Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juli 2017 - I ZB 94/16
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerin, der Beklagte und Frau B. waren Gesellschafter und Geschäftsführer der P. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Kommanditgesellschaft). Der Beklagte und Frau B. verließen die Kommanditgesellschaft und standen mit einem Unternehmen in Verbindung, das Wettbewerber der Kommanditgesellschaft war und das einen Teil von deren Mitarbeitern übernahm.
- 2
- Der Beklagte war bei der Kommanditgesellschaft Administrator mit Zugriff auf die E-Mail-Adresse der Klägerin. Die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft richteten anlässlich der Trennung neue E-Mail-Adressen ein, wobei die alten E-Mail-Adressen weiterhin fortbestanden und von Kunden der Kommanditgesellschaft auch genutzt wurden. Mit Ablauf des 31. Oktober 2011 veranlasste der Beklagte die Sperrung des Zugriffs der Klägerin auf ihre alte E-Mail-Adresse.
- 3
- Nachdem die Klägerin davon erfuhr, dass unter ihrer alten E-MailAdresse weiterhin Nachrichten von Geschäftspartnern eingingen, bat sie den Beklagten darum, die E-Mails an ihre neue E-Mail-Adresse weiterzuleiten. Der anwaltliche Vertreter des Beklagten bot mit Schreiben vom 30. November 2011 an, die E-Mail-Konten von ehemaligen Mitarbeitern der Kommanditgesellschaft zu löschen, so dass ein Zugang von E-Mails unmöglich wird. Dieses Angebot nahm die Klägerin durch anwaltliches Schreiben vom 8. Dezember 2011 an.
- 4
- Die Klägerin wurde am 27. September 2012 darauf aufmerksam, dass die Löschung ihres alten E-Mail-Kontos unterblieben war. Die Klägerin hat Stufenklage erhoben und in der ersten Stufe zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen vom Beklagten Auskunft darüber verlangt, welche E-MailNachrichten im Zeitraum vom 1. November 2011 bis zum 1. Oktober 2012 an ihrer alten E-Mail-Adresse eingegangen waren.
- 5
- Der Beklagte behauptet, er habe die alte E-Mail-Adresse der Klägerin nach Erhalt der Abmahnung der Klägerin vom 29. September 2012 gelöscht. Er macht geltend, eine Wiederherstellung der Daten und eine Auskunft über den Inhalt der Nachrichten sei damit unmöglich geworden.
- 6
- Das Landgericht hat dem Auskunftsantrag durch Teilurteil stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen, nachdem es den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 500 € festgesetzt hatte (OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. August 2016 - 12 U 52/16, juris). Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten , deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.
- 7
- II. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig angesehen, da die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht erreicht sei und das Landgericht die Berufung nicht zugelassen habe. Zur Begründung hat es ausgeführt:
- 8
- Der Streitwert für das Berufungsverfahren betrage 500 €, so dass die Mindestbeschwer von 600 € nicht erreicht sei. Der Wert der Beschwer des zur Auskunft Verurteilten bemesse sich nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei sei auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, die die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordere. Dieser Aufwand des Beklagten übersteige einen Betrag von 500 € nicht, weil nach seinen eigenen Angaben die Sicherung von relevanten Daten für ihn eine Selbstverständlichkeit sei. Der Beklagte habe gegen die Streitwertfestsetzung durch das Berufungsgericht in entsprechender Höhe keine Einwände mehr erhoben. Das vorgelegte Angebot eines IT-Dienstleisters für die Wiederherstellung eines E-Mail-Archivs von Backup-Dateien könne nicht berücksichtigt werden, weil der Beklagte vorgetragen habe, er habe kein Backup der streitgegenständlichen E-Mails erstellt. Zum zu erwartenden Kostenaufwand, um mit anwaltlicher Hilfe Vollstreckungsversuche hinsichtlich einer etwa unmöglichen Leistung abzuwehren, habe der Beklagte nichts vorgetragen. Der Beklagte habe nicht beantragt, unter Nachholung einer insoweit unterbliebenen Entscheidung des Landgerichts die Berufung zuzulassen. Es könne im Übrigen nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit festgestellt werden, dass das Landgericht über die Zulassung der Berufung nicht befunden habe, weil es von der Rechtsmittelfähigkeit seines Teilurteils ausgegangen sei.
- 9
- III. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber nicht zulässig, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitli- chen Rechtsprechung erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Wert des Beschwerdegegenstands die Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO von 600 € nicht übersteigt.
- 11
- a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich der Wert der Beschwer bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung nicht nach dem Wert des mit der Klage geltend gemachten Auskunftsanspruchs, sondern nach dem Interesse der verurteilten Partei, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem hier nicht in Rede stehenden Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen - im Wesentlichen auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der hiernach geschuldeten Auskunft erfordert (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85, 87 ff.; Beschluss vom 28. Januar 2016 - III ZB 96/15, juris Rn. 5 mwN). Nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 ZPO hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstandes glaubhaft zu machen. Zwar hat das Gericht diesen Wert selbstständig nach freiem Ermessen zu ermitteln. Das enthebt den Berufungsführer aber nicht von seiner Obliegenheit, für die Schätzung erforderliche Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen (BGH, Beschluss vom 17. November 2015 - II ZB 28/14, MDR 2016, 348 Rn. 11). Hiervon ist das Berufungsgericht ausgegangen.
- 12
- b) Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör bei der Bemessung seiner Beschwer durch das landgerichtliche Teilurteil nicht verletzt. Weder hat es Vortrag des Beklagten zu den Tatsachen, die für die Schätzung der Beschwer erforderlich sind, übergangen, noch hat es entsprechenden Vortrag in einer Weise missverstanden, dass darin ein Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegen würde.
- 13
- aa) Das Berufungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss den Vortrag des Beklagten wiedergegeben, dass ihm die begehrte Auskunft unmöglich sei, da Backups der streitgegenständlichen E-Mails nicht existierten. Der Beklagte habe für die Darlegung seiner Beschwer einen Kostenvoranschlag eines IT-Dienstleisters über einen Betrag in Höhe von 2.360 € vorgelegt, um zu belegen , welche Kosten mit der nach seinem Vortrag unmöglichen Ermittlung und Herausgabe der E-Mails entstehen würden, wenn auf seinem Computersystem Backups der streitgegenständlichen E-Mails vorhanden wären. Daraus ist ersichtlich , dass das Berufungsgericht den als übergangen gerügten Vortrag des Beklagten zur Kenntnis genommen hat.
- 14
- bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dieser Vortrag könne bei der Ermittlung der Beschwer des Beklagten nicht berücksichtigt werden, weil nach seinem Vortrag ein Backup nicht erstellt und deshalb auch nicht wiederhergestellt werden könne. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten handelt es sich bei den von ihm behaupteten Kosten zur Erfüllung des ausgeurteilten Auskunftsanspruchs nicht um tatsächliche Kosten, sondern um fiktive Kosten, weil nach seiner Behauptung tatsächlich keine Backups existieren. Fiktive Kosten können bei der Ermittlung seiner Beschwer durch das angefochtene landgerichtliche Urteil nicht berücksichtigt werden. Maßgeblich ist allein eine tatsächliche, vom Beklagten darzulegende Beschwer. Aus diesem Grund kann der Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, das Berufungsgericht habe berücksichtigen müssen, dass er trotz Aufrechterhaltens des Unmöglichkeitseinwands für die Ermittlung des Werts des Beschwerdegegenstands hypothetisch habe unterstellen wollen, dass auf seinem Computersystem Backups vorhanden seien.
- 15
- c) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beschwer des Beklagten darin liegt, dass er nach seinem Vorbringen zu einer unmöglichen Leistung verurteilt worden ist und dass er deshalb darzulegen hat, dass diese Verurteilung ihn in einer Höhe von mehr als 600 € beschwert. Im Ergebnis zu Recht ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass dies nicht der Fall ist.
- 16
- aa) Bei der Bemessung der Beschwer ist auch der zu erwartende Kostenaufwand zu berücksichtigen, der notwendig ist, um mit anwaltlicher Hilfe Vollstreckungsversuche aus der Verurteilung zu einer unmöglichen Leistung abzuwehren (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2016 - III ZB 96/15, juris Rn. 9 mwN). Dabei genügt es, wenn der Beklagte im Rahmen der Verurteilung zur Auskunft zu einer nach seinem Vortrag unmöglichen Leistung verurteilt worden ist (BGH, Beschluss vom 4. Juni 2014 - IV ZB 2/14, juris Rn. 11). Dies hat das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt.
- 17
- bb) Das Berufungsgericht hat diese Kosten allerdings zu Unrecht mit der Begründung nicht berücksichtigt, der Beklagte habe zu deren Höhe nichts vorgetragen. Das Berufungsgericht war gehalten, diese Kosten selbst zu berechnen , weil sie vom Streitwert des vorliegenden Verfahrens abhängen und ihre Höhe gesetzlich festgelegt ist. Dieser Rechtsfehler wirkt sich jedoch im Ergebnis nicht aus, weil - worauf die Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend verweist - diese Kosten unter 600 € liegen.
- 18
- (1) Die Klägerin hat den Streitwert für die von ihr erhobene Stufenklage vorläufig mit 60.000 € beziffert. Das Landgericht hat ohne eine förmliche Streit- wertfestsetzung hieraus die Höhe des Gerichtskostenvorschusses errechnet und ihn bei der Klägerin angefordert. Bei einer Stufenklage haben zwar alle verbundenen Ansprüche einen eigenen Streitwert. Für die Streitwertfestsetzung ist maßgeblich jedoch nach § 44 GKG nur der Anspruch mit dem höheren Wert. Dies ist bei einer Stufenklage regelmäßig der Leistungsanspruch. Von einem solchen Regelfall ist mangels abweichender Anhaltspunkte im Streitfall auszugehen. Verfolgt die Klägerin mit ihrer bisher unbezifferten Schadensersatzklage Ersatzansprüche in Höhe von 60.000 €, ist der Wert des Auskunftsanspruchs mit einem Bruchteil hiervon zu bemessen. Die Rechtsbeschwerde macht geltend , im Streitfall sei ein Bruchteil von einem Viertel angemessen. Danach hätte der Auskunftsanspruch einen Streitwert von 15.000 €.
- 19
- (2) Im Zwangsvollstreckungsverfahren können an anwaltlichen Gebühren eine 0,3fache Verfahrensgebühr gemäß RVG VV Nr. 3309 und eine 0,3fache Terminsgebühr nach RVG VV Nr. 3310 entstehen. Die Entstehung einer Terminsgebühr nach RVG VV Nr. 3310 in der Zwangsvollstreckung ist allerdings selten. Selbst wenn jedoch im Streitfall zugunsten des Beklagten unterstellt wird, dass im Zwangsvollstreckungsverfahren eine Terminsgebühr anfallen würde, betragen die in diesem Verfahren entstehenden Anwaltsgebühren unter Einschluss der Postpauschale und der Mehrwertsteuer lediglich 487,90 € brutto. Dies übersteigt den für die Zulässigkeit der Berufung maßgeblichen Betrag von 600 € nicht.
- 20
- cc) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist bei der Bemessung des Werts der Beschwer des Beklagten der zu erwartende Kostenaufwand zur Abwehr von Vollstreckungsversuchen aus der Verurteilung zu einer unmögli- chen Leistung in Höhe von 487,90 € nicht mit dem Betrag von 500 €zusam- menzurechnen, den das Berufungsgericht als Wert der Beschwer des Beklagten ohne Berücksichtigung dieses Aufwands festgesetzt hat. Bei diesen Beträgen handelt es sich um Kosten, die alternativ und nicht kumulativ entstehen können. Der Wertfestsetzung des Berufungsgerichts liegt der geschätzte Aufwand zugrunde, der dem Beklagten für die Erteilung der streitigen Auskunft entstehen würde, wenn er hierzu in der Lage wäre. Anwaltliche Kosten zur Abwehr der Zwangsvollstreckung aus einer Verurteilung zu einer unmöglichen Leistung können den Beklagten dagegen nur dann beschweren, wenn ihm die Auskunft unmöglich ist. Im Fall einer Verurteilung zu einer unmöglichen Leistung kann daneben ein eigener Aufwand des Beklagten zu deren Erfüllung denknotwendig in nennenswerter Höhe nicht entstehen, weil Erfüllung bereits mit seiner Erklärung eintritt, er könne der Auskunftsverpflichtung nicht nachkommen. Soweit der Bundesgerichtshof anwaltliche Kosten zur Abwehr der Zwangsvollstreckung und eigenen Aufwand der zur Auskunft verurteilten Partei zusammengerechnet hat, betraf dies Fallkonstellationen, in denen diese Kosten - anders als im Streitfall - kumulativ entstehen konnten (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2016 - XII ZB 12/16, FamRZ 2016, 1448 Rn. 16 mwN).
- 21
- d) Dem Beklagten wird durch eine unterhalb der Berufungssumme liegende Festsetzung seiner Beschwer nicht in unzumutbarer Weise der Zugang zur Berufungsinstanz erschwert. Zwar muss der zur Auskunftserteilung Verurteilte die Auskunft wahrheitsgemäß und vollständig erteilen. Ob aber die erteilte Auskunft diesen Anforderungen genügt, unterliegt in aller Regel nicht der weiteren Nachprüfung im Auskunftsprozess oder im Zwangsvollstreckungsverfahren. Mit der Erteilung der Auskunft ist der dem Urteil zugrundeliegende Auskunftsanspruch erfüllt. Eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Pflichtige die Auskunft verweigert oder wenn die erteilte Auskunft erkennen lässt, dass er von der Auskunftspflicht umfasste Informationen zurückhält. Erklärt er dagegen, nicht mehr als das Mitgeteilte zu wissen und in Erfahrung bringen zu können, so hat er seiner Auskunftspflicht genügt, mag auch die erteilte Auskunft unrichtig oder unvollständig sein. In einem solchen Fall ist für Vollstreckungsmaßnahmen kein Raum; vielmehr trägt das Gesetz dem Interesse des Auskunftsberechtigten, eine wahrheitsgemäße und vollständige Auskunft zu erhalten, dadurch Rechnung, dass es ihm gegen den Pflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gewährt, der im Wege der Stufenklage mit dem Auskunftsverlangen verbunden werden kann (BGH, Urteil vom 14. Juni 1993 - III ZR 48/92, juris Rn. 8). Sollte der Beklagte im Zwangsvollstreckungsverfahren erklären, er könne keine Auskunft erteilen, weil er die E-Mails ohne vorherige Kenntnisnahme gelöscht habe, kommt er damit zwar nicht unmittelbar der ausgeurteilten Auskunftsverpflichtung nach. Wenn dieser Sachverhalt jedoch den Tatsachen entspricht, kann er die ihn treffende Auskunftsverpflichtung nur auf diese Weise erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 1993 - III ZR 48/92, juris Rn. 9).
- 22
- 2. Die Rechtsbeschwerde dringt mit ihrer Rüge, das Berufungsgericht habe über die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 4 ZPO selbst entscheiden müssen, weil das Landgericht hierüber nicht befunden habe, im Ergebnis ebenfalls nicht durch.
- 23
- a) Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung ist, wie sich aus § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO ergibt, grundsätzlich dem Gericht des ersten Rechtszugs vorbehalten. Hat - wie hier - keine Partei die Zulassung der Berufung beantragt , so ist eine ausdrückliche Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts entbehrlich; das Schweigen im Urteil bedeutet in diesem Fall Nichtzulassung (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2016 - III ZB 96/15, juris Rn. 13 f.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss das Berufungsgericht allerdings - bevor es die Berufung mangels ausreichender Beschwer verwerfen darf - eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung nachholen, wenn das erstinstanzliche Gericht hierzu keine Veranlassung gesehen hat, weil es von einer Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, die 600 € übersteigt, das Berufungsgericht diesen Wert aber nicht für erreicht hält (BGH, Urteil vom 7. März 2012 - IV ZR 277/10, NJW-RR 2012, 633, 634 Rn. 13; Beschluss vom 16. August 2012 - I ZB 2/12, NJOZ 2013, 161 Rn. 8, jeweils mwN).
- 24
- b) Die Rechtsbeschwerde beanstandet zu Recht die Annahme des Berufungsgerichts , es sei ein Antrag des Beklagten erforderlich, um eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung nachzuholen. Die Entscheidung über die Zulassung eines Rechtsmittels hat von Amts wegen zu erfolgen. Zulassungsanträge der Parteien sind lediglich Anregungen an das Gericht. Das Berufungsgericht hat dementsprechend die Entscheidung über die Zulassung der Berufung von Amts wegen nachzuholen, wenn das erstinstanzliche Gericht diese Entscheidung irrtümlich unterlassen hat.
- 25
- c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist im Streitfall erkennbar, dass das Landgericht von einer Rechtsmittelfähigkeit seiner Entscheidung ausgegangen ist und deshalb irrtümlich eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung unterlassen hat.
- 26
- aa) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass aus dem Streitwert des landgerichtlichen Verfahrens von 60.000 € nicht geschlossen werden kann, dass das Landgericht von einer Beschwer des unterlegenen Beklagten von über 600 € ausgegangen ist.Bei der Auskunftsklage fallen der Streitwert der Klage und die Beschwer des verurteilten Beklagten in aller Regel auseinander. Der Streitwert richtet sich nach dem Interesse des Klägers an der Erteilung der Auskunft. Dieses ist nach einem gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Teilwert des Anspruchs zu bemessen, dessen Durchsetzung die verlangte Information dienen soll. Demgegenüber richtet sich die Beschwer des zur Erteilung der Auskunft verurteilten Beklagten nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 465/11, juris Rn. 11).
- 27
- bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Entscheidung des Landgerichts zur vorläufigen Vollstreckbarkeit lasse nicht zweifelsfrei erkennen, dass es von einer zulassungsunabhängigen Rechtsmittelfähigkeit seiner Entscheidung ausgegangen sei, trifft dagegen nicht zu.
- 28
- (1) Das Landgericht hat eine Sicherheitsleistung nach § 709 Satz 1 ZPO in Höhe von 4.000 € angeordnet. Der Fall liegt damit anders als diejenigen Fäl- le, in denen das Urteil nach § 708 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt und eine Abwendungsbefugnis gemäß § 711 ZPO ausgesprochen worden ist. In diesen Fällen deutet die Abwendungsbefugnis darauf hin, dass die Anwendbarkeit des § 713 ZPO verneint und mithin die Rechtsmittelfähigkeit der Entscheidung bejaht worden ist (BGH, Beschluss vom 21. April 2010 - XII ZB 128/09, NJW-RR 2010, 934 Rn. 20).
- 29
- (2) Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass sich aus der fehlerhaften Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 709 ZPO und aus ihrer Höhe keine hinreichend sicheren Schlüsse zur Beurteilung der Rechtsmittelfähigkeit durch das erstinstanzliche Gericht ziehen lassen. Er ist der Ansicht, mit der Anwendung des § 709 ZPO seien inzident ein Fall des § 708 ZPO und damit auch die Voraussetzungen des § 711 ZPO verneint worden. Dann sei § 713 ZPO von vornherein nicht anwendbar, ohne dass es hierfür auf die Rechtsmittelfähigkeit der Entscheidung ankomme (BGH, Urteil vom 7. März 2012 - IV ZR 277/10, NJW-RR 2012, 633 Rn. 16 f.). Auf diese Überlegung hat das Berufungsgericht seine Entscheidung gestützt.
- 30
- (3) Diese Erwägungen begegnen allerdings Bedenken. Nach Ansicht des Senats spricht die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 709 ZPO in Hö- he von 4.000 € dafür, dass das Landgericht von einer Rechtsmittelfähigkeit sei- ner Entscheidung ausgegangen ist und deshalb eine Prüfung, ob die Berufung zuzulassen ist, unterlassen hat. Im Streitfall handelt es sich um eine vermö- gensrechtliche Streitigkeit, weil Klageziel eine Verurteilung zum Schadensersatz wegen der Verletzung einer vertraglichen Pflicht ist. Bei derartigen Streitigkeiten richtet sich die Vollstreckbarkeitsentscheidung nach § 708 Nr. 11 ZPO, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 € nicht übersteigt. Liegt der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache darüber, ist eine Vollstreckbarkeitsentscheidung nach § 709 ZPO zu treffen. Die Höhe der Sicherheit ist bei einer Verurteilung zur Auskunft nach dem voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten der Auskunftsverurteilung zu bemessen (vgl. BGHZ 128, 85, 87 ff.; Saenger/Kindl, ZPO, 7. Aufl., § 709 Rn. 2; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 709 Rn. 6). Setzt das erstinstanzliche Gericht bei einer Auskunftsverurteilung eine Sicherheitsleistung gemäß § 709 ZPO fest, spricht dies dafür, dass es von einer Beschwer von wenigstens 1.250 € und damit von einer Rechtsmittelfähigkeit seiner Entscheidung ausgegangen ist und irrtümlich eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung unterlassen hat. Das Berufungsgericht hätte bei einer solchen Sachlage die Entscheidung über eine Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO nachholen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2007 - VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218, 219; Beschluss vom 21. April 2010 - XII ZB 128/09, NJW-RR 2010, 934 Rn. 21). Eine solche Entscheidung hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Das verhilft der Rechtsbeschwerde allerdings nicht zum Erfolg.
- 31
- d) Die fehlende Prüfung der Zulassung der Berufung durch die Instanzgerichte ist hier allerdings unerheblich, weil eine Zulassung der Berufung ohnehin nicht in Betracht gekommen wäre. Die Rechtsbeschwerde legt nicht dar, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (§ 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Dafür ist auch nichts ersichtlich. Mangels Divergenz im Ergebnis kommt es deshalb nicht auf die Frage an, ob eine Vollstreckbarkeitsentscheidung nach § 709 ZPO in einer vermögensrechtlichen Streitigkeit in einer Zweifel ausschließenden Weise dafür spricht, dass das erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung für rechtsmittelfähig gehalten hat.
- 32
- IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 04.03.2016 - 14 O 34/13 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 25.08.2016 - 12 U 52/16 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juli 2017 - I ZB 94/16
Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juli 2017 - I ZB 94/16
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Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juli 2017 - I ZB 94/16 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, ist für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höhere, maßgebend.
(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.
(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.
(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist aufgrund Mietvertrages vom 27. August 1996 Mieter einer Drei-Zimmer-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus der Beklagten. In § 8 Nr. 4 des von der Beklagten gestellten Mietvertragsformulars heißt es: "Jede Tierhaltung, insbesondere von Hunden und Katzen, mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen, bedarf der Zustimmung des Vermieters. Dies gilt nicht für den vorübergehenden Aufenthalt von Tieren bis zu … Tagen. Die Zustimmung kann widerrufen bzw. der vorübergehende Aufenthalt untersagt werden, wenn von dem Tier Störungen und/oder Belästigungen ausgehen."
- 2
- Mit Schreiben vom 18. September 2005 bat der Kläger die Beklagte um deren Zustimmung zur Haltung von zwei "reinen Wohnungskatzen" der Rasse Britisch Kurzhaar. Die Beklagte verweigerte die Zustimmung durch Schreiben vom 29. September 2005.
- 3
- Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Abgabe der Zustimmungserklärung in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht (LG Krefeld, WuM 2006, 675) hat ausgeführt:
- 6
- Dem Kläger stehe gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zu der beabsichtigten Katzenhaltung zu. Die Parteien hätten in § 8 des Mietvertrages ein Tierhaltungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt vereinbart. Eine solche formularmäßige Regelung sei wirksam, wenn – wie hier – Kleintiere wie Ziervögel und Zierfische von dem Verbot ausgenommen seien und für die Zustimmung kein Schriftformerfordernis aufgestellt werde. Die Entscheidung des Vermieters, ob er im Einzelfall die Zustimmung erteile, unterliege seinem freien Ermessen. Dies könne als übereinstimmender Wille der Vertragsparteien angenommen werden, wenn im Mietvertrag für die Erteilung der Zustimmung keine Maßstäbe gesetzt seien. Eine einschränkende Auslegung dahin, dass das Ermessen des Vermieters gebunden sei, sei auch deshalb nicht geboten, weil die Haltung von Tieren wie Katzen und Hunden wegen der nie ganz auszu- schließenden Gefahr der Gefährdung oder Belästigung von Mitbewohnern oder Nachbarn jedenfalls in Mehrfamilienhäusern nicht mehr zum vertragsgemäßen Gebrauch gehöre. Für die vorgenommene Auslegung spreche, dass in § 8 Nr. 4 des Mietvertrages für den Widerruf einer erteilten Zustimmung ausdrücklich Maßstäbe bestimmt seien, während dies für die erbetene Zustimmung nicht der Fall sei. Der vom Bundesverfassungsgericht anerkannte eigentumsähnliche Charakter der Miete stehe einer solchen Auslegung ebenfalls nicht entgegen, da sich der Mieter mit der Regelung des Mietvertrages selbst gebunden und auf das freie Ermessen des Vermieters eingelassen habe. Die Verweigerung der Zustimmung durch die Beklagte sei schließlich auch nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen.
II.
- 7
- Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 8
- 1. Die Revision ist allerdings nicht bereits deshalb begründet, weil schon die Berufung der Beklagten unzulässig wäre. Das Revisionsgericht hat die Zulässigkeit der Berufung von Amts wegen zu prüfen, weil es anderenfalls an einem gültigen und rechtswirksamen Verfahren vor dem Revisionsgericht fehlt (Senatsurteil vom 11. Oktober 2000 – VIII ZR 321/99, NJW 2001, 226, unter II m.w.N.). Hier mangelt es insbesondere nicht an der Statthaftigkeit der Berufung (§ 511 ZPO).
- 9
- a) Nach § 511 Abs. 2 ZPO ist die Berufung gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile (Abs. 1) nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt (Nr. 1) oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat (Nr. 2). Gemäß § 511 Abs. 4 ZPO lässt das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung zu, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (Nr. 1) und die unterlegene Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 € beschwert ist (Nr. 2). Da hier das Amtsgericht die Berufung nicht zugelassen hat, kommt es darauf an, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes den genannten Grenzbetrag von 600 € übersteigt. Die Bewertung steht gemäß §§ 2, 3 ZPO im freien Ermessen des Berufungsgerichts und kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur beschränkt daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht die Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (BGHZ 124, 313, 314/315; BGH, Urteil vom 24. Juni 1999 – IX ZR 351/98, NJW 1999, 3050; BGH, Beschluss vom 9. Juli 2004 – V ZB 6/04, NJW-RR 2005, 219, unter II 2 c aa, jew. m.w.N.).
- 10
- b) Hier verhält sich das Berufungsurteil nicht zum Wert des Beschwerdegegenstandes. Offensichtlich ist das Berufungsgericht im Hinblick darauf, dass das Amtsgericht den Streitwert – ohne nähere Erläuterung – auf 1.500 € festgesetzt hat, stillschweigend davon ausgegangen, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes , der hier dem Wert der Beschwer entspricht, 600 € übersteigt. Das ist jedoch nicht selbstverständlich. Zum einen ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten, nach welchen Kriterien und demgemäß wie hoch der Streitwert einer Klage des Mieters auf Zustimmung des Vermieters zur Tierhaltung oder umgekehrt des Vermieters auf Unterlassung der Tierhaltung durch den Mieter zu bemessen ist (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 9. Aufl., § 535 BGB Rdnr. 518 f. mit zahlr. Nachw.). Zum anderen muss der Wert des Beschwerdegegenstandes für den – wie hier – zur Genehmigung der Tierhaltung verurteilten Vermieter angesichts der unterschiedlichen Interessen- lage nicht notwendigerweise dem Streitwert der Zustimmungsklage des Mieters entsprechen; er kann niedriger, möglicherweise sogar höher sein (vgl. BGHZ, aaO, 315 ff.). So hat es der Senat in zwei Fällen nicht beanstandet, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes für den zur Unterlassung der Tierhaltung verurteilten Mieter nicht auf mehr als 600 € festgesetzt worden ist (Beschlüsse vom 6. Mai 2003 – VIII ZB 16/03 (Hund) und vom 18. Mai 2005 – VIII ZB 113/04 (drei Tauben), jeweils nicht veröffentlicht; die Verfassungsbeschwerde gegen den zuletzt genannten Beschluss ist durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 – 1 BvR 1441/05 nicht zur Entscheidung angenommen worden). In einer weiteren, durch Rücknahme der Revision erledigten Sache (VIII ZR 11/06) hat der Senat die Parteien im Hinblick auf eine Zurückweisung der Revision gemäß § 552a ZPO darauf hingewiesen, dass er keine Veranlassung sieht, den Wert des Beschwerdegegenstandes für den Vermieter, der mit seiner Klage auf Unterlassung der Tierhaltung (zwei Katzen) unterlegen ist, auf mehr als 300 € bis 400 € anzusetzen.
- 11
- c) Der vorliegende Fall gibt indessen keine Veranlassung, den Wert des Beschwerdegegenstandes für den zur Genehmigung der Tierhaltung verurteilten Vermieter im Allgemeinen oder die Beklagte im Besonderen zu bestimmen. Die Berufung der Beklagten ist auch dann statthaft, wenn dieser Wert, der – wie bereits erwähnt – hier mit dem Wert der Beschwer identisch ist, entgegen der stillschweigenden Annahme des Berufungsgerichts 600 € nicht übersteigen sollte.
- 12
- Hat das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen, die Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, weil es den Streitwert auf über 600 € festgesetzt hat und deswegen von einem entsprechenden Wert der Beschwer der unterlegenen Partei ausgegangen ist, hält aber das Berufungsgericht diesen Wert nicht für erreicht, so muss das Berufungsgericht, das insoweit nicht an die Streitwertfestsetzung des Erstgerichts gebunden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2004 – V ZB 6/04, NJW-RR 2005, 219, unter II 2 a m.w.N.), die Entscheidung darüber nachholen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO erfüllt sind (MünchKommZPO/ Rimmelspacher, 3. Aufl., § 511 Rdnr. 84; aA Althammer NJW 2003, 1079, 1082). Denn die unterschiedliche Bewertung darf nicht zu Lasten der Partei gehen. Insoweit kann nichts anderes gelten als in dem Fall, dass das Berufungsgericht nach altem Prozessrecht irrtümlich von einer zulassungsfreien Revision ausgegangen ist und deswegen nicht geprüft hat, ob die Revision zuzulassen ist. In diesem Fall hat der Bundesgerichtshof nach seiner vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung die Prüfung der Revisionszulassungsgründe nachzuholen (BGHZ 90, 1, 3 f.; BGHZ 98, 41, 43 f.; BGH, Beschluss vom 25. Oktober 1995 – XII ZR 7/94, NJW-RR 1996, 316, unter II 2; BGH, Beschluss vom 9. März 2006 – IX ZR 37/05, NJW-RR 2006, 791, unter I 1 a; BVerfGE 66, 331, 336; BVerfG, NJW 2007, 1053).
- 13
- Hier hat das Berufungsgericht zwar keine ersatzweise Entscheidung über die Zulassung der Berufung getroffen, weil es, wie oben (unter II 1 b) ausgeführt , hierzu keine Notwendigkeit gesehen hat. Dies ist jedoch unschädlich, weil das Berufungsgericht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zugelassen hat. Angesichts dessen, dass die Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO und die Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO identisch sind, ist davon auszugehen, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO ebenso als erfüllt angesehen und demgemäß die Berufung als zugelassen behandelt hätte, wenn ihm die Notwendigkeit einer Entscheidung hierüber bewusst gewesen wäre.
- 14
- 2. Die Revision ist jedoch deswegen begründet, weil das Berufungsgericht zu Unrecht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zustimmung zur Haltung von zwei Katzen der Rasse Britisch Kurzhaar nach § 8 Nr. 4 des formularmäßigen Mietvertrages der Parteien vom 27. August 1996 verneint hat. Diese Klausel, nach deren Satz 1 jede Tierhaltung, insbesondere von Hunden und Katzen, mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen, der Zustimmung des Vermieters bedarf, ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Das gilt unabhängig davon, ob nach der Klausel die Zustimmung zur Tierhaltung des Mieters, wie vom Berufungsgericht angenommen, im freien Ermessen des Vermieters steht oder ob dieser seine Zustimmung nur aus sachlichen Gründen versagen darf. Diese Frage kann daher offen bleiben.
- 15
- Die unangemessene Benachteiligung des Mieters ergibt sich daraus, dass eine Ausnahme von dem Zustimmungserfordernis nur für Ziervögel und Zierfische besteht, hingegen nicht für andere Kleintiere wie etwa Hamster und Schildkröten. Das Berufungsgericht hat die Klausel zwar nicht so verstanden, sondern ist – beiläufig und ohne Begründung – davon ausgegangen, dass sich die Ausnahme auf "Kleintiere wie Ziervögel und Zierfische" erstrecke. Diese Auslegung, die wegen der Verbreitung derartiger mietvertraglicher Tierhaltungsklauseln über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 2004 – VIII ZR 77/03, NJW 2004, 3042, unter II 2 a bb), findet jedoch in dem eindeutigen Wortlaut der Klausel ("mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen" ) keine Grundlage und ist deshalb rechtsfehlerhaft. Wie der Senat bereits entschieden hat, hält eine mietvertragliche Klausel, die das Halten von Haustieren ausnahmslos verbietet, der Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 BGB) nicht stand, da das Verbot danach auch Tiere erfasst, deren Vorhandensein von Natur aus – wie es etwa bei Zierfischen im Aquarium der Fall ist – keinen Einfluss auf die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Vermieter und Mieter von Wohnraum haben kann (Senatsurteil vom 20. Januar 1993 – VIII ZR 10/92, NJW 1993, 1061, unter II 4). Nichts anderes gilt für eine Klausel, die, wie die hier in Rede stehende, durch das Erfordernis der Zustimmung des Vermieters zur Tierhaltung des Mieters ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt begründet. Auch eine solche Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen , wenn sie keine Ausnahme für Haustiere vorsieht, deren Haltung zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache im Sinne von § 535 Abs. 1 BGB gehört, weil davon in der Regel – in Ausnahmefällen kann der Vermieter gemäß § 541 BGB auf Unterlassung klagen – Beeinträchtigungen der Mietsache und Störungen Dritter nicht ausgehen können. Das ist nicht nur bei den in der hier streitigen Klausel aufgeführten Ziervögeln und Zierfischen, sondern auch bei anderen Kleintieren der Fall, die, wie etwa Hamster und Schildkröten, ebenfalls in geschlossenen Behältnissen gehalten werden (ganz herrschende Meinung, siehe nur Blank, NJW 2007, 729, 731; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 535 Rdnr. 350; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, aaO, Rdnr. 495; Emmerich in Emmerich/Sonnenschein, Miete, 9. Aufl. , § 535 Rdnr. 28; Kinne in Kinne /Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 4. Aufl., § 535 Rdnr. 37a; Knops in Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 3. Aufl., § 535 Rdnr. 28; Kraemer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III.A Rdnr. 1038; MünchKommBGB/Schilling, 4. Aufl., § 535 Rdnr. 93). Daher ist ein formularmäßiges Tierhaltungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt, das wie die hier in Rede stehende Klausel eine Ausnahme nur für Ziervögel und Zierfische, hingegen nicht für andere Kleintiere vorsieht, nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (vgl. Blank, aaO, S. 732; Kinne, aaO; Knops, aaO, Rdnr. 31; Kraemer, aaO, Rdnr. 1039; Wüstefeld, jurisPR-MietR 4/2007 Anm. 2; dies übersieht OLG Hamm, WuM 1981, 53 = ZMR 1981, 153; ebenso MünchKommBGB/Schilling, aaO, § 535 Rdnr. 94).
- 16
- Eine andere Beurteilung ist auch nicht dann gerechtfertigt, wenn die Zustimmung zur Tierhaltung nach § 8 Nr. 4 des Mietvertrages der Parteien entgegen der Auslegung des Berufungsgerichts nicht im freien Ermessen des Vermieters steht, sondern von diesem nur aus sachlichen Gründen versagt werden darf. In diesem Fall ist zwar eine Versagung der Zustimmung zur Haltung von anderen Kleintieren als Ziervögeln und Zierfischen ausgeschlossen, weil von diesen Tieren Beeinträchtigungen der Mietsache und Störungen Dritter nicht ausgehen können. Ungeachtet dessen ist die Klausel dann jedoch nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist. Die Klausel bringt nicht eindeutig zum Ausdruck, dass die Zustimmung zur Haltung von anderen Kleintieren als Ziervögeln und Zierfischen nicht versagt werden darf, weil es hierfür keinen sachlichen Grund gibt. Deswegen besteht die Gefahr, dass der Mieter insoweit unter Hinweis auf die Klauselgestaltung von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Dies stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar (vgl. BGHZ 145, 203, 220 m.w.N.).
- 17
- 3. Das Berufungsurteil stellt sich nach den bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
- 18
- Fehlt es wie hier an einer wirksamen Regelung der Tierhaltung im Mietvertrag , ist allein die gesetzliche Regelung maßgebend. Insoweit ist in Rechtsprechung und Schrifttum streitig, ob – abgesehen von Kleintieren (vgl. dazu vorstehend unter II 2) – die Haltung von Haustieren (im Folgenden nur: Haustiere ), namentlich von Hunden und Katzen, in Mietwohnungen zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne von § 535 Abs. 1 BGB gehört (vgl. dazu zuletzt Blank, aaO, S. 731 m.w.N.). Nach einer Meinung ist das zu bejahen (vgl. KG, WuM 2004, 721, 722 (Katzenhaltung); LG Hildesheim, WuM 1989, 9; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 535 Rdnr. 251; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, aaO, Rdnr. 498 ff.; Dillenburger/Pauly, ZMR 1994, 249, 251; Dallemand/ Balsam, ZMR 1997, 621, 623; differenzierend: Kinne, aaO, Rdnr. 37b, c). Gemäß anderer Auffassung ist es dagegen zu verneinen; danach ist die Haltung von Haustieren nur mit der Erlaubnis des Vermieters zulässig, auf die kein Anspruch besteht, deren Versagung aber im Ausnahmefall treuwidrig (§ 242 BGB) sein kann (OLG Hamm, WuM 1981, 53, 54 = ZMR 1981, 153, 154; LG Karlsruhe , NJW-RR 2002, 585; Emmerich, aaO, Rdnr. 28 f.; Kraemer, aaO, Rdnr. 1038, 1041; Erman/Jendrek, BGB, 11. Aufl., § 541 Rdnr. 6). Nach einer vermittelnden Ansicht ist die Frage der Zulässigkeit der Tierhaltung im Einzelfall unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu entscheiden (LG Hamburg, WuM 2002, 666; LG Freiburg, WuM 1997, 175; LG Düsseldorf, WuM 1993, 604; LG Mannheim, ZMR 1992, 545; Blank, aaO, S. 731; Knops, aaO, Rdnr. 29; MünchKommBGB/Schilling, aaO, Rdnr. 93).
- 19
- Die letztgenannte Ansicht ist richtig. Die Beantwortung der Frage, ob die Haltung von Haustieren in dem hier gegebenen Fall, dass eine wirksame mietvertragliche Regelung fehlt, zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne von § 535 Abs. 1 BGB gehört, erfordert eine umfassende Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters sowie der weiteren Beteiligten. Diese Abwägung lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall vornehmen, weil die dabei zu berücksichtigenden Umstände so individuell und vielgestaltig sind, dass sich jede schematische Lösung verbietet. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung sowie des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet, Anzahl , persönliche Verhältnisse, namentlich Alter, und berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn, Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung durch den Vermieter sowie besondere Bedürfnisse des Mieters (Blank, aaO; Knops, aaO).
- 20
- Im vorliegenden Fall lässt sich bisher nicht beurteilen, ob die von dem Kläger beabsichtigte Haltung von zwei Katzen der Rasse Britisch Kurzhaar zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehört. Ein entsprechendes Feststellungsbegehren ist in der (Leistungs-)Klage auf Zustimmung zur Haltung der Katzen als Minus enthalten. Für eine Entscheidung über dieses Begehren fehlt es an der Feststellung der erforderlichen Tatsachen und der gebotenen umfassenden Interessenabwägung, die im wesentlichen Aufgabe des Tatrichters ist und revisionsrechtlich nur auf Rechtsfehler hin überprüft werden kann.
III.
- 21
- Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es gemäß den vorstehenden Ausführungen noch tatrichterlicher Feststellungen bedarf. Daher ist das Berufungsurteil aufzuheben, und der Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Vorinstanzen:
AG Krefeld, Entscheidung vom 23.05.2006 - 10 C 52/06 -
LG Krefeld, Entscheidung vom 08.11.2006 - 2 S 46/06 -
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)