Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2016 - VI ZR 377/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:130916BVIZR377.14.0
bei uns veröffentlicht am13.09.2016
vorgehend
Landgericht Darmstadt, 27 O 140/08, 19.12.2008
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 12 U 15/09, 14.08.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 377/14
vom
13. September 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:130916BVIZR377.14.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Wellner, Stöhr, die Richterinnen von Pentz und Dr. Oehler

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. August 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klageanträge Ziff. 1 und 2 der Klägerin in Höhe von 182.001,86 € (Antrag Ziff. 1) und von 180.362,72 € (Antrag Ziff. 2) abgewiesen worden sind. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die weitergehende Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin und die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten werden zurückgewiesen. Der Gegenstandswert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 1.556.528,87 € festgesetzt. Hiervon entfallen auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin 474.189,60 €, auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten 1.082.339, 27 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin verlangt vom Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer der Schädigerin Ersatz des Schadens aus einem Unfall vom 27. Juni 2001. Die Versicherungsnehmerin der Beklagten überfuhr die damals 36jährige, auf dem Gehweg stehende Mutter von zwei Kindern. Infolge des Unfalls erlitt die Klägerin eine hohe Querschnittslähmung (Tetraplegie). Sie ist seither im höchsten Maße hilfs- und pflegebedürftig und wird in einem behindertengerechten Eigenheim durch einen Pflegedienst täglich 24 Stunden betreut. Eine bei der Klägerin diagnostizierte autonome Dysreflexie macht ein schnelles Eingreifen und Fremdkatheterisieren durch Pflegepersonal notwendig. Zwischen den Parteien ist allein die Höhe des Schadensersatzes - Pflegekosten und Haushaltsführungsschaden - streitig.
2
Die vom Pflegedienst seit 2002 abgerechneten Pflegekosten für die Klägerin beliefen sich abzüglich der Leistungen der Pflegekasse monatlich auf rund 13.500 €. Bis März 2004 zahlte die Beklagte die abgerechneten Kosten. Im September 2004 teilte der Pflegedienst der Klägerin mit, dass die Beklagte die weitere Kostenübernahme in dieser Höhe ablehne. Die Klägerin erhob Klage und erstritt zeitgleich den Erlass einer einstweiligen Verfügung, wonach der Beklagten aufgegeben wird, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens die monatlichen Rechnungen des Pflegedienstes zu begleichen. Dem kommt die Beklagte nach.
3
Die Klägerin trägt vor, sie sei zu ihrer persönlichen Betreuung und Pflege auf eine 24-Stunden-Pflege angewiesen. Darüber hinaus macht sie einen Haushaltsführungsschaden von 1.225 € monatlich geltend.
4
Nach Auffassung der Beklagten ist der Betreuungsbedarf der Klägerin weitaus niedriger. Gleiches gelte für den Haushaltsführungsschaden. Sie beruft sich zudem auf eine versicherungsvertraglich vereinbarte Haftpflichthöchstsumme von 7,5 Mio. €.
5
Das Landgericht hat der am 14. September 2004 eingereichten Klage mit Urteil vom 19. Dezember 2008 stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten und Anschlussberufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht durch Urteil vom 14. August 2014, das in Juris veröffentlich ist, das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert. Es hat nach Erledigungserklärung festgestellt, dass der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum von April 2004 bis Oktober 2010 Schadensersatz in Höhe von 753.260 €unter Zugrundelegung eines Tagessatzes für Pflegeleistungen in Höhe von 420 € zugestanden habe(anstelle geltend gemachter 1.115.624 €). Weiter hat das Berufungsgericht die Ein- standspflicht der Beklagten für künftigen materiellen Schaden, insbesondere für Pflege und Haushaltsführung, beschränkt auf die Haftpflichtdeckungssumme von 7,5 Mio. € festgestellt. Die Klage betreffend den Haushaltsführungsschaden für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 30. November 2010 hat das Berufungsgericht in der Sache abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen richten sich die von beiden Parteien erhobenen Nichtzulassungsbeschwerden.

II.

6
1. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei verpflichtet, den durch die Behinderung der Klägerin verursachten Mehrbedarf durch eine Geldrente auszugleichen (§ 7 StVG, §§ 843 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB).
7
Die Bestimmung der Höhe des Pflegegeldes liege im tatrichterlichen Ermessen Die Klägerin könne für die streitgegenständlichen Zeiträume einen durchschnittlichen Stundensatz von 17,50 €, somit einen Tagessatz von 420,00 € beanspruchen. Die Klägerin lebe in einem Haus mit ihrer Familie und wolle dies auch so beibehalten. Das hier durchgeführte Modell einer "Rundum"Pflege nur einer Person durch mehrere bezahlte Pflegekräfte unter Übertragung auch des Organisationsaufwandes auf einen ebenfalls bezahlten Pflegedienst sei allerdings wirtschaftlich weit ungünstiger als eine ebensolche Pflege in einem dafür eingerichteten Pflegeheim und auch teurer als das Modell des eigenen Budgets, bei dem die Anstellung und Koordination der Pflegekräfte durch den Verletzten oder dessen Angehörige vorgenommen werde und die Gewinnspanne und die Verwaltungskosten des Pflegedienstes entfielen. Allenfalls seien Kosten einer zusätzlichen Mühewaltung gegenüber den Angehörigen angemessen auszugleichen. Der Wiederherstellungsgrundsatz gelte nicht uneingeschränkt. Er werde dadurch begrenzt, dass erstattungsfähig nur Dispositionen seien, die ein verständiger Geschädigter in der gegebenen Lage treffen würde. Die persönliche Lebensgestaltung finde zudem eine Einschränkung durch das Zumutbarkeitskriterium gegenüber der Versichertengemeinschaft, § 254 BGB. Organisationskosten oder Gewinnmargen des Pflegedienstes könnten angesichts der wesentlich günstigeren Möglichkeiten einer Organisation der Pflege in einem Heim oder auch der Möglichkeit eines persönlichen Budgets bei eigener Organisation einer häuslichen Pflege nicht verlangt werden. Die Tochter der Klägerin sei als Diplombetriebswirtin in einer Personalabteilung, der Sohn als Verkaufssachbearbeiter tätig. Beide Kinder besäßen durch ihre Berufstätigkeit Verwaltungserfahrung. Die Haltung der Klägerin, jede Unterstützung ihrer Kinder , also auch die Unterstützung bei der Anstellung eigener Pflegekräfte, für unzumutbar zu halten, widerspreche dem anzulegenden Maßstab der Entscheidungen eines vernünftigen Geschädigten und sei der Versichertenge- meinschaft bei der Gegenüberstellung erheblich geringerer Heimkosten nicht zumutbar. Der Senat halte es für lebensnah, dass sich die im Haus der Klägerin wohnenden Kinder einem Wunsch ihrer schwer beeinträchtigten Mutter, sie bei der Organisation eines Pflegedienstes zu unterstützen, nicht weiter verschließen würden. Dem Nachteil, dass die Klägerin selbst für die Funktionsfähigkeit ihres Pflegearrangements verantwortlich sei, würde der Vorteil eines größeren Verhandlungsspielraums und auch der Einsparung von Organisationskosten und Gewinnmargen gegenüberstehen. Qualitätssicherung sei auch bei der von der Klägerin gewählten Betreuung durch einen professionellen Pflegedienst nicht grundsätzlich gewährleistet. Konkret habe die Sachverständige derzeit eine fehlende Ordnung der pflegerischen Interaktion gerügt, kaum erkennbare geplante, problemorientierte oder präventive Aktionen auf Grund pflegerischen Sachverstandes genannt, ein nur standardisiertes Vorgehen, kein logisches Ineinandergreifen pflegerischen Handelns bei teils seit Jahren erkennbaren Problemlagen, einen mangelnden Aushandlungsprozess zwischen Pflegekraft und Betroffener und eine zeitweise "klassische Überversorgung" der Klägerin festgestellt.
8
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat teilweise Erfolg und führt gem. § 544 Abs. 7 ZPO zur Teilaufhebung des angegriffenen Urteils, soweit die Klage hinsichtlich der Pflegekosten abgewiesen worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
9
Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht bei der Bestimmung der zu ersetzenden Pflegekosten eine mit Art. 103 Abs. 1 GG nicht vereinbare Überraschungsentscheidung getroffen hat, indem es ohne vorherigen Hinweis bei seiner Schätzung gem. § 287 ZPO auf eine eigene Organisation der Pflegeleistungen durch die Klägerin bzw. deren Kinder abgestellt hat, und das Urteil somit auf einem Gehörsverstoß beruht.
10
a) Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (BVerfGE 84, 188, 189 f.; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 - IV ZR 122/13, VersR 2014, 398, 399; Beschluss vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 188/12, Juris Rn. 7; Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJWRR 2006, 937). Diese in Art. 103 Abs. 1 GG normierte Gewährleistung stellt eine Ausprägung des Rechtsstaatsgedankens für das gerichtliche Verfahren dar. Hieraus folgt insbesondere, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder ein Beweisantritt erforderlich wäre (BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937, 938; vom 10. Juli 2012 - II ZR 212/10, NJW 2012, 3035 Rn. 6). Zwar bedarf es trotz güns- tiger erstinstanzlicher Entscheidung keines gerichtlichen Hinweises an eine Partei , wenn zwischen den Parteien in der Berufung über einen Streitpunkt - hier Höhe des Schadensersatzes bzw. Pflegegeldsatzes pro Tag - eine zentrale Auseinandersetzung geführt wird. Die in erster Instanz siegreiche Partei muss damit rechnen, dass sich das Gericht der Ansicht des Prozessgegners anschließt (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2012 - II ZR 212/10, NJW 2012, 3035 Rn. 7). Dass die Parteien zum zentralen Punkt der Schadenshöhe streitig verhandeln , befreit das Gericht aber nicht von seiner Pflicht, darauf hinzuweisen, dass es für die Ermittlung und Schätzung der Schadenshöhe auf einen nicht vorgetragenen und nicht erörterten tatsächlichen Umstand abstellen will (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., 2016, § 139 Rn. 18).
11
b) Nach diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt. Das Landgericht hat der Klage auf Ersatz der geltend gemachten Pflegekosten vollständig stattgegeben. Das Berufungsgericht hat - im Rahmen seiner Schätzung nach § 287 ZPO - den Tagessatz auf durchschnittlich 420,00 € reduziert. Es hat zu Recht die vom derzeit beauftragten Pflegedienst vorgelegten Abrechnungen einer kritischen Prüfung unterzogen, denn unter dem Gesichtspunkt der Summenbegrenzung im Rahmen des Haftpflichtversicherungsschutzes ist im Hinblick auf eine etwaige Überschreitung auch zum Schutz der Klägerin ein kostenbewusster Umgang mit den möglichen Schadensersatzleistungen erforderlich. Zu Recht weist die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin aber darauf hin, dass zu keinem Zeitpunkt des seit 2004 laufenden Verfahrens die Beklagte vorgetragen habe, die Klägerin müsse - im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht - die Anstellung und Koordination der Pflegekräfte in Eigenregie regeln. Gegenstand der Diskussion sei nur gewesen, ob es günstigere Pflegedienste gebe. Das Berufungsgericht habe aber nie mitgeteilt, dass es auf die - mutmaßlich kostengünstigere - Möglichkeit der Eigenanstellung von Pflegekräften durch die Geschädigte abstellen wolle.
12
c) Die Entscheidung beruht auf der Gehörsverletzung. Wie die Beschwerde ausführt, hätte die Klägerin bei Kenntnis der Rechtsansicht des Berufungsgerichts zur Frage, ob sie in der Lage sei, die Hilfe selbst zu organisieren, Vortrag gehalten. Gleiches gilt für die Annahme des Berufungsgerichts, eine Selbstorganisation der Pflege könne die notwendige 24stündige Betreuung der Klägerin sicherstellen.

III.

13
Das angefochtene Urteil war deshalb teilweise aufzuheben. Die Sache war insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird bei erneuter Befassung Gelegenheit haben, auch das weitere Vorbringen bezüglich der Pflegekosten im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zu berücksichtigen und ggf. zu erwägen, ob zur Wahrnehmung der Rechte der Klägerin im Hinblick auf die etwaige Organisation der Pflege, das Risiko einer Überschreitung der Höchstsumme der Versicherungsleistung sowie die von der Sachverständigen beanstandeten Unzulänglichkeiten der Versorgung durch ungelernte Pflegekräfte die Bestellung eines (Berufs)betreuers in Betracht kommen könnte.
14
Die weitergehende Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin und die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten waren mangels Zulassungsgründen gem. § 543 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Insoweit wird von einer Begründung abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen , unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO). Galke Wellner Stöhr von Pentz Oehler
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 19.12.2008 - 27 O 140/08 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 14.08.2014 - 12 U 15/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2016 - VI ZR 377/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2016 - VI ZR 377/14

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2016 - VI ZR 377/14 zitiert 8 §§.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt


(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) D

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 843 Geldrente oder Kapitalabfindung


(1) Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz

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(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.

(2) Auf die Rente finden die Vorschriften des § 760 Anwendung. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.

(3) Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

(4) Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 122/13
vom
23. Oktober 2013
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski
am 23. Oktober 2013

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Februar 2013 zugelassen.
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 105.046,96 €

Gründe:


1
I. Die Klägerin macht gegen den Beklagten Regressansprüche geltend , nachdem sie als Gebäudeversicherer Entschädigungsleistungen an dessen Realgläubiger erbracht hat. Der Beklagte unterhielt bei der Klägerin für das in seinem Eigentum stehende Grundstück L. 5b in M. eine Gebäudeversicherung, die unter anderem das Risiko Feuer erfasste. Dem Vertrag liegen die "Bedingungen für die Firmen Im- mobilienversicherung" (BFIMO) zugrunde. Am 2. Februar und 18. Februar 2008 wurde das versicherte Gebäude, das seit Dezember 2006 leer stand, durch zwei vorsätzlich gelegte Brände beschädigt. Das Ermittlungsverfahren wurde mangels Ermittlung eines Täters eingestellt. Die Klägerin erbrachte Entschädigungsleistungen an zwei Realgläubiger des Beklagten in Höhe von 5.456,37 € sowie 99.590,59 €.
2
Nachdem sich die Klägerin gegenüber dem Beklagten auf Leistungsfreiheit gemäß § 61 VVG a.F. berufen hatte, nahm dieser sie zunächst in einem Verfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe vor dem Landgericht Berlin in Anspruch (7 O 102/09). Das Landgericht Berlin wies den Antrag mit Beschluss vom 14. Januar 2010 zurück, da aufgrund der feststehenden Umstände von einer Eigenbrandstiftung auszugehen sei. Die Beschwerde des Beklagten beim Kammergericht hatte keinen Erfolg.
3
Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 105.046,96 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2011 zu zahlen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Klage abgewiesen.
4
II. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde ist die Revision zuzulassen , das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit gemäß § 544 Abs. 7 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zulassung der Revision folgt aus einem entscheidungserheblichen Verstoß des Berufungsgerichts gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG.
5
1. Das Berufungsgericht hat eine Überraschungsentscheidung getroffen , indem es ohne vorherigen Hinweis von einer Vernehmung des Zeugen S. zur Behauptung der Klägerin abgesehen hat, das von diesem im Februar 2008 unterbreitete Kaufangebot über 550.000 € für das Grundstück sei nur vorgetäuscht gewesen. Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (Senatsbeschlüsse vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 188/12, juris Rn. 7; vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, VersR 2007, 225 Rn. 4). Diese in Art. 103 Abs. 1 GG normierte Gewährleistung stellt eine Ausprägung des Rechtsstaatsgedankens für das gerichtliche Verfahren dar. Hieraus folgt insbesondere , dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (Senatsbeschluss vom 15. März 2006 aaO; BGH, Beschluss vom 10. Juli 2012 - II ZR 212/10, NJW 2012, 3035 Rn. 6-8).
6
Hier hatte das Landgericht der Klage stattgegeben, weil es von einer Leistungsfreiheit der Klägerin gemäß § 61 VVG a.F. wegen Eigenbrandstiftung des Beklagten ausgegangen war. Der Beklagte hat sich in seiner Berufungsbegründung ausschließlich darauf gestützt, das Landgericht hätte nicht von einer Vernehmung des Zeugen S. zum Beweis seiner Behauptung absehen dürfen, dieser habe dem Beklagten ein Angebot für das Grundstück zu einem Preis von 550.000 € vorgelegt. Nur mit diesem Vorbringen hat sich die Klägerin sodann in ihrer Berufungserwiderung befasst. Das Berufungsgericht hat mit Verfügung vom 31. Oktober 2012 den Zeugen S. gemäß § 273 ZPO zu dem voraussichtli- chen Beweisthema "Kaufangebot für das Mehrfamilienhaus L. 5b in M. im Februar 2008" geladen. Im Termin ist der Zeuge nicht erschienen, hat allerdings mitgeteilt, er sei erkrankt und nach seiner Genesung bereit, in dem Rechtsstreit auszusagen. In der mündlichen Verhandlung am 23. Januar 2013 hat das Berufungsgericht weder darauf hingewiesen, dass es eine Vernehmung des Zeugen S. für nicht mehr erforderlich hält, noch mitgeteilt, dass es anders als das Landgericht sowie die Gerichte im Vorprozess die von der Klägerin vorgetragenen Indiztatsachen für eine Eigenbrandstiftung für nicht ausreichend hält.
7
Das Berufungsgericht hat auf dieser Grundlage den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt, indem es trotz Beweisangebots der Klägerin den Zeugen S. nicht zu deren Behauptung vernommen hat, das gegenüber dem Beklagten abgegebene Kaufangebot sei nur vorgetäuscht gewesen (Schriftsatz im Verfahren LG Berlin 7 O 102/09, S. 4, i.V.m. Protokoll vom 12. Januar 2012, GA 136). Die Auffassung des Berufungsgerichts, es sei nicht auszuschließen, dass ein Kaufangebot nur vorgetäuscht wurde, um einen unberechtigten Verdacht von vornherein nicht aufkommen zu lassen, beruht auf bloßen Spekulationen und wird nicht durch entsprechenden Tatsachenvortrag der Parteien oder sonstige Umstände gestützt. Hinzu kommt, dass im Falle einer Vortäuschung des Kaufangebots durch den Beklagten eine Leistungsfreiheit der Klägerin gemäß § 24 Nr. 1 BFIMO in Betracht kommt. Hiernach ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Versicherungsnehmer versucht, den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind. Für eine derartige arglistige Täuschung ist eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers nicht erforderlich. Es genügt das Be- streben, Schwierigkeiten bei der Durchsetzung auch berechtigter Deckungsansprüche zu beseitigen. Arglistig handelt der Versicherungsnehmer bereits dann, wenn er sich bewusst ist, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (Senatsurteil vom 2. Oktober 1985 - IVa ZR 18/84, VersR 1986, 77 unter II 1; OLG Köln VersR 2012, 1514, 1515 unter 1 c; Prölss in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 28 Rn. 117). Im Falle arglistigen Handelns des Beklagten kommt mithin eine Leistungsfreiheit der Klägerin selbst dann in Betracht, wenn das Kaufangebot nur vorgetäuscht wurde, um einen unberechtigten Verdacht gegenüber dem Beklagten nicht aufkommen zu lassen.
8
2. Das Berufungsgericht wird nach Aufhebung und Zurückverweisung die Frage, ob der Beklagte den Versicherungsfall gemäß § 61 VVG a.F. herbeigeführt hat, neu zu prüfen haben.
9
a) Insbesondere wird es zu berücksichtigen haben, dass die Klägerin den Zeugen Sch. zum Fehlen der Installationsrohre und zu den Wahrnehmungen des Beklagten hierzu benannt hat. Zu Recht weist die Nichtzulassungsbeschwerde darauf hin, der diesbezügliche Vortrag der Klägerin sei bei lebensnaher Betrachtung so zu verstehen, dass der Beklagte bei der Besichtigung im Januar 2008 das Fehlen von Heizungsrohren bemerkt hat. Jedenfalls nach dieser Klarstellung wird das Berufungsgericht den angetretenen Beweis zu erheben haben.
10
b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht bislang auch davon abgesehen, zu klären, wer für das Scheitern der Verkaufsverhandlungen zwischen dem Beklagten und der … verantwortlich war. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hatte die Klägerin Vortrag zum Zu- stand bzw. Wert des Gebäudes und dem diesbezüglichen Kenntnisstand des Beklagten gehalten und diesen unter Beweis durch Vernehmung der Zeugen H. und Sch. sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt. Auf den betreffenden Vortrag hat die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend hingewiesen.
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 23.02.2012- 115 O 124/11 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 20.02.2013 - I-20 U 86/12 -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 32/05
vom
15. März 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
§ 139 Abs. 3
Zur Notwendigkeit eines rechtzeitigen Hinweises auf das Fehlen einer Prozessvoraussetzung
(hier: ordnungsgemäße Vertretung einer Partei) bei von
der Vorinstanz abweichender Beurteilung der Rechtslage durch das
Rechtsmittelgericht.
Die Hinweispflicht entfällt grundsätzlich auch dann nicht, wenn sich aus einem
Vorprozess eine bestimmte Rechtsauffassung des Rechtsmittelgerichts
erschließen lässt.
BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke
am 15. März 2006

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 29. Dezember 2004 zugelassen.
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 76.693,78 €

Gründe:


1
I. 1. Die Klägerin ist die Schwiegermutter der Beklagten. Der Ehemann der Beklagten ist der Sohn der Klägerin und seit Juni 2001 - unter anderem für den Bereich der Vermögenssorge - auch ihr Betreuer. Im Jahre 1989 gewährte die Klägerin der Beklagten und ihrem Ehemann ein Darlehen über 150.000 DM. Im Mai 2000 kündigte sie das Darlehen. Die Klage auf Rückzahlung der Darlehensvaluta wurde von demselben Senat des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung die Klägerin im vorliegenden Beschwerdeverfahren angreift, mangels Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs abgewiesen. Nach einem Hinweis des Berichterstatters des Berufungsgerichts auf den Ausschluss der Vertretungsmacht des Betreuers wegen einer möglichen Interessenkollision hatte das zuständige Vormundschaftsgericht für die Klägerin noch vor der Entscheidung des Berufungsgerichts einen Ergänzungsbetreuer bestellt.
2
2. Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin, zunächst erneut vertreten durch ihren Sohn als Betreuer, wiederum Rückzahlung des Darlehens verlangt. Sie hat im Verfahren vor dem Landgericht einen rechtlichen Hinweis für den Fall erbeten, dass Bedenken gegen ihre ordnungsgemäße Vertretung im Prozess bestünden, um gegebenenfalls einen Ergänzungsbetreuer bestellen lassen zu können. Das Landgericht hat die Klage als zulässig behandelt und ihr stattgegeben. In der Entscheidung wird näher ausgeführt, es sei nicht von einer Interessenkollision derart auszugehen, die den Ehemann der Beklagten von der Vertretung seiner Mutter ausschließen würde. Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Betreuungsakten zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Im Hinblick auf die Rechtsausführungen des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, das Verfahren auszusetzen, um einen Ergänzungsbetreuer bestellen zu lassen. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts geändert und die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei im vorliegenden Verfahren von Anfang an gemäß § 1908i Abs. 1 i.V. mit § 1795 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 1 BGB nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Der Sohn der Klägerin sei als deren Betreuer und Ehemann der Beklagten gehindert, einen Rechtsstreit zwischen diesen Personen zu führen. Ein Grund für die Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Bestellung eines Ergänzungsbetreuers liege nicht vor. Den Parteien sei die Rechtsauffassung des Senats aus dem Vorprozess bekannt gewesen, in dem auf dessen Anregung hin ein Betreuer für die Prozessführung und die ordnungsgemäße Kündigung des Darlehens bestellt worden sei. Unter diesen Umständen sei ein rechtlicher Hinweis entbehrlich gewesen, zumal sich dem Betreuer der Klägerin und insbesondere ihrer Prozessbevollmächtigten der hier ohne Zweifel vorliegende Interessenkonflikt habe aufdrängen müssen. Dass das Landgericht die Klage für zulässig gehalten habe, ändere daran nichts.
3
II. Die zulässige Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. Zu Recht rügt die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde , dass das Berufungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, indem es einen rechtzeitigen Hinweis auf ihre nicht ordnungsgemäße Vertretung im Rechtsstreit unterlassen hat.
4
1. Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (BVerfGE 84, 188, 189 f.). Diese in Art. 103 Abs. 1 GG normierte Gewährleistung stellt eine Ausprägung des Rechtsstaats- gedankens für das gerichtliche Verfahren dar (vgl. BVerfGE 55, 72, 93 f.; BVerfG NJW 1996, 3202). Rechtliche Hinweise müssen danach unter Berücksichtigung der Parteien in ihrer konkreten Situation so erteilt werden, dass es diesen auch tatsächlich möglich ist, vor einer Entscheidung zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können, sie also nicht gehindert werden, rechtzeitig ihren Sachvortrag zu ergänzen (BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144; Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl. § 139 Rdn. 14). Dem Gewährleistungsgehalt von Art. 103 Abs. 1 GG entnimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung daher, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (BGH, Urteile vom 27. April 1994 - XII ZR 16/93 - VersR 1994, 1351; vom 16. Mai 2002 - VII ZR 197/01 - NJW-RR 2002, 1436 unter II 1; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Januar 1981 - VII ZR 147/80 - NJW 1981, 1378 unter 2 c und 3). Das gilt auch für von Amts wegen zu berücksichtigende Punkte, für die § 139 Abs. 3 ZPO ausdrücklich eine Hinweispflicht vorsieht. In den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen auch Bedenken gegen die ordnungsgemäße gesetzliche Vertretung einer Partei im Prozess (vgl. dazu SchlHOLG SchlHA 1978, 108).
5
2. Da das Landgericht im vorliegenden Fall gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken hatte, durfte die Klägerin darauf vertrauen, dass sie von der gegenteiligen und entscheidungserheblichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts durch einen Hinweis gem. § 139 Abs. 3 ZPO rechtzeitig unterrichtet werden würde. Das gilt umso mehr, als sie selbst schon im Verfahren vor dem Landgericht um einen rechtlichen Hinweis für den Fall gebeten hatte, dass Bedenken gegen ihre ordnungsgemäße Vertretung bestünden. Zu Unrecht vertritt das Berufungsgericht die Auffassung, die Klägerin sei wegen der auf Anregung des Senats erfolgten Bestellung eines Ergänzungsbetreuers im Vorprozess bereits hinreichend über die Rechtsauffassung des Senats unterrichtet gewesen. Zweifelhaft ist schon, ob die aus Anlass eines früheren Verfahrens bekannt gewordene Rechtsauffassung eines Gerichts generell geeignet sein kann, einen rechtlichen Hinweis in einem weiteren Verfahren, wenn auch mit identischen Parteirollen und vergleichbarem Streitgegenstand , entbehrlich zu machen. Denn die Auffassung des zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers kann sich geändert, der Spruchkörper kann in seiner personellen Zusammensetzung Änderungen erfahren haben. Jedenfalls musste die Klägerin allein dem Umstand, dass hier im Vorprozess der Berichterstatter des Berufungssenats die Akten dem zuständigen Vormundschaftsgericht mit der Anfrage zugeleitet hatte, ob nicht im Hinblick auf eine mögliche Interessenkollision die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers angezeigt sei, nicht entnehmen, dass sich das Berufungsgericht in dieser - danach nicht mehr entscheidungserheblich gewordenen - Frage auch für einen zukünftigen Rechtsstreit bereits endgültig festgelegt hatte.
6
War demgemäß ein rechtlicher Hinweis des Berufungsgerichts geboten , musste ihn das Berufungsgericht so rechtzeitig erteilen, dass der Klägerin Gelegenheit blieb, der Rechtsauffassung des Gerichts gegebenenfalls Rechnung zu tragen. Dazu gehörte im Falle eines - hier in Rede stehenden - Vertretungsmangels nicht nur die Gelegenheit zu ergänzendem rechtlichen Vortrag, sondern auch die Heilung des Vertretungsman- gels durch Bestellung eines Ergänzungsbetreuers. Der in der mündlichen Verhandlung vor der Verkündung einer Entscheidung erteilte Hinweis ist deshalb nicht mehr rechtzeitig erfolgt. Das Berufungsgericht hat auch keine geeigneten verfahrenslenkenden Maßnahmen - etwa die Bestimmung eines neuen Termins - ergriffen, um diesen Mangel auszugleichen. Sein Verfahren hat daher den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke

Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 17.06.2004 - 4 O 53/04 -
OLG Celle, Entscheidung vom 29.12.2004 - 3 U 246/04 -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.