Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Okt. 2016 - V ZB 28/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:121016BVZB28.15.0
bei uns veröffentlicht am12.10.2016
vorgehend
Amtsgericht Frankfurt am Main, 934 XIV 76/15 B, 15.01.2015
Landgericht Frankfurt am Main, 29 T 15/15, 27.02.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/15
vom
12. Oktober 2016
in der Transitaufenthaltssache
ECLI:DE:BGH:2016:121016BVZB28.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Oktober 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richter Dr. Kazele, Dr. Göbel und Dr. Hamdorf

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. Februar 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

I.

1
Die Betroffene ist kenianische Staatsangehörige und wandte sich am 9. Dezember 2014 im Transitbereich des Frankfurter Flughafens an einen Beamten der beteiligten Behörde. Am 11. Dezember 2014 fand eine ergänzende Befragung der Betroffenen durch die beteiligte Behörde statt, wobei ein Asylbegehren festgestellt wurde. Die Betroffene wurde an die zuständige Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Asylantragstellung übergeben. Am 18. Dezember 2014 wurde die Betroffene gemäß § 18a AsylVfG angehört und von ihr ein Asylantrag gestellt. Diesen lehnte das Bun- desamt mit Bescheid vom 22. Dezember 2014 als offensichtlich unbegründet ab. Zugleich wurde die Betroffene aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Ein hiergegen gestellter Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wurde vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 5. Januar 2015 abgelehnt. Am 6. Januar 2015 ordnete das Amtsgericht den vorläufigen Aufenthalt der Betroffenen im Transitbereich bis zum 27. Januar 2015 an.
2
Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 15. Januar 2015 die Anordnung des Aufenthalts der Betroffenen in der Asylunterkunft auf dem Gelände des Frankfurter Flughafens bis zum 25. März 2015 verlängert. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde will die Betroffene, die am 5. März 2015 nach Nairobi überstellt worden ist, die Feststellung der Verletzung ihrer Rechte erreichen.

II.

3
Das Beschwerdegericht meint, die Voraussetzungen für die Anordnung der Zurückweisungshaft nach § 15 Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 AufenthG lägen vor. Im Besonderen sei das Beschleunigungsgebot in Haftsachen beachtet worden. Dass zwischen der Protokollierung des Asylantrages und der Befragung der Betroffenen durch das Bundesamt eine Woche gelegen habe, sei angesichts des dazwischenliegenden Wochenendes und des diesbezüglichen organisatorischen Aufwandes noch nicht unverhältnismäßig. Auch nach diesem Zeitpunkt liege ein Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz nicht vor.

III.

4
Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG mit dem Feststellungsantrag nach § 62 FamFG statthafte und auch im Übrigen (§ 71 FamFG) zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Auf der Grundlage der Feststellungen des Beschwerdegerichts kann eine Verletzung des Beschleunigungsgebots nicht verneint werden.
5
1. Das in Haftsachen zu beachtende Beschleunigungsgebot gilt auch für die den Aufenthalt des Ausländers auf den Transitbereich des Flughafens beschränkende Anordnung nach § 15 Abs. 6 AufenthG. Auch wenn der Transitaufenthalt wegen der Möglichkeit, auf dem Luftweg abzureisen, keine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 5 Abs. 1 EMRK darstellt , steht das Festhalten des Ausländers auf dem Flughafen nach einer gewissen Dauer und wegen der damit verbundenen Eingriffsintensität einer Freiheitsentziehung gleich. Der den über 30 Tage hinausgehenden Transitaufenthalt des Ausländers anordnende Haftrichter hat daher von Amts wegen zu prüfen , ob die Grenzbehörde die Zurückweisung ernstlich und gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit der größtmöglichen Beschleunigung betreibt Das Beschleunigungsgebot gebietet, dass der Betroffene unverzüglich nach seinem Einreiseversuch - und nicht ohne nachvollziehbare Gründe erst nach mehreren Tagen - befragt wird und dass die für die Zurückweisung erforderlichen Maßnahmen unverzüglich in die Wege geleitet werden (Senat, Beschluss vom 30. Juni 2011 - V ZB 274/10, FGPrax 2011, 315, Rn. 23 f. mwN).
6
2. Der pauschale Hinweis des Beschwerdegerichts darauf, dass der Zeitraum von einer Woche zwischen der Protokollierung des Asylgesuchs am 11. Dezember 2014 und der Befragung der Betroffenen durch das Bundesamt mit dem diesbezüglichen organisatorischen Aufwand und dem dazwischen lie- genden Wochenende zu erklären sei, trägt die Annahme, dem Beschleunigungsgebot sei Rechnung getragen worden, nicht. Den Feststellungen des Beschwerdegerichts lässt sich nicht entnehmen, welche organisatorischen Schritte zwischen dem 11. und dem 18. Dezember 2014 vorgenommen worden sind. Insbesondere bleibt offen, wann die Betroffene an das Bundesamt übergeben worden ist. Mit der von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen Stellungnahme der beteiligten Behörde im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, wonach das Bundesamt erklärt habe, dass ein Dolmetscher für Swahili nicht früher zur Verfügung gestanden habe und grundsätzlich nicht auf den Sprachmittler zurückgegriffen werde, der bereits bei der Bundespolizei eingesetzt worden sei, hat sich das Beschwerdegericht nicht befasst.

IV.

7
1. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben (§ 74 Abs. 5 FamFG). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da weitere Sachverhaltsermittlungen erforderlich sind, die der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht selbst treffen kann (§ 74 Abs. 3 Satz 3 FamFG i.V.m. § 559 ZPO). Die Sache ist daher an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG). Sollte sich erweisen, dass der Zeitraum vom 11. bis 18. Dezember 2014 erforderlich war, um einen weiteren Sprachmittler für Swahili heranzuziehen, wird zu prüfen sein, ob es sachgerechte Gründe dafür gab, nicht auf den Sprachmittler zurückzugreifen, der von der beteiligten Behörde eingesetzt worden war.
8
2. Der Zurückverweisung steht nicht entgegen, dass die Betroffene zwischenzeitlich nach Kenia rückgeführt wurde. Die gebotene Gewährung rechtlichen Gehörs zu den von dem Beschwerdegericht noch zu treffenden Feststellungen kann hier dadurch erfolgen, dass dem Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wird. Einer persönlichen Anhörung der Betroffenen (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 17. März 2016 - V ZB 39/15, juris Rn. 10; Beschluss vom 6. Dezember 2012 - V ZB 218/11, InfAuslR 2013, 154, Rn. 16) zu dieser Frage bedarf es nicht.

V.

9
Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 36 Abs. 3 GNotKG. Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele Göbel Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 15.01.2015 - 934 XIV 76/15 B -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 27.02.2015 - 2-29 T 15/15 -

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und
2.
die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge);
2.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben.

(1) Ein Ausländer, der unerlaubt einreisen will, wird an der Grenze zurückgewiesen.

(2) Ein Ausländer kann an der Grenze zurückgewiesen werden, wenn

1.
ein Ausweisungsinteresse besteht,
2.
der begründete Verdacht besteht, dass der Aufenthalt nicht dem angegebenen Zweck dient,
2a.
er nur über ein Schengen-Visum verfügt oder für einen kurzfristigen Aufenthalt von der Visumpflicht befreit ist und beabsichtigt, entgegen § 4a Absatz 1 und 2 eine Erwerbstätigkeit auszuüben oder
3.
er die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien nach Artikel 6 des Schengener Grenzkodex nicht erfüllt.

(3) Ein Ausländer, der für einen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit ist, kann zurückgewiesen werden, wenn er nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 und des § 5 Abs. 1 erfüllt.

(4) § 60 Abs. 1 bis 3, 5 und 7 bis 9 ist entsprechend anzuwenden. Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, darf nicht zurückgewiesen werden, solange ihm der Aufenthalt im Bundesgebiet nach den Vorschriften des Asylgesetzes gestattet ist.

(5) Ein Ausländer soll zur Sicherung der Zurückweisung auf richterliche Anordnung in Haft (Zurückweisungshaft) genommen werden, wenn eine Zurückweisungsentscheidung ergangen ist und diese nicht unmittelbar vollzogen werden kann. Im Übrigen ist § 62 Absatz 4 entsprechend anzuwenden. In den Fällen, in denen der Richter die Anordnung oder die Verlängerung der Haft ablehnt, findet Absatz 1 keine Anwendung.

(6) Ist der Ausländer auf dem Luftweg in das Bundesgebiet gelangt und nicht nach § 13 Abs. 2 eingereist, sondern zurückgewiesen worden, ist er in den Transitbereich eines Flughafens oder in eine Unterkunft zu verbringen, von wo aus seine Abreise aus dem Bundesgebiet möglich ist, wenn Zurückweisungshaft nicht beantragt wird. Der Aufenthalt des Ausländers im Transitbereich eines Flughafens oder in einer Unterkunft nach Satz 1 bedarf spätestens 30 Tage nach Ankunft am Flughafen oder, sollte deren Zeitpunkt nicht feststellbar sein, nach Kenntnis der zuständigen Behörden von der Ankunft, der richterlichen Anordnung. Die Anordnung ergeht zur Sicherung der Abreise. Sie ist nur zulässig, wenn die Abreise innerhalb der Anordnungsdauer zu erwarten ist. Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

23
a) Das Beschwerdegericht hat richtig erkannt, dass das in Haftsachen geltende Beschleunigungsgebot (dazu Senat, Beschlüsse vom 11. Juli 1996 - V ZB 14/96, BGHZ 133, 235, 239; vom 10. Juni 2010 - V ZB 204/09, NVwZ 2010, 1172, 1173 Rn. 21 und vom 18. August 2010 - V ZB 119/10, Rn. 18, juris) auch für die den Aufenthalt des Ausländers auf den Transitbereich des Flughafens beschränkende Anordnung nach § 15 Abs. 6 AufenthG gilt. Auch wenn der Transitaufenthalt wegen der Möglichkeit, auf dem Luftweg abzureisen, keine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 5 Abs. 1 EMRK darstellt, steht das Festhalten des Ausländers auf dem Flughafen nach einer gewissen Dauer und wegen der damit verbundenen Eingriffsintensität einer Freiheitsentziehung gleich (vgl. EGMR, InfAuslR 1997, 49, 51; Breitkreutz/Franßen-de la Cerda/Hübner, ZAR 2007, 341, 386). Der den über 30 Tage hinausgehenden Transitaufenthalt des Ausländers anordnende Haftrichter hat daher von Amts wegen zu prüfen, ob die Grenzbehörde die Zurückweisung ernstlich und gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit der größtmöglichen Beschleunigung betreibt (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 204/09, NVwZ 2010, 1172, 1173 Rn. 21).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 20. Februar 2015 und der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth - 18. Zivilkammer - vom 25. Februar 2015 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden dem Regierungsbezirk Mittelfranken auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

1

Der Betroffene ist serbischer Staatsangehöriger. Er reiste als Neunjähriger zusammen mit seinen Eltern 1999 in das Bundesgebiet ein. Nach Ablehnung des Asylantrags wurde die Familie nach Serbien abgeschoben. Im Oktober 2013 reiste der Betroffene mit Ehefrau und Kindern erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein. Der Asylantrag wurde mit Bescheid vom 31. März 2014 abgelehnt, die Abschiebung angedroht und der Betroffene aufgefordert, das Bundesgebiet binnen einer Woche zu verlassen. Am 19. Februar 2015 wurde der Betroffene erneut ohne Papiere im Bundesgebiet angetroffen.

2

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 20. Februar 2015 Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen bis zum 2. April 2015 angeordnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Der Betroffene ist am 1. April 2015 nach Serbien abgeschoben worden. Mit der Rechtsbeschwerde will er die Feststellung erreichen, durch die Haftanordnung und deren Aufrechterhaltung in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

II.

3

Das Beschwerdegericht lässt dahinstehen, ob der von dem Amtsgericht bejahte Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG vorliegt, da jedenfalls der Haftgrund der unerlaubten Einreise gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erfüllt sei.

III.

4

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Haftanordnung und die sie bestätigende Beschwerdeentscheidung sind rechtswidrig. Das Amtsgericht und das Beschwerdegericht haben nicht geprüft, ob die für die Anordnung von Haft notwendigen Vollstreckungsvoraussetzungen noch vorliegen. Für eine solche Prüfung bestand im Hinblick auf das Vorbringen des Betroffenen bei seiner Anhörung vor dem Haftrichter Anlass.

5

1. Zu den von dem Haftrichter zu prüfenden Vollstreckungsvoraussetzungen gehört grundsätzlich das Vorliegen einer Abschiebungsandrohung nach § 59 AufenthG. Eine solche Androhung muss auch dann erfolgen, wenn der Ausländer gemäß § 14 AufenthG unerlaubt eingereist und deshalb nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig ist (Senat, Beschluss vom 14. Januar 2016 - V ZB 18/14 Rn. 7 mwN).

6

2. Nach dem Kenntnisstand bei der Haftanordnung lag diese Voraussetzung allerdings vor. Der Haftantrag entsprach insbesondere dem sich aus § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG ergebenden Begründungserfordernis (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - V ZB 64/14, InfAuslR 2015, 60 Rn. 6), weil die Abschiebungsandrohung in dem dem Haftantrag beigefügten Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 31. März 2014 enthalten war und der Sachverhalt sich so darstellte, dass der Betroffene der Ausreiseaufforderung der Behörde nicht nachgekommen, sondern bis zu seinem erneuten Aufgreifen im Februar 2015 im Bundesgebiet untergetaucht war.

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3. Angesichts des Vorbringens des Betroffenen bei seiner Anhörung durch den Haftrichter, er sei im Juni 2014 mit seiner Familie freiwillig aus der Bundesrepublik ausgereist, hätten die Vorinstanzen jedoch prüfen müssen, ob die Abschiebungsandrohung vom 31. März 2014 tatsächlich Grundlage für die anzuordnende Haft sein konnte oder ob es einer erneuten Abschiebungsandrohung bedurfte.

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a) Eine Abschiebungsandrohung ist "verbraucht", wenn der Betroffene der Ausreiseaufforderung nachkommt und freiwillig in sein Heimatland zurückkehrt; sie wirkt nicht als vorsorgliche Androhung für den Fall einer erneuten unerlaubten Einreise fort. Reist der Betroffene später wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein, kann daher von einer nach § 59 AufenthG notwendigen Abschiebungsandrohung nicht unter Hinweis auf die früher ergangene Abschiebungsandrohung abgesehen werden (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Januar 2016 - V ZB 18/14, Rn. 9; Beschluss vom 1. Oktober 2015 - V ZB 44/15, InfAuslR 2015, 440 Rn. 7).

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b) Der Haftrichter und das Beschwerdegericht hätten daher im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) der Frage nachgehen müssen, ob die Angaben des Betroffenen über seine freiwillige Ausreise im Juni 2014 den Tatsachen entsprechen. Seine Angaben korrespondieren mit der Darstellung in dem Haftantrag, wonach der Betroffene und seine Familie nach Ablehnung des Asylantrages ab dem 5. Juni 2014 "amtlich" unbekannten Aufenthalts gewesen seien. Angesichts dessen hätte es nahe gelegen, durch Rückfrage bei der beteiligten Behörde oder durch Beiziehung der Ausländerakte (vgl. § 417 Abs. 2 Satz 3 FamFG) zu ermitteln, ob es Belege für die Ausreise des Betroffenen gibt. Die Rechtsbeschwerde weist in diesem Zusammenhang auf ein Schreiben des Landratsamtes H.        vom 24. Juni 2014 hin, in dem dieses mitteilt, dass der Betroffene mit seiner Familie am 5. Juni 2014 freiwillig nach Serbien ausgereist sei. Hätte sich bei der gebotenen Sachaufklärung herausgestellt, dass der Betroffene im Juni 2014 tatsächlich in sein Heimatland zurückgekehrt und damit die Abschiebungsandrohung "verbraucht" war, wäre weiter zu prüfen gewesen, ob die beteiligte Behörde nach dem Aufgreifen des Betroffenen in Deutschland im Februar 2015 die erforderliche erneute Abschiebungsandrohung ausgesprochen hat.

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4. Das Rechtsbeschwerdegericht kann in der Sache selbst entscheiden (§ 74 Abs. 6 S. 1 FamFG). Aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Abschiebung des Betroffenen kann die fehlende Aufklärung nicht mehr nachgeholt werden, da hierfür auch die persönliche Anhörung des Betroffenen zu dem Ergebnis der Ermittlungen erforderlich wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 30. Juni 2011 - V ZB 274/10, InfAuslR 2011, 450 Rn. 29; Beschluss vom 6. Dezember 2012 - V ZB 218/11, InfAuslR 2013, 154 Rn. 16).

IV.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 EMRK analog. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 36 Abs. 3 GNotKG.

Stresemann                        Schmidt-Räntsch                             Weinland

                        Göbel                                     Haberkamp

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4. Das Rechtsbeschwerdegericht kann in der Sache selbst entscheiden. Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 74 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Die Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) kann nach der Abschiebung des Betroffenen nicht mehr geheilt werden, wenn dieser sich - wie hier - zu dem Ergebnis der noch durchzuführenden weiteren Ermittlungen äußern können muss (vgl. Senat, Beschluss vom 30. Juni 2011 - V ZB 274/10, FGPrax 2011, 315, 317 Rn. 29).

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.