Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - I ZB 21/11

bei uns veröffentlicht am17.08.2011
vorgehend
Landgericht Hamburg, 315 O 125/10, 02.12.2010
Hanseatisches Oberlandesgericht, 5 U 4/11, 08.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 21/11
vom
17. August 2011
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 233 Gc, 85 Abs. 2
Der Grundsatz, dass ein Rechtsanwalt darauf vertrauen darf, dass eine bislang
zuverlässige Kanzleikraft eine konkrete Einzelweisung befolgen wird, gilt insoweit
nicht, als der Rechtsanwalt von der ihm selbst ohne weiteres möglichen
Beseitigung eines von ihm erkannten Fehlers absieht.
BGH, Beschluss vom 17. August 2011 - I ZB 21/11 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. August 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 8. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 250.000 €

Gründe:


1
I. Das Landgericht Hamburg hat die auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Freihaltung der Klägerin von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung bis zum Betrag von 2.067,60 € gerichtete Klage mit Urteil vom 2. Dezember 2010 abgewiesen. Die Klägerin hat gegen das ihr am 3. Dezember 2010 zugestellte Urteil mit versehentlich an das Landgericht Hamburg adressiertem Schriftsatz vom 30. Dezember 2010 Berufung eingelegt. Der Schriftsatz ist am 30. Dezember 2010 bei der Gemeinsamen Annahmestelle beim Amtsgericht Hamburg eingegangen, die auch für die Entgegennahme von an das Landgericht Hamburg und das Oberlandesgericht Hamburg gerichteten Schriftstücken zuständig ist. Der Vorsitzende der Zivilkammer 15 des Landgerichts Hamburg hat die Berufungsschrift mit Verfügung vom 4. Januar 2011 an das Oberlandesgericht Hamburg weitergeleitet, wo sie am 6. Januar 2011 eingegangen ist. Die Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts Hamburg hat der Klägerin mit Schreiben vom 7. Januar 2011 außer dem Aktenzeichen des Berufungsverfahrens auch mitgeteilt, dass die Berufung dort am 30. Dezember 2010 eingegangen sei. Demgegenüber hat der Vorsitzende des Berufungssenats der Klägerin mit Schreiben vom 17. Januar 2011 mitgeteilt, dass der Senat die Verwerfung der Berufung als unzulässig beabsichtige, weil die Berufungsschrift beim Oberlandesgericht erst am 6. Januar 2011 und damit nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangen sei.
2
Die Klägerin hat daraufhin am 31. Januar 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die stets gründlich und ordentlich arbeitende Rechtsanwaltsfachangestellte W. habe beim auftragsgemäßen Erstellen der Berufungsschrift am 30. Dezember 2010 als Empfänger versehentlich das Landgericht Hamburg eingesetzt. Rechtsanwalt Dr. S. habe diesen Fehler bemerkt und Frau W. deshalb angewiesen, die erste Seite des Schriftsatzes vor seiner Einreichung bei Gericht gegen eine Fassung mit dem Oberlandesgericht Hamburg als Adressat auszutauschen. Im Vertrauen darauf, dass Frau W. dieser Anweisung Folge leisten werde, habe er den Schriftsatz auf der zweiten Seite bereits unterschrieben. Frau W. habe die ihr erteilte Anweisung in der Hektik der Erstellung verschiedener Schriftsätze vor Jahresende allerdings vergessen und die von Rechtsanwalt Dr. S. bereits unterschriebene Berufungsschrift daher in ihrer ursprünglichen Form am 30. Dezember 2010 bei der Gemeinsamen Annahmestelle abgegeben.
3
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen und deren Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.
4
II. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Wiedereinsetzungsantrag zwar fristgerecht gestellt worden und damit zulässig, weil die Klägerin aufgrund der Mitteilung vom 7. Januar 2011 bis zum Zugang des Schreibens des Vorsitzenden des Berufungssenats von einer rechtzeitigen Rechtsmitteleinlegung habe ausgehen können. Der Antrag sei aber unbegründet, weil die Fristversäumung wesentlich und vorrangig auf einem Ausführungsfehler von Rechtsanwalt Dr. S. und einem Organisationsmangel im Büro der Klägervertreter beruht habe und die Klägerin sich beides gemäß § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zurechnen lassen müsse. Selbst wenn Frau W. eine vertrauenswürdige Mitarbeiterin gewesen sei, bei der von einer ordnungsgemäßen Ausführung ihr erteilter Anordnungen habe ausgegangen werden können, und Rechtsanwalt Dr. S. klare Anweisungen gegeben habe, stelle es wegen der besonderen Bedeutung der richtigen Adressierung einer Berufungsschrift bereits ein erhebliches Anwaltsverschulden dar, dass Rechtsanwalt Dr. S. den ihm vorgelegten Schriftsatz trotz Erkennens seiner Fehladressierung unterschrieben und damit eine formal wirksame Prozesserklärung abgegeben habe, die in dieser Form an das Gericht habe weitergeleitet und dort trotz Fehladressierung als formwirksame Berufungsschrift habe behandelt werden können. Zudem hätte es wegen des von Rechtsanwalt Dr. S. bemerkten gravierenden Fehlers bei der Adressierung und der von ihm vorgenommenen Unterzeichnung anwaltlicher Sorgfalt entsprochen, nicht schlicht auf eine ordnungsgemäße Ausführung der Anweisung zu vertrauen, sondern deren Umsetzung nochmals zu überprüfen.
5
Wegen der in der eidesstattlichen Versicherung von Frau W. angesprochenen Hektik, die seinerzeit in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin geherrscht habe, hätten bei einer ordnungsgemäßen Kanzleiorganisation zudem Vorkehrungen gegen folgenschwere Flüchtigkeitsfehler der Mitarbeiter getroffen werden müssen. Überdies habe die Klägerin ihre von der Beklagten nachhaltig bestrittene Darstellung der Zuverlässigkeit von Frau W. weder substantiiert noch ausreichend glaubhaft gemacht. Ein Verschulden des Rechtsanwalts Dr. S. folge zumindest aus der Gesamtschau aller relevanten Umstände.
6
III. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde der Klägerin ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, den Erfordernissen des § 575 ZPO entsprechend formund fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). In der Sache hat sie allerdings keinen Erfolg.
7
1. Das Berufungsgericht ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde mit Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Frist für die bei ihm einzulegende Berufung gegen das klagabweisende Urteil erster Instanz versäumt hat. Die insoweit maßgebliche Monatsfrist des § 517 ZPO hat mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils des Landgerichts am 3. Dezember 2010 zu laufen begonnen und ist am 3. Januar 2011 abgelaufen, ohne dass beim Berufungsgericht eine Berufungsschrift der Klägerin eingegangen war. Der Umstand, dass der von Rechtsanwalt Dr. S. am 30. Dezember 2010 unterzeichnete Schriftsatz bereits an diesem Tag bei der auch für die Entgegennahme der an das Oberlandesgericht gerichteten Schriftsätze zuständigen Ge- meinsamen Annahmestelle beim Amtsgericht Hamburg eingegangen war, ändert daran ebenso wenig etwas wie der weitere Umstand, dass die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts der Klägerin mit Schreiben vom 7. Januar 2011 mitgeteilt hat, dass die Berufung dort am 30. Dezember 2010 eingegangen sei.
8
a) Die Rechtsbeschwerde weist allerdings zutreffend darauf hin, dass der Eingang eines Schriftsatzes, mit dem eine Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil eingelegt wird, bei der sowohl für das Erstgericht als auch für das Berufungsgericht zuständigen Gemeinsamen Annahmestelle nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann die Berufungsfrist wahrt, wenn in dem Schriftsatz kein Empfänger bezeichnet ist und der Schriftsatz deshalb erst nach Ablauf der zu wahrenden Frist an das Rechtsmittelgericht weitergeleitet wird (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 1992 - X ZB 17/91, NJW 1992, 1047). Die für den fristwahrenden Zugang erforderliche Zugriffsmöglichkeit des zuständigen Gerichts ist nicht nur dann eröffnet, wenn dieses in dem Schriftsatz ausdrücklich bezeichnet ist, sondern auch dann, wenn es diesem hinreichend sicher zugeordnet werden kann (BGH, NJW 1992, 1047). Diese Voraussetzung erfüllt ein ohne Nennung seines Adressaten bei einer gemeinsamen Einlaufstelle für mehrere Gerichte eingegangener Schriftsatz bereits dann, wenn er aufgrund der ohne weiteres erkennbaren Bedeutung seines Inhalts einem dieser Gerichte hinreichend sicher zugeordnet werden kann.
9
b) Eine solche hinreichend sichere Zuordnung ist jedoch dann nicht möglich , wenn bei einer Gemeinsamen Annahmestelle ein falsch adressierter Rechtsmittelschriftsatz eingeht. In einem solchen Fall besteht für das Personal der Annahmestelle grundsätzlich kein Anlass zu prüfen, welchem der der Annahmestelle angeschlossenen Gerichte der Schriftsatz zuzuordnen ist. Daher ist ein solcher Schriftsatz grundsätzlich allein bei dem Gericht eingereicht, an das er adressiert ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 18. Februar 1997 - VI ZR 28/96, NJW-RR 1997, 892; Beschluss vom 17. März 2009 - VIII ZB 66/08, juris Rn. 6; BAG, NJW 2002, 845, 846). Abweichendes gilt zwar etwa dann, wenn die die Berufungsbegründung enthaltende Prozesserklärung zu dem bereits anhängigen Berufungsverfahren unter Angabe des für dieses vergebenen Aktenzeichens eingereicht wird und damit aus dem Gesamtzusammenhang der Erklärung die Fehlerhaftigkeit der Adressierung ohne weiteres erkennbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1988 - VII ZB 1/88, NJW 1989, 590, 591) oder wenn der mit der Postverteilung betraute Bedienstete die Fehladressierung von sich aus bemerkt und den Schriftsatz deshalb an das richtige Gericht weiterleitet (Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 519 Rn. 20). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Die erste Seite des Schriftsatzes vom 30. Dezember 2010 enthielt keinen für die Gemeinsame Annahmestelle beim Amtsgericht Hamburg erkennbaren Hinweis darauf, dass der Schriftsatz entgegen seiner Adressierung an das Oberlandesgericht Hamburg gerichtet sein sollte.
10
c) Die Mitteilung der Geschäftsstelle des Berufungsgerichts vom 7. Januar 2011, die Berufung sei dort am 30. Dezember 2010 eingegangen, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Sie steht mit dem sonstigen Inhalt der Akten in Widerspruch und beruhte ersichtlich darauf, dass der Geschäftsstellenbeamte - nach den vorstehenden Ausführungen zu Unrecht - angenommen hat, dass die Berufungsschrift mit dem Eingang bei der Gemeinsamen Annahmestelle ungeachtet dessen bereits beim Oberlandesgericht eingegangen war, dass sie an das Landgericht adressiert war.
11
2. Das Berufungsgericht hat der Klägerin die innerhalb der Frist des § 234 ZPO beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht ver- sagt. Die Versäumung der Berufungsfrist beruht auf einem Verschulden des Rechtsanwalts Dr. S., das sich die Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.
12
a) Die Frage, ob einen Prozessbevollmächtigten ein entsprechendes Verschulden trifft, ist nach einem objektiv-typisierten Maßstab zu beantworten, wobei auf die Person des Bevollmächtigten abzustellen ist (BAGE 54, 105, 108 f. = NJW 1987, 1355; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 85 Rn. 13; Musielak /Weth aaO § 85 Rn. 18, jeweils mwN). Verschuldensmaßstab ist dabei nicht mehr wie unter der Geltung des auf unabwendbare Zufälle abstellenden § 233 Abs. 1 ZPO aF die äußerste und größtmögliche Sorgfalt, sondern die von einem ordentlichen Rechtsanwalt zu fordernde übliche Sorgfalt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 1992 - XII ZB 92/91, NJW 1992, 2488, 2489; Beschluss vom 31. März 2010 - XII ZB 166/09, FamRZ 2010, 879 Rn. 15; Zöller/ Vollkommer aaO § 85 Rn. 13; Musielak/Weth aaO § 85 Rn. 18, jeweils mwN). Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts dürfen dabei nicht überspannt werden; ihre Beachtung muss im Einzelfall auch zumutbar sein, da andernfalls das Recht auf wirkungsvollen Rechtsschutz und zumutbaren Zugang zu den Gerichten verletzt wird (vgl. BVerfGE 79, 372, 378; BVerfG [Kammer ], NJW 2007, 3342; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227 f.; Zöller/Vollkommer aaO § 85 Rn. 13 mwN). Dementsprechend fehlt es grundsätzlich an einem der Partei zuzurechnenden Verschulden ihres Anwalts an der Fristversäumung, wenn der Anwalt einer Kanzleikraft, die sich bislang als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte; ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine bislang zuverlässige Kanzleikraft eine konkrete Einzelanweisung befolgt (BGH, Beschluss vom 13. April 2010 - VI ZB 65/08, NJW 2010, 2287 Rn. 5 f. mwN). Die Ausführung einer erteilten konkreten Einzelanweisung muss nur dann überprüft werden, wenn abzusehen ist, dass die Weisung nicht befolgt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 2009 - V ZB 191/08, NJW 2009, 3036 Rn. 12 f.).
13
b) Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat sie auf den Streitfall auch nicht in einer Weise angewandt, bei der die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Rechtsanwalts überspannt werden. Es hat ein Verschulden des Rechtsanwalts Dr. S. mit Recht bereits darin erblickt , dass dieser die erkanntermaßen fehladressierte Berufungsschrift unterzeichnet hat, ohne sie dabei entweder selbst handschriftlich zu korrigieren oder immerhin zusätzliche Maßnahmen zu treffen bzw. zu veranlassen, um sicherzustellen , dass Frau W. die ihr von ihm zum Zwecke der Korrektur des Fehlers erteilte Einzelweisung tatsächlich befolgte.
14
aa) Die Rechtsbeschwerde weist in diesem Zusammenhang allerdings mit Recht darauf hin, dass der oben in Randnummer 12 dargestellte Vertrauensgrundsatz nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann nicht gilt, wenn eine Rechtsmittelschrift mehrere für die Zulässigkeit des Rechtsmittels relevante Fehler aufweist (vgl. nur BGH, NJW 2010, 2287 Rn. 7 mwN). Im Streitfall war diese Voraussetzung nicht erfüllt; vielmehr lag allein ein einziger (Flüchtigkeits-)Fehler bei der Adressierung vor, der zwar gravierend, aber nach seiner Entdeckung evident und bereits durch eine handschriftliche Korrektur der ersten Seite des einzureichenden Schriftsatzes und/oder durch den (nachfolgenden) Austausch dieser Seite auch unschwer zu korrigieren war.
15
bb) Die für Rechtsanwalt Dr. S. insoweit gegebene Möglichkeit, den Fehler bei der Adressierung der Berufungsschrift nach seiner Entdeckung bereits selbst ohne jeden weiteren Aufwand durch eine entsprechende handschriftliche Korrektur zu beseitigen, setzte hier allerdings auch den Vertrauensgrundsatz außer Kraft. Dieser Grundsatz soll - wie oben in Randnummer 12 dargelegt - verhindern, dass das Recht auf wirkungsvollen Rechtsschutz und zumutbaren Zugang zu den Gerichten verletzt wird. Für seine Anwendung ist daher kein Raum, wenn der Rechtsanwalt von der ihm selbst ohne weiteres möglichen Beseitigung eines erkannten Fehlers absieht und stattdessen darauf vertraut, dass sein Personal den Fehler aufgrund einer erteilten Einzelweisung beseitigen wird.
16
IV. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde der Klägerin unbegründet und daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 02.12.2010 - 315 O 125/10 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 08.03.2011 - 5 U 4/11 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - I ZB 21/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - I ZB 21/11

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - I ZB 21/11 zitiert 11 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Zivilprozessordnung - ZPO | § 238 Verfahren bei Wiedereinsetzung


(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. (2) A

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - I ZB 21/11 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - I ZB 21/11 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2002 - V ZB 16/02

bei uns veröffentlicht am 04.07.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 16/02 vom 4. Juli 2002 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO (2002) §§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 233 Fc a) Eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige u

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. März 2009 - VIII ZB 66/08

bei uns veröffentlicht am 17.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 66/08 vom 17. März 2009 in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Wolst, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sow

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2009 - V ZB 191/08

bei uns veröffentlicht am 25.06.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 191/08 vom 25. Juni 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 B Eine Einzelanweisung, die nicht erkennen lässt, dass von dem üblichen Arbeitsablauf abgewichen werden s

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. März 2010 - XII ZB 166/09

bei uns veröffentlicht am 31.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 166/09 vom 31. März 2010 in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. März 2010 durch den Richter Dose, die Richterin Dr. Vézina und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günte

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2010 - VI ZB 65/08

bei uns veröffentlicht am 13.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 65/08 vom 13. April 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fc Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als
11 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2011 - I ZB 21/11.

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2019 - V ZB 132/17

bei uns veröffentlicht am 13.06.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 132/17 vom 13. Juni 2019 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:130619BVZB132.17.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juni 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2019 - VIII ZB 71/18

bei uns veröffentlicht am 16.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 71/18 vom 16. Juli 2019 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:160719BVIIIZB71.18.0 Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Juli 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. H

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2016 - VIII ZR 357/14

bei uns veröffentlicht am 20.09.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZR 357/14 vom 20. September 2016 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:200916BVIIIZR357.14.0 Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger sowi

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2013 - VI ZB 4/13

bei uns veröffentlicht am 12.11.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 4/13 vom 12. November 2013 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fe, § 574, § 577 a) Verschuldensmaßstab im Rahmen des § 233 ZPO ist nicht die äußerste oder größtmö

Referenzen

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

6
Das ist hier zwar für das Original des unmittelbar bei dem Amtsgericht Lichtenberg eingereichten Fristverlängerungsantrages zu verneinen, weil dieser erst am 23. Mai 2008 bei dem Landgericht Berlin eingegangen ist, nachdem das Amtsgericht Lichtenberg die falsche Adressierung erkannt und den Schriftsatz weitergeleitet hatte. Anders verhält es sich dagegen mit dem vorab durch Telefax übermittelten Fristverlängerungsantrag, der unter der angegebenen Telefaxnummer zur Posteingangsstelle der Justizbehörde Mitte I gelangt ist, bei der auch die für das Landgericht Berlin bestimmten Schriftstücke entgegengenommen werden. Zwar ist ein Schriftstück, das bei einer gemeinsamen Einlaufstelle für mehrere Gerichte eingeht, bei dem Gericht eingereicht, an das es gerichtet ist, da nur dieses Gericht durch den Eingang die zur Kenntnisverschaf- fung vom Inhalt des eingereichten Schriftstücks erforderliche tatsächliche Verfügungsgewalt erlangt (BGH, Beschluss vom 10. Januar 1990, aaO; BAG, NJW 2002, 845, 846 m.w.N.). Anders verhält es sich, wenn in solch einem Fall die Falschadressierung sogleich erkannt und der Schriftsatz deshalb unmittelbar an das zuständige Gericht weitergeleitet wird; in diesem Fall ist das Schriftstück trotz der Falschadressierung sogleich bei dem zuständigen anderen Gericht der gemeinsamen Einlaufstelle eingegangen (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1960 - V ZB 11/60, NJW 1961, 361; BAG, AnwBl 2001, 72). Angesichts der Offenkundigkeit der tatsächlich gemeinten Adressierung des Schriftstücks wandelt sich in diesem Fall ein zunächst gegebener Mitgewahrsam aller an der gemeinsamen Einlaufstelle beteiligten Gerichte umgehend in einen für den Zugang ausreichenden Alleingewahrsam des zuständigen Gerichts, so dass für eine einzuhaltende Frist auf den Zugang des Schriftstücks bei der gemeinsamen Einlaufstelle abzustellen ist (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2004 - II ZB 18/03, FamRZ 2004, 1480, unter II 2). Entsprechendes gilt schließlich, wenn das bei einer gemeinsamen Einlaufstelle eingegangene Schriftstück überhaupt nicht adressiert ist. In diesem Fall besteht für das Personal der gemeinsamen Einlaufstelle von vornherein Anlass zu der Prüfung, welchem der angeschlossenen Gerichte das Schriftstück zugeordnet werden soll. Den für einen Zugang erforderlichen Alleingewahrsam erlangt hier sogleich das Gericht, für das das Schriftstück nach dem Ergebnis der vorzunehmenden Prüfung aufgrund seines Inhalts ersichtlich bestimmt ist (BGH, Beschluss vom 18. Februar 1997 - VI ZB 28/96, NJW-RR 1997, 892, unter II 1; vgl. ferner Beschluss vom 28. Januar 1992 - X ZB 17/91, NJW 1992, 1047, unter II).

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

15
(4) Nach allgemeiner Ansicht muss bei der Prüfung des Verschuldens auf die für eine Prozessführung erforderliche, übliche Sorgfalt eines ordentlichen Rechtsanwalts abgestellt werden (BGH Beschluss vom 22. November 1984 - VII ZR 160/84 - NJW 1985, 1710 m.w.N.; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 30. Aufl. § 233 Rdn. 13; Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 233 Rdn. 13). Erkennt ein Rechtsanwalt, dass er eine gesetzliche oder richterlich gesetzte Frist nicht einhalten kann, muss er durch einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Fristver- längerung dafür Sorge tragen, dass ein Wiedereinsetzungsgesuch nicht notwendig wird (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 233 Rdn. 23 "Fristverlängerung"). Kommt eine Verlängerung der einzuhaltenden Frist etwa aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht, gebietet es die anwaltliche Sorgfalt, die erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung der Frist zu ergreifen (Zöller/Greger, aaO; in diesem Sinne auch BGH Beschluss vom 24. November 2009 - VI ZB 69/08 - FamRZ 2010, 370).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 16/02
vom
4. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) §§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 233 Fc

a) Eine Sache, die eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige
Rechtsfrage aufwirft, welche sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen
stellen kann, hat grundsätzliche Bedeutung.

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt,
wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als
einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die
Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung
überläßt, ist eine Frage des Einzelfalls und als solche einer Verallgemeinerung
nicht zugänglich.

c) Die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
nur dann, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung
von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen
oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlaß, wenn es
für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte
an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise
fehlt.

d) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung
des Rechtsbeschwerdegerichts nur dann, wenn bei der Auslegung
oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus
die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Dies ist in der Regel dann
der Fall, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen
Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist und die
angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - KG in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am4. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluû des 25. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 8. Februar 2002 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 8.835,12 ?.

Gründe:

I.


Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Herausgabe eines Grundstücks an die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin verurteilt. Gegen dieses ihrem Prozeûbevollmächtigten am 24. August 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 25. September 2001 beim Kammergericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist um einen Tag beantragt. Zur Rechtfertigung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat sie vorgetragen und glaubhaft gemacht: Eine im Büro des Beklagtenvertreters seit 1990 stets sehr zuverlässig und fehlerlos arbeitende Gehilfin habe die Akte am Freitag, dem 21. September 2001 (weisungsgemäû notierte dreitägige Vorfrist), im Büro
nicht auffinden können. Zu diesem Zeitpunkt sei sie infolge Urlaubs einer weiteren Vollzeitmitarbeiterin und Abwesenheit einer nur an drei Tagen in der Woche tätigen Teilkraft die einzig verfügbare Angestellte gewesen. Wegen des von ihr zu bewältigenden auûerordentlichen Arbeitsanfalles habe sie die Aktensuche auf Montag, den 24. September 2001 (Ablauf der notierten Berufungsfrist ), verschoben. An diesem Tag habe die Gehilfin die im Fristenbuch eingetragenen Verfahrensakten herausgesucht, jedoch in der unzutreffenden, nicht überprüften Annahme, die den vorliegenden Fall betreffende Akte läge dem Beklagtenvertreter bereits mit einem Extrazettel "Fristablauf" vor, die rot notierte Berufungsfrist gestrichen und später im Fristenbuch neben der dort bereits durchgestrichenen Rotfrist einen Erledigungsvermerk mit ihrem Kürzel angebracht. Auch an diesem Tag sei sie als wiederum allein im Büro anwesende Angestellte einem auûerordentlichen Arbeitsdruck ausgesetzt gewesen. Allerdings habe der Beklagtenvertreter sie dadurch entlastet, daû er die am Wochenende und Montag eingegangene umfangreiche Post selbst bearbeitet, insbesondere die Notierung der jeweiligen Fristen und Termine verfügt habe. Diese Maûnahme habe sich in der Vergangenheit immer als ausreichend erwiesen , zumal der Beklagtenvertreter in Urlaubs- und Krankheitszeiten durch regelmäûige Stichproben überprüft habe, ob die im Kalender eingetragenen Fristen ordnungsgemäû gestrichen würden.
Das Kammergericht hat mit Beschluû vom 8. Februar 2002 den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen am 5. März 2002 zugestellten Beschluû richtet sich die am 22. März 2002 eingegangene Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie ihr Wiedereinsetzungsgesuch weiterverfolgt und die Aufhebung der vom Kammergericht ausgesprochenen Verwerfung der Berufung erstrebt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft (vgl. Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rdn. 20; Zöller/Greger, aaO, § 238 Rdn. 7). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 543 Rdn. 4; Musielak /Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdn. 5; Zöller/Gummer, aaO, § 543 Rdn. 11). So liegen die Dinge hier nicht. Die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsanwalt seine Sorgfaltspflicht verletzt, wenn er einer zuverlässigen Angestellten auch an den Tagen, an denen sie als einzige von insgesamt drei Vollzeit- bzw. Teilzeitkräften im Büro anwesend ist, die Fristenkontrolle ohne zusätzliche eigene Nachprüfung überläût, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab und ist einer Verallgemeinerung nicht zugänglich. Denn dabei ist nicht allein entscheidend, in welchem Umfang der Personalbestand reduziert ist, sondern es kommt vor allem darauf an, ob infolge einer angespannten Personallage eine erkennbare und durch zumutbare Maûnahmen behebbare Überlastung der mit der Fristenkontrolle betrauten, verfügbaren Mitarbeiter
eingetreten ist. Dementsprechend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung je nach Fallgestaltung eine Erhöhung der grundsätzlichen Organisationspflichten eines Anwalts im Falle einer erheblichen Mehrbelastung des verfügbaren Personals manchmal bejaht (vgl. BGH, Beschl. v. 1. April 1965, II ZB 11/64, VersR 1965, 596, 597: Ausfall zweier von drei Bürokräften; Beschl. v. 1. Juli 1999, III ZB 47/98, NJW-RR 1999, 1664: Ausfall zweier von drei Mitarbeiterinnen während eines Arbeitstages; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783 f: Reduzierung der Belegschaft auf fast die Hälfte für mehr als einen Monat; Beschl. v. 28. Juni 2001, III ZB 24/01, NJW 2001, 2975, 2976: Verzicht auf Eintragung des Fristablaufes bei Erkrankung einer Mitarbeiterin zum Fristende und unzureichender Wiedervorlagezeit wegen eines Wochenendes), teilweise aber auch verneint (BGH, Beschl. v. 17. November 1975, II ZB 8/75, VersR 1976, 343: Abwesenheit zweier von drei Kräften; Beschl. v. 29. Juni 2000, Vll ZB 5/00, NJW 2000, 3006: Ausscheiden eines Anwalts und Eheprobleme einer Anwaltssekretärin; Beschl. v. 27. März 2001, VI ZB 7/01, NJW-RR 2001, 1072, 1073: Doppeltes Fehlverhalten einer Bürokraft in einer Sache). Vorliegend erschöpft sich die Beurteilung der Sorgfaltspflichten des Beklagtenvertreters ebenfalls in einer Würdigung der konkreten Einzelfallumstände und ist damit nicht auf eine unbestimmte Anzahl von Fällen übertragbar.
Ob einer Sache grundsätzliche Bedeutung auch dann zukommt, wenn nur die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung für die Allgemeinheit von Bedeutung sind, kann hier offen bleiben, weil dieser Tatbetand hier ebenfalls nicht vorliegt.
2. Aus denselben Gründen ist eine Entscheidung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) geboten.
Eine höchstrichterliche Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts nur dann erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 104; BGHSt 24, 15, 21 f; Hannich in: Hannich/Meyer/Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 22; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 7; Zöller/Greger, aaO, § 543 Rdn. 12). Die Beklagte zeigt aber nicht auf, daû über die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Verschärfung der Organisationspflichten eines Anwalts in Fällen angespannter Personallage (vgl. vor allem Beschl. vom 1. Juli 1999, III ZB 47/98 aaO; Beschl. v. 26. August 1999, VII ZB 12/99 aaO; Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, aaO), zur fehlenden Zurechenbarkeit organisationsunabhängigen Fehlverhaltens von Angestellten (vgl. Beschl. v. 23. März 2001, VI ZB 7/01, aaO) oder zum Überwachungs- und Organisationsverschulden bei Häufung von Mängeln (vgl. Beschl. v. 18. Dezember 1997, III ZB 41/97, BGHR ZPO § 233 Büropersonal 11) hinaus eine Notwendigkeit für weitere sachverhaltsbezogene Leitlinien besteht. Für die Aufstellung höchstrichterlicher Leitsätze besteht nur dann Anlaû, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zunächst in den Fällen einer Divergenz
geboten (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 5 - zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Musielak/Ball, aaO, § 543 Rdn. 8, § 574 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers, aaO, § 543 Rdn. 6, 574 Rdn. 2). Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, daû die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die von ihr angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung, also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Vergleichsentscheidungen tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGHZ 89, 149, 151; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, aaO).

b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung schlieûlich auch dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 543 Rdn. 23, § 574 Rdn. 12).
aa) Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn das Beschwerdegericht Verfahrensgrundrechte verletzt hat (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 104, 116; Lipp, NJW 2002, 1700, 1701; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, aaO, § 543 Rdn. 8; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, aaO; Zöller/Vollkommer, aaO, Einl. Rdn. 103), namentlich die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Aus dem Beschluû des IX. Zivilsenats vom 7. März 2002, IX ZB 11/02, NJW 2002, 1577 - zur Veröffentl. in BGHZ
vorgesehen) ergibt sich nichts anderes. Dieser verweist ledigIich darauf, daû zur Korrektur von Verfahrensgrundrechtsverletzungen (§ 544 ZPO) eine "auûerordentliche Rechtsbeschwerde" nicht statthaft ist. Zu der - hiervon zu unterscheidenden - Frage, unter welchen Voraussetzungen eine "statthafte" Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 ZPO) zulässig ist, hat der IX. Zivilsenat dagegen nicht Stellung genommen. Ist die Rechtsbeschwerde - wie hier - gemäû § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, dann hat das Rechtsbeschwerdegericht - im Rahmen seiner Möglichkeiten - die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten und einen Grundrechtsverstoû der Vorinstanz zu beseitigen (vgl. BVerfGE 49, 252, 257 ff; 73, 322, 327; vgl. ferner BVerfG, Vorlagebeschl., ZVI 2002; 122), sofern diese nicht - etwa im Wege der Gegenvorstellung - die Grundrechtsverletzung selbst geheilt hat (vgl. BVerfGE 63, 77, 79; 73, 322, 327; BGHZ 130, 97, 99 ff; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99, JZ 2000, 526 f; Beschl. v. 26. April 2001, IX ZB 25/01, NJW 2001, 2262; vgl. ferner BT-Drucks. 14/4722, S. 63). Da andererseits für die Frage, ob die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung erfordert, Art und Gewicht eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann Bedeutung erlangen sollen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen (BT-Drucks. 14/4722 S. 104; Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), wird eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde in der Regel nur dann zulässig sein, wenn nach den Darlegungen des Beschwerdeführers ein Verstoû gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zu Tage tritt, also offenkundig ist (vgl. auch BVerfGE 47, 182, 187; 69, 233, 246; 73, 322, 329; 86, 133, 145 f; BVerfG, NJW-RR 2002, 68, 69), und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht.
bb) Die Beklagte zeigt jedoch keine (hinreichenden) Anhaltspunkte für eine offenkundige Verletzung von Verfahrensgrundrechten auf.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 41, 323, 326 ff; 41, 332, 334 ff; 44, 302, 305 ff; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1993, 720; 1995, 249; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162). Demgemäû dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlaût haben muû, um Wiedereinsetzung zu erlangen, insbesondere beim "ersten Zugang" zum Gericht (vgl. BVerfGE 25, 158, 166; 38, 35, 38; 40, 88, 91; 67, 208, 212 ff), aber auch beim Zugang zu einer weiteren Instanz (vgl. BVerfGE 44, 302, 305 ff; 62, 334, 336; 69, 381, 385; BVerfG, NJW 1995, 249; 1996, 2857; 1999, 3701, 3702; 2001, 2161, 2162) nicht überspannt werden. Entsprechendes gilt für die Anforderungen, die nach Fristversäumung an den Vortrag und die Glaubhaftmachung der Versäumungsgründe gestellt werden dürfen (vgl. BVerfGE 26, 315, 319, 320; 37, 100, 103; 40, 42, 44; 40, 88, 91; BVerfG, NJW 1997, 1770, 1771).
(2) Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoûen. Insbesondere hat es die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts und
die Kausalität einer Pflichtverletzung zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.
Das Beschwerdegericht geht davon aus, daû die von der Beklagten vorgetragenen und glaubhaft gemachten organisatorischen Maûnahmen grundsätzlich den von höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine hinreichende Fristenkontrolle genügen (vgl. BGH, Beschl. v. 26. Februar 1996, II ZB 7/95, NJW 1996, 1540, 1541; Beschl. v. 14. März 1996, III ZB 13/96, VersR 1996, 1298; Beschl. v. 27. November 1996, XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312, 1313). Es ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, daû im Büro des Beklagtenvertreters sowohl im Zeitpunkt der auf den 21. September 2001 notierten Vorfrist als auch bei Ablauf der Berufungsfrist (24. September 2001) infolge des Ausfalls von zwei Bürokräften und der hierdurch bedingten erheblichen Mehrbelastung der allein verbliebenen Mitarbeiterin eine Sondersituation gegeben war, die den Beklagtenvertreter ausnahmsweise zu einer eigenen Fristenkontrolle verpflichtete. Diese auf den Einzelfall bezogene rechtliche Würdigung hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Zwar hätte das Beschwerdegericht nicht ohne weitere Aufklärung unterstellen dürfen, daû die allein verbliebene Bürokraft des Beklagtenvertreters auch deswegen einer erheblichen Arbeitsbelastung ausgesetzt war, weil sie nicht nur für diesen, sondern auch für einen mit diesem in Bürogemeinschaft verbundenen weiteren Rechtsanwalt tätig gewesen sei. Hierin liegt jedoch kein Verstoû gegen die Grundrechte auf rechtliches Gehör und Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes. Denn eine Beeinträchtigung dieser Verfahrensgrundrechte läge nur dann vor, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts hierauf beruhte (vgl. BVerfGE 86, 133, 147; 89, 381, 392 f). Dies ist jedoch nicht der Fall, da bereits allein der im Büro des Beklagtenvertreters
selbst aufgetretene auûergewöhnliche Arbeitsanfall Anlaû zu einer eigenen Fristenkontrolle des Anwalts gab. Aus dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten ergibt sich nämlich, daû das dort am 21. und 24. September anstehende Arbeitspensum von der verbliebenen Kanzleikraft allein nicht hinreichend bewältigt werden konnte.
(3) Auch für eine offenkundige Verletzung des Grundrechts auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Ein Verstoû hiergegen kommt nur in Betracht , wenn die angefochtene Entscheidung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und daher auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 87, 273, 278 ff; BVerfG, NJW 1996, 1336; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99 aaO) oder wenn durch zu strenge Anforderungen an die Erfolgsaussicht eines Vorbringens (Prozeûkostenhilfe) eine sachwidrige Ungleichbehandlung erfolgt (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 92/97, NJW 1998, 82). Dies ist jedoch nicht der Fall.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger Klein Lemke
5
1. Das Berufungsgericht übersieht, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein der Partei zuzurechnendes Verschulden ihres Anwalts (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO) an der Fristversäumung grundsätzlich nicht gegeben ist, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185, 186 und vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03 - VersR 2005, 138; BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95 - VersR 1996, 348; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96, NJW-RR 1998, 1360; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00 - NJW-RR 2002, 60; vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01 - VersR 2003, 389; vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - NJW 2004, 266; vom 20. Oktober 2008 - III ZB 54/08 - NJW 2009, 296, 297 und vom 4. Februar 2010 - I ZB 3/09 - z.V.b.).
12
Aus dem gleichen Grund war die Anweisung nicht geeignet, die fehlende Berichtigung des elektronischen Fristenkalenders auszugleichen, die von dem Anwalt aufgrund der - nach Vorlage der Akten zur Bearbeitung gebotenen - eigenverantwortlichen Prüfung der Rechtsmittelbegründungsfrist anzuordnen gewesen wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 10. Juni 2008, VI ZB 2/08, NJW 2008, 3439, 3440 m.w.N.). Da die Anweisung, den Schriftsatz an das Landgericht zu übermitteln, ohne Hinweis auf die falsche Notierung der Frist erfolgte, war abzusehen, dass die Mitarbeiterin sie als bloße Erinnerung an die Notwendigkeit, fristgebundene Schriftsätze am letzten Tag der Frist per Fax zu versenden, (miss-)verstehen würde.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)