Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2017 - VI ZR 84/16
Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.
Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VI ZR 84/16
vom
14. März 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:140317BVIZR84.16.0 Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Müller
beschlossen:
LG Köln, Entscheidung vom 20.05.2015 - 25 O 401/12 -
OLG Köln, Entscheidung vom 28.01.2016 - 5 U 91/15 -
beschlossen:
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. Januar 2016 wird zurückgewiesen, weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO). Zwar begegnet die Annahme des Berufungsgerichts, es handele sich im Regelfall nicht um einen besonders schweren Fehler, der einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfe, wenn der Arzt dem Patienten die richtige Vorgehensweise empfehle und allein eine Unterrichtung über die Notwendigkeit und Dringlichkeit unterbleibe, durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Frage, ob in dem unterlassenen Hinweis auf die Notwendigkeit und Dringlichkeit weiterer ärztlicher Maßnahmen ein grober Behandlungsfehler zu sehen ist, unterliegt vielmehr der gesonderten Beurteilung im jeweiligen Einzelfall (vgl. Senatsurteil vom 17. November 2015 - VI ZR 476/14, VersR 2016, 260 Rn. 15). Dieser Rechtsfehler wirkt sich im Streitfall aber nicht aus, weil er allein die Hilfsbegründung betrifft und das angefochtene Urteil von der Hauptbegründung getragen wird, im Rahmen derer das Berufungsgericht den fehlenden Hinweis auf die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs am nächsten Tag unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Landgerichts und das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen in zulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als nicht grob behandlungsfehlerhaft bewertet hat. ZPO). Streitwert: 131.772,31 € Galke Wellner von Pentz Offenloch Müller
Vorinstanzen:LG Köln, Entscheidung vom 20.05.2015 - 25 O 401/12 -
OLG Köln, Entscheidung vom 28.01.2016 - 5 U 91/15 -
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c) Zwar kann dem Berufungsgericht nicht darin beigetreten werden, es handele sich im Regelfall nicht um einen besonders schweren Fehler, der einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfe, wenn der Arzt dem Patienten die richtige Vorgehensweise empfehle und allein eine Unterrichtung über die Notwendigkeit und Dringlichkeit unterbleibe. Die Frage, ob in dem unterlassenen Hinweis auf die Notwendigkeit und Dringlichkeit weiterer diagnostischer Maßnahmen ein grober Behandlungsfehler zu sehen ist, unterliegt vielmehr der gesonderten Beurteilung im jeweiligen Einzelfall (vgl. Senatsurteil vom 25. April 1989 - VI ZR 175/88, BGHZ 107, 222, 225 f.). Die fehlerhafte Hilfsbegründung wirkt sich jedoch im Ergebnis nicht aus, weil das Berufungsgericht in erster Linie fallbezogen unter Bezugnahme auf das Gutachten des Gerichtssachverständigen in tatrichterlicher Würdigung ohne Rechtsfehler einen groben Behandlungsfehler verneint hat. Entgegen der Auffassung der Revision kann aus dem Umstand, dass das Berufungsgericht der Einschätzung des Gerichtssachverständigen gefolgt ist, es liege (aus ärztlicher Sicht) kein grober Behandlungsfehler vor, nicht entnommen werden, dass es eine eigene juristische Wertung nicht vorgenommen hat. Der Sachverständige hat - in Übereinstimmung mit der Bewertung der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler - insoweit darauf abgestellt, dass in der Dokumentation nicht die notwendige Diagnostik an sich, sondern nur der notwendige Hinweis auf deren Dringlichkeit fehle, weshalb (aus ärztlicher Sicht) bei sonst sorgfältigem Vorgehen (adäquate primär diagnostische Maßnahmen, differentialdiagnostische Würdigung einer möglichen koronaren Herzerkrankung, korrekte Benennung weiterführender diagnostischer Maßnahmen einschließlich der potentiell durchzuführenden Klinik ) nicht von einem groben Behandlungsfehler ausgegangen werden könne. Vor dem Hintergrund des genannten Behandlungsgeschehens, das einem Patienten bereits aus sich heraus wenn auch nicht die Dringlichkeit so doch die Notwendigkeit der empfohlenen diagnostischen Maßnahmen vermitteln konnte, hält sich die Verneinung eines groben Behandlungsfehlers im Rahmen einer möglichen und rechtsfehlerfreien Würdigung durch das Berufungsgericht.