Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2015 - IV ZR 373/14

bei uns veröffentlicht am23.09.2015
vorgehend
Amtsgericht Salzgitter, 23 C 160/13, 21.01.2014
Landgericht Braunschweig, 7 S 85/14, 26.08.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR373/14
vom
23. September 2015
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Felsch, Lehmann, die Richterin
Dr. Brockmöller und den Richter Dr. Schoppmeyer
am 23. September 2015

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 26. August 2014 gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.
Der Streitwert wird auf bis zu 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Klägerin beantragte am 21. März 2011, eine fondsgebundene Rentenversicherung bei der Beklagten abzuschließen. Die Vermittlerin der Beklagten nahm diesen Antrag auf und übergab der Klägerin bei dieser Gelegenheit verschiedene Unterlagen, insbesondere die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedin- gungen sowie ein dreiseitiges Formular mit Informationen gemäß § 7 VVG und § 154 VVG. In diesem Formular befand sich auf der zweiten Seite eine Widerrufsbelehrung, deren Text farblich unterlegt war. Die Beklagte nahm den Antrag an und übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 25. März 2011 den Versicherungsschein. Versicherungsbeginn war der 1. April 2011.
2
Die Klägerin zahlte die Einmalprämie von 11.250 €. Mit Schreiben vom 3. Februar 2012 kündigte sie die Versicherung. Die Beklagte er- rechnete einen Rückkaufswert von 9.062,56 € und zahlte ihn an die Klä- gerin aus. Mit Anwaltsschreiben vom 22. Januar 2013 widerrief diese den Vertrag und erklärte, ihr stehe ein unbegrenztes Widerrufsrecht zu. Sie meint, die Beklagte habe sie nicht ordnungsgemäß über die Risiken des Vertrags belehrt und sei ihren Informationspflichten nicht vollständig nachgekommen.
3
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin - soweit noch von Interesse - Zahlung weiterer 2.736,72 € nebst Zinsen und außergerichtlicher An- waltskosten. Die Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.
4
II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor; das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
5
1. Zulassungsgründe i.S. des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestehen nicht. Das Landgericht hat zwar die Revision im Tenor seines Urteils zugelassen , jedoch fehlt jede Begründung, warum die Revision zuzulassen sei. Es ist auch sonst nicht erkennbar, warum sich das Landgericht veranlasst gesehen hat, die Revision zuzulassen. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung.
6
a) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Widerrufsbelehrung deutlich gestaltet ist, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt (Senatsurteile vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 d; vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, VersR 2013, 1513 Rn. 14 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 14. Mai 2014 - IV ZA 5/14, VersR 2014, 824 Rn. 17; BGH, Beschluss vom 16. November 1995 - I ZR 25/94, VersR 1996, 221 unter I 2). Auch die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, aufgrund derer Klärungsbedarf bestehen könnte.
7
b) Auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Widerrufsrecht nach § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG erlischt, kommt es nach den Feststellungen des Landgerichts nicht an.
8
Dieses hat im Streitfall festgestellt, dass die der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß und wirksam war und auch die weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 VVG mit Zugang des Ende März 2011 an die Klägerin versandten Versicherungsscheins vollständig erfüllt waren. Als die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 22. Januar 2013 ihre Vertragserklärungen widerrief, war die Widerrufsfrist gemäß § 8 Abs. 1, § 152 Abs. 1 VVG bereits abgelaufen. Ohne Erfolg greift die Revision die Feststellungen des Landgerichts an.
9
aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin wirksam über ihr Widerrufsrecht belehrt worden.

10
Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die Widerrufsbelehrung deutlich gestaltet ist und die Anforderungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG erfüllt sind. Soweit die Widerrufsbelehrung nicht umrahmt, sondern farblich unterlegt ist, handelt es sich um eine nach § 8 Abs. 5 Satz 2 VVG unerhebliche Abweichung von der Musterwiderrufsbelehrung. Dagegen setzt die Revision nur ihre eigene Würdigung; revisionsrechtlich beachtliche Fehler zeigt sie nicht auf. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Widerrufsbelehrung drucktechnisch nicht ausreichend hervorgehoben sei. Da die W iderrufsbelehrung sich über fast eine halbe Seite erstreckt, die Überschrift und die Zwischenüberschriften fett gedruckt sind und der gesamte Text farblich unterlegt ist, weist die Würdigung des Berufungsgerichts, dass diese Belehrung beim (flüchtigen) Lesen auffalle und ausreichend markant sei, keinen revisionsrechtlich erheblichen Fehler auf. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Widerrufsbelehrung innerhalb des dreiseitiges Formulars mit Informationen gemäß § 7 VVG und § 154 VVG befand.
11
Dass die Klägerin die weiter gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VVG für den Fristbeginn erforderlichen Informationen nach § 7 Abs. 1 und 2 VVG vor Abgabe ihrer Vertragserklärung erhalten hat, hat das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt. Die Revision erhebt hiergegen keine Rügen. Den Versicherungsschein hat die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 25. März 2011 zugesandt; er ist der Klägerin unstreitig zugegangen.

12
bb) Damit begann die 30-tägige Widerrufsfrist jedenfalls Ende März 2011 zu laufen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 VVG). Der erst im Januar 2013 erklärte Widerruf der Klägerin war mithin verspätet.
13
2. Die Revision der Klägerin hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Klägerin nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts kein Widerrufsrecht mehr zustand.
Mayen Felsch Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Schoppmeyer
Vorinstanzen:
AG Salzgitter, Entscheidung vom 21.01.2014- 23 C 160/13 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 26.08.2014- 7 S 85/14 (008) -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2015 - IV ZR 373/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2015 - IV ZR 373/14

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 8 Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers; Verordnungsermächtigung


(1) Der Versicherungsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Der Widerruf ist in Textform gegenüber dem Versicherer zu erklären und muss keine Begründung enthalten; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 7 Information des Versicherungsnehmers; Verordnungsermächtigung


(1) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung seine Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die in einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Inform
Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2015 - IV ZR 373/14 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 8 Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers; Verordnungsermächtigung


(1) Der Versicherungsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Der Widerruf ist in Textform gegenüber dem Versicherer zu erklären und muss keine Begründung enthalten; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 7 Information des Versicherungsnehmers; Verordnungsermächtigung


(1) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung seine Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die in einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Inform

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 152 Widerruf des Versicherungsnehmers


(1) Abweichend von § 8 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Widerrufsfrist 30 Tage. (2) Der Versicherer hat abweichend von § 9 Satz 1 auch den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. Im Fall des § 9 Satz 2 hat der Versicherer d

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 154 Modellrechnung


(1) Macht der Versicherer im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Abschluss einer Lebensversicherung bezifferte Angaben zur Höhe von möglichen Leistungen über die vertraglich garantierten Leistungen hinaus, hat er dem Versicherungsnehmer eine Modell

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2015 - IV ZR 373/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 28. Jan. 2004 - IV ZR 58/03

bei uns veröffentlicht am 28.01.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 58/03 Verkündet am: 28. Januar 2004 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ______

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Okt. 2013 - IV ZR 52/12

bei uns veröffentlicht am 16.10.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 52/12 Verkündet am: 16. Oktober 2013 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG a.F. §

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Mai 2014 - IV ZA 5/14

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZA5/14 vom 14. Mai 2014 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG § 8 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5, § 169 Abs. 5 Satz 2 Zu den Anforderungen an die Belehrung über das Widerrufsrecht beim Abschluss von

Referenzen

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Macht der Versicherer im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Abschluss einer Lebensversicherung bezifferte Angaben zur Höhe von möglichen Leistungen über die vertraglich garantierten Leistungen hinaus, hat er dem Versicherungsnehmer eine Modellrechnung zu übermitteln, bei der die mögliche Ablaufleistung unter Zugrundelegung der Rechnungsgrundlagen für die Prämienkalkulation mit drei verschiedenen Zinssätzen dargestellt wird. Dies gilt nicht für Risikoversicherungen und Verträge, die Leistungen der in § 124 Absatz 2 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeichneten Art vorsehen.

(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer klar und verständlich darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Modellrechnung nur um ein Rechenmodell handelt, dem fiktive Annahmen zu Grunde liegen, und dass der Versicherungsnehmer aus der Modellrechnung keine vertraglichen Ansprüche gegen den Versicherer ableiten kann.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 58/03 Verkündet am:
28. Januar 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
VVG § 5a Abs. 2 Satz 1

a) Eine wirksame Belehrung des Verbrauchers über sein Widerspruchsrecht nach
§ 5a Abs. 1 Satz 1 VVG setzt voraus, daß auf die vorgeschriebene Form des Widerspruchs
(hier Schriftlichkeit) und darauf hingewiesen wird, daß die rechtzeitige
Absendung des Widerspruchs die vierzehntägige Frist wahrt.

b) Zu den Anforderungen an eine drucktechnisch deutliche Form der Belehrung.
BGH, Urteil vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03 - LG Hannover
AG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Januar 2004

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 12. Februar 2003 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 27. Mai 2002 geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.474,20 zu zahlen nebst 7 % Zinsen auf 204,51 ! "# auf 409,03 $&%' )( "# auf 613,53 * (,+ ! "# auf 818,04 - ,. ! "# auf 1022,55 / 0 1 0 " 243 3 3 auf 1227,06 54 "6 0 " 243 3 3 auf 1431,57 798 ").:243 3 3 auf 1636,08 "; =< 2 3 3 3 auf 1840,59 790 243 3 3 auf 2045,10 / 14 243 3 3 auf 2249,61 auf 2454,20 . Juli 2000, seit dem 15. Dezember 2000 jedoch Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz auf 2454,20 Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Auf Antrag des Klägers hat die Beklagte einen Versicherungsschein vom 7. Juli 1999 über eine Kapitallebensversicherung ausgestellt und zahlreiche Anlagen sowie ihre Allgemeinen Versicherungsbedingungen beigefügt. Mit Schreiben vom 7. Juli 2000 hat der Kläger der Beklagten mitgeteilt: Nachdem ich eine Sendung in Plus - Minus über Lebensversicherungen gesehen habe, lege ich Widerspruch wegen Nichtbeachtung der Aufklärungspflicht nach BGB ein. Die abgebuchten Beiträge plus angefallenen Zinsen schreiben Sie bitte meinem Konto ... wieder gut. Von einem Vertreterbesuch bitte ich abzusehen. Nach Ansicht des Klägers sind die Angaben der Beklagten in den ihm zugesandten Vertragsunterlagen insbesondere zur Überschußermittlung und -verteilung nur rudimentär und genügen den Anforderungen des § 10a VAG sowie der dazu gehörigen Anlage D nicht. Deshalb habe er gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG noch innerhalb eines Jahres nach Zahlung der ersten Prämie Widerspruch einlegen können. Die Beklagte entgegnet, nach der Schlußerklärung des Versicherungsantrags sei dem Kläger bekannt, daß unter anderem wegen der Abschlußkosten bei Kün-

digung der Lebensversicherung in den ersten Jahren kein oder nur ein niedriger Rückkaufswert anfalle. Vor allem sei der Kläger gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG darüber belehrt worden, daß der Versicherungsvertrag auf der Grundlage der mit dem Versicherungsschein übersandten Unterlagen als abgeschlossen gelte, wenn er nicht innerhalb von 14 Tagen seit deren Zugang dem Vertrag widerspreche. Der Widerspruch des Klägers sei mithin verspätet. Auf die Wirksamkeit einzelner Klauseln ihrer Versicherungsbedingungen komme es insoweit nicht an.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg; dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch im wesentlichen zu.
1. Das Berufungsgericht führt unter Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts einleitend aus, weder aus der Berufungsbegründung noch aus den Akten ergäben sich Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründeten. Ferner seien keine Umstände ersichtlich , aus denen sich eine für die angefochtene Entscheidung erhebliche Rechtsverletzung ergebe. Insoweit sei es an eine vertretbare und rechtsfehlerfreie Auslegung und Wertung des Amtsgerichts - ungeachtet der eigenen Gewichtungstendenz - gebunden.

Der Kläger sei in drucktechnisch hervorgehobener Form über sein Widerspruchsrecht, den Fristbeginn sowie die Dauer der Widerspruchsfrist und damit ordnungsgemäß belehrt worden. Auch die von § 5a Abs. 1 VVG geforderten Unterlagen hätten am 7. Juli 1999 vollständig vorgelegen. Dagegen wende sich der Kläger auch nicht; er rüge vielmehr, daß die Spielräume der Beklagten bei der Ermittlung des auf die Versicherungsnehmer zu verteilenden Überschusses nicht deutlich gemacht würden. Eine möglicherweise intransparente Regelung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen habe aber nicht zur Folge, daß die 14tägige Frist für den Widerspruch (§ 5a Abs. 1 Satz 1 VVG) nicht in Lauf gesetzt werde (§ 5a Abs. 2 Satz 1 VVG).
2. Die Revision macht zunächst geltend, das Berufungsurteil unterliege schon deshalb der Aufhebung, weil es die Berufungsanträge auch dem Sinne nach nicht erkennen lasse; deren Wiedergabe sei aber auch nach der hier anzuwendenden Neufassung des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht entbehrlich (BGHZ 154, 99, 100 f.; Urteil vom 6. Juni 2003 - V ZR 392/02 - NJW-RR 2003, 1290 unter II 1 a; Urteil vom 25. Juni 2003 - IV ZR 322/02 - NJW-RR 2003, 1248 unter 1; Urteil vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 122/03 - unter 2, zur Veröffentlichung bestimmt

).


Dagegen wendet sich die Beklagte mit Recht. In den Gründen des Berufungsurteils wird als Ergebnis formuliert, das Amtsgericht habe den geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Beiträge zu Recht aberkannt. Diese mit keinerlei Einschränkungen versehene Formulierung setzt, da das Berufungsurteil nicht auf das Protokoll der Verhandlung vor dem Berufungsgericht, sondern nur auf die tatsächli-

chen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts Bezug nimmt, voraus, daß der Kläger den aberkannten Anspruch unverändert mit der Berufung weiterverfolgt hat. Sonst hätte für das Berufungsgericht kein Anlaß bestanden , die Abweisung des - nach wie vor - "geltend gemachten Anspruchs" insgesamt für rechtmäßig zu erklären. Dieses Verständnis wird durch die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts zur Unwirksamkeit des vom Kläger erklärten Widerspruchs bestärkt. Nach den gesamten Umständen des Falles hält der Senat den Berufungsantrag hier für gerade noch hinreichend aus den Formulierungen des Berufungsurteils erkennbar.
3. Die Tatsachen, die diesem Rechtsstreit zugrunde liegen, nämlich der Versicherungsantrag des Klägers, die Übersendung des Versicherungsscheins vom 7. Juli 1999 nebst Anlagen sowie der Widerspruch des Klägers vom 7. Juli 2000 sind unstreitig. Soweit es für die auf 14 Tage nach Zugang aller Unterlagen beschränkte Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG darauf ankommt, daß der Versicherungsnehmer über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und deren Dauer "in drucktechnisch deutlicher Form" belehrt worden ist, hat das Berufungsgericht diese Voraussetzungen, zu denen sich das Amtsgericht in seinem Urteil nicht geäußert hatte, erstmals selbst geprüft und für erfüllt gehalten. Mithin kommt es auf die von der Revision angegriffene Ansicht des Berufungsgerichts , es sei an vertretbare und rechtsfehlerfreie Auslegungen und Wertungen des Amtsgerichts gebunden, im vorliegenden Fall nicht an. Darüber hinaus rügt die Revision vor allem, die Belehrung über das Widerspruchsrecht entspreche hier nicht den Anforderungen von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG und habe daher die Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG nicht in Lauf gesetzt. Die von der Beklagten erteilte Belehrung zeichne

sich zwar durch fettere Lettern als der übrige Text aus, sei aber nicht auf einem gesonderten Blatt niedergelegt oder an exponierter Stelle aufgeführt worden, wie etwa zu Beginn des Versicherungsscheins oder an dessen Ende unterhalb der Unterschriften der Beklagtenvertreter oder auch unterhalb der den Versicherungsnehmer interessierenden Abrechnung der Beiträge.
Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.

a) Die Beklagte hat dem Versicherungsschein Anlagen beigefügt, die sich - jeweils unter einer durch Unterstreichung hervorgehobenen Überschrift - zunächst mit den Garantiewerten, danach mit Allgemeinen Verbraucherinformationen und ferner mit Erläuterungen zum Versicherungsvertrag befassen. Dort schließt sich nach einem kurzen Abschnitt über die Vertragsgrundlagen in etwas fetteren Lettern als der vor- und nachstehende Text folgender Abschnitt an: Widerspruchsrecht Mit diesem Versicherungsschein haben Sie die Versicherungsbedingungen , die Verbraucherinformation, das Steuermerkblatt und das Merkblatt für die Datenverarbeitung erhalten. Der Versicherungsvertrag gilt auf der Grundlage dieser Unterlagen als abgeschlossen. Ab dem Zugang dieser Unterlagen haben Sie 14 Tage lang das Recht, diesem Vertrag zu widersprechen. Diese Belehrung entspricht den gesetzlichen Anforderungen jedenfalls aus den folgenden Gründen nicht:

b) § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG in der hier maßgebenden Fassung fordert für den Widerspruch ausdrücklich Schriftlichkeit und macht die Ein-

haltung dieser Form damit zur Voraussetzung für die Wirksamkeit des Widerspruchs (zu den Anforderungen im einzelnen vgl. Römer in Römer/ Langheid, VVG 2. Aufl. § 5a Rdn. 36). Die in § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG geforderte Belehrung über das Widerspruchsrecht schließt nach dem Sinnzusammenhang mit Abs. 1 Satz 1 eine Belehrung über die zur Wirksamkeit des Widerspruchs erforderliche Schriftform ein (OLG Oldenburg NVersZ 2002, 255, 256; vgl. auch OLG Braunschweig WM 2000, 814, 815; OLG Celle WM 2000, 816, 817 f.). Ein solcher Hinweis fehlt jedoch in der Belehrung der Beklagten, die sie im Zusammenhang mit der Zusendung der Police erteilt hat. Sie fehlt im übrigen auch in der vorangegangenen Belehrung über das Widerspruchsrecht, die die Beklagte unter der Überschrift "Schlußerklärung des Antragstellers und der zu versichernden Person" in das Formular des Versicherungsantrags aufgenommen hat. Allerdings könnte eine ausreichende Belehrung im Antrag die vom Gesetz vorgeschriebene Belehrung im Zusammenhang mit der Übersendung der Police ohnehin nicht ersetzen (Lorenz, VersR 1995, 616, 622).

c) Die Beklagte belehrt zwar über den Beginn und die Dauer der Widerspruchsfrist. Damit der Verbraucher die Frist ausschöpfen kann, ist aber der Hinweis unverzichtbar, daß die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs nach § 5a Abs. 2 Satz 3 VVG genügt. Auch darauf muß sich die Belehrung erstrecken (Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung 17. Aufl. VVG § 5a Rdn. 21; vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 8 Rdn. 46; Römer, aaO § 8 Rdn. 61).

d) Was die von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG geforderte drucktechnisch deutliche Form der Belehrung angeht, ist die Würdigung des Tatrichters

unvollständig. Er läßt unberücksichtigt, daß die Belehrung hier im Konvolut der übersandten Vertragsunterlagen nahezu untergeht. Sie wird dem Verbraucher weder gesondert präsentiert noch drucktechnisch so stark hervorgehoben, daß sie ihm beim Durchblättern der acht Seiten, aus denen allein der Versicherungsschein und seine Anlage bestehen, nicht entgehen könnte, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht. Der für diese Belehrung benutzte Fettdruck wird auch für die Überschriften der anderen Unterabschnitte der Erläuterungen zum Versicherungsvertrag verwendet (wie "Vertragsgrundlagen", "Versicherungsdauer" , "Beitragszahlung" etc.) und hebt sich nicht wesentlich vom übrigen Text ab. Die Belehrung ist weder durch eine andere Farbe, Schriftart oder -größe noch durch Einrücken, Einrahmen oder in anderer Weise hervorgehoben. Die mitübersandten, anschließenden siebzehn Seiten mit Allgemeinen Versicherungsbedingungen und weiteren Hinweisen unterscheiden sich drucktechnisch ebenfalls nicht hinreichend von den vorangegangenen acht Seiten Vertragsunterlagen; damit werden die Möglichkeiten eines Verbrauchers, das Widerspruchsrecht und seine Voraussetzungen zu entdecken, noch weiter eingeschränkt, wenn er die ihm zugesandten Papiere nicht im einzelnen liest und zu verstehen versucht. Das wird der Bedeutung des Widerspruchsrechts nicht gerecht, mit dem der Verbraucher den Vertrag insgesamt und ungeachtet seiner zahlreichen Einzelheiten ablehnen kann. Die Widerspruchsbelehrung ist deshalb hier auch deswegen unwirksam, weil es an der von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG geforderten Deutlichkeit fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 1996 - X ZR 139/94 - NJW 1996, 1964 unter 2 b).
Die 14tägige Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG ist mithin nicht wirksam in Lauf gesetzt worden. Danach kommt es auf die

weiteren, vom Landgericht zurückgewiesenen und von der Revision wieder ins Feld geführten Bedenken hinsichtlich der Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen hier nicht mehr an.
4. Unstreitig ist der Widerspruch des Klägers innerhalb der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG schriftlich bei der Beklagten eingegangen. Der Widerspruch ist damit wirksam geworden; ein Versicherungsvertrag ist trotz der vom Kläger bereits gezahlten Prämien nicht zustande gekommen. Für die geleisteten Beitragszahlungen fehlt mithin ein Rechtsgrund. Der Kläger kann sie nach § 812 Abs. 1 BGB herausverlangen. Anhaltspunkte für einen Rechtsmißbrauch des Klägers sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
Weiterhin verlangt der Kläger Herausgabe der Nutzungen, die die Beklagte aus den vom Kläger gezahlten Prämien gezogen hat. Der Anspruch rechtfertigt sich aus § 818 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat die vom Kläger behauptete Höhe dieser Nutzungen (7% Zinsen pro Jahr) nicht bestritten. Nach eigenem Vortrag hat der Kläger den zurückgeforderten Gesamtbetrag aber nicht insgesamt für das ganze Jahr im voraus gezahlt , sondern pro Monat jeweils 400 DM. Demgemäß waren auch die Nutzungen zu bemessen, die die Beklagte zu erstatten hat.
Darüber hinaus fordert der Kläger Verzugszinsen. Sein Widerspruch vom 7. Juli 2000 stellt keine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufforderung im Sinne von § 284 Abs. 3 BGB in der vom 1. Mai 2000 bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung dar (vgl. Palandt/ Heinrichs, BGB 63. Aufl. § 286 Rdn. 2, 29). Die Beklagte ist durch ein Schreiben des vom Kläger beauftragten Geschäftsführers des Bundes

der Versicherten unter Fristsetzung bis zum 14. Dezember 2000 ge- mahnt worden. Erst von diesem Zeitpunkt an kann der Kläger nach der insoweit unverändert gebliebenen Vorschrift des § 288 Abs. 1 BGB einen Verzugszins von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz + ">§ 818 BGB verlangt, vom Beginn der Verzugszinspflicht an aber keine Nutzungsherausgabe mehr. Zusätzlich steht dem Kläger der von ihm weiterhin geforderte Be- " J+ ( "E "> ?K L M Terno Dr. Schlichting Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
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aa) Ihrem Wortlaut nach enthält die Vorschrift zwar keine über die Schriftlichkeit hinausgehenden Vorgaben zur Form der Belehrung. In zwei Beschlüssen vom 16. November 1995 hat der Bundesgerichtshof jedoch zu § 8 Abs. 4 Satz 4 VVG a.F. klargestellt, dass eine gesetzlich angeordnete Belehrung, damit sie ihren Zweck erreichen kann, inhaltlich möglichst umfassend, unmissverständlich und aus Sicht der Verbraucher eindeutig sein muss. Weiter erfordert der Zweck einer solchen Vorschrift, dem auch der Sinngehalt des Wortes "Belehrung" entspricht, eine Form der Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trägt. Deshalb kann nur eine Erklärung, die darauf angelegt ist, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das Wissen, um das es geht, zu vermitteln, als Belehrung angesehen werden (BGH, Beschlüsse vom 16. November 1995 - I ZR 25/94, VersR 1996, 221 unter I 2 und I ZR 175/93, VersR 1996, 313 unter II 1; ebenso KG r+s 2003, 98; zustimmend:Johannsen/ Johannsen in Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. Bd. 3 Anm. E7 S. 302; ähnlich OLG Stuttgart VersR 1995, 202, 204; für eine drucktechnisch deutlich gestaltete Belehrung: Prölss in Prölss/Martin, VVG 25. Aufl. § 8 Anm. 10; Claussen, JR 1991, 360, 363; Schimikowski, ZfV 1991, 632, 635;Teske, NJW 1991, 2793, 2798; a.A.: Koch, VersR 1991, 725, 729).
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bb) Die Widerrufsbelehrung ist auch nicht aus formalen Gründen unwirksam. Zwar kann es an einer wirksamen Widerrufsbelehrung fehlen , wenn diese für einen durchschnittlichen Verbraucher nur mit großer Mühe lesbar ist, weil die Schrift extrem klein ist und jegliche Untergliederung des Textes fehlt (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 82/10, NJW 2011, 1061 Rn. 19). Auch hier wird eine eher kleine Schriftgröße verwendet und es fehlt eine Untergliederung. Die Belehrung ist aber abweichend vom übrigen Text im Fettdruck gehalten. An der linken Seite des Textes wird der Versicherungsnehmer in einem gesonderten Kästchen ferner darauf hingewiesen, dass dort das "Widerrufsrecht im Rahmen des Versicherungsvertrages" geregelt ist. Im Ergebnis unschädlich ist, dass an dieser Stelle nicht noch gesondert auf die Widerrufsfolgen hingewiesen wird undsich der Abschnitt hierzu im Fließtext befindet. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, der fettgedruckt auf sein Widerrufsrecht zum Versicherungsvertrag hingewiesen wird und dieses ausüben will, wird diesen gesamten Abschnitt lesen und dann zugleich auf die Rechtsfolgen des Widerrufs hingewiesen, die ohnehin - auch für ihn erkennbar - mit dem Widerrufsrecht unmittelbar zusammenhängen.

(1) Abweichend von § 8 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Widerrufsfrist 30 Tage.

(2) Der Versicherer hat abweichend von § 9 Satz 1 auch den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. Im Fall des § 9 Satz 2 hat der Versicherer den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile oder, wenn dies für den Versicherungsnehmer günstiger ist, die für das erste Jahr gezahlten Prämien zu erstatten.

(3) Abweichend von § 33 Abs. 1 ist die einmalige oder die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 30 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen.

(1) Macht der Versicherer im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Abschluss einer Lebensversicherung bezifferte Angaben zur Höhe von möglichen Leistungen über die vertraglich garantierten Leistungen hinaus, hat er dem Versicherungsnehmer eine Modellrechnung zu übermitteln, bei der die mögliche Ablaufleistung unter Zugrundelegung der Rechnungsgrundlagen für die Prämienkalkulation mit drei verschiedenen Zinssätzen dargestellt wird. Dies gilt nicht für Risikoversicherungen und Verträge, die Leistungen der in § 124 Absatz 2 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeichneten Art vorsehen.

(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer klar und verständlich darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Modellrechnung nur um ein Rechenmodell handelt, dem fiktive Annahmen zu Grunde liegen, und dass der Versicherungsnehmer aus der Modellrechnung keine vertraglichen Ansprüche gegen den Versicherer ableiten kann.