Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2018 - IX ZB 72/17
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, den Richter Prof. Dr. Pape, die Richterin Möhring und den Richter Meyberg
am 3. Mai 2018
beschlossen:
Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt V. beigeordnet. Ratenzahlungen oder Zahlungen aus dem Vermögen werden nicht festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Mit Urteil vom 11. Januar 2017 ist der anwaltlich vertretene Beklagte verurteilt worden, an den Kläger 7.500 € nebst Zinsen zu zahlen. Am letzten Tag der Berufungsfrist haben seine Anwälte einen vom 14. Februar 2017 datierenden , mit "Prozesskostenhilfeantrag und Berufung" überschriebenen Schriftsatz eingereicht, in welchem "zunächst" Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz beantragt wurde. Wörtlich heißt es weiter: "Im Falle der Bewilligung der bean- tragten Prozesskostenhilfe wird zugleich gegen das am 11.01.2017 verkündete und am 16.01.2017 zugestellte Urteil des Landgerichtes … Berufung eingelegt und zugleich beantragt, unter Abänderung des am 11.01.2017 verkündeten und am 16.01.2017 zugestellten Urteils des Landgerichts … die Klage abzuweisen". Es folgt eine als solche bezeichnete Begründung, die von der anwaltlichen Unterschrift gedeckt ist. Auf einen gerichtlichen Hinweis hin hat der Beklagte erklärt , er habe die Erhebung der Berufung von der Bedingung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht, um so die Finanzierung der Berufung sicherzustellen. Der Schriftsatz vom 14. Februar 2017 sei als Berufungsschrift auszulegen, sofern Prozesskostenhilfe bewilligt werde.
- 2
- Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht abgelehnt. Der Beschluss ist dem Beklagten am 18. August 2017 zugestellt worden. Am 1. September 2017 hat der Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, Berufung eingelegt, die Berufung begründet und erneut Prozesskostenhilfe für die Berufung beantragt. Mit einem weiteren Schriftsatz hat der Beklagte sofortige Beschwerde gegen den die Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss des Berufungsgerichts eingelegt; er vertrat nunmehr die Ansicht, bereits mit Schriftsatz vom 14. Februar 2017 unbedingt Berufung eingelegt zu haben. Das Berufungsgericht hat die hierin liegende Gegenvorstellung gegen die Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Mit gesondertem Beschluss hat es den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt und die beiden Berufungen als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss hat der Beklagte Rechtsbeschwerde eingelegt und diese begründet. Er beantragt Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren. Der Kläger beantragt ebenfalls Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren.
II.
- 3
- Die vom Beklagten beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat dem Beklagten nicht den Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert und hat dessen Grundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt.
- 4
- 1. Gemäß § 519 Abs. 2 ZPO muss die Berufungsschrift neben der Bezeichnung des angefochtenen Urteils die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Die Einlegung der Berufung unter einer Bedingung sieht das Gesetz nicht vor. Die Prozesshandlung einer Partei, die von einer unzulässigen Bedingung abhängig gemacht wird, ist daher unwirksam (BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 - V ZB 106/16, MDR 2017, 1019 Rn. 11 mwN; vgl. auch BFH, BFH/NV 2018, 225 Rn. 16). Das gilt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch für Rechtsmittel, die unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingelegt werden (BGH, Beschluss vom 5. Februar 2013 - VIII ZB 38/12, MDR 2013, 481 Rn. 11; vom 30. Mai 2017 - VIII ZB 15/17, juris Rn 12 mwN; Urteil vom 25. Oktober 2017 - VIII ZR 135/16, juris Rn. 14 mwN).
- 5
- 2. Die mit Schriftsatz vom 14. Februar 2017 eingelegte Berufung stand unter der unzulässigen Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
- 6
- a) Der Senat hat die prozessualen Erklärungen des Beklagten im Schriftsatz vom 14. Februar 2017 selbst zu würdigen und unter Heranziehung aller für das Beschwerdegericht erkennbaren Umstände und unter Beachtung der durch die gewählten Formulierungen bestehenden Auslegungsgrenzen zu ermitteln, welcher Sinn ihnen aus objektiver Sicht beizumessen ist (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - IX ZB 86/10, WM 2012, 519 Rn. 11; Urteil vom 26. September 2007 - XII ZB 80/07, FamRZ 2008, 43 Rn. 11). Bei der Auslegung ist nicht allein auf den Wortlaut der Erklärung abzustellen. Vielmehr ist im Zweifel dasjenige gewollt, was nach Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urteil vom 22. September 2011 - IX ZR 209/10, WM 2011, 2237 Rn. 7 mwN; vom 7. April 2016 - IX ZR 216/14, WM 2016, 982 Rn. 11 mwN). Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Einreichung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe verbunden mit einem Schriftsatz, der die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift oder an eine Berufungsbegründung erfüllt, regelmäßig als unbedingt eingelegtes und begründetes Rechtsmittel zu behandeln. Die Annahme, ein entsprechender Schriftsatz sei nicht als unbedingte Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt, ist in solchen Fällen nur dann gerechtfertigt, wenn sich dies entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt; denn im Allgemeinen will keine Partei die mit einer Fristversäumung verbundenen Nachteile in Kauf nehmen (BGH, Beschluss vom 30. Mai 2017, aaO Rn. 14 f mwN; Urteil vom 25. Oktober 2017, aaO Rn. 16 f mwN). Es kommt allein auf den vom Berufungskläger erklärten, nach Außen hervorgetretenen Willen im Zeitpunkt der Einreichung des Schriftsatzes an. Klarstellende Parteierklä- rungen nach Ablauf der Begründungsfrist bleiben grundsätzlich unberücksichtigt (BGH, Beschluss vom 30. Mai 2017, aaO Rn. 14; Urteil vom 25. Oktober 2017, aaO Rn. 16). Spätere Prozessvorgänge können jedoch als Auslegungsmittel herangezogen werden (BGH, Urteil vom 22. September 2011 - IX ZR 209/10, WM 2011, 2237 Rn. 7 mwN).
- 7
- b) Im Schriftsatz vom 14. Februar 2017 hat der Beklagte erklärt, "zunächst" Prozesskostenhilfe beantragen zu wollen. Diese Formulierung spricht für eine Staffelung des PKH-Antrags einerseits, der Berufung andererseits. In der Begründung des Antrags auf Prozesskostenhilfe hat der Beklagte jedoch auf "die nachfolgenden Ausführungen der Berufungsschrift" Bezug genommen. Den mit "Berufung" überschriebenen Teil des Schriftsatzes hat er mit den Worten eingeleitet, die Berufung werde "im Falle der Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe" eingelegt. Dieser Formulierung lässt sich auch bei wohlwollender Auslegung nicht der unbedingte Wille zur Einlegung eines Rechtsmittels entnehmen. Der Beklagte hat nicht zum Ausdruck gebracht, die Berufung unabhängig vom Ausgang des Verfahrens über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe , also zunächst auf eigene Kosten einlegen und durchführen zu wollen. Vielmehr wollte er die Berufung ausdrücklich erst und nur dann einlegen, wenn ihm Prozesskostenhilfe bewilligt werden würde. Die Berufung stand unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe und war damit unzulässig.
- 8
- c) Diese Auslegung steht nicht im Widerspruch zu den bereits zitierten Entscheidungen des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 30. Mai 2017 und vom 25. Oktober 2017 (jeweils aaO). In den genanntenFällen lag jeweils eine vollständige Berufungsbegründung vor, welche zwar als "Entwurf" bezeichnet war, jedoch die Unterschrift des Anwalts trug und auch im Übrigen den Anforderungen des § 520 ZPO genügte. Anders als im vorliegenden Fall fehlte eine Erklärung des Rechtsmittelführers, dass gleichwohl noch keine unbedingte Berufungsbegründung erfolgen sollte. In beiden Fällen hatten die Parteien überdies bereits Berufung eingelegt und damit das Kostenrisiko eines Rechtsmittels auf sich genommen. Das war hier nicht der Fall. Der Beklagte wollte nur dann Berufung einlegen, wenn dafür Prozesskostenhilfe bewilligt werden würde.
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- 3. Die mit Schriftsatz vom 1. September 2017 eingelegte zweite Berufung ist unzulässig, weil sie außerhalb der Frist des § 517 ZPO beim Berufungsgericht eingegangen ist. Der im selben Schriftsatz gestellte Wiedereinsetzungsantrag bleibt ohne Erfolg, weil der Beklagte nicht ohne sein Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten (§ 233 Satz 1 ZPO). Eine Partei, die nicht in der Lage ist, für die Kosten eines Rechtsmittels aufzukommen, muss unter Verwendung der vorgeschriebenen Vordrucke und Beifügung aller erforderlichen Unterlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist einen vollständigen Antrag auf Prozesskostenhilfe bei Gericht einreichen (BGH, Beschluss vom 18. Mai 2017 - IX ZA 9/17, MDR 2017, 970 Rn. 4 mwN; vom 25. Juli 2017 - X ZA 2/17, juris Rn. 2 mwN). Der Beklagte hat innerhalb der laufenden Berufungsfrist schriftsätzlich Prozesskostenhilfe beantragt. Die nach § 117 Abs. 2 ZPO zwingend erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen ist jedoch erst nach Ablauf der Berufungsfrist, nämlich am 20. Februar 2017, bei Gericht eingegangen.
- 10
- 4. Von einer weiteren Begründung wird in entsprechender Anwendung von § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen. Die Entscheidung über den Antrag des Klägers ergeht nach § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
Möhring Meyberg
Vorinstanzen:
LG Stralsund, Entscheidung vom 11.01.2017 - 7 O 137/15 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 11.10.2017 - 1 U 23/17 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2018 - IX ZB 72/17
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Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2018 - IX ZB 72/17 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Mai 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterinnen Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Hoffmann
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Mietkaution für eine von ihnen angemietete Wohnung des Klägers, die ehemals im Eigentum der in Privatinsolvenz geratenen Beklagten zu 2 stand.
- 2
- Das Amtsgericht hat die Beklagten durch Versäumnisurteil zur Zahlung rückständiger Mieten und einer nicht geleisteten Mietkaution in Höhe von insgesamt 1.975 € nebst Zinsen verurteilt. Auf den gegen die Verurteilung zur Zah- lung von 1.100 € Mietkaution (nebst Zinsen) eingelegten Einspruch der Beklag- ten hat das Amtsgericht mit Schlussurteil vom 15. Juni 2016 das Versäumnisurteil im angegriffenen Umfang aufrechterhalten und die Beklagten aufgrund einer Klageerweiterung zusätzlich zur Zahlung rückständiger Mieten in Höhe von 774,90 € nebst Zinsen verurteilt.
- 3
- Gegen dieses - ihrem Prozessbevollmächtigten am 16. Juni 2016 zugestellte - Urteil haben die Beklagten form- und fristgerecht beim Landgericht Berufung eingelegt. Die Frist zur Berufungsbegründung ist antragsgemäß bis 16. September 2016 verlängert worden. Mit am letzten Tag der verlängerten Frist beim Berufungsgericht eingegangenem Schriftsatz haben die Beklagten die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
- 4
- Der Schriftsatz enthält zugleich den Hinweis, welche Anträge nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Berufungsverfahren gestellt werden sollten. Danach sollte eine Abänderung des angefochtenen Urteils nur hinsichtlich der Kautionsforderung (1.100 €) begehrt werden. Weiter enthält der vom Prozessbevollmächtigten eigenhändig unterzeichnete Schriftsatz eine - inhaltlich und auch vom Aufbau den üblichen Gepflogenheiten einer Berufungsbegründung entsprechende - Begründung, die eingeleitet wird mit den Sätzen: "Eine Erklärung der Antragsteller über deren persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse nebst Belegen fügen wir - nur für das Gericht - bei. Die Anträge für das Berufungsverfahren werden sodann wie folgt begründet werden."
- 5
- Im Hinblick auf die angeführten Passagen hat der Vorsitzende der Berufungskammer den Prozessbevollmächtigten der Beklagten darauf hingewiesen, innerhalb der Berufungsbegründungsfrist sei nur eine bedingte, an die Bewilligung von Prozesskostenhilfe geknüpfte Berufungsbegründung eingegangen, weswegen das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen sei. Die Beklagten haben daraufhin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und sich dabei darauf berufen, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei vor einer Entscheidung über die Zulässigkeit ihrer Berufung zunächst über den gestellten Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden.
- 6
- Hierauf hat das Landgericht den Beklagten zwar mit Beschluss vom 4. November 2016 Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens bewilligt. Deren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine Versäumung der Begründungsfrist hat es aber mit Beschluss vom 19. Dezember 2016 zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagten hätten bereits nicht dargetan , dass ihre Mittellosigkeit für die Versäumung der Begründungsfrist kausal geworden sei. Immerhin habe ihr Prozessbevollmächtigter bereits im Prozesskostenhilfegesuch ausführlich dargelegt, wie die Berufung im Falle der Gewährung von Prozesskostenhilfe voraussichtlich begründet und welcher Antrag gestellt werden würde. Zudem hätten die Beklagten die versäumte Prozesshandlung nicht - wie gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderlich - nachgeholt.
- 7
- Mit am 18. Januar 2017 beim Bundesgerichtshof eingegangenem Schriftsatz haben die Beklagten um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Rechtsbeschwerde gegen diesen - ihnen am 23. Dezember 2016 zugestellten - Beschluss nachgesucht. Dem hat der Senat mit Beschluss vom 14. März 2017 (VIII ZA 3/17) entsprochen, der dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 17. März 2017 zugestellt worden ist. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit am 22. März 2017 beim Bundesgerichtshof eingegangenem Schriftsatz Rechtsbeschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vo- rigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde beantragt. Der Senat hat mit Beschluss vom 5. April 2017 den Beklagten Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde bewilligt. Am 11. April 2017 ist die Begründung der Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingegangen.
II.
- 8
- Den Beklagten ist antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren (§§ 233, 234 Abs. 1, § 236 Abs. 1, 2 ZPO).
III.
- 9
- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der ausgesprochenen Verwerfung der Berufung als unzulässig und zur Klarstellung, dass der gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die vermeintliche Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gegenstandslos ist.
- 10
- 1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, denn es hat die Anforderungen an eine Berufungsbegründung überspannt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, BGHZ 165, 318, 320; vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07, juris Rn. 5) und damit den Beklagten den Zugang zur Berufungsinstanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert.
- 11
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der am 16. September 2016 und damit rechtzeitig beim Berufungsgericht eingegangene Schriftsatz nicht nur eine Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs enthält, sondern bei gebotener Auslegung zugleich auch zur Begründung der Berufung bestimmt war. Die Berufung der Beklagten hätte daher , ohne dass sich die Frage einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung stellte, nicht als unzulässig verworfen werden dürfen.
- 12
- a) Das Berufungsgericht hat zwar im Ausgangspunkt zutreffend angenommen , dass eine - wie hier - unbedingt eingelegte Berufung unzulässig ist, wenn bis zum Ablauf der Begründungsfrist nur ein Schriftsatz eingeht, dem nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen ist, ob er zur Begründung des Rechtsmittels bestimmt ist. Ein solcher Fall liegt auch dann vor, wenn von einer Bedingung abhängig gemacht wird, ob er als Berufungsbegründung gelten soll (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO S. 320 f.). Daher muss der Rechtsmittelführer bei grundsätzlich zulässiger Verbindung eines Rechtsmittels oder seiner Begründung mit einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe alles vermeiden, was den Eindruck erwecken könnte, er wolle eine "künftige" Prozesshandlung lediglich ankündigen und sie von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig machen (BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86, FamRZ 1986, 1087; vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, NJW 1995, 2563 unter I 2 b aa; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, FamRZ 2004, 1553 unter II 2 a; vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO; vom 27. Mai 2009 - III ZB 30/09, FamRZ 2009, 1408 Rn.7; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, NJW-RR 2012, 755 Rn. 11).
- 13
- b) Jedoch hat das Berufungsgericht die in dem am 16. September 2016 eingegangenen Schriftsatz zum Ausdruck kommende Willensrichtung der Be- klagten nicht hinreichend geprüft. Der Senat kann die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung der Prozesserklärung uneingeschränkt nachprüfen und die erforderliche Auslegung selbst vornehmen (BGH, Beschlüsse vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, aaO unter I 2 b; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, aaO unter II 2 a; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, aaO Rn. 12; jeweils mwN).
- 14
- aa) Dabei ist nicht allein auf den Wortlaut abzustellen; vielmehr ist im Zweifel dasjenige gewollt, was nach Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2016 - V ZR 272/15, NJW-RR 2016, 1404 Rn. 10 mwN). Maßgebend ist letztlich, ob sich beim Fehlen einer ausdrücklich erklärten Bestimmung als Berufungsbegründung eine solche aus dem Zusammenhang der in dem Schriftsatz erfolgten Ausführungen und seinen Begleitumständen ergibt (BGH, Beschluss vom 22. Juli 2015 - XII ZB 131/15, NJW-RR 2015, 1409 Rn. 18). Dabei kommt es allein auf den vom Berufungskläger erklärten, nach außen hervorgetretenen Willen im Zeitpunkt der Einreichung des Schriftsatzes an (BGH, Beschluss vom 22. Juli 2015 - XII ZB 131/15, aaO mwN); "klarstellende" Parteierklärungen nach Ablauf der Begründungsfrist bleiben unberücksichtigt (BGH, Beschlüsse vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07, aaO Rn. 8 mwN; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, aaO Rn. 19).
- 15
- bb) Hiervon ausgehend ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Einreichung eines Prozesskostenhilfeantrags verbunden mit einem Schriftsatz, der die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift oder an eine Berufungsbegründung erfüllt, regelmäßig als unbedingt eingelegtes und begründetes Rechtsmittel zu behandeln (BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - XII ZB 6/07, aaO Rn. 7). Die Annahme, ein entsprechender Schriftsatz sei nicht als unbedingte Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt, ist in sol- chen Fällen nur dann gerechtfertigt, wenn sich dies entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (BGH, Beschlüsse vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, aaO unter I 2 b aa mwN; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, aaO; vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO; vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07, NJW-RR 2007, 1565 Rn. 10; vom 25. September 2007 - XII ZB 6/07, aaO; vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 185/08 - NJW-RR 2009, 433 Rn. 9; vom 27. Mai 2009 - III ZB 30/09, aaO; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, aaO Rn. 11; vom 22. Juli 2015 - XII ZB 131/15, aaO; vom 16. Juni 2016 - IX ZB 22/15, juris Rn. 5). Denn im Allgemeinen will keine Partei die mit einer Fristversäumung verbundenen Nachteile in Kauf nehmen (BGH, Beschlüsse vom 16. August 2000 - XII ZB 65/00, NJW-RR 2001, 789 unter II mwN; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, aaO; vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO; vom 5. März 2008 - XII ZB 182/04, NJW 2008, 1740 Rn. 12; vom 27. Mai 2009 - III ZB 30/09, aaO; vom 22. Juli 2015 - XII ZB 131/15, aaO mwN).
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- cc) Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen ist im Streitfall davon auszugehen, dass der am letzten Tag der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangene Schriftsatz sich nicht in einem Prozesskostenhilfegesuch erschöpft, sondern zugleich die Rechtsmittelbegründung enthält.
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- (1) Der vom postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten eigenhändig unterzeichnete (§ 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO) Schriftsatz ist zwar nicht ausdrücklich als Berufungsbegründung bezeichnet, er erfüllt aber die inhaltlichen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Denn er enthält nicht nur die Erklärung, inwieweit das erstinstanzliche Urteil angefochten und welcher Berufungsantrag gestellt werden soll (§ 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO), sondern auch die konkreten Berufungsangriffe gegen die vom Amtsgericht dem Kläger zuerkannte Mietkaution. Dabei werden sowohl die Umstände, aus der sich die gerügte Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben sollen (§ 530 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) bezeichnet, als auch konkrete Anhaltspunkte , die konkrete Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Tatsachenfeststellung im angefochtenen Urteil wecken sollen (§ 530 Abs. 3 Nr. 3 ZPO). Es bedarf daher einer eindeutigen, jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden ausdrücklichen Erklärung, dass noch keine unbedingte Berufungsbegründung erfolgen solle. Daran fehlt es im Streitfall.
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- (2) Das Berufungsgericht hat die in dem angefochtenen Beschluss getroffene Feststellung, die Beklagten hätten die Frist zur Begründung der Berufung versäumt, nicht näher begründet. Ausweislich des vom Vorsitzenden der Berufungskammer zuvor erteilten Hinweises hat dieser im Hinblick auf die den Berufungsantrag und die Berufungsangriffe einleitenden Passagen ("Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll beantragt werden"; "Die Anträge des Berufungsverfahrens werden sodann wie folgt begründet werden") angenommen, die Berufungsbegründung sei von der Bedingung abhängig gemacht worden, dass Prozesskostenhilfe gewährt werde, so dass innerhalb der verlängerten Begründungsfrist keine ordnungsgemäße Berufungsbegründung eingegangen sei. Diese - offensichtlich auch dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende - Beurteilung hat nicht alle auslegungsrelevanten Umstände in den Blick genommen.
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- (a) Zwar kann unter Umständen eine für die Annahme einer derartigen Bedingung sprechende ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung darin gesehen werden, dass der entsprechende Schriftsatz selbst ausdrücklich als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des Prozesskostenhilfegesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung von Prozesskostenhilfe" begründet werde (BGH, Beschlüsse vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, aaO; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, aaO; vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO S. 322 f.; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, aaO). Entscheidend sind aber die jeweiligen Umstände des Einzelfalles (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO; vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07, aaO Rn. 13; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04, aaO; vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94, aaO mwN). Insbesondere kann eine einem angekündigten Antrag vorausgestellte Wendung "Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe werde ich beantragen" auch nur als eine temporale Staffelung (zunächst/nach Bewilligung) gemeint sein, die nicht im Sinne einer Bedingung , sondern nur als Ausdruck des legitimen Wunsches zu verstehen ist, über die Gewährung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der - unschädlichen - Ankündigung, die weitere Durchführung der Berufung solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO).
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- (b) So verhält es sich bei zutreffender Auslegung des am 16. September 2016 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatzes.
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- (aa) Der Schriftsatz ist zwar nicht mit der Bezeichnung Berufungsbegründung überschrieben. Er ist aber auch nicht als bloßes Prozesskostenhilfegesuch bezeichnet worden; vielmehr trägt er überhaupt keine Überschrift. Aufbau und Begründungsweise des Schriftsatzes entsprechen den üblicherweise bei einer Berufungsbegründung anzutreffenden Gepflogenheiten.
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- Es wird in Fettdruck ein bestimmter Berufungsantrag angekündigt, was im Hinblick darauf, dass Anträge erst in der mündlichen Verhandlung verlesen (§§ 525, 297 ZPO) und damit gestellt werden, der Üblichkeit entspricht und damit nicht eindeutig auf eine Bedingung schließen lässt. Im Rahmen des angekündigten Berufungsantrags hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten auch bereits festgelegt, in welchem Umfang die zunächst uneingeschränkt eingelegte Berufung zu begründen war; das Urteil des Amtsgerichts sollte nicht in vollem Umfang, sondern nur hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung von 1.100 € Kaution angegriffen werden. Vor diesem Hintergrund lässt der Zusatz, dass "nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt werde", für sich genommen nicht die erforderliche zweifelsfreie Deutung zu, dass die Berufungsbegründung nur bedingt unter der Voraussetzung der Gewährung von Prozesskostenhilfe erfolgen solle und hiermit nicht lediglich zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass allein die weitere Durchführung des Berufungsverfahrens (einschließlich der Auslösung von anwaltlichen Termingebühren) von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht werden sollte.
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- Entsprechendes gilt - sowohl für sich genommen als auch im Zusammenhang mit der den Berufungsantrag ankündigenden Wendung - für die im Anschluss an den angekündigten Antrag unter der hervorgehobenen Überschrift "Begründung" geführten Berufungsangriffe. Dabei wird nicht auf die inhaltlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO (hinreichende Erfolgsaussicht, keine Mutwilligkeit) eingegangen; vielmehr werden bereits die aus Sicht des Prozessbevollmächtigten gegen die Zuerkennung einer Mietkaution von 1.100 € erforderlichen Berufungsangriffe im Sinne von § 520 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO im Einzelnen ausgeführt. Von einer klassischen Berufungsbegründung unterscheidet sich der Schriftsatz letztlich nur dadurch, dass dem Berufungsantrag vorangestellt ist ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, dass der sich daran anschließend angekündigte Berufungsantrag mit der Wendung eingeleitet wird: "Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll beantragt werden" und dass vor der nachfolgenden Überschrift "Begründung" ausgeführt ist: "Eine Erklärung der Antragsteller über deren persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse fügen wir - nur für das Gericht - bei. Die Anträge des Berufungsverfahrens werden sodann wie folgt begründet werden […]."
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- (bb) Für eine Bedingung dahin, dass der Schriftsatz nur dann als Berufungsbegründung gelten sollte, sofern und soweit Prozesskostenhilfe bewilligt würde, gab es bei vernünftiger Betrachtung auch keinen Anlass. Die Beklagten hatten bereits unbedingt Berufung eingelegt und damit schon das Kostenrisiko eines Rechtsmittels auf sich genommen. In Anbetracht dieser Interessenlage und der im Schriftsatz bereits im Einzelnen ausgeführten Berufungsangriffe sind keine plausiblen Gründe ersichtlich, die die Beklagten oder ihren Prozessbevollmächtigten - trotz der erfolgten eingehenden Befassung mit der Frage der Begründetheit der Berufung - davon hätten abhalten können, vorerst noch von einer endgültigen Berufungsbegründung abzusehen.
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- Zwar mögen für die Frage, ob neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe zugleich auch schon das Rechtsmittel eingelegt werden soll oder nicht, regelmäßig Kostengesichtspunkte eine Rolle spielen. Ist das Rechtsmittel aber - wie hier - bereits eingelegt, erübrigen sich derartige Überlegungen regelmäßig (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO S. 321 f.). Im Streitfall sprechen Kostengesichtspunkte sogar gegen die Auslegung, dass noch keine Berufungsbegründung erfolgen sollte. Denn bei Einlegung der Berufung der Beklagten entsprach der Streitwert deren erstinstanzlicher Beschwer (Kaution und Mietrückstände). Bei diesem höheren Gebührenstreitwert wäre es geblieben, wenn der hier zu beurteilende Schriftsatz nicht dazu bestimmt gewesen wäre, die Berufung zu begründen und den Umfang der Anfechtung zu begrenzen. Allein als Berufungsbegründung konnte dieser Schriftsatz infolge des darin angekündigten eingeschränkten Berufungsantrages, mit dem die Verurteilung zur Zahlung von Mietrückständen hingenommen worden ist, zu einem ge- ringeren Streitwert und damit zu geringeren Kosten führen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05, aaO).
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- (c) Der Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte nach dem Hinweis des Berufungsgerichts nicht mitgeteilt hat, er habe unbedingt Berufung eingelegt , sondern stattdessen einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt hat, ist unbeachtlich (BGH, Beschlüsse vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07, aaO Rn. 8 mwN; vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11, aaO; vgl. auch Beschluss vom 16. Juni 2016 - IX ZR 22/15, aaO Rn. 6). Auf spätere Stellungnahmen kommt es nicht an, weil allein die Umstände , die bis zum Ablauf der Begründungsfrist erkennbar waren, maßgeblich sind. Außerdem lag der Fokus des Prozessbevollmächtigten der Beklagten bei dieser Stellungnahme darauf, das Gericht darauf hinzuweisen, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Verwerfung der Berufung als unzulässig nicht vor der Entscheidung über ein Prozesskostenhilfegesuch erfolgen darf. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger Hoffmann
AG Osnabrück, Entscheidung vom 15.06.2016 - 83 C 489/15 -
LG Osnabrück, Entscheidung vom 19.12.2016 - 12 S 309/16 -
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.
(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.
(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
(1) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.
(2) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen umfasst alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft und der eidesstattlichen Versicherung.