § 323a StGB zu klären, kann indes nicht die hier zur Entscheidung stehende Frage sein, ob bei zu verantwortender Alkoholisierung eine Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich ausgeschlossen sein sollte oder nicht (vgl. Streng NJW 2003, 2963, 2965).
Die Anwendung des Vollrauschtatbestandes setzt stets voraus, daß der Täter aufgrund nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit wegen seines rechtswidrigen Tuns ansonsten überhaupt nicht bestraft werden könnte. Für eine solche Regelung gibt es unzweifelhaft ein kriminalpolitisches Bedürfnis (vgl. BGHSt [GS] 9, 390, 395; Spendel aaO § 323a Rdn. 2). Diese Frage stellt sich im Rahmen des § 21 StGB jedoch nicht, weil es hier nicht um die Alternative völliger Straflosigkeit, sondern lediglich um die Strafrahmenwahl geht (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Bei § 21 StGB spielen deshalb Gesichtspunkte eine Rolle, die im Rahmen des § 323a StGB aufgrund der notwendigen Struktur des Vollrauschtatbestandes keine Berücksichtigung finden können.
Zudem geht es bei § 21 StGB nicht wie bei § 323a StGB um Rauschzustände, die (zumindest nicht ausschließbar) wegen aufgehobener Schuldfähigkeit den Schuldvorwurf bezüglich des rechtswidrigen Tuns vollständig entfallen lassen. Der Vorschrift des § 323a StGB läßt sich nicht der Rechtsgedanke entnehmen, jeder Rausch, wie stark er auch sei, werde von der Rechtsordnung mißbilligt; aus § 323a StGB läßt sich lediglich folgern, daß ein Rausch dann als rechtswidrig angesehen werden kann, wenn er (zumindest nicht ausschließbar) zur völligen Aufhebung der Steuerungsfä-
higkeit führt, sich der Täter also im Umgang mit seiner Umwelt zu einem völlig unberechenbaren Risiko macht.
Die Ansicht, eine die Steuerungsfähigkeit lediglich vermindernde Alkoholisierung sei für sich schon rechtswidrig oder zumindest schulderhöhend , würde zudem zu Spannungen mit anderen Rechtsgrundsätzen führen. Im Zusammenhang mit der Gastwirtshaftung hat der Bundesgerichtshof etwa festgestellt, daß der Ausschank und Genuß alkoholischer Getränke in Gastwirtschaften zu den allgemein als sozial üblich anerkannten Verhaltensweisen gehört, auch wenn dies nicht selten zu körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen bis zur Grenze der rechtlichen Verantwortlichkeit führt (BGHSt 19, 152, 154). Die Verabreichung alkoholischer Getränke wird als sozial übliches und von der Allgemeinheit gebilligtes Verhalten deshalb auch nicht als pflichtwidrig oder rechtswidrig angesehen (BGHSt 26, 35, 37 f.; vgl. auch Streng NJW 2003, 2963, 2965 m.w.N.). Dies gilt solange, als der Trinkende, sei es auch nur eingeschränkt, rechtlich verantwortlich ist. Anders verhält es sich nur, wenn die Trunkenheit offensichtlich einen solchen Grad erreicht, daß der Trunkene nicht mehr Herr seiner Entschlüsse ist und nicht mehr eigenverantwortlich handeln kann (BGHSt 26, 35, 38).
Hinzu kommt folgendes: Das Spannungsverhältnis zwischen § 323a StGB einerseits und §§ 21, 49 Abs. 1 StGB andererseits läßt sich aufgrund der derzeitigen Gesetzesfassung nicht ohne jeden Wertungswiderspruch lösen (Neumann StV 2003, 527, 528 ff.; Streng NJW 2003, 2963, 2965). Ungereimt erscheint es einerseits, wenn bei Straftaten mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe dem vermindert schuldfähigen Betrunkenen eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gewährt wird und ihm dann eine geringere Strafe droht als demjenigen, der rauschbedingt (zumindest nicht ausschließbar) schuldunfähig handelt (vgl. BGH StV 1997, 73, 75; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dem wird freilich dadurch Rechnung zu tragen sein, daß bei der Strafzumessung im Rahmen des § 323a StGB auf Grundlage des in § 323a Abs. 2 StGB zum Ausdruck ge-
kommenen Rechtsgedankens darauf Bedacht genommen wird, welcher Strafrahmen sich dem weniger Betrunkenen öffnen würde (vgl. BGHR StGB § 323a Strafzumessung 5). Die Auflösung des Widerspruchs durch die generelle Versagung einer Strafrahmenverschiebung bei vorwerfbarer Alkoholisierung (so BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31) geht in Fällen schwererer, den Strafrahmen des § 323a Abs. 1 StGB überschreitender Delikte über das Gebotene hinaus und führt sogleich zu anderen, weit gewichtigeren Wertungswidersprüchen (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Diese ergeben sich augenfällig bei schwerwiegenden Verbrechen, etwa Tötungsdelikten , wenn dem Täter bei verschuldeter Alkoholisierung jede Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB versagt wird, bei noch höherer Alkoholisierung , die nicht ausschließbar zur Schuldunfähigkeit führt, dann anstelle lebenslanger Freiheitsstrafe oder eines Strafrahmens von Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren nur noch Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren gemäß § 323a Abs. 1 StGB angedroht ist (Neumann aaO; vgl. hierzu auch die Gesetzgebungsvorschläge zur Änderung des § 323a StGB in BT-Drucks. 14/545 und 14/759, ablehnend BT-Drucks. 14/9148).

d) Die vom Tatgericht vorgenommene Zubilligung der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB begegnet hier letztlich durchgreifenden Bedenken.
(1) In Anwendung der oben genannten Grundsätze hätte sich das Landgericht bei der notwendigen Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände bei dem Angeklagten G nicht zur Begründung der Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB mit der Überlegung begnügen dürfen, dessen Alkoholisierung sei unverschuldet, weil er weitgehend vom Alkohol beherrscht werde. Es hätte auch erwägen müssen, ob dem etwa schulderhöhend entgegensteht, daß dieser Angeklagte sich zu dem späteren Opfer in der festen Absicht begeben hat, an diesem seine Freude an Gewalttätigkeiten auszuleben, und dabei ersichtlich in Kauf nahm, infolge seiner Alkoholisierung besonders enthemmt zu sein, zudem durch weitere
Alkoholisierung zunehmend enthemmt zu werden. Auch demjenigen, der weitgehend durch Alkohol beherrscht wird, kann unter Umständen schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich trotz Vorhersehbarkeit – zumal weiterer – alkoholischer Enthemmung bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat. Aus den vom Tatrichter getroffenen Feststellungen zu dem schon in der Ausgangssituation gewaltträchtigen Tatgeschehen erschließt sich zwanglos, daß für ihn bei Beginn des Tatgeschehens ohne weiteres vorhersehbar war, daß seine vorhandene und weiter drohende Alkoholisierung das Risiko erheblicher Gewalttaten signifikant erhöht hat; vieles spricht auch dafür, daß er das Aufsuchen dieser gewaltträchtigen Situation ohne weiteres vermeiden konnte.
Es ist zudem nicht ausgeschlossen, daß einer Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bereits die oben genannten Grundsätze der actio libera in causa entgegenstehen. Hierfür reichen indes die bisherigen Feststellungen nicht aus, zumal angesichts des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens; es bleibt nämlich unklar, ob der Angeklagte G , als er den Entschluß faßte, das Opfer zu mißhandeln, bereits in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war oder nicht (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3).
(2) Bei dem Angeklagten M entbehrt die Annahme, auch dessen Trunkenheit sei unverschuldet gewesen, bereits jeder tatsächlichen Grundlage. Das Landgericht hat diese Feststellung ohne nähere Angaben allein auf die Anwendung des Zweifelsatzes gestützt. Der Zweifelsatz bedeutet indes nicht, daß das Gericht von der dem Angeklagten günstigsten Fallkonstellation auch dann ausgehen muß, wenn hierfür – wie vorliegend – keine Anhaltspunkte bestehen (BGH NJW 2003, 2179 m.w.N.). Ohne weitere tatsächliche Anhaltspunkte wird der neue Tatrichter dem Angeklagten M nicht unterstellen dürfen, daß seine Trunkenheit unverschuldet ist; die Feststellungen zu seinem Vorleben bieten hierfür keinerlei Anlaß. Bei der etwaigen Prüfung einer erneuten Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB wird
die Strafkammer in Anwendung der oben genannten Grundsätze einerseits zwar bedenken müssen, daß M nach den bisherigen Feststellungen bislang nicht durch Gewalttaten unter Alkoholeinfluß auffällig geworden ist. Gegen eine Strafrahmenverschiebung dürfte andererseits aber sprechen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben und in dieser weiter dem Alkohol zugesprochen hat.
(3) Es läßt sich auch nicht ausschließen, daß der Rechtsfolgenausspruch auf einer etwa fehlerhaft zugebilligten Strafrahmenverschiebung beruht. Die Höhe der verhängten Strafen erscheint zwar für die von der Staatsanwaltschaft noch beim Schöffengericht angeklagte Tat im Ergebnis nicht unangemessen. Angesichts des gesamten Tatbildes läßt sich von Seiten des Revisionsgerichts aber auch nicht etwa feststellen, daß eine etwas schwerere Bestrafung nicht mehr schuldangemessen wäre.
(4) Die Feststellungen des Tatgerichts zum Strafausspruch – und damit auch diejenigen zu den Voraussetzungen des § 21 StGB – sind insgesamt aufzuheben (§ 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter wird danach (sachverständig beraten) die bisherigen Befunde zur Alkoholisierung der Angeklagten , namentlich in Hinblick auf die Fahrfähigkeiten G s und fehlende Angaben bei M , kritisch zu hinterfragen haben. Gegebenenfalls wird zumindest bei dem Angeklagten G zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) vorliegen und diese Maßregel deshalb neben der Strafe anzuordnen ist.

III.


Die Revision des Angeklagten M ist offensichtlich unbegründet. Die tatgerichtlichen Feststellungen zu seiner sicheren Identifizierung als Mittäter – bei mißlungenem Alibibeweis – sind sachlichrechtlich nicht zu beanstanden. Zulässige verfahrensrechtliche Beanstandungen im Zusammenhang mit Wiedererkennungsleistungen sind nicht erhoben worden.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Brause
24
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, dass der Schuldgehalt der Tat bei einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit in aller Regel vermindert ist (Senat, Beschluss vom 7. September 2015 – 2 StR 350/15, NStZ-RR 2016, 74; BGH, Urteil vom 10. November 1954 – 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, 30). Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit jedoch auf zu verantwortender Trunkenheit, so spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten infolge der Alkoholisierung vorhersehbar signifikant erhöht hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, BGHSt 49, 239; BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15; Beschluss vom 1. März 2016 – 5 ARs 50/15; weitergehend aber BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2015 – 3 StR 63/15, NStZ 2016, 203; Urteil vom 27. März 2003 – 3 StR 435/02, NJW 2003, 2394; Beschluss vom 28. April 2016 – 4 ARs 16/15). Dabei ist als allgemeinkundig vorauszusetzen , dass eine alkoholische Berauschung generell die Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligem und aggressivem Verhalten zu senken pflegt (vgl. Senat, Urteil vom 15. Februar 2006 – 2 StR 419/05, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40). Weiß der Täter oder muss er damit rechnen, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt und trinkt er trotzdem Alkohol, so spricht dies in der Regel gegen die Annahme einer Strafrahmenverschiebung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 2014 – 1 StR 65/14, NStZ-RR 2014, 238, und vom 10. Mai 2016 – 1 ARs 21/15). Einschlägiger Vorverurteilungen bedarf es insoweit nicht (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2004 – 1StR 254/04, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37). Die genannten Umstände erhöhen die Schuld und können zur Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte Tatschuld aufwiegen.
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf
zu verantwortender Trunkenheit, spricht dies in der Regel gegen
eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB,
wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse
des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar
signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob
dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu
bestimmen; seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter
revisionsgerichtlicher Überprüfung.
BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04
LG Potsdam

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 17. August 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. August
2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P
als Verteidiger für den Angeklagten G ,
Rechtsanwalt V
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Justizhauptsekretärin N ,
Justizangestellte R
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. Juli 2003 in den Strafaussprüchen gegen die Angeklagten G und M mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten M gegen dieses Urteil wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Nötigung jeweils – unter Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund erheblicher Alkoholisierung – zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Während die Staatsanwaltschaft mit ihren zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen lediglich den Strafausspruch beanstandet, wendet sich der Angeklagte M mit der Sachrüge umfassend gegen seine Verurteilung.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts spricht der Angeklagte G seit dem Jugendalter dem Alkohol zu und ist deutlich alkoholgewöhnt. Er ist mehrfach wegen Eigentums- und Verkehrsdelikten, darunter auch Trunkenheit im Verkehr, vorbestraft. Am Tattag hatte er von den frühen Morgenstunden an über den Tag verteilt mehrere Flaschen Bier getrunken, bevor er mit dem ebenfalls bereits angetrunkenen, bislang unbestraften Angeklagten M den später Geschädigten Pi in der Absicht aufsuchte, diesen zu mißhandeln. Die Angeklagten hatten über Pi das von ihnen nicht weiter überprüfte Gerücht gehört, er habe ein kleines Mädchen vergewaltigt. Gemeinsam wollten beide „ihre Freude an Gewalttätigkeit an ihm ausleben“.
In der Wohnung von Pi schlugen und traten die Angeklagten sogleich auf diesen ein und forderten ihn auf zuzugeben, daß er das Mädchen vergewaltigt habe. Der Geschädigte mußte in einem vom Angeklagten G gesteuerten PKW zu dem wegen Beihilfe an dem strafbaren Geschehen inzwischen rechtskräftig verurteilten K mitkommen. Dort mißhandelten G und M ihr Opfer unter Beschimpfungen weiter, so daß Pi schließlich im Gesicht blutete und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Anschließend fuhren alle gemeinsam mit dem Auto des G zu einem Imbiß und sodann über Land; der Geschädigte mußte nun in den Kofferraum steigen. An einem Wehr wurde er von den Angeklagten halb entkleidet und in das 15 bis 18 Grad kalte Wasser gestoßen. Nach einiger Zeit zogen die Angeklagten den Geschädigten schließlich wieder an Land, traten auf ihn ein, bis er das Bewußtsein verlor, und ließen ihn halbnackt und bewußtlos liegen. Pi erlitt durch die Mißhandlungen der Angeklagten vielfache Prellungen, eine Rippenfraktur und eine – unbehandelt lebensgefährliche – traumatische Hirnblutung, zudem eine Unterkühlung und Herzrhythmusstörungen. Während des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens hatten
beide Angeklagte nicht unerhebliche Mengen Bier und andere alkoholische Getränke zu sich genommen.
Das Landgericht hat den Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Nr. 4 (i.V.m. § 52 Abs. 2) StGB nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund der Alkoholisierung der Angeklagten und dadurch verursachter erheblicher Verminderung der „Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit“ (richtig: Steuerungsfähigkeit, vgl. Tröndle /Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 5 m.w.N.) verschoben. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Trunkenheit desAngeklagten G sei am Tattag nicht verschuldet gewesen, weil er bislang weitgehend vom Alkohol beherrscht wurde; mangels Einlassung des Angeklagten M auch sei zu dessen Gunsten davon auszugehen, daß seine Trunkenheit unverschuldet gewesen sei.

II.


Die auf den jeweiligen Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.
1. Die Beschwerdeführerin hat ihre Rechtsmittel wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Wie sich aus der Revisionsbegründungsschrift vom 24. September 2003 ergibt, sollen allein die zugunsten der Angeklagten vorgenommenen Strafrahmenverschiebungen und damit die verhängten Rechtsfolgen angegriffen werden; nur insoweit wird die Sachrüge ausgeführt. Ungeachtet der Erhebung einer nicht ausdrücklich beschränkten Sachrüge und eines umfassenden Aufhebungsantrags ist dem Revisionsvortrag deshalb eine Beschränkung der Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch zu entnehmen (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; BGH, Urteil vom 16. März 2004 – 5 StR 364/03). Diese Beschränkung ist auch wirksam, da die Feststellungen des Landgerichts zum Schuldspruch weder widersprüchlich oder lückenhaft und damit ergänzungsbedürftig noch mit den Feststellungen zum Strafausspruch untrennbar verknüpft sind. Für die Frage der
Strafzumessung bilden die Feststellungen zum Schuldspruch eine tragfähige Grundlage, auch wenn sie – was der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend angedeutet hat – eine weitergehende strafrechtliche Bewertung des Geschehens zum Nachteil der Angeklagten hätten rechtfertigen können.
2. Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei aufgrund von plausiblen Trinkmengenangaben des Angeklagten G , von Zeugenbeschreibungen über den Zustand der Angeklagten und eines insgesamt auf erhebliche Enthemmung hindeutenden Tatbildes bei beiden Angeklagten sachverständig beraten zu dem Ergebnis gelangt, daß ihre Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.
3. Die Staatsanwaltschaft beanstandet gleichwohl zu Recht die zu Gunsten der Angeklagten vorgenommene Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB.

a) Der 3. Strafsenat hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die bisherige – in sich eher uneinheitliche und teils sogar widersprüchliche – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich überdacht werden sollte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31 mit Anmerkungen : Foth NStZ 2003, 597; Frister JZ 2003, 1019; Neumann StV 2003, 527; Scheffler Blutalkohol 2003, 449; Streng NJW 2003, 2963; zustimmend der 2. Strafsenat in BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 32). Der Senat pflichtet diesem Anliegen bei, gelangt indes zu dem folgenden differenzierenden und bisheriger Rechtsprechung nicht tragend widersprechenden Ergebnis:
Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB entscheidet der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen Ermessen aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände. Beruht die
erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit , spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu bestimmen. Seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung und ist regelmäßig hinzunehmen , sofern die dafür wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend ermittelt und bei der Wertung ausreichend berücksichtigt worden sind.

b) Die vom Senat gefundene Lösung beruht insbesondere auf folgenden Erwägungen:
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß eine erhebliche Einschränkung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit grundsätzlich den Schuldgehalt der Tat vermindert (vgl. BGHSt 7, 28, 30; BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; so auch schon RGSt 69, 314, 317). Dies allein zwingt jedoch nicht zu einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 Abs. 1 StGB. Dem Tatrichter ist in Fällen erheblich verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB grundsätzlich ein Ermessen bei der Entscheidung eingeräumt , ob er aufgrund dieses Umstandes die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB durch eine Verschiebung des anzuwendenden Strafrahmens mildert oder nicht (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 21). Nach dem Gesetzeswortlaut des § 21 StGB „kann“ die Strafe lediglich gemildert werden; weder „muß“ noch „soll“ der Strafrahmen verschoben werden. Der Gesetzgeber hat damit zu erkennen gegeben, daß auch eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB für sich allein weder zwingend noch in der Regel zu einer durchgreifenden Verringerung des Schuldumfangs führt (vgl. auch Foth in Festschrift für Hannskarl Salger, 1995, S. 31, 37).
Die Minderung der Tatschuld durch Einschränkung der Schuldfähigkeit kann nämlich durch schulderhöhende Umstände kompensiert werden
(st. Rspr., vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 20 ff. m.w.N.; BVerfGE 50, 5, 11 f.). Der 3. Strafsenat sieht einen solchen Umstand generell in jeder vorwerfbar herbeigeführten Alkoholisierung (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dabei kommt indes nicht ausreichend zur Geltung , daß jede Schulderhöhung wenigstens (einfache) Fahrlässigkeit als geringste Schuldform voraussetzt. Notwendige Elemente solcher Fahrlässigkeit sind Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des rechtswidrigen Ergebnisses ganz allgemein (objektiv) und speziell für den Täter (subjektiv). Bezugspunkt des schulderhöhenden Moments muß zudem das konkret begangene Unrecht sein; es bedarf also einer bestimmten subjektiven Beziehung zu der später begangenen rechtswidrigen Handlung (Jähnke in LK 11. Aufl. § 21 Rdn. 22).
Trotz verbreiteten vielfachen Alkoholgebrauchs und -mißbrauchs kommt es nur in einem Bruchteil der Fälle erheblicher Alkoholisierung zu einer rechtswidrigen Tat. Häufig ist eine Gefährdung anderer gänzlich ausgeschlossen (vgl. Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 224). Andererseits ist nicht zu verkennen, daß Alkohol das Risiko der Begehung strafbarer Handlungen generell erhöht; ein großer Teil der Straftaten gegen Leib und Leben sowie gegen die sexuelle Selbstbestimmung wird unter Alkoholeinfluß begangen. Dieser Befund rechtfertigt indes nicht die Annahme, es sei stets objektiv und subjektiv vorhersehbar, daß bei erheblicher Alkoholisierung in der konkreten Situation die Begehung von Straftaten durch den Betrunkenen drohe. Dies hängt vielmehr von der jeweiligen Person des Täters und von der Situation ab, in der getrunken wird oder in die sich der Täter betrunken begibt.
(1) Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Strafmilderung bei erheblicher Alkoholisierung zu versagen, wenn der Täter die für ihn besonders ungünstige Wirkung des Alkoholgenusses kannte und wußte oder wissen mußte, daß er dann zu Gewalttätigkeiten oder anderen Straftaten neigt (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; vgl. Trönd-
le/Fischer aaO § 21 Rdn. 25 m.w.N.). Damit kommt es also darauf an, ob besondere Umstände in der Person des Täters im konkreten Einzelfall vorhersehbar das Risiko der Begehung rechtswidriger Taten signifikant erhöht haben. Soweit in diesem Zusammenhang teilweise zusätzlich gefordert wird, der Täter müsse schon zuvor nach Ausmaß und Intensität mit der jetzigen Tat vergleichbare Straftaten begangen haben (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 6, 14, 16; weitere Nachweise bei Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 21 Rdn. 20), hält der Senat daran nicht fest. An die Vergleichbarkeit sind schon nach bisheriger Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4). Zu differenzieren ist hier allenfalls nach weit zu fassenden Deliktsgruppen. Wer unter dem Einfluß erheblicher Mengen Alkohol – wie er aufgrund persönlicher Vorerfahrung weiß oder wissen muß – zu gewalttätigen Übergriffen auf andere neigt, den trifft in Hinblick auf die enthemmende Wirkung des Alkohols in Fällen der Gewaltkriminalität grundsätzlich ein schulderhöhender Fahrlässigkeitsvorwurf; anderes gilt nur, wenn die bisher unter Alkoholeinfluß begangenen Straftaten ganz anderer Art waren als die nunmehr zu beurteilende, wenn also die neue Tat so unvergleichbar mit den früheren ist, daß der Täter mit Ähnlichem gar nicht re chnen kann (BGHR aaO). Entscheidend ist somit regelmäßig nicht die äußerliche Vergleichbarkeit der einzelnen Taten, sondern die nämliche Wurzel des jeweiligen deliktischen Verhaltens (Jähnke aaO § 21 Rdn. 22).
Bei alldem müssen die Vorerfahrungen nicht unbedingt zu Vorstrafen oder auch nur Strafverfahren geführt haben. Denn es geht in diesem Zusammenhang um das Wissen des Täters von seiner Gefährlichkeit und nicht notwendig um den – gegebenenfalls hinzutretenden – Gesichtspunkt der Warnfunktion einer früheren Verurteilung.
(2) Die Gefahr der Begehung von Straftaten in erheblich alkoholisiertem Zustand kann indes signifikant und vorhersehbar nicht nur durch die Person des Täters, sondern auch durch die Umstände der jeweiligen Situati-
on erhöht werden. Wer in einer gefahrträchtigen Lage in erheblichem Maße dem Alkohol zuspricht, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich mit einer gewissen Leichtfertigkeit in die Tatsituation gebracht hat (BGH NStZ 1990, 537, 538). Vorwerfbar ist dabei, daß in einer solchen Situation trotz konkreter Vorhersehbarkeit der durch eine weitere Alkoholisierung drohenden Rechtsbrüche getrunken wird (vgl. auch Jähnke aaO). Insbesondere in stark emotional aufgeladenen Krisensituationen wird die Gefahr von Gewalttätigkeiten durch die enthemmende Wirkung erheblicher Alkoholisierung regelmäßig vorhersehbar erhöht (vgl. BGH NStZ 1990, 537, 538). Gleiches gilt für das Trinken in Gruppen, aus denen heraus – gerade auch aufgrund gruppendynamischer Prozesse – leicht Straftaten gegen andere begangen werden. Wer sich etwa in einer Gruppe marodierender Hooligans oder gewaltbereiter Radikaler betrinkt, muß konkret mit der Begehung von Straftaten im trunkenen Zustand rechnen. Die Alkoholisierung kann – wenn nicht bereits die Grundsätze der actio libera in causa eine Strafmilderung ausschließen – auch nicht demjenigen zugute kommen, der sich in Fahrbereitschaft betrinkt, also weiß oder damit rechnen muß, noch als Fahrer am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 316 Rdn. 54; König in LK 11. Aufl. § 316 Rdn. 243).
Es macht für die Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB auch keinen relevanten Unterschied, ob der Täter in einer erkennbar gewaltträchtigen Situation enthemmend dem Alkohol zuspricht oder sich, sofern ihm dies insoweit vorzuwerfen ist, bereits durch Trunkenheit enthemmt, bewußt in eine solche Situation begibt. Wer sich schon angetrunken einer gewaltbereiten Gruppe anschließt, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er trotz der bekanntermaßen enthemmenden Wirkung seiner Alkoholisierung eine gewaltträchtige Situation aufgesucht hat.
In diesem Zusammenhang muß es auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Trunkenheit als solche vorwerfbar ist oder nicht, da auch
letzterenfalls andere schulderhöhende Momente die Versagung der Strafmilderung rechtfertigen können (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29). Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände ist es deshalb nicht ohne weiteres ausgeschlossen, auch einem alkoholabhängigen Täter zwar nicht die Alkoholisierung als solche , aber – bei insoweit noch vorhandener Hemmungsfähigkeit – als schulderhöhend vorzuwerfen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat, obwohl er wußte oder wissen mußte, daß er sich dort infolge seiner Beherrschung durch den Alkohol nur eingeschränkt werde steuern können. Je eher ein alkoholabhängiger Täter von den infolge seines Zustandes von ihm ausgehenden Gefahren für andere weiß – etwa aufgrund früher unter Alkoholeinfluß begangener Straftaten – und je schwererwiegend die Straftaten sind, mit deren Begehung er rechnet oder rechnen muß, desto weniger wird eine Strafmilderung in Betracht kommen, wenn er sich dessen ungeachtet in eine gewaltträchtige Situation begeben hat und ihm dies vorzuwerfen ist (vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29).
(3) Auch in anderer Weise kann an ein konkret tatbezogenes Verschulden des Täters vor Tatbeginn angeknüpft und eine Strafmilderung trotz Tatbegehung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit aufgrund vorhergehender schulderhöhender Momente versagt werden. So hat nach den Grundsätzen der – im Rahmen des § 21 StGB unproblematisch anwendbaren (vgl. Lenckner/Perron aaO § 21 Rdn. 11 m.w.N.) – actio libera in causa eine Strafmilderung regelmäßig auszuscheiden, wenn sich die Vorstellung des Täters in nicht berauschtem Zustand schon auf eine bestimmte Tat bezogen hat (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3; § 21 Strafrahmenverschiebung 22; BGH NStZ 1999, 448). Wurde der Tatentschluß zu einer Zeit gefaßt, in der eine erhebliche Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens noch nicht vorlag, wird deshalb zumeist für eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kein Raum sein (vgl. BGHSt 34, 29, 33; BGH, Beschluß vom 15. April 1999 – 4 StR 93/99, zitiert bei Detter NStZ 1999, 495; BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3). Verstärkt gilt dies, wenn
der Täter sich gar gezielt berauscht hat, um hierdurch vorhandene Hemmungen gegen eine Tatausführung abzubauen.
(4) Die Wertung, ob im Falle erheblicher Minderung der Steuerungsfähigkeit der Strafrahmen gemildert werden soll oder nicht, hat grundsätzlich der Tatrichter anhand einer Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4 und Strafrahmenverschiebung 21). Ihm obliegt es auch, die Begriffe der objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit strafbaren Verhaltens bei vorwerfbarer Alkoholisierung anhand der besonderen Umstände in der Person des Täters und in der Situation des Tatgeschehens in wertender Betrachtung auszufüllen. Seine Bewertung wird das Revisionsgericht, wenn sie auf einer vollständigen Auswertung der maßgeblichen Tatsachengrundlagen beruht, regelmäßig hinzunehmen haben, auch wenn anderes vertretbar oder gar näherliegend gewesen wäre.
Bei Anwendung der genannten Grundsätze wird bei Gewaltdelikten in vielen Fällen eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nach vorwerfbarer Alkoholisierung ausscheiden. Zumeist liegen entweder in der Person des Täters oder doch zumindest in der Situation Umstände vor, die in Zusammenhang mit der Alkoholisierung das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant erhöht haben. An die Überzeugungsbildung des Tatrichters dürfen dabei nicht übertrieben hohe Anforderungen gestellt werden; die vielfältig verheerenden Wirkungen übermäßigen Alkoholgebrauchs sind allgemeinkundig.
Im Rahmen der Abwägung aller schuldrelevanten Umstände kann auch von Bedeutung sein, welchen Grad die Enthemmung durch Alkoholisierung innerhalb des durch § 21 StGB abgesteckten Rahmens erreicht hat. Eine solchermaßen differenzierende Bestimmung des Umfangs und der Auswirkungen verminderter Schuldfähigkeit auf die Tatschuld setzt jedoch
nachvollziehbare Darlegungen des Tatrichters voraus (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 2, 17).
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände des Einzelfalls können auch solche schulderhöhenden Momente gegen eine Strafmilderung sprechen, die nicht unmittelbar mit der Berauschung verknüpft sind (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 11; BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu können eine Mehrzahl von Geschädigten oder mitverwirklichte Straftatbestände ebenso zählen wie die näheren Umstände der Tatausführung oder andere Tatmodalitäten (vgl. BT-Drucks. aaO; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5 und Strafzumessung 18). Auch einem erheblich in seiner Steuerungsfähigkeit verminderten Täter kann nämlich die Art der Tatausführung – etwa eine besonders gefühlskalte, rücksichtslose oder brutale Tatbegehung – schulderhöhend vorgeworfen werden (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15 und Strafzumessung 4, 18). In diesem Fall wird der Tatrichter jedoch zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu beachten haben, daß diese Umstände die Tatschuld nicht im gleichen Ausmaß wie bei nicht berauschten Tätern erhöhen, sofern sie ihren Grund in der erheblichen Verminderung der Hemmungsfähigkeit haben (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 46 Rdn. 28, 33 m.w.N.; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5); eine Ausnahme hiervon kommt indes in Betracht, wenn dem Täter in Hinblick auf seine bisherigen Erfahrungen unter Alkoholeinfluß vor dem Hintergrund des von ihm weiterhin nicht gezähmten Alkoholgenusses gerade eine derart schwerwiegende Art seines Tatverhaltens zum Vorwurf gemacht werden müßte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15).
(5) In Fällen, in denen die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe in Frage steht, wird der Tatrichter besonders darauf Bedacht zu nehmen haben , daß der schuldmindernde Umstand einer erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit angesichts der Absolutheit der Strafdrohung ohne Strafrahmenverschiebung bei der konkreten Strafzumessung nicht berücksichtigt
werden kann; die Frage der Strafrahmenverschiebung gewinnt im Vergleich zur Prüfung bei zeitigen Freiheitsstrafen deshalb ungleich mehr an Gewicht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 4 StR 54/04). Dies wird zu besonders sorgfältiger Prüfung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände sowie zu einer im Zweifel eher zurückhaltenden Gewichtung zu Lasten des Täters Anlaß geben müssen (vgl. BGH StV 2003, 499). Wenn allein die Wahl zwischen lebenslanger Freiheitsstrafe und einer zeitigen Freiheitsstrafe besteht, müssen deshalb besondere erschwerende Gründe vorliegen, um die mit den Voraussetzungen des § 21 StGB verbundene Schuldminderung so auszugleichen, daß die gesetzliche Höchststrafe verhängt werden darf (st. Rspr., vgl. BGHR § 21 Strafrahmenverschiebung 7, 8, 12, 18, 25; vgl. auch BVerfGE 50, 5, 11). Gebieten solche Umstände wie etwa das schuldsteigernde Tatbild die Versagung einer Strafrahmenverschiebung und die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe, wird eine Feststellung besonderer Schuldschwere nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB trotz erheblich verminderter Schuldfähigkeit nur in besonders gravierenden Ausnahmefällen in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschluß vom 14. Juni 1999 – 5 StR 177/99; vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 25).
Bedenklich kann aus entsprechenden Gründen auch die Verhängung der für das Delikt vorgesehenen zeitigen Höchststrafe aus dem nicht nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB geminderten Strafrahmen trotz erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit sein (vgl. RGSt 69, 314, 317).
(6) Der Senat weist vorsorglich darauf hin, daß das, was für Alkohol gilt, nicht ohne weiteres gleichermaßen auf andere Genuß- und Betäubungsmittel übertragen werden kann (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tage – 5 StR 591/03). Die enthemmende und hierdurch teils aggressionsfördernde Wirkung des Alkohols ist allgemein bekannt. Bei Betäubungsmitteln sind die Wirkungsweisen dagegen differenzierter und unter Umständen weniger konkret vorhersehbar, zumal die Dosierung und die individuelle Verträglichkeit meist von Fall zu Fall erheblichen Schwankungen unterliegen.

c) Dem gefundenen Ergebnis widersprechen weder die historischen Absichten des Gesetzgebers noch der Rechtsgedanke des § 323a StGB.
(1) Die Überlegungen des historischen Gesetzgebers sprechen nicht für einen Grundsatz, wonach im Falle vorwerfbarer Alkoholisierung eine Strafmilderung stets zu versagen ist (Neumann StV 2003, 527, 528 m.w.N.; vgl. aber BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31; Foth DRiZ 1990, 417, 418 ff.; ders. NStZ 2003, 597, 598; zur historischen Entwicklung ausführlich : Rautenberg, Verminderte Schuldfähigkeit, 1984, S. 9 ff. m.w.N.; Schnarr in: Hettinger [Hrsg.], Reform des Sanktionenrechts, 2001, Band 1, S. 7 ff.). Eine dem heutigen § 21 StGB entsprechende Vorschrift wurde erstmals durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl. I, 995) in das deutsche Strafgesetzbuch eingeführt. Aus der amtlichen Gesetzesbegründung ergeben sich für die aufgeworfene Frage keine tragfähigen Hinweise (vgl. ReichsAnz 1933, Nr. 277, Erste Beilage, S. 1, linke Spalte). Die Gesetzesänderung fußte indes auf der umfangreichen kriminalpolitischen Reformdiskussion der Zwanziger Jahre (hierzu näher Foth, jeweils aaO; Rautenberg aaO). Dabei wurde zwar auch eine gesetzliche Ausnahme der vorgesehenen Milderung bei vorwerfbarer Alkoholisierung vorgeschlagen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs von 1925; ebenso bereits § 18 Abs. 2 des Entwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1919 und § 63 Abs. 2 des Vorentwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1909; ausführlich hierzu Rautenberg aaO). Gegen diese Vorschläge wurden jedoch auch zur damaligen Zeit gewichtige Bedenken geltend gemacht (vgl. Alsberg in Aschrott/Kohlrausch [Hrsg.], Reform des Strafrechts, 1926, S. 51, 73 ff.). Letztlich sind die in den Entwürfen verschiedentlich vorgesehenen ausdrücklichen Ausnahmen bei vorwerfbarer Alkoholisierung nicht Gesetz geworden. In den Beratungen der Reichstagsvorlage von 1927 wurde hierzu erklärt, den Reichsrat hätten zwei Gründe veranlaßt, den vorgesehenen Ausschluß einer Strafmilderung bei Trunkenheit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs von 1925) zu strei-
chen und statt der obligatorischen eine fakultative Milderung vorzuschlagen: Zum einen erscheine die Konsequenz unerträglich, dem ganz betrunkenen Täter eine Milderung zu gewähren, nicht aber dem nur halb betrunkenen; zum anderen sei nicht einzusehen, warum die Frage der Selbstverschuldung nur bei der Trunkenheit berücksichtigt werden sollte (vgl. Rautenberg DtZ 1997, 45, 47 m.w.N.). Dies legt nahe anzunehmen, daß der Gesetzgeber in Kenntnis entgegenstehender Vorschläge bewußt auf eine solche Regelung verzichtet hat, also gerade keine zwingende Versagung der Strafmilderung in diesen Fällen wollte (Neumann StV 2003, 527, 528). In der Gesetzesbegründung von 1933 heißt es lediglich, die Annahme verminderter Zurechnungsfähigkeit sei Grundlage für eine Strafmilderung, wobei das Gesetz von den Beschlüssen der Reichstagsausschüsse insoweit abweiche, als die Milderung nicht zwingend sei, sondern in das Ermessen des Richters gestellt werde (ReichsAnz aaO).
Die Gesetzesmaterialien zur Reform des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs in den Sechziger Jahren, die zur Formulierung des § 21 StGB in der heutigen Form geführt hat, sprechen gleichermaßen für eine differenzierende Lösung. § 21 StGB wurde einerseits als Kann-Vorschrift konzipiert , um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Verminderung der Schuldfähigkeit nicht notwendig zu einer Minderung der Schuld in ihrer Gesamtheit führt; im Rahmen einer Gesamtwürdigung sollten außer dem Grad der Schuldfähigkeit auch andere schuldrelevante Umstände berücksichtigt werden können (BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu gehören nach Auffassung des Gesetzgebers nicht nur unmittelbar der Tat anhaftende Schuldumstände wie etwa eine große Anzahl getöteter Menschen, sondern auch schuldrelevante Umstände vor der Tat wie insbesondere die schuldhafte Herbeiführung der verminderten Schuldfähigkeit (ebd.). Ausdrücklich sprach sich der Gesetzgeber andererseits gegen eine Vorschrift aus, wonach die Strafmilderung – entsprechend den Vorschlägen in den Entwürfen von 1909 und 1925 – bei vorwerfbarer Alkoholisierung stets zu versagen sei (BT-Drucks. IV/650, S. 142 rechte Spalte). Zu der entsprechenden Regelung
in § 7 WStG, wonach bei selbstverschuldeter Trunkenheit eine Strafmilderung ausscheidet, wenn die Tat eine militärische Straftat ist, gegen das Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des Dienstes begangen wurde, wird dabei auf die besonderen Anforderungen an militärische Disziplin verwiesen. In das allgemeine Strafrecht könne dieser Rechtsgrundsatz nicht ohne weiteres übertragen werden (ebd.).
Gerade die Vorschrift des § 7 WStG läßt sich systematisch stimmig eher erklären, wenn es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, wonach bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich mangels Minderung der Gesamtschuld von einer Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Abstand zu nehmen ist. Gäbe es nämlich einen solchen Grundsatz, wäre § 7 WStG überflüssig. Unverständlich wäre in diesem Fall auch die Beschränkung des Milderungsverbots auf militärische Straftaten und solche, die gegen das Kriegsvölkerrecht verstoßen oder in Ausübung des Dienstes begangen werden. Aus § 7 WStG folgt vielmehr im Umkehrschluß, daß „selbstverschuldete“ Trunkenheit in anderen Fällen durchaus die Strafe mildern kann, also nicht stets jede Strafmilderung aufgrund des Umstandes ausscheidet, daß der Rauschzustand vorwerfbar herbeigeführt wurde.
Schließlich hat der Gesetzgeber auch im Rahmen der Reformdiskussion anläßlich der deutschen Wiedervereinigung trotz entsprechender Vorschläge gerade nicht diejenigen Normen des Strafrechts der DDR übernommen , wonach eine Strafmilderung bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit ausscheidet, wenn sich der Täter schuldhaft in einen die Zurechnungsfähigkeit vermindernden Rauschzustand versetzt hat (§ 16 Abs. 2 Satz 3 StGBDDR; vgl. auch § 15 Abs. 3 StGB-DDR; dazu näher Neumann StV 2003, 527 mit Fn. 3; Rautenberg DtZ 1997, 45).
(2) Auch die Vorschrift des § 323a StGB spricht nicht für eine Versagung der Strafmilderung in allen Fällen schuldhafter Alkoholisierung. Das Vergehen des Vollrauschs ist von allen anderen Straftatbeständen tatsäch-
lich und rechtlich verschieden (BGHSt 1, 275, 277). Es handelt sich zudem bei dieser Strafnorm um „eine der umstrittensten, wenn nicht die strittigste des ganzen Strafgesetzbuchs“ (Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 1). Auch der Bundesgerichtshof ist deshalb bislang nicht zu einem durchgehend einheitlichen Verständnis dieser Vorschrift gelangt (vgl. etwa BGHSt 10, 247 einerseits, BGHSt 16, 124 andererseits). Der Ort, den – in den Schwierigkeiten der Sache angelegten (vgl. Spendel aaO § 323a Rdn. 2) – Streit zum Verständnis des § 323a StGB zu klären, kann indes nicht die hier zur Entscheidung stehende Frage sein, ob bei zu verantwortender Alkoholisierung eine Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich ausgeschlossen sein sollte oder nicht (vgl. Streng NJW 2003, 2963, 2965).
Die Anwendung des Vollrauschtatbestandes setzt stets voraus, daß der Täter aufgrund nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit wegen seines rechtswidrigen Tuns ansonsten überhaupt nicht bestraft werden könnte. Für eine solche Regelung gibt es unzweifelhaft ein kriminalpolitisches Bedürfnis (vgl. BGHSt [GS] 9, 390, 395; Spendel aaO § 323a Rdn. 2). Diese Frage stellt sich im Rahmen des § 21 StGB jedoch nicht, weil es hier nicht um die Alternative völliger Straflosigkeit, sondern lediglich um die Strafrahmenwahl geht (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Bei § 21 StGB spielen deshalb Gesichtspunkte eine Rolle, die im Rahmen des § 323a StGB aufgrund der notwendigen Struktur des Vollrauschtatbestandes keine Berücksichtigung finden können.
Zudem geht es bei § 21 StGB nicht wie bei § 323a StGB um Rauschzustände, die (zumindest nicht ausschließbar) wegen aufgehobener Schuldfähigkeit den Schuldvorwurf bezüglich des rechtswidrigen Tuns vollständig entfallen lassen. Der Vorschrift des § 323a StGB läßt sich nicht der Rechtsgedanke entnehmen, jeder Rausch, wie stark er auch sei, werde von der Rechtsordnung mißbilligt; aus § 323a StGB läßt sich lediglich folgern, daß ein Rausch dann als rechtswidrig angesehen werden kann, wenn er (zumindest nicht ausschließbar) zur völligen Aufhebung der Steuerungsfä-
higkeit führt, sich der Täter also im Umgang mit seiner Umwelt zu einem völlig unberechenbaren Risiko macht.
Die Ansicht, eine die Steuerungsfähigkeit lediglich vermindernde Alkoholisierung sei für sich schon rechtswidrig oder zumindest schulderhöhend , würde zudem zu Spannungen mit anderen Rechtsgrundsätzen führen. Im Zusammenhang mit der Gastwirtshaftung hat der Bundesgerichtshof etwa festgestellt, daß der Ausschank und Genuß alkoholischer Getränke in Gastwirtschaften zu den allgemein als sozial üblich anerkannten Verhaltensweisen gehört, auch wenn dies nicht selten zu körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen bis zur Grenze der rechtlichen Verantwortlichkeit führt (BGHSt 19, 152, 154). Die Verabreichung alkoholischer Getränke wird als sozial übliches und von der Allgemeinheit gebilligtes Verhalten deshalb auch nicht als pflichtwidrig oder rechtswidrig angesehen (BGHSt 26, 35, 37 f.; vgl. auch Streng NJW 2003, 2963, 2965 m.w.N.). Dies gilt solange, als der Trinkende, sei es auch nur eingeschränkt, rechtlich verantwortlich ist. Anders verhält es sich nur, wenn die Trunkenheit offensichtlich einen solchen Grad erreicht, daß der Trunkene nicht mehr Herr seiner Entschlüsse ist und nicht mehr eigenverantwortlich handeln kann (BGHSt 26, 35, 38).
Hinzu kommt folgendes: Das Spannungsverhältnis zwischen § 323a StGB einerseits und §§ 21, 49 Abs. 1 StGB andererseits läßt sich aufgrund der derzeitigen Gesetzesfassung nicht ohne jeden Wertungswiderspruch lösen (Neumann StV 2003, 527, 528 ff.; Streng NJW 2003, 2963, 2965). Ungereimt erscheint es einerseits, wenn bei Straftaten mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe dem vermindert schuldfähigen Betrunkenen eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gewährt wird und ihm dann eine geringere Strafe droht als demjenigen, der rauschbedingt (zumindest nicht ausschließbar) schuldunfähig handelt (vgl. BGH StV 1997, 73, 75; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dem wird freilich dadurch Rechnung zu tragen sein, daß bei der Strafzumessung im Rahmen des § 323a StGB auf Grundlage des in § 323a Abs. 2 StGB zum Ausdruck ge-
kommenen Rechtsgedankens darauf Bedacht genommen wird, welcher Strafrahmen sich dem weniger Betrunkenen öffnen würde (vgl. BGHR StGB § 323a Strafzumessung 5). Die Auflösung des Widerspruchs durch die generelle Versagung einer Strafrahmenverschiebung bei vorwerfbarer Alkoholisierung (so BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31) geht in Fällen schwererer, den Strafrahmen des § 323a Abs. 1 StGB überschreitender Delikte über das Gebotene hinaus und führt sogleich zu anderen, weit gewichtigeren Wertungswidersprüchen (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Diese ergeben sich augenfällig bei schwerwiegenden Verbrechen, etwa Tötungsdelikten , wenn dem Täter bei verschuldeter Alkoholisierung jede Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB versagt wird, bei noch höherer Alkoholisierung , die nicht ausschließbar zur Schuldunfähigkeit führt, dann anstelle lebenslanger Freiheitsstrafe oder eines Strafrahmens von Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren nur noch Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren gemäß § 323a Abs. 1 StGB angedroht ist (Neumann aaO; vgl. hierzu auch die Gesetzgebungsvorschläge zur Änderung des § 323a StGB in BT-Drucks. 14/545 und 14/759, ablehnend BT-Drucks. 14/9148).

d) Die vom Tatgericht vorgenommene Zubilligung der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB begegnet hier letztlich durchgreifenden Bedenken.
(1) In Anwendung der oben genannten Grundsätze hätte sich das Landgericht bei der notwendigen Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände bei dem Angeklagten G nicht zur Begründung der Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB mit der Überlegung begnügen dürfen, dessen Alkoholisierung sei unverschuldet, weil er weitgehend vom Alkohol beherrscht werde. Es hätte auch erwägen müssen, ob dem etwa schulderhöhend entgegensteht, daß dieser Angeklagte sich zu dem späteren Opfer in der festen Absicht begeben hat, an diesem seine Freude an Gewalttätigkeiten auszuleben, und dabei ersichtlich in Kauf nahm, infolge seiner Alkoholisierung besonders enthemmt zu sein, zudem durch weitere
Alkoholisierung zunehmend enthemmt zu werden. Auch demjenigen, der weitgehend durch Alkohol beherrscht wird, kann unter Umständen schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich trotz Vorhersehbarkeit – zumal weiterer – alkoholischer Enthemmung bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat. Aus den vom Tatrichter getroffenen Feststellungen zu dem schon in der Ausgangssituation gewaltträchtigen Tatgeschehen erschließt sich zwanglos, daß für ihn bei Beginn des Tatgeschehens ohne weiteres vorhersehbar war, daß seine vorhandene und weiter drohende Alkoholisierung das Risiko erheblicher Gewalttaten signifikant erhöht hat; vieles spricht auch dafür, daß er das Aufsuchen dieser gewaltträchtigen Situation ohne weiteres vermeiden konnte.
Es ist zudem nicht ausgeschlossen, daß einer Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bereits die oben genannten Grundsätze der actio libera in causa entgegenstehen. Hierfür reichen indes die bisherigen Feststellungen nicht aus, zumal angesichts des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens; es bleibt nämlich unklar, ob der Angeklagte G , als er den Entschluß faßte, das Opfer zu mißhandeln, bereits in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war oder nicht (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3).
(2) Bei dem Angeklagten M entbehrt die Annahme, auch dessen Trunkenheit sei unverschuldet gewesen, bereits jeder tatsächlichen Grundlage. Das Landgericht hat diese Feststellung ohne nähere Angaben allein auf die Anwendung des Zweifelsatzes gestützt. Der Zweifelsatz bedeutet indes nicht, daß das Gericht von der dem Angeklagten günstigsten Fallkonstellation auch dann ausgehen muß, wenn hierfür – wie vorliegend – keine Anhaltspunkte bestehen (BGH NJW 2003, 2179 m.w.N.). Ohne weitere tatsächliche Anhaltspunkte wird der neue Tatrichter dem Angeklagten M nicht unterstellen dürfen, daß seine Trunkenheit unverschuldet ist; die Feststellungen zu seinem Vorleben bieten hierfür keinerlei Anlaß. Bei der etwaigen Prüfung einer erneuten Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB wird
die Strafkammer in Anwendung der oben genannten Grundsätze einerseits zwar bedenken müssen, daß M nach den bisherigen Feststellungen bislang nicht durch Gewalttaten unter Alkoholeinfluß auffällig geworden ist. Gegen eine Strafrahmenverschiebung dürfte andererseits aber sprechen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben und in dieser weiter dem Alkohol zugesprochen hat.
(3) Es läßt sich auch nicht ausschließen, daß der Rechtsfolgenausspruch auf einer etwa fehlerhaft zugebilligten Strafrahmenverschiebung beruht. Die Höhe der verhängten Strafen erscheint zwar für die von der Staatsanwaltschaft noch beim Schöffengericht angeklagte Tat im Ergebnis nicht unangemessen. Angesichts des gesamten Tatbildes läßt sich von Seiten des Revisionsgerichts aber auch nicht etwa feststellen, daß eine etwas schwerere Bestrafung nicht mehr schuldangemessen wäre.
(4) Die Feststellungen des Tatgerichts zum Strafausspruch – und damit auch diejenigen zu den Voraussetzungen des § 21 StGB – sind insgesamt aufzuheben (§ 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter wird danach (sachverständig beraten) die bisherigen Befunde zur Alkoholisierung der Angeklagten , namentlich in Hinblick auf die Fahrfähigkeiten G s und fehlende Angaben bei M , kritisch zu hinterfragen haben. Gegebenenfalls wird zumindest bei dem Angeklagten G zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) vorliegen und diese Maßregel deshalb neben der Strafe anzuordnen ist.

III.


Die Revision des Angeklagten M ist offensichtlich unbegründet. Die tatgerichtlichen Feststellungen zu seiner sicheren Identifizierung als Mittäter – bei mißlungenem Alibibeweis – sind sachlichrechtlich nicht zu beanstanden. Zulässige verfahrensrechtliche Beanstandungen im Zusammenhang mit Wiedererkennungsleistungen sind nicht erhoben worden.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Brause

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, handelt ordnungswidrig, wenn er in diesem Zustand eine mit Geldbuße bedrohte Handlung begeht und ihretwegen gegen ihn keine Geldbuße festgesetzt werden kann, weil er infolge des Rausches nicht vorwerfbar gehandelt hat oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Die Geldbuße darf nicht höher sein als die Geldbuße, die für die im Rausch begangene Handlung angedroht ist.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, handelt ordnungswidrig, wenn er in diesem Zustand eine mit Geldbuße bedrohte Handlung begeht und ihretwegen gegen ihn keine Geldbuße festgesetzt werden kann, weil er infolge des Rausches nicht vorwerfbar gehandelt hat oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Die Geldbuße darf nicht höher sein als die Geldbuße, die für die im Rausch begangene Handlung angedroht ist.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, handelt ordnungswidrig, wenn er in diesem Zustand eine mit Geldbuße bedrohte Handlung begeht und ihretwegen gegen ihn keine Geldbuße festgesetzt werden kann, weil er infolge des Rausches nicht vorwerfbar gehandelt hat oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Die Geldbuße darf nicht höher sein als die Geldbuße, die für die im Rausch begangene Handlung angedroht ist.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.

(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, handelt ordnungswidrig, wenn er in diesem Zustand eine mit Geldbuße bedrohte Handlung begeht und ihretwegen gegen ihn keine Geldbuße festgesetzt werden kann, weil er infolge des Rausches nicht vorwerfbar gehandelt hat oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Die Geldbuße darf nicht höher sein als die Geldbuße, die für die im Rausch begangene Handlung angedroht ist.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf
zu verantwortender Trunkenheit, spricht dies in der Regel gegen
eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB,
wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse
des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar
signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob
dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu
bestimmen; seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter
revisionsgerichtlicher Überprüfung.
BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04
LG Potsdam

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 17. August 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. August
2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P
als Verteidiger für den Angeklagten G ,
Rechtsanwalt V
als Verteidiger für den Angeklagten M ,
Justizhauptsekretärin N ,
Justizangestellte R
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. Juli 2003 in den Strafaussprüchen gegen die Angeklagten G und M mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten M gegen dieses Urteil wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Nötigung jeweils – unter Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund erheblicher Alkoholisierung – zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Während die Staatsanwaltschaft mit ihren zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen lediglich den Strafausspruch beanstandet, wendet sich der Angeklagte M mit der Sachrüge umfassend gegen seine Verurteilung.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts spricht der Angeklagte G seit dem Jugendalter dem Alkohol zu und ist deutlich alkoholgewöhnt. Er ist mehrfach wegen Eigentums- und Verkehrsdelikten, darunter auch Trunkenheit im Verkehr, vorbestraft. Am Tattag hatte er von den frühen Morgenstunden an über den Tag verteilt mehrere Flaschen Bier getrunken, bevor er mit dem ebenfalls bereits angetrunkenen, bislang unbestraften Angeklagten M den später Geschädigten Pi in der Absicht aufsuchte, diesen zu mißhandeln. Die Angeklagten hatten über Pi das von ihnen nicht weiter überprüfte Gerücht gehört, er habe ein kleines Mädchen vergewaltigt. Gemeinsam wollten beide „ihre Freude an Gewalttätigkeit an ihm ausleben“.
In der Wohnung von Pi schlugen und traten die Angeklagten sogleich auf diesen ein und forderten ihn auf zuzugeben, daß er das Mädchen vergewaltigt habe. Der Geschädigte mußte in einem vom Angeklagten G gesteuerten PKW zu dem wegen Beihilfe an dem strafbaren Geschehen inzwischen rechtskräftig verurteilten K mitkommen. Dort mißhandelten G und M ihr Opfer unter Beschimpfungen weiter, so daß Pi schließlich im Gesicht blutete und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Anschließend fuhren alle gemeinsam mit dem Auto des G zu einem Imbiß und sodann über Land; der Geschädigte mußte nun in den Kofferraum steigen. An einem Wehr wurde er von den Angeklagten halb entkleidet und in das 15 bis 18 Grad kalte Wasser gestoßen. Nach einiger Zeit zogen die Angeklagten den Geschädigten schließlich wieder an Land, traten auf ihn ein, bis er das Bewußtsein verlor, und ließen ihn halbnackt und bewußtlos liegen. Pi erlitt durch die Mißhandlungen der Angeklagten vielfache Prellungen, eine Rippenfraktur und eine – unbehandelt lebensgefährliche – traumatische Hirnblutung, zudem eine Unterkühlung und Herzrhythmusstörungen. Während des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens hatten
beide Angeklagte nicht unerhebliche Mengen Bier und andere alkoholische Getränke zu sich genommen.
Das Landgericht hat den Strafrahmen des § 224 Abs. 1 Nr. 4 (i.V.m. § 52 Abs. 2) StGB nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund der Alkoholisierung der Angeklagten und dadurch verursachter erheblicher Verminderung der „Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit“ (richtig: Steuerungsfähigkeit, vgl. Tröndle /Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 5 m.w.N.) verschoben. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Trunkenheit desAngeklagten G sei am Tattag nicht verschuldet gewesen, weil er bislang weitgehend vom Alkohol beherrscht wurde; mangels Einlassung des Angeklagten M auch sei zu dessen Gunsten davon auszugehen, daß seine Trunkenheit unverschuldet gewesen sei.

II.


Die auf den jeweiligen Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.
1. Die Beschwerdeführerin hat ihre Rechtsmittel wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Wie sich aus der Revisionsbegründungsschrift vom 24. September 2003 ergibt, sollen allein die zugunsten der Angeklagten vorgenommenen Strafrahmenverschiebungen und damit die verhängten Rechtsfolgen angegriffen werden; nur insoweit wird die Sachrüge ausgeführt. Ungeachtet der Erhebung einer nicht ausdrücklich beschränkten Sachrüge und eines umfassenden Aufhebungsantrags ist dem Revisionsvortrag deshalb eine Beschränkung der Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch zu entnehmen (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; BGH, Urteil vom 16. März 2004 – 5 StR 364/03). Diese Beschränkung ist auch wirksam, da die Feststellungen des Landgerichts zum Schuldspruch weder widersprüchlich oder lückenhaft und damit ergänzungsbedürftig noch mit den Feststellungen zum Strafausspruch untrennbar verknüpft sind. Für die Frage der
Strafzumessung bilden die Feststellungen zum Schuldspruch eine tragfähige Grundlage, auch wenn sie – was der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend angedeutet hat – eine weitergehende strafrechtliche Bewertung des Geschehens zum Nachteil der Angeklagten hätten rechtfertigen können.
2. Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei aufgrund von plausiblen Trinkmengenangaben des Angeklagten G , von Zeugenbeschreibungen über den Zustand der Angeklagten und eines insgesamt auf erhebliche Enthemmung hindeutenden Tatbildes bei beiden Angeklagten sachverständig beraten zu dem Ergebnis gelangt, daß ihre Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war.
3. Die Staatsanwaltschaft beanstandet gleichwohl zu Recht die zu Gunsten der Angeklagten vorgenommene Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB.

a) Der 3. Strafsenat hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die bisherige – in sich eher uneinheitliche und teils sogar widersprüchliche – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich überdacht werden sollte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31 mit Anmerkungen : Foth NStZ 2003, 597; Frister JZ 2003, 1019; Neumann StV 2003, 527; Scheffler Blutalkohol 2003, 449; Streng NJW 2003, 2963; zustimmend der 2. Strafsenat in BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 32). Der Senat pflichtet diesem Anliegen bei, gelangt indes zu dem folgenden differenzierenden und bisheriger Rechtsprechung nicht tragend widersprechenden Ergebnis:
Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB entscheidet der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen Ermessen aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände. Beruht die
erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit auf zu verantwortender Trunkenheit , spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge der Alkoholisierung erhöht hat. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter in wertender Betrachtung zu bestimmen. Seine Entscheidung unterliegt nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung und ist regelmäßig hinzunehmen , sofern die dafür wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend ermittelt und bei der Wertung ausreichend berücksichtigt worden sind.

b) Die vom Senat gefundene Lösung beruht insbesondere auf folgenden Erwägungen:
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß eine erhebliche Einschränkung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit grundsätzlich den Schuldgehalt der Tat vermindert (vgl. BGHSt 7, 28, 30; BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; so auch schon RGSt 69, 314, 317). Dies allein zwingt jedoch nicht zu einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 Abs. 1 StGB. Dem Tatrichter ist in Fällen erheblich verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB grundsätzlich ein Ermessen bei der Entscheidung eingeräumt , ob er aufgrund dieses Umstandes die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB durch eine Verschiebung des anzuwendenden Strafrahmens mildert oder nicht (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 21). Nach dem Gesetzeswortlaut des § 21 StGB „kann“ die Strafe lediglich gemildert werden; weder „muß“ noch „soll“ der Strafrahmen verschoben werden. Der Gesetzgeber hat damit zu erkennen gegeben, daß auch eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB für sich allein weder zwingend noch in der Regel zu einer durchgreifenden Verringerung des Schuldumfangs führt (vgl. auch Foth in Festschrift für Hannskarl Salger, 1995, S. 31, 37).
Die Minderung der Tatschuld durch Einschränkung der Schuldfähigkeit kann nämlich durch schulderhöhende Umstände kompensiert werden
(st. Rspr., vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 21 Rdn. 20 ff. m.w.N.; BVerfGE 50, 5, 11 f.). Der 3. Strafsenat sieht einen solchen Umstand generell in jeder vorwerfbar herbeigeführten Alkoholisierung (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dabei kommt indes nicht ausreichend zur Geltung , daß jede Schulderhöhung wenigstens (einfache) Fahrlässigkeit als geringste Schuldform voraussetzt. Notwendige Elemente solcher Fahrlässigkeit sind Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des rechtswidrigen Ergebnisses ganz allgemein (objektiv) und speziell für den Täter (subjektiv). Bezugspunkt des schulderhöhenden Moments muß zudem das konkret begangene Unrecht sein; es bedarf also einer bestimmten subjektiven Beziehung zu der später begangenen rechtswidrigen Handlung (Jähnke in LK 11. Aufl. § 21 Rdn. 22).
Trotz verbreiteten vielfachen Alkoholgebrauchs und -mißbrauchs kommt es nur in einem Bruchteil der Fälle erheblicher Alkoholisierung zu einer rechtswidrigen Tat. Häufig ist eine Gefährdung anderer gänzlich ausgeschlossen (vgl. Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 224). Andererseits ist nicht zu verkennen, daß Alkohol das Risiko der Begehung strafbarer Handlungen generell erhöht; ein großer Teil der Straftaten gegen Leib und Leben sowie gegen die sexuelle Selbstbestimmung wird unter Alkoholeinfluß begangen. Dieser Befund rechtfertigt indes nicht die Annahme, es sei stets objektiv und subjektiv vorhersehbar, daß bei erheblicher Alkoholisierung in der konkreten Situation die Begehung von Straftaten durch den Betrunkenen drohe. Dies hängt vielmehr von der jeweiligen Person des Täters und von der Situation ab, in der getrunken wird oder in die sich der Täter betrunken begibt.
(1) Schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Strafmilderung bei erheblicher Alkoholisierung zu versagen, wenn der Täter die für ihn besonders ungünstige Wirkung des Alkoholgenusses kannte und wußte oder wissen mußte, daß er dann zu Gewalttätigkeiten oder anderen Straftaten neigt (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4; vgl. Trönd-
le/Fischer aaO § 21 Rdn. 25 m.w.N.). Damit kommt es also darauf an, ob besondere Umstände in der Person des Täters im konkreten Einzelfall vorhersehbar das Risiko der Begehung rechtswidriger Taten signifikant erhöht haben. Soweit in diesem Zusammenhang teilweise zusätzlich gefordert wird, der Täter müsse schon zuvor nach Ausmaß und Intensität mit der jetzigen Tat vergleichbare Straftaten begangen haben (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 6, 14, 16; weitere Nachweise bei Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 21 Rdn. 20), hält der Senat daran nicht fest. An die Vergleichbarkeit sind schon nach bisheriger Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4). Zu differenzieren ist hier allenfalls nach weit zu fassenden Deliktsgruppen. Wer unter dem Einfluß erheblicher Mengen Alkohol – wie er aufgrund persönlicher Vorerfahrung weiß oder wissen muß – zu gewalttätigen Übergriffen auf andere neigt, den trifft in Hinblick auf die enthemmende Wirkung des Alkohols in Fällen der Gewaltkriminalität grundsätzlich ein schulderhöhender Fahrlässigkeitsvorwurf; anderes gilt nur, wenn die bisher unter Alkoholeinfluß begangenen Straftaten ganz anderer Art waren als die nunmehr zu beurteilende, wenn also die neue Tat so unvergleichbar mit den früheren ist, daß der Täter mit Ähnlichem gar nicht re chnen kann (BGHR aaO). Entscheidend ist somit regelmäßig nicht die äußerliche Vergleichbarkeit der einzelnen Taten, sondern die nämliche Wurzel des jeweiligen deliktischen Verhaltens (Jähnke aaO § 21 Rdn. 22).
Bei alldem müssen die Vorerfahrungen nicht unbedingt zu Vorstrafen oder auch nur Strafverfahren geführt haben. Denn es geht in diesem Zusammenhang um das Wissen des Täters von seiner Gefährlichkeit und nicht notwendig um den – gegebenenfalls hinzutretenden – Gesichtspunkt der Warnfunktion einer früheren Verurteilung.
(2) Die Gefahr der Begehung von Straftaten in erheblich alkoholisiertem Zustand kann indes signifikant und vorhersehbar nicht nur durch die Person des Täters, sondern auch durch die Umstände der jeweiligen Situati-
on erhöht werden. Wer in einer gefahrträchtigen Lage in erheblichem Maße dem Alkohol zuspricht, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich mit einer gewissen Leichtfertigkeit in die Tatsituation gebracht hat (BGH NStZ 1990, 537, 538). Vorwerfbar ist dabei, daß in einer solchen Situation trotz konkreter Vorhersehbarkeit der durch eine weitere Alkoholisierung drohenden Rechtsbrüche getrunken wird (vgl. auch Jähnke aaO). Insbesondere in stark emotional aufgeladenen Krisensituationen wird die Gefahr von Gewalttätigkeiten durch die enthemmende Wirkung erheblicher Alkoholisierung regelmäßig vorhersehbar erhöht (vgl. BGH NStZ 1990, 537, 538). Gleiches gilt für das Trinken in Gruppen, aus denen heraus – gerade auch aufgrund gruppendynamischer Prozesse – leicht Straftaten gegen andere begangen werden. Wer sich etwa in einer Gruppe marodierender Hooligans oder gewaltbereiter Radikaler betrinkt, muß konkret mit der Begehung von Straftaten im trunkenen Zustand rechnen. Die Alkoholisierung kann – wenn nicht bereits die Grundsätze der actio libera in causa eine Strafmilderung ausschließen – auch nicht demjenigen zugute kommen, der sich in Fahrbereitschaft betrinkt, also weiß oder damit rechnen muß, noch als Fahrer am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 316 Rdn. 54; König in LK 11. Aufl. § 316 Rdn. 243).
Es macht für die Versagung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB auch keinen relevanten Unterschied, ob der Täter in einer erkennbar gewaltträchtigen Situation enthemmend dem Alkohol zuspricht oder sich, sofern ihm dies insoweit vorzuwerfen ist, bereits durch Trunkenheit enthemmt, bewußt in eine solche Situation begibt. Wer sich schon angetrunken einer gewaltbereiten Gruppe anschließt, dem kann schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er trotz der bekanntermaßen enthemmenden Wirkung seiner Alkoholisierung eine gewaltträchtige Situation aufgesucht hat.
In diesem Zusammenhang muß es auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Trunkenheit als solche vorwerfbar ist oder nicht, da auch
letzterenfalls andere schulderhöhende Momente die Versagung der Strafmilderung rechtfertigen können (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29). Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände ist es deshalb nicht ohne weiteres ausgeschlossen, auch einem alkoholabhängigen Täter zwar nicht die Alkoholisierung als solche , aber – bei insoweit noch vorhandener Hemmungsfähigkeit – als schulderhöhend vorzuwerfen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat, obwohl er wußte oder wissen mußte, daß er sich dort infolge seiner Beherrschung durch den Alkohol nur eingeschränkt werde steuern können. Je eher ein alkoholabhängiger Täter von den infolge seines Zustandes von ihm ausgehenden Gefahren für andere weiß – etwa aufgrund früher unter Alkoholeinfluß begangener Straftaten – und je schwererwiegend die Straftaten sind, mit deren Begehung er rechnet oder rechnen muß, desto weniger wird eine Strafmilderung in Betracht kommen, wenn er sich dessen ungeachtet in eine gewaltträchtige Situation begeben hat und ihm dies vorzuwerfen ist (vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 29).
(3) Auch in anderer Weise kann an ein konkret tatbezogenes Verschulden des Täters vor Tatbeginn angeknüpft und eine Strafmilderung trotz Tatbegehung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit aufgrund vorhergehender schulderhöhender Momente versagt werden. So hat nach den Grundsätzen der – im Rahmen des § 21 StGB unproblematisch anwendbaren (vgl. Lenckner/Perron aaO § 21 Rdn. 11 m.w.N.) – actio libera in causa eine Strafmilderung regelmäßig auszuscheiden, wenn sich die Vorstellung des Täters in nicht berauschtem Zustand schon auf eine bestimmte Tat bezogen hat (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3; § 21 Strafrahmenverschiebung 22; BGH NStZ 1999, 448). Wurde der Tatentschluß zu einer Zeit gefaßt, in der eine erhebliche Beeinträchtigung des Hemmungsvermögens noch nicht vorlag, wird deshalb zumeist für eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kein Raum sein (vgl. BGHSt 34, 29, 33; BGH, Beschluß vom 15. April 1999 – 4 StR 93/99, zitiert bei Detter NStZ 1999, 495; BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3). Verstärkt gilt dies, wenn
der Täter sich gar gezielt berauscht hat, um hierdurch vorhandene Hemmungen gegen eine Tatausführung abzubauen.
(4) Die Wertung, ob im Falle erheblicher Minderung der Steuerungsfähigkeit der Strafrahmen gemildert werden soll oder nicht, hat grundsätzlich der Tatrichter anhand einer Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (BGHR StGB § 21 Vorverschulden 4 und Strafrahmenverschiebung 21). Ihm obliegt es auch, die Begriffe der objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit strafbaren Verhaltens bei vorwerfbarer Alkoholisierung anhand der besonderen Umstände in der Person des Täters und in der Situation des Tatgeschehens in wertender Betrachtung auszufüllen. Seine Bewertung wird das Revisionsgericht, wenn sie auf einer vollständigen Auswertung der maßgeblichen Tatsachengrundlagen beruht, regelmäßig hinzunehmen haben, auch wenn anderes vertretbar oder gar näherliegend gewesen wäre.
Bei Anwendung der genannten Grundsätze wird bei Gewaltdelikten in vielen Fällen eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nach vorwerfbarer Alkoholisierung ausscheiden. Zumeist liegen entweder in der Person des Täters oder doch zumindest in der Situation Umstände vor, die in Zusammenhang mit der Alkoholisierung das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant erhöht haben. An die Überzeugungsbildung des Tatrichters dürfen dabei nicht übertrieben hohe Anforderungen gestellt werden; die vielfältig verheerenden Wirkungen übermäßigen Alkoholgebrauchs sind allgemeinkundig.
Im Rahmen der Abwägung aller schuldrelevanten Umstände kann auch von Bedeutung sein, welchen Grad die Enthemmung durch Alkoholisierung innerhalb des durch § 21 StGB abgesteckten Rahmens erreicht hat. Eine solchermaßen differenzierende Bestimmung des Umfangs und der Auswirkungen verminderter Schuldfähigkeit auf die Tatschuld setzt jedoch
nachvollziehbare Darlegungen des Tatrichters voraus (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 2, 17).
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände des Einzelfalls können auch solche schulderhöhenden Momente gegen eine Strafmilderung sprechen, die nicht unmittelbar mit der Berauschung verknüpft sind (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 11; BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu können eine Mehrzahl von Geschädigten oder mitverwirklichte Straftatbestände ebenso zählen wie die näheren Umstände der Tatausführung oder andere Tatmodalitäten (vgl. BT-Drucks. aaO; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5 und Strafzumessung 18). Auch einem erheblich in seiner Steuerungsfähigkeit verminderten Täter kann nämlich die Art der Tatausführung – etwa eine besonders gefühlskalte, rücksichtslose oder brutale Tatbegehung – schulderhöhend vorgeworfen werden (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15 und Strafzumessung 4, 18). In diesem Fall wird der Tatrichter jedoch zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu beachten haben, daß diese Umstände die Tatschuld nicht im gleichen Ausmaß wie bei nicht berauschten Tätern erhöhen, sofern sie ihren Grund in der erheblichen Verminderung der Hemmungsfähigkeit haben (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 46 Rdn. 28, 33 m.w.N.; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 5); eine Ausnahme hiervon kommt indes in Betracht, wenn dem Täter in Hinblick auf seine bisherigen Erfahrungen unter Alkoholeinfluß vor dem Hintergrund des von ihm weiterhin nicht gezähmten Alkoholgenusses gerade eine derart schwerwiegende Art seines Tatverhaltens zum Vorwurf gemacht werden müßte (BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 15).
(5) In Fällen, in denen die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe in Frage steht, wird der Tatrichter besonders darauf Bedacht zu nehmen haben , daß der schuldmindernde Umstand einer erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit angesichts der Absolutheit der Strafdrohung ohne Strafrahmenverschiebung bei der konkreten Strafzumessung nicht berücksichtigt
werden kann; die Frage der Strafrahmenverschiebung gewinnt im Vergleich zur Prüfung bei zeitigen Freiheitsstrafen deshalb ungleich mehr an Gewicht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 4 StR 54/04). Dies wird zu besonders sorgfältiger Prüfung aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände sowie zu einer im Zweifel eher zurückhaltenden Gewichtung zu Lasten des Täters Anlaß geben müssen (vgl. BGH StV 2003, 499). Wenn allein die Wahl zwischen lebenslanger Freiheitsstrafe und einer zeitigen Freiheitsstrafe besteht, müssen deshalb besondere erschwerende Gründe vorliegen, um die mit den Voraussetzungen des § 21 StGB verbundene Schuldminderung so auszugleichen, daß die gesetzliche Höchststrafe verhängt werden darf (st. Rspr., vgl. BGHR § 21 Strafrahmenverschiebung 7, 8, 12, 18, 25; vgl. auch BVerfGE 50, 5, 11). Gebieten solche Umstände wie etwa das schuldsteigernde Tatbild die Versagung einer Strafrahmenverschiebung und die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe, wird eine Feststellung besonderer Schuldschwere nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB trotz erheblich verminderter Schuldfähigkeit nur in besonders gravierenden Ausnahmefällen in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschluß vom 14. Juni 1999 – 5 StR 177/99; vgl. auch BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 25).
Bedenklich kann aus entsprechenden Gründen auch die Verhängung der für das Delikt vorgesehenen zeitigen Höchststrafe aus dem nicht nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB geminderten Strafrahmen trotz erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit sein (vgl. RGSt 69, 314, 317).
(6) Der Senat weist vorsorglich darauf hin, daß das, was für Alkohol gilt, nicht ohne weiteres gleichermaßen auf andere Genuß- und Betäubungsmittel übertragen werden kann (vgl. Senatsurteil vom heutigen Tage – 5 StR 591/03). Die enthemmende und hierdurch teils aggressionsfördernde Wirkung des Alkohols ist allgemein bekannt. Bei Betäubungsmitteln sind die Wirkungsweisen dagegen differenzierter und unter Umständen weniger konkret vorhersehbar, zumal die Dosierung und die individuelle Verträglichkeit meist von Fall zu Fall erheblichen Schwankungen unterliegen.

c) Dem gefundenen Ergebnis widersprechen weder die historischen Absichten des Gesetzgebers noch der Rechtsgedanke des § 323a StGB.
(1) Die Überlegungen des historischen Gesetzgebers sprechen nicht für einen Grundsatz, wonach im Falle vorwerfbarer Alkoholisierung eine Strafmilderung stets zu versagen ist (Neumann StV 2003, 527, 528 m.w.N.; vgl. aber BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31; Foth DRiZ 1990, 417, 418 ff.; ders. NStZ 2003, 597, 598; zur historischen Entwicklung ausführlich : Rautenberg, Verminderte Schuldfähigkeit, 1984, S. 9 ff. m.w.N.; Schnarr in: Hettinger [Hrsg.], Reform des Sanktionenrechts, 2001, Band 1, S. 7 ff.). Eine dem heutigen § 21 StGB entsprechende Vorschrift wurde erstmals durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl. I, 995) in das deutsche Strafgesetzbuch eingeführt. Aus der amtlichen Gesetzesbegründung ergeben sich für die aufgeworfene Frage keine tragfähigen Hinweise (vgl. ReichsAnz 1933, Nr. 277, Erste Beilage, S. 1, linke Spalte). Die Gesetzesänderung fußte indes auf der umfangreichen kriminalpolitischen Reformdiskussion der Zwanziger Jahre (hierzu näher Foth, jeweils aaO; Rautenberg aaO). Dabei wurde zwar auch eine gesetzliche Ausnahme der vorgesehenen Milderung bei vorwerfbarer Alkoholisierung vorgeschlagen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs von 1925; ebenso bereits § 18 Abs. 2 des Entwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1919 und § 63 Abs. 2 des Vorentwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch von 1909; ausführlich hierzu Rautenberg aaO). Gegen diese Vorschläge wurden jedoch auch zur damaligen Zeit gewichtige Bedenken geltend gemacht (vgl. Alsberg in Aschrott/Kohlrausch [Hrsg.], Reform des Strafrechts, 1926, S. 51, 73 ff.). Letztlich sind die in den Entwürfen verschiedentlich vorgesehenen ausdrücklichen Ausnahmen bei vorwerfbarer Alkoholisierung nicht Gesetz geworden. In den Beratungen der Reichstagsvorlage von 1927 wurde hierzu erklärt, den Reichsrat hätten zwei Gründe veranlaßt, den vorgesehenen Ausschluß einer Strafmilderung bei Trunkenheit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 des Amtlichen Entwurfs von 1925) zu strei-
chen und statt der obligatorischen eine fakultative Milderung vorzuschlagen: Zum einen erscheine die Konsequenz unerträglich, dem ganz betrunkenen Täter eine Milderung zu gewähren, nicht aber dem nur halb betrunkenen; zum anderen sei nicht einzusehen, warum die Frage der Selbstverschuldung nur bei der Trunkenheit berücksichtigt werden sollte (vgl. Rautenberg DtZ 1997, 45, 47 m.w.N.). Dies legt nahe anzunehmen, daß der Gesetzgeber in Kenntnis entgegenstehender Vorschläge bewußt auf eine solche Regelung verzichtet hat, also gerade keine zwingende Versagung der Strafmilderung in diesen Fällen wollte (Neumann StV 2003, 527, 528). In der Gesetzesbegründung von 1933 heißt es lediglich, die Annahme verminderter Zurechnungsfähigkeit sei Grundlage für eine Strafmilderung, wobei das Gesetz von den Beschlüssen der Reichstagsausschüsse insoweit abweiche, als die Milderung nicht zwingend sei, sondern in das Ermessen des Richters gestellt werde (ReichsAnz aaO).
Die Gesetzesmaterialien zur Reform des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs in den Sechziger Jahren, die zur Formulierung des § 21 StGB in der heutigen Form geführt hat, sprechen gleichermaßen für eine differenzierende Lösung. § 21 StGB wurde einerseits als Kann-Vorschrift konzipiert , um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Verminderung der Schuldfähigkeit nicht notwendig zu einer Minderung der Schuld in ihrer Gesamtheit führt; im Rahmen einer Gesamtwürdigung sollten außer dem Grad der Schuldfähigkeit auch andere schuldrelevante Umstände berücksichtigt werden können (BT-Drucks. IV/650, S. 142 linke Spalte). Hierzu gehören nach Auffassung des Gesetzgebers nicht nur unmittelbar der Tat anhaftende Schuldumstände wie etwa eine große Anzahl getöteter Menschen, sondern auch schuldrelevante Umstände vor der Tat wie insbesondere die schuldhafte Herbeiführung der verminderten Schuldfähigkeit (ebd.). Ausdrücklich sprach sich der Gesetzgeber andererseits gegen eine Vorschrift aus, wonach die Strafmilderung – entsprechend den Vorschlägen in den Entwürfen von 1909 und 1925 – bei vorwerfbarer Alkoholisierung stets zu versagen sei (BT-Drucks. IV/650, S. 142 rechte Spalte). Zu der entsprechenden Regelung
in § 7 WStG, wonach bei selbstverschuldeter Trunkenheit eine Strafmilderung ausscheidet, wenn die Tat eine militärische Straftat ist, gegen das Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des Dienstes begangen wurde, wird dabei auf die besonderen Anforderungen an militärische Disziplin verwiesen. In das allgemeine Strafrecht könne dieser Rechtsgrundsatz nicht ohne weiteres übertragen werden (ebd.).
Gerade die Vorschrift des § 7 WStG läßt sich systematisch stimmig eher erklären, wenn es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, wonach bei vorwerfbarer Alkoholisierung grundsätzlich mangels Minderung der Gesamtschuld von einer Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Abstand zu nehmen ist. Gäbe es nämlich einen solchen Grundsatz, wäre § 7 WStG überflüssig. Unverständlich wäre in diesem Fall auch die Beschränkung des Milderungsverbots auf militärische Straftaten und solche, die gegen das Kriegsvölkerrecht verstoßen oder in Ausübung des Dienstes begangen werden. Aus § 7 WStG folgt vielmehr im Umkehrschluß, daß „selbstverschuldete“ Trunkenheit in anderen Fällen durchaus die Strafe mildern kann, also nicht stets jede Strafmilderung aufgrund des Umstandes ausscheidet, daß der Rauschzustand vorwerfbar herbeigeführt wurde.
Schließlich hat der Gesetzgeber auch im Rahmen der Reformdiskussion anläßlich der deutschen Wiedervereinigung trotz entsprechender Vorschläge gerade nicht diejenigen Normen des Strafrechts der DDR übernommen , wonach eine Strafmilderung bei erheblich verminderter Schuldfähigkeit ausscheidet, wenn sich der Täter schuldhaft in einen die Zurechnungsfähigkeit vermindernden Rauschzustand versetzt hat (§ 16 Abs. 2 Satz 3 StGBDDR; vgl. auch § 15 Abs. 3 StGB-DDR; dazu näher Neumann StV 2003, 527 mit Fn. 3; Rautenberg DtZ 1997, 45).
(2) Auch die Vorschrift des § 323a StGB spricht nicht für eine Versagung der Strafmilderung in allen Fällen schuldhafter Alkoholisierung. Das Vergehen des Vollrauschs ist von allen anderen Straftatbeständen tatsäch-
lich und rechtlich verschieden (BGHSt 1, 275, 277). Es handelt sich zudem bei dieser Strafnorm um „eine der umstrittensten, wenn nicht die strittigste des ganzen Strafgesetzbuchs“ (Spendel in LK 11. Aufl. § 323a Rdn. 1). Auch der Bundesgerichtshof ist deshalb bislang nicht zu einem durchgehend einheitlichen Verständnis dieser Vorschrift gelangt (vgl. etwa BGHSt 10, 247 einerseits, BGHSt 16, 124 andererseits). Der Ort, den – in den Schwierigkeiten der Sache angelegten (vgl. Spendel aaO § 323a Rdn. 2) – Streit zum Verständnis des § 323a StGB zu klären, kann indes nicht die hier zur Entscheidung stehende Frage sein, ob bei zu verantwortender Alkoholisierung eine Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich ausgeschlossen sein sollte oder nicht (vgl. Streng NJW 2003, 2963, 2965).
Die Anwendung des Vollrauschtatbestandes setzt stets voraus, daß der Täter aufgrund nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit wegen seines rechtswidrigen Tuns ansonsten überhaupt nicht bestraft werden könnte. Für eine solche Regelung gibt es unzweifelhaft ein kriminalpolitisches Bedürfnis (vgl. BGHSt [GS] 9, 390, 395; Spendel aaO § 323a Rdn. 2). Diese Frage stellt sich im Rahmen des § 21 StGB jedoch nicht, weil es hier nicht um die Alternative völliger Straflosigkeit, sondern lediglich um die Strafrahmenwahl geht (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Bei § 21 StGB spielen deshalb Gesichtspunkte eine Rolle, die im Rahmen des § 323a StGB aufgrund der notwendigen Struktur des Vollrauschtatbestandes keine Berücksichtigung finden können.
Zudem geht es bei § 21 StGB nicht wie bei § 323a StGB um Rauschzustände, die (zumindest nicht ausschließbar) wegen aufgehobener Schuldfähigkeit den Schuldvorwurf bezüglich des rechtswidrigen Tuns vollständig entfallen lassen. Der Vorschrift des § 323a StGB läßt sich nicht der Rechtsgedanke entnehmen, jeder Rausch, wie stark er auch sei, werde von der Rechtsordnung mißbilligt; aus § 323a StGB läßt sich lediglich folgern, daß ein Rausch dann als rechtswidrig angesehen werden kann, wenn er (zumindest nicht ausschließbar) zur völligen Aufhebung der Steuerungsfä-
higkeit führt, sich der Täter also im Umgang mit seiner Umwelt zu einem völlig unberechenbaren Risiko macht.
Die Ansicht, eine die Steuerungsfähigkeit lediglich vermindernde Alkoholisierung sei für sich schon rechtswidrig oder zumindest schulderhöhend , würde zudem zu Spannungen mit anderen Rechtsgrundsätzen führen. Im Zusammenhang mit der Gastwirtshaftung hat der Bundesgerichtshof etwa festgestellt, daß der Ausschank und Genuß alkoholischer Getränke in Gastwirtschaften zu den allgemein als sozial üblich anerkannten Verhaltensweisen gehört, auch wenn dies nicht selten zu körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen bis zur Grenze der rechtlichen Verantwortlichkeit führt (BGHSt 19, 152, 154). Die Verabreichung alkoholischer Getränke wird als sozial übliches und von der Allgemeinheit gebilligtes Verhalten deshalb auch nicht als pflichtwidrig oder rechtswidrig angesehen (BGHSt 26, 35, 37 f.; vgl. auch Streng NJW 2003, 2963, 2965 m.w.N.). Dies gilt solange, als der Trinkende, sei es auch nur eingeschränkt, rechtlich verantwortlich ist. Anders verhält es sich nur, wenn die Trunkenheit offensichtlich einen solchen Grad erreicht, daß der Trunkene nicht mehr Herr seiner Entschlüsse ist und nicht mehr eigenverantwortlich handeln kann (BGHSt 26, 35, 38).
Hinzu kommt folgendes: Das Spannungsverhältnis zwischen § 323a StGB einerseits und §§ 21, 49 Abs. 1 StGB andererseits läßt sich aufgrund der derzeitigen Gesetzesfassung nicht ohne jeden Wertungswiderspruch lösen (Neumann StV 2003, 527, 528 ff.; Streng NJW 2003, 2963, 2965). Ungereimt erscheint es einerseits, wenn bei Straftaten mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe dem vermindert schuldfähigen Betrunkenen eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gewährt wird und ihm dann eine geringere Strafe droht als demjenigen, der rauschbedingt (zumindest nicht ausschließbar) schuldunfähig handelt (vgl. BGH StV 1997, 73, 75; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31). Dem wird freilich dadurch Rechnung zu tragen sein, daß bei der Strafzumessung im Rahmen des § 323a StGB auf Grundlage des in § 323a Abs. 2 StGB zum Ausdruck ge-
kommenen Rechtsgedankens darauf Bedacht genommen wird, welcher Strafrahmen sich dem weniger Betrunkenen öffnen würde (vgl. BGHR StGB § 323a Strafzumessung 5). Die Auflösung des Widerspruchs durch die generelle Versagung einer Strafrahmenverschiebung bei vorwerfbarer Alkoholisierung (so BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31) geht in Fällen schwererer, den Strafrahmen des § 323a Abs. 1 StGB überschreitender Delikte über das Gebotene hinaus und führt sogleich zu anderen, weit gewichtigeren Wertungswidersprüchen (vgl. Neumann StV 2003, 527, 529). Diese ergeben sich augenfällig bei schwerwiegenden Verbrechen, etwa Tötungsdelikten , wenn dem Täter bei verschuldeter Alkoholisierung jede Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB versagt wird, bei noch höherer Alkoholisierung , die nicht ausschließbar zur Schuldunfähigkeit führt, dann anstelle lebenslanger Freiheitsstrafe oder eines Strafrahmens von Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren nur noch Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren gemäß § 323a Abs. 1 StGB angedroht ist (Neumann aaO; vgl. hierzu auch die Gesetzgebungsvorschläge zur Änderung des § 323a StGB in BT-Drucks. 14/545 und 14/759, ablehnend BT-Drucks. 14/9148).

d) Die vom Tatgericht vorgenommene Zubilligung der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB begegnet hier letztlich durchgreifenden Bedenken.
(1) In Anwendung der oben genannten Grundsätze hätte sich das Landgericht bei der notwendigen Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände bei dem Angeklagten G nicht zur Begründung der Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB mit der Überlegung begnügen dürfen, dessen Alkoholisierung sei unverschuldet, weil er weitgehend vom Alkohol beherrscht werde. Es hätte auch erwägen müssen, ob dem etwa schulderhöhend entgegensteht, daß dieser Angeklagte sich zu dem späteren Opfer in der festen Absicht begeben hat, an diesem seine Freude an Gewalttätigkeiten auszuleben, und dabei ersichtlich in Kauf nahm, infolge seiner Alkoholisierung besonders enthemmt zu sein, zudem durch weitere
Alkoholisierung zunehmend enthemmt zu werden. Auch demjenigen, der weitgehend durch Alkohol beherrscht wird, kann unter Umständen schulderhöhend vorgeworfen werden, daß er sich trotz Vorhersehbarkeit – zumal weiterer – alkoholischer Enthemmung bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben hat. Aus den vom Tatrichter getroffenen Feststellungen zu dem schon in der Ausgangssituation gewaltträchtigen Tatgeschehen erschließt sich zwanglos, daß für ihn bei Beginn des Tatgeschehens ohne weiteres vorhersehbar war, daß seine vorhandene und weiter drohende Alkoholisierung das Risiko erheblicher Gewalttaten signifikant erhöht hat; vieles spricht auch dafür, daß er das Aufsuchen dieser gewaltträchtigen Situation ohne weiteres vermeiden konnte.
Es ist zudem nicht ausgeschlossen, daß einer Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bereits die oben genannten Grundsätze der actio libera in causa entgegenstehen. Hierfür reichen indes die bisherigen Feststellungen nicht aus, zumal angesichts des sich über mehrere Stunden hinziehenden Tatgeschehens; es bleibt nämlich unklar, ob der Angeklagte G , als er den Entschluß faßte, das Opfer zu mißhandeln, bereits in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war oder nicht (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 3).
(2) Bei dem Angeklagten M entbehrt die Annahme, auch dessen Trunkenheit sei unverschuldet gewesen, bereits jeder tatsächlichen Grundlage. Das Landgericht hat diese Feststellung ohne nähere Angaben allein auf die Anwendung des Zweifelsatzes gestützt. Der Zweifelsatz bedeutet indes nicht, daß das Gericht von der dem Angeklagten günstigsten Fallkonstellation auch dann ausgehen muß, wenn hierfür – wie vorliegend – keine Anhaltspunkte bestehen (BGH NJW 2003, 2179 m.w.N.). Ohne weitere tatsächliche Anhaltspunkte wird der neue Tatrichter dem Angeklagten M nicht unterstellen dürfen, daß seine Trunkenheit unverschuldet ist; die Feststellungen zu seinem Vorleben bieten hierfür keinerlei Anlaß. Bei der etwaigen Prüfung einer erneuten Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB wird
die Strafkammer in Anwendung der oben genannten Grundsätze einerseits zwar bedenken müssen, daß M nach den bisherigen Feststellungen bislang nicht durch Gewalttaten unter Alkoholeinfluß auffällig geworden ist. Gegen eine Strafrahmenverschiebung dürfte andererseits aber sprechen, daß er sich bewußt in eine gewaltträchtige Situation begeben und in dieser weiter dem Alkohol zugesprochen hat.
(3) Es läßt sich auch nicht ausschließen, daß der Rechtsfolgenausspruch auf einer etwa fehlerhaft zugebilligten Strafrahmenverschiebung beruht. Die Höhe der verhängten Strafen erscheint zwar für die von der Staatsanwaltschaft noch beim Schöffengericht angeklagte Tat im Ergebnis nicht unangemessen. Angesichts des gesamten Tatbildes läßt sich von Seiten des Revisionsgerichts aber auch nicht etwa feststellen, daß eine etwas schwerere Bestrafung nicht mehr schuldangemessen wäre.
(4) Die Feststellungen des Tatgerichts zum Strafausspruch – und damit auch diejenigen zu den Voraussetzungen des § 21 StGB – sind insgesamt aufzuheben (§ 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter wird danach (sachverständig beraten) die bisherigen Befunde zur Alkoholisierung der Angeklagten , namentlich in Hinblick auf die Fahrfähigkeiten G s und fehlende Angaben bei M , kritisch zu hinterfragen haben. Gegebenenfalls wird zumindest bei dem Angeklagten G zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) vorliegen und diese Maßregel deshalb neben der Strafe anzuordnen ist.

III.


Die Revision des Angeklagten M ist offensichtlich unbegründet. Die tatgerichtlichen Feststellungen zu seiner sicheren Identifizierung als Mittäter – bei mißlungenem Alibibeweis – sind sachlichrechtlich nicht zu beanstanden. Zulässige verfahrensrechtliche Beanstandungen im Zusammenhang mit Wiedererkennungsleistungen sind nicht erhoben worden.
Basdorf Häger Gerhardt Raum Brause

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Selbstverschuldete Trunkenheit führt nicht zu einer Milderung der angedrohten Strafe, wenn die Tat eine militärische Straftat ist, gegen das Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des Dienstes begangen wird.

(2) Der Trunkenheit steht ein Rausch anderer Art gleich.

43
bb) Mit § 7 WStG hat der Gesetzgeber, ebenfalls im Hinblick auf die abstrakte Gefährlichkeit des Rausches, eine wehrrechtsspezifische Regelung geschaffen , die eine Strafrahmenmilderung für den Fall dessen schuldhafter Herbeiführung untersagt, wenn die Tat eine militärische Straftat ist, gegen das Kriegsvölkerrecht verstößt oder in Ausübung des Dienstes begangen wird. Die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Täters davon, dass er im Rausch zu Straftaten neigt, setzt die Vorschrift dabei nicht voraus (vgl. Lingens/Korte, WStG, 5. Aufl., § 7 Rn. 5; MüKoStGB/Dau, 2. Aufl., § 7 WStG Rn. 5). Nach den Gesetzesmaterialien wollte der Gesetzgeber mit dieser obligatorischen Strafzumessungsregel den besonders schweren Gefahren für die militärische Diszi- plin begegnen, die ihr "erfahrungsgemäß" durch den Alkoholmissbrauch drohen (BT-Drucks. 2/3040, S. 18; hierzu auch Lingens/Korte aaO, Rn. 1a).

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

5 StR 591/03

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 17. August 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Mordes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. August
2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt S
als Verteidiger für den Angeklagten K ,
Rechtsanwältin B
als Verteidigerin für den Angeklagten J ,
Rechtsanwalt F
als Vertreter der Nebenklägerin M ,
Rechtsanwalt R
als Vertreter des Nebenklägers L ,
Justizangestellte T ,
Justizangestellte Re
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten K und J gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 3. April 2003 werden verworfen.
2. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen, der Angeklagte K zudem die durch sein Rechtsmittel den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen.
3. Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten K wegen Mordes und versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung – unter Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund Kokainkonsums – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren und den Angeklagten J wegen Nichtanzeige einer geplanten Straftat zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Während die Staatsanwaltschaft mit ihren zuungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen lediglich die Strafaussprüche beanstandet, wenden sich die Angeklagten mit der Sachrüge umfassend gegen ihre Verurteilung. Sämtliche Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.

I.


Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
1. Der Angeklagte K hatte am Vorabend des Tattages die Mitangeklagten Ru und J zu einer gemeinsamen Zechtour eingeladen. Vor einem Lokal trafen die drei Männer die wegen Beteiligung an der hier mitausgeurteilten Raubtat rechtskräftig verurteilten W und Th . Ru und K unterhielten sich im Verlauf des Abends über das Schlachten von Schweinen und darüber, was für ein Gefühl es wohl wäre, wenn man mit einem Messer einen Menschen „abstechen“ würde. Ru spielte derweil wie gewohnt mit zwei Messern – einem Butterflymesser und einem Klappmesser.
Gemeinsammit der gesondert verfolgten Mü fuhren die Männer zu einer ländlichen Diskothek. K , der – wie bei ihm damals üblich – schon während der Arbeit Kokain zu sich genommen hatte, schnupfte in der Diskothek ebenfalls mehrfach Kokain, und zwar insgesamt ca. zwei Gramm, die möglicherweise mit Ephedrin gestreckt waren. Gegen 5.30 Uhr verließ die Gruppe gemeinsam die Diskothek. Zu ihnen gesellte sich der später getötete und sichtlich alkoholisierte Ma , der um eine Mitfahrgelegenheit bat, was zunächst abgelehnt wurde. W , der schon zuvor einem Volltrunkenen die Geldbörse entwendet, darin aber kein Geld gefunden hatte , wandte sich an die Gruppe mit der Bemerkung, Ma könne ja Geld bei sich haben. K , Ru , W und Th kamen nun überein, Ma mitzunehmen, ihn noch betrunkener zu machen und ihn unterwegs an einer abgelegenen Stelle auszusetzen, wo ihm seine Geldbörse unter Androhung oder notfalls auch Zufügung von Gewalt weggenommen werden sollte. J versuchte zunächst vergeblich, die übrigen von ihrem Plan abzubringen, und erklärte, er wolle – auch wegen seiner laufenden Bewährung – nichts mit der Sache zu tun haben. Obwohl er – wie er wußte – unschwer in der noch ge-
öffneten Diskothek die Polizei oder den etwas abseits stehenden später Getöteten von dem geplanten Verbrechen hätte informieren und damit die Tat hätte verhindern können, tat er dies nicht.
Die Gruppe fuhr dann in zwei Autos los, in einem Mü , K und Ru mit dem späteren Opfer, im anderen Th , W und J . Auf einem Feldweg, mehrere hundert Meter von der Straße entfernt , hielten die Fahrzeuge absprachegemäß an. K und Ru zogen den sichwehrenden Ma aus dem Auto, wobei sie auf ihn eintraten und einschlugen. W und Th begannen, mit einem abgesägten Spalthammerstiel auf das bereits am Boden liegende Opfer einzuschlagen , W traf dabei mehrfach mit kräftigen Schlägen dessen Kopf. Auch K und Ru schlugen wiederum den bald heftig im Gesicht blutenden und um Gnade flehenden Ma . Nach weiteren Mißhandlungen nahm W die Brieftasche des Opfers an sich, in der sich jedoch kein Geld befand. Währenddessen gelang es Ma , aufzustehen und sich von der Gruppe zu entfernen. Aus ein paar Metern Entfernung rief er: „Eure Gesichter habe ich mir gemerkt“, und lief weiter.
Aus Angst, für die an Ma begangene Straftat zur Verantwortung gezogen zu werden, folgte ihm Ru mit der Äu ßerung: „Der darf nicht am Leben bleiben!“ Während sich W , Th und J in ihrem PKW ein Stück entfernten, verfolgten Ru und in kurzem Abstand K das Opfer. In einem Rapsfeld holte Ru Ma ein und stach ihm dreimal von hinten mit seinem Klappmesser in den Rücken. Nach einem Handgemenge lagen beide am Boden. Ru stach nun heftig mit mindestens 15 bis 20 Stichen auf den Oberkörper des auf dem Rücken liegenden Opfers ein. Auch K war mittlerweile am Tatort erschienen und vernahm , daß Ma deutlich röchelte, also noch am Leben war. Aus Angst, wegen des zuvor begangenen Raubüberfalls zur Verantwortung gezogen zu werden, forderte K mit folgenden Worten Ru auf, Ma zu töten : „Jetzt mußt du das aber richtig machen, denn, wenn der aufsteht, sind
wir geliefert.“ Dieser Aufforderung nachkommend, versetzte Ru seinem Opfer jeweils einen Messerschnitt an der rechten und linken Halsseite im Bereich der Halsschlagader, wodurch infolge Verblutens der Tod von Ma eintrat. Auf der anschließenden Rückfahrt „schwärmte“ Ru - gegenüber K von dem „ganz besonderen Erlebnis“, einen Menschen getötet zu haben, was ihm Spaß bereitet habe und was er als eine Art Höhepunkt seiner kriminellen Karriere betrachte. Diesen Äußerungen pflichtete K im Laufe des Gesprächs immer wieder bei.
2. Das Landgericht hat das zum Tode von Ma führende Geschehen als von K und Ru gemeinschaftlich begangenen Verdeckungsmord bewertet. Die (Mit-)Täterschaft K s hat es insbesondere aus dem deutlich geäußerten Interesse am Taterfolg, aus der Übernahme eines Teils der Tatherrschaft und aus einem fördernden Tatbeitrag gefolgert.
Sachverständig beraten, ist die Jugendkammer bei dem in seiner Persönlichkeit eher gehemmten K zu dem Ergebnis gelangt, daß es im Laufe des Tatgeschehens mehrfach zu ihm wesensfremden Aggressionsund Impulsdurchbrüchen gekommen sei, die für eine erhebliche Beeinträchtigung seiner Steuerungsfähigkeit infolge seines Kokainkonsums sprächen. Insbesondere die bei den Mißhandlungen des Opfers gezeigte Aggressivität lasse sich nicht ohne weiteres mit seinem Persönlichkeitsbild in Einklang bringen. Die Sachverständigen hätten dies als eine mögliche Folge akuter Kokainintoxikation beschrieben. Bislang sei K nicht durch aggressives Verhalten unter Drogeneinfluß auffällig geworden; die drei Eintragungen im Bundeszentralregister betreffen Eigentumsdelikte. Aus diesen Gründen hat das Landgericht die Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB und § 211 Abs. 1 StGB jeweils gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert.
3. Bei dem Angeklagten J hat die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung strafschärfend gewertet, daß er bereits mehrfach, u. a. auch
wegen Raubes, vorbestraft ist und die Tat während laufender Bewährung begangen hat; zudem hätte der Tod des Ma mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert werden können, wenn der Angeklagte seinen Pflichten nachgekommen wäre. Andererseits wurde ihm zugute gehalten, daß er sich teilgeständig eingelassen und in der Tatnacht versucht hat, die anderen von ihrem Vorhaben abzubringen. Eine Strafaussetzung zur Bewährung hat das Landgericht abgelehnt.
4. Der Angeklagte Ru wurde von der Jugendkammer wegen Mordes und versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Diese Verurteilung ist durch Beschluß des Senats nach § 349 Abs. 2 StPO vom heutigen Tage (5 StR 591/03) rechtskräftig.

II.


Den auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft bleibt der Erfolg versagt.
1. Das Landgericht ist in letztlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, daß der Angeklagte K infolge Kokainkonsums (zumindest nicht ausschließbar) bei Tatbegehung in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt war.

a) Es hat – sachverständig beraten – alle Umstände sorgfältig erörtert und geprüft, die für und gegen eine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit sprechen, und letztlich eine solche nicht auszuschließen vermocht. Kokain ist ein berauschendes Mittel, dessen Genuß – ebenso wie der von Alkohol – zu einem Rauschzustand und einer dadurch bedingten Enthemmung führen kann (BGHR StGB § 21 Ursachen, mehrere 15). Zwar wird in den Urteilsgründen die Frage der Erheblichkeit der Beeinträchtigung – wie die Staatsanwaltschaft im Ansatz zu Recht beanstandet – nicht besonders hervorge-
hoben. Der Senat entnimmt dem Gesamtzusammenhang der ausführlichen Erwägungen zur Frage der Steuerungsfähigkeit – insbesondere im Hinblick auf die Schilderung der dem Angeklagten wesensfremden Aggressionsdurchbrüche – jedoch, daß das Landgericht die Rechtsfrage der Erheblichkeit dieser (nicht ausschließbaren) Beeinträchtigung hinreichend erkannt und positiv beantwortet hat. Kokainkonsum kann zu einer solchen erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit führen (vgl. BGHR StGB § 21 BtMAuswirkungen 10), und die von dem Angeklagten konsumierte Menge von über zwei Gramm Kokain stellt (bei üblicher Güte) bereits ein Vielfaches einer gefährlichen Konsumeinheit dar (vgl. Körner, BtMG 5. Aufl. § 29a Rdn. 53 ff. m.w.N.).

b) Auch die vorgenommene Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB hält rechtlicher Prüfung stand. Der Senat hat mit Urteil vom heutigen Tage (5 StR 93/04, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) entschieden , daß an die Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bei (vorwerfbar ) alkoholisierten Tätern höhere Anforderungen zu stellen sind, weil häufig in der Person des Täters oder der Situation Umstände vorliegen, die das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant erhöht haben. Solche auf die konkrete Tatbegehung bezogenen schulderhöhenden Momente können im Rahmen der bei § 21 StGB erforderlichen Gesamtabwägung die durch Einschränkung der Steuerungsfähigkeit bewirkte Schuldminderung ausgleichen, so daß von der fakultativen Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB abgesehen werden kann.
Was für Alkohol gilt, kann jedoch nicht ohne weiteres auf andere Genuß - und Betäubungsmittel übertragen werden. Die enthemmende und hierdurch teils aggressionsfördernde Wirkung des Alkohols ist allgemein bekannt. Bei Betäubungsmitteln sind die Wirkungsweisen dagegen differenzierter und unter Umständen weniger konkret vorhersehbar, zumal die Dosierung und die individuelle Verträglichkeit meist von Fall zu Fall erheblichen Schwankungen unterliegen. Dies gilt auch für den Konsum von Kokain und
einen möglichen Zusammenhang zwischen Kokainkonsum und Aggressionsbereitschaft (vgl. Körner aaO Anhang C 1 Rdn. 168 ff. und 172 ff., je m.w.N.). Wie bei Alkohol gilt allerdings auch beim (vorwerfbaren) Konsum von Betäubungsmitteln, daß eine Strafmilderung regelmäßig dann ausscheidet , wenn der Täter bereits zuvor unter vergleichbarem Drogeneinfluß gewalttätig geworden ist.
Die Bewertung der Umstände des konkreten Einzelfalls und die Entscheidung über die fakultative Strafrahmenverschiebung ist zudem grundsätzlich Sache des Tatrichters. Seine Bewertung unterliegt nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Überprüfung und ist regelmäßig hinzunehmen, sofern die dafür wesentlichen tatsächlichen Grundlagen hinreichend ermittelt und bei der Wertung ausreichend berücksichtigt worden sind (BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Nach diesen Grundsätzen ist die vorgenommene Strafrahmenverschiebung nicht zu beanstanden. Vorliegend hat das Landgericht bei Prüfung der Strafmilderung insbesondere bedacht, daß der Angeklagte K unter Drogeneinfluß bislang nicht gewalttätig geworden ist, so daß es an einer tatbezogenen Vorhersehbarkeit aggressiver Durchbrüche infolge Drogenkonsums mangelte. Ohne eine solche auch subjektive Beziehung der Berauschung zur konkreten Tat fehlte es an dem für eine Versagung der Strafmilderung erforderlichen schulderhöhenden Moment. Dieses läßt sich nicht schon, wie die Staatsanwaltschaft meint, durch die Überlegung ersetzen, der Gesetzgeber mißbillige den Konsum illegaler Drogen generell, weshalb ein solcher stets – und damit auch im Hinblick auf die konkrete Tat – schulderhöhend wirke.
Hinzu kommt, daß vorliegend auch die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes in Frage steht (§ 211 Abs. 1 StGB). An die Versagung einer gemäß § 21, 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich möglichen Strafrahmenverschiebung sind in diesem Fall besondere Anforderungen zu stellen (BGH, Urteil vom 17. August 2004 – 5 StR 93/04; Urteil vom 17. Juni 2004 – 4 StR 54/04). Wenn allein die Wahl zwischen lebenslanger Frei-
heitsstrafe und einer zeitigen Freiheitsstrafe besteht, müssen besonders erschwerende Gründe vorliegen, um die mit den Voraussetzungen des § 21 StGB verbundene Schuldminderung so auszugleichen, daß die gesetzliche Höchststrafe verhängt werden darf (st. Rspr., vgl. BGHR § 21 Strafrahmenverschiebung 7, 8, 12, 18, 25). Solche Umstände hat das Landgericht hingegen nicht festgestellt.
Die für den gemeinschaftlichen Mord verhängte Einzelstrafe von elf Jahren Freiheitsstrafe erscheint zwar vergleichsweise milde. Der Senat nimmt dies aber vor allem deshalb hin, weil das Landgericht sich bei der konkreten Strafzumessung ersichtlich von der (zutreffenden) Überlegung hat leiten lassen, daß sich die Mittäterschaft des Angeklagten K an der Grenze zur Teilnahme bewegt.
2. Keinen rechtlichen Bedenken unterliegt auch die Strafzumessung des Landgerichts bei dem Angeklagten J . Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen belastenden und entlastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BGHSt 34, 345, 349; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 1, 6).
Danach deckt die – insoweit vom Generalbundesanwalt nicht vertretene – Revision der Staatsanwaltschaft Rechtsfehler, die ausnahmsweise der Revision zum Erfolg verhelfen könnten, nicht auf. Die verhängte Freiheits-
strafe ist – gemessen an der vergleichsweise geringen Schuld des Angeklagten J – nicht unvertretbar milde.

III.


Auch die Revisionen der Angeklagten haben keinen Erfolg.
1. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten K .

a) Keinen durchgreifenden Bedenken unterliegt insbesondere die Bewertung seines Tatbeitrags bei der Tötung des Ma als gemeinschaftlicher Mord. Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern will, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung erfaßt sind, in wertender Betrachtung zu entscheiden. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür sind der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so daß Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (vgl. BGHSt 37, 289, 291; BGH StV 1998, 540 m.w.N.). In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatrichter für die ihm obliegende Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Läßt das angefochtene Urteil erkennen, daß der Tatrichter die genannten Maßstäbe gesehen und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (BGH StV 1998, 540 m.w.N.). Die Wertung des Landgerichts ist unter Berücksichtigung der genannten Kriterien aus revisionsrechtlicher Sicht hinzunehmen. Die Strafkammer hat für die Annahme von Mittäterschaft insbesondere auf das erhebliche ei-
gene Interesse des Angeklagten K an der Tötungdes Ma und auf seinen für die konkrete Art und Weise der Tötung letztlich ursächlichen Tatbeitrag abgestellt. Dies ist angesichts der Umstände des vorliegenden Falls vertretbar.

b) Auch die Angriffe der Revision gegen die insoweit vorgenommene Beweiswürdigung des Landgerichts haben keinen Erfolg. Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat die Entscheidung des Tatrichters hinzunehmen und sich auf die Prüfung zu beschränken , ob die Urteilsgründe Rechtsfehler enthalten. Diese sind nur dann gegeben, wenn die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist, gegen die Denkgesetze oder gesichertes Erfahrungswissen verstößt oder an die zur Verurteilung erforderliche Gewißheit übertriebene Anforderungen gestellt worden sind. Das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen ist allein Sache des Tatrichters. Seine Schlußfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; genügend ist, daß sie möglich sind und der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2 m.w.N.). In diesem Sinn deckt die Revision revisible Rechtsfehler in der Beweiswürdigung nicht auf. Der Vortrag des Beschwerdeführers erschöpft sich vielmehr in dem unzulässigen Versuch, mit teils urteilsfremdem Vorbringen die eigene Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Beweiswürdigung zu setzen.

c) Auch ein Verstoß gegen den Zweifelssatz („in dubio pro reo“) ist insoweit nicht ersichtlich. Dabei kommt es nämlich nur auf solche Zweifel an, die der Tatrichter ausweislich der Urteilsgründe tatsächlich gehabt hat und nicht auf solche, die er nach Auffassung der Revision hätte haben müssen (Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl. § 261 Rdn. 26 m.w.N.).
2. Die Revision des Angeklagten J ist offensichtlich unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils auf die erhobene Sachrüge hat ebenfalls keine Rechtsfehler zum Nachteil dieses Angeklagten ergeben.


a) Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält nach den oben genannten Maßstäben revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Auch hier versucht die Revision in unzulässiger Weise, ihre eigene Würdigung an die Stelle der Beweiswürdigung des Landgerichts zu setzen. Die Kenntnis von der geplanten Raubtat ergibt sich ohne weiteres aus den Feststellungen des Landgerichts zu der (in Anwesenheit des Angeklagten J getroffenen) Einigung der Gruppe, dem Geschädigten Ma unter Androhung oder notfalls Zufügung von Gewalt die Geldbörse zu entwenden (UA S. 28).

b) Die Strafzumessung des Landgerichts ist frei von Rechtsfehlern zuungunsten des Angeklagten. Entgegen der Ansicht der Revision ist weder der zeitliche Abstand zu den letzten Taten besonders erheblich, noch hat die Jugendkammer unzutreffend Vorverurteilungen wegen Raubes als einschlägige Vorstrafen gewertet. Zwischen der Vorstrafe wegen Raubes und einer Bestrafung wegen Nichtanzeige eines geplanten Raubes besteht vorliegend eine hinreichende Verbindung; § 138 Abs. 1 StGB schützt mittelbar ebenfalls die von den Katalogtaten betroffenen Rechtsgüter (BGHSt 42, 86, 88). Keinen durchgreifenden Bedenken unterliegt auch der Hinweis des Landgerichts auf die durch eine Anzeige der geplanten Raubtat vermeidbaren Folgen für den Geschädigten Ma . Unter den gegebenen Umständen mußte – gerade angesichts der Gruppendynamik und der Trunkenheit des Opfers – mit Gefahren für Leib und Leben des Opfers durch das geplante Raubdelikt gerechnet werden. Daß eine erneute Strafaussetzung zur Bewährung angesichts des Bewährungsbruchs nicht in Frage kam, bedurfte keiner weiteren Begründung als der gegebenen. Der Senat besorgt auch nicht, daß das Landgericht an dieser oder anderer Stelle die persönlichen Lebensumstände des Angeklagten J oder die Auswirkungen der Strafe hierauf nicht hinreichend bedacht haben könnte, zumal eine erschöpfende Aufzählung sämtlicher Strafzumessungsgesichtspunkte – auch etwa der gruppendynamischen Prozesse – weder erforderlich noch möglich ist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 46 Rdn. 106 m.w.N.).

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