Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2017 - VI ZB 24/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:121217BVIZB24.17.0
bei uns veröffentlicht am12.12.2017
vorgehend
Landgericht Dresden, 6 O 1956/15, 03.02.2017
Oberlandesgericht Dresden, 4 U 412/17, 19.06.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 24/17
vom
12. Dezember 2017
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Rechtsmittelführer ist nur solange als an der fristgemäßen Einreichung der
Rechtsmittelbegründung gehindert anzusehen, wie ihm die Prozessakten trotz
eines rechtzeitigen Akteneinsichtsgesuchs nicht oder nicht vollständig zur Verfügung
stehen. Ein Antrag auf Akteneinsicht ist in diesem Zusammenhang nicht
schon deshalb als rechtzeitig gestellt anzusehen, weil er (gerade) noch vor Ablauf
der Rechtsmittelbegründungsfrist bei Gericht eingegangen ist (im Anschluss
an BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2012 - VIII ZB 95/11, WuM 2012,
159 Rn. 7 f.; vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 10/04, NJW-RR 2005, 143, 144 unter
II. A. 1).
BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2017 - VI ZB 24/17 - OLG Dresden
LG Dresden
ECLI:DE:BGH:2017:121217BVIZB24.17.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Dezember durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner und Offenloch, die Richterin Müller und den Richter Dr. Allgayer
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. Juni 2017 wird als unzulässig verworfen. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Beschwerdewert: 50.000,00 €

Gründe:


I.


1
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung in Anspruch. Sie hat gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts rechtzeitig Berufung eingelegt. Die Frist zur Berufungsbegründung ist antragsgemäß bis einschließlich 9. Mai 2017 verlängert worden. Mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin die nochmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen weiteren Monat beantragt und ausgeführt , sie lasse die Ausführungen der in erster Instanz angehörten Sachverständigen durch einen eigenen Gutachter prüfen, dessen Urteil noch ausstehe. Damit dieser eine wissenschaftliche fundierte Aussage treffen könne, beantrage sie zudem Akteneinsicht. Sie benötige Aufnahmen, die sich in der Gerichtsakte befinden müssten. Das Berufungsgericht hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die notwendige Einwilligung der Gegenseite zum zweiten Fristverlängerungsantrag nicht mitgeteilt worden sei. In ihrer Stellungahme dazu hat die Klägerin ausgeführt, dass ihr Schriftsatz zugleich als Wiedereinsetzungsantrag auszulegen sei. Hilfsweise beantrage sie erneut, ihr Wiedereinsetzung zu gewähren. An der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist sei sie unverschuldet gehindert gewesen, weil ihr bei Fristablauf die Prozessakte nicht zur Verfügung gestanden habe. Nach Gewährung von Akteneinsicht am 6. Juni 2017 hat die Klägerin die Berufung mit Schriftsatz vom 9. Juni 2017 begründet.
2
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist abgelehnt, den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungfrist könne nicht bewilligt werden, da der Klägerin das Verhalten ihrer Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen sei. Diese habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO die begehrte Fristverlängerung ausgesprochen werde. Ein Akteneinsichtsgesuch , das erst am letzten Tag der bereits einmal verlängerten Frist eingebracht werde, könne nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen, wenn sichergestellt sei, dass hierüber im normalen Geschäftsgang entschieden und sodann die Berufungsbegründung noch vor Fristablauf vorgelegt werden könne. Der Prozessbevollmächtigte dürfe sich nicht darauf verlassen, dass ein elektronisch eingegangener Schriftsatz ohne Hinweis auf eine Eilbedürftigkeit noch am selben Tag dem Vorsitzenden des Spruchkörpers vorgelegt und hierüber entschieden werde. Überdies sei angesichts der im Akteneinsichtsgesuch zum Ausdruck gebrachten Notwendigkeit, zunächst noch einen medizinischen Privatgutachter mit der Verfahrensakte zu befassen, auszuschließen, dass die Berufungsbegründung innerhalb der Frist hätte fertiggestellt werden können.
Schließlich ergebe sich aus der Berufungsbegründung nicht, inwieweit es für die Fertigung derselben einer Akteneinsicht bedurft hätte.

II.

3
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die Begründung der Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass die Ablehnung des Wiedereinsetzungsantrags im angefochtenen Beschluss die Klägerin in ihrem Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz verletzt.
4
1. Das Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gebietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren (st. Rspr., vgl. BVerfG [K], Beschluss vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 602/07, BVerfGK 11, 461, 463; zuletzt Senat, Beschluss vom 19. September 2017 - VI ZB 40/16, juris Rn. 6 jeweils mwN).
5
2. Davon ausgehend ist die Ablehnung des Wiedereinsetzungsantrags nicht zu beanstanden.
6
a) Ein Berufungsführer kann sich im Wiedereinsetzungsverfahren nur dann mit Erfolg auf sein Vertrauen in die Bewilligung der beantragten Fristverlängerung berufen, wenn er diese mit großer Wahrscheinlichkeit erwarten durfte (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2017 - VIII ZB 69/16, NJW 2017, 2041 Rn. 11; vom 9. Juli 2009 - VII ZB 111/08, NJW 2009, 3100 Rn. 8, 10 jeweils mwN).
7
b) Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Die Klägerin hat die gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderliche Einwilligung des Gegners nicht eingeholt. Sie hat zudem ein möglicherweise über die fehlende Einwilligung hinweg helfendes Akteneinsichtsgesuch nicht rechtzeitig gestellt.
8
aa) Der Prozessbevollmächtigte einer Partei hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und fristgerecht beim zuständigen Gericht eingeht (Senat, Beschluss vom 30. Mai 2017 - VI ZB 54/16, MDR 2017, 837 Rn. 16). Hierzu gehört auch, dass er mit der Bearbeitung einer Rechtsmittelbegründung so rechtzeitig beginnt , dass sie innerhalb der Frist fertiggestellt und dem Gericht übermittelt werden kann (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2012 - VIII ZB 95/11, WuM 2012, 159 Rn. 7 mwN). Grundsätzlich dürfen Fristen bis zum letzten Tag ausgeschöpft werden (Senat, Beschluss vom 16. März 2010 - VI ZB 46/09, NJW 2010, 1610 Rn. 10; BGH, Beschlüsse vom 16. Dezember 2015 - IV ZB 23/15, juris Rn. 13; vom 17. Januar 2012 - VIII ZB 95/11, WuM 2012, 159 Rn. 7 jeweils mwN). Falls die sachgerechte Bearbeitung nicht ohne Akteneinsicht möglich ist, reicht es aus, diese so rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zu beantragen , dass der bis zum Fristablauf verbleibende Zeitraum nach dem gewöhnlichen Verlauf zur Erstellung und Übermittlung der Rechtsmittelbegründung ausreicht (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2012 - VIII ZB 95/11, WuM 2012, 159 Rn. 7). Der Rechtsmittelführer ist daher nur solange als an der fristgemäßen Einreichung der Rechtsmittelbegründung gehindert anzusehen, wie ihm die Prozessakten trotz eines rechtzeitigen Akteneinsichtsgesuchs nicht oder nicht vollständig zur Verfügung stehen (BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2012 - VIII ZB 95/11, WuM 2012, 159 Rn. 7 f. zur Begründung der Berufung; vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 10/04, NJW-RR 2005, 143, 144 unter II. A. 1. zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde; offen BGH, Beschluss vom 7. Februar 2013 - V ZB 176/12, juris Rn. 14).
9
bb) Danach hat die Klägerin entgegen ihrer Auffassung den Antrag auf Akteneinsicht nicht schon deshalb rechtzeitig gestellt, weil dieser noch vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist bei Gericht eingegangen ist. Vielmehr hätte dies weiter vorausgesetzt, dass der bis zum Fristablauf verbleibende Zeitraum nach dem gewöhnlichen Verlauf zur Erstellung und Übermittlung der Rechtsmittelbegründung ausreicht. Die dazu vom Oberlandesgericht angeführten Erwägungen beanstandet die Klägerin nicht.
10
cc) Da mithin nicht davon auszugehen ist, dass die Klägerin rechtzeitig Akteneinsicht beantragt hat, kann offen bleiben, ob - wie die Klägerin unter Hinweis auf die allerdings ausschließlich die Revision betreffende Vorschrift des § 551 Abs. 2 Satz 6 Hs. 2 ZPO meint - bei deren Ausbleiben eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ohne Einwilligung des Gegners über die von § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO vorgesehene Frist hinaus in Betracht kommt (vgl. zum Ausbleiben der rechtzeitig beantragten Akteneinsicht als erheblicher Grund iSv § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO BGH, Beschlüsse vom 7. Februar 2013 - V ZB 176/12, juris Rn. 10; vom 21. Februar 2000 - II ZB 16/99, NJW-RR 2000, 947 f. unter II. 2.; siehe weiter BGH, Beschlüsse vom 26. Juli 2012 - III ZB 57/11, NJW-RR 2012, 1462 unter II. 2. a; vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 10/04, NJW-RR 2005, 143, 144 unter II. A. 1.; vom 17. Mai 2004 - II ZB 14/03, NJW-RR 2004, 1500, 1501 unter II. 2. b; vom 4. März 2004 - XI ZB 121/03, NJW 2004, 1742 unter 2.). Galke Wellner Offenloch Müller Allgayer
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 03.02.2017 - 6 O 1956/15 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 19.06.2017 - 4 U 412/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2017 - VI ZB 24/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2017 - VI ZB 24/17

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(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

6
1. Das Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gebietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren (st. Rspr. vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. April 2016 - VI ZB 7/15, VersR 2016, 1073 Rn. 8; vom 5. Juni 2012 - VI ZB 76/11, VersR 2013, 645 Rn. 5; BGH, Beschluss vom 7. März 2013 - I ZB 67/12, NJW-RR 2013, 1011 Rn. 6 jeweils mwN). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet.
11
a) Nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO kann die Frist zur Berufungsbegründung ohne Einwilligung des Gegners auf Antrag um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt. Zwar muss ein Berufungsführer grundsätzlich damit rechnen, dass der Vorsitzende des Berufungsgerichts in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist versagt. Daher kann er sich im Wiedereinsetzungsverfahren nur dann mit Erfolg auf sein Vertrauen in die Fristverlängerung berufen, wenn deren Bewilligung mit großer Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte (BGH, Beschlüsse vom 18. Juli 2007 - IV ZR 132/06, FamRZ 2007, 1808 Rn. 5; vom 9. Juli 2009 - VII ZB 111/08, NJW 2009, 3100 Rn. 8; jeweils mwN; vgl. ferner Senatsbeschlüsse vom 7. Oktober 1992 - VIII ZB 28/92, NJW 1993, 134 unter [III] 2 a; vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98, VersR 1999, 1559 unter [II] 2 a [jeweils zu § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO aF]).

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

16
aa) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört dabei die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig überprüft wird (st. Rspr.: siehe etwa Senatsbeschlüsse vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, VersR 2015, 339 Rn. 8; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, VersR 2012, 1009 Rn. 9; BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14, NJW 2015, 2041 Rn. 8; vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 8 f.; jeweils mwN). Zu diesem Zweck sind Fristenkalender so zu führen, dass auch eine gestrichene Frist noch erkennbar und bei der Endkontrolle überprüfbar ist. Diese allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleich mit dem Fristenkalender dient nicht alleine dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen im Fristenkalender noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern vielmehr auch dazu, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 10; vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, VersR 2000, 1564 Rn. 6 mwN). Deshalb ist dabei, ggf. anhand der Akten, auch zu prüfen, ob die im Fristenkalender als erledigt gekennzeichneten Schriftsätze tatsächlich abgesandt worden sind (Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2015 - VI ZB 15/15, NJW 2016, 873 Rn. 8).
7
Allerdings hat der Prozessbevollmächtigte einer Partei durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und fristgerecht beim zuständigen Gericht eingeht (BGH, Beschlüsse vom 13. Februar 2007 - VIII ZB 40/06, NJW 2007, 2559 Rn. 7; vom 2. Dezember 1996 - II ZB 19/96, NJW-RR 1997, 562 unter II; st. Rspr.). Hierzu gehört selbstverständlich auch, dass er mit der Bearbeitung einer Rechtsmittelbegründung so rechtzeitig beginnt, dass sie innerhalb der Frist fertiggestellt und dem Gericht übermittelt werden kann. Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten aber nicht verstoßen. Grundsätzlich dürfen Fristen bis zum letzten Tag ausgeschöpft werden (BVerfG, NJW 1991, 2076 mwN). Anhaltspunkte dafür, dass der bis zum Fristablauf verbleibende Zeitraum von drei Tagen nach dem gewöhnlichen Verlauf nicht zur Erstellung und Übermittlung der Berufungsbegründung ausgereicht hätte, sind nicht erkennbar. Insbesondere durfte der Prozessbevollmächtigte angesichts des Zeitablaufs seit Rechtsmitteleinlegung davon ausgehen, dass sich die Prozessakten beim Berufungsgericht befanden und ihm kurzfristig zur Verfügung gestellt werden konnten. Wie der weitere Ablauf zeigt, war die rechtzeitige Einsichtnahme nur deshalb nicht möglich , weil die Akten weder beim Berufungsgericht noch beim Amtsgericht greifbar waren; dies kann dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten nicht angelastet werden.
10
Entgegen den Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss gereicht es einer Partei auch nicht zum Verschulden, wenn ihr Prozessbevollmächtigter den Antrag auf Fristverlängerung erst am letzten Tag der Frist stellt und sich nicht fernmündlich nach der Entscheidung über den Verlängerungsantrag erkundigt. Eine Partei ist grundsätzlich berechtigt, eine Frist bis zum letzten Tag auszuschöpfen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - aaO; BVerfGE 69, 381, 385; BVerfG, NJW 2001, 812, 813 f.). Wenn mit einer Verlängerung der Frist gerechnet werden kann, besteht keine Notwendigkeit für eine Rückfrage bei Gericht vor Ablauf der Frist (vgl. BGH, aaO; BVerfG, NJW 1998, 3703 f.; NJW 2001, 812, 814). Auf die Hypothesen des Berufungsgerichts , was dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin wann hätte bekannt sein müssen und wie er darauf hätte reagieren können, kommt es darum nicht an.
13
Zwar darf ein Rechtsanwalt bei Erstellung und Übermittlung der Berufungsbegründung die ihm dafür eingeräumte Frist bis zur äußersten Grenze ausschöpfen (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 3. Mai 2011 - XI ZB 24/10, juris Rn. 9 m.w.N.). Ein Rechtsanwalt, der einen fristgebundenen Schriftsatz - wie hier - am letzten Tag der Frist einreichen will, muss aber sicherstellen, dass der Schriftsatz auf dem gewählten Übertragungsweg noch rechtzeitig vor Fristablauf bei Gericht eingeht. Das zur Fristwahrung Gebotene hat der Anwalt bei der Übermittlung des Schriftsatzes per Fax daher nur getan, wenn er mit der Übermittlung so rechtzeitig begonnen hat, dass unter gewöhnlichen Umständen mit ihrem Abschluss am Tage des Fristablaufs bis 24.00 Uhr hätte gerechnet werden können (BGH aaO; BVerfG, NJW 2000, 574). Will der Rechtsanwalt den Begründungsschriftsatz erst kurz vor Ablauf der Frist per Telefax übermitteln, muss er besonders darauf achten, dass bei der Übermittlung keine Fehler passieren (BGH, Beschluss vom 2. August 2006 - XII ZB 84/06, VersR 2007, 1581 Rn. 7 m.w.N.).
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Allerdings hat der Prozessbevollmächtigte einer Partei durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und fristgerecht beim zuständigen Gericht eingeht (BGH, Beschlüsse vom 13. Februar 2007 - VIII ZB 40/06, NJW 2007, 2559 Rn. 7; vom 2. Dezember 1996 - II ZB 19/96, NJW-RR 1997, 562 unter II; st. Rspr.). Hierzu gehört selbstverständlich auch, dass er mit der Bearbeitung einer Rechtsmittelbegründung so rechtzeitig beginnt, dass sie innerhalb der Frist fertiggestellt und dem Gericht übermittelt werden kann. Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten aber nicht verstoßen. Grundsätzlich dürfen Fristen bis zum letzten Tag ausgeschöpft werden (BVerfG, NJW 1991, 2076 mwN). Anhaltspunkte dafür, dass der bis zum Fristablauf verbleibende Zeitraum von drei Tagen nach dem gewöhnlichen Verlauf nicht zur Erstellung und Übermittlung der Berufungsbegründung ausgereicht hätte, sind nicht erkennbar. Insbesondere durfte der Prozessbevollmächtigte angesichts des Zeitablaufs seit Rechtsmitteleinlegung davon ausgehen, dass sich die Prozessakten beim Berufungsgericht befanden und ihm kurzfristig zur Verfügung gestellt werden konnten. Wie der weitere Ablauf zeigt, war die rechtzeitige Einsichtnahme nur deshalb nicht möglich , weil die Akten weder beim Berufungsgericht noch beim Amtsgericht greifbar waren; dies kann dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten nicht angelastet werden.
14
3. Deshalb muss die von dem Beklagten als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage nicht entschieden werden, ob der Berufungsführer so lange als an der fristgemäßen Einreichung der Rechtsmittelschrift gehindert anzusehen ist, wie ihm die Prozessakten trotz eines rechtzeitigen Antrags nicht zur Verfügung stehen. Die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist danach auch nicht zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

14
3. Deshalb muss die von dem Beklagten als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage nicht entschieden werden, ob der Berufungsführer so lange als an der fristgemäßen Einreichung der Rechtsmittelschrift gehindert anzusehen ist, wie ihm die Prozessakten trotz eines rechtzeitigen Antrags nicht zur Verfügung stehen. Die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist danach auch nicht zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 16/99
vom
21. Februar 2000
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. Februar 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht, die Richter Prof. Dr. Henze,
Dr. Kurzwelly, Kraemer sowie die Richterin Münke

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Kläger vom 23. August 1999 wird der Beschluß des 23. Zivilsenates des Kammergerichts vom 14. Juli 1999 aufgehoben. Den Klägern wird wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 9. Dezember 1998 (28 O 148/98 - LG Berlin) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Gegenstandswert: 270.900,-- DM.

Gründe:

I.

Gegen das ihnen am 7. Januar 1999 zugestellte erstinstanzliche Urteil haben die Kläger am 28. Januar 1999 Berufung eingelegt. Zugleich haben sie Akteneinsicht mit der Begründung beantragt, die Bevollmächtigten im Berufungsverfahren seien erst in diesem Verfahren beauftragt worden. Auf Antrag der Kläger ist die bis Montag, den 01. März 1999, laufende Berufungsbegründungsfrist um einen Monat und damit bis zum 1. April 1999 verlängert worden.
Mit dem Verlängerungsantrag haben die Kläger an den bis dahin nicht beschiedenen Antrag auf Akteneinsicht erinnert. Daraufhin wurde den Klägern zwar Akteneinsicht bewilligt, aber nicht tatsächlich gewährt. Auf Bitten des Prozeßbevollmächtigten der Kläger, ihm die Gerichtsakten zur Einsicht für drei Tage in seinen Kanzleiräumen zu überlassen, wurde ihm mitgeteilt, die Akteneinsicht könne derzeit wegen Versendung der Akten nicht gewährt werden. Am 25. März 1999 wurden dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger die Akten für drei Tage zur Einsicht in seiner Kanzlei überlassen. Sie gelangten am 30. März 1999 an das Kammergericht zurück. Mit Schriftsatz vom 6. April 1999, bei Gericht eingegangen am selben Tage, haben die Kläger die Berufung begründet. Nach Hinweis des Gerichts auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist haben die Kläger vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und hierzu die Kopie eines Schriftsatzes vom 25. März 1999, in dem um weitere Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 6. April 1999 gebeten wird, sowie eine Kopie des Postausgangsbuches vorgelegt, auf dem dieser Schriftsatz am 25. März 1999 als Postausgang notiert ist. Auf die Mitteilung des Gerichts, daß ihrem Verlängerungsantrag nicht entsprochen werden könne, weil dieser bisher nicht zu den Gerichtsakten gelangt sei, haben die Kläger eidesstattliche Versicherungen ihres Prozeßbevollmächtigten und seiner Fachgehilfin vorgelegt, nach denen der in Kopie vorgelegte Schriftsatz vom 25. März 1999 am selben Tag in einen Postbriefkasten eingeworfen worden ist. Dieser in Kopie vorliegende Schriftsatz enthält im Anschriftenfeld statt der richtigen Postleitzahl 10781 die Postleitzahl 14057 und s tatt des neuen Senatsaktenzeichens (23 U 800/99) das Aktenzeichen des bis Mitte März 1999 für den Rechtsstreit zuständigen Senats (19 U 800/99).
Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Kläger.

II.

Die rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde der Kläger hat in der Sache Erfolg. 1. Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger am 25. März 1999 einen Schriftsatz mit einem Verlängerungsantrag auf dem Postweg abgesandt hat. Die Kläger haben dies durch eidesstattliche Versicherungen ihres Prozeßbevollmächtigten und dessen Mitarbeiterin sowie durch Vorlage eines Auszuges aus dem Postausgangsbuch ihres Prozeßbevollmächtigten in Kopie glaubhaft gemacht. Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben spricht nicht, daß der Schriftsatz bis heute nicht zu den Gerichtsakten gelangt ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Schriftsatz entweder auf dem Postweg in Verlust geraten, von Bediensteten des Gerichts versehentlich in andere Akten eingeordnet worden oder auf andere Weise bei Gericht verlorengegangen ist. Dem steht nicht entgegen, daß der Schriftsatz eine unzutreffende Postleitzahl enthielt. Die weitergehenden Angaben in der Anschrift sind korrekt wiedergegeben. Unter diesen Umständen hat die unzutreffende Postleitzahl lediglich die vom Berufungsgericht zu Recht unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesgerichtshofes vom 15. April 1999 (IX ZB 57/98, Beschlußausfertigung S. 3 ff., 4/5) angesprochene Folge, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger nicht von einem Eingang des Schriftsatzes bei Gericht am nächsten Werktag
ausgehen konnte; er mußte vielmehr mit einigen Tagen Verzögerung rechnen. Einer solchen Verzögerung kann hier jedoch keine Bedeutung beigemessen werden, weil der Prozeßbevollmächtigte den Schriftsatz nicht kurzfristig, sondern eine Woche vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist abgesandt hat. 2. Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger durfte auch darauf vertrauen, daß seinem Verlängerungsantrag vom 25. März 1999 stattgegeben würde. Der Rechtsmittelkläger trägt zwar generell das Risiko dafür, daß der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist versagt ; demgemäß kann der Rechtsmittelführer im Wiedereinsetzungsverfahren grundsätzlich nicht mit Erfolg geltend machen, er habe mit der Fristverlängerung rechnen dürfen (st. Rspr., vgl. u.a. BGHZ 83, 217 ff., 222; BGH, Beschl. v. 11. November 1998 - VIII ZB 24/98, NJW 1999, 430). Etwas anderes gilt aber dann, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit mit der Bewilligung der Fristverlängerung gerechnet werden konnte (st. Rspr., vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 2. Februar 1983 - VIII ZB 1/83, NJW 1983, 1741; BGH, Beschl. v. 11. November 1998 - VIII ZB 24/98, NJW 1999, 430). Zwar ist das bisher nur für den Fall eines ersten Antrages auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist entschieden worden (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 4. Juli 1996 - VII ZB 14/96, NJW 1996, 3155). Das Berufungsgericht weist zu Recht darauf hin, daß es erheblichen Bedenken begegnet, diesen Grundsatz ohne Einschränkung auf einen weiteren Verlängerungsantrag zu übertragen; das würde letztlich zu einer Verwässerung der Regelung über die Rechtsmittelbegründungsfrist führen. Im vorliegenden Fall ist den Klägern jedoch ausnahmsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Denn es liegen außergewöhnliche,
von ihnen nicht zu vertretende Umstände vor, die den Prozeßbevollmächtigten der Kläger berechtigten, darauf zu vertrauen, daß seinem zweiten Verlängerungsantrag stattgegeben würde. Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger hatte bereits mit Einlegung der Berufung am 28. Januar 1999 Akteneinsicht beantragt. Diese ist ihm trotz mehrfacher Erinnerungen erst am 25. März 1999, also eine Woche vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist, gewährt worden. Dadurch wurde die Vorbereitung der Berufungsbegründung des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin erheblich behindert, weil er vor den Osterfeiertagen mit Arbeit überlastet war. Nur während der Feiertage konnte er das Verfahren in Ruhe bearbeiten und die Berufungsbegründungsschrift fertigstellen. Diesen Umständen mußte Rechnung getragen werden, um sicherzustellen, daß den Klägern ausreichendem Maße rechtliches Gehör gewährt wird. Dabei fiel auch ins Gewicht, daß eine wesentliche Verzögerung des Rechtsstreits nicht eintrat. Denn der Klägervertreter hatte nur eine Verlängerung um einen Werktag erbeten, so daß die Frist nicht am Gründonnerstag, sondern am Dienstag nach Ostern abgelaufen wäre. Der Umstand, daß der Gegenseite gemäß § 225 Abs. 2 ZPO rechtliches Gehör einzuräumen war, ändert an dieser Beurteilung nichts. Zum einen konnte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger darauf vertrauen, daß im Hinblick auf die Verzögerung der Akteneinsicht die Gewährung rechtlichen Gehörs für die Beklagte zügig (gegebenenfalls fernmündlich) erfolgte. Zum anderen war nicht zu erwarten, daß die Beklagte gewichtige Gründe gegen die beantragte Fristverlängerung um einen Werktag vorbringen würde. Solche Gründe hat die Beklagte in ihren Stellungnahmen zu dem Wiedereinsetzungsgesuch und der sofortigen Beschwerde der Kläger auch nicht dargelegt.
3. Vor diesem Hintergrund stellt es auch kein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Kläger dar, daß er sich vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht danach erkundigt hat, ob sein zweiter Verlängerungsantrag bei Gericht eingegangen und positiv beschieden worden war. Kann nämlich der Rechtsmittelkläger mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen, daß seinem Verlängerungsantrag stattgegeben wird, liefe eine solche Erkundigungspflicht auf die Verpflichtung hinaus, die Briefbeförderung zu überwachen, um die Fristwahrung sicherzustellen. Eine solche Sorgfaltspflicht obliegt dem Prozeßbevollmächtigten jedoch nicht (BVerfG, Beschl. v. 28. Februar 1989 - 1 BvR 649/88, NJW 1989, 1147; BGH, Beschl. v. 2. Februar 1983 - VIII ZB 1/83, NJW 1983, 1741; v. 12. März 1986 - VIII ZB 6/86, VersR 1986, 787/788). 4. Aufgrund der sofortigen Beschwerde war dem Wiedereinsetzungsgesuch der Kläger somit zu entsprechen.
Röhricht Henze Kurzwelly
Kraemer Münke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 57/11
vom
26. Juli 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der bloße Hinweis auf laufende Vergleichsverhandlungen reicht nicht aus,
um die gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO notwendige Einwilligung des Gegners
für eine weitere (zweite) Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist
darzutun.
BGH, Beschluss vom 26. Juli 2012 - III ZB 57/11 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2012 durch den Vizepräsidenten
Schlick sowie die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und
Dr. Remmert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Juli 2011 wird auf ihre Kosten verworfen.
Beschwerdewert: 208.250 €

Gründe:


I.


1
Unter Abweisung der auf den Ausgleich von Honorarforderungen gerichteten Klage im Übrigen ist die Beklagte in erster Instanz verurteilt worden, an die Klägerin 208.250 € nebst Zinsen zu zahlen, ihre Widerklage ist abgewiesen worden. Gegen dieses ihr am 1. März 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31. März 2011 Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung ist antragsgemäß bis zum 1. Juni 2011 verlängert worden mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass eine weitere Verlängerung nur mit Einwilligung des Gegners bewilligt werde. Am 31. Mai 2011 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den Antrag gestellt, diese Frist nochmals bis zum 1. Juli 2011 zu verlängern. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, die Parteien befänden sich derzeit noch in Vergleichsverhandlungen. Diesen Antrag hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts mit Verfügung vom 3. Juni 2011 zurückgewiesen, weil die nach § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO zwingend notwendige Einwilligung des Gegners nicht vorliege.
2
Unter dem 19. Juni 2011 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hilfsweise zu seinem Fristverlängerungsantrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Er hat geltend gemacht, dass die Klägerin am 23. Mai 2011 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet habe, dessen konkrete Formulierung noch gemeinsam habe abgestimmt werden sollen, eine Bindungsfrist sei dabei nicht vorgesehen gewesen. Den Klägervertreter habe er danach telefonisch mehrfach nicht erreicht, so dass er ihm am 14. Juni 2011 per Telefax mitgeteilt habe, die Beklagte sei mit dem Abschluss des Vergleichs einverstanden. Hierauf sei ihm mitgeteilt worden, die Klägerin habe sich lediglich bis zum 31. Mai 2011 an ihren Vorschlag gebunden gesehen.
3
Um das Berufungsverfahren fortzuführen, habe sich seine Mitarbeiterin am 31. Mai 2011 an die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts gewandt und dort erfahren, dass der Senatsvorsitzende erst am 3. Juni 2011 wieder zu erreichen sei; ihr sei außerdem mitgeteilt worden, eine Fristverlängerung werde bei Vergleichsgesprächen gewährt; dies gelte auch für den zweiten Verlängerungsantrag , es solle jedoch ein schriftlicher Antrag gestellt werden. Im Vertrauen hierauf sei dann die weitere Fristverlängerung beantragt und keine Rücksprache mehr mit dem Gericht und dem Klägervertreter gehalten worden.
4
Die Klägerin hat dem entgegengehalten, dass der Beklagte zu keinem Zeitpunkt um die Erteilung der Einwilligung zur Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nachgesucht habe; diese wäre auch verweigert worden, da die Klägerin keine weitere Verzögerung des Rechtsstreits habe dulden wollen. Im Übrigen sei den dem Beklagtenvertreter übersandten E-Mails, zuletzt am 30. Mai 2011, zu entnehmen gewesen, dass eine vergleichsweise (Vollstreckungs -)Regelung nur bei Zahlung des genannten Betrages bis zum 31. Mai 2011 in Betracht komme.
5
Mit Beschluss vom 7. Juli 2011 hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen.
6
Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.


7
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
8
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beruhe auf einem der Beklagten zuzurechnenden Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten. Dieser habe sich nicht auf die (angeblichen) Angaben der Justizbediensteten verlassen dürfen. Bereits in der Verlängerungsverfügung vom 3. Mai 2011 sei darauf hingewiesen worden, dass ohne Einwilligung des Gegners eine weitere Fristverlängerung nicht in Betracht komme. Abgesehen davon, dass sich der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin des Prozessvertreters der Beklagten nicht entnehmen lasse, mit welchem konkreten Inhalt sie "das Anliegen" gegenüber der Justizbediensteten vorgetragen habe, ließen deren Angaben auch nicht erkennen, worauf die Annahme beruhe, die Verlängerung der Frist werde bei Vergleichsgesprächen auch ohne Einwilligung des Gegners vorgenommen. Auch nach dem Verhalten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin habe kein Anlass bestanden, die Erteilung einer Einwilligung anzunehmen. Das der Beklagten unterbreitete Vergleichsangebot habe nach dem Vortrag der Klägerin eine sofortige Zahlung von 190.000 € bis spätestens 31. Mai 2011 vorgesehen. Der Beklagtenvertreter habe sich vor diesem Zeitpunkt nicht nochmals mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Verbindung gesetzt und auch die E-Mail vom 30. Mai 2011 nicht beantwortet. Ohne Rückfrage habe er deshalb nicht davon ausgehen können, dass die Klägerin mit einer nochmaligen Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist einverstanden sei. Unter diesen Umständen bestehe für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kein Raum.
9
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
10
Der angefochtene Beschluss verletzt die Beklagte weder in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch auf ausreichendes rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. April 2011 – VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051 Rn. 5 und vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 6).
11
Die Beklagte hat die verlängerte Frist zur Berufungsbegründung, die nur mit Einwilligung des Gegners erneut hätte verlängert werden können (§ 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO), versäumt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht die beantragte Wiedereinsetzung im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weil ein der Beklagten zuzurechnendes (§ 85 Abs. 2 ZPO) Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten vorliegt. Dieser durfte ohne Rücksprache mit dem Klägervertreter und Hinweis auch auf eine erteilte Einwilligung nicht darauf vertrauen, dass seinem am vorletzten Tag der bereits einmal verlängerten Frist zur Berufungsbegründung (bis zum 1. Juni 2011) gestellten Antrag allein aufgrund seines Hinweises auf Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien stattgegeben werde. Bereits in der gerichtlichen Verfügung vom 3. Mai 2011 war darauf hingewiesen worden, dass ohne Einwilligung des Gegners eine solche Verlängerung nicht mehr möglich sei.
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a) Nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO kommt eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist über einen Monat hinaus ohne Einwilligung des Gegners schon von Gesetzes wegen nicht in Betracht. Ob ausnahmsweise etwas anderes gelten kann, wenn die Zustimmung rechtsmissbräuchlich verweigert wird, kann dahinstehen; ein vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nicht vor (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - IX ZB 121/03, NJW 2004, 1742).
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aa) Vor Ablauf der (bereits einmal verlängerten) Berufungsbegründungsfrist hat weder der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den Gegner um die Erteilung der Einwilligung nachgesucht noch hat der Gegner von sich aus - et- wa im Zusammenhang mit dem Vergleichsangebot - vorab die Zustimmung erteilt oder auch nur die Bereitschaft hierzu zu erkennen gegeben. Insbesondere gab der Vergleichsvorschlag der Klägerin dem Beklagtenvertreter keinen hinreichenden Anlass, mit diesem Angebot zugleich eine Einwilligung in eine weitere Fristverlängerung zu verbinden. Auch wenn eine Abstimmung der konkreten Formulierung der beabsichtigten Vereinbarung beabsichtigt war, musste ihm bewusst sein, dass er diese prozessuale Voraussetzung besonders ansprechen und noch innerhalb laufender Frist herbeiführen musste. Nach dem Klägervorbringen , dem die Beklagte weder in dem Wiedereinsetzungsantrag noch sonst entgegengetreten ist, war ohnehin nur ein Vollstreckungsvergleich angeboten worden, zu dem sich der Beklagtenvertreter in einem Telefongespräch am 26. Mai 2011 nicht geäußert hatte. Zudem hat er auch den Erhalt einer E-Mail vom 30. Mai 2011 nicht in Abrede gestellt, in dem (nochmals) auf eine Zahlung bis 31. Mai 2011 ausdrücklich hingewiesen worden ist. Es lag damit auf der Hand, dass ohne eine solche vor Fristablauf erfolgte Zahlung der Vergleich wahrscheinlich scheitern würde und so die fristgerechte Einreichung einer Berufungsbegründungsschrift bei Gericht geboten war.
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bb) Hinzukommt, dass im Falle des § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO berechtigtes Vertrauen auf die Gewährung einer beantragten Fristverlängerung die Vollständigkeit des Antrags voraussetzt. Dazu gehört die Darlegung der Einwilligung des Gegners, wenn dieser sie nicht unmittelbar gegenüber dem Gericht erklärt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2005 - XI ZB 36/04, NJW-RR 2005, 865, 866 mwN). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss dies im Regelfall ausdrücklich geschehen. Ausnahmsweise kann auch eine konkludente Darlegung ausreichen. Dies ist der Fall, wenn sich die Einwilligung des Gegners zweifelsfrei aus dem Zusammenhang des Antrags mit zuvor gestellten Verlängerungsanträgen ergibt; also wenn etwa im Anschluss an voran- gegangene Verlängerungsgesuche, in denen unter Hinweis auf schwebende Vergleichsverhandlungen ausdrücklich die Einwilligung des gegnerischen Anwalts dargelegt wurde, ein weiterer Verlängerungsantrag mit dem Bemerken gestellt wird, "die Parteien" benötigten die (nochmalige) Fristverlängerung, um den Vergleich abschließend abzustimmen und zur Protokollierung im schriftlichen Verfahren vorzulegen (vgl. BGH, Beschluss 12. April 2006 - XII ZB 74/05, NJW 2006, 2192 Rn. 9).
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Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in seinem Antrag lediglich darauf hingewiesen, dass die Parteien sich derzeit noch in Vergleichsverhandlungen befänden. Dieses Vorbringen genügt nicht, um die Erteilung der Einwilligung des Gegners zur begehrten Fristverlängerung hinreichend darzutun. Denn allein die Erwähnung von bisher nicht bekannten Vergleichsverhandlungen gab dem Berufungsgericht keinen Anlass zur Mutmaßung, dass eine Einwilligung zwar eingeholt, jedoch im Fristverlängerungsantrag (versehentlich) nicht erwähnt worden sei.
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b) Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, jedenfalls aus den Angaben der Geschäftsstellenmitarbeiterin F. habe sich ein berechtigtes Vertrauen auf eine weitere Fristverlängerung ableiten lassen, kann auch dem nicht gefolgt werden. Nach der mit dem Wiedereinsetzungsgesuch vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Kanzleimitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Beklagten hatte ihr die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts mitgeteilt , bei Vergleichsgesprächen werde eine Fristverlängerung gewährt. Auf Nachfrage, ob das auch für den zweiten Verlängerungsantrag gelte, da hierzu normalerweise die Zustimmung der Gegenseite erforderlich sei, soll dies bestätigt worden sein. Diesen Angaben einer Geschäftsstellenbeamtin konnte und durfte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten jedoch nicht entnehmen, dass - entgegen der eindeutigen Gesetzeslage - bei Vergleichsgesprächen in jedem Fall eine zweite Fristverlängerung gewährt werde, und zwar auch dann, wenn der Gegner hierzu seine Einwilligung nicht erteilt hat. Vielmehr hätte sich in dieser Situation (zumindest) der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bei Abwesenheit des Senatsvorsitzenden selbst an dessen Stellvertreter oder den Berichterstatter wenden und weiter kundig machen müssen. Das ist nicht geschehen.
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3. Nach alledem ist die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht verweigert und die Berufung als unzulässig verworfen worden.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Remmert
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 01.02.2011 - 6 O 273/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.07.2011 - I-10 U 56/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 14/03
vom
17. Mai 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Versäumung der Berufungsbegründungsfrist, weil ein Prozeßbevollmächtigter
erst am Tage ihres Ablaufs das Fehlen einer an das Berufungsgericht
"mit der Bitte um Rückgabe" übersandten Abschrift des angefochtenen
Urteils bemerkt hat, ist regelmäßig nicht unverschuldet i.S. von § 233 ZPO.

b) Zum Umfang der Darlegungslast bei einem auf Erkrankung des Prozeßbevollmächtigten
gestützten Wiedereinsetzungsantrag.
BGH, Beschluß vom 17. Mai 2004 - II ZB 14/03 - OLG Köln
LG Aachen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 17. Mai 2004 durch
die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Münke, Dr. Strohn und Caliebe

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. April 2003 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 75.000,00 €

Gründe:


I. Der Kläger hat gegen das am 12. Dezember 2002 zugestellte Urteil des Landgerichts, durch das seine Klage in einer gesellschaftsrechtlichen Streitigkeit abgewiesen worden ist, rechtzeitig Berufung eingelegt und eine Ausfertigung des erstinstanzlichen Urteils "mit der Bitte um Rückgabe" beigefügt. Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2003 beantragte er durch seinen - bereits in 1. Instanz mit der Sache befaßten - Prozeßbevollmächtigten, RA Prof. Dr. S., eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12. März 2003 mit der Begründung: "Wegen Arbeitsüberlastung war es bisher leider nicht möglich, die schwierige Angelegenheit mit der nötigen Sorgfalt zu durchdenken". Nach antragsgemäßer Fristverlängerung beantragte er mit Telefax vom 12. März 2003 eine erneute Verlängerung bis 12. April 2003 mit der Begründung, bei Vorlage der Akte am 12. März sei festgestellt worden, daß sich darin kein
Exemplar des erstinstanzlichen Urteils mehr befunden habe, weil die mit der Berufungsschrift übersandte Ausfertigung entgegen seiner Bitte von dem Berufungsgericht nicht zurückgesandt worden sei. Mit gleicher Begründung beantragte RA Prof. Dr. S. am 13. März 2003 "vorsorglich" Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist, nachdem er zuvor - auf telefonischen Hinweis der Senatsvorsitzenden des Berufungsgerichts - die Beklagten erfolglos um Zustimmung zu der primär beantragten Fristverlängerung ersucht hatte. Am 25. März 2003 beantragte der (in A. ansässige ) RA Prof. Dr. S. erneut Wiedereinsetzung, wobei er nunmehr anwaltlich versicherte, es sei ihm wegen einer Augenerkrankung in den Tagen vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist unmöglich gewesen, Akten zu bearbeiten. Er habe sich deshalb an einen Spezialisten von der C. in B. gewandt, der ihn mit einer - zur Glaubhaftmachung vorgelegten - E-Mail vom 12. März 2003 unter dem Betreff "Re: Hornhautdystrophie" zu einer eventuell in Frage kommenden Laser-Behandlung in seine Privatsprechstunde gebeten habe. Durch Beschluß vom 11. April 2003 hat das Berufungsgericht - nach vorheriger Ablehnung der beantragten Fristverlängerung - die Berufung des Klägers unter Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsantrages als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.
II. Die gemäß §§ 238 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Es handelt sich um eine der Verallgemeinerung nicht zugängliche Einzelfallentscheidung. Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe nicht dar-
getan oder jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, daß sein Prozeßbevollmächtigter , dessen Verschulden er sich zurechnen lassen müsse (§ 85 Abs. 2 ZPO), an der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist unverschuldet gehindert gewesen sei (§§ 233, 236 Abs. 2 Satz 1, 294 ZPO), überspannt unter den vorliegenden Umständen auch nicht die an einen Wiedereinsetzungsgrund zu stellenden Anforderungen.
1. Soweit der Kläger sich darauf beruft, daß sein Prozeßbevollmächtigter wegen des ihm fehlenden erstinstanzlichen Urteils an der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist gehindert gewesen sei, führt das nicht zum Erfolg. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, versteht es sich von selbst, daß ein pflichtbewußter Anwalt sich nicht der Unterlagen begibt, die er zur Fertigung einer Berufungsbegründung benötigt. Unverständlich ist daher schon, daß RA Prof. Dr. S. von den beiden in seinem Besitz befindlichen Urteilsabschriften eine an den Kläger und die andere an das Gericht übersandte, ohne sich eine Kopie für seine Handakten zu fertigen. Das gilt um so mehr, als seine gegenüber dem Gericht geäußerte floskelhafte "Bitte um Rückgabe" nicht erkennen ließ, daß er unverzügliche Rückgabe erwartete und hierauf zur Fertigung der Berufungsbegründung angewiesen sei, zumal er in der Berufungsschrift die Durchführung der Berufung ausdrücklich noch als offen bezeichnet hat. Ob unter diesen Umständen überhaupt ein Mitverschulden des Gerichts an der Fristversäumung anzunehmen ist, erscheint mehr als fraglich, kann aber dahinstehen, weil ein Verschulden des RA Prof. Dr. S. an der Fristversäumung dadurch weder ausgeschlossen würde (vgl. BGH, Urt. v. 5. April 1990 - VII ZR 215/89, BGHR ZPO § 233 - Verschulden 5; Beschl. v. 4. Februar 1992 - X ZB 18/91, NJW 1992, 1700; Beschl. v. 16. Juni 1994 - V ZB 12/94, NJW 1994, 2299; Beschl. v. 19. Oktober 1994 - I ZB 7/94, NJW-RR 1995, 574, 575; Urt. v. 6. Mai 1999 - VII ZR 396/98, VersR 2000, 515 f.) noch bei wertender Betrachtung in den
Hintergrund träte (vgl. Sen.Beschl. v. 26. April 2004 - II ZB 6/03 z.V.b.). Die bisher fehlende Rücksendung der an das Berufungsgericht übersandten Urteilsausfertigung hätte RA Prof. Dr. S. bereits auffallen und ihn zu einem "Nachhaken" veranlassen müssen, als er seinen ersten - mit der Schwierigkeit der Sache begründeten - Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist vom 10. Februar 2003 stellte und ihm die Akten zu diesem Zweck vorgelegt wurden. Er konnte sich unter den gegebenen Umständen nicht ohne eigenes Zutun darauf verlassen, daß ihm die Urteilsausfertigung irgendwann doch noch rechtzeitig vor Ablauf der ggf. verlängerten Berufungsbegründungsfrist zugehen werde. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handelt es sich hier nicht um die Perpetuierung eines anwaltlichen Fehlers durch rechtsfehlerhaftes Unterlassen eines Gerichts (dazu BVerfG, Beschl. v. 12. August 2002 - 1 BvR 399/02, NJW 2002, 2937), sondern umgekehrt um die Perpetuierung eines Unterlassens des Gerichts durch einen anwaltlichen Fehler. Nach allem hat es der Prozeßbevollmächtigte des Klägers zumindest überwiegend selbst zu vertreten, daß ihm bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist keine Urteilsabschrift zur Verfügung stand.
2. Das von RA Prof. Dr. S. zu vertretende Fehlen der Urteilsabschrift stünde einer Wiedereinsetzung gemäß § 233 ZPO allerdings dann nicht entgegen , wenn er ohnehin aus einem anderen Grund, nämlich wegen der von ihm angegebenen Augenerkrankung (Hornhautdystrophie), unverschuldet gehindert war, die Frist einzuhalten (vgl. Zöller/Greger, ZPO 24. Aufl. § 233 Rdn. 22 a m.w.N.).

a) Das Berufungsgericht hat dies nicht für hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht erachtet. Dabei hat es - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht die Erkrankung als solche, sondern die mit ihr begrün-
dete "Unmöglichkeit der Aktenbearbeitung" deshalb in Zweifel gezogen, weil der Klägervertreter sich weder in seinem Fristverlängerungsantrag vom 12. März 2003 noch in seinem ersten Wiedereinsetzungsantrag vom 13. März 2003 noch in der verspätet eingereichten Berufungsbegründung vom 17. März 2003 hierauf berufen, sondern diesen angeblichen Hinderungsgrund erst nachträglich - nach Stellungnahmen der Gegenseite - mit seinem erneuten Wiedereinsetzungsgesuch vom 25. März 2003 geltend gemacht hat, obwohl in Anbetracht des drohenden Rechtsmittelverlustes aller Anlaß bestanden hätte, den angeblich zwingenden Hinderungsgrund, hätte er vorgelegen, sogleich vorzutragen. Weiter hat das Berufungsgericht zu Recht substantiierte Angaben über die Art und das Ausmaß der behaupteten Sehstörungen vermißt und darauf hingewiesen, daß die in der E-Mail des B. Arztes verwendete Bezeichnung "Hornhautdystrophie" (erbliche Hornhauttrübung; vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl.) eine gravierende, zur Unmöglichkeit der Aktenbearbeitung führende Sehstörung nicht belege, zumal Prof. Dr. S. im weiteren Verlauf zur Fertigung von Schriftsätzen durchaus in der Lage gewesen sei.
Insgesamt handelt es sich insoweit nicht um Fragen i.S. von § 574 Abs. 2 ZPO, sondern um die richterliche Würdigung des Klägervorbringens im Rahmen von § 294 ZPO, bei der dem Berufungsgericht keine grundrechtsrelevanten Fehler unterlaufen sind. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers muß das Gericht eine anwaltliche Versicherung nicht ungeprüft hinnehmen, sondern hat sie daraufhin zu prüfen und zu würdigen, ob ihr Inhalt in Anbetracht der sonstigen Umstände des Einzelfalls überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. BGH, Beschl. v. 5. Mai 1976 - IV ZB 49/75, VersR 1976, 928; Zöller/Greger aaO § 294 Rdn. 6).

b) Davon abgesehen bliebe selbst unter Zugrundelegung des Klägervorbringens unklar, ob die angebliche Unfähigkeit des RA Prof. Dr. S. zur Aktenbearbeitung "in den Tagen vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist" auch noch am Tage ihres Ablaufs (12. März 2003) anhielt. Dagegen spricht sein - (nur) auf das Fehlen der Urteilsabschrift gestützter - Fristverlängerungsantrag von diesem Tage. Mit einem Erfolg dieses Antrags ohne Zustimmung der Gegenseite konnte er gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht rechnen. Daß er an diesem Tag gesundheitlich (noch) nicht in der Lage gewesen wäre, statt des erwartbar erfolglosen Fristverlängerungsantrages die verspätet eingereichte, dreiseitige Berufungsbegründung zu fertigen, ist nicht dargetan. Offen ist weiter, ob die anscheinend in den Tagen davor akut aufgetretene Krankheitsphase vorhersehbar zum ersten oder aber zum wiederholten Mal (rezidivierend) aufgetreten ist und RA Prof. Dr. S. es versäumt hat, rechtzeitig für einen Vertreter zu sorgen (vgl. Sen.Beschl. v. 26. Februar 1996 - II ZB 7/95, NJW 1996, 1540). Gegen eine erstmalige Krankheitsphase spricht, daß Prof. Dr. S. sich nicht an einen ortsansässigen Augenarzt in A., sondern an einen Professor für Augenheilkunde in B. gewandt hat und diesem die Diagnose des Grundleidens offenbar bekannt war. Offen ist schließlich, ob Prof. Dr. S. die Zustimmung der Beklagten zu einer nochmaligen Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hätte erreichen können, wenn er sich mit deren Anwälten bei Beginn seiner Krankheitsphase unter Hinweis auf diese ins Benehmen gesetzt hätte. All diese Unklarheiten gehen zu Lasten des Klägers, weil er gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO das Fehlen eines (ihm zuzurechnenden) Verschuldens seines Anwalts an der Fristversäumung darzulegen und glaubhaft zu machen hat. Bleibt die Möglichkeit einer verschuldeten Fristversäumung offen, kann Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand nicht gewährt werden (BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1995 - I ZB 15/95, NJW 1996, 319; Zöller/Greger aaO § 233 Rdn. 22 c m.w.N.).
Goette Kraemer Münke
Strohn Caliebe