Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2015 - IX ZB 84/13

bei uns veröffentlicht am24.09.2015
vorgehend
Landgericht Nürnberg-Fürth, 4 O 10143/11, 23.02.2012
Oberlandesgericht Nürnberg, 6 W 768/12, 08.11.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB84/13
vom
24. September 2015
in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Bär
am 24. September 2015

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 8. November 2013 wird auf Kosten der Antragsgegnerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 139.726,19 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß Art. 44 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (fortan: EuGVVO aF) in Verbindung mit § 15 Abs. 1 AVAG, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nach § 15 Abs. 1 AVAG, § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig , weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
2
1. Auf das Verfahren findet die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 Anwendung , die in allen (damaligen) Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft mit Ausnahme Dänemarks am 1. März 2002 in Kraft getreten ist (Art. 76 EuGVVO aF) und auf alle Klagen anzuwenden ist, die - wie vorliegend - danach erhoben worden sind (Art. 66 Abs. 1 EuGVVO aF). Die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12. Dezember 2012 (fortan: EuGVVO nF) kommt nach Art. 66 Abs. 1 EuGVVO nF nicht zur Anwendung, weil das Verfahren nicht am 10. Januar 2015 oder danach eingeleitet worden ist. Für die vor dem 10. Januar 2015 eingeleiteten Verfahren findet nach Art. 66 Abs. 2 EuGVVO nF die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 weiterhin Anwendung.
3
2. Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Zulässigkeitsgründe liegen nicht vor:
4
a) Das Beschwerdegericht hat nicht gegen das Verbot der reformatio in peius verstoßen, indem es bei der Vollstreckbarerklärung des italienischen Titels , der den nach deutschem Zwangsvollstreckungsrecht zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen nicht genügte, die erforderlichen Konkretisierungen anhand des in dem Fall in Bezug genommenen Mahnbescheides und weiterer Unterlagen vorgenommen hat. An der Richtigkeit der Konkretisierungen zweifelt die Rechtsbeschwerde nicht. Das Landgericht hatte dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung in vollem Umfang stattgegeben, wobei es die erforderlichen Konkretisierungen unterließ. Über die Entscheidungen des Landgerichts ist das Beschwerdegericht inhaltlich zu Lasten der Antragsgegnerin im Ergebnis nicht hinausgegangen. Klärungsbedürftige Grundsatzfragen stellen sich in diesem Zusammenhang nicht.
5
b) Das Beschwerdegericht ist mit seiner Entscheidung auch nicht über den Antrag der Gläubigerin hinausgegangen. In ihrem Antrag auf Vollstreckbarerklärung war, was sich durch Auslegung ohne weiteres ergab, zu jeder Zeit, auch im Beschwerdeverfahren, der Antrag enthalten gewesen, die Vollstreckbarerklärung mit der erforderlichen Konkretisierung des vollstreckbaren Inhalts des Titels vorzunehmen. Es ist nicht erforderlich, dass der Antrag mit dem Entscheidungstenor wörtlich übereinstimmt.
6
Im Interesse der Titelfreizügigkeit muss im Exequaturverfahren eine Konkretisierung oder Ergänzung für vollstreckbar zu erklärende, nach deutschem Recht nicht hinreichend konkretisierte Titel vorgenommen werden (BGH, Beschluss vom 4. März 1993 - IX ZB 55/92, BGHZ 122, 16, 18; vom 30. November 2011 - III ZB 19/11, WM 2012, 179 Rn. 6). Gegebenenfalls muss hierzu auch eine Beweisaufnahme zum ausländischen Recht durchgeführt werden , wenn sich hieraus der konkrete Inhalt des Titels ergibt (BGH, Beschluss vom 30. November 2011, aaO; Beschluss vom 21. November 2013 - IX ZB 44/12, WM 2014, 42 Rn. 9). Die hierauf vorzunehmenden Konkretisierungen obliegen dem Gericht des Vollstreckungsstaates. Auch in diesem Zusammenhang stellen sich keine entscheidungserheblichen Grundsatzfragen.
7
c) Die Beschwerdeentscheidung verstößt nicht deshalb gegen den deutschen ordre public (Art. 34 Nr. 1 EuGVVO aF), weil die Antragstellerin in Italien die streitgegenständlichen Ansprüche in einem gesonderten Verfahren auch gegen die Weinhandlung K. geltend macht. Da aus der Sicht der Antragstellerin ungeklärt ist, gegen wen sich der Anspruch richtet, durfte sie gegen beide möglichen Passivlegitimierte vorgehen. Auch nach deutschem Recht wäre sie hierzu berechtigt und nicht darauf beschränkt gewesen, nur gegen einen von beiden mit gleichzeitiger Streitverkündung an den anderen zu klagen.
8
aa) Der Versagungsgrund des Art. 34 Nr. 1 EuGVVO aF ist von Amts wegen zu prüfen, doch sind die hierfür entscheidungserheblichen Tatsachen vom Antragsgegner darzulegen (st.Rspr., vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 14. Juni 2012 - IX ZB 183/09, WM 2012, 1445 Rn. 9; vom 8. März 2012 - IX ZB 144/10, WM 2012, 662 Rn. 17). Der Kläger ist dann, wenn er gegen mehrere in Betracht kommende Anspruchsgegner getrennt klagt, an die prozessuale Wahrheitspflicht gebunden. Er kann aber in den Prozessen alternativ die für ihn günstigere Sachverhaltsvariante vortragen und unter Beweis stellen, wenn nicht von vorneherein gesichert ist, dass er die Version, die er für wahr hält, tatsächlich auch beweisen kann. Sollte nämlich die Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts etwas anderes ergeben, muss er ebenfalls seine Rechte wahrnehmen können. Ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht ist deshalb nicht feststellbar. Ob die eidesstattliche Versicherung des K. inhaltlich richtig ist, steht nicht fest.
9
Der Versagungsgrund des Art. 34 Nr. 1 EuGVVO aF kann zwar im Falle des Prozessbetrugs eingreifen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 43/03, WM 2004, 1391, 1393). Hinreichende Anhaltspunkte für einen Prozessbetrug hat das Beschwerdegericht aber zutreffend verneint.
10
bb) Davon abgesehen hindert ein möglicher Prozessbetrug die Vollstreckbarerklärung nicht, wenn gegen die Entscheidung des Urteilsstaates ein Rechtsmittel eingelegt wurde, in welchem der Prozessbetrug geltend gemacht werden konnte oder noch geltend gemacht werden kann (BGH, Beschluss vom 15. Mai 2014 - IX ZB 26/13, WM 2014, 1295 Rn. 6 mwN). So war es hier. Auch insoweit stellen sich keine klärungsbedürftigen Grundsatzfragen.
11
3. Die vom Rechtsbeschwerdeführer im Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht gestellten Anträge sind sämtlich verbeschieden worden. Ein Zulässigkeitsgrund liegt auch insoweit nicht vor, insbesondere ist das Recht der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt worden.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Bär

Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 23.02.2012 - 4 O 10143/11 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 08.11.2013 - 6 W 768/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2015 - IX ZB 84/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2015 - IX ZB 84/13

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz - AVAG 2001 | § 15 Statthaftigkeit und Frist


(1) Gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts findet die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe des § 574 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 der Zivilprozessordnung statt. (2) Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats einzulegen. (3) Die Rechtsbeschwerdefri
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2015 - IX ZB 84/13 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz - AVAG 2001 | § 15 Statthaftigkeit und Frist


(1) Gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts findet die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe des § 574 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 der Zivilprozessordnung statt. (2) Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats einzulegen. (3) Die Rechtsbeschwerdefri

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Referenzen

(1) Gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts findet die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe des § 574 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 der Zivilprozessordnung statt.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats einzulegen.

(3) Die Rechtsbeschwerdefrist ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Beschlusses (§ 13 Absatz 3).

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts findet die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe des § 574 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 der Zivilprozessordnung statt.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats einzulegen.

(3) Die Rechtsbeschwerdefrist ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Beschlusses (§ 13 Absatz 3).

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

6
1. Nach deutschem Vollstreckungsrecht muss ein Vollstreckungstitel den durchzusetzenden Anspruch des Gläubigers ausweisen und Inhalt sowie Umfang der Leistungspflicht bezeichnen. Zwar hat notfalls das Vollstreckungsorgan den Titel auszulegen. Dazu muss dieser jedoch aus sich heraus für eine Auslegung genügend bestimmt sein oder jedenfalls sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegen (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1985 - IVb ZR 73/84, NJW 1986, 1440). Diese Anforderungen beziehen sich allerdings nur auf die deutsche Entscheidung über die Vollstreckbarkeit, nicht auf die zu vollstreckende ausländische Entscheidung (vgl. BGH, aaO; Beschluss vom 4. März 1993 - IX ZB 55/92, BGHZ 122, 16, 18). Denn Vollstreckungstitel ist allein die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung, nicht der Schiedsspruch (§ 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO; siehe auch BT-Drucks. 13/5274, S. 61). Daher ist es nicht geboten, ausländische Entscheidungen, die den innerstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen für Vollstreckungstitel nicht genügen, allein deshalb nicht für vollstreckbar zu erklären. Vielmehr ist in solchen Fällen - gegebenenfalls nach Durchführung einer Beweisaufnahme zum ausländischen Recht - der ausländische Titel so zu konkretisieren, dass er die gleichen Wirkungen wie ein entsprechender deutscher Titel äußern kann (vgl. BGH, aaO S. 1441 und S. 18 ff; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZB 28/10, juris Rn. 5). Nur wenn dies im Einzelfall nicht zuverlässig möglich ist, muss der Antrag zurückgewiesen werden, weil es dem deutschen ordre public widersprechen würde, eine zu vollstreckende Anordnung zu erlassen, die von den Vollstreckungsorganen nicht ausgeführt werden kann (BGH, Beschluss vom 4. März 1993, aaO S. 19). Allerdings darf das deutsche Gericht nicht seine eigene Entscheidung an die Stelle der des Schiedsgerichts setzen oder diese inhaltlich verändern, sondern nur den in der ausländischen Entscheidung bereits - wenn auch unvollkommen und für eine Vollstreckung noch nicht ausreichend bestimmt - zum Ausdruck kommenden Willen verdeutlichen und insoweit diesem zur Wirksamkeit verhelfen.
9
aa) Sollte der ausländische Titel den deutschen Anforderungen an die Bestimmtheit nicht genügen, hat das deutsche Gericht im Interesse der Titelfreizügigkeit eine Konkretisierung oder Ergänzung des Ausspruchs durch Auslegung im Exequaturverfahren vorzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 1993, aaO S. 18 f; vom 30. November 2011 - III ZB 19/11, WM 2012, 179 Rn. 6). Diese ist möglich, wenn sich die Kriterien hierfür aus den ausländischen Vorschriften oder ähnlichen im Inland gleichermaßen zugänglichen und sicher feststellbaren Umständen ableiten lassen (BGH, Urteil vom 6. November 1985, aaO S. 1441; Spiecker genannt Döhmann, Die Anerkennung von Rechtskraftwirkungen ausländischer Urteile, 2002, S. 156). Gegebenenfalls kann eine Beweisaufnahme zum ausländischen Recht geboten sein, um den ausländischen Titel konkretisieren zu können. Nur wenn dies nicht zuverlässig möglich ist, muss der Antrag zurückgewiesen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 2011, aaO).
9
a) Die Vollstreckbarerklärung des Landgerichts darf gemäß Art. 45 Abs. 1 EuGVVO nur aus den Gründen der Art. 34 und 35 EuGVVO aufgehoben werden. Nach Art. 34 Nr. 1 EuGVVO wird die Entscheidung nicht anerkannt, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Anerkennungsstaates offensichtlich widersprechen würde. Dieses Anerkennungshindernis ist von Amts wegen zu prüfen (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 240/05, NJW-RR 2008, 586 Rn. 25). Die hierfür entscheidungserheblichen Tatsachen sind jedoch nicht von Amts wegen zu ermitteln, sondern wären nach dem insoweit anwendbaren autonomen Verfahrensrechts des Vollstreckungsstaates aufgrund des in Deutschland geltenden Beibringungsgrundsatzes von der Antragsgegnerin darzulegen gewesen (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007, aaO Rn. 26; vom 8. März 2012 - IX ZB 144/10, WM 2012, 662 Rn. 17).
17
a) Der allgemeine Einwand eines Verstoßes gegen den ordre-public nach Art. 34 Nr. 1 EuGVVO greift nach dem weiteren Vorbringen der Antragsgegnerin nicht durch. Der Versagungsgrund des Art. 34 Nr. 1 EuGVVO kann zwar im Falle eines Prozessbetrugs der Gläubigerin eingreifen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 1986 - IX ZB 27/86, IPRax 1987, 236, 237; vom 6. Mai 2004 - IX ZB 43/03, WM 2004, 1391, 1393). Hierfür trägt die Antragsgegnerin jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, was ihr aufgrund des in Deutschland geltenden Beibringungsgrundsatzes obläge (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 240/05, NJW-RR 2008, 586 Rn. 22 ff; vom 3. August 2011 - XII ZB 187/10, NJW 2011, 3103 Rn. 24 zVb. in BGHZ; Schlosser , aaO Art. 34-36 EuGVVO Rn. 34; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., A. 1 Art. 34 Rn. 57 mwN).
6
2. Ebenso wenig ist eine Gehörsverletzung des Beschwerdegerichts bei der Verneinung des Ordre-public-Vorbehalts nach Art. 34 Nr. 1 EuGVVO fest- zustellen. Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob der Vorwurf des Prozessbetrugs zutrifft. Ein solcher Prozessbetrug hindert jedenfalls nicht die Vollstreckbarerklärung, wenn gegen die Entscheidung im Erststaat ein Rechtsmittel eingelegt wurde, mit welchem der behauptete Verstoß beseitigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 1977 - VIII ZR 120/75, NJW 1978, 1114, 1115 zu Art. III Abs. 1 c, 2 deutsch-britisches Übereinkommen; Kropholler /von Hein, aaO Rn. 15b; Geimer in Geimer/Schütze, EuZVR, 3. Aufl., A.1, Art. 34 Rn. 57). Ein Beklagter, der sich vor dem ausländischen Gericht eingelassen hat, soll im Anerkennungsverfahren nicht erneut rügen können, der Gegner habe das Urteil durch vorsätzlich falschen Prozessvortrag erwirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 43/03, NJW 2004, 2386, 2388 mwN). Im Exequaturverfahren ist er vielmehr mit dem Tatsachenvortrag ausgeschlossen , den er bereits im Erststaat eingebracht hat (BGH, Urteil vom 29. April 1999 - IX ZR 263/97, BGHZ 141, 286, 306) oder hätte einbringen können (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 1977, aaO). Da die Antragsgegnerin im Urteilsstaat Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt hat, ist es ihr möglich, gemäß Art. 344 § 2 ZVGB ihre Einwendungen gegen den Klageantrag und diese stützende Tatsachen und Beweise vorzubringen. Sie kann somit in Polen die vorgelegte , angeblich unvollständig abgelichtete Kopie des Vertragstextes einwenden , um ihren Klageabweisungsantrag zu begründen und den behaupteten Prozessbetrug abzuwenden. Im Exequaturverfahren kann sie dies nicht geltend machen.