Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2016 - III ZB 42/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:250216BIIIZB42.15.0
bei uns veröffentlicht am25.02.2016
vorgehend
Landgericht Frankfurt am Main, 26 O 341/13, 11.09.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 42/15
vom
25. Februar 2016
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 Fc, Fd
Eine Einzelanweisung, die das Fehlen allgemeiner organisatorischer Regelungen
zur Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze ausgleichen kann, setzt
voraus, dass der Rechtsanwalt für einen bestimmten Fall genaue Anweisungen
erteilt, die eine Fristwahrung sicherstellen. Erschöpft sich die Einzelanweisung
lediglich darin, die Art und Weise, den Zeitpunkt sowie den Adressaten der
Übermittlung zu bestimmen, genügt dies nicht (Bestätigung und Fortführung
des Senatsbeschlusses vom 12. September 2013 - III ZB 7/13, NJW 2014,
225).
BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 - III ZB 42/15 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2016:250216BIIIZB42.15.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Seiters, Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterin Dr. Liebert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2015 - 9 U 71/14 - wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerde beträgt bis zu 65.000 €.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Kapitalanlageberatung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das am 19. September 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18. November 2014, eingegangen beim Oberlandesgericht am selben Tag, Berufung eingelegt. Zugleich hat sie das Rechtsmittel begründet und beantragt , ihr gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

2
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat die Klägerin unter Vorlage einer anwaltlichen Versicherung ihres Prozessbevollmächtigen und einer eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten S. im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Ihr Prozessbevollmächtigter habe die Berufungsschrift am 18. Oktober 2014 (Samstag) in den Kanzleiräumen verfasst , vollständig ausgefertigt (Original, beglaubigte Ablichtung, Abschrift) und unterzeichnet. Sodann habe er die Handakte zusammen mit der angeklammerten Rechtsmittelschrift in den sog. "Eiltkorb" auf dem Schreibtisch der Rechtsanwaltsfachangestellten S. gelegt. Da er am Tag des Fristablaufs (Montag , 20. Oktober 2014) ganztägig büroabwesend gewesen sei, habe er auf der für die Handakte bestimmten Abschrift der Berufungsschrift handschriftlich verfügt , den Schriftsatz am 20. Oktober 2014 an das Oberlandesgericht F. zu faxen und im Original per Post zu übersenden, anschließend die Frist zu streichen und schließlich die Akte zur nächsten Vorfrist wieder vorzulegen. Hinsichtlich des "Eiltkorbs" gebe es die büroorganisatorische Weisung, dass die dort abgelegten Vorgänge Vorrang vor allen anderen Arbeiten hätten und dass der Korb vor Arbeitsende der letzten Büroangestellten erledigt - also leer - sein müsse. Nur die Rechtsanwälte der Sozietät dürften dort fristgebundene Einzelweisungen ablegen. Es entspreche der einheitlich geübten Büroorganisation , eine Frist erst nach erfolgter fristgemäßer Versendung des Schriftsatzes zu streichen.
3
Am Nachmittag des 20. Oktober 2014 habe der Prozessbevollmächtigte mit der Büroangestellten S. telefoniert und dabei auch die von ihm stammende Verfügung im "Eiltkorb" angesprochen. Frau S. habe bestätigt, diese zur Kenntnis genommen zu haben, und erklärt, dass dies bereits erledigt sei oder erledigt werde. Trotz der eindeutigen und für das Kanzleipersonal auch erkennbaren Verfügung habe die Büroangestellte die im Fristenkalender eingetragene Berufungsfrist zwar gestrichen und die für den 12. November 2014 verfügte Wiedervorlage in den Kalender eingetragen, jedoch versäumt, die ihr vorliegende Berufungsschrift zunächst per Telefax und sodann postalisch an das Oberlandesgericht zu senden. Stattdessen habe sie die Berufungsschrift in die Aktenlasche der Handakte gesteckt.
4
Bei der Büroangestellten S. handele es sich um eine ausgebildete, geschulte und zuverlässige Kraft, die seit mehr als 15 Jahren als Rechtsanwaltsfachangestellte beruflich tätig sei und bislang an diversen Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen habe. In der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten erfolgten regelmäßig Kontrollen und Stichproben sowohl zur Fristenkontrolle als auch hinsichtlich des ordnungsgemäßen Postausgangs und der Umsetzung sämtlicher anwaltlicher Verfügungen. Diese hätten eine fehlerlose Ausführung sämtlicher anwaltlicher Verfügungen durch die Angestellte S. ergeben.
5
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.
6
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.


7
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).
8
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe in dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht dargelegt, die Frist unverschuldet versäumt zu haben. Er berufe sich zwar auf ein Versehen des Büropersonals, für das die Partei grundsätzlich nicht einzustehen habe. Seinem Vorbringen lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass er hinreichende organisatorische Vorkehrungen getroffen habe, um solche Fehler zu vermeiden. Ein Rechtsanwalt müsse seinen Mitarbeitern grundsätzlich die allgemeine Weisung erteilen, bei der Telefaxübermittlung von fristwahrenden Schriftstücken einen Einzelnachweis über den Sendevorgang auszudrucken, diesen zu prüfen und erst dann die Frist im Fristenkalender zu löschen. Alternativ genüge es für eine wirksame Ausgangskontrolle, wenn auf Grund einer allgemeinen Büroanweisung die Frist erst nach telefonischer Rückfrage beim Empfänger gestrichen werde. Wäre die Büroleiterin dementsprechend angewiesen worden, hätte sie die Frist für die Rechtsmitteleinlegung nicht ohne Prüfung des Sendeberichts oder telefonische Nachfrage beim Oberlandesgericht streichen dürfen. Vielmehr wäre ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgefallen, dass eine fristwahrende Faxübermittlung der Berufungsschrift an das Oberlandesgericht noch nicht erfolgt sei. Die nicht ausschließbare Möglichkeit des der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Vertreterverschuldens in Form eines Mangels der Organisation beziehungsweise Überwachung des Büropersonals stehe der Gewährung der Wiedereinsetzung entgegen.
9
2. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht versagt (§ 233 ZPO) und die Berufung infolgedessen zutreffend als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO). Seine Würdigung, die Klägerin habe ein ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten nicht auszuräumen vermocht, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Verfahrensgrundrechte der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) hat das Berufungsgericht nicht verletzt.
10
a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss er nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmitteleinlegungs- und Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden, sondern er hat auch eine wirksame Ausgangskontrolle zu schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich hinausgehen (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 31. März 2011 - III ZB 72/10, BeckRS 2011, 08258 Rn. 9; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, BeckRS 2014, 00520 Rn. 8 und vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14, NJW 2015, 2041 Rn.8; jeweils mwN). Bei einer Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (s. nur BGH, Beschlüsse vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60; vom 7. August 2013 - XII ZB 533/10, NJW 2013, 3183 Rn. 7 und vom 3. Dezember 2015 - V ZB 72/15, BeckRS 2016, 02708 Rn. 12). Die Überprüfung des Sendeberichts kann lediglich dann entfallen, wenn der Rechtsanwalt seine Kanzleiangestellten angewiesen hat, die Frist erst nach telefonischer Rückfrage beim Empfänger zu streichen (BGH, Beschluss vom 2. Juli 2001 aaO). Schließlich gehört zu einer wirksamen Fristenkontrolle auch eine Anordnung des Rechtsanwalts, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals abschließend selbständig geprüft wird (st. Rspr., s. etwa Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 aaO; BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 8; vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, NJW-RR 2015, 442 Rn. 8 und vom 15. Dezember 2015 - VI ZB 15/15, BeckRS 2016, 02765 Rn. 8; jeweils mwN). Diese allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze dient nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen im Fristenkalender noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern hat vielmehr auch den Zweck, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 aaO Rn. 18; BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 aaO Rn. 10 und vom 15. Dezember 2015 aaO). Deshalb ist dabei, gegebenenfalls anhand der Akten, auch zu prüfen, ob die im Fristenkalender als erledigt gekennzeichneten Schriftsätze tatsächlich abgesandt worden sind (BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 aaO).
11
b) Nach diesen Maßgaben hat die Klägerin nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass im Büro ihres Rechtsanwalts hinreichende organisatorische Vorkehrungen getroffen wurden, die eine effektive Ausgangskontrolle gewährleisteten. Den Darlegungen im Wiedereinsetzungsantrag lässt sich nicht entnehmen, dass eine Kanzleianweisung bestand, nach Übersendung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax die entsprechende Frist erst nach vorheriger Überprüfung des Sendeprotokolls zu streichen. Ebenso wenig ist eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten dargetan, die sicherstellte, dass die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wurde. Da die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle stellt, einem Rechtsanwalt bekannt sein müssen, erlaubt der Umstand, dass sich der Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin dazu nicht verhält, ohne Weiteres den Schluss darauf, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 aaO Rn. 16 und vom 15. Dezember 2015 aaO Rn.13 jeweils mwN).
12
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt keine hinreichend konkrete anwaltliche Einzelanweisung vor, die das Fehlen allgemeiner organisatorischer Regelungen ausgleichen könnte. Nur dann, wenn ein Rechtsanwalt für einen bestimmten Fall genaue Anweisungen erteilt, die eine Fristwahrung gewährleisten, sind diese allein maßgeblich und kommt es auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen nicht mehr an (Senatsbeschluss vom 12. September 2013 - III ZB 7/13, NJW 2014, 225 Rn. 11; BGH, Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369; vom 21. Juli2008 - II ZA 4/08, BeckRS 2008, 17708 Rn. 3 und vom 3. Dezember 2015 - V ZB 72/15, BeckRS 2016, 02708 Rn. 14). So ersetzt zum Beispiel die Anweisung, einen Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich beim Empfänger durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, alle allgemein getroffenen Regelungen einer Ausgangskontrolle , so dass sich etwa hier bestehende Defizite nicht auswirken (BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2015 aaO; vgl. auch Beschluss vom 15. Dezember 2015 - VI ZB 15/15, BeckRS 2016, 02765 Rn. 10). Eine solche Weisung hat die Klägerin im Wiedereinsetzungsverfahren nicht behauptet. Ihr Vortrag hat sich vielmehr darin erschöpft, dass ihr Prozessbevollmächtigter auf der für die Handakte bestimmten Abschrift der Berufungsschrift verfügt habe, den Schriftsatz noch am 20. Oktober 2014 an das Oberlandesgericht zu faxen, im Original per Post zu übersenden und anschließend die Frist zu streichen. Konkrete Anweisungen, die an die Stelle einer allgemeinen Ausgangskontrolle hätten treten können, wurden nicht gegeben, auch nicht bei dem Telefonat am Nachmittag des 20. Oktober 2014, als der Prozessbevollmächtigte seine Büroangestellte lediglich auf die Verfügung im "Eiltkorb" hinwies. Die Einzelweisung bestand somit lediglich darin, die Art und Weise, den Zeitpunkt sowie den Adressaten der Übermittlung zu bestimmen. Sie machte eine allgemeine organisatorische Regelung zur Kontrolle der Übersendung per Telefax und die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze nicht entbehrlich und war nicht geeignet, etwa bestehende Kontrollmechanismen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittlung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen, außer Kraft zu setzen (vgl. Senatsbeschluss vom 12. September 2013 aaO; BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2015 aaO Rn. 15). Es entlastet den Anwalt auch nicht, wenn derartige Kontrollmechanismen nicht bestehen und er sich im konkreten Einzelfall darauf beschränkt, eine Übermittlung per Telefax anzuordnen (BGH, Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 und vom 3. Dezember 2015 jew. aaO).
13
d) Nach alledem stellt sich die Versäumung der Berufungsfrist nicht, wie die Klägerin meint, lediglich als Folge eines unvorhersehbaren, singulären und unerklärlichen "Blackouts" einer erfahrenen und zuverlässigen Kanzleikraft dar, sondern vielmehr auch als Folge einer unzureichenden Kanzleiorganisation, durch die eine wirksame Ausgangskontrolle im Zusammenhang mit fristgebundenen Schriftsätzen nicht sichergestellt wurde.
14
Hätte in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Anordnung zur Durchführung der beschriebenen Telefaxkontrolle und der abendlichen Ausgangskontrolle bestanden, wäre nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten der zuständigen Bürokraft die Berufungsfrist nicht versäumt worden. Denn dann hätte vor Fristablauf auffallen müssen, dass ein Sendeprotokoll nicht vorhanden war und die zu versendende Berufungsschrift im Original in der Aktenlasche der Handakte steckte, also eine Versendung der Berufungsschrift weder per Telefax noch postalisch erfolgt war.
Herrmann Seiters Remmert
Reiter Liebert
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 11.09.2014 - 2-26 O 341/13 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 23.01.2015 - 9 U 71/14 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2016 - III ZB 42/15

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

8
a) Es gehört zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren , in denen Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht und somit die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 23. April 2013 - X ZB 13/12, BeckRS 2013, 09353 Rn. 9 mwN; vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745, 746 Rn. 9; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 f Rn. 9; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051, 2052 Rn. 7 f; vom 20. Juli 2010 - XI ZB 19/09, BeckRS 2010, 18808 Rn. 12 und vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378, 1379 Rn. 7).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 55/14
vom
26. Februar 2015
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 Fc, Fd

a) Für die Ausräumung eines Organisationsverschuldens des Rechtsanwalts
muss eindeutig feststehen, welche Bürokraft zu einem bestimmten Zeitpunkt
jeweils ausschließlich für die Fristenkontrolle zuständig ist.

b) Die gebotene Fristenkontrolle findet nicht statt, wenn die Fristenlöschung
durch eine Bürokraft erfolgt, der weder die Akte noch eine direkte Einzelanweisung
des sachbearbeitenden Rechtsanwalts vorliegt. Die bloße Mitteilung
einer anderen Bürokraft, die betreffende Frist solle gelöscht werden, genügt
als Grundlage für eine Fristenstreichung nicht.
BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Februar 2015 durch den
Vizepräsidenten Schlick und die Richter Wöstmann, Tombrink, Dr. Remmert
und Reiter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. September 2014 - I-6 U 100/14 - wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerde beträgt bis zu 65.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses am 16. April 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt. Nachdem bis zum Ablauf des 16. Juni 2014 keine Berufungsbegründung eingegangen war, wurde der Kläger hierauf mit Verfügung des Berufungsgerichts vom 17. Juni 2014 hingewiesen. Mit Schriftsätzen vom 8. Juli 2014, beide eingegangen am selben Tage, hat der Kläger seine Berufung begründet und bezüglich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
2
Der Kläger hat in seinem Wiedereinsetzungsgesuch vorgetragen, dass es durch ein "singuläres Versehen" der langjährig erfahrenen und bislang stets zuverlässig tätig gewesenen persönlichen Sekretärin seines Rechtsanwalts Dr. K. , Frau P. , zur vorzeitigen Löschung der Berufungsbegründungsfrist und hierdurch zur Versäumung dieser Frist gekommen sei. Die persönliche Sekretärin des Rechtsanwalts sei neben der zentralen Fristenkontrollstelle der Anwaltskanzlei, die durch Frau H. wahrgenommen werde, für die Überwachung der Fristen zuständig. Die Fristenkontrolle sei in der Anwaltskanzlei so gestaltet, dass für die eingehende Post von der zentralen Fristenkontrolle (Frau H. ) die Wiedervorlage- und Notfristen (sogenannte Promptfristen) in den zentralen Fristenkalender eingetragen und sodann auf den Schriftstücken notiert würden. Dementsprechend seien nach Eingang des Urteils des Landgerichts die Berufungseinlegungsfrist (WV 08.05.2014; Pr[omptfrist]: 15.05.2014) und die Berufungsbegründungsfrist (WV 08.06.2014; Pr[omptfrist]: 13.06.2014) auf dem Urteil und im Fristenkalender eingetragen worden. In der Anwaltskanzlei bestehe die seit Jahrzehnten geltende und reibungslos funktionierende Anweisung , dass an dem jeweiligen Tag die eingetragenen Fristen von der zentralen Fristenkontrolle (Frau H. ) telefonisch an die jeweiligen persönlichen Sekretärinnen der Anwälte (hier: Frau P. ) durchgegeben würden, die die Akten den sachbearbeitenden Rechtsanwälten vorlegten und verpflichtet seien, darauf zu achten, dass die eingetragenen Fristen erst nach Bearbeitung gelöscht würden. Die den Streitfall betreffende Akte sei Rechtsanwalt Dr. K. nicht erst am 8. Mai 2014, dem Wiedervorlagetermin für die Berufungseinlegung , sondern bereits am 7. Mai 2014, nämlich im Zusammenhang mit dem Eingang der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung, vorgelegt worden. Rechtsanwalt Dr. K. habe sodann die Berufungsschrift diktiert und nach Niederschrift des Diktats durch Frau P. selbst am späten Nachmittag an das Berufungsgericht per Telefax übersandt. Er habe die Fristen für die Berufungseinlegung (08.05.2014 und 15.05.2014) auf dem landgerichtlichen Urteil gestrichen, diese Streichung mit seinem Handzeichen versehen und die Akte mit der Berufungsschrift und dem Sendeprotokoll am Abend auf seinem Schreibtisch liegen lassen. Am Vormittag des nächsten Tages habe er Frau P. sinngemäß gesagt: "In der Sache Kü. habe ich die Berufungseinlegung schon rausgeschickt, bitte entsprechend an Frau H. durchgeben, dass die Promptfrist für die Berufungseinlegung gelöscht werden kann." Frau P. habe die Akte aus dem Zimmer von Rechtsanwalt Dr. K. mitgenommen und zu ihrem Schreibtisch gebracht. Dort habe sie nach Erledigung mehrerer Telefonate Frau H. per E-Mail geschrieben: "Promptfristen streichen , Kü. ./. S. u.a., LG Düsseldorf, 10 O 210/12, Urteil vom 15.04.2014, WV 08.06.2014, Pr 15.05.2014, Pr 13.06.2014", also versehentlich mitgeteilt, dass auch die Fristen für die Berufungsbegründung gestrichen werden sollten. Dies habe Frau H. in dem von ihr geführten zentralen Fristenkalender dann auch so vollzogen, so dass die rechtzeitige Aktenvorlage für die Berufungsbegründung unterblieben sei.
3
In der Anwaltskanzlei bestehe die allgemeine Anweisung, dass grundsätzlich nur die mit der Fristenkontrolle betrauten persönlichen Sekretärinnen überhaupt Fristen streichen dürften, und dies auch erst, nachdem sie sich anhand der Akte oder des zu erledigenden Schriftsatzes vergewissert hätten, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen sei, oder wenn sie dazu (wie hier) eine konkrete Einzelanweisung des Rechtsanwalts erhalten hätten. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine Frist lange vor dem letzten Tag des Fristab- laufs erledigt sei, weil entweder der zu fertigende Schriftsatz nachweislich abgesandt oder etwa entschieden worden sei, ein Rechtsmittelverfahren nicht durchzuführen, teile Frau P. auf Anweisung von Rechtsanwalt Dr. K. hin Frau H. mit, dass die bei ihr im Fristenkalender eingetragene konkrete Frist gelöscht werden könne. Damit solle verhindert werden, dass die Akte wegen der erledigten Frist zu einem späteren Zeitpunkt nochmals vorgelegt werde. Nur dann, wenn Frau H. konkret unter Angabe der genauen Akte und Frist angewiesen werde, eine Frist vorzeitig im zentralen Fristenkalender zu streichen , nehme sie die Fristenstreichung vor; einer etwaigen Anweisung zu einer pauschalen Fristenstreichung (etwa: "alle Fristen eines Tages") komme sie nicht nach.
4
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.


5
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO statthafte sowie rechtzeitig eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).
6
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass dem Rechtsanwalt des Klägers ein Organisationsverschulden zur Last falle, welches sich der Kläger zu- rechnen lassen müsse. Nach allgemeiner Anweisung sei es in der Anwaltskanzlei möglich gewesen, dass die mit der zentralen Fristenkontrolle (einschließlich der Streichung von Fristen im zentralen Fristenkalender) betraute Mitarbeiterin H. eine Frist habe löschen dürfen, ohne zur Kontrolle die Handakte oder eine direkte Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts zu besitzen. Vielmehr sei es ihr erlaubt gewesen, aufgrund einer konkreten Anweisung der persönlichen Sekretärin des jeweiligen Rechtsanwalts Fristen zu löschen. Dadurch sei die Gefahr geschaffen worden, dass es zu einer versehentlichen Falschübermittlung habe kommen können, ohne dass die mit der konkreten Löschung der Frist befasste Mitarbeiterin H. eine Überprüfungsmöglichkeit gehabt habe. Dem stehe nicht entgegen, dass die persönlichen Sekretärinnen ebenfalls eine Kontrollfunktion wahrnähmen und grundsätzlich nur sie überhaupt Fristen löschen dürften. Denn dadurch, dass sie die Fristen gerade nicht selber im Fristenkalender löschten, sondern ihrerseits nur eine Anweisung zur Fristenlöschung an eine weitere Mitarbeiterin, die für den Fristenkalender zuständig sei, erteilten, sei eine wirksame Fristenkontrolle nicht hinreichend gewährleistet. Es müsse sichergestellt sein, dass eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet werde, wenn der fristwahrende Schriftsatz gefertigt und dafür Sorge getragen worden sei, dass das Schriftstück tatsächlich hinausgehe. Dies sei nur der Fall, wenn die Mitarbeiterin, die die Fristen im Fristenkalender streiche, entweder eine eigene Überprüfungsmöglichkeit anhand der Handakte oder eine diesbezügliche konkrete Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts erhalten habe.
7
2. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe ein ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seines Rechtsanwalts nicht auszuräumen vermocht, so dass ihm keine Wiedereinsetzung zu gewähren und seine Berufung als unzulässig zu verwerfen sei, befindet sich in Übereinstim- mung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Verfahrensgrundrechte des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) hat das Berufungsgericht nicht verletzt.
8
a) Es gehört zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmitteleinlegungs- und Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden, und zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Fristenkontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen , dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht und somit die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist, oder wenn von einer (weiteren) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens abgesehen werden soll. Dabei ist die für die Kontrolle zuständige Bürokraft anzuweisen, dass Fristen im Kalender erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen sind, nachdem sie sich anhand der Akte selbst vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Fristenkontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals und abschließend selbständig überprüft wird (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 7. Januar 2015 - IV ZB 14/14, BeckRS 2015, 01755 Rn. 8; vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, BeckRS 2015, 00476 Rn. 8; vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 f Rn. 8 f; vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745, 746 Rn. 9 und vom 5. März 2008 - XII ZB 186/05, NJW-RR 2008, 1160, 1161 Rn. 11 ff sowie Senatsbeschlüsse vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, NJOZ 2014, 1476 Rn 8 und vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, MDR 2008, 53, 54 - jeweils mwN).
9
b) Nach diesen Maßgaben hat der Kläger nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass im Büro seines Rechtsanwalts hinreichende organisatorische Vorkehrungen getroffen worden sind, welche die unberechtigte Streichung von Fristen verhindern und damit die rechtzeitige Vorlage fristgebundener Sachen sicherstellen.
10
aa) Aus den Ausführungen des Klägers ist schon nicht ersichtlich, welche konkrete Bürokraft für die Fristenkontrolle Verantwortung getragen hat. Eine solche Darlegung ist für die Ausräumung eines Organisationsverschuldens jedoch geboten. Es muss nämlich eindeutig feststehen, welche Fachkraft zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils ausschließlich für die Fristenkontrolle zuständig ist (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 3. November 2010 - XII ZB 177/10, NJW 2011, 385, 386 Rn. 9 und vom 17. Januar 2007 - XII ZB 166/05, NJW 2007, 1453 Rn. 12 f).
11
(1) Im Wiedereinsetzungsgesuch hat der Kläger ausgeführt, dass die persönliche Sekretärin seines Rechtsanwalts, Frau P. , "neben der zentralen Fristenkontrollstelle" der Anwaltskanzlei, die durch Frau H. wahrgenommen werde, für die Überwachung der Fristen zuständig gewesen sei. Der Fristenkalender wurde nach den Angaben des Klägers indessen nicht von Frau P. , sondern - zentral - allein von Frau H. geführt, welche die Fristen eintrug, deren Löschung vornahm und die persönlichen Sekretärinnen der Rechtsanwälte laufend über die jeweils aktuellen Fristen unterrichtete. Die persönlichen Sekretärinnen der Rechtsanwälte hatten nach dem Vortrag des Klägers die Aufgabe, darauf zu achten, dass die eingetragenen Fristen erst nach der Bearbeitung gelöscht wurden. "Grundsätzlich" durften nur "die mit der Fristenkontrolle betrauten persönlichen Sekretärinnen" überhaupt Fristen streichen und gaben dies dann an Frau H. weiter.
12
(2) Aus diesem Vorbringen wird nicht in dem erforderlichen Maße deutlich , welche Bürokraft in der Anwaltskanzlei ausschließlich mit der Fristenkontrolle betraut gewesen ist.
13
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass beide Bürokräfte, Frau P. und Frau H. , Aufgaben der Fristenkontrolle wahrgenommen hätten. Dies greift der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde an. Er meint, das Berufungsgericht habe sich über seinen Vortrag hinweggesetzt und hierdurch seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Frau H. habe eigenständig keine Fristen löschen dürfen, sondern nur auf Weisung der persönlichen Sekretärin des Rechtsanwalts. Frau H. habe also nur Anweisungen ausgeführt. Die Verantwortung für die Fristenüberwachung und die alleinige Befugnis, Fristen streichen zu dürfen, hätten ausschließlich bei den persönlichen Sekretärinnen gelegen.
14
Mit dieser Rüge berücksichtigt der Kläger seinen Vortrag im Wiedereinsetzungsgesuch jedoch nicht vollständig. Dort hat er vorgebracht, dass Frau P. "neben" Frau H. ("zentrale Fristenkontrolle") für die Überwachung der Fristen zuständig gewesen sei. Mit der Angabe "grundsätzlich" in Bezug auf die Fristenstreichung hat er offen gelassen, wann und unter welchen Bedingungen die persönlichen Sekretärinnen oder Frau H. eine Fristenstreichung vornehmen dürfen. Unklar ist auch, wie die persönlichen Sekretärinnen in ausschließlich eigener Verantwortung eine Frist löschen können, wenn der Fristenkalender doch - insoweit eigenverantwortlich ("zentrale Fristenkontrolle") - von Frau H. geführt und verwaltet wird. Anders als es die Rechtsbeschwerde geltend machen möchte, erscheint Frau H. hinsichtlich der Fristenlöschung unter Zugrundelegung des Vortrags im Wiedereinsetzungsgesuch nicht als bloßer "verlängerter Arm" oder als ein schlichtes "Werkzeug" der persönlichen Sekretärinnen. Vielmehr bleibt es - auch weiterhin - ungeklärt, welche der beiden Bürokräfte die gebotene "ausschließliche Fristenkontrolle" auszuüben hatte.
15
bb) Unbeschadet dessen hat das Berufungsgericht zu Recht beanstandet , dass durch die dargelegten allgemeinen Anweisungen in der Anwaltskanzlei der zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht sichergestellt gewesen ist, dass vor einer Fristenstreichung die dafür erforderlichen Kontrollen vorgenommen werden.
16
Durch organisatorische Anweisungen muss, wie oben (unter a) dargestellt , gewährleistet werden, dass die zuständige Bürokraft eine Fristenlöschung erst vornimmt, nachdem sie sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist. Diese Kontrolle wird unterlaufen, wenn die Fristenlöschung durch eine Bürokraft erfolgt, der weder die Akte noch eine direkte Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts vorliegt. Kontrollmöglichkeit und Fristenlöschung fallen dann nämlich auseinander, eine wirksame Fristenkontrolle findet insoweit also nicht statt. Die bloße Mitteilung einer anderen Bürokraft, die betreffende Frist solle gelöscht werden, genügt als Grundlage für eine Fristenstreichung nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 1999 - XII ZB 15/99, NJW-RR 1999, 1222).
17
cc) Schließlich ist eine Anordnung in der Kanzlei des Rechtsanwalts des Klägers, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals und abschließend selbständig überprüft wird, nicht dargetan.
18
Eine solche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt (BGH, Beschluss vom 4. November 2014 aaO S. 254 Rn. 9). Sie dient nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern soll auch feststellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH aaO Rn. 10).
19
c) Nach alldem stellt sich die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht, wie der Kläger meint, lediglich als Folge eines unvorhersehbaren singulären "Blackouts" der persönlichen Sekretärin seines Rechtsanwalts dar, sondern vielmehr auch als Folge einer ungenügenden Kanzleiorganisation, die es verabsäumt hat, die erforderliche Fristenkontrolle im Zusammenhang mit der Löschung von Fristen sicherzustellen.
20
Hätte die mit der Fristenlöschung betraute Bürokraft (Frau H. ) eine Überprüfung anhand der Akte vornehmen können oder wäre eine abendliche Fristenkontrolle anhand des Fristenkalenders erfolgt, so wäre es bei gewöhnli- chem Lauf der Dinge entweder gar nicht erst zur Löschung der die Berufungsbegründung betreffenden Fristen gekommen oder diese Fristenlöschung wäre noch am selben Tage als unberechtigt aufgefallen und revidiert worden.
Schlick Wöstmann Tombrink
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.04.2014 - 10 O 210/12 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.09.2014 - I-6 U 100/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 28/00
vom
2. Juli 2001
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 2. Juli 2001 durch den
Vorsitzenden Richter h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger,
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Juni 2000 aufgehoben.
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.
Beschwerdewert: 350.000,-- DM

Gründe:


I. Der Kläger hat gegen das - seine Herausgabeklage aus Eigentum abweisende - Urteil des Landgerichts rechtzeitig Berufung eingelegt. Am 2. Mai 2000, dem letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist, ging ein 43 Seiten umfassender Teil seiner Berufungsbegründung, die aus 57 Seiten bestehen sollte, per Telefax ohne Unterschrift bei dem Berufungsgericht ein, das den Kläger am nächsten Tag über die Unvollständigkeit und die Versäumung der Berufungs-
begründungsfrist informierte. Er hat mit seinem rechtzeitig eingereichten Wiedereinsetzungsgesuch vorgetragen, sein Prozeßbevollmächtigter habe am 2. Mai 2000 die Kanzleiangestellte G. angewiesen, den fertiggestellten und unterzeichneten Schriftsatz sofort per Telefax an das Oberlandesgericht zu senden und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern. Sie habe versehentlich die letzten zwölf Seiten des in mehreren "Chargen" übermittelten Schriftsatzes nicht übersandt und den Kontrollanruf unterlassen.
Das Berufungsgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen , weil es keine Darlegungen zur Behandlung der Sache im Fristenkalender enthalte und zu einer ordnungsgemäßen Büroorganisation die Anweisung gehöre , die Frist im Fristenkalender erst nach Vergewisserung über die vollständige Übermittlung des Telefax zu streichen, damit ein etwaiges Versäumnis bei der pflichtgemäßen Kontrolle des Fristenkalenders vor Dienstschluß bemerkt und noch rechtzeitig behoben werden könne. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers.
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Grundsätzlich trifft einen Anwalt zwar die Verpflichtung, seinen Mitarbeitern für die Übersendung von Telefaxen die allgemeine Weisung zu erteilen, einen Einzelnachweis über den Sendevorgang auszudrucken, ihn zu prüfen und erst dann die Frist im Fristenkalender zu löschen (BGH, Beschl. v. 16. Juni 1998 - XI ZB 13 u. 14/98, VersR 1999, 996). Statt dessen genügt für eine wirksame Ausgangskontrolle aber auch die allgemeine Anweisung, die Frist erst nach telefonischer Rückfrage beim Empfänger zu streichen (BGH, Beschl. v.
24. Januar 1996 - XII ZB 4/96, VersR 1996, 1125). Die Überprüfung des Sendeberichts kann also durch einen Kontrollanruf ersetzt werden, zu dem der Prozeßbevollmächtigte des Klägers seine Kanzleiangestellte konkret angewiesen hat. Ist - wie hier - im Einzelfall eine konkrete Anweisung erteilt worden, die bei Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte, so kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts auf sonstige allgemeine organisatorische Vorkehrungen für die Ausgangskontrolle in einer Anwaltskanzlei nicht mehr an (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00, NJW 2000, 28, 23 m.N.; v. 11. Februar 1998 - XII ZB 184/97, NJW-RR 1998, 787; v. 13. April 1997 - XII ZB 56/97, NJW 1997, 1930; v. 26. September 1995 - XI ZB 13/95, NJW 1996, 130; BAG, Urt. v. 9. Januar 1990 - 3 AZR 528/89, NJW 1990, 2707). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine bisher zuverlässige Angestellte eine konkrete Anweisung befolgt (vgl. BGH, Beschl. v. 6. Juli 2000 aaO m.N.). Ein niemals völlig auszuschließendes Versagen der konkret Angewiesenen bleibt dabei außer Betracht. Da im vorliegenden Fall bei Befolgung der Anweisung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers eine Fristversäumung praktisch ausgeschlossen gewesen wäre und er in Anbetracht seiner Weisung zu "sofortiger" Erledigung
des relativ einfachen Auftrags mit einem Vergessen oder Versehen der Kanzleiangestellten nicht rechnen mußte, kommt es hier auf zusätzliche allgemeine Maßnahmen zur Ausgangskontrolle (Fristenkalender) nicht an. Dem Umstand, daß der zu übermittelnde Schriftsatz sehr umfangreich und deshalb in mehreren "Chargen" zu übermitteln war, kommt dabei entscheidendes Gewicht nicht zu.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer
7
a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen , dass der Rechtsanwalt in seinem Büro eine Ausgangskontrolle zu schaffen hat, durch die gewährleistet wird, dass Frist wahrende Schriftsätze rechtzeitig beim zuständigen Gericht eingehen. Bei der Übermittlung per Telefax kommt der Rechtsanwalt dieser Verpflichtung nur dann nach, wenn er seinen Büroangestellten die Weisung erteilt, sich einen Sendebericht ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen (Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10 - NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12 mwN; BGH Beschluss vom 12. Juni 2012 - VI ZB 54/11 - NJW-RR 2012, 1267 Rn. 7). Die Ausgangskontrolle anhand eines Sendeberichts dient nicht nur dazu, Fehler bei der Übermittlung auszuschließen. Vielmehr soll damit ebenso die Feststellung ermöglicht werden, ob der Schriftsatz überhaupt übermittelt worden ist (Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10 - NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12; BGH Beschluss vom 16. Juni 1998 - XI ZB 13/98 - VersR 1999, 996).
12
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (BGH, Beschluss vom 13. Juni 1996 - VII ZB 13/96, NJW 1996, 2513; Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 11; Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZB 51/12, juris Rn. 6). Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers bestanden, ist nicht vorgetragen worden.
8
a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - XI ZB 23/08, XI ZB 2XI ZB 24/08, NJW 2010, 1363 Rn. 11 mwN). Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, aaO Rn. 10 mwN; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, juris Rn. 9 mwN). Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird (BGH, Beschlüsse vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, NJW 2000, 1957 unter II; vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, FamRZ 2007, 1879 Rn. 15; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; vom 26. April 2012 - V ZB 45/11, juris Rn. 12; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, aaO; vom 11. März 2014 - VIII ZB 52/13, juris Rn. 5; jeweils mwN). Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuel- le Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt.
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aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen , durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Dabei ist der für die Kontrolle zuständige Angestellte anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, VersR 2014, 645 Rn. 10; BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 2013 - XII ZB 559/12, VersR 2013, 1330 Rn. 6; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, juris Rn. 8, jeweils mwN). Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (st. Rspr., s. etwa BGH, Senatsbeschlüsse vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, VersR 2012, 1009 Rn. 9; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, VersR 2012, 506 Rn. 7 f; BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, juris Rn. 8 f.; vom 16. Juli 2014 - IV ZB 40/13, juris Rn. 9; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, juris Rn. 8; vom 23. April 2013 - X ZB 13/12, juris Rn. 9; vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745, 746 Rn. 9; vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378, Rn. 7).
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Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört dabei die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig überprüft wird (st. Rspr.: siehe etwa Senatsbeschlüsse vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, VersR 2015, 339 Rn. 8; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, VersR 2012, 1009 Rn. 9; BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14, NJW 2015, 2041 Rn. 8; vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 8 f.; jeweils mwN). Diese allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleich mit dem Fristenkalender dient nicht alleine dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen im Fristenkalender noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern vielmehr auch dazu, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, aaO Rn. 10; vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, VersR 2000, 1564 Rn. 6 mwN). Deshalb ist dabei, ggf. anhand der Akten, auch zu prüfen, ob die im Fristenkalender als erledigt gekennzeichneten Schriftsätze tatsächlich abgesandt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, aaO Rn. 13).
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Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde liegt keine hinreichend konkrete anwaltliche Einzelanweisung vor, die das Fehlen allgemeiner organisatorischer Regelungen ausgleichen könnte. Der Vortrag der Beklagten hat sich hierzu darin erschöpft, dass Rechtsanwalt P. das Fristverlängerungsgesuch nach Unterzeichnung "an Frau M. zur Übersendung an das Kammergericht per Fax" übergeben habe. Eine Einzelweisung, die - wie hier - lediglich darin besteht, den fristgebundenen Schriftsatz per Telefax an das Rechtsmittelgericht zu übersenden, regelt nur die Art und Weise sowie den Adressaten der Übermittlung. Sie macht eine organisatorische Regelung zur Kontrolle der Faxübermittlung und zur Einschaltung von Auszubildenden weder entbehrlich noch setzt sie eine hierzu bestehende - unvollständige oder sonst mangelhafte - organisatorische Regelung außer Kraft (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 aaO; vom 4. Juli 2006 - VI ZB 48/05, BeckRS 2006, 08980 Rn. 5 und vom 21. Oktober 2010 aaO S. 459 Rn. 9 f; s. auch BGH, Beschluss vom 26. Juni 2012 - VI ZB 12/12, NJW 2012, 3309, 3310 Rn. 8). Sie schließt - wie auch im vorliegenden Fall - insbesondere nicht aus, dass die Faxübermittlung ohne hinreichende Kontrolle einem unerfahrenen Auszubildenden übertragen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/03
vom
23. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der beschwerten
Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes, so ist die nach § 574 Abs. 1
Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unabhängig davon zulässig
, ob sich der Rechtsverstoß auf das Endergebnis auswirkt.
Eine konkrete Anweisung des Anwalts im Einzelfall macht nur dann allgemeine organisatorische
Regelungen obsolet, wenn diese durch die Einzelanweisung ihre Bedeutung
für die Einhaltung der Frist verlieren; das ist nicht der Fall, wenn die Weisung
nur dahin geht, einen Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, die Fristüberschreitung
aber darauf beruht, daß es an ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen
dazu fehlt, unter welchen Voraussetzungen eine Frist nach Übermittlung
fristwahrender Schriftsätze per Telefax als erledigt vermerkt werden darf.
BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - LG Konstanz
AGÜberlingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Oktober 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 2. April 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


I.


Gegen das ihr am 7. November 2002 zugestellte Urteil des Amtsgerichts hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 8. Januar 2003 bei dem Landgericht eingegangen.
Die Beklagte hat gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu folgendes ausgeführt : Ihr Prozeßbevollmächtigter habe den Begründungsschriftsatz am 7. Januar gefertigt und unterzeichnet und die bei ihm beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte W. gegen 17.15 Uhr angewiesen, ihn per Fax an das Landgericht zu senden. Diese habe zwar mehrfach versucht zu faxen, was aber , weil sie versehentlich eine falsche Nummer gewählt habe, erfolglos geblieben sei. Sie habe angenommen, das Empfängergerät sei belegt, und habe sich zunächst anderen Aufgaben zugewendet, darüber aber die Angelegenheit ver-
gessen. Später habe sie die Frist im Kalender als erledigt eingetragen, so daß dem Prozeßbevollmächtigten bei dessen Kontrolle gegen 20.00 Uhr das Versäumnis nicht aufgefallen sei.
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses verlangt und den Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
aa) Allerdings liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein Fall einer Divergenz zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Juni 2000 (VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006) vor. Eine die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Abweichung ist nämlich nur gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Entscheidung eines höherrangigen oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts (Senat, BGHZ 151, 42; BGHZ 89, 149, 151). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Berufungsgericht geht - im Einklang mit der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes - davon aus, daß üblicherweise in Anwaltskanzleien auftretende Schwankungen der Arbeitsbelastung die Sorgfalts-
pflicht des Prozeßbevollmächtigten im Hinblick auf die Organisation eines reibungslos und fehlerfrei funktionierenden Geschäftsbetriebs nicht erhöhen. Es meint lediglich, im konkreten Fall hätten Umstände vorgelegen, die über das Übliche einer Mehrbelastung hinausgingen und daher zu besonderen Maßnahmen Anlaß gegeben hätten. Ist diese Auffassung - wie hier (siehe im folgenden ) - falsch, so liegt darin zwar eine rechtsfehlerhafte Würdigung. Doch wird damit kein allgemeiner Rechtssatz aufgestellt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes entgegensteht.
bb) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht aber auf einer Würdigung , die der Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG NJW 2003, 281) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, BGHZ 151, 221; Beschl. v. 20. Februar 2003, V ZB 60/02, NJW-RR 2003, 861; Beschl. v. 30. April 2003, V ZB 71/02, NJW 2003, 2388). Die Annahme, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe angesichts der "besonderen Situation am Nachmittag" des 7. Januars 2003 eine eigenständige Prüfung der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist vornehmen müssen, entbehrt jeder Grundlage. Unscharf ist schon der Ansatz. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist war an sich nicht gefährdet. Der Prozeßbevollmächtigte hatte den Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und dessen Übermittlung per Fax verfügt. Welche zusätzlichen Maßnahmen er hätte ergreifen sollen, worin sich die nach Auffassung des Berufungsgerichts gebotene erhöhte Sorgfaltspflicht hätte äußern sollen, wird in der angefochtenen Entscheidung nicht gesagt. Dafür ist auch nichts erkennbar. Die einfach zu erledigende Aufgabe einer Telefaxüber-
mittlung kann der Anwalt seinem Personal überlassen (BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003, VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, 936 m. zahlr. Nachw.). Er braucht sie nicht konkret zu überwachen oder zu kontrollieren. Im übrigen ist hier nach dem Vorbringen der Beklagten sogar eine Kontrolle erfolgt, die aber wegen des falschen Erledigungsvermerks ohne Befund blieb.
Wenn man in dieser konkreten Situation ein Weiteres von dem Anwalt verlangen wollte, so überspannte man die Sorgfaltsanforderungen. Denn solche Maßnahmen könnten nur in einer Beaufsichtigung des Übermittlungsvorgangs selbst oder in einer sofortigen Kontrolle sogleich nach Durchführung bestehen. Dies kann höchstens ganz ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006), wenn ein geordneter Geschäftsbetrieb infolge besonderer Umstände nicht mehr gewährleistet ist. Solche Umstände hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt. Daß eine Rechtsanwaltsangestellte über ihre normale Dienstzeit hinaus arbeiten muß und daß drei fristgebundene Sachen zusätzlich zu bearbeiten sind, bedingt keine Situation, die ein ausreichend organisiertes Büro nicht bewältigen könnte. Im übrigen sollte die Übermittlung per Telefax zunächst, nur wenige Minuten nach dem üblichen Dienstschluß, erfolgen, und es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Bearbeitung weiterer Fristsachen, die sich bis 19.30 Uhr hinzog, diese einfache Tätigkeit hätte stören oder in einer Weise gefährden können, daß ein Eingreifen des Anwalts erforderlich gewesen wäre.
cc) Dieser Verstoß gegen das Gebot der Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes führt unabhängig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde , ob er sich auf das Ergebnis auswirkt. Insoweit besteht ein Unterschied zum Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO), in dem eine nicht entscheidungserhebliche Frage auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision gebietet (Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181; Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, Umdruck S. 9, zur Veröffentlichung vorgesehen; BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831). Dieser Unterschied beruht auf folgendem: Anders als das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Rechtsbeschwerde ein Rechtsmittel, das zur Entscheidung über die Sache führt. Dabei hängt - wie stets - die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht von Fragen der Begründetheit ab. Liegen die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO vor, so ist die Rechtsbeschwerde zulässig. Ob die angefochtene Entscheidung gleichwohl Bestand hat, ist eine Frage der Begründetheit. Beides miteinander zu verquicken, hieße, die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu verneinen, weil es an der Begründetheit fehlt. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es demgegenüber nicht um eine Entscheidung in der Sache selbst, sondern nur um die Frage, ob eine Sachüberprüfung im Revisionsverfahren geboten ist. Bei dieser Prüfung kann und muß berücksichtigt werden, ob die unter die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO subsumierbaren Rechts- oder Verfahrensfragen im konkreten Fall entscheidungserheblich sind oder nicht. Sind sie es nicht, besteht kein Anlaß für eine Zulassung; denn es kommt auf sie letztlich nicht an.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt (§ 233 ZPO) und die Berufung infolgedessen zutreffend als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat nämlich nicht dargelegt , daß sie ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Es ist nicht ausgeräumt, daß dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ein eigenes (Organisations-) Verschulden vorzuwerfen ist,
das diese sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Das ergibt sich aus zwei Gesichtspunkten:
Zum einen hat der Anwalt organisatorische Vorkehrungen zu treffen, daß Fristen im Fristenkalender erst dann mit einem Erledigungsvermerk versehen werden, wenn die fristwahrende Handlung auch tatsächlich erfolgt oder jedenfalls soweit gediehen ist, daß von einer fristgerechten Vornahme auszugehen ist (BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1993, II ZB 7/93, VersR 1994, 703; Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 60 m.w.N.). Zum anderen muß der Anwalt bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax die Ausgangskontrolle organisatorisch dahin präzisieren , daß er die damit befaßten Mitarbeiter anweist, einen Einzelnachweis über den Sendevorgang ausdrucken zu lassen, der die ordnungsgemäße Übermittlung anzeigt, bevor die entsprechende Frist als erledigt vermerkt wird (Senat, Beschl. v. 9. Februar 1995, V ZB 26/94, VersR 1995, 1073, 1074). Er muß ferner Vorsorge für Störfälle treffen, um sicherzustellen, daß der Übermittlungsvorgang entweder vollständig wiederholt wird oder daß der Anwalt selbst über geeignete andere Maßnahmen entscheidet.
Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bestanden, ist nicht vorgetragen worden. Die bloße Angabe, vor Büroschluß werde kontrolliert, ob alle Fristen erledigt seien, erst danach werde die Frist gelöscht, genügt nicht den vorstehenden Anforderungen. Soweit die Beklagte in einem nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz nähere Angaben zur Ausgangskontrolle gemacht hat, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Derjenige, der Wiedereinsetzung beantragt, muß die Gründe, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vor-
bringen (BGH, Beschl. v. 12. Mai 1998, VI ZB 10/98, BGHR ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1 Antragsbegründung 3). Zwar können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BGH aaO; Beschl. v. 9. Juli 1985, VI ZB 10/85, VersR 1985, 1184, 1185). Das hilft der Beklagten im konkreten Fall aber schon deswegen nicht, weil die ergänzenden Angaben nach Erlaß der Entscheidung gemacht worden sind und daher für das Rechtsbeschwerdegericht nicht verfügbar sind. Seiner Beurteilung unterliegt - anders als im früheren Verfahren der sofortigen Beschwerde (§ 577 ZPO a.F.) - nur der in den Tatsacheninstanzen festgestellte Sachverhalt sowie der auf Verfahrensrüge zu beachtende dortige Sachvortrag. Soweit die Rechtsbeschwerde den neuen Sachvortrag mit Hilfe einer Aufklärungsrüge einführen möchte, ist ihr nicht zu folgen. Es bestand für das Berufungsgericht keine Pflicht, die anwaltlich vertretene Beklagte auf die nicht ausreichenden Gründe ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Anwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluß darauf , daß entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Fehlen organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze nicht deswegen unerheblich, weil der Prozeßbevollmächtigte eine konkrete Einzelweisung erteilt hat. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß es auf allgemeine organisatorische Regelungen nicht entscheidend ankommt, wenn im Einzelfall
konkrete Anweisungen vorliegen, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte (BGH, Urt. v. 6. Oktober 1987, VI ZR 43/87, VersR 1988, 185, 186; Beschl. v. 26. September 1985, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Dabei ist jedoch auf den Inhalt der Einzelweisung und den Zweck der allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen Rücksicht zu nehmen. Weicht ein Anwalt von einer bestehenden Organisation ab und erteilt er stattdessen für einen konkreten Fall genaue Anweisungen, die eine Fristwahrung gewährleisten, so sind allein diese maßgeblich; auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen kommt es dann nicht mehr an (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289). Anders ist es hingegen, wenn die Einzelweisung nicht die bestehende Organisation außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzuwirken. So ersetzt z.B. die Anweisung, einen Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, alle allgemein getroffenen Regelungen einer Ausgangskontrolle und macht etwa hier bestehende Defizite unerheblich (BGH, Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Ebenso liegt es, wenn der Anwalt von der Eintragung der Sache in den Fristenkalender absieht und die Anweisung erteilt, den fertiggestellten Schriftsatz in die Ausgangsmappe für die Post zum Berufungsgericht zu legen (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZR 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45). Denn in diesem Fall würde eine Frist als erledigt vermerkt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, NJW 1997, 3446; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rdn. 23 S. 698).
Besteht hingegen - wie hier - die Anweisung nur darin, die Übermittlung eines Schriftsatzes sofort per Fax zu veranlassen, so fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen. Inhalt der Anweisung ist nur die Bestimmung des Mediums der Übermittlung und der Zeitpunkt ihrer Vornahme. Damit sind aber sonst etwa bestehende Kontrollmechanismen weder außer Kraft gesetzt noch obsolet. Es bleibt sinnvoll und notwendig , daß Anweisungen darüber bestehen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittlung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen. Bestehen sie nicht, entlastet es den Anwalt nicht, wenn er sich im konkreten Einzelfall darauf beschränkt , eine Übermittlung per Telefax anzuordnen. Dem entspricht es, daß z.B. der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01) einen solchen Übermittlungsauftrag nur für ausreichend erachtet hat, wenn jedenfalls die betreffende Angestellte allgemein angewiesen war, die Telefaxübermittlung jeweils anhand des (auszudruckenden) Sendeberichts zu kontrollieren.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann
12
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (BGH, Beschluss vom 13. Juni 1996 - VII ZB 13/96, NJW 1996, 2513; Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 11; Beschluss vom 31. Oktober 2012 - III ZB 51/12, juris Rn. 6). Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozessbevollmächtigten des Klägers bestanden, ist nicht vorgetragen worden.
8
Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört dabei die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig überprüft wird (st. Rspr.: siehe etwa Senatsbeschlüsse vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, VersR 2015, 339 Rn. 8; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, VersR 2012, 1009 Rn. 9; BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14, NJW 2015, 2041 Rn. 8; vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 8 f.; jeweils mwN). Diese allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleich mit dem Fristenkalender dient nicht alleine dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen im Fristenkalender noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern vielmehr auch dazu, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, aaO Rn. 10; vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, VersR 2000, 1564 Rn. 6 mwN). Deshalb ist dabei, ggf. anhand der Akten, auch zu prüfen, ob die im Fristenkalender als erledigt gekennzeichneten Schriftsätze tatsächlich abgesandt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, aaO Rn. 13).