Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2017 - V ZB 175/16
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Mai 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und die Richter Dr. Kazele und Dr. Hamdorf
beschlossen:
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Landeshauptstadt Hannover auferlegt.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Der Betroffene, ein serbischer Staatsangehöriger, reiste im Jahre 2014 in das Bundesgebiet ein und stellte im Februar 2016 einen Asylantrag. Diesen lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ab und drohte dem Betroffenen die Abschiebung an. Seit Juni 2016 ist er vollziehbar ausreisepflichtig. Eine nicht angekündigte Abschiebung scheiterte am 16. November 2016 daran, dass der Betroffene in seiner Unterkunft nicht angetroffen wurde. Am 18. November 2016 sprach er bei der beteiligten Behörde vor und wurde festgenommen.
- 2
- Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht am selben Tage Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen längstens bis zum 16. Dezember 2016 angeordnet. Seine hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 2. Dezember 2016 zurückgewiesen. Den von dem Landgericht als Anhörungsrüge ausgelegten Antrag auf Fortführung des Verfahrens hat es mit Beschluss vom 7. Dezember 2016 zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Betroffene, der am 8. Dezember 2016 abgeschoben worden ist, die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft.
II.
- 3
- Das Beschwerdegericht hält die Haftgründe des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und 5 i.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 5 und 4 AufenthG für gegeben. Der Betroffene sei bei dem Abschiebungsversuch am 16. November 2016 durch einen Sprung aus dem Fenster seiner Unterkunft geflüchtet. Hierdurch habe er gezeigt, dass er sich der Abschiebung entziehen wolle, und zugleich Vorbereitungshandlungen vorgenommen, um sich der (erneuten) bevorstehenden Abschiebung zu entziehen.
III.
- 4
- Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG mit dem Feststellungsantrag nach § 62 FamFG statthafte und auch im Übrigen (§ 71 FamFG) zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Betroffene ist durch den die Haft anordnenden Beschluss des Amtsgerichts und die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts in seinen Rechten verletzt.
- 5
- 1. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht einen Verstoß des Amtsgerichts und des Beschwerdegerichts gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG), weil keine ausreichenden Ermittlungen zum Vorliegen eines Haftgrundes angestellt wurden.
- 6
- a) Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, müssen auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (BVerfGE 58, 208, 222; 70, 297, 308; NJW 1998, 1774, 1775; InfAuslR 2008, 358, 360; NJW 2009, 2659, 2662). Nach Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG hat der Richter die Verantwortung für das Vorliegen der Voraussetzungen der von ihm angeordneten oder bestätigten Haft zu übernehmen (BVerfGE 10, 302, 310; 83, 24, 33). Dazu muss er selbst die Tatsachen feststellen , die die Freiheitsentziehung rechtfertigen (BVerfGE 83, 24, 33; Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 204/09, NVwZ 2010, 1172 Rn. 26; Beschluss vom 15. September 2016 - V ZB 43/16, NVwZ 2016, 1824 Rn. 5).
- 7
- b) Die Haftanordnung des Amtsgerichts genügte den danach an die Sachverhaltsermittlung zu stellenden Anforderungen nicht. Der Antrag der beteiligten Behörde enthält keine Angaben dazu, wie und von wem festgestellt wurde, dass es sich bei der Person, die durch einen Sprung aus dem Fenster der Unterkunft geflohen ist, um den Betroffenen gehandelt hat. Das Amtsgericht hätte daher dessen Behauptung nachgehen müssen, er habe sich zur fraglichen Zeit nicht in seinem Zimmer aufgehalten, sondern bei seiner Freundin. Stattdessen hat es die Angaben der Behörde übernommen, ohne das Bestreiten des Betroffenen zu erwähnen.
- 8
- c) Dieser Verfahrensmangel ist durch das Beschwerdegericht nicht behoben worden (vgl. zu dieser Möglichkeit Senat, Beschluss vom 16. Juni2016 - V ZB 12/15, juris Rn. 21; Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 204/09, NVwZ 2010, 1172 Rn. 36).
- 9
- aa) In seiner Beschwerdeentscheidung nimmt es lediglich Bezug auf die Ausführungen des Amtsgerichts sowie auf Stellungnahmen der bei dem Abschiebungsversuch eingesetzten Beamten. Hierdurch konnte der Verfahrensmangel schon deswegen nicht behoben werden, weil das Beschwerdegericht den Inhalt dieser Stellungnahmen nicht wiedergibt und den Betroffenen hierzu auch nicht noch einmal angehört hat (vgl. zu diesem Erfordernis Senat, Beschluss vom 17. November 2016 - V ZB 90/16, juris Rn. 6 für die Heilung von Mängeln des Haftantrags).
- 10
- bb) Der Verfahrensmangel ist auch nicht durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts über den zutreffend als Anhörungsrüge ausgelegten Antrag des Betroffenen auf Fortsetzung des Verfahrens behoben worden. Zwar kann ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht aus § 26 FamFG grundsätzlich dadurch behoben werden, dass ein Gericht auf eine zulässige und begründete Anhörungsrüge hin das Verfahren nach § 44 Abs. 5 FamFG fortsetzt, die erforderlichen Ermittlungen nachholt und nach Gewährung rechtlichen Gehörs über die Beschwerde des Betroffenen neu entscheidet. In Freiheitsentziehungssachen ist dies aber ausgeschlossen, weil mit der Rechtsbeschwerde für den Betroffenen ein Rechtsmittel gegeben (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG) und die Anhörungsrüge daher - was das Beschwerdegericht übersehen hat - nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FamFG nicht statthaft ist. Zudem wurde der Mangel vorliegend schon deswegen nicht behoben, weil das Beschwerdegericht die Anhörungsrüge als unbegründet zurückgewiesen hat.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 EMRK analog. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 36 Abs. 3 GNotKG.Stresemann Brückner Weinland Kazele Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 18.11.2016 - 43 XIV 103/16 B -
LG Hannover, Entscheidung vom 02.12.2016 - 8 T 53/16 -
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(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.
(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.
(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:
- 1.
Kindergeld, - 2.
Kinderzuschlag, - 3.
Erziehungsgeld, - 4.
Elterngeld, - 5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, - 6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und - 7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.
(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:
- 1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19), - 2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und - 3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).
(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).
(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.
(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.
(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).
(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.
(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.
(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.
(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung, - 2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.
(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der
- 1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder - 2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).
(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn
- 1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will, - 2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
- a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht, - b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.
(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn
(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und - 2.
die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge); - 2.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben.
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
Tenor
-
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. Februar 2016 aufgehoben, soweit die Beschwerde für den Zeitraum ab dem 27. November 2015 zurückgewiesen worden ist.
-
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 4. November 2015 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat, soweit Sicherungshaft für den Zeitraum vom 27. November 2015 bis 2. Dezember 2015 angeordnet wurde.
-
Von den gerichtlichen Kosten trägt der Betroffene 4/5. Weitere gerichtliche Kosten werden nicht erhoben. Der Kreis Siegen-Wittgenstein trägt 1/5 der außergerichtlichen Kosten des Betroffenen. Im Übrigen trägt sie dieser selbst.
-
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
Gründe
-
I.
- 1
-
Der Betroffene, ein ghanaischer Staatsangehöriger, reiste am 1. Oktober 2014 in das Bundesgebiet ein. Sein Asylantrag wurde als unzulässig abgelehnt. Am 4. November 2015 wurde er in Frankfurt am Main festgenommen. Mit Beschluss vom selben Tag hat das Amtsgericht Haft zur Sicherung der Rücküberstellung nach Italien bis zum 2. Dezember 2015 angeordnet. Dagegen hat der Betroffene Beschwerde eingelegt und beantragt, die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung festzustellen. Im Nichtabhilfeverfahren erfuhr der Amtsrichter am 27. November 2015, dass die für den 24. November 2015 geplante Rücküberstellung des Betroffenen an dessen passiven Widerstand gescheitert war. Nachfolgend hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen, das Landgericht hat sie zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betroffene, der am 2. Dezember 2015 aus der Haft entlassen worden ist, seinen Feststellungsantrag weiter.
-
II.
- 2
-
Die mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthafte (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist nur zum Teil begründet. Der Betroffene ist durch den die Haft anordnenden Beschluss des Amtsgerichts in dem Zeitraum vom 27. November 2015 bis 2. Dezember 2015 in seinen Rechten verletzt. Bezogen auf den Zeitraum vom 4. November 2015 bis 26. November 2015 ist die Rechtsbeschwerde hingegen unbegründet.
- 3
-
1. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist rechtsfehlerhaft, soweit es die Haft für den Zeitraum vom 27. November 2015 bis 2. Dezember 2015 betrifft. Der Betroffene ist in seinen Rechten verletzt (§ 62 Abs. 1 FamFG), weil das Amtsgericht die Haft nicht aufgehoben hat, nachdem es Kenntnis von dem Scheitern der am 24. November 2015 vorgesehenen Rückführung erlangt hat.
- 4
-
a) Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Eine Haft zur Sicherung der Abschiebung darf nicht aufrecht erhalten werden, wenn sich ergibt, dass eine Zurückschiebung innerhalb des angeordneten Haftzeitraums nicht mehr durchgeführt werden kann (Senat, Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 110/13, juris Rn. 7). Ein die Freiheitsentziehung anordnender Beschluss ist deshalb in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen darauf zu untersuchen, ob der Grund für die Freiheitsentziehung entfallen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150 Rn. 27).
- 5
-
b) Ergeben sich nach Anordnung der Haft für das Gericht hinreichende Anhaltspunkte, dass die Voraussetzungen der Freiheitsentziehung möglicherweise nicht (mehr) vorliegen, hat es deshalb gemäß § 26 FamFG den Sachverhalt aufzuklären (vgl. Keidel/Budde, FamFG, 17. Aufl., § 426 Rn. 8). Das gilt auch für das Amtsgericht, das zu prüfen hat, ob es einer Beschwerde des Betroffenen abhilft (§ 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Unterlässt es das Gericht, in die gebotene Sachaufklärung einzutreten, verletzt die weitere Freiheitsentziehung den Betroffenen in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, Art. 104 GG (vgl. Senat, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - V ZB 69/13, Asylmagazin 2014, 138 Rn. 7; vgl. auch Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150 Rn. 27).
- 6
-
c) So ist es hier. Die beteiligte Behörde hat dem Amtsgericht am 27. November 2015 mitgeteilt, dass die Rücküberstellung des Betroffenen am 24. November 2015 gescheitert war. Das Amtsgericht hätte daraufhin die Grundlagen für die Fortdauer der Haft überprüfen müssen. Die Prognose am 27. November 2015 hätte ergeben, dass die Rücküberstellung des Betroffenen nicht mehr innerhalb der bis zum 2. Dezember 2015 befristeten Haftdauer erfolgen konnte. Da sich der Betroffene der Rücküberstellung entzogen hatte, war ein begleiteter Flug zu buchen. Es war abzusehen, dass das in der Kürze der Zeit nicht möglich sein würde. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts werden die Flugbuchungen in Nordrhein-Westfalen durch die Zentralstelle für Flugabschiebungen in Bielefeld durchgeführt. Zwischen Flugbuchung und Überstellungstermin ist eine Zeitspanne von zehn Werktagen einzurechnen, da das Bundesamt die italienischen Behörden von der anstehenden Rückführung in Kenntnis setzen muss.
- 7
-
d) Da die Haft nach Art. 28 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung der Sicherung der Rücküberstellung dient, darf sie nicht aufrechterhalten werden, wenn sich im Beschwerdeverfahren ergibt, dass eine Rückführung innerhalb des angeordneten Haftzeitraums nicht mehr durchgeführt werden kann. Eine mögliche, aber (noch) nicht angeordnete Haftverlängerung ist dabei nicht zu berücksichtigen. Die Aufrechterhaltung der angeordneten Sicherungshaft bis zu der Entscheidung über eine Haftverlängerung ist nämlich nicht zulässig. Sie dient dann nicht mehr unmittelbar der Sicherung der Rückführung. Eine nur mittelbare Sicherung dieses Zwecks sieht das Gesetz nicht vor (vgl. Senat, Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 110/13, juris Rn. 7 zur Zurückschiebungshaft nach § 57 Abs. 2 AufenthG; Beschluss vom 21. März 2013 - V ZB 122/12, juris Rn. 9 zur Abschiebehaft nach § 62 Abs. 3 AufenthG).
- 8
-
2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
-
Stresemann
Schmidt-Räntsch
Brückner
RiBGH Dr. Göbel ist infolge
Urlaubs an der Unterschrift
gehindert.
Karlsruhe, den 23. September 2016Die Vorsitzende
StresemannHaberkamp
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
(1) Auf die Rüge eines durch eine Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit der Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung an diesen Beteiligten kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch nicht anfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Auf die Rüge eines durch eine Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung oder eine andere Abänderungsmöglichkeit nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit der Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung an diesen Beteiligten kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Die Rüge ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Ist die Rüge nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch nicht anfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
Tenor
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Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 20. Februar 2015 und der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth - 18. Zivilkammer - vom 25. Februar 2015 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben.
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Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden dem Regierungsbezirk Mittelfranken auferlegt.
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Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
Gründe
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I.
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Der Betroffene ist serbischer Staatsangehöriger. Er reiste als Neunjähriger zusammen mit seinen Eltern 1999 in das Bundesgebiet ein. Nach Ablehnung des Asylantrags wurde die Familie nach Serbien abgeschoben. Im Oktober 2013 reiste der Betroffene mit Ehefrau und Kindern erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein. Der Asylantrag wurde mit Bescheid vom 31. März 2014 abgelehnt, die Abschiebung angedroht und der Betroffene aufgefordert, das Bundesgebiet binnen einer Woche zu verlassen. Am 19. Februar 2015 wurde der Betroffene erneut ohne Papiere im Bundesgebiet angetroffen.
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Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 20. Februar 2015 Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen bis zum 2. April 2015 angeordnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Der Betroffene ist am 1. April 2015 nach Serbien abgeschoben worden. Mit der Rechtsbeschwerde will er die Feststellung erreichen, durch die Haftanordnung und deren Aufrechterhaltung in seinen Rechten verletzt worden zu sein.
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II.
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Das Beschwerdegericht lässt dahinstehen, ob der von dem Amtsgericht bejahte Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG vorliegt, da jedenfalls der Haftgrund der unerlaubten Einreise gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erfüllt sei.
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III.
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Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Haftanordnung und die sie bestätigende Beschwerdeentscheidung sind rechtswidrig. Das Amtsgericht und das Beschwerdegericht haben nicht geprüft, ob die für die Anordnung von Haft notwendigen Vollstreckungsvoraussetzungen noch vorliegen. Für eine solche Prüfung bestand im Hinblick auf das Vorbringen des Betroffenen bei seiner Anhörung vor dem Haftrichter Anlass.
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1. Zu den von dem Haftrichter zu prüfenden Vollstreckungsvoraussetzungen gehört grundsätzlich das Vorliegen einer Abschiebungsandrohung nach § 59 AufenthG. Eine solche Androhung muss auch dann erfolgen, wenn der Ausländer gemäß § 14 AufenthG unerlaubt eingereist und deshalb nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig ist (Senat, Beschluss vom 14. Januar 2016 - V ZB 18/14 Rn. 7 mwN).
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2. Nach dem Kenntnisstand bei der Haftanordnung lag diese Voraussetzung allerdings vor. Der Haftantrag entsprach insbesondere dem sich aus § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG ergebenden Begründungserfordernis (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - V ZB 64/14, InfAuslR 2015, 60 Rn. 6), weil die Abschiebungsandrohung in dem dem Haftantrag beigefügten Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 31. März 2014 enthalten war und der Sachverhalt sich so darstellte, dass der Betroffene der Ausreiseaufforderung der Behörde nicht nachgekommen, sondern bis zu seinem erneuten Aufgreifen im Februar 2015 im Bundesgebiet untergetaucht war.
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3. Angesichts des Vorbringens des Betroffenen bei seiner Anhörung durch den Haftrichter, er sei im Juni 2014 mit seiner Familie freiwillig aus der Bundesrepublik ausgereist, hätten die Vorinstanzen jedoch prüfen müssen, ob die Abschiebungsandrohung vom 31. März 2014 tatsächlich Grundlage für die anzuordnende Haft sein konnte oder ob es einer erneuten Abschiebungsandrohung bedurfte.
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a) Eine Abschiebungsandrohung ist "verbraucht", wenn der Betroffene der Ausreiseaufforderung nachkommt und freiwillig in sein Heimatland zurückkehrt; sie wirkt nicht als vorsorgliche Androhung für den Fall einer erneuten unerlaubten Einreise fort. Reist der Betroffene später wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein, kann daher von einer nach § 59 AufenthG notwendigen Abschiebungsandrohung nicht unter Hinweis auf die früher ergangene Abschiebungsandrohung abgesehen werden (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Januar 2016 - V ZB 18/14, Rn. 9; Beschluss vom 1. Oktober 2015 - V ZB 44/15, InfAuslR 2015, 440 Rn. 7).
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b) Der Haftrichter und das Beschwerdegericht hätten daher im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) der Frage nachgehen müssen, ob die Angaben des Betroffenen über seine freiwillige Ausreise im Juni 2014 den Tatsachen entsprechen. Seine Angaben korrespondieren mit der Darstellung in dem Haftantrag, wonach der Betroffene und seine Familie nach Ablehnung des Asylantrages ab dem 5. Juni 2014 "amtlich" unbekannten Aufenthalts gewesen seien. Angesichts dessen hätte es nahe gelegen, durch Rückfrage bei der beteiligten Behörde oder durch Beiziehung der Ausländerakte (vgl. § 417 Abs. 2 Satz 3 FamFG) zu ermitteln, ob es Belege für die Ausreise des Betroffenen gibt. Die Rechtsbeschwerde weist in diesem Zusammenhang auf ein Schreiben des Landratsamtes H. vom 24. Juni 2014 hin, in dem dieses mitteilt, dass der Betroffene mit seiner Familie am 5. Juni 2014 freiwillig nach Serbien ausgereist sei. Hätte sich bei der gebotenen Sachaufklärung herausgestellt, dass der Betroffene im Juni 2014 tatsächlich in sein Heimatland zurückgekehrt und damit die Abschiebungsandrohung "verbraucht" war, wäre weiter zu prüfen gewesen, ob die beteiligte Behörde nach dem Aufgreifen des Betroffenen in Deutschland im Februar 2015 die erforderliche erneute Abschiebungsandrohung ausgesprochen hat.
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4. Das Rechtsbeschwerdegericht kann in der Sache selbst entscheiden (§ 74 Abs. 6 S. 1 FamFG). Aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Abschiebung des Betroffenen kann die fehlende Aufklärung nicht mehr nachgeholt werden, da hierfür auch die persönliche Anhörung des Betroffenen zu dem Ergebnis der Ermittlungen erforderlich wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 30. Juni 2011 - V ZB 274/10, InfAuslR 2011, 450 Rn. 29; Beschluss vom 6. Dezember 2012 - V ZB 218/11, InfAuslR 2013, 154 Rn. 16).
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IV.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 EMRK analog. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 36 Abs. 3 GNotKG.
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Stresemann Schmidt-Räntsch Weinland
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Göbel Haberkamp
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
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der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.
Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.
(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.
(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.