Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2011 - VIII ZB 65/10

bei uns veröffentlicht am08.03.2011
vorgehend
Amtsgericht Neuss, 75 C 2951/09, 09.04.2010
Landgericht Düsseldorf, 23 T 66/10, 09.08.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 65/10
vom
8. März 2011
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. März 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger, Dr. Hessel und
Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss des Einzelrichters der 23. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 9. August 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Beschwerdewert: bis 3.500 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien haben nach Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses über die vom Kläger im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Mietrückstände und Betriebskostennachzahlungen in Höhe von insgesamt 2.687,21 € sowie über eine von den Beklagten widerklagend begehrte Erstattung von Aufwendungen für Arbeiten an der Mietwohnung in Höhe von insgesamt 26.800 € gestritten. Nachdem zunächst ein der Klage stattgebendes Versäumnisurteil gegen die Beklagten ergangen war, haben die Parteien vor dem Amtsgericht einen Vergleich mit dem Inhalt abgeschlossen, dass wechselseitig keine Forderungen mehr bestehen und der Rechtsstreit damit erledigt sei. Über die Kosten sollte das Gericht durch - nicht zu begründenden - Beschluss entscheiden. Das Amtsgericht hat daraufhin mit Beschluss vom 9. April 2010 die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das Landgericht durch Beschluss des Einzelrichters den Beklagten die Kosten ihrer Säumnis sowie die weiteren Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und des Vergleichs zu zwei Dritteln auferlegt.
2
Mit seiner vom Beschwerdegericht - Einzelrichter - zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Begehren, den Beklagten neben den Kosten der Säumnis wenigstens 90 Prozent der weiteren Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs aufzuerlegen, weiter.

II.

3
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen (§ 575 ZPO) zulässig. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unwirksam, weil sie durch den Einzelrichter erfolgt ist, obwohl er bei Annahme eines Zulassungsgrundes das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer hätte übertragen müssen. An eine dennoch erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gleichwohl gebunden (BGH, Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, 201; Senatsbeschlüsse vom 27. April 2010 - VIII ZB 81/09, WuM 2010, 385 Rn. 5; vom 21. September 2010 - VIII ZB 73/09, WuM 2011, 61 Rn. 4; st. Rspr.).
4
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die angefochtene Entscheidung unterliegt bereits deshalb der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter hat bei Rechtssachen, in denen er einen Zulassungsgrund bejaht, zwingend das Verfahren an das Kollegium zu übertragen. Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die - im Sinne aller in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulassungsgründe zu verstehende (BGH, Beschlüsse vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, aaO S. 202; vom 11. September 2003 - XII ZB 188/02, NJW 2003, 3712 unter II 2; vom 10. November 2003 - II ZB 14/02, NJW 2004, 448 unter II; vom 9. März 2006 - V ZB 178/05, FamRZ 2006, 697 unter III [2] a; vom 22. Januar 2008 - X ZB 27/07, WuM 2008, 159 Rn. 5) - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters. Dieser Verstoß ist vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, aaO S. 202 ff.; vom 10. November 2003 - II ZB 14/02, aaO; Senatsbeschlüsse vom 27. April 2010 - VIII ZB 81/09, aaO Rn. 6; vom 21. September 2010 - VIII ZB 73/09, aaO Rn. 5; st. Rspr.).
5
Die Sache ist deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Beschwerdegericht - Einzelrichter (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. April 2003 - VII ZB 17/02, ZfBR 2003, 557 unter IV 1; vom 22. Januar 2008 - X ZB 27/07, aaO) - zurückzuverweisen.
6
Hinsichtlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch.
7
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen eine Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO - um eine solche geht es hier - die Rechtsbeschwerde nicht aus materiellrechtlichen Gründen zugelassen werden darf, da es nicht Zweck des Kostenverfahrens ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Be- deutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es - wie im Streitfall - um Fragen des materiellen Rechts geht (BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 2008 - XI ZB 24/07, NJW-RR 2009, 425 Rn. 9; vom 17. März 2004 - IV ZB 21/02, NJW-RR 2004, 1219 unter II 1 a; Urteil vom 21. Dezember 2006 - IX ZR 66/05, NJW 2007, 1591 Rn. 22). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Neuss, Entscheidung vom 09.04.2010 - 75 C 2951/09 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.08.2010 - 23 T 66/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2011 - VIII ZB 65/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2011 - VIII ZB 65/10

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache


(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 21 Nichterhebung von Kosten


(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für ab
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2011 - VIII ZB 65/10 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache


(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

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(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 568 Originärer Einzelrichter


Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur

Referenzen - Urteile

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Referenzen

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

5
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen (§ 575 ZPO) zulässig. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter sie zugelassen hat, obwohl er bei Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer hätte übertragen müssen. An eine unter Verstoß gegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gleichwohl gebunden (BGHZ 154, 200, 201).
4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen (§ 575 ZPO) zulässig. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter sie zugelassen hat, obwohl er bei Annahme eines Zulassungsgrundes das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer hätte übertragen müssen. An eine dennoch erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gleichwohl gebunden (BGH, Beschluss vom 13. März 2003 – IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, 201).

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 188/02
vom
11. September 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO §§ 348, 348 a, 568, 574
Entscheidet der originäre Einzelrichter und läßt er die Rechtsbeschwerde gegen seine
Beschwerdeentscheidung zu, so führt dies auch dann zur Aufhebung seiner Entscheidung
und zur Zurückverweisung der Sache von Amts wegen, wenn er die Zulassung
nicht mit grundsätzlicher Bedeutung, sondern allein mit Divergenz oder
Rechtsfortbildung begründet hat (im Anschluß an BGH Beschluß vom 13. März 2003
- IX ZB 134/02 - FamRZ 2003, 669).
BGH, Beschluß vom 11. September 2003 - XII ZB 188/02 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2003 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Fuchs und Dr. Ahlt

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 8. Zivilsenats (Einzelrichter) des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. September 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Beschwerdewert: 2.729

Gründe:

I.

Die Parteien streiten darum, wer nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Der Kläger hat Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, daß der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag aufgrund klägerseitiger Kündigung vom 4. Juli 2001 zum 31. Dezember 2002 enden wird. Der Beklagte hat ange-
kündigt, Klageabweisung zu beantragen. In der mündlichen Verhandlung vom 20. Februar 2002 erklärte der Beklagte, der Untermieter werde das Mietobjekt zum 31. Dezember 2002 räumen. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Landgericht (Einzelrichter) hat dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten hat das Oberlandesgericht (Einzelrichter) die landgerichtliche Entscheidung abgeändert und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Es hat die Auffassung vertreten, der Kündigende habe zwar aus Gründen der Rechtssicherheit und Planungssicherheit ein anerkennenswertes Interesse, bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist von dem Mieter zu erfahren, ob das Mietobjekt bis zum Ablauf des Mietvertrages geräumt werde. Jedoch könne einer in Rechtsprechung und Literatur zum Teil vertretenen Auffassung nicht gefolgt werden, derzufolge der Mieter auch bei einem sofortigen Anerkenntnis gemäß § 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe, wenn er auf Anfrage des Vermieters nach der Wirksamkeit der Kündigung eine Erklärung über seine Räumungsabsicht unterlasse und für den Vermieter somit Anlaß zur Erhebung einer Räumungsklage entstehe. Der Mieter gebe keinen Anlaß zu sofortiger Klageerhebung, weil er zu einer Äußerung vor Fälligwerden des Räumungsanspruchs nicht verpflichtet sei. Er müsse sich auch nicht zur Vermeidung von Kostennachteilen der Kündigungserklärung des Vermieters unterwerfen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde, die der Einzelrichter beim Oberlandesgericht zugelassen hat.

II.

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Einzelrichters und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Die Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, obwohl er bei Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache das Verfahren gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung hätte übertragen müssen. An eine unter Verstoß gegen § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 S. 2 ZPO gleichwohl gebunden (vgl. BGH, Beschluß vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02 - NJW 2003, 1254 = WM 2003, 701 = FamRZ 2003, 669). 2. Allerdings hat der Einzelrichter die Zulassung der Rechtsbeschwerde nur mit dem Hinweis auf seine von einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (NZM 2000, 95) abweichende Rechtsauffassung begründet und dabei auf § 574 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 ZPO (Fälle der Rechtsfortbildung und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung), nicht dagegen auf § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (Fälle der grundsätzlichen Bedeutung) verwiesen. Auch sehen die einschlägigen Vorschriften der §§ 348 Abs. 3, 348 a Abs. 2 und 568 ZPO eine Vorlage- bzw. Übertragungspflicht des Einzelrichters auf das Kollegialgericht ihrem Wortlaut nach lediglich im Falle besonderer Schwierigkeit rechtlicher oder tatsächlicher Art oder im Falle grundsätzlicher Bedeutung vor, nicht dagegen in Fällen der Divergenz oder der Erforderlichkeit der Rechtsfortbildung (vgl. Zöller /Greger ZPO 23. Aufl. § 348 Rdn. 22 i.V. mit § 568 Rdn. 3). Daraus kann in-
dessen nicht gefolgert werden, daß der Einzelrichter in solchen Fällen von seiner Vorlage- bzw. Übertragungspflicht auf den Kollegialspruchkörper entbunden ist. Die grundsätzliche Bedeutung ist vielmehr im weitesten Sinne zu verstehen, so daß nicht der Einzelrichter, sondern das Kollegium entscheiden muß, wenn zur Fortbildung des Rechts oder zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts geboten ist (BT-Drucks. 14/4722 S. 99; Musielak/Ball ZPO 3. Aufl. § 568 Rdn. 5; Hannich/Meyer-Seitz ZPO-Reform 2002, § 568 Rdn. 7 i.V. mit § 348 Rdn. 47 vgl. auch Kopp/Schenke VWGO 12. Aufl. § 6 Rdn. 9). Daß im übrigen auch der Einzelrichter dem vorliegenden Fall eine grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat, ergibt sich aus den Gründen seiner Entscheidung , in der er sich mit der in Literatur und Rechtsprechung (zum unterschiedlichen Meinungsstand vgl. OLG Stuttgart NZM 2000, 95 und Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 61. Aufl. § 93 Rdn. 52 jeweils m.Nachw. auch zur Rechtsprechung) kontrovers diskutierten Frage der Erklärungspflicht des Mieters gegenüber dem Vermieter auseinandergesetzt hat. 3. Die angefochtene Entscheidung unterliegt jedoch der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Der Einzelrichter hat bei Rechtssachen, denen er - wie hier - grundsätzliche Bedeutung beimißt, zwingend das Verfahren an das Kollegium zu übertragen. Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters. Dieser Verstoß ist vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen (Beschluß vom 13. März 2003 aaO).
4. Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 8 GKG Gebrauch.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Ahlt

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 14/02
vom
10. November 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
In Fällen von grundsätzlicher Bedeutung hat der Einzelrichter, der über eine
Entscheidung des Einzelrichters (hier: des Amtsrichters) zu befinden hat, ohne
Übertragungsermessen das Verfahren an das Beschwerdegericht in der im Gerichtsverfassungsgesetz
vorgeschriebenen Besetzung zu übertragen (§ 568
Satz 2 Nr. 2 ZPO), weil allein dieser Spruchkörper nach dem Gesetz befugt ist
darüber zu befinden, ob eine Sache grundsätzliche Bedeutung hat und deswegen
die Rechtsbeschwerde - auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung - zuzulassen ist.
BGH, Beschluß vom 10. November 2003 - II ZB 14/02 - LG Erfurt
AG Erfurt
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. November 2003
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und Dr. Strohn

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluß der 2. Zivilkammer (Einzelrichter) des Landgerichts Erfurt vom 13. Mai 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:


I. Der Beklagte war Geschäftsführer der im Jahr 1999 in die Gesamtvollstreckung gefallenen "K. V. GmbH". Die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung waren für die Zeit von Dezember 1998 bis April 1999 nicht an die klagende Innungskrankenkasse abgeführt worden. Deswegen
wandte sie sich mit Schreiben vom 10. Januar 2002 an den Beklagten und for- derte ihn unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung auf, die rückständigen Beiträge für die Zeit von Dezember 1998 bis Februar 1999, die sie mit ! " # $ % !& ')(+*, 5.819,66 DM = 2.975,54 Januar 2002 eingereichten Klage hat sie von dem Beklagten für denselben Zeitraum Schadenersatz wegen Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversi- . #/ & 0 213 54, 67 8 9 9& ' cherung in Höhe von 3.690,45 - - 31. Januar 2002 eine Verteidigungsanzeige eingereicht, am 13. Februar Prozeßkostenhilfe beantragt und in der zugleich eingereichten Klageerwiderung den Klageanspruch dem Grunde und der Höhe nach mit einem Betrag von :6; 0 1! < 3 $=> ? ;@A B 8CD 7 !& C . % FEHG. # I 2.975,54 - vom 10. Januar 2002 bemängelt, daß angesichts der kurzen Zeitspanne zwischen dem Aufforderungsschreiben und der Klageeinreichung eine Veranlassung zur Klageerhebung nicht bestanden habe, sowie, daß der mit der Klage geltend gemachte höhere - nicht anerkannte - Betrag für ihn nicht nachvollziehbar sei.
Mit der Terminsladung hat das Amtsgericht der Klägerin u.a. aufgegeben , die genannte Differenz aufzuklären. Dem ist sie mit Schriftsatz vom 1. März 2003 nachgekommen und hat insbesondere die erforderlichen Belege eingereicht. In der mündlichen Verhandlung vom 8. März 2003 hat der Beklagte - unter Verwahrung gegen die Kostenlast, weil die Klage erst mit dem Schriftsatz der Klägerin vom 1. März 2003 schlüssig geworden sei - den Klageanspruch in vollem Umfang anerkannt.
In dem daraufhin auf Antrag der Klägerin erlassenen Anerkenntnisurteil hat das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt und die Anwendung des § 93 ZPO mit der Begründung abgelehnt, daß der Beklagte
das Anerkenntnis bereits in der Verteidigungsanzeige hätte abgeben müssen und daß er über die Höhe der offenen Beträge ungeachtet des Schreibens der Klägerin vom 10. Januar 2002 nicht in Zweifel habe sein können, weil er anhand der Unterlagen der Gemeinschuldnerin ohne weiteres habe nachvollziehen können, wie hoch die offene Beitragsschuld war. Mit am 1. März 2003 ergangenem Beschluß hat das Amtsgericht das Prozeßkostenhilfegesuch zurückgewiesen , weil mangels sofortigen Anerkenntnisses des Beklagten seine Rechtsverteidigung keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe.
Gegen beide Entscheidungen hat der Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt, die der Einzelrichter der Zivilkammer durch die beiden Beschlüsse vom 13. Mai 2002 kostenpflichtig zurückgewiesen hat. Er hat ebenfalls angenommen , ein sofortiges Anerkenntnis des Beklagten im Sinne von § 93 ZPO liege nicht vor, weil er den anerkannten Betrag nicht einmal bis zum 18. April 2002 bezahlt und damit hinreichend deutlich gezeigt habe, daß für die Klägerin Veranlassung zur Klageerhebung bestanden habe. Anders als in dem die Prozeßkostenhilfe -Bewilligung betreffenden Beschwerdeverfahren hat der Einzelrichter in dem die Kosten betreffenden Hauptverfahren die Rechtsbeschwerde mit der Begründung zugelassen, über die Auslegung des § 93 ZPO bestehe in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte keine Einigkeit, so daß zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich sei.
Der Beklagte hat Rechtsbeschwerde eingelegt und diese - nach Bewilligung von Prozeßkostenhilfe - zusammen mit seinem Wiedereinsetzungsgesuch begründet. Dem Beklagten ist antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden.
II. Die trotz unrichtiger Anwendung des § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO n.F. statthafte (vgl. BGH, Beschl. v. 13. März 2003, IX ZB 134/02, WM 2003, 701) Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Beschwerdegericht.
Der Einzelrichter hat objektiv willkürlich unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) mit der Zulassung der Rechtsbeschwerde eine Entscheidungsbefugnis an sich gezogen, die nach dem Gesetz nicht ihm, sondern der Kammer in ihrer vollen Besetzung übertragen ist. In Fällen von grundsätzlicher Bedeutung hat der Einzelrichter, der über eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Einzelrichters (hier: des Amtsrichters) zu befinden hat, ohne Übertragungsermessen (BGH, Beschl. v. 13. März 2003 aaO) nach § 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO n.F. das Verfahren an das Beschwerdegericht in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung zu übertragen. Allein dieser Spruchkörper ist nach dem Gesetz befugt darüber zu befinden, ob eine Sache grundsätzliche Bedeutung hat und deswegen die Rechtsbeschwerde - auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. §§ 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.; Beschl. v. 11. September 2003 - XII ZB 188/02, z.V.b.; v. 18. September 2003 - V ZB 53/02, z.V.b.) - zuzulassen ist. Wenn der Einzelrichter glaubte, die von ihm entschiedene Sachfrage bedürfe zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung einer Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, mußte er die Sache der Kammer vorlegen. Die unterbliebene Übertragung war offensichtlich unvertretbar und lag außerhalb der Gesetzlichkeit (BGH, Beschl. v. 13. März 2003 aaO). Dies festzustellen, ist der Senat durch den verfassungskonform auszulegenden § 568 S. 3 ZPO n.F. nicht gehindert (BGH, Beschl. v. 13. März 2003 aaO).

Eine Entscheidung in der Sache zu treffen, ist dem Senat verwehrt (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO n.F.). Vielmehr ist das Verfahren an den Einzelrichter zurückzuverweisen, damit er die ggfs. nach § 568 Satz 2 ZPO n.F. erforderliche Übertragungsentscheidung treffen kann. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, daß nicht allein zu dem von dem Einzelrichter aufgegriffenen Problem, ob ein sofortiges Anerkenntnis nur dann vorliegt, wenn die geschuldete und anerkannte Summe sogleich bezahlt wird (vgl. Zöller/Herget, ZPO 23. Aufl. § 93 Rdn. 6 "Geldschulden" m.w.N.; a.A. Musielak/Wolst, ZPO 3. Aufl. § 93 Rdn. 19 m.w.N.), sondern auch zu der vorgehenden Frage, bis wann bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens nach § 276 ZPO n.F. ein im Sinne von § 93 ZPO "sofortiges" Anerkenntnis abgegeben werden kann, unterschiedliche Entscheidungen ergangen sind (vgl. die Nw. bei Musielak/Wolst aaO, Rdn. 5; Zöller/Herget aaO, § 93 Rdn. 4; Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 93 Rdn. 6).
Die durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten werden nach § 8 GKG nicht erhoben.
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 178/05
vom
9. März 2006
in der Zwangsversteigerungssache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. März 2006 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken (Einzelrichterin ) vom 4. Oktober 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht (Einzelrichterin) zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 3.750 € festgesetzt. Das Prozesskostenhilfegesuch des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.

1
Die Beteiligten sind Geschwister. Ihre Eltern waren zu je ½ Eigentümer eines Grundstücks in N. bei P. . Nach dem Tode des Vaters waren die Mutter zu ½ und die Erbengemeinschaft mit Anteilen der Mutter von ½ und der beiden Beteiligten mit je ¼ Anteilen am Nachlass des Vaters Eigentümer des Grundstücks. Die Mutter übertrug ihren Anteil am Nachlass ihres Mannes und ihren Miteigentumsanteil 1993 schenkweise an die Antragstellerin , die in dem Vertrag eine Pflicht zur Pflege der Mutter übernahm. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Antragstellerin dieser Pflicht nachgekommen ist. Der Antragsgegner hat sowohl vor dem Tode der Mutter im Januar 2002 als auch danach als deren Alleinerbe die Schenkungen seiner Mutter an die Antragstellerin widerrufen.
2
Die Antragstellerin hat nach dem Tode der Mutter die Teilungsversteigerung beantragt. Im vierten Termin zur Versteigerung ist das Grundstück der Antragstellerin auf ein Gebot von 4.010 € (zu ca. 3 vom Hundert des vom Sachverständigen auf 150.000 € geschätzten Verkehrswerts) zugeschlagen worden.
3
Die Zuschlagsbeschwerde des Antragsgegners hat das Landgericht mit Beschluss der Einzelrichterin zurückgewiesen. Es hat die sofortige weitere Beschwerde zugelassen. Der Antragsgegner hat gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt und Prozesskostenhilfe beantragt.

II.

4
Das Landgericht ist der Auffassung, es liege kein die Erteilung des Zuschlages ausschließender Verfahrensmangel vor. Der Zuschlag sei hier auch nicht aus Gründen des Vollstreckungsschutzes nach § 765a ZPO wegen des im Verhältnis zum geschätzten Verkehrswert sehr geringen Versteigerungserlöses zu versagen. Angesichts der Umstände, dass in den vorangegangenen Versteigerungsterminen nur die Beteiligten des Verfahrens Gebote abgegeben hätten und kein höheres Gebot als dasjenige der Antragstellerin vorgelegen habe, sei nicht zu erwarten, dass in einem weiteren Termin aus der Versteigerung ein günstigeres Ergebnis erzielt werden könne.
5
Da die Antragstellerin als Erbin nach ihrem Vater auf jeden Fall zu 1/8 Miteigentümerin des versteigerten Grundstücks sei, komme es für ihr Recht, die Versteigerung zur Teilung zu beantragen, nicht darauf an, ob sie auch zu weiteren 6/8 Mieteigentümerin nach der Schenkung von ihrer Mutter sei oder ob diese Schenkung wirksam widerrufen worden sei. Ein solches der Versteigerung entgegenstehendes Recht könne der Antragsgegner ohnehin nur im Wege einer Klage nach § 771 ZPO verfolgen, die er indes nicht erhoben habe.

III.

6
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 96 Abs. 1 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO auf Grund der Zulassungsentscheidung des Beschwerdegerichts statthaft.
7
a) Der Tenor des Beschwerdegerichts ist als Zulassung einer Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO zu verstehen. Dem steht nicht entgegen, dass er dahin lautet, dass die sofortige weitere Beschwerde zugelassen werde. Die sofortige weitere Beschwerde gab es in der bis zum 31. Dezember 2001 gelten- den Fassung der Zivilprozessordnung (§§ 577, 568 Abs. 2 a.F.). Die Statthaftigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde hing indes nicht von ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht, sondern vom Vorliegen eines selbständigen Beschwerdegrundes in der Entscheidung über die Beschwerde ab. Wörtlich genommen ginge die Entscheidung daher insoweit ins Leere. Gewollt ist indes jedenfalls die Eröffnung einer weiteren Instanz. Dafür kommt nur das Rechtsbeschwerdeverfahren in Betracht.
8
Ein solches Verständnis ist auch aus dem Prinzip der Meistbegünstigung geboten. Dieser Grundsatz kommt dann zur Anwendung, wenn für den Rechtsmittelführer eine Unsicherheit über das einzulegende Rechtsmittel entstanden ist, die auf einem Fehler oder einer Unklarkeit der anzufechtenden Entscheidung besteht (BGHZ 152, 213, 216 und BGH, Beschl. v. 5. November 2003, VIII ZR 10/03, NJW 2004, 1598, 1599). In solchen Fällen ist die Einlegung des nach der geltenden Verfahrensordnung zulässigen Rechtsmittels statthaft.
9
b) Das Rechtsbeschwerdegericht ist nach § 574 Abs. 2 Satz 2 ZPO an die in dem angefochtenen Beschluss nicht weiter begründete Zulassung gebunden. Dem steht nicht entgegen, dass die Einzelrichterin entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle der für die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde allein zuständigen Kammer entschieden hat (BGHZ 154, 200, 201; Senat, Beschl. v. 18. September 2003, V ZB 53/02, NJW 2004, 223 und BGH, Beschl. v. 13. Juli 2004, VI ZB 63/03, NJW-RR 2004, 1717).
10
2. Die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
11
a) Die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unter Verstoß gegen den Verfassungsgrundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen. Der Einzelrichter am Landgericht besitzt keine Entscheidungskompetenz für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde, weil er gem. § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO alle Sachen von grundsätzlicher Bedeutung der Kammer vorzulegen hat (BGHZ 154, 200, 202). Grundsätzliche Bedeutung haben alle in § 574 Abs. 2 ZPO benannten Zulassungsgründe. Dieser Begriff ist weit auszulegen und umfasst auch die Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (BGHZ 154, 200, 202 und BGH, Beschl. v. 3. November 2003, II ZB 35/02, FamRZ 2004, 363). Eine Entscheidungskompetenz zur Zulassung der Rechtsbeschwerde steht dem Einzelrichter auch dann nicht zu, wenn - wie hier (dazu unten III.2) - der Rechtssache tatsächlich keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. BGH, Beschl. v. 13. Juli 2004, VI ZB 63/03, NJW-RR 2004, 1717).
12
b) Die angefochtene Entscheidung ist deshalb infolge des Verstoßes gegen das Verfassungsgebot aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG aufzuheben und an das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückzuverweisen (BGH, Beschl. v. 10. April 2003, VII ZB 17/02, RPfleger 2003, 448).

III.

13
Das Prozesskostenhilfegesuch des Antragsgegners ist dagegen mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung zurückzuweisen, die für eine Bewilligung gem. § 114 ZPO notwendig ist. Hierfür kommt es nicht auf den vorübergehenden Erfolg des Rechtsmittels wegen eines Verfahrensfehlers, sondern auf den voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst an (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2003, IXa ZB 21/03, NJW-RR 2003, 1648). Eine solche Prognose über den Ausgang in der Sache bei der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG NJW 1997, 2745).
14
Die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung des Antragsgegners wäre daher nur dann gegeben, wenn das Beschwerdegericht nach der gebotenen Zurückverweisung des Verfahrens voraussichtlich eine Entscheidung zu Gunsten des Antragsgegners zu treffen hätte oder eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das dafür zuständige Kollegium geböte (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2003, IXa ZB 21/03, NJW-RR 2003, 1648, 1649). An beidem fehlt es hier.
15
1. Die Beschwerde ist nach den in dem angefochtenen Beschluss enthaltenen Feststellungen zu Recht zurückgewiesen worden.
16
a) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin die Durchführung einer Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG aus eigenem Recht betreiben kann. Sie ist zumindest als Miterbin nach ihrem Vater mit einem Anteil von 1/4 an dessen Nachlass beteiligt, zu dem ein hälftiger Miteigentumsanteil am versteigerten Grundstück gehört. Als Miterbin kann sie in Ansehung des ihr zustehenden Anspruchs auf Auseinandersetzung die Teilungsversteigerung betreiben (vgl. BGH, Beschl. v. 31. Januar 1985, IX ARZ 11/84, WM 1985, 840, 841). Für den Zuschlag kommt es daher nicht darauf an, ob die Schenkungen der Mutter an die Antragstellerin vom Antragsgegner wirksam widerrufen worden sind.
17
b) Die Ausführungen, mit denen das Beschwerdegericht Gründe für eine Versagung des Zuschlags verneint hat, lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO aus dem hier festgestellten krassen Missverhältnis zwischen dem Versteigerungserlös und dem tatsächlichen Grundstückswert nicht beansprucht werden kann, wenn keine Umstände vorliegen, die ein wesentlich höheres Gebot in einem neuen Termin erwarten lassen (BGH, Beschl.
v. 27. Juni 2003, IXa ZB 21/03, NJW-RR 2003, 1648, 1649 m.w.N.). Das hat das Beschwerdegericht festgestellt.
18
2. Zulassungsgründe für ein Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 574 Abs. 2 ZPO sind nicht erkennbar. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Zuschlag nach § 765a ZPO wegen der geringen Höhe des Ergebnisses der Versteigerung versagt werden muss, sind - wie vorstehend ausgeführt - durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits geklärt (BGH, Beschl. v. 27. Juni 2003, IXa ZB 21/03, aaO). Andere zulassungserhebliche Rechtsfragen stellen sich hier nicht.

IV.

19
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens bemisst sich unter Zugrundelegung eines nach dem Ergebnis der Versteigerungen vom Landgericht mit 30.000 € geschätzten Verkehrswertes der Immobilie und eines Werts der Beteiligung des Antragsgegners nach den Eintragungen im Grundbuch von 1/8 auf 3.750 €. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Pirmasens, Entscheidung vom 27.07.2005 - 1 K 84/02 -
LG Zweibrücken, Entscheidung vom 04.10.2005 - 4 T 151/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 14/02
vom
10. November 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
In Fällen von grundsätzlicher Bedeutung hat der Einzelrichter, der über eine
Entscheidung des Einzelrichters (hier: des Amtsrichters) zu befinden hat, ohne
Übertragungsermessen das Verfahren an das Beschwerdegericht in der im Gerichtsverfassungsgesetz
vorgeschriebenen Besetzung zu übertragen (§ 568
Satz 2 Nr. 2 ZPO), weil allein dieser Spruchkörper nach dem Gesetz befugt ist
darüber zu befinden, ob eine Sache grundsätzliche Bedeutung hat und deswegen
die Rechtsbeschwerde - auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung - zuzulassen ist.
BGH, Beschluß vom 10. November 2003 - II ZB 14/02 - LG Erfurt
AG Erfurt
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. November 2003
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und Dr. Strohn

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluß der 2. Zivilkammer (Einzelrichter) des Landgerichts Erfurt vom 13. Mai 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:


I. Der Beklagte war Geschäftsführer der im Jahr 1999 in die Gesamtvollstreckung gefallenen "K. V. GmbH". Die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung waren für die Zeit von Dezember 1998 bis April 1999 nicht an die klagende Innungskrankenkasse abgeführt worden. Deswegen
wandte sie sich mit Schreiben vom 10. Januar 2002 an den Beklagten und for- derte ihn unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung auf, die rückständigen Beiträge für die Zeit von Dezember 1998 bis Februar 1999, die sie mit ! " # $ % !& ')(+*, 5.819,66 DM = 2.975,54 Januar 2002 eingereichten Klage hat sie von dem Beklagten für denselben Zeitraum Schadenersatz wegen Nichtabführung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversi- . #/ & 0 213 54, 67 8 9 9& ' cherung in Höhe von 3.690,45 - - 31. Januar 2002 eine Verteidigungsanzeige eingereicht, am 13. Februar Prozeßkostenhilfe beantragt und in der zugleich eingereichten Klageerwiderung den Klageanspruch dem Grunde und der Höhe nach mit einem Betrag von :6; 0 1! < 3 $=> ? ;@A B 8CD 7 !& C . % FEHG. # I 2.975,54 - vom 10. Januar 2002 bemängelt, daß angesichts der kurzen Zeitspanne zwischen dem Aufforderungsschreiben und der Klageeinreichung eine Veranlassung zur Klageerhebung nicht bestanden habe, sowie, daß der mit der Klage geltend gemachte höhere - nicht anerkannte - Betrag für ihn nicht nachvollziehbar sei.
Mit der Terminsladung hat das Amtsgericht der Klägerin u.a. aufgegeben , die genannte Differenz aufzuklären. Dem ist sie mit Schriftsatz vom 1. März 2003 nachgekommen und hat insbesondere die erforderlichen Belege eingereicht. In der mündlichen Verhandlung vom 8. März 2003 hat der Beklagte - unter Verwahrung gegen die Kostenlast, weil die Klage erst mit dem Schriftsatz der Klägerin vom 1. März 2003 schlüssig geworden sei - den Klageanspruch in vollem Umfang anerkannt.
In dem daraufhin auf Antrag der Klägerin erlassenen Anerkenntnisurteil hat das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt und die Anwendung des § 93 ZPO mit der Begründung abgelehnt, daß der Beklagte
das Anerkenntnis bereits in der Verteidigungsanzeige hätte abgeben müssen und daß er über die Höhe der offenen Beträge ungeachtet des Schreibens der Klägerin vom 10. Januar 2002 nicht in Zweifel habe sein können, weil er anhand der Unterlagen der Gemeinschuldnerin ohne weiteres habe nachvollziehen können, wie hoch die offene Beitragsschuld war. Mit am 1. März 2003 ergangenem Beschluß hat das Amtsgericht das Prozeßkostenhilfegesuch zurückgewiesen , weil mangels sofortigen Anerkenntnisses des Beklagten seine Rechtsverteidigung keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe.
Gegen beide Entscheidungen hat der Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt, die der Einzelrichter der Zivilkammer durch die beiden Beschlüsse vom 13. Mai 2002 kostenpflichtig zurückgewiesen hat. Er hat ebenfalls angenommen , ein sofortiges Anerkenntnis des Beklagten im Sinne von § 93 ZPO liege nicht vor, weil er den anerkannten Betrag nicht einmal bis zum 18. April 2002 bezahlt und damit hinreichend deutlich gezeigt habe, daß für die Klägerin Veranlassung zur Klageerhebung bestanden habe. Anders als in dem die Prozeßkostenhilfe -Bewilligung betreffenden Beschwerdeverfahren hat der Einzelrichter in dem die Kosten betreffenden Hauptverfahren die Rechtsbeschwerde mit der Begründung zugelassen, über die Auslegung des § 93 ZPO bestehe in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte keine Einigkeit, so daß zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich sei.
Der Beklagte hat Rechtsbeschwerde eingelegt und diese - nach Bewilligung von Prozeßkostenhilfe - zusammen mit seinem Wiedereinsetzungsgesuch begründet. Dem Beklagten ist antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden.
II. Die trotz unrichtiger Anwendung des § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO n.F. statthafte (vgl. BGH, Beschl. v. 13. März 2003, IX ZB 134/02, WM 2003, 701) Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Beschwerdegericht.
Der Einzelrichter hat objektiv willkürlich unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) mit der Zulassung der Rechtsbeschwerde eine Entscheidungsbefugnis an sich gezogen, die nach dem Gesetz nicht ihm, sondern der Kammer in ihrer vollen Besetzung übertragen ist. In Fällen von grundsätzlicher Bedeutung hat der Einzelrichter, der über eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Einzelrichters (hier: des Amtsrichters) zu befinden hat, ohne Übertragungsermessen (BGH, Beschl. v. 13. März 2003 aaO) nach § 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO n.F. das Verfahren an das Beschwerdegericht in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung zu übertragen. Allein dieser Spruchkörper ist nach dem Gesetz befugt darüber zu befinden, ob eine Sache grundsätzliche Bedeutung hat und deswegen die Rechtsbeschwerde - auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. §§ 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.; Beschl. v. 11. September 2003 - XII ZB 188/02, z.V.b.; v. 18. September 2003 - V ZB 53/02, z.V.b.) - zuzulassen ist. Wenn der Einzelrichter glaubte, die von ihm entschiedene Sachfrage bedürfe zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung einer Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, mußte er die Sache der Kammer vorlegen. Die unterbliebene Übertragung war offensichtlich unvertretbar und lag außerhalb der Gesetzlichkeit (BGH, Beschl. v. 13. März 2003 aaO). Dies festzustellen, ist der Senat durch den verfassungskonform auszulegenden § 568 S. 3 ZPO n.F. nicht gehindert (BGH, Beschl. v. 13. März 2003 aaO).

Eine Entscheidung in der Sache zu treffen, ist dem Senat verwehrt (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO n.F.). Vielmehr ist das Verfahren an den Einzelrichter zurückzuverweisen, damit er die ggfs. nach § 568 Satz 2 ZPO n.F. erforderliche Übertragungsentscheidung treffen kann. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, daß nicht allein zu dem von dem Einzelrichter aufgegriffenen Problem, ob ein sofortiges Anerkenntnis nur dann vorliegt, wenn die geschuldete und anerkannte Summe sogleich bezahlt wird (vgl. Zöller/Herget, ZPO 23. Aufl. § 93 Rdn. 6 "Geldschulden" m.w.N.; a.A. Musielak/Wolst, ZPO 3. Aufl. § 93 Rdn. 19 m.w.N.), sondern auch zu der vorgehenden Frage, bis wann bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens nach § 276 ZPO n.F. ein im Sinne von § 93 ZPO "sofortiges" Anerkenntnis abgegeben werden kann, unterschiedliche Entscheidungen ergangen sind (vgl. die Nw. bei Musielak/Wolst aaO, Rdn. 5; Zöller/Herget aaO, § 93 Rdn. 4; Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 93 Rdn. 6).
Die durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten werden nach § 8 GKG nicht erhoben.
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn
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Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen (§ 575 ZPO) zulässig. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter sie zugelassen hat, obwohl er bei Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer hätte übertragen müssen. An eine unter Verstoß gegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gleichwohl gebunden (BGHZ 154, 200, 201).
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Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen (§ 575 ZPO) zulässig. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter sie zugelassen hat, obwohl er bei Annahme eines Zulassungsgrundes das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer hätte übertragen müssen. An eine dennoch erfolgte Zulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gleichwohl gebunden (BGH, Beschluss vom 13. März 2003 – IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, 201).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 17/02
vom
10. April 2003
in dem Prozeßkostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO § 568 Satz 2 Nr. 2, Satz 3; § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2; § 577 Abs. 4;
Läßt der Einzelrichter in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimißt,
die Rechtsbeschwerde zu, so führt die auf die Rechtsbeschwerde von Amts wegen
gebotene Aufhebung der Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an den
Einzelrichter (im Anschluß an BGH, Beschluß vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, zur
Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
BGH, Beschluß vom 10. April 2003 - VII ZB 17/02 - OLG Rostock
LG Neubrandenburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. April 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Hausmann, Dr. Kuffer, Prof.
Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des 7. Zivilsenats (Einzelrichter) des Oberlandesgerichts Rostock vom 10. Mai 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Einzelrichter ) zurückverwiesen. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der P.-GmbH. Er begehrt für die beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegner Prozeßkostenhilfe wegen Restwerklohnforderungen in Höhe von 97.898,30 DM und Zinsen. Das Landgericht hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, es sei nicht ersichtlich, warum es den Gläubigern nicht zuzumuten sei, die Ver-
fahrenskosten aufzubringen (§ 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht durch Beschluß des Einzelrichters zurückgewiesen. Der Einzelrichter hat mit weiterem Beschluß vom 10. Mai 2002 der Gegenvorstellung des Antragstellers nicht abgeholfen und die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen. Mit dieser begehrt der Antragsteller weiterhin Prozeßkostenhilfe.

II.

Das Beschwerdegericht (Einzelrichter) hat ausgeführt, das Gericht müsse in die Lage versetzt werden, sich eine Überzeugung bilden zu können, ob die Aufbringung der Kosten des Rechtsstreits den Gläubigern zuzumuten sei, auch wenn eine kleinliche Prüfung der Vermögensverhältnisse nicht angebracht sei und sich ein Gericht auf die Angaben eines Insolvenzverwalters in der Regel verlassen könne. Der Antragsteller habe jedoch auch mit seiner Gegenvorstellung zum Unvermögen der wirtschaftlich Beteiligten nicht ausreichend vorgetragen. Die an den Umfang dieser Darlegung zu stellenden Anforderungen hätten grundsätzliche Bedeutung.

III.

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (Einzelrichter). 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthaft. Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter ent-
gegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO an Stelle des Kollegiums entschieden und damit gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen hat. Dies hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluß vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt , entschieden und im einzelnen ausgeführt. Dem schließt sich der Senat an. 2. Die angefochtene Einzelrichterentscheidung unterliegt der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen ist. Der Einzelrichter durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO dem mit drei Richtern besetzten Senat übertragen müssen. Mit seiner Entscheidung hat er die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung der Sache dem Kollegium als dem gesetzlich zuständigen Richter entzogen. Diesen Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters hat der Senat von Amts wegen zu beachten.

IV.

1. Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter , der den angefochtenen Beschluß erlassen hat. Eine Zurückverweisung an den Senat kommt nicht in Betracht. Vielmehr wird der Einzelrichter die Entscheidung über die Gegenvorstellung des Antragstellers gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO erst dann dem Senat zu übertragen haben, wenn er nach erneuter Prüfung der Rechtssache weiterhin grundsätzliche Bedeutung beimißt.
2. Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 8 GKG Gebrauch. Dressler Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

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Allerdings hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft unbeachtet gelassen, dass eine Rechtsbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO aus materiellrechtlichen Gründen nicht zugelassen werden darf, da es nicht Zweck einer solchen Kostenentscheidung ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht (BGH, Beschluss vom 17. März 2004 - IV ZB 21/02, WM 2005, 394 f.; BGH, Urteil vom 21. Dezember 2006 - IX ZR 66/05, WM 2007, 411, 414 Tz. 22). Die gleichwohl erfolgte Zulassung bindet aber nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO den Bundesgerichtshof.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 21/02
vom
17. März 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Die Rechtsbeschwerde gegen Kostenentscheidungen des Berufungsgerichts
nach § 91a ZPO ist nicht geeignet, Rechtsfragen von grundsätzlicher
Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des
materiellen Rechts geht.
BGH, Beschluß vom 17. März 2004 - IV ZB 21/02 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
Felsch
am 17. März 2004

beschlossen:
1. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 29. Mai 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Der Streitwert des Berufungsverfahrens und der Wert des Vergleichs werden auf 56.927,52 DM = 29.106,58 € festgesetzt.
3. Streitwert des Beschwerdeverfahrens: Die Hälfte der bis zur Einlegung der Rechtsbeschwerde entstandenen Kosten.

Gründe:


I. Der Kläger nahm die Beklagte aus einer bei ihr unterhaltenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung auf Zahlung von Rente und Beitragsbefreiung in Anspruch. Vor dem Oberlandesgericht haben die Par-

teien einen Vergleich geschlossen und streiten jetzt noch über die Kosten des Rechtsstreits, über die das Berufungsgericht nach § 91a ZPO entschieden hat.
Der Kläger unterrichtet, inzwischen als Oberstudie nrat, am Gymnasium Mathematik, Biologie und Informatik. Er erlitt 1993 einen Verkehrsunfall , der zu einem halbseitigen Gesichtsfeldausfall bei beiden Augen führte. Wegen dieser Augenerkrankung beträgt der Grad seiner Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz 70%. Die Schulbehörde hat deshalb seine Unterrichtsverpflichtung von 24 auf 19 Stunden reduziert bei vollem Gehalt.
Der Kläger behauptete, zu mindestens 50% berufsunf ähig zu sein, obwohl er 19 Stunden unterrichte. Sein über der Hälfte liegendes Unterrichtspensum beruhe auf einem überobligationsmäßigen Einsatz in verschiedener Hinsicht.
Das Landgericht gab der Klage statt. Das Oberlande sgericht wies sie ab. Der Senat hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung und erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urteil vom 11. Oktober 2000 - IV ZR 208/99 - VersR 2001, 89).
Das Berufungsgericht hat die Parteien, insbesonder e den Kläger, durch Aufklärungsbeschlüsse zu weiterem Sachvortrag veranlaßt. Beweis hat es nicht mehr erhoben. Im Vergleich haben die Parteien sich darauf geeinigt, daß die Rentenansprüche durch Zahlung etwa des hälftigen Barwerts abgefunden werden, Beiträge in Höhe von 948,95 € durch

die Beklagte erstattet werden und die Lebensversicherung mit eingeschlossener Unfallzusatzversicherung von September 1995 bis zu ihrem Ablauf beitragsfrei geführt wird. Sodann haben sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und um Kostenentscheidung nach § 91a ZPO gebeten.
Das Berufungsgericht hat die Kosten des Rechtsstre its den Parteien jeweils zur Hälfte auferlegt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt der Kläger, der Beklagten die gesamten Kosten aufzuerlegen.
II. 1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO mi t Bindungswirkung für den Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch im übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerde hätte allerdings nicht zugelassen werden dürfen, wie die Beschwerdeerwiderung zutreffend ausführt. Die Rechtssache hat, anders als das Berufungsgericht meint, weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts im Sinne von § 574 Abs. 2 ZPO. Die Zulassung ist damit begründet worden, in der Rechtsprechung und in der rechtswissenschaftlichen Literatur sei bislang nicht abschließend geklärt, nach welchen Kriterien im Rahmen einer Gesamtschau zu beurteilen sei, ob eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50% vorliege, wenn der Versicherte überobligationsmäßige Leistungen erbringe oder wenn er einzelne Tätigkeiten, die zu seinem Beruf gehörten, nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben könne.

a) Es ist nicht Zweck einer Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeu-

tung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht. Die Kostenentscheidung ergeht, wenn der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, nur nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Grundlage der Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht - auch bei einer Entscheidung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren - grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen abzuhandeln (BGH, Beschlüsse vom 8. Mai 2003 - I ZB 40/02 - NJW-RR 2003, 1075 unter 2 und vom 16. November 1999 - KVR 10/98 - NJW-RR 2000, 776 unter 1, jeweils m.w.N.; BVerfG NJW 1993, 1060 f.).

b) Abgesehen davon handelt es sich bei der angefüh rten Zulassungsfrage weitgehend nicht um eine Rechtsfrage. Die wertende Gesamtschau aller Umstände, die bei der Feststellung der Berufsunfähigkeit nicht selten geboten sein wird, ist in erster Linie Sache des Tatrichters und im Revisions- und Rechtsbeschwerdeverfahren nach §§ 546, 576 Abs. 3 ZPO nur beschränkt nachprüfbar (vgl. BGH, Urteile vom 16. Juni 1993 - IV ZR 145/92 - VersR 1994, 45 unter II 2 a und b und vom 12. Juni 1996 - IV ZR 118/95 - VersR 1996, 1090 unter II 3 b bb; MünchKomm-ZPO/Aktualisierungsband-Wenzel, § 546 Rdn. 15; Voit, Berufsunfähigkeitsversicherung Rdn. 310-316). Mangels abschließender Feststellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen läuft die Zulassung der Rechtsbeschwerde zudem auf die Klärung abstrakter Rechtsfragen hinaus. Das ist nicht der Zweck von § 574 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg .

a) Das Berufungsgericht hat die Kosten den Parteie n je zur Hälfte mit der Begründung auferlegt, nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigungserklärungen sei völlig offen, aber auch nicht auszuschließen , daß der Kläger hätte nachweisen können, zu mindestens 50% berufsunfähig zu sein. Ohne weitere Aufklärung und Beweisaufnahme zu mehreren Punkten - die auf S. 24 des angefochtenen Beschlusses zusammenfassend dargelegt sind - lasse sich nicht mit einiger Sicherheit vorhersagen, wie der Rechtsstreit ausgegangen wäre.

b) Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts hä lt der allein gebotenen summarischen rechtlichen Nachprüfung stand. Der Kläger meint unter Hinweis auf BGHZ 123, 264, 266, eine mindestens überwiegende Wahrscheinlichkeit seines Obsiegens hätte ausgereicht, die Kosten der Beklagten allein aufzuerlegen. Er zeigt aber nicht auf, daß das Berufungsgericht dies rechtsfehlerhaft verneint hat. Das Beschwerdevorbringen bewegt sich weitgehend im Bereich der im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeachtlichen eigenen Sachverhaltswürdigung. Auch die Beschwerde räumt ein, daß einige Fragen in tatsächlicher Hinsicht noch nicht abschließend geklärt sind. Das betrifft unter anderem den zeitlichen Mehraufwand insgesamt, den der Kläger benötigt, um seine schulischen Aufgaben zu erfüllen, die objektive Qualität seiner Leistungen und die Auswirkung seiner Sehbehinderung auf das Mikroskopieren. Schon das steht der Annahme entgegen, im Zeitpunkt der Erledigungserklärungen habe eine mindestens überwiegende Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Klägers bestanden. Eine solche Beurteilung hätte zudem kaum rechtsfehlerfrei vorgenommen werden können, weil das von beiden Par-

teien angeregte (erst noch einzuholende) berufskundliche Gutachten nicht vorlag.
III. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beruf ungsverfahren wird gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG geändert.
Der Streitwert ist im ersten Berufungsverfahren un d im Revisionsverfahren nach §§ 3, 9 ZPO (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 25. November 1998 - IV ZR 199/98 - NVersZ 1999, 239 unter a) auf 56.927,52 DM festgesetzt worden (12.770,40 DM rückständige Rente und Beitragsrückzahlung bei Klageeinreichung, 42.000 DM künftige Rente und 2.157,12 DM Feststellung der künftigen Beitragsfreiheit). Nunmehr hat das Berufungsgericht den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 84.262,88 DM festgesetzt. Es hat hierbei die vollen Rentenbeträge von 80.000 DM für die Zeit von September 1995 bis zum Abschluß des Vergleichs im April 2002 zugrunde gelegt, ferner eine bezifferte Beitragsrückforderung von 770,40 DM und die Beiträge von September 1996 bis April 2002 abzüglich 20% Feststellungsabschlag in Höhe von 3.492,48 DM.
Diese Streitwertfestsetzung ist nicht richtig. Auc h bei Abschluß eines Prozeßvergleichs bleibt es dabei, daß für den Streitwert der bei Klageeinreichung noch nicht fälligen künftigen Ansprüche auf Rente und Beitragsbefreiung § 9 ZPO maßgebend ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO 24. Aufl. § 3 Rdn. 16 Abfindungsvergleich, Vergleich; Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl. § 3 Rdn. 68 Vergleich [Allgemeines], § 9 Rdn. 17; Baumbach /Hartmann, ZPO 62. Aufl. Anh. nach § 3 Rdn. 127; Schnei-

der/Herget, Streitwertkommentar 11. Aufl. Rdn. 4567, 4569, 4675). Da durch den Vergleich (nur) die Ansprüche erledigt wurden, die bisher schon Gegenstand des Rechtsstreits waren, beträgt der Streitwert unverändert 56.927,52 DM = 29.106,58 €. Das ist auch der Wert des Vergleichs.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch