Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2014 - IX ZA 12/13

bei uns veröffentlicht am09.10.2014
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 6 O 279/09, 15.05.2012
Oberlandesgericht Düsseldorf, 14 U 96/12, 16.05.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA12/13
vom
9. Oktober 2014
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Vill,
Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer und
Grupp
am 9. Oktober 2014

beschlossen:
Der Antrag des Klägers zu 2, ihm für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. Mai 2013 Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.

Gründe:


1
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet zwar im Blick auf einen Zulassungsgrund hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint auch nicht mutwillig, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dem Antragsteller als Partei kraft Amtes kann jedoch Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden, weil den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen, § 116 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
2
1. Vorschüsse auf die Prozesskosten sind solchen Beteiligten zuzumuten , welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Verfahrenskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei dem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Kosten. Bei dieser wertenden Abwägung sind insbesondere eine zu erwartende Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens, das Verfahrens- und Vollstreckungsrisiko und die Gläubigerstruktur zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 13. September 2012 - IX ZA 1/12, ZInsO 2012, 2198 Rn. 2; vom 4. Dezember 2012 - II ZA 3/12, NZI 2013, 82 Rn. 2; vom 26. September 2013 - IX ZB 247/11, WM 2013, 2025 Rn. 12; vom 21. November 2013 - IX ZA 20/13, ZInsO 2014, 79 Rn. 3; jeweils mwN).
3
2. Hieran gemessen ist jedenfalls der G. (Gläubigerin Nr. 17/18 der Tabelle Anlage AS 4), deren Forderungen in Höhe von 1.200.204,62 € (Nr. 17) und 17.588,01 € (Nr. 18) festgestellt sind, die Aufbringung der Verfahrenskosten zuzumuten. Ihre Forderungen betragen ca. 39 % aller festgestellten Forderungen von ca. 3,1 Mio. € einschließlich der Ausfallforderungen. Bei vollem Klageerfolg und voller Realisierbarkeit würde der Masse ein Betrag von ca. 1,39 Mio. € zuzüglich Zinsen darauf seit 1. Juli 2009 zufließen. Bei einer dann zu verteilenden Masse von unterstellt nur 1 Mio. € ergäbe sich eine Insolvenzquote von 32 %. Je nach Ausfall des Gläubigers Nr. 12 und weiterer Ausfallgläubiger könnte sich die Quote noch erhöhen. Die Gläubigerin Nr. 17/18 würde dann mindestens 384.000 € erhalten und damit, selbst wenn sie die Kosten eines durchgeführten Revisionsverfahrens von ca. 54.000 € allein tragen müsste, das ungefähr Siebenfache ihres Einsatzes.
4
Wenn man das Prozess- und Vollstreckungsrisiko mit 50 % ansetzt, so ergäbe sich einschließlich Zinsen ein Massezufluss von ca. 830.000 €. Dann ergäbe sich eine Quote von ca. 21 %; die Gläubigerin Nr. 17/18 erhielte mehr als 250.000 € bei einem Einsatz von 54.000 €. Auch ein solches Kostenrisiko ist der Gläubigerin zumutbar.
5
Ob die Gläubigerin bereit ist, sich an den Verfahrenskosten zu beteiligen, ist dagegen unbeachtlich (BGH, Beschluss vom 13. September 2012, aaO Rn. 6; vom 21. November 2013, aaO Rn. 4).
Vill Gehrlein Lohmann
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.05.2012 - 6 O 279/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.05.2013 - 14 U 96/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2014 - IX ZA 12/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2014 - IX ZA 12/13

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 116 Partei kraft Amtes; juristische Person; parteifähige Vereinigung


Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag 1. eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten a
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2014 - IX ZA 12/13 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 116 Partei kraft Amtes; juristische Person; parteifähige Vereinigung


Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag 1. eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten a

Referenzen - Urteile

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZA 20/13 vom 21. November 2013 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhrin

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZA 3/12 vom 4. Dezember 2012 in dem Rechtsstreit Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, die Richterin Dr. Reichart und die Richter Dr. Dresc
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2014 - IX ZA 12/13.

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZR 17/15 vom 16. September 2015 in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. September 2015 durch die Richterin Dr. Fetzer als Vorsitzende, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr.

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 29/17 vom 26. April 2018 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:260418BIXZB29.17.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter Prof. Dr. Gehrlein, die

Referenzen

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag

1.
eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen;
2.
eine juristische Person oder parteifähige Vereinigung, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig ist, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
§ 114 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 ist anzuwenden. Können die Kosten nur zum Teil oder nur in Teilbeträgen aufgebracht werden, so sind die entsprechenden Beträge zu zahlen.

2
I. Vorschüsse auf die Prozesskosten sind solchen Beteiligten zuzumuten, die die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vor- schuss aufzubringenden Kosten (BGH, Beschluss vom 27. September 1990 - IX ZR 250/89, ZIP 1990, 1490; Beschluss vom 5. November 2007 - II ZR 188/07, DStR 2007, 2338 Rn. 2; Beschluss vom 23. Oktober 2008 - II ZR 211/08, juris Rn. 2; Beschluss vom 7. Juni 2011 - II ZA 1/11, ZInsO 2011, 1552 Rn. 2; Beschluss vom 7. Februar 2012 - II ZR 13/10, juris Rn. 2). Bei dieser wertenden Abwägung sind insbesondere eine zu erwartende Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens, das Prozess- und Vollstreckungsrisiko und die Gläubigerstruktur zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 71/08, ZIP 2011, 98 Rn. 9, 12).
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2. Vorschüsse auf die Prozesskosten sind solchen Beteiligten zuzumuten , welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Verfahrenskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei dem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Kosten (BGH, Beschluss vom 27. September 1990 - IX ZR 250/89, ZIP 1990, 1090; vom 5. November 2007 - II ZR 188/07, DStR 2007, 2338 Rn. 2; vom 7. Juni 2011 - II ZA 1/11, ZInsO 2011, 1552 Rn. 2; vom 13. September 2012 - IX ZA 1/12, ZInsO 2012, 2198 Rn. 2). Bei dieser wertenden Abwägung sind insbesondere eine zu erwartende Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens, das Verfahrens- und Vollstreckungsrisiko und die Gläubigerstruktur zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 25. November 2010 - VII ZB 71/08, ZIP 2011, 98 Rn. 9; vom 13. September 2012, aaO).
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1. Vorschüsse auf die Prozesskosten sind solchen Beteiligten zuzumuten , welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Verfahrenskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei dem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Kosten. Bei dieser wertenden Abwägung sind insbesondere eine zu erwartende Quotenverbesserung im Falle des Obsiegens, das Verfahrens- und Vollstreckungsrisiko und die Gläubigerstruktur zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 13. September 2012 - IX ZA 1/12, ZInsO 2012, 2198 Rn. 2; vom 4. Dezember 2012 - II ZA 3/12, NZI 2013, 82 Rn. 2; vom 26. September 2013 - IX ZB 247/11, WM 2013, 2025, Rn. 12; jeweils mwN).