Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2012 - IX ZR 69/11

bei uns veröffentlicht am26.01.2012
vorgehend
Landgericht Hagen, 4 O 227/09, 26.03.2010
Oberlandesgericht Hamm, 28 U 63/10, 31.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 69/11
vom
26. Januar 2012
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die
Richterin Möhring
am 26. Januar 2012

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 31. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 82.783,50 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.
2
1. Soweit die Beschwerde beanstandet, der in dem Vorprozess gestellte Antrag auf Duldung der Zwangsvollstreckung sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht durchgehend mit 430.000 € zu bemessen, weil die dem Antrag zugrunde liegende Forderung ausweislich der beigezogenen Akte des Vorprozesses zunächst mit 633.597,95 € beziffert worden sei, liegt eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG nicht vor.
3
Das Verfahrensgrundrecht gebietet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Daraus kann aber nicht die Verpflichtung der Gerichte hergeleitet werden, eine Beiakte ohne entsprechenden Tatsachenvortrag von Amts wegen darauf zu durchforsten , ob ihr für die Partei günstige Tatsachen zu entnehmen sind.
4
2. Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, soweit sich die Beschwerde gegen die von dem Berufungsgericht angenommene wirtschaftliche Identität der im Rahmen der Widerklage auf Zahlung und auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichteten Anträge wendet.
5
a) Auch insoweit geht die auf Erkenntnisse aus der Beiakte bezogene Beanstandung einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG fehl. Im Blick auf die gerügten Rechtsfehler ist den Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe der Rechtsfortbildung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO) und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) nicht genügt. Weder wird im Blick auf den Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung als einem Unterfall der Grundsatzbedeutung (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2009 - IX ZB 50/09, WM 2010, 237 Rn. 4) ein Meinungsstreit aufgezeigt (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 191), noch unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung der gebotene Obersatzvergleich vorgenommen (BGH, Beschluss vom 23. März 2011 - IX ZR 212/08, WM 2011, 1196 Rn. 3 ff).
6
b) Eine Divergenz zu den Entscheidungen des Oberlandesgerichts und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in dem Vorprozess ist ebenfalls nicht hinreichend dargetan. Hierzu ist es erforderlich, die Vorentscheidung, zu der die Divergenz geltend gemacht wird, konkret zu benennen und zu zitieren, die angeblich divergierenden entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssätze aus dieser Vorentscheidung und aus der angefochtenen Entscheidung herauszustellen sowie vorzutragen, inwiefern diese nicht übereinstimmen (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002, aaO, S. 186). Die danach gebotene Darlegung divergierender Rechtssätze hat die Beschwerde versäumt.
7
3. Soweit die Beschwerde die Würdigung des Berufungsgerichts beanstandet , dass zu dem Wert des Klageantrags auf Rückgewähr der fünf Grundschulden der Widerklageantrag auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus den Grundschulden wertmäßig nicht zu addieren ist, fehlt es aus den unter 2. genannten Erwägungen ebenfalls an der ordnungsgemäßen Darlegung eines Zulassungsgrunds.
8
4. Im Blick auf den von der Beschwerde beanstandeten Rückgriff des Berufungsgerichts auf die Einwendung aus § 242 BGB wird der für die ordnungsgemäße Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO) gebotene Obersatzvergleich (vgl. BGH, Beschluss vom 23. März 2011, aaO) nicht vorgenommen. Davon abgesehen fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der unterbreiteten Rechtsfrage, weil der Mandant jedenfalls berechtigt ist, mit einer Schadensersatzforderung gegen damit nicht in Zusammenhang stehende begründete Gebührenansprüche des Rechtsanwalts aufzurechnen (BGH, Urteil vom 31. Oktober 1985 - IX ZR 175/84, NJWRR 1986, 1281, 1282 f; Vill in: Zugehör/G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rn. 723; D. Fischer, ebendort, Rn. 894).
9
5. Ebenso fehlt es - wie bereits unter 2 a) dargelegt - unter den Gesichtspunkten der Rechtsfortbildung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Fall 1 ZPO) und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 ZPO) an einer ordnungsgemäßen Rüge, soweit sich die Beschwerde gegen die Würdigung des Berufungsgerichts wendet, die von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien nicht verjährt.
10
a) Überdies dürfte Verjährung nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerde ausscheiden, die den Beratungsfehler der Klägerin in dem Versäumnis erblickt, gegen die Streitwertfestsetzung durch das Landgericht vom 10. Mai 2005 nicht vorgegangen zu sein. Die Verjährung setzt nach dem hier anwendbaren § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB Kenntnis des Gläubigers von dem entstandenen Anspruch und den diesen Anspruch begründen Umständen voraus. Verwirklicht sich der Anwaltsfehler nach Erlass einer gerichtlichen Entscheidung und wird ihm die Versäumung der Einlegung eines Rechtsbehelfs vorgeworfen, entsteht der Schaden erst mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist (BGH, Urteil vom 21. September 1995 - IX ZR 228/94, NJW 1996, 48, 50; vom 23. September 2004 - IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494, 497 mwN; vom 3. Februar 2011 - IX ZR 183/08, WM 2011, 795 Rn. 8). Eine Streitwertbeschwerde kann gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2, § 68 Abs. 1 Satz 3 GVG binnen einer Frist von sechs Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache ohne besondere An- forderungen an die Postulationsfähigkeit (§ 63 Abs. 5 Satz 1, § 68 Abs. 1 Satz 5 GVG) eingelegt werden. Geht man von einer sofortigen Zustellung des die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschlusses des XI. Zivilsenats vom 10. Juli 2007 aus, lief die Frist von sechs Monaten erst nach Beginn des Jahres 2008 ab. Mithin konnte - ungeachtet der Frage der außerdem notwendigen Kenntnis der Beklagten - die Verjährung frühestens mit Ende dieses Jahres beginnen und wäre daher erst mit Ende des Jahres 2011 lange nach Zustellung vorliegender Klage abgelaufen.
11
b) Die Anwendung des § 215 BGB durch das Berufungsgericht stellt eine Hilfsbegründung dar, auf welcher die angefochtene Entscheidung nicht beruht. Mithin scheitern die von der Beschwerde geltend gemachten Rügen an der fehlenden Entscheidungserheblichkeit.
12
6. Soweit die Klägerin eine Verantwortlichkeit in Abrede stellt, weil in dem Vorprozess auch übergeordnete Gerichte einer fehlerhaften Streitwertfestsetzung erlegen seien, wird der Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO) - wie unter 2. a) dargelegt - nicht ordnungsgemäß ausgeführt. Im Übrigen hat der Anwalt die Interessen seines Mandanten auch gegenüber höherrangigen Gerichten uneingeschränkt zu wahren.
13
7. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen. Kayser Gehrlein Fischer Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Hagen, Entscheidung vom 26.03.2010 - 4 O 227/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 31.03.2011 - I-28 U 63/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2012 - IX ZR 69/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2012 - IX ZR 69/11

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2012 - IX ZR 69/11 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 215 Aufrechnung und Zurückbehaltungsrecht nach Eintritt der Verjährung


Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2012 - IX ZR 69/11 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2012 - IX ZR 69/11 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2009 - IX ZB 50/09

bei uns veröffentlicht am 22.10.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 50/09 vom 22. Oktober 2009 In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 575 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 Zur Darlegung des Zulassungsgrundes

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. März 2011 - IX ZR 212/08

bei uns veröffentlicht am 23.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 212/08 vom 23. März 2011 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 Abs. 2 Satz 3 Rügt die Nichtzulassungsbeschwerde, das Berufungsgericht habe d

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Okt. 2002 - XI ZR 71/02

bei uns veröffentlicht am 01.10.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZR 71/02 vom 1. Oktober 2002 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja _____________________ ZPO § 543 Abs. 2 Satz 1, § 544 Abs. 2 Satz 3 a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Feb. 2011 - IX ZR 183/08

bei uns veröffentlicht am 03.02.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 183/08 Verkündet am: 3. Februar 2011 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja StBerG § 68 a.F. Läss
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2012 - IX ZR 69/11.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Apr. 2015 - XI ZR 378/13

bei uns veröffentlicht am 28.04.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil XI ZR 378/13 Verkündet am: 28. April 2015 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB §§ 311, 320

Referenzen

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

4
1. Die schlüssige Darlegung des Zulassungsgrundes der Rechtsfortbildung erfordert als Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (BFH, Beschl. v. 27. Januar 2003 - II B 194/01, BFH/NV 2003, 792), dass der Beschwerdeführer eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellt und substantiiert darauf eingeht, inwiefern diese Rechtsfrage klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch klärbar ist. Im vorliegenden Fall vermag der Gläubiger keine Nachweise aus Rechtsprechung und Schrifttum zu benennen, wonach eine Glaubhaftmachung entgegen dem Wortlaut des § 290 Abs. 2 InsO noch in einem späteren Verfahrensabschnitt erfolgen kann. Mithin ist den Darlegungsanforderungen nicht genügt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 71/02
vom
1. Oktober 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________

a) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 Alt. 2 ZPO) ist die Revision nur in Fällen der Divergenz sowie der
Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr zuzulassen. Darüber hinaus
werden Rechtsfehler im Einzelfall von diesem Zulassungsgrund auch
dann nicht erfaßt, wenn sie offensichtlich oder besonders schwerwiegend
sind oder einen Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte enthalten.

b) Grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) kann einer
Sache zukommen, wenn sie Rechtsfragen aufwirft, die in einer unbestimmten
Vielzahl von Fällen auftreten können, oder wenn andere Auswirkungen
des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in
besonderem Maße berühren. Darüber hinaus begründen Rechtsfehler im
Einzelfall ausnahmsweise dann eine grundsätzliche Bedeutung der Sache
, wenn offenkundig ist, daß die angefochtene Entscheidung sich als
objektiv willkürlich darstellt oder Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers
verletzt, und wenn jeweils nicht zweifelhaft erscheint, daß das
Bundesverfassungsgericht sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufheben
würde.

c) Eine ordnungsgemäße Darlegung (§ 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO) setzt vor-
aus, daß der Beschwerdeführer die Zulassungsgründe, auf die er die Beschwerde
stützt, benennt und zu deren Voraussetzungen so substantiiert
vorträgt, daß das Revisionsgericht allein anhand der Lektüre der Beschwerdebegründung
und des Berufungsurteils die Voraussetzungen der
Zulassung prüfen kann.
BGH, Beschluß vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann
und die Richterin Mayen
am 1. Oktober 2002

beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Februar 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 409.033,50

Gründe:


I.


Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einer gepfändeten und ihr zur Einziehung überwiesenen Darlehensforderung in Anspruch.
Mit schriftlichem Vertrag vom 15. November 1992 gewährte die P. GmbH, später unfirmiert in V. für I. GmbH, den Beklagten ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 800.000 DM. Der Darlehensvertrag wurde für die Darlehensgeberin von dem Beklagten zu 1) unterzeichnet, der
zum damaligen Zeitpunkt und noch bis Ende Juni 1998 allein vertre- tungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der P. GmbH war. Gemäß Ziffer 4 des Darlehensvertrages sollte die Rückzahlung des Darlehens durch Verrechnung der Guthaben des Beklagten zu 1) auf dem Gesellschafterverrechnungskonto erfolgen. Die Darlehenssumme wurde im November 1992 und Februar 1993 ausgezahlt. Für die V. für I. GmbH wurde im Juli 1998 Konkursantrag gestellt; dieser wurde mangels Masse abgewiesen.
Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 28. September 1999 wurde die Darlehensforderung der V. für I. GmbH gegen die Beklagten gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen.
Die Beklagten berufen sich auf Erfüllung. Sie wenden, gestützt auf vorgelegte Ablichtungen des Buchungsjournals von 1993, auf von dem Beklagten zu 1) für die P. GmbH unterzeichnete Verrechnungsbestätigungen und auf einen in Ablichtung vorgelegten, mit dem Datum 3. März 1997 versehenen und von dem Beklagten zu 1) abgezeichneten "erledigt" -Stempel auf dem Darlehensvertrag, ein, die Darlehensschuld sei durch Verrechnung mit Guthaben des Beklagten zu 1) auf dem Gesellschafterverrechnungskonto erloschen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagten hätten den ihnen obliegenden Beweis der Erfüllung der Darlehensschuld nicht geführt. Es hat die Revision nicht zugelassen.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten , mit der diese geltend machen, eine Entscheidung des Revisionsgerichts sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfor- derlich; der Sache komme darüber hinaus grundsätzliche Bedeutung zu. Die Beklagten begründen ihren Antrag mit einem Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte , insbesondere gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Sie meinen, eine einheitliche Rechtsprechung sei nicht mehr gesichert , wenn einem Darlehensnehmer deswegen, weil er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen sei, der Beweiswert von Urkunden abgesprochen werde und diese als "schlichte Parteierklärungen" gewürdigt würden. § 181 BGB, von dem im Rechtsverkehr durchweg Gebrauch gemacht werde, werde dadurch unterlaufen. Das Berufungsgericht habe im übrigen Beweisantritte der Beklagten auf Einholung eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens zum Beweis der Richtigkeit des vorgelegten Buchungsjournals und auf Vernehmung von Zeugen übergangen und dadurch das Recht der Beweisführung für einen Darlehensnehmer für die Rückzahlung des Darlehens in einer weit über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung eingeschränkt.

II.


Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet, weil es an einer den Anforderungen der § 543 Abs. 2 Satz 1, § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO entsprechenden Beschwerdebegründung fehlt. Es kann daher offenbleiben, ob die Beklagten auch dem aus § 26 Nr. 8 EGZPO sich ergebenden Erfordernis der Darlegung einer mit der beabsichtigten Revision erstrebten Abänderung des Berufungs-
urteils in einem die Wertgrenze von 20.000 (vgl. BGH, Beschluß vom 27. Juni 2002 - V ZR 148/02, NJW 2002, 2720, 2721) mangels ausdrücklicher Angaben zu diesem Punkt nicht nachgekommen sind.
Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Diese Zulassungsgründe müssen gemäß § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO in der Beschwerdebegründung dargelegt werden. "Darlegen" bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als nur einen allgemeinen Hinweis; "etwas darlegen" bedeutet vielmehr soviel wie "erläutern", "erklären" oder "näher auf etwas eingehen" (so BVerwG 13, 90, 91; BVerwG, Beschluß vom 23. November 1995 - 9 B 362/95, NJW 1996, 1554 zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die bloße Behauptung eines Zulassungsgrunds reicht dazu nicht aus (BFH, Beschlüsse vom 14. August 2001 - XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51, 52 und vom 21. Februar 2002 - XI B 39/01, BFH/NV 2002, 1035 zu § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Der Beschwerdeführer hat die Zulassungsgründe, auf die er die Beschwerde stützt, zu benennen und zu deren Voraussetzungen substantiiert vorzutragen (vgl. Musielak /Ball, 3. Aufl. ZPO § 544 Rdn. 17). Das Revisionsgericht muß dadurch in die Lage versetzt werden, allein anhand der Lektüre der Beschwerdebegründung und des Berufungsurteils die Voraussetzungen für die Zulassung zu prüfen. Es soll davon entlastet werden, die Voraussetzungen der Zulassung anhand der Akten ermitteln zu müssen (so auch BFH, Beschluß vom 17. Oktober 2001 - III B 97/01, BFH/NV 2002, 366, 367 zu § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). In inhaltlicher Hinsicht richten sich die
an den Vortrag zu stellenden Anforderungen nach dem jeweils geltend gemachten Zulassungsgrund.
Die Beklagten haben die Voraussetzungen der von ihnen geltend gemachten Zulassungsgründe in der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde nicht ordnungsgemäß vorgetragen.
1. Das gilt zum einen für den von den Beklagten geltend gemachten Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
Zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich, wenn nur so zu vermeiden ist, daß schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im ganzen hat (BegrRegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; BGHSt 24, 15, 22 zu § 80 Abs. 1 Nr 2 OWiG).

a) Das kommt zunächst in Betracht bei Divergenz, d.h. wenn in der angefochtenen Entscheidung ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZR 75/02, WM 2002, 1811, 1812; Beschluß vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, WM 2002, 1899, 1900; zu dem gleichlautenden § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO: BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 - V ZB 11/02, WM 2002, 1567, 1568 m.w.Nachw., zum Ab-
druck in BGHZ vorgesehen; Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1898 m.w.Nachw., zum Abdruck in BGHZ vorgesehen). Um eine Divergenz ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die Vorentscheidung, zu der die Divergenz geltend gemacht wird, konkret zu benennen und zu zitieren, die angeblich divergierenden entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssätze aus dieser Vorentscheidung und aus der angefochtenen Entscheidung herauszustellen sowie vorzutragen, inwiefern diese nicht übereinstimmen (so zu § 116 Abs. 3 Satz 3, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO BFH, Beschluß vom 5. Dezember 2001 - IX B 85/01, BFH/NV 2002, 529 m.w.Nachw.).
Diesem Erfordernis sind die Beklagten nicht gerecht geworden. Sie haben nicht einmal konkrete Entscheidungen anderer Gerichte benannt, von denen das Berufungsurteil abweichen könnte. Erst recht fehlt es an der Herausstellung abstrakter Rechtssätze im Berufungsurteil einerseits und in anderen Entscheidungen andererseits, zwischen denen eine Divergenz bestehen könnte.

b) Eine Revisionszulassung unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung kommt ferner in Betracht, wenn einem Gericht bei der Anwendung von Rechtsnormen des revisiblen Rechts (§ 545 ZPO) Fehler unterlaufen, die die Wiederholung durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, daß eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn das Berufungsgericht - auch ohne daß sich dem angefochtenen Urteil ein divergierender abstrakter Rechtssatz (vgl.
dazu oben unter a) entnehmen ließe - in ständiger Praxis oder in einer Weise, die Wiederholungen oder Nachahmungen besorgen läßt, eine höchstrichterliche Rechtsprechung nicht berücksichtigt (so zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 aaO; zu § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG BGHSt 24, 15, 22). Diese Erfordernisse lassen sich dahin zusammenfassen, daß ein Rechtsfehler des Berufungsgerichts mit "symptomatischer Bedeutung" die Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu rechtfertigen vermag (so zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 aaO).
Um die Voraussetzungen einer Revisionszulassung unter diesem Gesichtspunkt ordnungsgemäß darzulegen, muß der Beschwerdeführer nicht nur einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts benennen, sondern darüber hinaus auch konkrete Angaben zur symptomatischen Bedeutung des Fehlers machen. Dabei ist darzulegen und zu belegen, daß es sich bereits um eine ständige Praxis des Berufungsgerichts handelt, oder darzulegen, daß und warum eine Wiederholung oder Nachahmung konkret zu besorgen ist. Gegebenenfalls muß auch die geltend gemachte Nichtbeachtung einer höchstrichterlichen Rechtsprechung mit entsprechenden Entscheidungszitaten konkret dargelegt werden.
Auch diese Erfordernisse haben die Beklagten nicht erfüllt. Zur symptomatischen Bedeutung der von ihnen geltend gemachten angeblichen Rechtsfehler des Berufungsgerichts haben sie nichts vorgetragen.

c) Keinen Grund für die Zulassung der Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung bieten dagegen - unabhängig von
Gewicht und Evidenz sowie davon, ob es sich um materielle oder Verfahrensfehler handelt - Rechtsfehler im Einzelfall, die weder eine Divergenz in der Rechtsprechung hervortreten lassen (vgl. dazu oben unter 1. a) noch eine Wiederholungsgefahr oder Nachahmungsgefahr begründen (vgl. dazu oben unter 1. b).
aa) Die Schwere und die Evidenz eines Rechts- oder Verfahrensfehlers , den ein Urteil in einem Einzelfall aufweist, sind nach dem Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, aus dem sich der maßgebliche objektivierte Wille des Gesetzgebers ergibt (BVerfGE 11, 126, 130), ohne jede Bedeutung.
(1) Eine Differenzierung nach dem Gewicht des Fehlers, den ein in einem Einzelfall ergangenes Urteil aufweist, ist mit dem Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO, der auf die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung abstellt, unvereinbar. Der Wortlaut erfaßt auch einfache Rechtsfehler, wenn zusätzlich die Voraussetzungen der Divergenz oder der Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr gegeben sind. Ein Zusammenhang zwischen dem Gewicht des Rechtsfehlers und seiner Auswirkung auf die Einheitlichkeit der Rechtsprechung besteht nicht. Insbesondere läßt sich nicht feststellen, daß ein schwerwiegender Rechtsfehler eher wiederholt wird oder Nachahmung findet als ein leichter. Nach der Lebenserfahrung kann eher vom Gegenteil ausgegangen werden. Auch der Rang der verletzten Norm ist insoweit ohne jede Bedeutung (so zu § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG: Steindorf, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG 2. Aufl. § 80 Rdn. 26). Ebensowenig läßt sich dem Wortlaut eine Differenzierung nach materiellen oder Verfahrensfehlern entnehmen.

(2) Auch eine Differenzierung nach der Evidenz eines Rechtsfeh- lers findet im Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO keine Stütze. Daß ein in einem Einzelfall ergangenes evident unrichtiges Urteil die Einheitlichkeit der Rechtsprechung stärker gefährdet als ein nicht offensichtlich unrichtiges, ist nicht ersichtlich. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat dementsprechend zum gleichlautenden Tatbestandsmerkmal der "Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" in § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG entschieden, daß eine Fehlentscheidung in einem Einzelfall die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigt, auch wenn der Rechtsfehler offensichtlich ist (BGHSt 24, 15, 22). Nichts spricht dafür, daß die insoweit wörtlich gleichlautende Bestimmung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO anders auszulegen wäre.
bb) Insbesondere geben die Materialien des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses dazu keinen Anlaß. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es an einer Stelle zwar, materielle oder formelle Fehler bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts berührten über den Einzelfall hinaus allgemeine Interessen nachhaltig, wenn sie von erheblichem Gewicht und geeignet seien, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Dazu gehörten vor allem die Fälle, in denen Verfahrensgrundrechte, namentlich die Grundrechte auf Gewährung des rechtlichen Gehörs und auf ein objektiv willkürfreies Verfahren, verletzt seien (BT-Drucks. 14/4722, S. 104). Diese Ansicht des Regierungsentwurfs hat aber im Wortlaut des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO ("Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung") keinen Ausdruck gefunden und ist deshalb für dessen Auslegung unbeachtlich (vgl. BVerfGE 11, 126, 129 f.; 54, 277, 298). Insbesondere stellt § 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO nicht auf das in der Gesetzesbegründung er- wähnte Vertrauen in die Rechtsprechung ab, sondern auf die davon zu unterscheidende Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung ist vielmehr, wie unten noch darzulegen ist, nur bei der Auslegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung von Belang.
cc) Soweit der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs demgegenüber in zwei Beschlüssen vom 4. Juli 2002 (V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1898 und V ZB 75/02, WM 2002, 1811, 1812) sowie in einem weiteren Beschluß vom 25. Juli 2002 (V ZR 118/02, WM 2002, 1899, 1900) die Ansicht vertreten hat, schwerwiegende offensichtliche Fehler bei der Anwendung revisiblen Rechts, insbesondere eine offensichtliche Verletzung von Verfahrensgrundrechten, machten zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision bzw. einer Rechtsbeschwerde erforderlich, weil dadurch über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berührt würden, vermag der XI. Zivilsenat dem nicht zu folgen. In Fällen einer offensichtlichen Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder eines ebensolchen Verstoßes gegen das Willkürverbot kommt vielmehr ohne eine Divergenz oder Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr nur die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung in Betracht.
Anlaß für ein Verfahren nach § 132 Abs. 2 und 3 oder 4 GVG besteht nicht, weil sich die Abweichung in allen entschiedenen Fällen auf die Begründung beschränkt und den von der hier vertretenen Ansicht abweichenden Erwägungen des V. Zivilsenats zur Reichweite des Zulassungsgrundes der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung kei-
ne tragende Bedeutung zukam; in allen drei genannten Entscheidungen hat der V. Zivilsenat jeweils die Nichtzulassungsbeschwerde zurückge- wiesen bzw. die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.
2. Für den von den Beklagten geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) fehlt ebenfalls der erforderliche substantiierte Vortrag.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat (BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZR 75/02, WM 2002, 1811 und V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1897; jeweils m.w.Nachw.). Dies entspricht im Grundsatz dem Wortverständnis, das dem bereits in § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 554 b Abs. 1 ZPO a.F. sowie in zahlreichen Vorschriften über die Zulassung der Revision in anderen Verfahrensordnungen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, § 219 Abs. 2 Nr. 1 BEG, § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, § 100 Abs. 2 Nr. 1 PatentG, § 74 Abs. 2 Nr. 1 GWB) enthaltenen Begriff der grundsätzlichen Bedeutung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung beigemessen worden ist (vgl. BGHZ 2, 396, 397; BAG, Beschluß vom 5. Dezember 1979 - 4 AZN 41/79, NJW 1980, 1812, 1813; BVerwGE 13, 90, 91 f.; BVerwG, Beschluß vom 19. August 1997 - 7 B 261/97, NJW 1997, 3328; BFH, u.a. Beschlüsse vom 11. November 1997 - VII B 265/96, BFH/NV 1998, 753, 754, vom 18. Februar 1998 - VII B 253/97, BFH/NV 1998, 990 und vom 30. Juli 1998 - VII B 73/98, BFH/NV 1999, 204). Die Systematik des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO weicht allerdings darin von derjenigen des § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F., § 72
Abs. 2 ArbGG, § 132 Abs. 2 VwGO, § 160 Abs. 1 SGG ab, daß sie die grundsätzliche Bedeutung als eigenen Zulassungsgrund neben die weiteren Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts und der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung stellt. Daraus ergibt sich, daß als Kriterien für die Beurteilung der allgemeinen Bedeutung einer Rechtssache nicht lediglich die Gesichtspunkte der Rechtsfortbildung und der Erhaltung der Rechtseinheit, sondern auch weitere Gesichtspunkte in Betracht kommen (Musielak/Ball, 3. Aufl. ZPO § 543 Rdn. 4).

a) Grundsätzliche Bedeutung kann einer Rechtssache zum einen dann zukommen, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die nicht nur entscheidungserheblich , klärungsbedürftig und klärungsfähig ist, sondern darüber hinaus auch in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten kann (BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, WM 2002, 1896, 1897). Das kann insbesondere bei Musterprozessen und Verfahren, in denen die Auslegung typischer Vertragsbestimmungen, Tarife, Formularverträge oder allgemeiner Geschäftsbedingungen erforderlich wird, aber auch in sonstigen Fällen, in denen Leitentscheidungen des Revisionsgerichts notwendig erscheinen, der Fall sein (Büttner MDR 2001, 1201, 1203).
Um unter diesem Gesichtspunkt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage konkret zu benennen sowie ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen im einzelnen aufzuzeigen (BVerwGE 13, 90, 91; BFH, Beschluß vom 30. August 2001 - IV B 79, 80/01, DB 2001, 2429, 2431; Beschluß vom 13. September 2001 - IV B 87/01, BFH/NV 2002, 352,
353). Dabei müssen insbesondere auch Ausführungen darüber gemacht werden, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (BFH, Beschluß vom 30. August 2001 aaO).
Auch diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Beklagten nicht. Die Beklagten haben zwar verschiedene angebliche Rechtsfehler des Berufungsurteils geltend gemacht, aber weder eine durch das Urteil aufgeworfene konkrete Rechtsfrage herausgearbeitet noch Ausführungen zu ihrer Klärungsbedürftigkeit, insbesondere zu einem sie betreffenden Meinungsstreit, gemacht.

b) Grundsätzliche, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung kann eine Rechtssache auch dann haben, wenn es zwar nicht um die Klärung einer für eine Vielzahl von Fällen bedeutsamen Rechtsfrage geht, aber andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des Revisionsgerichts erforderlich machen. Dies kann sich insbesondere aus dem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gewicht der Sache für den Rechtsverkehr ergeben (BGHZ 2, 396, 397; BAGE 2, 26, 30; BegrRegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722 S. 105).
Die ordnungsgemäße Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung unter diesem Gesichtspunkt setzt voraus, daß die tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit konkret dargestellt werden. Darüber hinaus sind Ausführungen darüber erforderlich, warum das Interesse der Allgemeinheit ein korrigierendes Eingreifen des Revisionsgerichts erforderlich macht.

An den danach erforderlichen konkreten Angaben fehlt es im vorliegenden Fall. Die pauschale Behauptung der Beklagten, die berufungsgerichtliche Handhabung der Darlegungs- und Beweislast unterlaufe die Vorschrift des § 181 BGB, von der in der Rechtswirklichkeit viel Gebrauch gemacht werde, genügt nicht. Sie vermag die fehlende konkrete Darstellung der angeblichen tatsächlichen oder wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit nicht zu ersetzen.

c) Grundsätzliche, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung hat eine Rechtssache schließlich auch dann, wenn die angefochtene Entscheidung sich als objektiv willkürlich darstellt oder Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers verletzt und jeweils nicht zweifelhaft erscheint , daß das Bundesverfassungsgericht sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufheben würde. Daß eine Entscheidung in sonstiger Weise rechtsfehlerhaft ist, genügt allein nicht, auch wenn es sich um einen schwerwiegenden Rechtsfehler handelt.
Wie oben dargelegt, folgt aus der anders gestalteten Systematik des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Vergleich zu der von § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. sowie des § 72 Abs. 2 ArbGG, § 132 Abs. 2 VwGO, § 160 Abs. 1 SGG, daß der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung eine gewisse Ausweitung erfahren hat und die Gesichtspunkte der Fortbildung des Rechts und der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ihn nicht ausschöpfen. Dieser Begriff erfaßt nunmehr über die herkömmliche, oben unter 2. a) und b) dargelegte Bedeutung hinaus auch andere Fälle, in denen nicht nur die unterlegene Prozeßpartei, sondern auch die All-
gemeinheit ein unabweisbares Interesse an einer Korrektur des Berufungsurteils hat (vgl. Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 543 Rdn. 4).
Für eine solche Auslegung sprechen auch die Gesetzesmaterialien. Danach soll mit der Erweiterung der Zulassungsgründe und dem damit verbundenen erweiterten Verständnis der "grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache" künftig auch die Zulassung von Revisionen in Betracht kommen, wenn eine Ergebniskorrektur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit oder wegen der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts geboten erscheint (BegrRegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722 S. 67).
Das danach unverzichtbare Interesse der Allgemeinheit an einem korrigierenden Eingreifen des Revisionsgerichts kann in der Praxis nur in seltenen Ausnahmefällen bejaht werden. In aller Regel hat die Allgemeinheit an der Entscheidung eines gewöhnlichen Zivilrechtsstreits kein Interesse. Belange der Allgemeinheit werden auch dann nicht nachhaltig berührt, wenn dieser Streit unrichtig entschieden wurde. Daran ändert sich grundsätzlich auch dann nichts, wenn dem Gericht bei einer Einzelfallentscheidung schwerwiegende Rechtsfehler unterlaufen sind. Nicht offenkundige Fehler sind von vornherein nicht geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung als Ganzes zu erschüttern. Erst ein Urteil, das zweifelsfrei objektiv gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt oder Verfahrensgrundrechte verletzt und darauf beruht , kann das Vertrauen in die Rechtsprechung insgesamt beschädigen.
Offenkundig ist ein solcher Fehler nur dann, wenn die Grundrechtsverletzung sich geradezu aufdrängt. Das ist nur bei Rechtsfehlern der Fall, die in wenigen Sätzen zweifelsfrei aufgezeigt werden können.
Eine ordnungsgemäße Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache unter diesem Gesichtspunkt setzt dabei voraus, daß der Beschwerdeführer angibt, welches Grundrecht verletzt sein soll, in welchem Verhalten des Berufungsgerichts die Verletzung liegen soll, daß die angefochtene Entscheidung darauf beruht und daß unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zweifelhaft sein kann, daß das angegriffene Urteil einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhalten würde (so für den in § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG ausdrücklich geregelten Rechtsbeschwerdezulassungsgrund der Versagung des rechtlichen Gehörs: BVerfG NJW 1992, 2811, 2812; Göhler/König/Seitz, OWiG 13. Aufl. § 80 Rdn. 16 a; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG 3. Aufl. § 80 Rdn. 8; jeweils m.w.Nachw.).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung hier ersichtlich nicht gerecht. Die Beklagten behaupten zwar, das Berufungsgericht habe Beweisantritte übergangen. Das genügt zur Darlegung einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) aber nicht. Voraussetzung einer solchen Rechtsverletzung wäre vielmehr weiter, daß die Beweisantritte rechtswidrig übergangen worden wären. Art. 103 Abs. 1 GG verwehrt es den Gerichten nämlich nicht, das Vorbringen eines Verfahrensbeteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts außer Betracht zu lassen (BVerfGE 60, 96, 100; 60, 305, 310; 63, 80, 85; 70, 288, 294). Das Übergehen von Beweisantritten kann einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG daher nur
dann begründen, wenn die Beweisantritte nach der rechtlichen Lösung des Berufungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wären. Dazu haben die Beklagten nichts vorgetragen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Mayen
3
1. Mit der Rüge von Rechtsfehlern und der Behauptung, das Berufungsgericht habe die Rechtsprechung des Senats zu der Frage, wann ein Scha- densersatzanspruch gegen den Steuerberater entstanden sei (beispielhaftes Zitat von BGH, Urteil vom 12. Februar 1998 - IX ZR 190/97, WM 1998, 786 und BGH, Urteil vom 11. Mai 1995 - IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386), grundlegend missverstanden, ist das Erfordernis der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als Grund der Revisionszulassung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) nicht dargelegt. Die Beschwerdebegründung hätte vielmehr einen bestimmten, entscheidungserheblichen Obersatz des Berufungsurteils herausarbeiten müssen , der, sei es aufgrund eines Missverständnisses, sei es aufgrund anderer Erwägungen, von dem Obersatz einer Vergleichsentscheidung abweicht. In dieser Hinsicht gilt nichts anderes als für die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Rechtsfortbildung (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2009 - IX ZB 50/09, WM 2010, 237 Rn. 4). Auf den Obersatzvergleich stellt der Senat auch für die Einheitlichkeitssicherung in ständiger Rechtsprechung ab (vgl. zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - IX ZR 150/08, bei juris Rn. 2; vom 2. Dezember 2010 - IX ZR 56/09, bei juris Rn. 2; vom 16. September 2010 - IX ZB 203/09, bei juris Rn. 1).

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

8
a) Die Entstehung eines Anspruchs auf Schadensersatz setzt voraus, dass ein Schaden eingetreten ist. Nach der vom Bundesgerichtshof seit dem Urteil vom 2. Juli 1992 (IX ZR 268/91, BGHZ 119, 69) in ständiger Rechtsprechung vertretenen Risiko-Schaden-Formel muss der Schaden im Sinne einer objektiven Verschlechterung der Vermögenslage wenigstens dem Grunde nach erwachsen sein; ist dagegen noch offen, ob ein pflichtwidriges, mit einem Risiko behaftetes Verhalten tatsächlich zu einem Schaden führt und liegt deshalb eine bloße Vermögensgefährdung vor, ist der Anspruch noch nicht entstanden, so dass die Verjährungsfrist des § 68 StBerG nicht in Lauf gesetzt wird (Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl. Rn. 1342 f mwN). In Steuersachen tritt der Schaden des Steuerpflichtigen in der Regel ein, sobald sich das pflichtwidrige Verhalten des Steuerberaters in einem belastenden Bescheid der Finanzbehörde ausgewirkt hat (BGH, Urteil vom 2. Juli 1992 - IX ZR 268/91, BGHZ 119, 69, 72; vom 11. Mai 1995 - IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386, 389 f; vom 12. November 2009 - IX ZR 218/08, WM 2010, 138 Rn. 10 mwN). Hat der Steuerberater - wie hier - pflichtwidrig gegen einen Steuerbescheid keinen Einspruch eingelegt, beginnt die Verjährung des Ersatzanspruchs mit Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheids (BGH, Urteil vom 20. Juni 1996 - IX ZR 100/95, WM 1996, 2066, 2067). Im Streitfall wurde der maßgebliche Steuerbescheid vom 21. August 2000, welcher den Beklagten am 22. August 2000 zuging, mit Ablauf des 22. September 2000 bestandskräftig. Damit begann der Lauf der Verjährungsfrist.

Die Verjährung schließt die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.