Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2017 - V ZA 44/17

bei uns veröffentlicht am06.12.2017
vorgehend
Amtsgericht Pforzheim, 7 C 87/16, 15.02.2017
Landgericht Karlsruhe, 20 S 33/17, 06.09.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZA 44/17
vom
6. Dezember 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:061217BVZA44.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Das Amtsgericht hat eine von der Klägerin erhobene Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Landgericht als unzulässig verworfen.
2
Das Berufungsurteil ist der Klägerin am 13. September 2017 zugestellt worden. Mit am 13. Oktober 2017 bei dem Bundesgerichtshof eingegangenem Schreiben hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Rechtsbeschwerde beantragt. Dem Prozesskostenhilfeantrag war eine ausgefüllte und unterschriebene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ohne jegliche Belege beigefügt.

II.

3
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen.
4
Die Angaben der Klägerin ermöglichen keine Prüfung, ob sie außer Stande ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 114 Satz 1 ZPO).
Die Klägerin hat innerhalb der Rechtsmittelfrist zwar eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf einem unterschriebenen Vordruck übermittelt. Dies war aber schon deshalb unzureichend im Sinne von § 117 Abs. 4 ZPO, weil es sich um einen veralteten Vordruck handelte.
5
Vor allem fehlt es an der Vorlage von Belegen für die darin enthaltenen Angaben. Die Beifügung der „entsprechenden Belege“ ist dem Antragsteller in § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO ausdrücklich zur Pflicht gemacht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - IX ZA 8/03, FamRZ 2004, 99, 100). Demgemäß ist (auch im veralteten Vordruck) bei den abgefragten Angaben jeweils eine Rubrik „Beleg Nummer“ vorhanden, die entsprechend auszufüllen ist. Ein Hinweis des Ge- richts auf das Fehlen der Belege war innerhalb der am 13. Oktober 2017 abgelaufenen Rechtsmittelfrist nicht möglich; eine Nachreichung wäre nunmehr verspätet (vgl. Senat, Beschluss vom 10. November 2016 - V ZA 12/16, NJW 2017, 735 Rn. 7). Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele Haberkamp Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Pforzheim, Entscheidung vom 15.02.2017 - 7 C 87/16 -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 06.09.2017 - 20 S 33/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2017 - V ZA 44/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2017 - V ZA 44/17

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 117 Antrag


(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag au
Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2017 - V ZA 44/17 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 117 Antrag


(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag au

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Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2017 - V ZA 44/17 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2016 - V ZA 12/16

bei uns veröffentlicht am 10.11.2016

Tenor Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen. Gründe I.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2017 - V ZA 44/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Aug. 2019 - VI ZB 32/18

bei uns veröffentlicht am 27.08.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 32/18 vom 27. August 2019 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 114, 117 Abs. 4, § 234 B, § 517 a) In einem dem Anwaltszwang unterliegenden Verfahren wird das der Rechts

Referenzen

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Landgericht hat die auf Herausgabe diverser Gegenstände gerichtete Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen.

2

Das Berufungsurteil ist dem Kläger am 20. Mai 2016 zugestellt worden. Mit am 16. Juni 2016 per Telefax ohne Anlagen bei dem Bundesgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde und ein sich anschließendes Revisionsverfahren beantragt. Dem im Original am 17. Juni 2016 bei Gericht eingegangenen Prozesskostenhilfeantrag war eine ausgefüllte und unterschriebene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ohne jegliche Belege beigefügt.

II.

3

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen.

4

1. Die Angaben des Klägers ermöglichen keine Prüfung, ob er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 114 Satz 1 ZPO). Der Kläger hat zwar eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf einem unterschriebenen Vordruck übermittelt. Jedoch fehlt es an der Vorlage von Belegen für die darin enthaltenen Angaben. Die Beifügung der „entsprechenden Belege“ ist dem Antragsteller in § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO ausdrücklich zur Pflicht gemacht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - IX ZA 8/03, FamRZ 2004, 99, 100). Der Vordruck enthält auch auf Seite 1 oben den Hinweis, dass Belege in Kopie durchnummeriert beizufügen sind. Außerdem ist bei den abgefragten Angaben jeweils eine Rubrik „Beleg Nummer“ vorhanden, die entsprechend auszufüllen ist.

5

Wegen des Fehlens der Belege durfte der Kläger bei Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht darauf vertrauen, dass seinem Prozesskostenhilfeantrag entsprochen würde. Dies gilt vorliegend umso mehr, als schon das Landgericht in seinem den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss darauf hingewiesen hat, dass der Kläger (trotz einer Auflagenverfügung) seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mangels Vorlage von Belegen nicht glaubhaft gemacht habe.

6

2. Ein Hinweis auf das Fehlen von Belegen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers konnte nicht innerhalb der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgen, weil der Antrag mit dem Vordruck erst am 17. Juni  2016, einem Freitag, eingegangen ist und eine Prüfung der Vollständigkeit des Prozesskostenhilfeantrages im normalen Geschäftsgang nicht vor Ablauf der Rechtsmittelfrist am 20. Juni 2016 erfolgen konnte.

7

Eines Hinweises zum jetzigen Zeitpunkt bedarf es nicht, weil dem Kläger damit nicht gedient wäre. Die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ist verstrichen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) kommt nicht in Betracht. Eine Partei, die nicht in der Lage ist, die Prozesskosten zu tragen, muss ihr vollständiges Gesuch um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Rechtsmittelverfahren unter Verwendung der vorgeschriebenen Vordrucke und Beifügung aller erforderlichen Unterlagen innerhalb der Rechtsmittelfrist einreichen. Ist dies nicht geschehen, war die Partei nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde einzuhalten (Senat, Beschluss vom 18. April 2013 - V ZA 35/12, juris Rn. 4; Beschluss vom 2. Februar 2012 - V ZA 3/12, Grundeigentum 2012, 495; Beschluss vom 7. Oktober 2004 - V ZA 8/04, FamRZ 2004, 1961, 1962 mwN). Ein etwaiges Verschulden seiner Anwälte wäre dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2001 - XI ZR 161/01, BGHZ 148, 66, 70).

Stresemann                        Schmidt-Räntsch                          Weinland

                     Kazele                                          Göbel